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  • · Fachbeitrag · Berufsrecht

    Die Verpflichtungen nach dem Geldwäschegesetz für Steuerberater

    von RA Oscar Radunski, Hamburg, www.roemermann.com

    | Das Geldwäschegesetz (GwG) verpflichtet die rechtsberatenden Berufsträger persönlich (§ 2 GwG). Die Verpflichteten sollen durch eine Kontrolle und Prüfung verhindern, dass Unternehmen zur Geldwäsche, für Straftaten oder zur Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Die Probleme mit dem GwG sind einerseits der bürokratische Aufwand und andererseits die Unsicherheiten, wann und in welchem Ausmaß welche Pflichten überhaupt zu erfüllen sind. Dieser Beitrag soll eine Handreichung dafür sein, wann welcher Prüfaufwand durch die Verpflichteten zu leisten ist. |

    Aufbau der Prüfungspflichten ‒ Der risikobasierte Ansatz

    Die Pflichten sind für Steuerberater in jedem Mandat („Geschäftsbeziehung“) zu erfüllen (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG). Die Regelung des § 3a Abs. 1 GwG stellt klar, dass die Pflichten nach dem GwG dem Risiko der jeweiligen Sachverhalte folgen:

     

    •  § 3a Abs. 1 GwG

    „Die Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nach den Anforderungen dieses Gesetzes folgt einem risikobasierten Ansatz.“

     

    Die Kernaufgabe der Verpflichteten liegt darin, ein Risikomanagement aufzubauen, um die zu prüfenden Sachverhalte zu erfassen und einschätzen zu können (vgl. § 4 Abs. 1 GwG). Risikomanagement lässt sich allgemein in vier Phasen einteilen:

     

    • 1. Risikoanalyse
    • 2. Risikobewertung
    • 3. Risikosteuerung
    • 4. Risikoüberwachung

     

    Dieses allgemeine Vorgehen hat der Gesetzgeber in den § 5 (Risikoanalyse) und § 6 (interne Sicherungsmaßnahmen) kodifiziert. Eine Risikobewertung erübrigt sich im Zusammenhang mit dem GwG, da es sich um eine gesetzliche Pflicht handelt, deren Nicht-Einhaltung strafbewehrt ist (§ 56 GwG).

    Die Risikoanalyse ‒ Welchen abstrakten Risiken ist die Kanzlei ausgesetzt?

    Der Gesetzgeber fordert als ersten Schritt zur Erfüllung der Pflichten nach dem GwG, dass die Verpflichteten ihr abstraktes Risiko analysieren. Diese abstrakte Analyse ist zu dokumentieren und aktuell zu halten. Grundsätzlich müsste die Analyse von jedem Verpflichteten erstellt werden. Allerdings ist es zulässig, wenn sich die Verpflichteten auf die Analyse des Gesamtunternehmens beziehen.

     

    • Zu analysierende Punkte
    • Analyse der Kanzleistruktur
    • Analyse der Mandantenstruktur
    • Bewertung der Geschäfts- und Mandantenrisiken
    • Umsetzung der Risikobewertung
     

    In der Risikoanalyse ist eine Bestandsaufnahme der üblichen Tätigkeiten aufzustellen. Die Kanzleistruktur soll erfassen, ob das Unternehmen schwerpunktmäßig Vorbehaltsaufgaben erfüllt, in der Buchhaltung oder beratend tätig ist oder vermehrt vermögensverwaltend arbeitet. Eine Kanzlei, die hauptsächlich steuerberatend tätig ist, hat ein geringeres abstraktes Risiko, mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Berührung zu kommen, als dies bei Kanzleien der Fall ist, die Wirtschaftsberatung und Vermögensverwaltung betreiben. Die Risikoanalyse muss an diesem Punkt aufzeigen, dass das Unternehmen wahrnimmt, dass die verschiedenen zulässigen Tätigkeiten ein unterschiedliches Risiko aufweisen.

     

    Die Analyse der Mandantenstruktur soll ein abstraktes Bild der Mandanten vermitteln. Über diese Analyse kann erfasst werden, ob es einen Schwerpunkt für bestimmte Wirtschaftsbereiche gibt oder ein Auslandsbezug besteht. Beschränkt sich ein Betrieb beispielsweise fast ausschließlich auf Rentner und Arbeitnehmer, ist das Risiko grundsätzlich geringer als dies bei der Betreuung von Unternehmen der Fall ist.

     

    • Wesentliche Punkte zur Erfassung der Mandantenstruktur
    • Mandantenanzahl
    • Branchen
    • Privat-/Unternehmensmandate
    • Unternehmensgröße
    • Bargeldintensive Mandate wie bspw. Gastronomie oder Spielotheken
    • Herkunft
    • Einzel-/oder Dauermandate
     

    Die Bewertung der Geschäfts- und Mandantenrisiken verfeinert die Analyse der Mandantenstruktur. Wenn es möglich ist, die Mandate zu kategorisieren, so sollte dies vorgenommen werden. Einerseits kann die eigene Risikoanalyse so als Handreichung an die Sachbearbeiter gegeben werden, sodass diese bei der Mandatsannahme wissen, welches Risiko sie anzunehmen haben. Damit wäre zusätzlich auch der wesentliche Punkt der internen Sicherungsmaßnahmen nach § 6 GwG erfüllt. Andererseits dokumentiert man so auch gegenüber der Aufsichtsbehörde, wenn es zu einer Stichprobe kommt, dass man alles Notwendige tut, um die Pflichten nach dem GwG zu erfüllen. So wird es, was für die Frage bußgeldbewehrter Strafen entscheidend ist, kaum möglich sein, einer Kanzlei leichtfertige (grob fahrlässige) Verstöße vorwerfen zu können. Das Gesetz geht in seiner Konstruktion grundsätzlich von einem allgemeinen Risiko aus. Welche Faktoren eine Abweichung dieser gesetzlichen Voreinschätzung erlauben, ergibt sich aus den Anlagen zum GwG (Anlage 1 ‒ Hinweise auf ein geringeres Risiko; Anlage 2 ‒ Hinweise auf ein erhöhtes Risiko).

     

    Die Risikoanalyse ist nicht bloß „l’art pour l’art“. Sie ist auch die Grundlage dafür, überhaupt die Pflichten nach dem GwG erfüllen zu können (Umsetzung der Risikobewertung). Die maßgebliche Frage für die Verpflichteten ist es, welche Prüfungstiefe anzuwenden ist. Da das GwG einen risikobasierten Ansatz verfolgt, richtet sich die Prüfungstiefe nach der vorgenommenen Risikobewertung.

     

    • Zu unterscheidende Prüfungsmaßstäbe
    • Vereinfachte Sorgfaltspflichten (§ 14 GwG)
    • Allgemeine Sorgfaltspflichten (§ 10 GwG)
    • Verstärkte Sorgfaltspflichten (§ 15 GwG)
     

    Jede Stufe ergänzt das Prüfungsprogramm der Verpflichteten. Die für jede Prüfungsstufe vorzunehmenden Maßnahmen sollten in der Risikoanalyse zusätzlich dokumentiert werden.

    Die konkreten Maßnahmen ‒ Staffelung nach Risikoeinschätzung

     

    • Grundlegende Pflichten (allgemeine Sorgfaltspflichten)
    • Identifizierung des Vertragspartners und gegebenenfalls der für ihn auftretenden Personen mittels Kopie des Personalausweises und Prüfung ihrer Berechtigung zur Vertretung
    • Abklärung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt
    • Ermittlung des Zwecks der Geschäftsbeziehung
    • Feststellung, ob es sich beim Vertragspartner oder dem wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person, um ein Familienmitglied oder um eine bekanntermaßen nahestehende Person handelt
    • Kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung, ob die Angaben über Herkunft der Mittel bei Transaktionen und die wirtschaftlich Berechtigten den vorherigen Angaben des Geschäftspartners entsprechen
     

    Eine besondere Rolle bei der Erfüllung dieser Pflichten spielt das Transparenzregister, da gerade dort auch der wirtschaftlich Berechtigte von juristischen Personen hinterlegt werden muss. Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Angaben unrichtig sind, reicht der Abgleich mit dem Register aus.

     

    Beachten Sie | Die Beratung des Mandanten hinsichtlich der Frage, wer wirtschaftlich Berechtigter einer Rechtseinheit ist und ob eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Transparenzregister besteht, stellt eine nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung dar. Sie sollte, da die Frage noch nicht abschließend geklärt ist, auf einen Anwalt übertragen werden (vgl. Beyme, Stbg 21, 377).

     

    Die vereinfachten Sorgfaltspflichten unterscheiden sich nur dahin gehend, dass für die Identifikation nicht der Personalausweis herangezogen werden muss, sondern auch sonstige Dokumente einer dritten Stelle (z. B. behördliche Bescheide) herangezogen werden können. Das Gesetz erlaubt bei den vereinfachten Sorgfaltspflichten zwar grundsätzlich auch eine angemessene Herabsetzung aller Bestandteile der allgemeinen Sorgfaltspflichten, indes gestattet es nur die Reduzierung bei der Identifikation ausdrücklich.

     

    Die verstärkten Sorgfaltspflichten führen dazu, dass weitere Pflichten hinzutreten.

     

    • Aus verstärkten Sorgfaltspflichten resultierende Pflichten
    • Für die Begründung oder Fortführung einer Geschäftsbeziehung muss die Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene des Geschäftspartners eingeholt werden.
    • Es sind angemessene Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Herkunft der Vermögenswerte bestimmt werden kann, die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden.
    • Die Geschäftsbeziehung ist einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen.
     

    Bei der Begründung der Geschäftsbeziehung oder wenn sich im Laufe der Bearbeitung die Risikoeinschätzung verändert hat, muss die Zustimmung der Geschäftsbeziehung von Führungs- oder Leitungspersonal des Geschäftspartners eingeholt werden (vgl. Klugmann, NJW 12, 641, 643 und Achtelik, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 5. Auflage 2023, § 15 GwG, Rz. 19).

     

    Für die Ermittlung der Herkunft von Vermögenswerten sieht die Bafin schon bei Kreditinstituten keine ausreichende Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen (BaFin, Jahresbericht 2011, S. 251). Entsprechend kann bei den übrigen Verpflichteten nicht davon ausgegangen werden, dass es für diese einfacher wäre. Grundsätzlich besteht nur die Möglichkeit einer Befragung, einer Internetrecherche und der Prüfung auf Plausibilität. Solange der Geschäftspartner keine vollkommen unglaubhafte Aussage macht oder eine Angabe vollständig verweigert, ist die Herkunft der Vermögenswerte geklärt (Achtelik, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 5. Auflage 2023, § 15 GwG, Rz. 23).

     

    Die verstärkte kontinuierliche Prüfung meint, dass die Unterlagen und Daten regelmäßig daraufhin untersucht werden müssen, ob es Anzeichen für Widersprüche und Verstöße gibt. In Einzelfällen werden noch weitere Aufgaben für die Verpflichteten hinzutreten. Es sind aber diese drei Punkte, die die verstärkten Sorgfaltspflichten im Wesentlichen abdecken.

     

    MERKE | Ist es nicht möglich, die notwendigen Angaben durch den Geschäftspartner zu erhalten oder verweigert er eine Mitwirkung, so ist das Mandat nicht anzunehmen oder zu beenden.

     

    Unbestimmte Rechtsbegriffe und Abwägungen ‒ Unsicherheit

    Das maßgebliche Problem im Zusammenhang mit den Pflichten nach dem GwG ist, dass keine klaren quantifizierbaren Kriterien gibt, wann etwas konkret zu tun ist. Die Einschätzung des Risikos und die Beurteilung, ob Maßnahmen angemessen und ausreichend sind, obliegen zum Großteil dem Verpflichteten. Dieser hat insoweit eine Einschätzungsprärogative. Die Unsicherheit versucht der Gesetzgeber dadurch aufzufangen, dass eine aus aufsichtsrechtlicher Perspektive fehlerhafte Risikozuordnung oder eine unzureichende Aufklärungsmaßnahme nur dann strafbewehrt ist, wenn sie vorsätzlich oder leichtfertig vorgenommen wurde. Kann der Verpflichtete dokumentieren, dass er überhaupt das Risiko analysiert und Maßnahmen entsprechend ergriffen hat, so ist der Vorwurf der Leichtfertigkeit (grobe Fahrlässigkeit) zu entkräften. Es kommt also in erster Linie darauf an, die Prüfung überhaupt vorzunehmen, anstatt jeden Einzelfall vollständig und erschöpfend zu erfassen. Dies ist praktisch nie möglich und dies erkennt auch der Gesetzgeber an.

     

    Ergeben sich aus der Prüfung im Rahmen des GwG Umstände, die auf Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder Straftaten hindeuten, ist eine Meldung an die FIU abzugeben. Werden die Informationen aus der Prozessvertretung oder (Steuer-)Rechtsberatung gewonnen, muss die Meldung nur bei positiver Kenntnis erfolgen.

     

    FAZIT | Bewusstsein schaffen und Abläufe standardisieren! Das GwG führt zu einer Vielzahl an Prüfungspflichten für rechtsberatende Berufsträger. Die Unsicherheiten, die aus den unbestimmten Rechtsnormen erwachsen, können leicht dazu führen, dass man eine fatalistische Haltung einnimmt und von vornherein die Erfüllung dieser Pflicht für aussichtslos hält. Eröffnet man sich das Gesetz aber schrittweise, so wird deutlich, dass der gesetzlich geforderte Aufwand, d. h. die Schwelle, bis zu der keine Strafe mehr droht, sich in Grenzen hält. Das eigene Unternehmen muss zunächst nur das eigene Risiko und das Risiko der Mandanten abstrakt erfassen. Wenn die Risikoanalyse dokumentiert ist, stehen Risikobewertungskriterien und Maßnahmen (Prüfungskatalog) fest. Dann muss im Rahmen der Mandatsannahme bzw. -bearbeitung nur noch gefragt werden:

     

    • Liegt ein Fall vor, der dem GwG unterfällt? (Für Steuerberater immer, § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG.)
    • Wer ist mein Mandant?
    • Liegen Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko vor?
    • Welche Sorgfaltspflichten gelten?
    • Wann erfolgt eine wiederholte Prüfung?
    • Muss eine Meldung an die FIU abgegeben werden?

     

    Entscheidend ist, dass Abläufe in der Kanzlei bestehen und angewandt werden. Werden die vorangestellten sechs Schritte auf Grundlage der eigenen Risikoanalyse durchgeführt, sind die Pflichten nach dem GwG grundsätzlich erfüllt.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2024 | Seite 121 | ID 49973240