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  • · Fachbeitrag · Corona-Virus

    Wer zahlt das Gehalt, wenn die Mitarbeiter zu Hause bleiben sollen oder müssen?

    von RAin Ina Jähne, Hannover, www.jaehne-guenther.de

    | Wohl denen, die schon heute aus dem Homeoffice heraus arbeiten können. Doch nicht jede Arbeit lässt sich von zu Hause erledigen und so stellt sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Frage: Wer zahlt, wenn die Mitarbeiter zu Hause bleiben sollen oder müssen? |

     

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    • Anspruchsgrundlagen für Entgeltfortzahlung
    • Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EntgFG: Ein Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht zur Arbeit kommen kann, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Diesen Anspruch hat nur, wer bereits erkrankt ist oder dem gegenüber als Kontaktperson Quarantäne angeordnet wurde.

     

    • Anspruch nach § 56 IfSG: Dieser Anspruch entsteht, wenn ein Mitarbeiter Verboten in der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit nach dem IfSG unterliegt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Begünstigt sind also nur Personen, denen gegenüber eine „Anordnung der häuslichen Quarantäne“ ausgesprochen wurde. Nicht erfasst ist davon der Fall, in dem ein Mitarbeiter beispielsweise aus Tirol zurückkehrt und auf die Empfehlung der Bundesregierung hin für zwei Wochen zu Hause bleiben möchte.
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    • Beachten Sie | Für Freiberufler und Selbstständige sieht das IfSG übrigens auch eine Anspruchsgrundlage vor, wenn diese aufgrund eines gesundheitsbehördlichen Beschäftigungsverbots Verdienstausfälle haben. Anspruchsgrundlage ist dann der § 56 IfSG. Der Antrag ist innerhalb einer Frist von drei Monaten zu stellen.

     

    • Anspruch nach § 45 SGB V für Kinder unter zwölf Jahren. Auch dieser Anspruch setzt eine Erkrankung, in diesem Fall des Kindes, voraus. Vorsorge berechtigt nicht. In der Diskussion ist eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf den Fall von behördlich angeordneten Schul-und Kitaschließungen.
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    • Beachten Sie | Für Mitarbeiter in „gesundheitssystemrelevanten Bereichen“ haben sich die Bundesländer verpflichtet, Notbetreuungen einzurichten, sodass Eltern auch bei Erweiterung des Anwendungsbereichs nicht zu Hause bleiben können, sondern die Notbetreuung in Anspruch nehmen müssen.
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    • Der Anspruch nach § 45 SGB V ist im Übrigen beschränkt auf zehn Arbeitstage im Kalenderjahr; bei Alleinerziehenden sind es 20 Arbeitstage.

     

    • Anspruch auf vertragliche Vergütung nach § 611 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag: Wenn der Arbeitgeber sich freiwillig entschließt, den Betrieb vorsichtshalber zu schließen, dann trägt der Arbeitgeber das Vergütungsrisiko und er muss weiter zahlen.
    • Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB: Danach verliert der Arbeitnehmer den Anspruch auf Vergütung nicht dadurch, dass er für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Der Anspruch besteht nur, wenn er nicht bereits arbeits-/tarifvertraglich ausgeschlossen wurde.
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    • Wurde § 616 BGB arbeits-/tarifvertraglich nicht ausgeschlossen, kommt es auf die in der Rechtsprechung ‒ uneinheitliche ‒ Auslegung des Tatbestandsmerkmals „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ an. Zum Teil wird mit Pauschalen gearbeitet.
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    • Notwendige Kinderbetreuung: So soll für die Betreuung eines unter achtjährigen Kindes eine Zeit von fünf Tagen noch verhältnismäßig sein (Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, 54. Ausgabe, Stand 1.12.19, § 616 Rz. 48). Wenn aber von vornherein absehbar ist, dass es mehr als fünf Tage sein werden, geht der ganze Anspruch insgesamt verloren. Zu beachten ist auch: Es kann den Eltern (und Kindern) grundsätzlich zugemutet werden, die Kinder kurzfristig in die Obhut Dritter zu geben (Henssler, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 616 Rz. 42).

     

    • Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 615 S. 3 BGB nach Betriebsschließung wegen behördlicher Anordnung: Es gilt die sogenannte Betriebsrisikolehre. D. h. der Arbeitgeber trägt das Risiko dafür, dass er seine Mitarbeiter nicht beschäftigen kann und schuldet Fortzahlung der Vergütung. Für Arbeitgeber bleibt hier nur der Antrag auf Kurzarbeit für seine Mitarbeiter, im Zweifel zu Null, wobei dies, wenn der Arbeitsvertrag dies nicht legitimiert, eine Vereinbarung mit dem Mitarbeiter voraussetzt.
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    • Anspruch aufgrund „Freistellungsanordnung“ des Bundes oder der Länder: Dass es eine solche Anordnung geben wird, wie sie von Teilen der Presse gefordert wird, ist unwahrscheinlich. Auch eine solche Anordnung würde aber nicht dazu führen, dass es einen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB gäbe. Rechtliche Bedenken würden sich schon ergeben bei der Frage, ob qua Dekret Arbeitgebern aufgegeben werden kann, ihre Mitarbeiter flächendeckend freizustellen. Denkbar ist allenfalls, dass es am Ende ein Eintreten des Staats für Lohnausfälle geben wird, die angesichts der Dauer des Ausfalls nicht unter § 616 BGB zu subsumieren sind.
     

    VORLäUFIGES FAZIT | Im Ergebnis muss man festhalten, dass gerade in der Frage des Bestehens eines Anspruchs nach § 616 BGB Rechtssicherheit im Moment nicht zu erzielen ist, was sowohl für die Arbeitgeber als auch deren Mitarbeiter belastend ist. Im Grunde muss es bei der Empfehlung bleiben, dass in Abstimmung mit den Mitarbeitern einzelne Fehltage nach § 616 BGB vergütet werden, zuvor aber Zeitguthaben und Resturlaub zu nehmen sind und durchaus auch Urlaubsansprüche des laufenden Jahrs jedenfalls partiell zu nehmen sind.

     
    Quelle: ID 46411729

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