· Fachbeitrag · Kanzleiorganisation
Pflicht zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs
Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert
Ist das gerichtliche Faxgerät gestört, muss ein Rechtsanwalt das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) benutzen, um einen fristgebundenen Schriftsatz zu übermitteln (LG Krefeld 10.9.19, 2 S 14/19). |
Sachverhalt
Im Rahmen einer Mietrechtsstreitigkeit wollte der klägerische Anwalt seine Berufungsschrift per Fax übermitteln. Weil das Faxgerät des Gerichts nicht empfangsbereit war, gelang die Übertragung nicht. Der Originalschriftsatz ging verspätet ein. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Im Zivilprozess ist ein Wiedereinsetzungsantrag dann erfolgreich, wenn der Betreffende ohne sein Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 233 Abs. 1 ZPO). Hiervon ging das LG nicht aus.
Die Kammer lässt ausdrücklich ungeprüft, ob das Faxgerät des Gerichts tatsächlich gestört war. Denn der klägerische Anwalt hätte für diesen Fall seine Rechtsmittelschrift über das beA übermitteln müssen. Seit dem 1.1.19 besteht für alle Rechtsanwälte die Pflicht, diese Kommunikationseinrichtung bereitzuhalten und auch zu betreiben. Zwar hatte der Antragsteller eingewandt, die qualifizierte elektronische Signatur noch nicht erhalten zu haben, mit der die Urheberschaft zweifelsfrei belegt werden kann. Die Kammer weist aber darauf hin, dass elektronische Dokumente von Gesetzes wegen auch ohne diese Signatur bei Gericht eingereicht werden können (§ 130a ZPO). Hiernach reicht aus, dass der Verfasser das Dokument einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt. Das beA ist im Gesetz ausdrücklich als eine solche sichere Transfermöglichkeit definiert (§ 130 Abs. 4 Nr. 2 ZPO). Die nötige einfache Signatur besteht allein in der Namenswiedergabe der verantwortenden Person am Ende des Schriftsatzes. Dieses Individuum muss dabei stets Inhaber des beA sein.
PRAXISTIPP | Das beA war schon vor seiner Einführung heftig umstritten und stößt in der Anwaltschaft teilweise noch immer auf Bedenken. Schon im Hinblick auf die für die nächsten Jahre geplante flächendeckende Einführung der elektronischen Akte in allen Justizbereichen wird seine Bedeutung aber schnell ‒ auch für die steuerberatenden Berufe ‒ zunehmen. Die Entscheidung des LG Krefeld steht außerdem nicht allein. Das OLG Dresden (29.7.19 4 U 879/19, Beschluss, NJW 19, 3312) hat bereits darauf hingewiesen, dass bei einer technischen Störung des Faxversands das beA zwingend zu benutzen ist. Weitere Gerichte dürften sich schnell dieser Auffassung anschließen. |