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  • · Fachbeitrag · Mandantenanalyse

    Mit welchen Mandaten machen Sie Umsatz?

    von Dipl.-Kaufm. Michael Loch, Köln und StB Jürgen Derlath, Münster

    | Wenn Unternehmen ihre Kunden analysieren, dann stellen viele fest, dass ein großer Teil des Umsatzes auf eine Handvoll Kunden entfällt. Es wird dann gerne die 80/20- oder Pareto-Regel zitiert, wonach 80 % des Umsatzes mit 20 % der Kunden gemacht werden. Mit einer kleinen Zufallsstichprobe wurde überprüft, ob sich diese Regel zumindest tendenziell auch bei Steuerkanzleien nachweisen lässt. |

    Die 80/20-Regel

    Die 80/20-Regel besagt, dass 80 % des Effektes auf 20 % der Faktoren zurückgeführt werden können. Sie geht auf den italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto zurück. Der hatte die Verteilung von Grundbesitz in Italien untersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, dass 20 % der italienischen Bevölkerung rund 80 % des Vermögens besaßen. Im Laufe der Zeit wurde die 80/20-Verteilung dann zum Sinnbild für das Missverhältnis von Mitteleinsatz und Ertrag. Ob es nun 20 % der umsatzstärksten Mandate sind, mit denen die Kanzlei 80 % des Umsatzes erwirtschaften, ist letztlich nicht maßgebend. Wichtig ist, dass unter Risikogesichtspunkten eine unausgewogene Mandatsstruktur während der Kanzleilebenszeit wie ein Damoklesschwert über der Kanzlei hängt. Spätestens beim Kanzleiverkauf wird das zum Problem, weil der Erwerber einen Abschlag verlangen wird. Auch verhält es sich beim Aufwand nur bedingt so, wie es die 80/20-Regel nahelegt. Die 20 % umsatzstärksten Mandate verursachen nicht unbedingt proportional den meisten Personalaufwand. Häufig ist eher zu beobachten, dass überproportional viel Personalaufwand (vor allem der, der nur selten abgerechnet wird oder abgerechnet werden kann) auf die übrigen Mandate entfällt. Unter Deckungsbeitragsgesichtspunkten heißt das, dass wenigen sehr lukrativen Mandaten viele wenig lukrative bis defizitäre Mandate gegenüberstehen.

    Stichprobenbeschreibung und Vorgehen

    Von zehn Steuerkanzleien (fünf Einzelkanzleien, zwei Sozietäten und drei GmbHs) mit Jahresumsätzen von 122 TEUR bis 2.900 TEUR wurden die Mandantenlisten absteigend nach der Umsatzstärke sortiert. Danach wurde die Anzahl der Mandate errechnet, die 20 % aller Mandate ausmachen. Schließlich wurde anhand der Mandantenliste ermittelt, wie hoch der Umsatz ist, den diese 20 % der Mandate erzielen. Dieser Umsatz wurde ins Verhältnis zum Umsatz der Kanzlei gesetzt.

     

    • Beispiel

    Hat eine Kanzlei 50 Mandate, dann entsprechen zehn Mandate 20 % aller Mandate. In der nach absteigendem Umsatz sortierten Mandantenliste werden nun die Umsätze der obersten zehn Mandate kumuliert und ins Verhältnis zum Gesamtumsatz der Kanzlei gesetzt.

     

    Ergebnis: Die 20 % umsatzstärksten Mandate erwirtschaften bei den zehn Kanzleien zwischen 61 % und 84 % vom Jahresumsatz der Kanzlei. Der Durchschnitt über alle Kanzleien in der Stichprobe lag bei 74 %. Es scheint sich tendenziell die 80/20-Regel zu bestätigen.

     

    • Verprobung der 80/20-Regel
    Nr.
    Typ
    Inhaber
    Mitarbeiter nach Köpfen
    Jahresumsatz (EUR)
    Gesamtzahl der Mandate der Kanzlei
    Anzahl (20 % umsatzstärkste Mandate)
    Kumulierter Umsatz der 20 % stärksten Mandate (EUR)
    In (%) vom Jahresumsatz

    1

    Einzelkanzlei

    1

    2

    221.018

    55

    11

    184.873

    84 %

    2

    Einzelkanzlei

    1

    2

    122.178

    20

    4

    74.539

    61 %

    3

    Einzelkanzlei

    1

    17

    895.000

    193

    39

    683.780

    76 %

    4

    GmbH

    1

    7

    601.962

    287

    57

    462.737

    77 %

    5

    Sozietät

    2

    21

    1.412.083

    392

    78

    1.041.109

    74 %

    6

    Sozietät

    2

    15

    1.106.836

    312

    62

    774.785

    70 %

    7

    GmbH

    3

    9

    1.132.000

    248

    50

    882.960

    78 %

    8

    Einzelkanzlei

    1

    17

    2.119.000

    526

    105

    1.589.250

    75 %

    9

    Einzelkanzlei

    1

    8

    550.000

    60

    12

    429.000

    78 %

    10

    GmbH

    5

    32

    2.934.000

    672

    134

    2.112.480

    72 %

    Durchschnitt in der Stichprobe

    74 %

     

    Schlussfolgerungen

    Der Hauptumsatz der Kanzlei wird in der Regel mit einem geringen Teil der Mandate erwirtschaftet. Diese Top-20 % der Mandate sind das „Herzstück“ Ihrer Kanzlei. Sie sollten in der Kanzlei bekannt sein und im Fokus der Mandantenpflege stehen. Da die Kanzlei den Hauptanteil des Umsatzes von diesen Mandaten erhält, lohnt es sich, in diese Mandate zu investieren z. B. durch exklusive Services. Gleichzeitig darf vermutet werden, dass diese Mandate insgesamt ein besonderes wirtschaftliches Gewicht haben. Daher sollten Sie überlegen, inwieweit zusätzliche (betriebswirtschaftliche) Beratungsangebote platziert werden können.

     

    Das verursacht natürlich zusätzlichen Aufwand, der zunächst an anderer Stelle eingespart werden muss, falls keine Kapazitätserweiterung geplant ist. Das rückt die anderen 80 % der Mandate in den Fokus, die in der Stichprobe die übrigen 16 bis 39 % zum Gesamtumsatz der Kanzlei beitragen. Sind darunter Mandate, die übermäßig Aufwand produzieren (schlechte Deckungsbeiträge)? Sind darunter Mandate, die Ihre Mitarbeiter ärgern oder die den Mitwirkungspflichten nicht oder nur nach vielen Ermahnungen nachkommen? Sind darunter Mandate, die nicht oder nur schleppend zahlen? Müssen Sie eine dieser Fragen mit Ja beantworten, sollten Sie überlegen, ob Sie Ihre Kanzleiressourcen noch in diese Mandate investieren wollen (Mandanten-Offboarding).

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 06 / 2023 | Seite 100 | ID 49221847