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  • · Fachbeitrag · Mandantenpolitik

    Den Z-Mandaten gehört die Zukunft in Ihrer Kanzlei

    von StB Cordula Schneider, Dortmund

    | Wenn ich als Kanzleiberaterin sehe, welche Mandate Kanzleien mitschleppen, dann habe ich den Eindruck, es gibt so etwas wie einen „hippokratischen Eid“ des Steuerberaters. Spreche ich das Thema dann an, kommt regelmäßig die „Kündigung zur Unzeit“ auf den Tisch. Und der letzte Abschluss wurde dann ja auch bezahlt ‒ nach drei Zahlungserinnerungen ... und mit Abschlägen. Wenn Sie sich jetzt „ertappt“ fühlen, dann sollten Sie diesen Beitrag zu Ende lesen, denn er wird Ihre Sicht verändern. |

    Noch nie war es so wichtig, Mandate auszuwählen

    Es bringt nichts, Mandate zu betreuen, die nichts zum Erfolg der Kanzlei beitragen. Der Zweck Ihrer Kanzlei ist es schlussendlich Geld zu verdienen, oder? Es ist Ihr Recht, gutes Geld für gute Arbeit zu verlangen. Und ich finde, es ist eine Sache der Fairness, dass die „guten“ Mandanten die „schlechten“ nicht mitfinanzieren; denn Sie haben keinen „verteilungspolitischen“ Auftrag. Bislang noch reicht der Gewinn in vielen Fällen. Absolute Gewinnmaximierung steht daher nur bei wenigen Kanzleien oben auf der Liste. Aber die Situation ist in den letzten Jahren für Sie nicht einfacher geworden:

     

    • Steigende Personalgehälter: Auch wenn das Gehalt nicht das einzige Kriterium für eine attraktive Arbeitgeberin ist, es bleibt ein sehr wichtiges Thema.

     

    • Schwierige Personalsuche: Unabhängig von hohen Gehaltsforderungen sind einfach schlichtweg zu wenig Mitarbeitende „auf dem Markt“. Insbesondere fachlich und digital gut aufgestellte Mitarbeitende fehlen. Infolgedessen ist die Kapazitätsdecke in vielen Kanzleien sehr kurz.

     

    • Knappe Kapazitäten führen dazu, dass Sie nicht nur die unbequemen Mandate kündigen. Viele Kanzleien setzen gerade auch Mandanten mit kleinem positiven Deckungsbeitrag frei, weil sie eine Bearbeitung in angestrebter Qualität (auch zeitlich) nicht mehr gewährleisten können.

     

    • Mühseliger Digitalisierungsprozess: So schnell wie wir die Automatisierung der klassischen monatlichen Aufträge gerne hätten, geht es dann doch nicht. Die künstliche Intelligenz steckt noch weitgehend in den Kinderschuhen und die digitalen, arbeitsteiligen Prozesse mit den Mandanten fressen Zeit.

     

    • Höhere Digitalisierungskosten als erwartet: Im ersten Moment drängen sich immer erst die Softwarekosten in den Vordergrund. Da höre ich oft: „Das ist aber doch ziemlich teuer.“ Verglichen mit den Folgekosten durch Einrichtung und Schulung sowohl der Mitarbeitenden als auch der Mandanten, sind ehrlicherweise die reinen Softwarekosten nur ein kleiner Kostenfaktor.

     

    Diese Faktoren knabbern auch am Gewinn. Bis vor ca. fünf Jahren lag mein Benchmark-Wert für eine Spitzenkanzlei noch bei mindestens 40 % Gewinnquote vom Umsatz. Heute muss ich den Wert nach unten anpassen. Die meisten Kanzleien, mit denen ich in meinem Kanzlei-Coaching arbeite, liegen da eher zwischen 25 und 30 %. Für mich heißt das ganz klar: Sie können es sich schlichtweg nicht mehr leisten, Mandanten zu vertreten, die über einen negativen Deckungsbeitrag den Erfolg der Kanzlei schmälern.

    Die UVZ-Mandatsanalyse

    Sie haben bestimmt schon vom Konzept der ABC-Mandate gehört. Darunter wird oft die Auswahl nach dem einzigen Kriterium Deckungsbeitrag verstanden. Übrigens: Ein Deckungsbeitrag von 0 reicht bei einer Vollkostenrechnung nicht. Legen Sie die Latte bei den Unternehmensmandaten höher. Mindestens 500 EUR im Jahr sollte ein Mandat schon erwirtschaften.

     

    Ich möchte Ihnen allerdings eine andere Betrachtungsweise näherbringen: die Einteilung in U-, V- und Z-Mandate. Wenn Sie so wollen, ergänzt diese Einteilung die ABC-Analyse um qualitative Merkmale.

     

    Die U-Mandate

    Sie decken sich zumeist mit den „D-Mandaten“ der ABC-Analyse. Am besten lassen sich diese Mandate mit den folgenden Adjektiven beschreiben: un-organisiert, un-rentabel, un-willig, un-sicher (mit Blick auf die Zahlungsbereitschaft), un-freundlich, un-belehrbar. Sie finden sicher noch andere Adjektive. Fragen Sie ruhig mal Ihr Team: „Bei welchem Mandanten verdreht Ihr die Augen, wenn seine Nummer im Telefondisplay erscheint?“ Und fragen Sie sich bei jedem einzelnen Mandat dieser Kategorie: „Warum muss unsere Kanzlei dieses Mandat betreuen?“ (Und vergessen Sie nicht, auch Ihre Antwort zu hinterfragen!)

     

    • Warum betreut Ihre Kanzlei noch U-Mandate?
    Ausrede
    Gegenfrage
    • Dieser Mandant ist schon so lange hier.
    • Gibt es ein Gewohnheitsrecht auf Betreuung durch Ihre Kanzlei
    • Die Mandantin ist so gut vernetzt. Ich habe Bedenken, dass sie andere dazu bewegt, zu kündigen.
    • Hat diese Mandantin schon mal einen anderen guten Mandanten empfohlen?
    • An dem Fall können unsere Azubis gut lernen.
    • Was werden die Azubis lernen? Und wie viel Freude an der Arbeit wird ihnen das wohl bereiten?
     

    Ich erlebe immer wieder, dass versucht wird, U-Mandate „hinauszufakturieren“. Natürlich habe ich als Honoraroptimistin nichts gegen Honorarerhöhungen. Ist ein Mandat allerdings in der Kategorie „U“ gelandet, weil es nicht nur einen schlechten Deckungsbeitrag hat, sondern auch andere „U-Kriterien“ erfüllt, ist der Versuch, es über eine Honorarerhöhung zur Kündigung zu bewegen, gefährlich. Meiner Erfahrung nach sind Kündigungen eher selten. Dann aber stehen Sie schlechter da als vorher. Sie können sich auch gar nicht so richtig über das „Schmerzensgeld“ freuen, denn das müssten Sie eigentlich an die Mitarbeitenden auskehren, die diesen un-geliebten Mandanten immer noch jeden Monat auf dem Tisch, am Hörer oder im Büro haben. Auch eine Kündigung wird schwieriger, denn Ihre Honorarforderung wurde ja erfüllt.

     

    Überlegen Sie sich lieber gut, warum der betroffene Mandant für Sie ein U-Mandat ist. Danach sagen Sie ihm das genauso. „Unsere Zusammenarbeit passt nicht für mich. Daher werden wir das Mandat beenden.“ Vielleicht erleichtert es Ihnen die Trennung, wenn Sie sich gleichzeitig überlegen, wie viele Aufträge derzeit für gute Mandate liegen bleiben, weil Sie und Ihre Kanzlei mit den „U‘s“ dieser Welt beschäftigt sind.

     

    Die V-Mandate

    Auch an den V-Mandanten haben Sie in der Regel wenig Spaß, selbst wenn Sie in der Vergangenheit noch gut an Ihnen verdient haben oder verdienen. V-Mandate lassen sich mit den folgenden Adjektiven beschreiben: ver-änderungsängstlich, ver-zagt, ver-altet (mit Blick auf Geschäftsmodelle, Prozesse), ver-schlossen.

     

    Der Lackmustest für diese Mandate ist die Digitalisierung. Wer sich einer so nachhaltigen Entwicklung wie der Digitalisierung ver-schließt und nicht einmal auf dem relativ begrenzten Gebiet der eigenen Buchhaltung gewillt ist, die Belege vollständig einzuscannen und hochzuladen, der zeigt, dass er am Vergangenen klebt ‒ vom Gastronomen, der heute nur Bargeld als einziges Zahlungsmittel anbietet und deswegen junge Zielgruppen nicht mehr erreicht, ganz zu schweigen.

     

    Das Scannen von Belegen mit Honorar zu „bestrafen“ löst das Problem auch nicht. Weder hat es einen erzieherischen Effekt (im Gegenteil, der Mandant oder die Mandantin hat sich jetzt das Recht erkauft, sich nicht verändern zu müssen), noch löst es das Problem der knappen Kapazitäten in der Kanzlei, denn das Geld entlastet die Mitarbeitenden nicht. Machen Sie lieber ein ‒ kostenpflichtiges ‒ Digitalisierungsangebot. Wer darauf nicht eingeht, qualifiziert sich für die Kategorie der U-Mandate: un-belehrbar, un-willig und auf mittlere Sicht un-rentabel. Wer darauf eingeht, lässt sich vielleicht sogar zum Z-Mandat weiterentwickeln.

     

    • Das Digitalisierungsangebot

    Lieber Mandant X,

    wir werden ab 1.4.23 keine Papierbelege mehr annehmen. Ab diesem Zeitpunkt verarbeiten wir nur noch elektronisch eingegangene Belege in der Kanzlei. Derzeit beträgt der Anteil der elektronisch eingegangenen Belege am gesamten Belegaufkommen Ihres Unternehmens allerdings nur Y %. Gerne unterstützen wir Sie dabei, den Belegfluss zwischen Ihrem Unternehmen und unserer Kanzlei vollständig zu digitalisieren. Ein entsprechendes Angebot haben wir beigelegt. Wie Sie dem Angebot entnehmen können, ist die finanzielle Investition in die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens durchaus überschaubar.

     

    Die Z-Mandate

    Kommen wir schließlich zu den Mandaten, mit denen Sie auch in Zukunft weiterarbeiten wollen. Sie werden durch folgende Adjektive beschrieben: z-ielorientiert, z-uverlässig, z-ivilisiert, z-ahlungsbereit. Diese Mandate sind in ihren eigenen Geschäftsfeldern erfolgreich und machen so auch Ihre Kanzlei als deren Dienstleister zukunftssicher. Bevor Sie die Ressourcen Ihrer Kanzlei auf U- und V-Mandate verteilen, sollten Sie sich lieber überlegen, was Sie den Z-Mandaten Gutes tun können.

     

    Sie können aber noch einen Schritt weiter gehen. Schauen Sie sich die Z-Mandate einmal näher an. Was macht deren Erfolg aus? An welchen Merkmalen/Gemeinsamkeiten lässt sich das festmachen (Alter, Branche, Geschäftsmodell etc.). So gewinnen Sie ein Gefühl dafür, wie Sie Ihre Kanzlei positionieren müssen, um in Zukunft nur noch Z-Mandate zu akquirieren.

    Die Exit-Strategie bei U- und V-Mandaten

    Im Grunde genommen ist die Kündigung von U- und V-Mandaten keine Frage des Ob, sondern des Wann. Der Tag des Abschieds kann in drei Zeitzonen liegen:

     

    • Sofort (vor allem U-Mandate): „Diesen Monat machen wir Ihre Sachen fertig, ab nächstem Monat sagen Sie uns bitte, welchem Kollegen wir Ihre Daten übermitteln sollen.“ Es gibt keinen Grund, bis zum Ende des Jahres zu warten. Im Gegenteil, wenn Sie das Mandat unterjährig abgeben, erledigt sich auch die Frage, wer den laufenden Abschluss macht.

     

    • Mit Übergangsfrist (vor allem V-Mandate): „Wenn Sie sich auf unsere Art zu arbeiten nicht einlassen können, verstehen wir das. Weil Sie schon so lange bei uns sind, geben wir Ihnen (...) Monate Zeit, sich in Ruhe eine neue Kanzlei zu suchen.“ Achtung: Die Deadline ist hier wichtig!

     

    • Nie: Sie haben V-Mandate, da bringen Sie es einfach nicht übers Herz, sie zu kündigen? Dann machen Sie eine Ausnahme, aber achten Sie darauf, dass die Ausnahmen nicht mehr als 5 % aller Mandate ausmachen. Für verkappte U-Mandate gibt es allerdings keine Ausnahmen.

     

    PRAXISTIPP | Wollen Sie, dass Ihre Kanzlei eine Zukunft hat? Dann müssen Sie sich und die Mitarbeitenden fit für die Herausforderungen machen. Das ist für sich genommen schon eine Herkulesaufgabe. Das Letzte, was Sie jetzt brauchen, sind Mandate, die Ihre Mitarbeitenden auslaugen und die Kanzlei auf dem Weg in die Zukunft ausbremsen. Und schon gar nicht helfen sie bei der Positionierung der Kanzlei in der Zielgruppe der Z-Mandate.

     

    Selbst wenn Sie meinen, dass Sie sich diese Aufgabe nicht mehr ans Bein binden müssen, weil bei Ihnen die Nachfolge ansteht; wer immer die Kanzlei übernimmt, zahlt Ihnen nichts für U- und V-Mandate.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2022 | Seite 204 | ID 47714347