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  • · Fachbeitrag · Mitarbeitergewinnung

    Mehr Erfolg mit Storytelling in der Stellenanzeige

    von Marion Ketteler, www.kanzleiprofiling.de, Münster

    | Der Bewerbungsmarkt in der Steuerberatung hat sich umgekehrt: Wo früher Bewerber hofften, eine Anstellung zu finden, gibt es heute ein Überangebot und Bewerber können sich ihre Stellen und den Arbeitgeber aussuchen. Dennoch nützen nur wenige Kanzleien das Instrument der Stellenanzeige voll aus, um sich als attraktiver Arbeitgeber ins rechte Licht zu rücken. |

    Was ist die Konsequenz?

    Es ist schon merkwürdig, aber nur wenige Stellenanbieter passen ihr Verhalten an. Das kann mehrere Ursachen haben:

    • Sie suchen doch die gleichen Mitarbeiter wie früher; warum anders suchen?
    • Sie haben verstanden, dass der Markt sich verändert, aber nicht den Schluss daraus gezogen, dass auch sie sich ändern müssen.
    • Sie wissen nicht, was und wie sie es anders machen können.

     

    Wenn es ein Überangebot an Stellen gibt, reicht es zudem nicht aus, nur eine Kleinigkeit zu verändern. Sie müssen quasi der Leuchtturm in stürmischer See sein, der auffällt:

    • Sie müssen also dafür sorgen, dass ihr Angebot sichtbar ist und an den richtigen Stellen auffällt.
    • Zudem sollte der Bewerber eine positive Assoziation zur Anzeige entwickeln, damit er überhaupt den Impuls bekommt, sich dort zu bewerben.
    • Und zuletzt muss gerade der Bewerbungsprozess möglichst leicht und einfach sein, damit der Bewerber dann auch wirklich ins Tun kommt.

    Wie positioniert man sich als attraktiver Arbeitgeber?

    Mit Storytelling. Gemeint ist damit nicht, dass Sie dem Bewerber Märchen über die tollen Arbeitsbedingungen erzählen, die Sie dann hinterher nicht einhalten. Gemeint ist vielmehr, dass Sie Ihre potenziellen Bewerber einerseits neugierig auf die Kanzlei und die Stelle machen, andererseits ihnen so konkret wie möglich erzählen, was sie erwartet.

     

    Eine traditionelle Stellenanzeige wird dem nur bedingt gerecht. Gerade wenn es sich um gut eingeführte Berufsbilder (Steuerfachangestellte, Bilanzbuchhalter etc.) handelt, gleichen sich Stellenanzeigen wie ein Ei dem anderen. Da wird dann zum nächstmöglichen Termin, ganztags oder halbtags jemand gesucht, der diese und jene Aufgaben erledigen soll und dafür das und das mitbringt. Natürlich muss sie oder er noch teamfähig, stressresistent und leistungsbereit sein. Das Arbeitsumfeld ist selbstverständlich modern und der Job krisensicher. Ach ja, und bitte die „aussagefähigen Bewerbungsunterlagen unter Angabe von Eintrittstermin und Gehaltsvorstellung“ nicht vergessen. Wo ist das Problem, werden Sie denken. Das gehört doch alles in eine Stellenanzeige. Na, dann lesen Sie mal die hier:

     

    • Eine etwas andere Stellenanzeige

    Wir, die Kanzlei XY, haben uns für einen Standort in der Innenstadt entschieden: So können Sie uns schnell und komfortabel erreichen und in Ihrer Mittagspause den einen oder anderen Italiener ausprobieren oder noch eben Ihre Einkäufe erledigen. (Oder Sie stellen das gute Landleben heraus, wenn Ihre Kanzlei dort ist.)

     

    Die Aufgabe

    Da wir uns Verstärkung in der Lohn- und Finanzbuchhaltung wünschen, brauchen wir jemanden, der nicht nur fachlich sein Handwerk versteht, sondern der auch in hohem Maße kommunikativ ist. Denn bei uns sprechen Sie selbstständig und eigenverantwortlich mit Ihren Mandanten und betreuen sie in allen Fragen Ihres Fachgebiets. Sie sitzen bei uns in einem schönen Zweierbüro. Damit nicht alle jedes Telefonat mitverfolgen müssen und man dennoch Kontakt zu Kollegen hat.

     

    Das Arbeitsumfeld

    Da wir wissen, dass sich Lebensumstände ändern, haben wir für Sie gleitende Arbeitszeit eingeführt: Wenn Sie morgens Ihre Kinder in Ruhe in die Kita begleiten möchten, ist das gar kein Problem. Fangen Sie doch einfach später an oder reduzieren Sie Ihre Arbeitszeit nach Ihren Lebensumständen. Oder erledigen Sie einen Teil Ihrer Arbeit im Homeoffice. Natürlich stellen wir Ihnen die geeigneten Arbeitsmittel zu Verfügung. Wenn Sie aber lieber schon mit den Hühnern aufstehen und arbeiten wollen, bekommen Sie dafür bei uns auch die Gelegenheit und die passenden Mandanten, die sich freuen, morgens um sieben eine Besprechung mit Ihnen zu machen.

     

    Wir legen Wert auf guten kollegialen Austausch: Deswegen haben wir einen modernen Besprechungsraum eingerichtet, in den Sie sich gerne zurückziehen, um miteinander zu reden ‒ in Ruhe und ohne Unterbrechungen durch Anrufe.

     

    Da wir wertschätzen, dass Sie einen Großteil Ihrer Lebenszeit in unseren Räumen verbringen, ist es uns sehr wichtig, dass Sie sich wohlfühlen. Deswegen besprechen wir gemeinsam, was wir dazu beitragen können, damit Sie Ihr Bestes geben können. Für den einen ist es der höhenverstellbare Schreibtisch oder eine ergonomische Maus und für den anderen die große Topfpflanze.

     

    Das Miteinander

    Da es uns wichtig ist, Sie gut und umfassend über alle Belange der Kanzlei und der Mandanten zu unterrichten, finden regelmäßige Besprechungen statt. So halten wir uns gegenseitig auf dem Laufenden und sichern die Qualität unserer Arbeit.

     

    Das Büro ist immer nur so gut wie die Stimmung: Damit Sie in Stimmung bleiben, tun wir so einiges: Unsere sozialen Räume sind gemütlich eingerichtet. So können Sie in den Pausen abschalten. Mehrmals im Jahr sind wir gemeinsam unterwegs und feiern uns auf Betriebsausflügen. Und für die tägliche gute Stimmung gibt es eine gut eingerichtete Küche, in der Sie gerne gemeinsam in der Mittagspause kochen können, eine Kaffeemaschine und Wasser, so viel Sie mögen.

    Die Fortbildung

    Selbstverständlich wissen wir, dass das nicht ausreicht: Deswegen bilden wir jeden Mitarbeiter individuell weiter. Fachlich und persönlich. Natürlich in gemeinsamer Abstimmung und mit einem genauen Plan. Wir freuen uns, wenn Sie mit und bei uns Karriere machen oder zum Spezialisten werden. Selbstverständlich unterstützen wir Sie zeitlich und finanziell auf Ihrem Weg. Damit sichern Sie unseren Kanzleierfolg und Ihren Berufsweg heute und in der Zukunft.

    Ihr Weg zu uns

    Weil wir nur die Mitarbeiter beschäftigen wollen, die gut zu uns passen, ist uns jeder Einstellungstermin recht. Wir wissen, dass sich gerade sehr gute Mitarbeiter hoch verantwortlich für Ihren Arbeitsbereich fühlen. Wir möchten, dass Sie in Ruhe zu uns wechseln und Ihren alten Verantwortungsbereich gut übergeben können. Wir freuen uns, wenn Sie sich dann schon bei uns melden, wenn Sie das Gefühl haben, Sie passen zu uns. Alles andere bekommen wir hin. Rufen Sie doch einfach bei uns an und wir machen einen Termin aus, in dem wir uns bei einer Tasse Kaffee kennenlernen. Wir, die Kanzlei XY und 15 neugierige Kollegen, freuen uns auf Sie.

     

    Welchen Eindruck haben Sie jetzt von der Kanzlei? Haben Sie eine Idee, wie diese Kanzlei tickt? Sie können alles das, was bei Ihnen besonders ist oder worauf Sie besonders hinweisen wollen, in den Fokus Ihrer Anzeige stellen. Wenn Sie vollkommen digital arbeiten, sollten das die Bewerber vorab wissen, damit es keine böse Überraschung gibt.

     

    PRAXISTIPP | Und bitte: Verlangen Sie keine „aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen“. Was soll das denn sein? Zeugnisse und Zertifikate? Dann schreiben Sie das bitte hin. Oder bestehen Sie auf ein tolles Anschreiben? Dann formulieren Sie auch das. Vielleicht mit dem Hinweis, wieso Ihnen das so wichtig ist. Dann hat der potenzielle Bewerber auch schon eine Idee, mit wem er es zu tun haben könnte.

     

    Holen Sie die künftigen Mitarbeiter da ab, wo sie sind

    Sie werden einwenden, dass so viel Text für eine Stellenanzeige in den Printmedien unbezahlbar ist. Das stimmt. Die Frage ist, ob Printmedien das geeignete Portal sind, um Bewerbungen zu erhalten. Wo Buchstaben keine Kosten verursachen, nutzen Sie die Chance, sich gut aufzustellen: Auf Ihrer Website, in Ihrem Unternehmensprofil bei Xing, mit einem Link in jeder E-Mail, die Sie versenden. Vielleicht weisen die Partner selber in ihren Xing- oder LinkedIn Profilen auf die Anzeige hin oder veröffentlichen diese in ihrem Portfolio. Zusätzlich dazu überlegen Sie doch einmal genau, wo sich Ihr Mitarbeiter von morgen aufhält. Körperlich und geistig. Vielleicht gehen fast alle Ihre Mitarbeiter in ein Fitness-Studio bei Ihnen um die Ecke? Dann sollten Sie vielleicht dort mal einen Flyer auslegen mit einem netten Text. Geschichten wollen erzählt werden!

     

    Wo sind Ihre Mitarbeiter oder die meisten Menschen in einem bestimmten Alter medial unterwegs? Wahrscheinlich in den sozialen Medien. Auch hier kann man Annoncen schalten. Es nützt Ihnen doch herzlich wenig, wenn Sie viel Geld in eine Print-Stellenanzeige stecken, die niemand liest. Dann doch besser eine Agentur damit beauftragen, Ihre Stellenanzeige zu posten. Recherchieren Sie genau und seien Sie überraschend: Seien Sie der Leuchtturm. Viel Erfolg bei Ihrer Geschichte.

     

    Zum Autor | Marion Ketteler berät Steuerberater und Rechtsanwälte zu den Themen Führungskräfteentwicklung, Mitarbeiterführung und Arbeitsorganisation.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 30 | ID 46224780