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  • · Fachbeitrag · Nachfolgeregelung - Teil 1

    Wer tritt in meine Fußstapfen? Rechtzeitiges Planen sichert den Kanzleiwert

    von Alexander Jost, Lauf

    | Viele Steuerberater denken ungern daran, dass sie sich irgendwann mit der Übergabe ihrer Kanzlei an einen Nachfolger auseinandersetzen müssen - mit weitreichenden Folgen für den Wert und den späteren Fortbestand der Kanzlei. Die bessere Alternative ist es, die eigene Kanzleinachfolge beizeiten als strategisches Projekt anzugehen. |

    Innovationsfähigkeit und Risikobereitschaft sind gefragt

    Die deutschen Steuerberater werden immer älter: Im Jahr 2011 lag das Durchschnittsalter der Berater bereits bei 50,8 Jahren. Außerdem waren über 19.000 Mitglieder der Steuerberaterkammer älter als 60 Jahre - mehr als 6.000 davon sogar schon über 70. Das ist eine Tatsache, die an sich noch kein Grund zur Beunruhigung ist, steigt doch die Lebenserwartung und damit die Lebensarbeitszeit beständig an. Zugleich nimmt auch die Vitalität in fortgeschrittenem Lebensalter zu, genauso wie der Wunsch, länger im Berufsleben zu verbleiben als früher. Doch das längere Arbeiten bringt nicht nur ein von beruflichen Erfolgen erfülltes Altern mit sich, sondern birgt auch Risiken.

     

    Für die Führung einer Kanzlei spielt insbesondere Innovationsfähigkeit heute eine viel größere Rolle als früher, da sich die Märkte viel dynamischer verhalten. Nun soll keinem 70-jährigen Steuerberater abgesprochen sein, dass er in der Lage ist, Visionen mit der nötigen Durchschlagskraft für die Zukunft seiner Kanzlei zu entwickeln und auch die dafür erforderlichen Investitionen bereitwillig zu tätigen. Der durchschnittlichen Lebensrealität entspricht dieses Verhalten aber nicht. Mit zunehmendem Alter schwinden nämlich üblicherweise die Risikobereitschaft ebenso wie der Drang, immer weiter vorwärts zu kommen. Ein sich veränderndes Umfeld verlangt dies jedoch dem Steuerberater - so er sich als Unternehmer versteht - aber heute ab.

    Gibt es einen optimalen Zeitpunkt für ein Nachfolgekonzept?

    Wer sich die genannten Tatsachen bewusst macht, erkennt unzweifelhaft, dass es einen Zeitpunkt im Lebenszyklus der Kanzleiführung gibt, zu dem das Thema Nachfolge unaufschiebbar auf die Agenda gehört. Dieser ist zwar aufgrund der persönlichen Konstitution im Grunde höchst individuell. Die Erfahrung lehrt aber, dass spätestens ab einem Lebensalter von 55 Jahren nur ein Nachfolgekonzept garantiert, dass der Kanzleiinhaber den angestrebten Erlös bei einem Verkauf erzielen wird und ein wie auch immer gefundener Nachfolger eine Kanzlei weiterführen kann, die auch in Jahrzehnten noch mühelos erfolgreich am Markt bestehen kann. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Steuerberater in einem ersten Schritt für sich klären, welche Nachfolgeoptionen überhaupt infrage kommen.

    Die eigenen Kinder als Nachfolger?

    Gibt es Kinder, die bereit sind, die elterliche Kanzlei weiterzuführen? Beschäftigt der Steuerberater Mitarbeiter, die nicht nur die erforderliche fachliche Kompetenz, sondern auch die persönlichen und finanziellen Voraussetzungen mitbringen, um die Kanzlei zu erwerben und fortan zu betreiben? Die Antwort auf diese Fragen ist vermeintlich leicht zu finden - doch es lohnt sich, genauer hinzusehen. Denn nicht immer sind Kinder, die vielleicht willig sind, auch fähig und umgekehrt. Man tut weder sich noch der Familie oder den Mandanten und Mitarbeitern einen Gefallen, wenn man den eigenen Nachwuchs aus einem vermeintlichen Mangel an Alternativen heraus in eine Rolle drängt, in der er sich nicht wohl fühlt. Auch der Blick auf die tatsächlichen Fähigkeiten der eigenen Sprösslinge sollte kritisch sein.

     

    Steuerberater sollten zudem bedenken, dass die Übergabe der Kanzlei an die eigenen Kinder oft mit einem Verzicht auf den Wert derselben verbunden ist. Dieser Verzicht ist nur denjenigen möglich, die anderweitig für ihr Alter vorgesorgt haben. Häufig ist genau dies bei Steuerberatern aber nicht der Fall. Die eigene Kanzlei stellt den Löwenanteil dessen dar, mit dem im Alter der Lebensstandard erhalten werden soll. Insofern sollte bei der Alternative „Kind als Nachfolger“ auch bedacht werden, ob und wie eine schrittweise, teilweise oder vollständige Auszahlung des Kanzleiwerts an die Eltern - auch im Hinblick auf einen Ausgleich mit eventuell vorhandenen anderen Kindern - erfolgen kann. Wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind und zugleich Kompetenz und Wunsch passen, ist und bleibt die Nachfolge innerhalb der Familie die beste Wahl.

    Mitarbeiter als Nachfolger?

    Die zweite Möglichkeit, einen geeigneten Nachfolger zu finden, zielt auf die eigenen Reihen in der Kanzlei ab. Findet sich ein langjähriger Mitarbeiter, der bereit und fähig ist, die Kanzlei zu übernehmen, ist dies eine sehr schöne Konstellation. Dies gilt nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass man sich schon lange und genau kennt und der Mitarbeiter außerdem bereits mit den Mandanten und Abläufen aufs Engste verbunden ist. Aber auch dann, wenn Steuerberater einen langjährigen Mitarbeiter zum Nachfolger machen wollen, gibt es typische Problemaspekte, die bedacht werden sollten und dem Vorhaben möglicherweise generell im Wege stehen.

     

    Zunächst sollten die beiden Parteien möglichst rechtzeitig die Konditionen besprechen. Ein langes Neben- und Miteinander nach der Devise „Du machst das dann, das ist ja ohnehin klar“ kann dazu führen, dass dann, wenn es so weit ist, die Vorstellungen über das „Wie“ zu stark auseinanderklaffen. Einigt man sich nicht rechtzeitig auf einen Kaufpreis, die Zahlungsmodalitäten oder einen Zeitpunkt der Übergabe, wird die Suche nach Alternativen schwierig.

     

    Der zweite wichtige Aspekt, der sich direkt daran anschließt, ist die Frage der Finanzierung des Kaufpreises. Kann der Mitarbeiter dies darstellen? Verfügt er über genügend eigene Mittel, um für sein Vorhaben die in den meisten Fällen ebenfalls erforderliche Bankfinanzierung zu erwirken? Wenn hier Fragezeichen stehen bleiben, sollte ein Steuerberater in jedem Fall frühzeitig Alternativen entwickeln und den Verkauf an einen externen Dritten in Betracht ziehen. Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Mitarbeiter, der als Nachfolger fungieren soll, nicht über die Eignung verfügt, die Kanzlei als Unternehmer zu führen. Die Erfahrung zeigt, dass angestellte Steuerberater zwar relativ häufig exzellente Fachleute auf ihrem Gebiet sind, aber gleichzeitig nicht unbedingt begnadete Unternehmer. Vielfach wollen sie sich lieber mit der Materie beschäftigen als eine Kanzlei und alle Mitarbeiter führen, mit Mandanten über Honorare zu verhandeln oder Investitionsentscheidungen zu treffen. Dies alles ist aber unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft der Kanzlei.

    Perspektivische Übernahme durch externen Berufsträger

    Relativ häufig führen derlei Überlegungen oder generell das Fehlen eines Berufsträgers in der Kanzlei dazu, dass Steuerberater zu dem Schluss kommen, es sei Erfolg versprechend, jemanden von außen einzustellen und ihn nach wenigen Jahren zu beteiligen. Dieser Gedanke ist grundsätzlich sinnvoll - wenn er finanzierbar ist. Gerade kleinere Kanzleien verfügen nicht über das finanzielle Polster, um zusätzlich einen Berufsträger zu entgelten. Die Kosten für Gehalt und Sozialversicherung summieren sich im Schnitt auf 75.000 EUR. Eine Kanzlei mit einem Umsatz von 250.000 EUR kann dies offensichtlich nicht aufbringen.

     

    Für Sozietäten und Partnerschaften dagegen ist die Suche und Verpflichtung eines Berufsträgers mit anschließender Beteiligung eine interessante Option. Im Vertrag kann zum Beispiel eine Beteiligung in der Höhe des Anteils des ausscheidenden Partners nach einer Probezeit vereinbart werden. Auf der anderen Seite besteht bei angestellten Berufsträgern mit starker Mandatsbindung im Falle einer Trennung immer die Gefahr, dass diese in nicht unerheblichem Umfang Mandate mitnehmen und dieser Umsatz der Kanzlei schlagartig verloren geht. Das stellt die Kanzlei nicht nur vor akute Probleme, sondern schmälert auch erheblich ihren Wert in einer Phase, in der eigentlich die Realisierung angestanden hätte. Letztere verschiebt sich dann entweder in die Zukunft, bis mühsam neue Mandate aufgebaut wurden, oder findet unter erheblichen finanziellen Einbußen für den Steuerberater statt.

    Komplettverkauf an einen Externen

    Mit einem geringeren Risiko ist dagegen der Komplettverkauf an einen externen Dritten versehen. Am einfachsten und Erfolg versprechendsten erfolgt dies über die Beauftragung eines Kanzleivermittlers, der den gesamten Prozess von der Interessentensuche über die Vertragsverhandlungen bis hin zur Übergabe begleitet.

     

    Als potenzielle externe Käufer kommen zwei Gruppen in Betracht. Die weitaus größere - mit etwa 80 % Anteil - sind bestehende Kanzleien, die wachsen wollen. Nur etwa 20 % aller Kanzleien auf dem Markt werden heute von klassischen Existenzgründern erworben. Bei den bestehenden Kanzleien handelt es sich sowohl um Einzelkanzleien als auch um solche mit zwei Partnern oder größere Partnerschaften. Das zeigt auch, dass Kanzleien nach wie vor ein begehrtes Kaufobjekt sind. Die Preise sind in den vergangenen Jahren weitgehend stabil geblieben.

    Verkaufsfit in fünf Jahren

    Damit Steuerberater bei einer externen Nachfolgeregelung tatsächlich den maximalen Erlös erzielen können, müssen sie bereits Jahre zuvor Vorbereitungen treffen und ggf. Anpassungen durchführen.

     

    Optimierung des Mandantenstamms

    Etwa fünf Jahre vor einem geplanten Verkauf sollten Steuerberater sehr genau prüfen, wie sich die Altersstruktur der Mandanten entwickelt. Die Erfahrung zeigt, dass Mandanten zusammen mit ihren Beratern altern und daher einem etwaigen Nachfolger nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn der Berater aus dem Berufsleben ausscheidet. Es gilt, rechtzeitig gegenzusteuern und jüngere Mandanten zu gewinnen.

     

    Rentabilität, Kosten und Investitionen auf dem Prüfstand

    Fünf Jahre vor einem geplanten Verkauf gehören außerdem Rentabilität und Kosten auf den Prüfstand. Wer etwa seine Kanzlei später zu einem Faktor von 1,1 bis 1,2 verkaufen will, benötigt dafür eine Rendite zwischen 35 und 40 %. Der Blick auf die Kosten sollte aber nicht die Notwendigkeit von Investitionen infrage stellen. Gerade dann, wenn eine Kanzlei Käufer interessieren will, darf sie nicht schon jahrelang notwendige Investitionen, etwa in die IT, unterlassen. Außerdem sollten Steuerberater, so sie es noch nicht getan haben, zu diesem Zeitpunkt über eine eigene Homepage nachdenken.

     

    Gut aufgestellt - auch im Forderungsmanagement

    Ganz wesentlich ist es, bereits sichtbares Verbesserungspotenzial in die Tat umzusetzen. Klassischerweise betrifft dies in Kanzleien das Forderungsmanagement. Ein Nachfolger hat einen schweren Stand bei den Mandanten, wenn er erst einmal damit beginnen muss, säumige Zahler mit neuen Zahlungsmodalitäten oder -zielen zu versehen. Mandatsverluste sind dann vorprogrammiert. Beim Verkäufer drückt dies nachdrücklich auf den Preis, da in der Regel eine sogenannte Abschmelzungsklausel im Kaufvertrag vereinbart wird.

    Die Suche nach einem Nachfolger kann beginnen

    Ist die Kanzlei in ihren Kernfragen optimiert, beginnt die Suche nach einem Nachfolger. In der Regel ist dies etwa ein bis zwei Jahre vor dem geplanten Austrittszeitpunkt der Fall - auf dem Land etwas früher, in der Stadt meistens etwas später. Wie Sie am besten einen Nachfolger finden, Verhandlungen führen und die Übergabe effizient und erfolgreich gestalten, lesen Sie im zweiten Teil des Beitrags in der März-Ausgabe.

     

    Weiterführender Hinweis

    Zum Autor | Alexander Jost, Vorstand der Jost AG, Autor des Buches „Notfallplanung für Steuerberater - für Schicksalsschlag und Nachfolge“

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 25 | ID 37072310