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  • · Fachbeitrag · Prozessberatung

    Unternehmen wollen früh auf die E-Rechnung umsteigen!

    | Allen Übergangsfristen zum Trotz, wollen die meisten Unternehmen früher umstellen, sagt der Kölner RSM Ebner Stolz-Partner StB Robert Backes. Die Kanzlei bietet hierfür eigens eine eigene Dienstleistung an, den „eRechnung Readiness Check“ ‒ gemeinsame Analyse der Rechnungsprozesse beim Mandanten mit individuellen Handlungsempfehlungen mit der Perspektive, Themen wie GoBD, Verfahrensdokumentation und interne Kontrollsysteme beim Mandanten zu hinterlegen. Wo die Unternehmen dabei aktuell im Prozess stehen und was die Kanzleien konkret für die Mandanten tun können, erläutert er im Interview. |

     

    Frage: Herr Backes, wie weit sind die deutschen Unternehmen beim Thema „E-Invoicing“?

     

    Antwort: Nach unserer Erfahrung lassen sich die Unternehmen in drei unterschiedliche Gruppen einteilen: Da sind zum einen etwa 20 %, die z. B. über internationale Tochterfirmen in anderen Ländern bereits mit dem Thema vertraut sind ‒ denn Länder wie Italien oder Ungarn setzen E-Rechnungen längst ein und andere Länder stehen in den Startlöchern. Das heißt zwar nicht zwangsläufig, dass das erforderliche Know-how dieser Unternehmen dann auch in der deutschen Steuerabteilung vorhanden ist, aber jedenfalls haben sie bereits Erfahrung mit E-Invoicing und oft kein Interesse daran, die Umstellung in irgendeiner Weise zu verzögern.

     

    Frage: Wie gehen die Gruppen zwei und drei damit um?

     

    Antwort: Die zweite Gruppe sind diejenigen, die das Thema bislang nur im Rahmen von einzelnen Rechnungen aus dem B2G-Bereich (Business to Government) betroffen hat, und die jetzt mit sehr gezielten Detailfragen auf uns zukommen. Dann gibt es noch diejenigen, die das Thema gerade angehen und auf der Suche nach einer Strategie sind ‒ das sind im Übrigen viele, die bei uns den „eRechnung Readiness Check“ machen. Tatsächlich ist das auch die insgesamt größte Gruppe, und diese Firmen stehen zunächst gefühlt vor einer Wand. Hier helfen wir, die Wand einzureißen.

     

    Zudem stellen wir fest, dass auch diese Unternehmen durchaus früh umstellen wollen. Zu dem Zeitpunkt, als noch offen war, wie eine Übergangsregelung aussieht, die jetzt bis Anfang 2027 beschlossen wurde, haben wir eine Umfrage unter Teilnehmern einer Vortragsveranstaltung durchgeführt. Dabei antworteten 70 % der Teilnehmenden, dass sie unabhängig von einem etwaigen Pflichtaufschub so schnell wie möglich in die E-Rechnung einsteigen wollen.

     

    Frage: Was erfahren die Unternehmen, wenn Sie Ihren eRechnungs Readiness Check durchführen?

     

    Antwort: In einem 30-minütigen Interview stellen wir sehr konkrete Fragen zu sämtlichen Prozessen rund um Eingangs- wie Ausgangsrechnungen. Aus den Antworten erarbeiten wir eine fünf- bis sechsseitige individuelle Checkliste, die dem Unternehmen in strukturierter Form aufzeigt, wo welcher Handlungsbedarf gegeben ist. Das ist enorm hilfreich, weil es konkrete Ansatzpunkte in einem zunächst vollkommen unstrukturierten Thema bringt. Die Unternehmen wissen anschließend, wo sie loslegen können und was sie alles bedenken müssen.

     

    Frage: Gibt es dabei Punkte, bei denen Sie regelmäßig besonders großen Handlungsbedarf feststellen?

     

    Antwort: Oft durchlaufen Eingangsrechnungen einen viel Zeit in Anspruch nehmenden internen Freigabeprozess. Das führt dazu, dass Eingangsrechnungen oft erst in der Folgeperiode gebucht werden können und die Vorsteuer eigentlich zu spät geltend gemacht wird. Das hat durchaus nicht nur theoretische, sondern auch praktische Relevanz, da Prüfer des Finanzamts dies bemängeln. Noch länger dauert der Prozess, wenn es um die Einfuhrumsatzsteuer geht.

     

    In der Praxis werden oft auch noch digitale Eingangsrechnungen ausgedruckt, mit einem Barcodeaufkleber versehen und anschließend wieder eingescannt. Deshalb liegt in der Pflicht, ab dem 1.1.25 digitale Eingangsrechnungen empfangen und verarbeiten können zu müssen, für sehr viele Unternehmen auch eine große Chance, ihre Prozesse zu optimieren.

     

    Frage: Können dies die Softwarelösungen bereits? Wie ist hier Ihr Eindruck?

     

    Antwort: Das wissen wir nicht für jede Lösung im Detail, aber mit den Lösungen vieler Anbieter lassen sich Optimierungen einfach vornehmen. Doch unabhängig davon, ob man DATEV, SAP oder andere Lösungen einsetzt ‒ es ist eine Frage der Strategie, wie die E-Rechnung technisch umgesetzt wird. So haben wir zum Beispiel einen Fall, bei dem 32 verschiedene Systeme im Einsatz sind, die für Rechnungsprozesse relevant sind. Das klingt abenteuerlich ‒ hatte aber aus verschiedenen Gründen durchaus seine Berechtigung.

     

    Es geht in einem solchen Szenario nicht unbedingt darum, jedes dieser Programme E-Rechnungs-ready zu bekommen. Vielmehr kann es auch eine Lösung sein, einen Anbieter zu finden, der die Daten aus all diesen Systemen empfangen, bündeln und die E-Rechnungen abwickeln kann. Hierbei sollte weitsichtig berücksichtigt werden, dass Anbieter auch ein digitales Reporting anbieten oder sich darauf vorbereiten. Die E-Rechnung ist ja nur der erste Schritt. Irgendwann wird es voraussichtlich ein digitales Reporting geben. Spätestens mit der Initiative der EU-Kommission zu VAT in the digital age („ViDA“) wird ein Reporting für grenzüberschreitende Umsätze innerhalb der EU eingeführt werden. Wann dieses kommen wird, ist derzeit allerdings noch unklar.

     

    Frage: Der erste Weg führt aber dennoch zum Lösungsanbieter, oder nicht?

     

    Antwort: Ja, das stimmt. Zunächst sollte geklärt werden, was die vorhandene Software bereits kann. Doch dann gilt: Ich darf mich nicht blind darauf verlassen. Denn es gibt zum Beispiel einen klassischen Sonderfall, den jedes Unternehmen hat: die nachträgliche Rechnungskorrektur, z. B. weil weniger Teile geliefert wurden als in der Rechnung stehen oder wegen eines nachträglichen Rabatts. Wie lässt sich dies mit der E-Rechnung darstellen? Ebenfalls ein Problem sind Mietverträge über umsatzsteuerpflichtige Vermietungen, die in einigen Fällen als Rechnung gelten, oder Dauerrechnungen. Die Fälle muss ich im Rahmen der Einführung und ggf. bei Prozessanpassungen berücksichtigen.

     

    Frage: Wo sehen Sie in diesen ganzen Fragen die Kompetenz der Steuerberatungskanzlei?

     

    Antwort: Unsere Kompetenz ist vor allem in der Umstellungsphase relevant: Hier kommt es entscheidend darauf an, die bestehenden Prozesse zu beleuchten. Denn ein schlechter Prozess wird durch Digitalisierung kein guter Prozess. Beratungsbedarf besteht hier oftmals auch bei den Themen GoBD (Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Datenverarbeitung) und Verfahrensdokumentation. Viele Unternehmen haben hier noch Nachholbedarf.

     

    Frage: Doch was passiert in der Folge nach der Umstellung? Fallen nicht bestimmte Tätigkeiten wie die Buchungserfassung oder perspektivisch auch die Umsatzsteuervoranmeldung durch ViDA irgendwann einfach weg?

     

    Antwort: Die Tätigkeiten werden sich sicherlich verändern, denn tatsächlich entsteht ein großes neues Feld, nämlich die Sicherstellung und Prüfung der Datenqualität. Die Nutzung elektronischer Datensätze bietet mehr Möglichkeiten für die Automatisierung von Prozessen. Dazu muss jedoch sichergestellt werden, dass die Qualität der Daten passt. Viele große Konzerne stecken da riesige Budgets rein, um über ihre Daten steuerlich genau Bescheid zu wissen.

     

    Auch wir als RSM Ebner Stolz haben eine Lösung, bei der wir täglich die Buchhaltungsdaten unserer Mandanten analysieren, um umsatzsteuerliche Plausibilitätstests durchzuführen. Ein solcher steuerlicher Kontrollprozess wird an Bedeutung gewinnen. Dies gilt irgendwann auch für kleinere Unternehmen und Kanzleien. Ich glaube nicht, dass letztere großartig Geschäftsfelder verlieren ‒ aber diese werden sich verändern. Damit Schritt zu halten, erfordert permanente Weiterbildung insbesondere der Kanzleimitarbeitenden. Der Mehrwert, den Kanzleien ihren Mandanten künftig bieten, liegt ganz klar in der Datenvalidierung und -aufbereitung.

     

    Frage: Was ist genug „Datenqualität“ in diesem Zusammenhang?

     

    Antwort: Die Unternehmen sind sich in der Regel nicht bewusst, welche Fehler in ihren Buchführungsdaten stecken. Lassen wir unser Analysetool über die Daten laufen, finden wir immer etwas. Daraus ergibt sich dann in der Regel nicht nur Korrektur-, sondern auch Beratungsbedarf. Das gilt auch für die E-Rechnung: Es geht um Plausibilisierung, also darum, jeweils sinnvolle Prüfroutinen aufzubauen, um die Fehlerquoten zu minimieren.

     

    Frage: Damit sind wir wieder bei den Details der Umsetzung. Mich würden noch die gezielten Fragen der zweiten Gruppe von Unternehmen interessieren, also derer, die bereits in der Umstellung stecken. Was werden Sie da gefragt?

     

    Antwort: Das ist zum Beispiel die schon angesprochene Korrekturmöglichkeit für eine Rechnung. Wie gehe ich damit um, wenn ich nachträglich einen Rabatt einräume? Auch die Leitweg-ID aus der X-Rechnung, die eine eindeutige Identifikation öffentlich-rechtlicher Leistungsempfänger ermöglicht, ist bei der X-Rechnung ein Pflichtfeld. Hier stellt sich die Frage, was dort im B2B Bereich einzugeben ist.

     

    Der Teufel liegt zumindest derzeit noch im Detail. Denn anders als bei oft einzelnen B2G-Rechnungen, die viele schon gestellt haben, geht es jetzt darum, ein reibungsfreies Massenverfahren zu etablieren.

     

    Frage: Gibt es einen generellen Rat, den Sie Unternehmen und ihren Beratenden derzeit geben würden?

     

    Antwort: Mein Tipp ist, das ZUGFeRD-Format zu nutzen, da dieses neben der E-Rechnung im strukturierten HTML-Format auch eine PDF-Rechnung enthält. Das erleichtert zumindest am Anfang sicherlich den Umgang mit der E-Rechnung, da sich die Rechnungsempfänger aussuchen können, ob sie den Datensatz oder das PDF-Dokument verwenden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Digitalisierung ‒ Welche Lösung zur E-Rechnung ist für Ihre Mandanten die richtige? (KP 24, 160)
    • Digitalisierung ‒ So digitalisieren Sie Ihre Mandanten mithilfe der E-Rechnung (KP 24, 146)
    • Checkliste: Einführung der E-Rechnung (Kanzlei und Mandant) (KP 24, 139)
    • Entwurf des BMF-Schreibens zur E-Rechnungspflicht (KP 24, 139)
    • Digitalisierung ‒ Die E-Rechnung verändert das Geschäftsfeld der Finanzbuchführung (KP 24, 139)
    Quelle: Ausgabe 09 / 2024 | Seite 156 | ID 50000424