· Fachbeitrag · Arbeitsunfähigkeit
Krankgeschrieben via WhatsApp für 9 EUR
| Ein von einem Rechtsanwalt betriebenes Online-Unternehmen bietet Krankschreibungen über WhatsApp an. Der Patient muss die Symptome sowie mögliche Risikofaktoren angeben, ein Foto der Versichertenkarte einschicken, 9 EUR inkl. 19 % USt zahlen. Dafür erhält er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per WhatsApp und per Post ‒ allerdings nur für zwei Erkältungen im Jahr. |
Es werden Krankschreibungen von bis zu fünf Tagen Dauer und bis zu drei Tagen rückwirkend ausgestellt. Das Modell profitiert von einer Lockerung des Berufsrechts im Bereich Telemedizin, stößt jedoch einhellig auf Kritik ‒ aus berufsrechtlicher Sicht, aus medizinischer Sicht und aus Datenschutzgründen.
Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wichtig. Die von einem Arzt nach einer persönlichen Konsultation ausgestellte AU-Bescheinigung hat einen hohen Beweiswert, auf den sich der Patient berufen kann. Hat der Arbeitgeber Zweifel, muss er den Beweis des Attestes erschüttern. Im Fall des Krankenscheins via WhatsApp stellt zwar eine Ärztin die Bescheinigungen aus. Sie bekommt die Patienten jedoch nie zu Gesicht. Sie hätte also keine Möglichkeit betrügerische Angaben der Kunden aufzudecken. Denn das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit kann ein versuchter Betrug sein, der einen wichtigen Grund für eine fristlose (Verdachts-)Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Eine Abmahnung ist nicht erforderlich.
Weiterführende Hinweise
- Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit ‒ Blau, blau, blau machen (Kaindl, LTO 27.6.18)
- Online beantragte AU-Bescheinigung ohne persönliche Untersuchung hat keine Beweiskraft (Schiller, AStW 19, 5)
- Eine Krankschreibung für neun Euro? (mit Stellungnahmen vin Kammern und Verbänden (zm online 10.1.19)