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  • · Nachricht · Berufszulassung

    Insolvenzverfahren und Widerruf der Bestellung

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    | Ein laufendes Insolvenzverfahren führt nicht automatisch zum Widerruf der beruflichen Zulassung. Es muss aber stets sichergestellt sein, dass Mandanteninteressen durch die wirtschaftliche Schieflage nicht gefährdet sind (FG Hamburg 4.5.21, 6 K 35/20, NZB BFH VII B 90/21). |

     

    Sachverhalt

    Ein als Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft tätiger Berufsangehöriger hatte 2019 wegen erheblicher Verbindlichkeiten, u. a. gegenüber Banken und dem FA, einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, das noch nicht abgeschlossen ist. Ein seinerzeit angekündigter Insolvenzplan liegt ebenfalls noch nicht vor. Die Steuerberaterkammer widerrief die Berufszulassung, weil ein Vermögensverfall vorliege und die Interessen der Auftraggeber dadurch potenziell gefährdet seien. Die Klage des Berufsangehörigen blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Bestellung eines Steuerberaters ist zwingend zu widerrufen, wenn er in Vermögensverfall geraten ist (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG). Dieser wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Berufsangehörigen eröffnet oder er ins Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) aufgenommen wurde. Die Regelung gilt gleichermaßen für nicht selbstständig tätige Steuerberater (BFH 8.2.00, VII B 245/99). Auch sie müssen für den Beruf geeignet sein, was grundsätzlich voraussetzt, dass sie in geordneten Vermögensverhältnissen leben.

     

    Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Der betroffene Steuerberater trägt die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand. Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag. Die Gefahr, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird, muss danach sicher ausgeschlossen sein (BFH 5.6.15, VII B 181/14).

     

    Diesen Beweis konnte der Berater nicht führen. Zwar hatte er darauf hingewiesen, dass die Steuerrückstände auf einer von seiner Einschätzung abweichenden Rechtsauffassung des FA beruhten. Eine konkrete Gefahrenlage für Mandanten ist aber auch dann anzunehmen, wenn der Berufsträger in eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält. Im Verfahren hatte er trotz gerichtlicher Aufforderung keine detaillierten Auskünfte über seine Verbindlichkeiten und den Stand des Insolvenzverfahrens erteilt. Außerdem hatte er mehrere Jahre lang keine Steuererklärungen abgegeben. Das Gericht sah ihn daher als nicht zuverlässig an.

     

    Relevanz für die Praxis

    Bei der gerichtlichen Entscheidung ist auf die Gegebenheiten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen. Hätte der Berater zwischenzeitlich einen validen Insolvenzplan (§ 217 ff. InsO) vorgelegt, wäre die Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen.

    Quelle: ID 47562335