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  • 07.04.2011

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 04.02.2011 – 9 Sa 501/10

    Ein Arbeitnehmer eines Gebäudereinigungsunternehmens, der in einem Labor Reagenzgläser und andere Laborgegenstände mittels einer Industriespülmaschine reinigt, übt Unterhaltsreinigungsarbeiten im Sinne der Lohngruppe 1 des § 7 Ziff. 3.2. des Rahmentarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk aus.


    Tenor:

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 21.07.2010, Az.: 8 Ca 686/10 - wird abgeändert:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 374,60 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 142,80 € seit dem 15.12.2009 und aus weiteren 231,80 € brutto seit dem 15.01.2010 zu zahlen.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 376,74 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 191,94 € brutto seit dem 15.02.2010 und aus weiteren 184,80 € brutto seit 15.03.2010 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche der Klägerin für die Monate November 2009 bis Februar 2010.

    Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt. Die Beklagte, deren Betrieb überwiegend Gebäudereinigungsleistungen erbringt, ist Mitglied im Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks.

    Die Klägerin war zunächst auf der Grundlage von zwei befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt (Bl. 22, Bl. 65 - 67 d. A.). Diese Arbeitsverträge sahen einen Bruttostundenlohn in Höhe von € 7,30 vor und regelten, das für das Arbeitsverhältnis jeweiligen Tarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk gelten. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist gegenwärtig der Arbeitsvertrag vom 01.02.2009 (Bl. 68 - 70 d. A.). Dieser sieht wiederum einen Stundenlohn von € 7,30 brutto vor, enthält aber keine Verweisung mehr auf die Tarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk.

    Die Klägerin wird als Laborspülkraft in einem Forschungslabor eines Chemie-Unternehmens eingesetzt. Ihre überwiegende Haupttätigkeit besteht darin, die von den Labormitarbeitern benutzten Gläser, Reagenzgläser, Zylinder und Kolben aus Glas in eine von ihr zu bedienende Industriespülmaschine einzuräumen und die so dann gereinigten Gläser wieder aus- bzw. aufzuräumen. Ferner hat sie an ihrem Arbeitsplatz auch den Boden des Arbeitsraums, ihren Arbeitstisch sowie zwei Trockenregale zu reinigen. Weiterhin hat sie das von den Laborkräften benutzte Essensgeschirr in die von ihr zu bedienende Spülmaschine ein- und auszuräumen und wegzuräumen.

    Die Beklagte zahlte an die Klägerin den arbeitsvertraglich vereinbarten Stundenlohn. Ein Urlaubsgeld für die abgerechnete Urlaubstage wurde nicht gezahlt.

    Mit ihrer vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen erhobenen Klage macht die Klägerin für die Monate November 2009 bis Februar 2010 einen Gesamtbetrag in Höhe von € 751,34 geltend, der sich aus der geforderten Differenz zwischen dem arbeitsvertraglich vereinbarten Stundenlohn und dem im Lohntarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 29.10.2009 (im folgenden: LTV) festgelegten Stundenlohn (€ 8,15 brutto bzw. ab 01.01.2010 € 8,04 brutto) für die in den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Arbeitsstunden sowie einem zusätzlichen Urlaubsgeld für die abgerechneten Urlaubstage nach Maßgabe des Tarifvertrages über ein zusätzliches Urlaubsgeld für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 17. September 2007 (im folgenden: TV ULG) zusammensetzt.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 21.07.2010, Az.: 8 Ca 686/10 (Bl. 102 ff d. A.).

    Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage mit den Anträgen der Klägerin,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie € 374,60 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus € 142,80 brutto seit 15. Dezember 2009 und aus weiteren € 231,80 brutto seit 15. Januar 2010 zu zahlen,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie € 376,74 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus € 191,94 brutto seit 15. Februar 2010 und aus weiteren € 184,80 brutto seit 15. März 2010 zu zahlen

    abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt: Zwar unterfalle der Betrieb der Beklagten dem Geltungsbereich gem. § 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 04.10.2003 (im folgenden: RTV). RTV und LTV regelten aber nur Tariflöhne für die in § 7 in Verbindung mit § 1 Abschnitt II RTV festgelegten Tätigkeitsbereiche der Gebäudereinigung, denen die Tätigkeit der Klägerin als Laborspülkraft nicht unterfalle. Aus der Verknüpfung in § 7 Nr. 2.1 RTV in Verbindung mit § 1 Abschnitt II RTV ergebe sich, dass die in § 7 Nr. 3 RTV aufgeführten Beschäftigungsarten (Tätigkeitsbereiche) der einzelnen Lohngruppen 1-9 nur solche Tätigkeiten erfassten, die einem Arbeitsbereich des Gebäudereiniger-Handwerks nach § 1 Abschnitt II RTV zuzurechnen sein. Die überwiegende Haupttätigkeit der Klägerin sei keine dem Gebäudereiniger-Handwerk zuzurechnenden Tätigkeit in diesem Sinne. Sie reinige weder Innenbauteile an Bauwerken (§ 1 Abschnitt II Nr. 2 RTV), noch beseitige sie Produktionsrückstände (§ 1 Abschnitt II Nr. 3 RTV). Da nach § 7 Nr. 3.1.1 RTV für die Eingruppierung in eine Lohngruppe auf die überwiegende Tätigkeit abzustellen sei, sei es auch unerheblich, dass die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer überwiegenden Tätigkeit als Laborspülkraft auch den Boden ihres Arbeitsraumes, ihren Arbeitstisch und die beiden Trockenregale zu reinigen habe.

    Keiner der Lohngruppen komme eine Auffangfunktion zu Gunsten der Arbeitnehmer zu, die von dem in § 1 RTV festgelegten Geltungsbereich erfasst, aber mit Tätigkeiten betraut sein, die gem. § 7 Nr. 2.1 in Verbindung mit § 1 Abschnitt II RTV nicht der Gebäudereinigung zuzurechnen sein.

    Dementsprechend bestehe auch kein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld. Nach dem Wortlaut der TV ULG bestehe ein Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 1,85 Tarifstundenlöhne je Urlaubstag. Vorausgesetzt werde damit, dass ein Arbeitnehmer überhaupt Anspruch auf einen Tarifstundenlohn habe.

    Das genannte Urteil ist der Klägerin am 25. August 2010 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 15.09.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der - mit Beschluss vom 25.10.2010 bis zum 25.11.2010 - verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit dem am 25.11.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums begründet.

    Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl 144 ff d. A.), im Wesentlichen geltend:

    Ihre Tätigkeit werde von der Lohngruppe 1 erfasst. Dies ergebe sich aus der zweiten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Gebäudereinigung vom 03. März 2010, namentlich der dort enthaltenen Beschreibung der der Lohngruppe 1 unterfallenden Reinigungsarbeiten. Schon die Reinigung der Böden stelle eine Innen- und Unterhaltsreinigungstätigkeit dar. Die Reinigung der Laborgegenstände stelle eine Reinigung von Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen Anlagen und Raumausstattungen dar. Es handele sich um Innenreinigungsarbeiten. Ebenso sei der tarifliche Tatbestand der Beseitigung von Produktionsrückständen gegeben. Ferner unterfalle die Reinigung der aus Glas bestehenden Reagenzgläser, Kolben etc. einen fachlichen Teilbereich der Glasreinigung im Sinne des RTV dar.

    Die Klägerin beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 21.07.2010, Az.: 8 Ca 686/10 - abzuändern und

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 374,60 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 142,80 € seit dem 15.12.2009 und aus weiteren 231,80 € brutto seit dem 15.01.2010 zu zahlen.

    Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 376,74 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 191,94 € brutto seit dem 15.02.2010 und aus weiteren 184,80 € brutto seit 15.03.2010 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 10.01.2011, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 181 ff d. A.), als zutreffend. Das Reinigen der Reagenzgläser, Kolben etc. stelle die Haupttätigkeit der Klägerin dar, die diese mittels einer normalen Industriespülmaschine und unter Tragen von normaler Schutzkleidung in einer ca. 20 m2 großen Spülküche ausübe. Zutreffend sei, dass einige Gegenstände auch mit Ethanol gereinigt werden müssten. Außer den genannten Laborgegenständen reinige die Klägerin ausschließlich den ihr zugewiesenen Arbeitsraum nebst dort befindlicher Einrichtung allenfalls einmal wöchentlich. Die Klägerin betreue auch nicht ein Lager. Vielmehr bestücke sie lediglich ebenso wie die zweite Mitarbeiterin im Spülküchenlabor ca. alle zwei Monate diesen Raum mit Material (Seife, Handtuch, Papier, Trinkbecher für Wasserspender, Tabs für Spülmaschine etc.). Unzutreffend sei damit, dass sie auf Anweisung der Laboranten Materialen aus dem Lager zu holen habe. Soweit der Klägerin die Entsorgung von Bruchglas obläge, bestehe dies darin, das Bruchglas in einer blauen Tonne zu sammeln und diese ca. alle zwei Monate in das Erdgeschoss zu verbringen. Entsprechendes gelte für Chemieabfälle. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Klägerin die Laborgegenstände nicht selbst reinige, sondern die Reinigung durch die Industriespülmaschine erfolge.

    Auch im Übrigen wird ergänzend zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen nebst die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel der Berufung ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auf form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

    II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

    1. Soweit für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von Bedeutung, sind insbesondere folgende tarifliche Regelungen maßgeblich:

    Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 04. Oktober 2003

    "§ 1 Geltungsbereich

    Räumlich

    Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Bundeslandes Berlin.

    Betrieblich

    Alle Betriebe, die folgende, der Gebäudereinigung zuzurechnenden Tätigkeiten ausüben:

    Reinigung, pflegende und schützende Nachbehandlung von Außenbauteilen an Bauwerken aller Art,

    Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Innenbauteilen an Bauwerken aller Art, Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen anlagen sowie von Raumausstattungen und Verglasungen,

    Reinigung und Pflege von maschinellen Einrichtungen sowie Beseitigung von Produktionsrückständen,

    Reinigung und Pflege von Verkehrsmitteln, von Verkehrsanlagen und -Einrichtungen sowie von Beleuchtungsanlagen,

    Reinigung von Verkehrs- und Freiflächen einschließlich der Durchführung des Winterdienstes,

    Durchführung von Dekontaminationsmaßnahmen,

    Durchführung von Desinfektions- und Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen sowie von Arbeiten der Raumhygiene.

    Die Betriebe fallen, soweit von ihnen oder in ihnen Gebäudereinigungsleistungen überwiegend erbracht werden, als Ganzes unter diesen Tarifvertrag.

    Persönlich

    Alle Beschäftigten, die eine nach den Vorschriften über die Rentenversicherung der Arbeiter, gemäß dem 6. Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI), versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben, einschließlich derjenigen, die gemäß § 8 (SGB IV) eine, geringfügige Beschäftigung ausüben, sowie die Auszubildenden.

    § 7 Lohn und Eingruppierung

    1. Lohngrundlagen

    1.1 Der Lohn wird auf der Grundlage dieses Rahmentarifvertrages und des Lohntarifvertrages geregelt.

    1.2. Zwischen den Löhnen männlicher und weiblicher Beschäftigter besteht bei gleicher oder gleichwertiger Tätigkeit kein Unterschied.

    2. Beschäftigungsarten (Tätigkeitsbereiche)

    2.1 Die Tätigkeitsbereiche der Gebäudereinigung sind die Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte mit Tätigkeiten gemäß § 1 Abschnitt II beschäftigt werden.

    3. Lohngruppen

    3.1 Eingruppierungsgrundsätze

    3.1.1 Der/die Beschäftigte werden aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit in eine Lohngruppe dieses Tarifvertrages eingruppiert. Für die Eingruppierung ist ausschließlich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend.

    3.1.2 Vorübergehende Tätigkeiten einer höheren Lohngruppe rechtfertigen keine neue Eingruppierung. Sofern zweitweise Arbeiten einer höherwertigen Lohngruppe übertragen werden, ist ab der 6. Woche eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen dem tariflichen Lohn der niedrigeren Lohngruppe und dem für die Tätigkeit vorgesehenen Lohn zu zahlen.

    3.2 Lohngruppen

    Lohngruppe 1

    Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten

    Lohngruppe 2

    OP-, Isolier-, Intensiv-Räume, sowie TBC-Krankenstationen, Isotopenlabors (Qualifizierte Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten)

    Lohngruppe 3

    Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, die eine zusätzliche, anerkannte Qualifizierung erfordern (Desinfektor/in, Schädlingsbekämpfer/in, Strahlenschutz-, Gift- und Umweltschutz-Beauftragte/r)

    Lohngruppe 4

    Bauschlussreinigungsarbeiten und Vorarbeiter/innen in der Innen- und Unterhaltsreinigung

    Lohngruppe 5

    Hilfsarbeiten in der Glas- und Außenreinigung

    Lohngruppe 6

    Reinigungsarbeiten in fachlichen Teilbreichen der Glas- und Außenreinigung"

    Tarifvertrag über ein zusätzliches Urlaubsgeld für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 07. September 2007

    § 1

    Geltungsbereich

    Dieser Tarifvertrag umfasst den räumlichen, betrieblichen und persönlichen Geltungsbereich des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung in der jeweiligen gültigen Fassung.

    § 2

    Zusätzliches Urlaubsgeld

    Nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten erhalten die Beschäftigten für nach dem 1. Januar 2007 erworbene Urlaubsansprüche einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 1,85 Tarifstundenlöhnen je Urlaubstag. Bemessungsgrundlage ist der bei Urlaubsantritt geltende Tarifstundenlohn der jeweiligen Entgeltgruppe.

    Bei Teilzeitbeschäftigten vermindert sich der Anspruch im Verhältnis der vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit.

    Bei Arbeitnehmer/innen, die in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis stehen, kann das zusätzliche Urlaubsgeld monatlich anteilig ausgezahlt werden. Dies ist in der monatlichen Lohnabrechnung gesondert auszuweisen.

    Bei Auszubildenden entspricht der zur Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes heranzuziehende Tarifstundenlohn nach Ziff. 1 dem 1/169 der bei Urlaubsantritt geltenden Ausbildungsvergütung.

    Das zusätzliche Urlaubsgeld ist zusammen mit dem Urlaubslohn nach § 14 Ziff. 2 Rahmentarifvertrag auszuzahlen.

    2. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Differenzvergütung nach § 7 Ziff. 3.1, 3.2. RTV i.V.m. § 3 des LTV vom 29.10.2009 bzw. auf zusätzliches Urlaubsgeld nach § 2 des TV zusätzliches Urlaubsgeld vom 7.9.2007, jeweils in Verbindung mit § 3 Abs. 1. § 4 Abs. 1 TVG zu.

    a) Die Parteien sind jeweils kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit tarifgebunden im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG. Die Beklagte unterfällt dem betrieblichen Geltungsbereich des § 1 1 II RTV, § 1 II LTV, § 1 TV ULG. Die Klägerin ist Beschäftigte im Sinne von § 1 III RTV, § 1 III LTV und § 1 TV ULG.

    b) Die Ausschlussfristen des § 22 RTV sind gewahrt.

    c) Die Klägerin übt Unterhaltungsreinigungsarbeiten im Sinne des § 7 Ziff. 3.2, Lohngruppe 1 aus.

    aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags richtet sich nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben gleichwohl Zweifel, können die Gerichte weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags und die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und gesetzeskonformen Regelung führt (z.B. BAG 19.11.2008 -10 AZR 658/07- AP Nr 4 zu § 67 BMT-G II).

    bb) Ausgehend vom Wortlaut lässt sich die Tätigkeit der Klägerin, also Gläser, Reagenzgläser usw. u.a. mittels einer Industriespülmaschine zu reinigen und sodann wieder den Labors zuzuführen, als Unterhaltsreinigung im Sinne der Lohngruppe 1 qualifizieren.

    Der Begriff der Unterhaltsreinigung umfasst schlechthin das Reinigen und Pflegen eines Objekts zu dessen Unterhaltung (BAG 28.1.1987 -4 AZR 102/86- AP Nr. 1 zu § 1 TVG -Gebäudereinigung; 28.1.1987; 28.01.1987 -4 AZR 224/86- AP Nr 2 zu § 1 TVG Tarifverträge - Gebäudereinigung; 4.6.1980 -4 AZR 379/78-). Wie sich aus der Gegenüberstellung von Innenreinigungs- und Unterhaltsreinigung nach § 7 Ziff. 3.2, Lohngruppe 1 ergibt, gehören zur Unterhaltsreinigung auch Reinigungsarbeiten, die von einem Gebäude losgelöst sind. Für dieses Verständnis des Begriffs Unterhaltsreinigung spricht auch die Beschreibung des Berufsbildes in den Blättern für Berufskunde (zitiert nach BAG 19.2.2003 -4 AZR 118/02- AP Nr. 17 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Danach zählen zum Gebiet der Unterhaltsreinigung nicht nur die periodische oder tägliche Reinigung und Pflege von Räumen, sondern auch die von Gegenständen. Für dieses von dem Aspekt der eigentlichen Reinigung eines Gebäudes losgelöste Verständnis spricht auch, dass § 1 II RTV bei der Bestimmung des betrieblichen Geltungsbereichs weitere Tätigkeiten aufführt, die keinen unmittelbaren Gebäudebezug haben, wie z.B. die Tätigkeiten nach § 1 II Nr. 3, 4, 5 RTV.

    Die Klägerin reinigt täglich Reagenzgläser und sonstige zur Laborausstattung gehörige Gegenstände, was deren bestimmungsgemäßen Weitergebrauch ermöglicht. Sie reinigt damit Gegenstände zu ihrer Unterhaltung.

    cc) Ein anderes Verständnis ergibt sich auch nicht aus dem systematischen Zusammenhang der Tarifnorm, insbesondere nicht aus § 7 Ziff. 2.1 i.V.m. § 1 II RTV.

    Ob § 7 Ziff. 2.1 RTV überhaupt noch eigenständige Bedeutung im Hinblick auf die Eingruppierung zukommt, erscheint fraglich. Die dort enthaltene Definition der "Tätigkeitsbereiche der Gebäudereinigung" hat im Hinblick auf die nunmehr geltende Fassung des RTV keine erkennbare Funktion, weil in den nachfolgenden Bestimmungen der Eingruppierung das Merkmal des "Tätigkeitsbereichs" keine Verwendung mehr findet. Dies war in den vorangegangen Rahmen-Tarifverträgen anders. Dort wurden Lohngruppen u.a. in Anknüpfung an Tätigkeitsbereiche festgelegt.

    Selbst wenn man aber § 7 Ziff. 2.1 RTV dahingehend versteht, dass die in den Lohngruppen genannten Tätigkeiten bzw. Arbeiten nur dann die Tatbestandsmerkmale einer Lohngruppe erfüllen sollen, wenn sie sich zugleich einem Tätigkeitsbereich nach § 7 Ziff. 2.1 i.V.m. § 1 II RTV zuordnen lassen, steht dies der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin Unterhaltsreinigungsarbeiten ausführt.

    § 1 II Nr. 2 RTV nennt insoweit auch die Reinigung von Raumausstattungen. Die von der Klägerin zu reinigenden Gegenstände gehören zur Ausstattung des jeweiligen Labors, bei denen es sich um Räume handelt.

    Unerheblich ist, dass die Reinigung der Laborgegenstände mittels einer Industriespülmaschine erfolgt. Der Einsatz von Maschinen, die die eigentliche Reinigung vornehmen, ist im Bereich der Gebäudereinigung nicht unüblich.

    dd) Auch die Entstehungsgeschichte spricht eher dafür, den Begriff der Unterhaltsreinigungsarbeiten nicht in einem engen Sinn zu verstehen.

    Im Gegensatz zum Rahmentarifvertrag in der Fassung vom 22.9.1995, der dem Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 18.11.1998 (-10 AZR 475/97- NZA-RR 2000, 142) zugrunde lag und auch im Gegensatz zum Rahmentarifvertrag vom 17.7.1984, der dem Urteil des BAG vom 29.1.1987 (-4 AZR 102/86-, aaO.) zugrunde lag, regelt der nunmehr maßgebliche RTV in § 7 Ziff. 3.1.1, dass die Beschäftigten aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit in eine Lohngruppe dieses Tarifvertrages eingruppiert werden. Die genannten früheren Fassungen des RTV sahen demgegenüber keine generellen Eingruppierungen vor, sondern legte nur Lohngruppen fest (vgl. den Hinweis im Urteil des BAG vom 28.1.1987-4 AZR 102/86- AP Nr. 1 zu § 1 TVG -Gebäudereinigung, am Ende der Entscheidungsgründe).

    Wenn nunmehr der jetzige Tarifvertrag vorsieht, dass die Beschäftigten in eine Lohngruppe eingruppiert werden, wird hieraus der Wille der Tarifvertragsparteien deutlich, möglichst alle Beschäftigten einer Lohngruppe zuzuordnen.

    4. Der Klägerin stehen daher die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der Differenzvergütung zwischen dem ihr tatsächlich gezahlten Lohn und dem jeweiligen Tariflohn in geltend gemachter, rechnerisch unstreitiger Höhe ebenso zu, wie ein Anspruch auf Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes in Höhe von 1,85 Stundenlöhnen der Lohngruppe 1. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 8 RTV.

    III. Die Beklagte hat als unterlegene Partie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

    VorschriftenRTV-Gebäudereinigerhandwerk § 1, RTV-Gebäudereinigerhandwerk § 7, TVG § 4 Abs. 1

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