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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Beruflich veranlasste Umzugskosten: So holen Sie für Ihre Mandanten das Optimum heraus

    | Umzugskosten sind Werbungskosten ‒ aber nur dann, wenn der Umzug auch beruflich veranlasst ist. Der praktische Fall zeigt am Beispiel eines Ehepaars, in welchen Fällen das FA eine berufliche Veranlassung akzeptiert und wie man für seine Mandanten das Beste herausholt. |

    1. Sachverhalt

    Die Eheleute Gerd und Luisa Müller wohnen gemeinsam in Dortmund in einer Mietwohnung. Gerd Müller arbeitet in unmittelbarer Nähe zur Wohnung in der Dortmunder Innenstadt. Seine Frau Luisa pendelt hingegen jeden Tag nach Paderborn. Nach langen Diskussionen, in denen auch ein gemeinsamer Umzug nach Paderborn diskutiert wurde, einigt man sich schließlich auf einen Wohnungswechsel nach Soest. Die folgende Abbildung zeigt die jeweiligen Entfernungen und Fahrtzeiten vor und nach dem Wohnungswechsel:

     

     

    Die Eheleute fragen ihren Steuerberater, ob und in welchem Umfang sie die

    Umzugskosten steuerlich geltend machen können.

    2. Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug

    Umzugskosten gehören grundsätzlich zu den nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung (§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG). Sie können jedoch als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn der Wohnungswechsel beruflich veranlasst ist (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG).

     

    Ein Wohnungswechsel ist insbesondere in folgenden Fällen beruflich veranlasst (H 9.9 „Berufliche Veranlassung“ LStH):

     

    • erhebliche Verkürzung der Entfernung,
    • ganz überwiegend betriebliches Interesse des Arbeitgebers (z. B. beim Beziehen oder Räumen einer Dienstwohnung),
    • erstmalige Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit,
    • Arbeitgeberwechsel oder Versetzung,
    • Verlegung des eigenen Hausstands zur Beendigung einer doppelten Haushaltsführung an den Beschäftigungsort.

     

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine erhebliche Entfernungsverkürzung vor, wenn sich die Fahrzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte arbeitstäglich insgesamt um eine Stunde verringert (z. B. BFH 22.11.91, VI R 77/89; BFH 16.10.92, VI R 132/88).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel kann zu einer solch wesentlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen, dass selbst eine Zeitersparnis von weniger als einer Stunde ausreichen kann. Wer in einer Großstadt keine Verkehrsmittel benutzen muss, für den entfällt ein wesentlicher Stressfaktor, der von der Notwendigkeit des pünktlichen Erscheinens ausgeht. Dies entschied kürzlich das FG Köln (24.2.16, 3 K 3502/13).

     

    Bei den Eheleuten Müller könnte die berufliche Veranlassung durch eine Fahrzeitverkürzung gegeben sein. Die folgende Tabelle fasst die Fahrzeitveränderungen zusammen:

     

    • Fahrzeitenvergleich
    Gerd Müller
    (Minuten)
    Luisa Müller
    (Minuten)

    bisherige Fahrzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

    0

    90

    bisherige tägliche Fahrzeit (hin und zurück)

    0

    180

    zukünftige Fahrzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

    40

    50

    zukünftige tägliche Fahrzeit (hin und zurück)

    80

    100

    tägliche Fahrzeitveränderung

    80

    ‒80

     

    Bei Luisa Müller verkürzt sich durch den Umzug nach Soest die tägliche Fahrzeit um 80 Minuten, sodass die Voraussetzungen für einen Werbungskostenabzug grundsätzlich erfüllt sind. Kritisch ist aber, dass sich die Familienfahrzeit in Summe nicht verkürzt. Allerdings hat der BFH (21.2.06, IX R 79/01) entschieden, dass die Fahrzeitenveränderungen nicht zu saldieren sind, wenn beide Ehegatten berufstätig sind. Ergibt sich also bei einem Ehepartner eine Fahrzeitverkürzung von mindestens einer Stunde, ist dies ausreichend.

     

    Beachten Sie | Das Saldierungsverbot kann aber auch nachteilig sein. Denn Zeitersparnisse von Ehegatten dürfen nicht addiert werden, um die „Ein-Stunden-Grenze“ zu überschreiten (BFH 27.7.95, VI R 17/95).

     

    PRAXISHINWEIS | Ist der Umzug privat veranlasst, sollte geprüft werden, ob die Umzugsdienstleistungen als haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 35a Abs. 2 EStG) zu berücksichtigen sind (BMF 9.11.16, IV C 8 - S 2296 b/07/10003:008).

     

    3. Ermittlung des Werbungskostenabzugs

    Bei einem beruflich veranlassten Wohnungswechsel können die Umzugskosten grundsätzlich bis zur Höhe der Beträge als Werbungskosten abgezogen werden, die nach dem Bundesumzugskostengesetz (BUKG) bzw. der Auslandsumzugskostenverordnung (AUV) erstattet werden könnten. Werden die umzugskostenrechtlich festgelegten Grenzen eingehalten, ist nicht zu prüfen, ob die Umzugskosten Werbungskosten darstellen. Werden hingegen höhere Umzugskosten im Einzelnen nachgewiesen, ist insgesamt zu prüfen, ob und inwieweit die Aufwendungen Werbungskosten oder nicht abziehbare Kosten der Lebensführung sind (R 9.9 Abs. 2 LStR).

     

    Das BUKG umfasst insbesondere folgende Positionen:

     

    3.1 Beförderungsauslagen (§ 6 BUKG)

    Die notwendigen Auslagen für das Befördern des Umzugsguts von der bisherigen zur neuen Wohnung sind erstattungsfähig. Hierunter fallen insbesondere die Kosten für den Spediteur.

     

    3.2 Reisekosten (§ 7 BUKG)

    Zu den Reisekosten zählen Fahrtkosten, Übernachtungskosten, Reisenebenkosten und Verpflegungsmehraufwand in Höhe der gesetzlichen Pauschbeträge (R 9.9 Abs. 2 S. 1 HS 2 LStR). Begünstigt sind die Auslagen für die Reise des Berechtigten und der zur häuslichen Gemeinschaft gehörenden Personen (vgl. hierzu im Detail § 6 Abs. 3 S. 2 und 3 BUKG).

     

    MERKE | Für das Suchen oder Besichtigen einer Wohnung werden maximal zwei Reisen einer Person oder eine von zwei Personen berücksichtigt (§ 7 Abs. 2 BUKG).

     

    3.3 Mietentschädigungen (§ 8 BUKG)

    Muss vorübergehend parallel Miete für die alte und die neue Wohnung gezahlt werden, können die Aufwendungen nach § 8 Abs. 1 und 2 BUKG wie folgt geltend gemacht werden:

     

    • Für die bisherige Wohnung wird die Miete bis zu dem Zeitpunkt erstattet, zu dem das Mietverhältnis frühestens gelöst werden konnte; längstens jedoch für sechs Monate.

     

    • Für die neue Wohnung ist die Miete für die Zeit erstattungsfähig, während der die Wohnung noch nicht benutzt werden konnte; längstens jedoch für drei Monate.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Beschränkung auf sechs Monate gilt nicht für den Werbungskostenabzug, da dies eine ausschließlich beamtenrechtliche Regelung ist (BFH 1.12.93, I R 61/93; H 9.9 „Höhe der Umzugskostenz“ LStH).

     

    Beachten Sie | Zieht ein Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen um und kann er trotz aller Bemühungen sein bisheriges Eigenheim nicht vermieten, lehnt der BFH (19.4.12, VI R 25/10) eine fiktive Mietentschädigung in Höhe der Entschädigung nach § 8 Abs. 3 BUKG als Werbungskosten ab.

     

    3.4 Andere Auslagen (§ 9 BUKG)

    Unter dem Begriff „Andere Auslagen“ fasst das BUKG folgende Kostenpositionen zusammen:

     

    3.4.1 Maklergebühren

    Die notwendigen ortsüblichen Maklergebühren für die Vermittlung einer Mietwohnung und einer Garage sind begünstigt (§ 9 Abs. 1 BUKG). Maklerkosten für die Anschaffung einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheims können hingegen nicht angesetzt werden, da sie zu den Anschaffungskosten der jeweiligen Immobilie gehören (BFH 24.8.95, IV R 27/94).

     

    3.4.2 Umzugsbedingte Unterrichtskosten für Kinder

    Der Höchstbetrag, der für die Anerkennung umzugsbedingter Unterrichtskosten für ein Kind nach § 9 Abs. 2 BUKG maßgebend ist, beträgt bei Beendigung des Umzugs ab 1.3.16 = 1.882 EUR sowie ab 1.2.17 = 1.926 EUR (BMF 18.10.16, IV C 5 - S 2353/16/10005).

     

    3.4.3 Auslagen für einen Kochherd und für Öfen

    Nach § 9 Abs. 3 BUKG können die Auslagen für einen Kochherd bis zu einem Betrag von 230 EUR erstattet werden, wenn seine Beschaffung beim Bezug der neuen Wohnung notwendig ist. Ist die neue Wohnung eine Mietwohnung, werden unter den gleichen Voraussetzungen auch die Auslagen für Öfen bis zu einem Betrag von 164 EUR für jedes Zimmer erstattet.

     

    3.5 Pauschalvergütung für sonstige Auslagen (§ 10 BUKG)

    Werden Aufwendungen für sonstige Umzugsauslagen (z. B. Trinkgelder an das Umzugspersonal, Kosten für die Installation von Elektrogeräten etc.) nicht einzeln nachgewiesen, gewährt das BMF (18.10.16, a. a. O.) Pauschalen:

     

    • Umzugskostenpauschalen
    ab 1.3.16
    ab 1.2.17

    Verheiratete

    1.493 EUR

    1.528 EUR

    Ledige

    746 EUR

    764 EUR

    Zuschlag für weitere Personen im Haushalt (nicht Ehepartner)

     

    329 EUR

     

    337 EUR

     

    Beachten Sie | Die Pauschalen erhöhen sich um 50 %, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von fünf Jahren das zweite Mal aus beruflichen Gründen umzieht.

     

    FAZIT | Durch die Fahrzeitverkürzung hat Luisa Müller Anspruch auf einen Werbungskostenabzug. Sollten die Umzugskosten allerdings von ihrem Arbeitgeber steuerfrei (§ 3 Nr. 13 bzw. 16 EStG) erstattet werden, entfällt insoweit der Werbungskostenabzug (§ 3c EStG).

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 119 | ID 44647632