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  • · Fachbeitrag · Vermietung und Verpachtung

    Wegweisende BFH-Rechtsprechung zur Einkünfteerzielungsabsicht bei Leerstandszeiten

    von Dipl.-Finw. (FH) Martin Hilbertz, Neuwied

    | In den letzten Monaten wurden mehrere BFH-Urteile zur Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung und Verpachtung veröffentlicht. Die Entscheidungen, die primär zum Leerstand von Mietimmobilien ergangen sind, zeigen eines ganz deutlich: Eine rechtzeitige Beweisvorsorge kann in vielen Fällen die Verlustberücksichtigung retten. Der Beitrag bringt Sie auf den neuesten Stand und zeigt, worauf in der Praxis zu achten ist. |

    1. Grundsätzliches

    Aufwendungen für eine nach der Herstellung, Anschaffung oder Selbstnutzung leer stehende Wohnung können als vorab entstandene Werbungskosten absetzbar sein, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht erkennbar aufgenommen und sie später nicht wieder aufgegeben hat (vgl. BFH 11.12.12, IX R 14/12). Demgegenüber sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leer steht, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung nicht endgültig aufgegeben hat.

     

    Die Berücksichtigung von vorab entstandenen Werbungskosten setzt voraus, dass sich der Steuerpflichtige endgültig dazu entschlossen hat, Vermietungseinkünfte zu erzielen. Da es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, muss aus objektiven Umständen auf das Vorliegen oder Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht geschlossen werden, was nicht immer ganz einfach ist.

     

    Hinweis | Die Einkünfteerzielungsabsicht ist grundsätzlich für jede einzelne vermietete Immobilie gesondert zu prüfen (objektbezogene Prüfung, vgl. u.a. BFH 26.11.08, IX R 67/07).

    2. Ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen

    Bei der Beantwortung der Frage, ob ein endgültiger Vermietungsentschluss vorliegt, ist in erster Linie auf ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen abzustellen. Dabei kann der Steuerpflichtige grundsätzlich frei bestimmen, wie er sein Objekt am Wohnungsmarkt platziert. Somit kann auch die Reaktion auf Mietgesuche in Inseraten oder die Bewerbung von Mietobjekten in geschlossenen Foren (z.B. in Unternehmenspublikationen oder am „Schwarzen Brett“) als ernsthafte Vermietungsbemühung anzusehen sein. In diesen Fällen sind jedoch an die Nachhaltigkeit solcher Bemühungen erhöhte Anforderungen zu stellen (BFH 11.12.12, IX R 14/12).

     

    Hinsichtlich der beabsichtigten Vermietung in einem strukturschwachen ländlichen Raum hat der BFH (11.12.12, IX R 68/10) entschieden, dass die laufende Durchsicht einer regionalen Wochenzeitung nach Mietgesuchen sowie die Bewerbung des Mietobjekts in der dörflichen Gemeinschaft durchaus als ernsthafte Vermietungsbemühung angesehen werden kann. Der erforderlichen Nachhaltigkeit wurde hier Rechnung getragen, da der Steuerpflichtige mit nahezu allen in Betracht kommenden Interessenten Kontakt aufgenommen hatte. Dass die eigenverantwortliche Mietersuche im Streitfall Erfolg hatte und zu einer dauerhaften Vermietung führte, wertete der BFH als Beweisanzeichen dafür, dass die Vermietungsbemühungen geeignet waren.

     

    Beachten Sie | Der BFH betont jedoch auch, dass die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind und die vorliegenden Bedingungen nicht auf einen Ballungsraum mit erhöhter Wohnungsnachfrage übertragbar sind.

     

    Sollten die vom Steuerpflichtigen selbst unternommenen Bemühungen erkennbar nicht erfolgreich sein, muss er sein Verhalten anpassen, d.h. er muss sowohl geeignetere Wege der Vermarktung suchen als auch seine Vermietungsbemühungen intensivieren. Dies kann etwa durch die Einschaltung eines Maklers oder durch Nutzung alternativer Bewerbungsmöglichkeiten erfolgen. Für die Beurteilung der Frage, ob die Vermietungsbemühungen (ggf. weiterhin) als erfolgversprechend angesehen werden können oder ob diese nach Art und Intensität anzupassen sind, steht dem Steuerpflichtigen ein inhaltlich angemessener, zeitlich jedoch begrenzter Beurteilungsspielraum zu. Wann dies der Fall ist, lässt der BFH (11.12.12, IX R 14/12) jedoch offen.

     

    Hinweis | Bei einem langjährigen Leerstand kann es dem Steuerpflichtigen im Einzelfall auch zuzumuten sein, die Attraktivität des Objekts zu erhöhen, etwa durch Zugeständnisse bei der Miethöhe oder der Mietdauer.

    3. Gleichzeitige Verkaufsangebote

    Wird nach einer Selbstnutzung alternativ auch ein Verkauf des Objekts in Erwägung gezogen, werden die Verluste nicht anerkannt, da sich der Steuerpflichtige dann noch nicht endgültig zur Einkünfteerzielung entschlossen hat.

     

    MERKE | Anders ist der Fall jedoch zu beurteilen, wenn es sich um einen Leerstand nach vorangegangener Vermietung handelt. Auch wenn der Steuerpflichtige die Wohnung zugleich zum Verkauf anbietet, ist hier regelmäßig nicht von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, solange er sich ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht (BFH 9.7.03, IX R 102/00). Aber auch hier ist Vorsicht geboten, wie ein weiteres aktuelles Urteil des BFH (11.12.12, IX R 9/12) zeigt. Dass der Steuerpflichtige den Maklerauftrag im Streitfall vorrangig zur Veräußerung der Wohnung erteilt hatte und er die Wohnung auch in selbst geschalteten Anzeigen als Verkaufsobjekt bewarb, wertete der BFH nämlich als Beweisanzeichen für die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht.

     

    4. Leerstand bei Untervermietung

    In Anlehnung an die Rechtsprechung zur Vermietung von Ferienwohnungen rechnet der BFH (22.1.13, IX R 19/11) auch Leerstandszeiten im Rahmen der Untervermietung einzelner Räume innerhalb der eigenen Wohnung des Steuerpflichtigen zumindest dann der Vermietungstätigkeit zu, wenn ein Raum nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung vorübergehend leer steht und - wie im Streitfall - feststeht, dass dieser Raum weiterhin für eine Neuvermietung bereit gehalten wird.

     

    Die theoretische jederzeitige Selbstnutzungsmöglichkeit steht der Einkünfteerzielungsabsicht nicht entgegen. Werden Zimmer allerdings nur für einen bestimmten Zeitraum (z.B. Messezeiten) zur Vermietung vorgehalten und im Übrigen auch selbstgenutzt, ist die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose zu prüfen (BFH 4.3.08, IX R 11/07).

     

    Hinweis | Die Aufwendungen für Gemeinschaftsräume, die sowohl der eigenen Nutzung des Steuerpflichtigen als auch der Nutzung durch die Mieter dienen, sind nach der Anzahl der Personen aufzuteilen. Auf die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse kommt es somit nicht an (BFH 25.6.09, IX R 49/08).

    5. Vermietung von Gewerbeobjekten

    In einer weiteren Entscheidung äußerte sich der IX. Senat des BFH (19.2.13, 
IX R 7/10) zur Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Gewerbeobjekten. Hier ist festzuhalten, dass die Einkünfteerzielungsabsicht im Gegensatz zu Wohnimmobilien nicht typisierend vermutet werden kann, sondern originär festzustellen ist.

     

    Zeigen die bislang vergeblichen Vermietungsbemühungen, dass für ein seit Jahren leer stehendes Objekt wegen seiner Bauweise kein Markt besteht, muss der Steuerpflichtige unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen versuchen, einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen die Absicht, mit dem Objekt Einkünfte erzielen zu wollen (BFH 20.7.10, IX R 49/09). Insofern gelten dieselben Prinzipien wie bei Wohnimmobilien.

    6. Einkünfteerzielung bei Übernahme des Mietvertrags

    Nicht selten werden Objekte erworben, die bereits vermietet sind. Der Erwerber tritt dann nach § 566 BGB in das Mietverhältnis des Veräußerers ein. In diesen Fällen wird die Einkünfteerzielungsabsicht des Veräußerers aber nicht dem Erwerber zugerechnet, sie ist vielmehr anhand des Mietvertrags sowie des Verhaltens des Erwerbers festzustellen (BFH 22.1.13, IX R 13/12).

     

    Im entschiedenen Fall erwarben Eheleute von der Großmutter der Ehefrau ein vermietetes Wohnhaus. Der Mietvertrag war wegen einer Eigenbedarfsklausel (galt für die Töchter und die Enkelkinder) auf fünf Jahre befristet. Ab dem Eigentumserwerb betrug die Mietzeit noch drei Jahre und vier Monate. Bereits vor Ablauf der Frist zogen die Eheleute in das von den Mietern bereits geräumte Haus ein. Die während der Fremdvermietung erzielten Werbungskostenüberschüsse ließ der BFH mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht zum Abzug zu. Dabei kam den fehlenden Vermietungsbemühungen und der Selbstnutzungsklausel eine erhebliche Indizwirkung zu.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 142 | ID 40187110

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