· Fachbeitrag · Drittaufwand
Wer kann was absetzen, wenn ein anderer zahlt?
von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg
| Der Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten setzt nicht nur eine betriebliche oder berufliche Veranlassung voraus, sondern auch, dass die Aufwendungen den Einkünfte erzielenden Steuerpflichtigen aufwandsmäßig belasten. Insbesondere im Bereich der nahen Angehörigen kommt es jedoch häufig vor, dass die Aufwendungen nicht unmittelbar vom Steuerpflichtigen selbst, sondern von einem Angehörigen getragen werden. Die steuerlichen Folgen werden im Beitrag näher erläutert. |
1. Ein Beispiel zum Einstieg
Bei der Beantwortung der Frage „Wer kann was absetzen, wenn ein anderer zahlt?“, sind in der Praxis insbesondere die nachfolgenden Fallgestaltungen zu unterscheiden:
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A ist Eigentümer eines vermieteten Mehrfamilienhauses. In 2012 wird das Dach des Hauses für 30.000 EUR saniert. Diese Kosten werden wie folgt beglichen:
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Bei Fallvariante a) liegen ohne Zweifel Werbungskosten des A vor, da er die Handwerkerrechnung mit dem ihm zugewendeten Geldbetrag in Höhe von 30.000 EUR und damit aus eigenen Mitteln begleicht.
Entsprechendes gilt bei Fallvariante b). Denn auch dann, wenn ein Dritter (hier: Vater V) Aufwendungen für den Steuerpflichtigen in der Form übernimmt, dass er unmittelbar an den Gläubiger (hier: den Handwerker) des Steuerpflichtigen für diesen zahlt, liegt eigener Aufwand des Steuerpflichtigen vor. Im Gegensatz zu Fallvariante a) wurde hier nur ein abgekürzter Zahlungsweg gewählt, der aber den Aufwandscharakter beim Steuerpflichtigen nicht beeinträchtigt (BFH 23.8.99, GrS 2/97).
Bei Fallvariante c) ist der Sachverhalt insoweit anders gelagert, als hier nicht der Steuerpflichtige, sondern der Dritte Schuldner der Handwerkerrechnung ist. Aber auch diese Konstellation führt nach der Rechtsprechung des BFH (15.1.08, IX R 45/07) zum Werbungskostenabzug beim Steuerpflichtigen.
Zwar liegt hier kein abgekürzter Zahlungsweg im klassischen Sinne vor, sondern vielmehr ein abgekürzter Vertragsweg. Nach Auffassung des BFH sind jedoch auch in diesem Fall die Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Denn der Aufwand des Dritten (V) aufgrund des mit dem Handwerker geschlossenen Werkvertrags liegt allein in seiner Zuwendung an den Steuerpflichtigen (A) begründet. Der Steuerpflichtige macht daher eigenen Aufwand und keinen Aufwand eines Dritten geltend.
PRAXISHINWEISE |
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2. Neuere Rechtsprechung zum Drittaufwand
Die vorstehend erläuterten Grundsätze zum Drittaufwand hat der BFH in seiner jüngeren Rechtsprechung bestätigt. Übernimmt z.B. der Ehemann Bildungsaufwendungen seiner Ehefrau, sind diese gleichwohl bei der Ehefrau als Werbungskosten berücksichtigungsfähig (BFH 7.2.08, VI R 41/05). Erteilt der Steuerpflichtige den Auftrag zur Durchführung von Erhaltungsaufwendungen und begleicht er die Beträge vom Konto seiner Mutter, steht dies dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, da es unerheblich ist, woher die Mittel stammen (BFH 11.11.08, IX R 27/08).
Mit einer neueren Entscheidung hat der BFH (28.9.10, IX R 42/09) seine Rechtsprechung zum abgekürzten Vertragsweg erneut bestätigt und ausgeführt, dass Erhaltungsaufwendungen auch dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn sie auf einem von einem Dritten im eigenen Namen, aber im Interesse des Steuerpflichtigen abgeschlossenen Werkvertrag beruhen und der Dritte dem Steuerpflichtigen den Betrag zuwendet. Diese Zuwendung kann auch in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung zugunsten des Steuerpflichtigen erbracht werden.
Wie bereits ausgeführt, wendet die Finanzverwaltung die Rechtsprechungsgrundsätze zum abgekürzten Vertragsweg bei Kreditverbindlichkeiten nicht an. Der BFH (25.6.08, X R 36/05) hat hierzu entschieden, dass bei Kreditverhältnissen jedenfalls dann kein Werbungskostenabzug beim Steuerpflichtigen für die gezahlten Schuldzinsen nach den Grundsätzen des abgekürzten Vertragswegs erfolgen kann, wenn der Steuerpflichtige nicht im Wege des echten oder des unechten Vertrags zugunsten Dritter in die Darlehensbeziehung eingebunden ist.
In einem solchen Fall leistet der Darlehensnehmer (der Dritte) die Schuldzinsen als vertraglich geschuldetes Entgelt ausschließlich für eigene Rechnung an die Bank, nicht aber für Rechnung des Steuerpflichtigen.
Hinweis | Eigener Aufwand des Steuerpflichtigen liegt in derartigen Fällen nur vor, wenn dieser im Innenverhältnis verpflichtet ist, den Dritten von der Verpflichtung zur Zins- und Tilgungszahlung freizustellen.
Zu einem gänzlich anders gelagerten Sachverhalt hat aktuell das FG Sachsen-Anhalt (22.2.12, 2 K 1679/08) Stellung genommen. Strittig war hier, ob die Ehefrau für die unentgeltliche Nutzung eines Fahrzeugs, welches zum Betriebsvermögen des Ehemanns gehört, Betriebsausgaben ansetzen darf. Das FG entschied, dass die Ehefrau keine pauschalen Kosten für die betriebliche Nutzung als Betriebsausgaben absetzen darf, da es sich hierbei (aus ihrer Sicht) um nicht berücksichtigungsfähigen Drittaufwand handelt - also um einen Aufwand, der durch die Einkunftserzielung des Steuerpflichtigen veranlasst ist, den dieser jedoch nicht (auch nicht im Wege eines verkürzten Vertrags- und Zahlungswegs) getragen hat, sondern ein Dritter.
Nach Auffassung des FG hatte der Ehemann Steuern, Versicherungen und Anschaffungskosten sowie laufende Betriebskosten nicht getragen, um die Schuld eines anderen (seiner Ehefrau) zu tilgen, sondern um seine eigenen Schulden zu tilgen. Der Ehemann der Steuerpflichtigen wollte das Fahrzeug selbst nutzen und hatte es tatsächlich auch selbst genutzt, während die Steuerpflichtige das Fahrzeug lediglich daneben nutzen durfte.
3. Umsatzsteuerliche Sichtweise
So positiv die neuere BFH-Rechtsprechung zum abgekürzten Vertragsweg im Ertragssteuerrecht auch ist, die umsatzsteuerlichen Folgen dürfen nicht übersehen werden. Da die Rechnung in diesen Fällen nämlich auf den Dritten ausgestellt ist und die Anforderungen der §§ 15, 14 UStG somit nicht erfüllt sind, geht der Vorsteuerabzug verloren.
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Sohn (S) ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, das er umsatzsteuerpflichtig vermietet. Im Zuge der anstehenden Renovierungsarbeiten kauft sein Vater im Baumarkt für ihn Tapeten in Höhe von 80 EUR. Ein Leistungsempfänger ist auf der Barrechnung nicht aufgeführt. Bei diesen „Bargeschäften des täglichen Lebens“ kann S die von V beglichene Rechnung als Werbungskosten im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung geltend machen. Auch der Vorsteuerabzug ist in diesem Fall möglich, da es sich nach § 33 UStDV um eine Kleinbetragsrechnung (bis 150 EUR) handelt, bei der der Leistungsempfänger nicht angegeben werden muss. |
Weiterführender Hinweis
- Der praktische Fall: Abgekürzter Vertragsweg gilt auch bei der Kostenübernahme durch eine GmbH (MBP 11, 47)