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  • · Nachricht · Abmahnung

    Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Ende des Arbeitsverhältnisses

    | Der Arbeitnehmer kann nach Ende des Arbeitsverhältnisses regelmäßig die Löschung (Entfernung) einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Das folgt nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO. |

    1. Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg

    Das LAG begründete seine Entscheidung folgendermaßen (28.7.23, 9 Sa 73/21, Abruf-Nr. 237584): Nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern diese für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind.

     

    Die Abmahnung enthält ohne weiteres personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO, da in der Abmahnung bestimmte Verhaltensweisen des Klägers beschrieben und gerügt werden.

     

    Nach Ende des Arbeitsverhältnisses sind Abmahnungen für den Zweck, für den sie in der Personalakte gespeichert worden sind grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Da das Arbeitsverhältnis beendet ist, haben Abmahnungen, die grundsätzlich zur Rüge eines beanstandenden Verhaltens dienen und gegebenenfalls eine Warnfunktion im Hinblick auf eine drohende Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten keinerlei Bedeutung mehr. Insbesondere dient die Abmahnung auch nicht mehr der Geltendmachung Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen der Beklagten im Sinne des Art. 3 e DSGVO. Hierzu hat die Beklagte insbesondere auch nichts vorgetragen. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen für Abmahnungen gibt es nicht.

     

    Aus diesem Grund kann der Kläger die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte auch noch nach Ende des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten verlangen.

    2. So sehen andere Gerichte die Rechtslage

    Ob der ArbN verlangen kann, dass eine Abmahnung aus der Personalakte aus datenschutzrechtlichen Bestimmungen (Art. 17 DSGVO) entfernt werden muss, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Hierzu liegen unterschiedliche Entscheidungen vor.

     

    So hat das BAG entschieden, dass der ArbN nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann einen Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen hat, wenn es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Abmahnung dem ArbN noch schaden kann (17.11.16, 2 AZR 730/15, Rn. 47). Für diese Voraussetzung trägt der ArbN die Darlegungs- und Beweislast. Das BAG zog als Anspruchsgrundlagen aber nur die § 242, § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB heran.

     

    Zu berücksichtigen ist insofern, dass der allgemeine zivilrechtliche Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung und der datenschutzrechtliche Löschungsanspruch zwei separate Streitgegenstände darstellen (BAG 17.11.16, 2 AZR 730/15; LAG Baden-Württemberg 30.10.20, 12 Sa 33/20). Das ergibt sich aus ser Rechtsprechung daraus, dass der zivilrechtliche Entfernungsanspruch an die inhaltliche Unrichtigkeit der Abmahnung anknüpft (§ 1004 BGB). Beim datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch kommt es hierauf nicht an. Es kann auch ein Anspruch bestehen, inhaltlich zutreffende Daten zu löschen.

     

    Dem BAG angeschlossen hat sich u. a. das LAG Niedersachsen (4.5.21, 11 Sa 1180/20, Abruf-Nr. 224487): „Es wird an der Rechtsprechung des BAG festgehalten, wonach der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht besteht.“ Das LAG begründet seine Entscheidung damit, dass datenschutzrechtliche Änderungen im Zusammenhang mit der DSGVO jedenfalls bei in Papierform geführten Personalakte zu keiner Änderung der Rechtslage führen (entgegen LAG Sachen-Anhalt 23.11.18, 5 Sa 7/17).

     

    Anders sah es das LAG Hamm (13.9.22, 6 Sa 87/22, Abruf-Nr. 232393). Es verurteilte einen Arbeitgeber, die beanstandete Abmahnung nach Ende des Arbeitsverhältnisses zu löschen. Der Anspruch folge aus Art. 17 DSGVO. Es führt insofern aus: „Insbesondere besteht für den Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Entfernung der Abmahnung auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis für die hier vorliegende Leistungsklage folgt bereits aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs (vgl. LAG Sachsen-Anhalt 23.11.18, 5 Sa 7/17, Rn. 55). Es war vom Kläger nicht vorzutragen, dass objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Abmahnung ihm auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann (a. A. LAG Schleswig-Holstein 19.7.16, 1 Sa 37/16, Rn. 50, 55). Ein solcher Vortrag ist lediglich in materieller Hinsicht relevant, nämlich für die Begründetheit des Entfernungsanspruchs aus § 242, § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 19.4.12, 2 AZR 233/11, Rn. 51). Unabhängig davon stützt der Kläger seinen Anspruch auch auf datenschutzrechtliche Vorschriften, insbesondere auf Art. 17 DS-GVO.“

    Quelle: ID 49733250