· Fachbeitrag · Bauüberwachung effektiv
Lph 8: Schnittstellenmanagement spart Aufwand bei der Überwachung und mindert Haftungsrisiko
| Bei vielen Projekten kann die Bauüberwachung nicht täglich vor Ort sein. Gerade in diesen Fällen ist es wichtig, Haftungsrisiken (zum Beispiel in punkto Baustellensicherheit oder Schutz gegen Regenwasser, Diebstahl bzw. Beschädigungen) durch entsprechende Vertragsregelungen mit den ausführenden Unternehmen zu reduzieren. |
Beispiel belegt Brisanz in der Praxis
Ignoriert man solche Schnittstellen zwischen dem Ende einer Auftragsleistung und dem Beginn der Folgeleistung, kann das nicht nur erhöhten Aufwand bei der Bauüberwachung auslösen, sondern auch Haftungsrisiken für das Planungsbüro. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bauüberwachung nicht ständig auf der Baustelle vertreten ist. Folgender realer Beispielsfall belegt die Brisanz des Themas:
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Ein großes Verwaltungsgebäude wird umgebaut. Das Dach wird vom Unternehmer A (Abbruchunternehmer) entfernt, um es durch eine neue Konstruktion von Unternehmer B zu ersetzen. Zwischen beiden Arbeitsgängen liegt ein kurzes Zeitfenster für Umrüstungen und Arbeitsvorbereitungen. Während dieser Phase (aus Kostengründen wurde auf provisorische Maßnahmen verzichtet) hat es so stark geregnet, dass Feuchtigkeitsschäden in Höhe von 87.000 Euro entstanden sind. Für das Planungsbüro stellen sich folgende Fragen:
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In der obigen Situation kann der Verzicht auf provisorische Maßnahmen zum Regenwasserschutz nicht per se als Planungs- oder Ausschreibungsmangel gesehen werden. Denn bei kurzen Zeitfenstern (in den Sommermonaten) kann es die mögliche Schadenshöhe im Verhältnis zu den Kosten provisorischer plausibel erscheinen lassen, auf den Schutz zu verzichten, wenn eine schnelle Übergabe der Zuständigkeit an den Nachfolgeunternehmer geregelt ist. Diese rein wirtschaftliche Entscheidung sollte aber immer mit dem Auftraggeber abgestimmt werden, damit alle Beteiligten disponieren können.
Wichtig | Die VOB regelt den oben genannten Fall auch nicht. In DIN 18299 Abschnitt 4.1.10/11 steht zwar, dass Arbeiten (hier: des Unternehmers A) gegen Niederschlagswasser zu schützen sind, mit dem üblicherweise zu rechnen ist. Diese Pflicht bezieht sich aber nur auf den Zeitraum der Vertragserfüllung und nicht danach. Es existiert also eine Lücke bei den Zuständigkeiten, die durch eine Regelung geschlossen werden muss.
So sieht ein effizientes Schnittstellenmanagement aus
Wir empfehlen deshalb, bei risikobehafteten Gewerkeschnittstellen in Abstimmung mit dem Auftraggeber in die Bauverträge eine spezielle Regelung aufzunehmen, die entsprechende Abstimmungspflichten und Übergangsmaßnahmen fachgerecht definiert. Folgende Punkte harren im Zuge der Schnittstellenproblematik einer Regelung:
- Wer ist in der Übergangszeit zwischen „Vor- und Nachfolge-Auftragnehmer“ dafür zuständig, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um zum Beispiel Regenwasserschäden zu vermeiden?
- Wer ist dafür zuständig, dass es an Leistungsschnittstellen nicht zu „offenen Baustellen“ kommt? Beispiel: Einbruchgefahr bei Fassadenarbeiten beim Bauen im Bestand mit dem Risiko, dass der Auftraggeber dafür keinen Versicherungsschutz hat (grobe Fahrlässigkeit).
- Wer ist dafür zuständig, das Unfallrisiko möglichst gering zu halten? Beispiel: Der Rohbau-Auftragnehmer baut eigene Absturzsicherungen an Aufzugschächten ab, der Nachfolgeauftragnehmer für den Bereich Aufzugtechnik beginnt aber erst vier Tage später.
Wichtig | Nachstehend stellen wir Ihnen eine Muster-Schnittstellenregelung für einen Bauvertrag (LV-Position) vor. Sie betrifft den Regenwasserschutz, kann bei entsprechender Anspassung aber auch für andere Schnittstellen (Absturzsicherung, Baustellenabschluss, Bauzaunsicherung, Schließen von Fassadenöffnungen am Wochenende, Baustellenbeheizung) verwendet werden.
Musterposition im LV / Übergabe von Schutzmaßnahmen (hier: Schutz gegen Regenwasser) |
Beispiel-Position (Schnittstelle zwischen Abbruchunternehmer und Dachdecker): Der Auftragnehmer verpflichtet sich, fachgerechte - den Umständen entsprechend geeignete - Schutzmaßnahmen auch nach Fertigstellung seiner vertragsgemäßen Arbeiten am Bauteil … zum Schutz gegen Regenwasser einzurichten und solange funktionsfähig und fachgerecht vorzuhalten, bis der Nachfolgeunternehmer des Gewerkes ... seinerseits mit den Schutzmaßnahmen und Bauarbeiten seiner beginnt. Die Vorhaltung umfasst auch die regelmäßige Kontrolle und Instandhaltung. Der Einheitspreis beinhaltet Lohn- und Materialkosten für das Aufbauen, Vorhalten und das Entfernen einschließlich etwaiger Entsorgung der Schutzmaßnahmen für einen Zeitraum ab Fertigstellung der Arbeiten am Bauteil … bis zu 14 Tage nach Beendigung der ... Arbeiten ... sowie die fachtechnische Übergabe an den Nachfolgeunternehmer (Gewerk …). Ziel dieser Übergabe ist die möglichst lückenlose Gewährleistung des Regenwassserschutzes. Die Übergabe organisiert der Auftragnehmer (Aufforderung durch den Auftragnehmer zur Übergabe an den Nachfolge-Auftragnehmer, Ladungsfrist … Tage, mit Kopie an die Bauüberwachung, die möglichst daran teilnimmt, aber dazu nicht verpflichtet ist). Die Übergabe wird vom Auftragnehmer in einer Niederschrift dokumentiert und der Bauüberwachung zugeleitet.
Zulageposition Für jede weitere Woche der Vorhaltung wie in der Vorposition beschrieben wird folgender Einheitspreis angeboten: ... |
Weiterführender Hinweis
- Beitrag „Effektives Schnittstellenmanagement sorgt für wirtschaftliche Projektabwicklung“, PBP 10/2011, Seite 12