02.06.2009 | Leistungsphase 9
Immer Ärger um die Lph 9: Vermeiden Sie die Komplettbeauftragung in einem Vertrag
Wer nicht umhin kommt, die Leistungsphase (Lph) 9 zu erbringen, sollte das Gespräch mit dem Auftraggeber suchen, um die Risiken halbwegs in den Griff zu bekommen. Konkret heißt das, dass Sie versuchen sollten, die Lph 9 auch vertraglich von den anderen Lph zu trennen. Warum das so wichtig ist, ergibt sich nicht zuletzt aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg.
OLG Brandenburg raubt die letzte Illusion zur Lph 9
Die Brandenburger Richter haben den Planern alle Illusionen für ein vorzeitiges Ende der Lph 9 geraubt. Der nachfolgende Auszug aus der Urteilsbegründung spricht Bände (Urteil vom 18.3.2009, Az: 3 U 71/08; Abruf-Nr. 091665):
Das Urteil im Wortlaut
„Sind dem Architekten sämtliche Architektenleistungen, einschließlich der Leistungsphase 9 Objektbetreuung und Dokumentation, in Auftrag gegeben, dann kann die konkludente Billigung der Architektenleistung frühestens nach der letzten Handlung des Architekten aus der Leistungsphase 9 geschehen. In aller Regel ist dies die Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen für Mängelansprüche gegenüber den bauausführenden Unternehmen. Diese Leistung ist nach Ansicht des BGH so wesentlich, dass vorher von einem konkludenten Abnahmewillen des Auftraggebers nicht ausgegangen werden kann.“ |
Folge für Honorar und Gewährleistung
Im Klartext bedeutet das, dass die Honorarschlussrechnung für alle im Planungsvertrag enthaltenen Leistungen erst zum Ablauf der Gewährleistungsfristen des letzten am Bau beteiligten Unternehmens eingereicht werden kann. Bei einer vierjährigen Gewährleistungsfrist eines Unternehmers (VOB-Vertrag) kann das bedeuten, dass die Honorarschlussrechung erst vier Jahre nach der Abnahme dieses Gewerks gestellt werden kann.
Das ist für Planungsbüros in aller Regel wirtschaftlich nicht hinnehmbar. Aus folgenden Gründen:
Vorverlegung durch AGB nicht möglich
Auch kreativen Vertragskonstruktionen haben die Brandenburger Richter einen Riegel vorgeschoben. Sie haben nämlich festgestellt, dass eine Regelung im Planungsvertrag, dass der Beginn der Verjährung des Planungsbüros auf die VOB-Abnahme des letzten Gewerks vorverlegt wird, den Bauherrn AGB-rechtlich unangemessen benachteiligen würde und damit „unwirksam sein dürfte“.
Lösung: Zwei getrennte Verträge schließen
Vor diesem Hintergrund ist es nicht empfehlenswert, einen Vertrag über alle Leistungsphasen abzuschließen. Sollte dennoch gegenseitiges Interesse an der Erbringung der Leistungsphase 9 bestehen, so schlagen wir vor, über die Lph 1 bis 8 und die Lph 9 jeweils eigenständige Verträge zu schließen.
Damit ist die konkludente oder formgerechte Abnahme des Architektenwerks für die Lph 8 nach dem Ende der Lph 8 gesichert. Weiterer Vorteil: Für die Lph 1 bis 8 kann die Honorarschlussrechnung eingereicht werden. Die Lph 9 läuft dann getrennt mit eigener Gewährleistung. Der Vorteil ist neben der Schlussrechnung der Leistungen bis zur Leistungsphase 8 auch der, dass die Gewährleistung für die Planung und Bauüberwachung bereits dann einsetzt.
So überzeugen Sie den Auftraggeber
Es stellt sich die Frage, mit welchen Argumenten Sie den Auftraggeber für diesen Vorschlag gewinnen können. Um es klar zu sagen: Das „Totschlagargument“, das jeden Auftraggeber überzeugen wird, gibt es nicht. Am ehesten vielleicht das, dass Ihrem Auftraggeber aus der Splittung der Verträge keine Nachteile entstehen. An Ihren Leistungspflichten und Ihrer Gewährleistung ändert sich vom Grundsatz her nichts.
Auftraggeber kann Lph 9 selbst erbringen
Vielleicht können Sie gerade preissensible öffentliche (Bauamt) oder gewerbliche (Bauabteilung) Auftraggeber auch damit „ködern“, dass Sie ihnen vorschlagen, die Lph 9 selbst zu erbringen und damit Honorar zu sparen.