· Fachbeitrag · Auftragsbeschaffung
Betriebliches Energiemanagement: Erschließen Sie sich das neue Geschäftsfeld Energieaudits
von Jan Karwatzki, Dipl.-Ing., Architekt, Referent Öko-Zentrum NRW, Hamm
| Die EU-Energieeffizienzrichtlinie verpflichtet alle großen Unternehmen, regelmäßig Energieaudits durchzuführen. Stichtag war der 5. Dezember 2015. Experten zufolge haben bisher aber die wenigsten der rund 50.000 betroffenen Unternehmen ein Energieaudit durchgeführt. Auch deshalb, weil es zu wenige Auditoren gibt. Mit dem betrieblichen Energiemanagement im Allgemeinen und dem Energieaudit im Besonderen können sich deshalb für viele von Ihnen neue und lukrative Geschäftsfelder auftun. |
Die Rechtsgrundlage zur Durchführung von Energieaudits
Die Grundlage für die Einführung der Energieaudits bildet die EU-Energieeffizienzrichtlinie vom 25. Oktober 2012. Danach müssen sämtliche EU-Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass alle Unternehmen Energieaudits durchführen, die kein kleines und mittleres Unternehmen (KMU) sind.
Betroffene mussten Audit bis zum 5. Dezember 2015 durchführen
Deutschland hat die Richtlinie durch eine Änderung des „Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen“ (EDL-G) umgesetzt. Das EDL-G ist am 22. April 2015 in Kraft getreten. Es hat die betroffenen Unternehmen verpflichtet, spätestens bis zum 5. Dezember 2015 das erste Energieaudit durchzuführen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert stichprobenhaft, ob das Audit durchgeführt wurde. Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
PRAXISHINWEIS | Auch wenn die Durchführungsfrist für das Erstaudit eigentlich abgelaufen ist, ist das Thema nicht durch. Allein schon deshalb, weil längst nicht alle betroffenen Unternehmen überhaupt realisiert haben, dass sie ein Energieaudit durchführen müssen. Zudem hat das BAFA bei der Sanktionierung von Verstößen einen Ermessensspielraum und könnte in diesem Rahmen auch verspätete Audits anerkennen. |
Wer ist von der Verpflichtung betroffen?
Die Energieauditpflicht betrifft „Nicht-KMU“. Damit sind - unabhängig von Branche oder Tätigkeitsbereich - alle Unternehmen gemeint, die weder Kleinstunternehmen noch KMU im Sinne der EU-Definition sind.
PRAXISHINWEIS | Als Nicht-KMU gelten
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Zertifiziertes Energiemanagementsystem befreit von Auditpflicht
Unternehmen, die ein zertifiziertes Energiemanagementsystem nach der DIN EN ISO 50001 oder ein entsprechendes Umweltmanagementsystem eingerichtet haben, müssen kein Energieaudit durchführen. Voraussetzung ist, dass diese Systeme mindestens 90 Prozent des Energieverbrauchs abdecken. Ein Energieaudit ist zudem entbehrlich, wenn das Unternehmen vor dem 5. Dezember 2015 mit der Einführung eines solchen Managementsystems begonnen hat und die Zertifizierung bis Ende 2016 erfolgt.
Was ist ein Energieaudit?
Die genaue Definition des Energieaudit ersparen wir Ihnen, sie ist kompliziert. Einfach ausgedrückt handelt es sich um eine Energieberatung, die sich auf alle Standorte, Gebäude, Prozesse, Anlagen oder den Fuhrpark eines Unternehmens oder einer Organisation bezieht. Es reicht aus, wenn das Audit mindestens 90 Prozent des gesamten Energieverbrauchs erfasst.
PRAXISHINWEIS | Ziel ist es, den Energieverbrauch zu erfassen und für das Unternehmen transparent darzustellen. Außerdem sollen Potenziale für Energieeffizienzverbesserungen identifiziert werden. Umsetzen muss das Unternehmen diese Maßnahmen aber nicht. |
Wie werden Gebäude im Energieaudit betrachtet?
Der Energieverbrauch eines Gebäudes muss - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - im Energieaudit des jeweiligen Gebäudenutzers berücksichtigt werden. Diese Anforderung gilt jedoch nur, sofern der Nutzer unmittelbaren Einfluss auf den Energieverbrauch hat. Hat ein Unternehmen keinen unmittelbaren Einfluss auf den Energieverbrauch eines gemieteten Gebäudes, kann von einer Untersuchung dieses Gebäudes abgesehen werden.
Das gilt bei vorhandenem Energieausweis
Liegt für ein Gebäude ein gültiger bedarfsbezogener Energieausweis vor, kann im Rahmen des Energieaudits auf eine Untersuchung der Gebäudehülle und der gebäudebezogenen technischen Anlagen verzichtet werden. Deckt der Energiebedarfsausweis bereits mehr als 90 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs des Unternehmens ab, gilt er als repräsentativ für ein Energieaudit, und es müssen keine weiteren Bereiche untersucht werden.
Darum sind Energieaudits ein Markt für Planer am Bau
Anders als die klassische - oft mäßig honorierte - Energieberatung ist das betriebliche Energiemanagement und das Energieaudit sehr wohl eine lukrative Marktnische für Planer am Bau. Aus fünf Gründen:
1. Das Thema ist heiß und wird noch lange köcheln
Auch wenn die Audit-Durchführungsfrist schon abgelaufen ist, ist das Thema nicht durch. Allein schon deshalb, weil längst nicht alle betroffenen Unternehmen überhaupt realisiert haben, dass sie ein Energieaudit durchführen müssen. Außerdem muss ein Energieaudit alle vier Jahre erneuert werden. Es gibt also regelmäßig einen Anlass, Kontakt zu potenziellen Auftraggebern aufzunehmen.
2. Betriebliche Energieberatung verspricht mehr Benefit als die normale
Der betriebliche Energieberatungssektor verspricht generell einen besseren Benefit als normale Energieberatungen. Die Förderprogramme sind attraktiver, die Honorare besser und letztlich auch die Chancen, Anschlussaufträge für die Planung von Energiesparmaßnahmen zu generieren.
PRAXISHINWEIS | Betriebliche Energieberatung und die Befähigung, Energieaudits durchzuführen, sind zwei Seiten einer Medaille, aber logisch aufeinander aufbauende Dienstleistungen. Sicher wird es für Sie am Anfang eine Herausforderung darstellen, den Energieverbrauch von Produktionsprozessen oder Transportvorgängen zu erfassen und zu bewerten. Und manchmal wird es auch der Zuziehung von Fachleuten bedürfen. Aber Sie haben Ihr Leistungsprofil ja selbst in der Hand. So können Sie zunächst nur Energieaudits (oder Energiebedarfsausweise) für nicht produzierende Unternehmen anbieten, deren Energieverbräuche überwiegend im Gebäudebereich liegen. |
3. Markt an Auditoren ist überschaubar
Ein weiteres Plus ist, dass der Markt an Auditoren überschaubar ist. Hier ist die Angebots-Nachfrage-Situation erheblich besser als im klassischen Energierberaterbereich. Das dürfte auch Folgen für das Honorar für ein Energieaudit haben, welches natürlich je nach Unternehmensgröße, Anzahl der Standorte oder Komplexität deutlich variieren kann. In der Regel können jedoch bei der Beratung von Unternehmen deutlich höhere Tagessätze vereinbart werden als bei der Energieberatung für Wohngebäude.
4. Die richtigen Mitarbeiter zum Energieauditor fortbilden
Nach § 8b EDL-G muss ein Energieauditor „auf Grund der Ausbildung oder beruflichen Qualifizierung und praktischen Erfahrung über die erforderliche Fachkunde zur ordnungsgemäßen Durchführung eines Energieaudits“ verfügen. Für die Ausbildung zum Energieauditor kommen in Frage:
- Mitarbeiter, die ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium in einer einschlägigen Fachrichtung der Ingenieur- oder Naturwissenschaften abgeschlossen haben. Als einschlägige Fachrichtung zählen Energieerzeugung, Energie-, Elektro-, Verfahrens-, Versorgungs- und Umwelttechnik, Technische Gebäudeausrüstung, Bauingenieurwesen oder Maschinenbau.
- Mitarbeiter, die einen Abschluss als staatlich geprüfter Techniker oder einen Meisterabschluss in einer einschlägigen Fachrichtung vorweisen. Als einschlägige Fachrichtung zählen unter anderem Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Elektro-, Kältesystem-, Metall-, Umwelt-, Bau- oder Isoliertechnik.
PRAXISHINWEIS | Es muss also nicht alles der Chef machen. Sie können das Leistungsprofil Ihres Büros auch durch Qualifizierungen der Mitarbeiter strategisch erhöhen. |
5. Neue Auftragspotenziale bei den Großen und auch bei den KMU
Wenn Sie ein Energieaudit durchführen, kennen Sie den Betrieb energietechnisch und energetisch aus dem Eff-Eff. Energiesparmaßnahmen, die Sie vorschlagen, werden bei Ihrem Gegenüber ernsthaftes Gehör finden. Und kommt es zur Umsetzung entsprechender (auch baulicher) Maßnahmen, sind Sie als Planer mit dabei. Denn warum soll ein Auftraggeber ein anderes Planungsbüro beauftragen, das sich in die konkrete Situation erst einarbeiten muss.
Als Nebeneffekt kommt hinzu, dass Sie die Fähigkeiten, die Sie für die Auditierung benötigen, auch bei der Energieeffizienzberatung von KMU einsetzen können. Sicher - ein Energieaudit wird dort wohl kein Thema sein. Aber KMU sind oft nicht anders strukturiert als große Unternehmen. Und da bringen Sie ein überzeugendes KnowHow für die betriebliche Energieberatung mit, das andere Berater so nicht haben bzw. diesen nicht in dem Umfang zugemessen wird.
Eintrag auf BAFA-Liste ist kein Muss
Das BAFA führt eine öffentliche Liste mit Energieauditoren. Durch die Eintragung in diese Liste können Energieberater/innen im Vorfeld ihre Fachkunde und die Erfüllung der Anforderungen an Energieauditoren vom BAFA prüfen und bestätigen lassen.
PRAXISHINWEIS | Die Eintragung in der Auditorenliste des BAFA ist jedoch keine Voraussetzung, um Energieaudits durchführen zu dürfen. Sie können das auch ohne machen. In dem Fall müssen Sie aber, wenn das BAFA eine Stichprobenkontrolle macht, nachweisen, dass Sie die Anforderungen an Energieauditoren erfüllen. |
weiterführende Hinweise
- Mehr Informationen zum Energieaudit finden Sie auf www.bafa.de → Energie → Energieaudits.
- So fördert das BAFA Energieberatungen im Mittelstand www.bafa.de → Energie → Energieberatung im Mittelstand
- Diese Förderprogramme bietet die KfW für Energieeffizienzmaßnahmen im Mittelstand an www.kfw.de → Unternehmen.
- Fortbildungen in Sachen „Nichtwohngebäude“ und „Energieaudtit“ bieten mehrere Träger an. Beispielhaft seien erwähnt der Fernlehrgang „energieplaner24“ vom Öko-Zentrum NRW www.energieplaner24.de oder die Bauakademie der Hochschule Biberach (www.akademie-biberach.de/energie).
- Beitrag „Technisches Gebäudemanagement und Energieeffizienz sind die neuen Marktbereiche“, PBP 11/2012, Seite 4