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  • · Fachbeitrag · Öffentliches Bau- und Planungsrecht

    BauGB-Novelle 2013: Diese Neuerungen im Städtebaurecht müssen Planer kennen

    von Bastian Gierling, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Köln

    | Am 20. September 2013 tritt das „Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ (Abruf-Nr. 132793 ) in Kraft. Sein Ziel: Die Inanspruchnahme von neuen Flächen zu reduzieren und die Attraktivität der Innenstädte zu erhöhen. Lernen Sie nachfolgend die für Planer, Projektentwickler und Kommunen wichtigsten Neuerungen im Baugesetzbuch (BauGB) und in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) kennen. |

    Innenentwicklung hat Vorrang

    Künftig soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen (§ 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB). Deshalb müssen Flächennutzungs- und Bebauungspläne, die eine Umwandlung landwirtschaftlicher oder als Wald genutzter Flächen vorsehen, besonders begründet werden (§ 1a Abs. 2 S. 3 BauGB).

     

    PRAXISHINWEIS | In der Begründung sollen die Kommunen darlegen, dass sie auch Möglichkeiten der Innenentwicklung, insbesondere von Brachflächen, Gebäudeleerständen, Baulücken und anderen Nachverdichtungsmöglichkeiten geprüft haben und warum sie diese letztlich verworfen haben. Nach der Gesetzesbegründung können hierzu „Flächenkataster“ (bei größeren Gemeinden) sowie eine „valide Ermittlung des Neubedarfs, basierend auf aktuellen Prognosen der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung“ herangezogen werden.

     

    Zentrale Versorgungsbereiche im Flächennutzungsplan

    Der Erhalt und die Entwicklung „zentraler Versorgungsbereiche“ in den Städten und Gemeinden ist von hoher Bedeutung für die Stärkung der Innenentwicklung der Städte, insbesondere für die Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung. Durch § 5 Abs. 2 Nr. 2 d) BauGB wird zur weiteren Stärkung „zentraler Versorgungsbereiche“ deren Darstellung in Flächennutzungsplänen nunmehr ausdrücklich vorgesehen.

     

    Damit sollen die Gemeinden ihren informellen Einzelhandelskonzepten ein stärkeres Gewicht geben und dazu die Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans nutzen.

    Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten

    Die Anzahl von Spielhallen, die dem bauplanungsrechtlichen Begriff der Vergnügungsstätten zuzurechnen sind, hat in den vergangenen Jahren zuge-nommen. Mit § 9 Abs. 2b BauGB wird die Möglichkeit erweitert, die Ansiedlung von Vergnügungsstätten, insbesondere Spielhallen, zu verhindern. So kann die Gemeinde für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 BauGB) mittels Bebauungsplan festlegen, dass Vergnügungsstätten zulässig oder unzulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Der Gesetzgeber will damit städtebaulichen Fehlentwicklungen („trading down effect“) entgegenwirken.

     

    Wichtig | Diese Steuerungsfunktion für Spielhallen kann auch nur auf bestimmte Teile des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans angewendet werden. Der Verweis auf diese Regelung in § 13 Abs. 1 BauGB verdeutlicht, dass ein solcher Bebauungsplan auch im „vereinfachten Verfahren“ aufgestellt werden kann.

    Im Außenbereich werden mehr Ersatzbauten zugelassen

    Bislang war lediglich die Nutzungsänderung von ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden im Außenbereich bei Vorliegen einer erhaltenswerten Bausubstanz begünstigt. Diese Begünstigung wird jetzt erweitert.

     

    In begründeten Ausnahmefällen wird jetzt auch die Neuerrichtung eines Gebäudes im Außenbereich ermöglicht (§ 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB). Wesentliche Voraussetzungen dafür sind, dass

    • das ursprüngliche Erscheinungsbild zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert scheint,
    • der Außenbereichsschutz und nachbarliche Interessen bei der Neuerrichtung gewahrt bleiben,
    • sich der Neubau im Wesentlichen an der äußeren Gestalt, einschließlich der Kubatur, des bisherigen Gebäudes orientiert.

     

    PRAXISHINWEIS | Diese Änderung hat für Bauherren und Architekten hohe praktische Relevanz. Sie steht allerdings im Widerspruch zu den Zielen, die das Gesetz eigentlich verfolgt. Der Bundesrat hat deshalb die Bundesregierung aufgefordert, diese Bestimmung umgehend wieder zu streichen. Ob es dazu kommt, wird die Zukunft zeigen.

     

    „Schrottimmobilien“: Rückbaugebot wird erweitert

    Eine wichtige Passage in der Novelle des Städtebaurechts ist zudem das verschärfte Rückbaugebot von Schrottimmobilien. Verwahrloste, nicht mehr wirtschaftlich nutzbare Gebäude sind wegen der negativen Ausstrahlung auf die Umgebung ein ernstes stadtentwicklungspolitisches Problem. Häufig kann einem solchen Missstand nur durch Beseitigung abgeholfen werden.

     

    Wichtig | Bisher war es aber so, dass die Gemeinde den Eigentümer einer Schrottimmobilie nur dann verpflichten konnte, deren Beseitigung zu dulden, wenn sich die Immobilie im Gebiet eines Bebauungsplans befand (§ 179 Abs. 1 S. 1 BauGB). Künftig gilt diese Duldungspflicht auch für Immobilien im unbeplanten Innenbereich.

     

    PRAXISHINWEIS | Doch damit nicht genug. Neu geregelt wird auch, wer die Kosten solcher Rückbaumaßnagmen trägt. Bisher mussten das die Kommunen tun. Jetzt können die betroffenen Eigentümer durch die Gemeinde zur Kostenerstattung herangezogen werden; und zwar bis zu der Höhe, wie ihnen die Beseitigung einen Vermögensvorteil (in der Regel die Werststeigerung des Grundstücks durch die Beseitigung) verschafft (§ 179 Abs. 4 BauGB).

     

    Kinderbetreuungseinrichtungen in Wohngebieten privilegiert

    Künftig gelten Kinderbetreuungseinrichtungen in reinen Wohngebieten als allgemein zulässig, wenn deren Größe den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes angemessen ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Nachdem bereits zuvor mit der Neuregelung des § 22 Abs. 1a Bundes-Immissionsschutzgesetz bestimmt wurde, dass Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, soll damit die Rechtsstellung von Einrichtungen zur Kinderbetreuung auch bauplanungsrechtlich verbessert werden.

     

    Sonstige Kindertagesstätten, also solche mit einem weiter gehenden Einzugsgebiet, dürfen in reinen Wohngebieten als „sonstige Anlagen für soziale Zwecke“ dagegen weiterhin nur in Ausnahmefällen genehmigt werden (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO).

    Überblick über weitere Änderungen

    Stichpunktartig sind als weitere wesentliche Änderungen zu nennen:

     

    • Vereinfachung der Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Gemeinde zugunsten eines Dritten (§ 27a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB)
    • Erweiterung der Abweichungsmöglichkeit vom Einfügungsgebot zugunsten der Wohnnutzung (§ 34 Abs. 3a BauGB)
    • Einschränkung der Privilegierung von Tierhaltungsanlagen im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB)
    • Verschmelzung des Erschließungsvertrags mit dem städtebaulichen Vertrag (§§ 11, 124 BauGB)
    • Erleichterung der Zulassung von Solar- und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in Baugebieten (§ 14 Abs. 3 BauNVO)
    • Flexibilisierung der Obergrenzen beim Maß der baulichen Nutzung (§ 17 Abs. 2 BauNVO)

     

    Weiterführender Hinweis

    • Das „Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ im Wortlaut; pbp.iww.de, Abruf-Nr. 132793
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 22 | ID 42223984