Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 28.03.2007 · IWW-Abrufnummer 071049

    Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 01.02.2007 – 12 U 138/06

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Brandenburgisches Oberlandesgericht
    Im Namen des Volkes
    Urteil

    12 U 138/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

    Verkündet am 01.02.2007

    In dem Rechtsstreit

    hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Beckmann als Einzelrichter

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Auf die Berufung der Kläger wird das am 6. Juni 2006 verkündete Teilurteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 13 O 114/05, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe:

    Die zulässige Berufung hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führt.

    1.

    Soweit das Landgericht ein Teilurteil erlassen hat, war dies mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 301 ZPO unzulässig. Der hierin zu sehende schwerwiegende Verfahrensfehler führt gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO auch ohne entsprechende Antragstellung einer Partei zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Das Landgericht hat § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO unberücksichtigt gelassen, wonach über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, durch Teilurteil nur entschieden werden kann, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Zu berücksichtigen ist, dass ein Teilurteil nur erlassen werden kann, wenn sich ein Rechtsstreit in abgrenzbare Teile zerlegen lässt, die zum Gegenstand eines selbständigen Urteils gemacht werden können, wobei solche abgrenzbaren Teile im Einzelfall auch bei einer einfachen Streitgenossenschaft, bei der mehrere Prozesse zur gemeinschaftlichen Verhandlung und Beweisaufnahme zusammengefasst werden, vorliegen können. Voraussetzung ist aber, dass im Falle des Erlasses eines Teilurteils die durch dieses Urteil getroffene Entscheidung unabhängig von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand sein muss (vgl. Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 301 Rn. 11). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung soll das Erfordernis der Unabhängigkeit die Gefahr des Widerspruchs zwischen dem Teilurteil und dem Schlussurteil ausschließen. Dabei ist die Frage der Gefahr eines Widerspruchs nicht nur für die jeweilige Instanz zu prüfen, sondern auch unter Berücksichtigung des Instanzenzuges, d. h. der Erlass eines Teilurteils kommt auch dann nicht in Betracht, wenn z. B. das Berufungsgericht die im Teilurteil dargestellte Bewertung der Sach- und Rechtslage anders beurteilt mit der Folge, dass die sich dann für beide Streitgenossen zu beantwortende Streitfrage, inwieweit - bezogen auf den vorliegenden Fall - die Werkleistung mangelhaft ist und in welcher Höhe daraus ein Schadensersatzanspruch sich ergeben kann, nicht mehr einheitlich erfolgen kann und möglicherweise sogar von den nunmehr mit der Sache befassten Gerichten unterschiedlich bewertet wird, womöglich nach jeweils getrennt durchgeführter Beweisaufnahme. Im vorliegenden Fall sind die gegenüber der Beklagten zu 1. und dem Beklagten zu 2. geltend gemachten Ansprüche von der Beantwortung der Vorfrage abhängig, inwieweit überhaupt ein Mangel der Werkleistung vorliegt; erst danach lässt sich hinreichend beurteilen, inwieweit daraus eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2. wegen mangelnder Objektüberwachung herleiten lässt. In einem solchen Fall verbietet sich der Erlass eines Teilurteils zur Frage des Vorliegens einer solchen Pflichtverletzung des Beklagten zu 2 (vgl. dazu auch Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. Rn. 7). Soweit im Falle des Erlasses eines unzulässigen Teilurteils anstelle einer Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache im Einzelfall auch ein so genanntes "Hochziehen" des im ersten Rechtszug anhängigen Teils in Betracht kommen kann, so besteht dafür im vorliegenden keine Veranlassung. Vielmehr würde ein solches "Hochziehen" zum Wegfall einer Tatsacheninstanz führen und wäre insbesondere auch aus prozessökonomischen Gründen nicht zu befürworten, da das Landgericht hinsichtlich der sich im Übrigen stellenden Streitfragen aus hier nicht nachvollziehen Gründen dem Rechtsstreit bisher keinen weiteren Fortgang gegeben hat und anzunehmen ist, dass hinsichtlich der weiteren sich stellenden Streitfragen die Durchführung einer Beweisaufnahme beabsichtigt war, weil man offensichtlich nur hinsichtlich des Beklagten zu 2. von einer Entscheidungsreife ausgegangen ist.

    2.

    Soweit das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten zu 2. aus § 635 BGB a. F. hergeleitet hat, vermag der Senat sich aber der Auffassung, der Beklagte zu 2. habe seine Verpflichtung zur Bauüberwachung hinreichend erfüllt, nicht anzuschließen. Soweit das Landgericht gemeint hat, es handele sich hinsichtlich der Außenputzarbeiten um handwerkliche Selbstverständlichkeiten, die keiner besonderen Überwachung bedürfen, so ist dem in dieser Allgemeinheit ohne jede weitere Differenzierung nicht zu folgen. Soweit das Landgericht seine Auffassung auf eine Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 13.08.2003, Az.: 1 U 157/00, gestützt hat, ist dieser Entscheidung zwar zu entnehmen, dass man Außenputzarbeiten scheinbar nicht zu den wichtigen und kritischen Arbeiten an einem Bauvorhaben bewertet; Einzelheiten zu Art und Umfang der Außenputzarbeiten ergeben sich aber aus der Entscheidung nicht, wobei die Entscheidung auch eine genauere Begründung hinsichtlich der dort vertretenen Auffassung nicht enthält. Demgegenüber hat sich die von den Klägern bereits in erster Instanz angeführte Entscheidung des Landgerichts Itzehoe (BauR 2006, 408 ff) mit einer vergleichbaren Ausgangslage befasst und ist mit näherer Begründung zu der Auffassung gelangt, dass die dort geschuldeten Außenputzarbeiten durchaus nicht zu den ganz leichten Arbeiten zählten. Hier wie dort war der Außenputz auf Porenbeton aufzutragen, wobei der vom Landgericht Itzehoe hinzugezogene Sachverständige die Abstimmung des Außenputzes auf Porenbeton als von großer Bedeutung angesehen hat, weil bei unterschiedlichen Härtegraden von Putzträger und Putzmaterial Spannungen im Bereich der Trennschicht beider Materialien auftreten können, wodurch es zu Rissbildungen mit Feuchtigkeitsansammlungen in den Rissen und dem Porenbeton kommen kann. Damit in Übereinstimmung stehen die Ausführungen des Sachverständigen S... in seinem im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten (S. 13). Denn auch er ist davon ausgegangen, dass Porenbeton beim Verputzen als kritischer Putzgrund zu betrachten ist; er sei stark wassersaugend und es müsse vor dem Verputzen meist ein ganzflächiger, voll deckender Spritzbewurf aufgebracht werden. Auch daraus folgt, dass es sich hinsichtlich der im vorliegenden Fall zu bewertenden Außenputzarbeiten nicht um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handelt, die nicht einmal stichprobenartig hätten überwacht werden müssen. Selbst bei einfachen, gängigen Arbeiten, bei denen der Architekt nicht ständig auf der Baustelle anwesend sein muss, wird man zumeist erwarten können, dass er die Arbeiten während ihrer Durchführung stichprobenartig kontrolliert (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 12. Teil, Rn. 425 sowie speziell für Putzarbeiten Bindhardt/Jagenburg, Die Haftung des Architekten, 8. Aufl., § 6 Rn. 119 a. E.). Nach dem unstreitigen Tatsachenvortrag sind selbst solche Stichproben unterblieben. Soweit seitens des Beklagten zu 2. mit Schriftsatz vom 10.10.2005 ausgeführt wurde, der damalige Mitarbeiter und Bauleiter des Beklagten zu 2. Lehmann habe vor Auftragen des Putzes sich die Putzqualität dem Leistungsverzeichnis entsprechend von einer Frau D... von der Fa. D...-Bau-GmbH & Co. KG zusichern und nachweisen lassen, so ist dieser Vortrag unerheblich, da eine solche Zusicherung des ausführenden Unternehmens den Bau überwachenden Architekten in keiner Weise von eigenen Prüfungspflichten entbindet. Es ist gerade im Rahmen der vertraglich geschuldeten Objektüberwachung Aufgabe des Architekten, sich von der vertragsgemäßen Durchführung der Arbeiten zu überzeugen und sich nicht auf diesbezügliche Zusicherungen des ausführenden Unternehmens zu verlassen. Nach alledem kann also die Klage gegen den Beklagten zu 2. nach dem derzeitigen Stand der Dinge jedenfalls nicht mit der Begründung abgewiesen werden, es fehle an einer mangelhaften Objektüberwachung, weil die maßgeblichen Außenputzarbeiten durch den Beklagten zu 2. nicht hätten überwacht werden müssen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO.

    Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzlich Bedeutung, die im Grundsatz auch nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

    Streitwert für das Berufungsverfahren: 19.858,35 ¤

    RechtsgebieteZPO, BGBVorschriftenZPO § 301 ZPO § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 7 BGB § 635 a. F.