24.02.2009 · IWW-Abrufnummer 090719
Bundesgerichtshof: Urteil vom 18.12.2008 – VII ZR 189/06
a) Zur Auslegung eines Architekten- und Ingenieurvertrages als bedingt erteilten Auftrag, wenn die Leistungen für ein erstes Haus bereits endgültig beauftragt sind und die Leistungen für weitere Häuser nur dann erbracht werden sollen, wenn diese Häuser nach der vom Verkaufserfolg abhängigen Entschließung des Auftraggebers errichtet werden.
b) Wird eine schriftliche Honorarvereinbarung in einem Architektenvertrag unter der Bedingung geschlossen, dass ein bestimmtes Projekt durchgeführt wird, und wird später ein davon abweichendes Projekt durchgeführt, ist die für das abweichende Projekt getroffene Honorarvereinbarung auch dann nicht schriftlich bei Auftragserteilung im Sinne des § 4 Abs. 1 HOAI getroffen, wenn das Honorar unverändert bleibt.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2008
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka,
die Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier und Leupertz
f ür Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 24. August 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 35.585,87 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zur ückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt Honorar für Architekten- und Ingenieurleistungen für ein Bauvorhaben der beklagten Bauträgergesellschaft. Der Kläger hat Leistungen für die Häuser 1 bis 4 dieses Bauvorhabens erbracht. Im Streit ist noch das Honorar für die Leistungen betreffend die Häuser 3 und 4.
Am 1. Oktober 2001 schlossen die Parteien einen schriftlichen Vertrag über sämtliche Planungs-, Bauleitungs- und Statikberechnungsleistungen zur Erstellung eines Mehrfamilienhauses zu einem Pauschalhonorar von 200.000 DM. Am Ende des Vertrages ist ferner bestimmt:
"Abhängig vom Verkaufserfolg bzw. dem zukünftigen jeweiligen Verkaufserfolg sind weitere insgesamt vier Wohngeb äude mit jeweils rd. 16 Eigentumswohnungen - gleicher Typus wie oben - an gleicher Stelle auf dem Grundstück "C. -Straße" geplant (s. auch Zeichnungen). Hier erhält das Architekturbüro H. zu den gleichen Bedingungen dieses Hauptvertrages eine abweichende Pauschalvergütung von statt 150.000 DM plus 50.000 DM = 200.000 DM jeweils nur 90.000 DM pauschal zuzüglich 30.000 DM (Statik) = 120.000 DM je Wohngebäude zwei bzw. drei bzw. vier bzw. fünf. Die Zahlungsmodalitäten gemäß diesem Hauptvertrag bleiben 10 %-weise (s.o.) bestehen."
Die Arbeiten für Haus 1 wurden vom Kläger erbracht und mit 200.000 DM vergütet; sie sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
Die Arbeiten für Haus 2 wurden vom Kläger erbracht und mit 120.000 DM vergütet. Nachdem es zwischen den Parteien anlässlich der Arbeiten für Haus 4 zu einem Zerwürfnis kam, stellte der Kläger für Haus 2 eine Rechnung nach den Mindestsätzen der HOAI und verlangte eine weitere Zahlung in Höhe von 78.491,89 EUR. Insoweit ist die Klage vom Landgericht rechtskräftig abgewiesen worden.
Der Kläger erbrachte ebenfalls Leistungen für die Häuser 3 und 4. Diese Häuser wurden abweichend von den Häusern 1 und 2 mit lediglich 12 Wohneinheiten und einer Etage weniger errichtet. Die Arbeiten für Haus 3 wurden bis Oktober 2004 fertig gestellt und vom Kläger zunächst in Anlehnung an ein Pauschalhonorar in Höhe von 120.000 DM mit drei Abschlagsrechnungen abgerechnet, auf die der Kläger 58.282,75 EUR erhielt.
Im Dezember 2004 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Der Kläger stellte daraufhin verschiedene Schlussrechnungen, zuletzt eine solche über weitere 61.602,93 EUR für Haus 3 und eine über 82.171,84 EUR für erbrachte Leistungen für Haus 4, jeweils basierend auf den Mindestsätzen der HOAI. Hierauf hat das Berufungsgericht ihm auf der Grundlage der Mindestsätze 58.314,72 EUR für Haus 3 und 63.591,61 EUR für Haus 4 (insgesamt 121.906,33 EUR) zugesprochen. Es hat u.a. ausgeführt, selbst wenn auf der Grundlage des Pauschalhonorars von 120.000 DM abgerechnet werde, stünden dem Kläger 35.585,87 EUR zu.
Der Senat hat die Revision zugelassen, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 35.585,87 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist. In diesem Umfang begehrt die Beklagte weiter Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
Das Berufungsgericht meint, der Kläger könne die Leistungen für die Häuser 3 und 4 gemäß § 4 Abs. 1 und 4 HOAI nach den Mindestsätzen der HOAI abrechnen. Die Parteien hätten bei Auftragserteilung keine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen, so dass die Mindestsätze gälten. Es könne deshalb offenbleiben, ob ein Fall des § 4 Abs. 2 HOAI vorliege. Die Beklagte habe mit dem Kläger jeweils selbständige Architektenverträge über die Leistungen für die Häuser 2 bis 4 geschlossen. Es liege eine Sukzessivbeauftragung im Rahmen eines Optionsvertrages vor. Aus dem Vertrag vom 1. Oktober 2001 ergebe sich eindeutig, dass nicht ein Abruf bereits bindend vereinbarter Leistungen vereinbart sei, sondern es neben dem Abschluss des Vertrages für das Haus 1 weiterer Nebenverträge betreffend die Häuser 2 bis 5 bedurft habe, um von einer bindenden Beauftragung des Klägers auszugehen. Die Beklagte habe sich absichern wollen für den Fall, dass das Bauvorhaben nicht fortgeführt werde. Bei einer stufenweisen Beauftragung des Architekten in Form eines Vorvertrages sei § 4 HOAI auf jeden Abschnitt der Beauftragung gesondert anzuwenden. Ob sich die Parteien in solchen Fällen bei Auftragserteilung noch über die Vergütungsgrundlagen einig seien, sei möglicherweise fraglich, so dass sie die Fortgeltung der Vereinbarung schriftlich bestätigen müssten. Dies könne auch durch Bezugnahme auf den Rahmen- oder Vorvertrag geschehen.
Die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung sei auch nicht gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte habe, wie ihr Verlangen nach einer geringeren Vergütung beweise, selbst nicht auf die Wirksamkeit der Vergütungsvereinbarung vertraut. Sie sei weniger schutzwürdig als ein normaler Auftraggeber, da ihr als Bauträgerin bekannt sei - oder zumindest bekannt sein müsse -, dass die HOAI zwingendes Preisrecht enthalte.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
1.
Das Berufungsgericht hat die Auslegung des Vertrages rechtsfehlerhaft vorgenommen, weil es den Prozessstoff nicht ausreichend gewürdigt hat. Zu Unrecht hat es angenommen, der Wortlaut der Vereinbarung sei eindeutig dahin auszulegen, dass noch weitere Verträge hätten geschlossen werden müssen.
a)
Das Berufungsgericht hatte zu beurteilen, wie der Vertrag vom 1. Oktober 2001 in dem Punkt zu verstehen war, der die Tätigkeit des Klägers für die weiteren Häuser betraf. Insoweit kam nicht ernsthaft in Betracht, dass die Beklagte sich in der Weise binden wollte, dass sie die Planungen für die Häuser 2 bis 4 bereits unbedingt beauftragte und sich deshalb nur durch eine freie Kündigung von diesem Auftrag hätte befreien können. Die Vertragsgestaltung diente ersichtlich dazu, dieses Risiko zu vermeiden und der Beklagten die Möglichkeit einzuräumen, ohne weitere Planungskosten von einer Fortführung des Bauvorhabens hinsichtlich der weiteren Häuser abzusehen.
b)
Problematisch war hingegen, ob die Parteien mit der Vereinbarung vom 1. Oktober 2001 einen Rahmen- oder Vorvertrag geschlossen haben oder aber die weiteren Planungen bereits unter der Bedingung in Auftrag gegeben waren, dass die Beklagte das Bauvorhaben fortführt. In Betracht zu ziehen war auch, die Vereinbarung dahin auszulegen, dass die Parteien sich für den Fall der Fortführung des Bauvorhabens bereits darauf verständigt hatten, dass der Kläger verpflichtet war, die Architekten- und Ingenieurleistungen zu dem vereinbarten Pauschalhonorar auszuführen, der Beklagten jedoch das Recht vorbehalten war, diese Leistungen abzurufen, so genannter Optionsvertrag. Der Wortlaut der Vereinbarung vom 1. Oktober 2001 ist dazu entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht eindeutig. Wenn das Berufungsgericht sich für einen Vertragstyp im Wesentlichen mit dem Argument entschied, die Beklagte habe sich nicht binden wollen, so hat es verkannt, dass eine solche Bindung bei allen in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten nicht eintrat. Auf dieser Grundlage hätte das Berufungsgericht sich damit auseinandersetzen müssen, welche der Vertragsvarianten die Parteien gewählt haben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu schöpfen den Prozessstoff nicht aus.
c)
Der Senat kann die Vereinbarung vom 1. Oktober 2001 selbst auslegen, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind. Der Wortlaut des Vertrages legt die Einigung der Parteien darüber nahe, dass der Kläger mit den Leistungen für den Fall, dass die Beklagte das Bauvorhaben fortführt, bereits beauftragt ist. Denn die Vereinbarung verhält sich nur noch zu dem Honorar, das dem Kläger zustehen soll, wenn er die Leistungen vornimmt.
Die Parteien waren sich jedenfalls darüber einig, dass der Kläger, sollte es zu einer Bebauung des Areals mit weiteren bis zu vier Wohnhäusern mit jeweils rund 16 Eigentumswohnungen - gleicher Typus - durch die Beklagte als Bauträger kommen, die gesamten Planungs-, Bauüberwachungs- und Statikleistungen vornehmen sollte. Weiter waren sich die Parteien einig, dass dies zu den Bedingungen des Vertrages vom 1. Oktober 2001 geschehen sollte. Zudem haben sie Einigkeit darüber erzielt, dass dem Kläger für die Leistungen für jedes weitere Haus ein Pauschalhonorar von insgesamt 120.000 DM zustehen sollte.
Danach gibt es keine Grundlage für die Annahme, die Parteien hätten noch weitere Verträge schließen wollen. Denn die Parteien haben sich über alle Punkte geeinigt, die nach ihrer Vorstellung einigungsbedürftig waren. Sie haben auf die Bedingungen des Hauptvertrages und auf die dort vereinbarten Leistungen Bezug genommen. Auch das Honorar ist vereinbart.
Die Parteien haben die Wirksamkeit des abschließend verhandelten Vertrages lediglich noch unter die Bedingung gestellt, dass die Beklagte die vom Verkaufserfolg abhängige Entscheidung trifft, die weiteren Häuser bauen zu lassen. Die Beklagte hat weder die Beauftragung des Klägers lediglich in Aussicht gestellt, was als Rahmenvertrag hätte angesehen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1992 - VII ZR 159/91, BauR 1992, 531 = ZfBR 1992, 215), noch haben sie regelungsbedürftige Punkte offengelassen, was auf einen Vorvertrag deuten würde (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1987 - VII ZR 307/86, BGHZ 102, 384, 388). Auch haben sie der Beklagten für den Fall der Fortführung des Projekts nicht die Entscheidung offenhalten wollen, ob der Kläger mit den Leistungen beauftragt wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 211/07, zur Veröffentlichung bestimmt). Die Annahme eines bedingten Vertrages wird den Interessen der Parteien gerecht. Einerseits entsteht dadurch die erkennbar gewollte Bindung beider Parteien, andererseits musste die Beklagte nicht befürchten, Architekten- und Ingenieurkosten zahlen zu müssen, wenn sie wegen Unrentabilität das Projekt nicht fortführte.
Aus dem Verhalten der Parteien nach Abschluss des Vertrages vom 1. Oktober 2001 kann nicht geschlossen werden, die Parteien seien selbst davon ausgegangen, dass noch weitere Verträge zu schließen sind und die Wirksamkeit der Beauftragung der Leistungen nicht lediglich von der dem Kläger mitzuteilenden Entscheidung über die Fortführung des Projekts abhängt. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr, auf den das Berufungsgericht Bezug nimmt, ergibt sich nicht, dass die Parteien Vertragsverhandlungen zu einem oder mehreren Folgeverträgen geführt hätten. Auch kann aus der Vereinbarung mit der Baufirma S. nicht hergeleitet werden, dass der Kläger nicht mit allen Leistungen bedingt beauftragt war. Der Baufirma war zwar eine Beauftragung für den Fall der Fortführung des Projekts nur in Aussicht gestellt worden. Eine entsprechende Formulierung enthielt die Vereinbarung vom 1. Oktober 2001 mit dem Kläger jedoch nicht.
2.
Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Berufungsurteils entschieden, dass bei einer stufenweisen Beauftragung des Architekten mit Leistungen zu einem Objekt eine gemäß § 4 Abs. 1 HOAI wirksame Honorarvereinbarung getroffen werden kann, wenn die Parteien die in Aussicht genommenen weiteren Leistungen und das dafür zu beanspruchende Honorar schriftlich festlegen und der Auftraggeber das Angebot des Architekten zur Erbringung dieser Leistungen später annimmt. Die vorab getroffene Honorarvereinbarung wird mit dem Abruf der auszuführenden Leistungen wirksam und ist deshalb "bei Auftragserteilung" im Sinne des § 4 Abs. 1 HOAI getroffen. Der Senat hat die vom Berufungsgericht erhobenen Bedenken ausdrücklich verworfen (Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 211/07).
Gleiches gilt für den Fall, dass die gesamte Vereinbarung zu den Architekten- und Ingenieurleistungen unter der Bedingung steht, dass das Bauvorhaben durchgeführt wird. Die Honorarvereinbarung wird dann mit dem Eintritt der Bedingung wirksam und ist bei Auftragserteilung getroffen. Maßgebend ist allein, ob die Bedingung eingetreten ist.
3.
Ob dies der Fall ist, kann der Senat anhand der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden. Der Auftrag für die Häuser 3 und 4 war abweichend von der Ausführung des Hauses 1 nicht auf Wohngebäude mit 16, sondern nur mit 12 Eigentumswohnungen gerichtet. Sollte diese Abweichung bei Vertragsschluss schon bekannt oder, z.B. weil voraussehbar, vom Willen der Parteien erfasst gewesen sein, so wäre die Bedingung eingetreten. Kleinere Abweichungen vom Haus 1, die sich im Planungsprozess ergaben, würden insoweit keine Rolle spielen. Sollte hingegen die Errichtung mit 12 Wohneinheiten am 1. Oktober 2001 nicht vom Willen der Parteien erfasst gewesen sein, wäre die Bedingung nicht eingetreten. In diesem Fall hätten die Parteien konkludent einen neuen Vertrag geschlossen, mit dem sie - wovon in der Revision auszugehen ist - zwar auch ein Pauschalhonorar von 120.000 DM vereinbart hätten, dieses sich jedoch auf eine andere Leistung bezogen hätte. Da diese neue Honorarvereinbarung nicht schriftlich bei Auftragserteilung geschlossen worden wäre, fände § 4 Abs. 4 HOAI Anwendung. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu § 22 HOAI sind zur Beurteilung nicht ausreichend. Der vertraglich vereinbarte Maßstab "... vier Wohngebäude mit jeweils rd. 16 Eigentumswohnungen - gleicher Typus wie oben - ..." ist erkennbar weiter als der vom Berufungsgericht bei seinen Überlegungen zu § 22 HOAI zugrunde gelegte. Es kommt insoweit auch auf die Vorstellungen der Parteien an.
Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht muss die erforderlichen Feststellungen treffen, um beurteilen zu können, ob die im Vertrag vom 1. Oktober 2001 vereinbarte Bedingung der Beauftragung eingetreten ist. Ist das der Fall, kommt es auf die vom Berufungsgericht offengelassene Frage an, ob ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI vorliegt. Die Zurückverweisung gibt Gelegenheit, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 22. Mai 1997 - VII ZR 290/95, BGHZ 136, 1, 8) ausreichende Feststellungen hierzu zu treffen. Danach kann ein Ausnahmefall, der zu einer Unterschreitung der Mindestsätze berechtigt, vorliegen, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der HOAI berücksichtigt ist. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Architekt oder Ingenieur Leistungen für mehrere Häuser erbringt und die damit verbundene Verringerung des Arbeitsaufwandes nicht zu einer Honorarminderung nach § 22 HOAI oder nach § 66 Abs. 2 bis 4 HOAI führt.
Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass das schriftlich bei Auftragserteilung vereinbarte Honorar für Architektenleistungen und/oder das Honorar für Ingenieurleistungen den Mindestsatz unterschreiten, ohne dass ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI vorliegt, so stellte sich erneut die Frage, ob dem Verlangen des nach Mindestsätzen berechneten Honorars Treu und Glauben, § 242 BGB, entgegenstehen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1997 - VII ZR 290/95, BGHZ 136, 1, 8). Sie kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts verneint werden, die Beklagte habe nicht auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertraut, weil sie selbst eine Minderung des Honorars verlange. Die Beklagte hat jedenfalls darauf vertraut, dass der Kläger kein höheres Honorar als das vereinbarte verlangt, und sich darauf bei der Kalkulation der Erwerberpreise eingerichtet. Das weitere Argument des Berufungsgerichts, die Beklagte sei weniger schützenswert als ein normaler Auftraggeber, da ihr als Bauträger bekannt sei oder bekannt sein müsse, dass die HOAI zwingendes Preisrecht enthalte, schließt es nicht aus, der Beklagten Vertrauensschutz zu gewähren. Allerdings genießt ein Bauträger in aller Regel keinen Vertrauensschutz, wenn er mit einer Honorarvereinbarung bewusst gegen das Preisrecht der HOAI verstößt oder dies jedenfalls nahe liegt. So liegt der Fall nach dem Vorbringen der Beklagten hier jedoch nicht. Sie hat dargestellt, dass sie von einer zulässigen Unterschreitung des Mindestsatzes im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI und auch davon ausgegangen ist, dass die am 1. Oktober 2001 getroffene Vereinbarung den Anforderungen des § 4 Abs. 1 HOAI genüge. Danach ist ihr jedenfalls kein bewusster Verstoß gegen das Preisrecht der HOAI vorzuwerfen. Schützenswertes Vertrauen in die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung kann - wie jede andere Partei - auch ein Bauträger entwickeln, wenn er auf der Grundlage einer vertretbaren, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärten Rechtsauffassung davon ausgeht, die Preisvereinbarung sei wirksam. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Honorarvereinbarung in vergleichbaren Fällen bei Auftragserteilung getroffen worden ist, war bei Abschluss des Vertrages nicht geklärt. Vertretbar und mit der Rechtsprechung des Senats vereinbar ist auch die Auffassung des Bauträgers, geringere Leistungen des Architekten für die nachfolgenden Häuser könnten eine Unterschreitung des Mindestsatzes rechtfertigen, wenn dies nicht schon bei der Honorarermittlung berücksichtigt wird.