23.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121585
Oberlandesgericht München: Urteil vom 13.07.2010 – 9 U 4414/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 U 4414/09
18 O 9732/05 LG München I
Verkündet am 13. Juli 2010
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit XXX
erlässt der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2010 folgendes Endurteil:
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 22.07.2009 in seiner Ziffer I aufgehoben und die Klage auch insoweit abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 22.07.2009 wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 265.189,09 €.
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten aufgrund Verletzung des Projektsteuerungsvertrages vom 10.07./13.09.1999 Schadensersatz.
Die Klägerin plante als rentables Investment den Neubau eines geriatrischen Krankenhauses, eines Altenpflegebereiches, eines Bereiches betreutes Wohnen mit Wohneinheiten und Ladennutzung, eines Hotels mit Konferenz- und Dienstleistungsbereich sowie den Neubau von Reihenhäusern für familiengerechtes Wohnen in D. (Projekt Miteinander – Füreinander). Das Bauvorhaben sollte in 3 Teilen (Markttreff, Klinik, Patientenhotel) realisiert werden. Von 1999 bis 2003 beriet die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E. & Y. die Klägerin hierbei wirtschaftlich. Durch Vertrag vom 28.08.2000 (Anlage K 2) beauftrage die Klägerin den Architekten Dr. Günther B. mit Planungsleistungen, die die Vorplanungen des Beklagten sowie des Architekturbüros N. berücksichtigen sollten. Am 27.02.2003 gab die Klägerin das Bauvorhaben wegen zu erwartender Kostenüberschreitungen von 30 % auf. Am 11.10.2002 kündigte der Beklagte aus wichtigem Grund den Projektsteuerungsvertrag; die Klägerin kündigte ihrerseits den Projektsteuerungsvertrag und den Architektenvertrag am 27.02.2003 (Anlagen K 4 und K 7).
Der „Vertrag über Projektsteuerungsleistungen“ mit dem Beklagten vom 10.07./13.09.1999 (Anlage K 5) lautet auszugsweise wörtlich:
„§ 1 Gegenstand des Vertrages
1.1 Gegenstand des Vertrages sind Projektsteuerungsleistungen für das Bauvorhaben:
A. 11 (MFD), Projekt Miteinander – Füreinander D., bestehend aus:
Neubau eines Geriatrischen Krankenhauses (Akutgeriatrie, Tagesklinik, Rehabilitationsklinik), eines Altenpflegebereiches, eines Bereiches Betreutes Wohnen mit Wohneinheiten und Ladennutzung, eines Hotels mit Konferenz- und Dienstleistungsbereich; ferner Reihenhäuser für familiengerechtes Wohnen
1.3 Nach dem Planungsstand zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrages ist vorgesehen, daß die zu realisierenden Bauteile eine Bruttogeschoßfläche von ca. 20.840 m² erhalten. Die GFZ soll 0,87 betragen, die GRZ 0,25. …
§ 3 Allgemeine Pflichten des Auftragnehmers
3.1 Die Leistungen müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik, öffentlich-rechtlichen Bestimmungen und dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit unter Beachtung der Anregungen und Forderungen des Auftraggebers entsprechen. …
3.4 Der Auftragnehmer hat den Auftraggeber laufend in Form von schriftlichen Berichten – mindestens wöchentlich – über den Stand der Baumaßnahme und die von ihm erbrachten Leistungen zu informieren. Er hat ferner notwendige Entscheidungen des Auftraggebers mit ihm abzustimmen und durch ausreichende Informationen vorzubereiten. Dazu zählt auch die laufende Aufstellung der angefallenen und der zu erwartenden Kosten der Baumaßnahme (ständige Berichtsbereitschaft).
3.5 Die tatsächlichen Gesamtbaukosten (inkl. Baunebenkosten) sollen einen Betrag von 70.627.014 DM netto nicht übersteigen. Danach hat der Auftraggeber seine Planung auszurichten.
Wird erkennbar, daß der vorgenannte Kostenrahmen bei Verfolgung der bisherigen Planung nicht eingehalten werden kann, hat der Auftragnehmer den Auftraggeber unentgeltlich und unverzüglich zu unterrichten und mögliche Handlungsvarianten (z.B. mögliche Einsparungen) und deren Auswirkungen auf Kosten, Termine und Wirtschaftlichkeit des Objekts aufzuzeigen. …
§ 4 Leistungen des Auftragnehmers
4.1 Projektvorbereitung, Stufe 1 …
4.1.1. …Mitwirken bei der betriebswirtschaftlich-organisatorischen Beratung des Auftraggebers zur Bedarfsanalyse, Projektentwicklung und Grundlagenermittlung, insbesondere zur Marktanalyse und Beurteilung zur Gewinnung von Projektideen …
Mitwirken bei einer Machbarkeitsstudie, bestehend aus einer Zustandsbeschreibung, einer architektonischen/technischen und städtebaulichen Programmstellung, einer juristischen Programmstellung, einem Organigramm mit Projektstruktur und Projektbeteiligten, einer Auflistung der Meilensteine, und bei der Rahmenplanung …
4.1.2. Mitwirken bei der Investitionsanalyse zur Ermittlung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Objekts …
4.2.1. … Kontrollieren der Leistungen der Projektbeteiligten (Planungsergebnisse) im
Hinblick auf die Projektziele und Einhaltung des Kostenrahmens …
4.2.3. … Prüfen und korrigieren der Kostenermittlungen (Kostenschätzung, Kostenberechnung) auf inhaltliche Richtigkeit und Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Vollständigkeit, Folgekosten und Vorgaben der Kostenplanung, richtige Kostenzuordnung nach DIN 276 …
§ 16 Kündigung
16.1 Beide Vertragspartner können den Vertrag nur aus wichtigem Grund kündigen. Einer Kündigungsfrist bedarf es nicht. Ein wichtiger Grund liegt auch dann vor, wenn die Baumaßnahme nicht durchgeführt oder weitergeführt wird. …“
Mit Schreiben vom 23.08.2001 übermittelte der Beklagte der Klägerin eine Übersicht der zu erwartenden Kosten und Erlöse zum Stand 20.08.2001. Die Übersicht war zur Vorlage bei der Landesbank in K. zum Zwecke der Erlangung eines Kredits bestimmt (Anlagen K 9, K 11). Mit Schreiben vom 29.08.2002 bot die Landesbank in K. der Klägerin ein Darlehen über 5,9 Mio. € zur „Mitfinanzierung des ersten Bauabschnittes“ an (Anlage K 12). Die Klägerin nahm das Darlehensangebot in der Folgezeit an. Im Februar 2002 schloss die Klägerin mehrere Mietverträge bezüglich des von ihr zu errichtenden Neubaus, unter anderem mit der Fa.K. D. eG (Anlage K 26). Mit Schreiben vom 10.07.2002 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass er wegen grundlegender Planungsänderungen der Geschäftsleitung und wegen Veränderungen der wirtschaftlichen Bedingungen am Markt vorerst für die Gesellschaft keine weiteren Leistungen erbringen solle (Anlage BB 8 zum Schriftsatz vom 09.11.2009). Am 20.09.2002 stellte die Klägerin bei der Landeshauptstadt D. einen Antrag auf Änderung der bereits erteilten Baugenehmigung vom 22.12.1999 einschließlich Flächenänderung (Anlagen K 21 bis 23). Im Oktober 2002 beauftragte die Klägerin die Architekten F. und M. in D. mit der Auftragsvergabe, die Ende Januar 2003 eine beschränkte Generalunternehmerausschreibung veranlassten. Die Angebote der teilnehmenden Firmen lagen höher, als erwartet und ließen eine erhebliche Baukostenüberschreitung erwarten. Daraufhin gab die Klägerin am 27.02.2003 die Realisierung des Projekts auf.
Sie wirft dem Beklagten vor, seine Berechnung der Flächen, Kosten und Erlöse vom 20.08.2001 sei fehlerhaft gewesen, weil die Flächen und Kosten zu niedrig und die Erlöse zu hoch angesetzt waren und deshalb das Projekt bereits zum damaligen Zeitpunkt wirtschaftlich nicht realisierbar gewesen sei. Infolge der falschen Aufstellung des Beklagten vom 20.08.2001 habe die Klägerin dies nicht erkannt, so dass ihr durch verauslagte Bereitstellungszinsen und Bearbeitungsentgelt, durch Zahlung der Honorare von Fachplanern sowie eine Entschädigungszahlung an die Fa. K. D. eG (10.000 €) ein Schaden entstanden sei. Außerdem habe sie Anspruch auf Rückzahlung von Honoraren des Beklagten (27.664,88 €) sowie des Architekten Dr. Günther B. (73.715,68 €), wofür der Beklagte als Gesamtschuldner hafte. Daraus errechnet die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten in Höhe von 279.502,22 €.
Deswegen hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben gegen den Insolvenzverwalter des Architekten Dr. Günther B. (früher Beklagter zu 1), gegen den Beklagten (früher Beklagter zu 2) sowie gegen den Architekten Dr. Günther B. (früher Beklagter zu 3). Die Klage gegen den Insolvenzverwalter hat die Klägerin zurückgenommen. Die Klage gegen den Beklagten zu 3) hat das Landgericht München I durch Urteil vom 22.07.2009 (insoweit rechtskräftig) abgewiesen.
Durch Urteil vom 22.07.2009 hat das Landgericht München I den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 153.808,53 € nebst Zinsen zu bezahlen. Im Übrigen hat es die Klage gegen den Beklagten abgewiesen. Das Landgericht war nach Erholung eines Sachverständigengutachtens der Auffassung, die Berechnung des Beklagten vom 20.08.2001 sei methodisch und inhaltlich fehlerhaft. Der Beklagte habe Dachterrassen- und Balkonflächen nicht einbezogen, Brutto- und Nettoflächen nicht ausgewiesen, die Rendite unzutreffend ermittelt, Projektkosten unzutreffend ermittelt, einen Mietausfall nicht vorgesehen, die vermietbaren Flächen unzutreffend ermittelt sowie einen Abzug von 3 % für Rohbaumaße nicht vorgenommen. Die Kündigung des Beklagten sei unwirksam, die Kündigung der Klägerin sei wirksam. Eine Nacherfüllung des Projektsteuerungsvertrages sei nicht mehr möglich gewesen, da die Berechnung vom 20.08.2001 bei der Bank bereits vorgelegt worden sei. Eine Reihe von Aufwendungen der Klägerin hat das Landgericht als kausal verursachten Schaden angesehen (LGU Seite 26) und zugesprochen. In Höhe von 125.693,69 € hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil insoweit kein kausal verursachter Schaden der Klägerin vorläge (LGU Seite 29 ff.); dies betreffe unter anderem die Ansprüche wegen der Rückforderung der Honorare in Höhe von 27.664,88 € und 73.715,68 €, sowie die Entschädigungszahlung an die Firma Konsum Dresden eG in Höhe von 10.000 €, zusammen 111.380,56 €. Die mit der Hilfsaufrechung des Beklagten geltend gemachten Honorarforderungen aus dem Projektsteuerungsvertrag für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen habe keinen Erfolg, weil nach den vertraglichen Regelungen nicht die außerordentliche Kündigung des Beklagten wirksam sei, sondern diejenige der Klägerin. Deshalb stünden dem Beklagten die Ansprüche nicht zu.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Er beantragt,
das Urteil des Landgerichts München I vom 22.07.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gegen das Urteil des Landgerichts richtet sich auch die Berufung der Klägerin. Sie beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 111.380,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über EZB Basiszinssatz seit dem 03.09.2003 zu zahlen.
Beide Parteien beantragen,
die Zurückweisung der Berufung der Gegenseite.
Im Wesentlichen wiederholen die Parteien ihr tatsächliches und rechtliches Vorbringen erster Instanz. Insbesondere betont die Klägerin, sie werfe dem Beklagten nicht eine falsche wirtschaftliche Beratung vor, sondern die Übermittlung von grob fehlerhaften Angaben zu Bauflächen und Baukosten, die er ohne ausreichende Prüfung vom Architekten übernommen hätte. Der Beklagte bestreitet weiterhin, fehlerhaft geleistet zu haben und verweist auch auf ein Mitverschulden der Klägerin.
Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, den Beschluss vom 13.11.2009 (Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist für den Beklagten), das angefochtene Urteil vom 22.07.2009 und das Protokoll vom 04.05.2010 samt Senatshinweisen wird Bezug genommen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
II.
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Er ist der Klägerin nicht zum Schadensersatz verpflichtet.
Auf das vorliegende Schuldverhältnis sind die vor dem 01.01.2002 geltenden Gesetze anzuwenden (Art. 229 § 5 EGBGB).
1. Keine Schadensursächlichkeit
Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann eine schadensursächliche Pflichtverletzung des Beklagten in Gestalt seiner Kosten-/Nutzenübersicht vom 20.08.2001 nicht festgestellt werden, obwohl die Übersicht des Beklagten objektiv die vom Sachverständigen festgestellten methodischen und inhaltlichen Unrichtigkeiten aufweist.
a)
Dies beruht zum einen darauf, dass entgegen der Ansicht des Landgerichts die Übersicht vom 20.08.2001 nicht den Inhalt der erbrachten Beratungsleistung des Beklagten gegenüber der Klägerin verkörpert.
Bei dieser Übersicht handelt es sich nicht um eine Beratungsleistung gegenüber dem Bauherrn zum Zwecke seiner Information, sondern nach der unstreitigen Zwecksetzung um eine Unterlage, die zur Einreichung bei der Bank und zur Erlangung eines Kredits dienen sollte. Bei der Vorlage von Unterlagen an die Bank verfolgt der Kreditsuchende üblicherweise und zulässig im Rahmen der Wahrheitspflicht die Taktik, das zu finanzierende Projekt positiv und schlüssig darzustellen. Der Kreditantrag an eine Bank ist nicht der Ort, an dem Zweifelsfragen dem Bauherrn näher gebracht, Lösungsvarianten erörtert sowie bestehen bleibende Unsicherheiten aufgezeigt werden.
Der Zweck der Übersicht, einen Kredit zu erlangen, wurde durch die Darlehenszusage der Kieler Landesbank erreicht. Auf eine fehlerhafte Beratungsleistung des Beklagten gegenüber der Klägerin kann vorliegend nicht zurückgeschlossen werden, weil dazu eine zeitablaufbezogene Darstellung der Beratungsleistungen des Beklagten notwendig wäre, jedoch nicht vorliegt.
b)
Nach dem streitgegenständlichen Projektsteuerungsvertrag gingen die Parteien von Kosten in Höhe von netto rund 36 Mio. € aus. Am 22.12.1999 hatte die Landeshauptstadt D. eine Baugenehmigung erteilt und seither war das Projekt durch die Klägerin weiterbetrieben worden. Angesichts eines so umfangreichen und weit fortgeschrittenen Projekts kommt der aus einer DIN A 4-Seite bestehenden Übersicht zum 20.08.2001 entgegen der Ansicht der Klägerin keine zentrale Bedeutung zu.
Vielmehr ist nach dem Vertrag von laufenden Kontakten der Parteien und einer Vielzahl von stattgefundenen Überlegungen auszugehen.
Der Sachvortrag der Klägerin zu einer mangelhaften Beratungsleistung des Beklagten ist nicht ausreichend. Denn die Beratung war nach Ziffer 3.4 des Vertrages fortlaufend zu erbringen und das Projekt fortlaufend zu begleiten. Die Klägerin trägt nicht vor, welche Beratungsleistungen und in welcher Form der Beklagte etwa während der Dauer des Kreditantragsverfahrens vom August 2001 bis zur Darlehenszusage im August 2002 erbracht hat. Für diesen rund ein Jahr umfassenden Zeitraum hätte die Klägerin darlegen müssen, welche Aktivitäten ihr gegenüber der Beklagte entfaltet hat. Solche Darlegungen fehlen. Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass der Beklagte nach dem Erstellen der Übersicht seine Beratungstätigkeit ihr gegenüber eingestellt hätte. Demzufolge kann weder eine falsche Beratung der Klägerin festgestellt werden, noch die Schadenskausalität einer etwa in der Übersicht vom 20.08.2001 liegenden fehlerhaften Beratung.
Es mag auch durchaus sein, dass die Übersicht lediglich einen groben Überblick geben sollte und dies nach dem damaligen Entwicklungsstand des Projekts ausreichend zutreffend tat.
c)
Ein Teil der von der Klägerin gerügten Unrichtigkeit der Übersicht beruht auf der Nichteinbeziehung der Flächen von Balkonen und Terrassen. Dies ist aber aus der Spalte „Balkon Terrassen“ ohne weiteres ersichtlich, weil dort die entsprechenden Flächen in Klammern ausgewiesen und in der Zeilenquersumme nicht enthalten sind.
Soweit die Klägerin dem Beklagten die ungeprüfte Übernahme von Flächenangaben des Architekten vorwirft, ist ebenfalls keine Verletzung des Projektsteuerungsvertrages festzustellen. Die dort vereinbarten Mitwirkungs- und Kontrollpflichten, insbesondere aus Ziffer 4.2.3., sind nicht so auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass der Beklagte die Flächenerrechnung des Architekten hätte im Einzelnen nachrechnen müssen (so jedoch Schriftsatz der Klägerin vom 21.04.2010, Seite 13). Diese Berechnungen erfolgten computergestützt aus dem Zeichenprogramm heraus. Die richtige Funktionsweise des Programms musste der Beklagte ohne einen konkreten Anfangsverdacht nicht anzweifeln. Für einen solchen Anfangsverdacht ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Soweit die Klägerin dem Beklagten vorwirft, in seiner Übersicht von einer 100%- Vermietung ohne Leerstände ausgegangen zu sein, kann ebenfalls keine Pflichtverletzung des Beklagten festgestellt werden. Zum einen war dieser Ansatz ohne weiteres aus der Übersicht ersichtlich. Zum anderen lag diese Fragestellung entgegen der Ansicht der Klägerin (zuletzt im Schriftsatz vom 25.06.2010, Seite 3) auf dem Gebiet der Wirtschaftsberatung durch E. & Y., an der der Beklagte nur mitwirken sollte (Ziffer 4.1.1. und 4.1.2. des Vertrags). Ob die Kalkulation einer Vollvermietung mit dem betriebswirtschaftlichen Vorsichtsprinzip (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) vorliegend vereinbar war, hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu klären. Dazu war sie jedenfalls durch die Informationen aus der Übersicht des Beklagten in Stand gesetzt.
2. Keine Entbehrlichkeit der Aufforderung zur Mangelbeseitigung
Entgegen der Ansicht des Landgerichts und der Klägerin war eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung nach § 634 Abs. 2 BGB a.F. nicht entbehrlich. Die Einreichung der Übersicht vom 20.08.2001 bei der Landesbank in K. steht dem nicht entgegen. Vielmehr ist aus dem Zeitraum von der Einreichung des Kreditantrags bis zu seiner Bewilligung auf ein langes Prüfungsverfahren mit vielen Rückfragen der Bank zu schließen. Im Laufe dieses Kreditantragsverfahrens hätten ohne weiteres neue Flächenberechnungen eingeführt werden können. Auch nach Abschluss des Darlehensvertrages hätten der Landesbank in Kiel noch neue „Zahlen“ vorgelegt werden können. Selbst nach dem Erkennen der höheren Kosten und niedrigeren Erlöse Anfang 2003 hätte der Beklagte noch Einsparungsmöglichkeiten und Handlungsvarianten ausarbeiten können und müssen. Dies entspricht auch Ziffer 3.5 des Vertrages. Demzufolge besteht keine Schadensersatzpflicht nach § 635 BGB a.F. .
3.
Da hiernach keine Schadensersatzpflicht des Beklagten dem Grunde nach festgestellt werden kann (§ 635 BGB a.F., pVV), ist die Klage schon allein deshalb gegen ihn abzuweisen.
Es kommt nicht mehr auf die Frage an, ob die von der Klägerin vorgenommenen Projektänderungen (vgl. ihr Schreiben vom 10.07.2002, Anlage BB8) die Kausalität einer Falschberatung durch den Beklagten unterbrochen haben, ob ein Mitverschulden der Klägerin vorliegt und ob die vom Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit Honoraransprüchen berechtigt war.
III.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Da nach dem soeben Ausgeführten keine zum Schadenersatz verpflichtende Pflichtverletzung des Beklagten vorliegt, bzw. die Kausalität des Schadens infolge der nach dem 20.08.2001 weitergeführten Projektarbeit nicht mehr der Übersicht vom 20.08.2001 zugeordnet werden kann, besteht schon dem Grunde nach kein Anspruch der Klägerin. Deshalb kann die Berufung keinen Erfolg damit haben, weitere Schadenspositionen über das Ersturteil hinaus durchzusetzen.
Darüber hinaus ist auch kein Rechtsgrund ersichtlich, der den Beklagten zur Rückzahlung des an den früheren Beklagten zu 3) gezahlten Honorars in Höhe von 73.715,68 € verpflichten würde.
IV.
Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 91, 97, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung.
Streitwert: §§ 63 Abs. 2, 45, 47, 48 GKG.