18.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123164
Vergabekammer Nordbayern: Beschluss vom 03.08.2012 – 21 VK-3194 12/12
Der Rechtsweg nach § 104 Abs. 2, S. 1 GWB ist vorliegend nicht gegeben, weil die auf die urheberrechtlichen Vorschriften gestützten "sonstigen Ansprüche" der ASt nicht auf "die Vor-nahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren" gerichtet sind.
Vergabekammer Nordbayern
Regierung von Mittelfranken
Beschluss vom 03.08.2012
Az.: 21.VK - 3194 - 12/12
Antragstellerin: …
Bevollmächtigte:
…
( Antragstellerin - ASt )
Vergabestelle: …
( Vergabestelle - VSt )
Beigeladene: …
( Beigeladene - BGl )
Vergabeverfahren: …
hier: Architektenleistung
Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb nach § 3 EG Abs. 1 VOF
Die Vergabekammer Nordbayern bei der Regierung von Mittelfranken erlässt auf die mündliche Verhandlung vom 03.08.2012 durch die Vorsitzende …, den hauptamtlichen Beisitzer … und den ehrenamtlichen Beisitzer … folgenden
B e s c h l u s s :
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle.
3. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.
4. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt x.xxx,- €.
Auslagen sind nicht angefallen.
S a c h v e r h a l t :
1.
Die VSt schrieb im EU-Amtsblatt vom xx.xx.xxxx die Architektenleistung für … im Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb aus.
Nach der Bekanntmachung sind f ür die Architektenleistung (Objektplanung) folgende Kriterien zu berücksichtigen:
- Erhaltung, Erneuerung und Ergänzung der vorhandenen Bausubstanz,
- Funktionalität,
- Wirtschaftlichkeit,
- Unterhaltskosten,
- Brandschutz,
- energetische Optimierung,
- optische Aufwertung,
- Barrierefreiheit,
- Sanierung bei laufendem …betrieb.
Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs wurden die ASt und die BGl sowie drei weitere Teilnehmer des Teilnahmewettbewerbs mit Schreiben des durch die VSt beauftragten Projektbüros vom 10.04.2012 zur Angebotspräsentation eingeladen. Zur Vorbereitung auf den jeweiligen Präsentationstermin am 14.05.2012 legte die VSt dem Schreiben eine Kostenberechnung nach Kostengruppen, eine Kostenberechnung nach Gewerken, Grundrisse, Ansichten, Schnitte und einen Lageplan sowie einen Maßnahmeplan ohne Kosten bei.
Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass bei der Vorstellung keine Details oder ausgearbeitete Lösungsvorschläge gefordert sind. Aus dem Schreiben ergibt sich weiterhin, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen soll.
Als maßgebende Kriterien sind in dem Schreiben festgelegt:
1. Umsetzung der Fachkunde und Entwurfsqualität
bezogen auf die gestellt Aufgabe 20 Punkte
2. Projektabwicklung/ Organisation 10 Punkte
3. Qualitätssicherung/ Dokumentation 10 Punkte
4. Methode der Kostensteuerung 20 Punkte
5. Methode der Terminsteuerung 20 Punkte
6. Verfügbarkeit und Präsens 10 Punkte
7. Gesamteindruck 30 Punkte
8. Honorar 40 Punkte
Von den Bietern können hiernach insgesamt 160 Punkte erreicht werden.
Im beigelegten Maßnahmeplan heißt es zur Fassade:
Betonfassade
Die Sichtbetonfassade des Nebenbauwerks ist stark verwittert, teilweise ist die Bewehrung freigelegt und korrodiert, wodurch es zu Abplatzungen ganzer Betonbrocken kommt. Es besteht die Gefährdung durch herab fallende Fassadenstücke bis hin zum Abbrechen ganzer Bauteile. Im Bereich der hinterlüfteten Natursteinfassade müssen die Aufhängungen geprüft werden, da durch die Wasser- und Frostbeeinflussung Korrosionsschäden auftreten können.
Maßnahme: Durchführung einer Betonsanierung und Dämmung der Fassade
In der beigelegten Kostenberechnung nach Gewerken ist in Titel 8.4 unter 8.4.4 der Abbau der hinterlüfteten Natursteinfassade und unter 8.4.5 die Betonsanierung benannt. Im Titel 8.5. ist ein Wärmedämmverbundsystem benannt.
In der beigelegten Kostenschätzung nach DIN 276-1 2006 ist in Kostengruppe 335 "Außenwandbekleidung, außen" ebenfalls der Abbau der hinterlüfteten Natursteinfassade und eine Fassaden- Wärmedämmung benannt.
2.
Im Verhandlungsgespräch vom 14.05.2012 stellt die ASt ihr Handout vor. Im Handout wirft die ASt auf Seite 23 die Frage nach der Innendämmung auf und stellt die Möglichkeit einer Kern- und/oder Innendämmung nach dem EnEV Standard 2009/ 2012 auf Seite 33 des Handouts fest. Anhand eines Beispielobjektes ist auf Seite 29 die Innendämmung der Wärmedämmung außen hinsichtlich der Kosten gegenübergestellt.
3.
Das Handout der BGl aus dem Verhandlungsgespräch vom 14.05.2012 stellt ebenfalls die Kosten verschiedener Maßnahmen betreffend die Fassade gegenüber. Es unterscheidet zwischen dem Erhalt des Naturwerksteines und dem Abbruch des Naturwerksteines, sowie einer Innen- und einer Außendämmung.
4.
Ausweislich des Vergabevermerks vom 18.05.2012 wurde die ASt als fachlich geeignet eingestuft. Hinsichtlich der bekannt gemachten Kriterien erreicht die ASt ausweislich des Vergabevermerks 136,2 Punkte. Die BGl erreicht 145,9 Punkte. Zwei andere Bieter haben jeweils eine niedrigere Punktzahl erreicht.
5.
Mit Schreiben vom 30.05.2012 teilte die VSt der ASt mit, dass beabsichtigt ist, den Zuschlag frühestens am 11.06.2012 an die BGl zu erteilen. Weiterhin teilte die VSt der ASt die Punkteergebnisse der einzelnen Wertungskriterien sowie die nach dem Verhandlungsgespräch erreichte Gesamtpunktzahl der ASt und der BGl mit. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die ASt den Rang 2 von 4 Bewerbern eingenommen hat. Zu den einzelnen Kriterien wurden kurze Erläuterungen gegeben. Hinsichtlich Punkt 1. "Umsetzung der Fachkunde und Entwurfsqualität bezogen auf die gestellte Aufgabe" ist u.a. vermerkt:
° Dem Erstplazierten gelang es noch besser auf die gestellte Aufgabe einzugehen und insbesondere konkrete Lösungsansätze zu bieten
6.
Die … (ASt) trägt mit Fax vom 02.06.2012 vor, dass sie die Wertung zum Kriterium 1 "Umsetzung der Fachkunde und Entwurfsqualität bezogen auf die gestellte Aufgabe" nicht nachvollziehen könne. Die … habe den behutsamsten und kostengünstigsten Eingriff in den Bestand vorgeschlagen. § 3 Abs. 4a VOF 2009 sei nicht berücksichtigt worden. Die … sei Zeitzeugnis und unterliege als Werk der Baukunst dem Urheberrecht. Das Urheberrecht sei im Jahre 19xx vertraglich geregelt worden. Die … sei aus diesem Grunde vor Änderungen an dem Bauwerk einzubinden.
7.
Am 08.06.2012 stellen die Bevollmächtigten der ASt Antrag auf
Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 107 ff. GWB
und beantragen im Weiteren:
1. Die VSt zu verpflichten, den Zuschlag der Antragstellerin zu erteilen;
2. Der ASt Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren;
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der ASt gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
4. Der VSt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der ASt aufzuerlegen.
Die ASt sei in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt.
Die ASt habe mit Schreiben vom 02.06.2012 rechtzeitig nach rechtlicher Erstberatung gerügt.
Die ASt, bzw. die Inhaber der … GbR, seien Inhaber eines Urheberrechts an der zu sanierenden …. Durch die ausgeschriebene Generalsanierung werde dieses Urheberrecht beeinträchtigt.
Hierzu ist dem Schreiben eine Kopie des Architektenvertrages zwischen Herrn X und der … aus dem Jahr 19xx beigelegt. Dieser regelt für den Neubau der … in …:
§ 12
Urheberrecht
Dem Architekten verbleibt das Urheberrecht an seinen Zeichnungen und an dem Werk, das nach den Zeichnungen und Angaben des Architekten ausgeführt wird. Diese dürfen ohne Einverständnis des Architekten weder benutzt noch Dritten zur Benutzung zugänglich gemacht werden.
Weiterhin verweist die ASt auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 2005 (Beschluss vom 21.02.2005, Verg 91/04). Hiernach habe die VSt im Rahmen der Eignungsprüfung zu überprüfen, ob der Bieter rechtlich in der Lage sei, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen. Insbesondere sei hier auch ein Urheberrecht zu prüfen. Alle Bieter denen kein Urheberrecht zusteht hätten ausgeschlossen werden müssen.
Auf den weiteren Vortrag im Antragschriftsatz wird verwiesen.
8.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am 11.06.2012 der VSt zugestellt und um Zusendung der Vergabeakten und Äußerung gebeten.
9.
Die VSt hat die Vergabeakte vorgelegt. In Ihrer Stellungnahme vom 18.06.2012 stellt sie hinsichtlich der Kenntnis der vermeintlichen Verstöße auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 25.01.2012 ab.
Auch weist sie darauf hin, dass Herr X im Jahre 20xx verstorben sei, die … GbR allenfalls im Interesse der Erben auftreten könne. Urheberrechtsinteressen seien zum einen bereits deshalb nicht verletzt, weil Herr X diese im Jahre 20xx in Bezug auf eine andere Umbaumaßnahme an der … auf Anfrage nicht als verletzt ansah. Zum andern sei die … als normales Bauwerk seiner Zeit schon nicht urheberrechtsschutzfähig. Schließlich müsse auch ein Urheber im Rahmen des Einzelfalls mit Veränderungen an seinem Bauwerk rechnen. Das Erhaltungsinteresse habe gerade im Falle geringer individueller Schöpfungshöhe hinter dem Gebrauchs- und Veränderungsinteresse des Eigentümers zurückzustehen. Das Modernisierungsinteresse sowie die Einhaltung der geforderten Sicherheitsstandards sei gerade bei alten …gebäuden den geschmacklichen Interessen eines Urhebers vorrangig.
10.
Mit Schreiben vom 21.06.2012 bekräftigte die ASt, dass sie die Rüge rechtzeitig erhoben habe. Eine Rüge zum Zeitpunkt der Bekanntmachung sei nicht möglich gewesen. Erst das Ergebnis des Verhandlungsverfahrens habe ergeben, dass eine mögliche schonende Lösung, bei der das Urheberrecht der ASt nicht beeinträchtigt worden wäre, nicht gefunden worden sei. Dies sei durch das Angebot der ASt belegt.
Inhaber des Urheberrechts seien die beiden Gesellschafter der … GbR, Herr X1 und Herr X2, sowie X3. X3 habe den beiden Gesellschaftern hinsichtlich der Ausübung urheberrechtlicher Unterlassungsansprüche Ermächtigung erteilt. Dem Schreiben der ASt liegt eine notarielle "Teil-Erbauseinandersetzung und Vermächtniserfüllung" vom xx.xx.xxxx bei, die unter Ziffer III. "Vermächtniserfüllung" die Übertragung sämtlicher Urheberrechte des Erblassers X im Ganzen von Frau … auf ihre Kinder X3, X1 und X2 festlegt.
Die … sei als Werk der Baukunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG einzustufen. Das Bauwerk würde im aktuellen Zustand aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragen und über eine ausgesprochen hohe schöpferischen Individualität und künstlerische Qualität verfügen. Herr X sei als Sieger des seinerzeitigen Wettbewerbs hervorgegangen und habe sich zwar mit seiner klaren Formsprache und dem kubischen Baukörper an seinem Lehrmeister orientiert, bei der Verwendung von Beton und der Ausgestaltung der Natursteinfassade aber eigene Gestaltungsmöglichkeiten entdeckt. Einige seiner Werke seien unter Denkmalschutz gestellt.
Schließlich würde durch die Bezuschlagung der BGl der Charakter der Fassadengestaltung verändert und somit das Urheberrecht beeinträchtigt. Die Planungsdarstellung des Angebotes der BGl beweise, dass das Werk des Herrn X nach der Sanierung nicht mehr wieder zu erkennen sei.
Das Interesse des Urheberrechtsinhabers überwiege weit das Interesse des Eigentümers an der Veränderung des Werkes. Die große Schöpfungsh öhe sowie der starke Umfang des Eingriffs, hier die energetische Sanierung auf der Außenseite des …gebäudes trotz möglicher Sanierung im Innenbereich, würden eine erhebliche Verletzung des Urheberrechts darstellen.
Die VSt hätte im Rahmen der Eignungsprüfung die BGl ausschließen müssen, sobald festgestanden sei, dass der Zuschlag auf einen Entwurf fallen würde, der das Urheberrecht verletze.
Der Vorschlag der ASt verletze das Urheberrecht aufgrund der geplanten Innendämmung hingegen nicht.
11.
Die Vergabekammer hat am 27.06.2012 die … zum Verfahren beigeladen.
12.
Mit Schreiben vom 03.07.2012 schließt sich die BGl den Ausführungen der VSt zum Urheberrecht an. Sie betont, dass die BGl drei alternative Handlungsvorschläge zur Fassadensanierung aufgezeigt habe.
13.
Mit Schreiben vom 04.07.2012 bittet die Kammer die ASt um Klarstellung auf welche konkreten Unterlagen die drohende Verletzung des Urheberrechts gestützt wird. Mit Schreiben vom gleichen Tag bittet die Kammer die VSt um Vorlage der Unterlagen aus der Vorplanung der VSt und um Vorlage der Unterlagen der ASt und der BGl aus dem Verhandlungsverfahren.
14.
Mit Schreiben vom 28.06.2012, eingegangen per Email am 06.07.2012, legt die VSt den Maßnahmekatalog zur Generalssanierung der … vor, der mit Schreiben vom 10.04.2012 an die Bieter ausgereicht wurde. Weiterhin legt sie die Kostenberechnung nach Gewerken aus ihrer Vorplanung, die drei alternativen Handlungsvorschläge der BGl zur Fassade sowie Auszüge aus dem Handout der ASt zur Fassadendämmung vor.
Unter Bezug auf die alternativen Maßnahmevorschläge der BGl und der Kostenermittlung trägt die VSt vor, dass eine Festlegung bezüglich der Außendämmung weder seitens der BGl noch seitens der VSt erfolgt sei. Zwar sprächen viele Argumente für eine Außendämmung. Insbesondere könnten hierdurch die vorhandenen Schäden überdeckt werden. Jedoch sei selbst im Falle einer Außendämmung nicht von einer Urheberrechtsverletzung auszugehen. Auch die ASt habe sich mit der Alternative der Außendämmung befasst.
Nicht jede Außendämmung verletzte das Urheberrecht. Vielmehr seien fremde Urheberrechte in der zu fertigenden Planung zu berücksichtigen. Dass der BGl die Eignung bzw. die Leistungsfähigkeit für eine Planung fehlen würde, weil ihr kein Urheberrecht zustehe, sei somit nicht richtig.
Die VSt beantragt eine Entscheidung nach Lage der Akten.
Auf die weiteren Einlassungen im Schriftsatz wird verwiesen.
15.
Mit Schreiben vom 09.07.2012 trägt die ASt vor, dass die Wertung des Kriterium 1. "Umsetzung der Fachkunde und Entwurfsqualität bezogen auf die gestellte Aufgabe" den gestellten Anforderungen nicht entspräche. Soweit es der BGl zum Vorteil gereiche, dass sie konkrete Lösungsansätze geboten habe, sei dies fehlerhaft, da gerade keine ausgearbeiteten Lösungsansätze gefordert gewesen seien.
Hinsichtlich der Planungen der BGl weist die ASt auf die Homepage der BGl bzgl. dessen Referenzobjekte hin. Hierauf stütze die ASt den Beweis, dass die BGl auch für die … eine Veränderung der Fassade plane, die mit einer Verletzung des Urheberrechts verbunden sei. Auch die Vorplanungen der VSt würden bereits festlegen, dass die Natursteinfassade zurückgebaut werden und durch Faserzementplatten ersetzt werden sollen.
Aufgrund dieser Planungen sei ein Kontrahierungszwang mit dem Inhaber des Urheberrechts gegeben. Auf die Ausführungen im Schriftsatz wird ergänzend verwiesen.
16.
Mit Schreiben vom 09.07.2012 verlängert die Kammer die Fünf-Wochen Frist des § 110 Abs. 1 Satz 1 GWB aufgrund besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten bis einschließlich 10.08.2012.
17.
Unter Wahrung des Geheimschutzes nach § 111 GWB hat die Vergabekammer der ASt am 26.07.2012 Auszüge aus der Vergabeakte übersandt.
18.
In der mündlichen Verhandlung am 03.08.2012 hatten die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern. Auf das diesbezügliche Protokoll wird verwiesen.
Die ASt bleibt bei ihrem schriftsätzlich vorgetragenen Anträgen vom 08.06.2012. Die VSt beantragt die Ablehnung des Antrags.
B e g r ü n d u n g:
1.
Die Zulässigkeit des Antrags kann jedenfalls hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Rüge offen bleiben, da der Rechtsweg hinsichtlich der Prüfung einer Urheberrechtverletzung schon nicht eröffnet ist und der Antrag im Übrigen jedenfalls unbegründet ist.
a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.
b) Bei der ausgeschriebenen Planungsleistung handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 GWB.
c) Die VSt ist öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB.
d) Der Schwellenwert ist überschritten ( § 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 2 VgV ).
e) Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt ( § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB ).
f) Die ASt hat als beteiligte Bieterin ein Interesse am Auftrag und schlüssig dargetan, dass ihr durch die behauptete Rechtsverletzung ein Schaden entsteht bzw. zu entstehen droht ( § 107 Abs. 2 GWB ).
g) Ob die ASt ist ihrer Rügeobliegenheit rechtzeitig nachgekommen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Sie hat am 02.06.2012 die Verletzung ihres Urheberrechts geltend gemacht, nachdem am 30.05.2012 die VSt ihre Zuschlagsabsicht mitgeteilt hat. Ob eine Rüge bereits zu einem früheren Zeitpunkt - mit Bekanntmachung der EU-Ausschreibung, bzw. mit Einladung zum Verhandlungsverfahren - hätte erfolgen müssen, kann dahinstehen, da der Rechtsweg hinsichtlich der Prüfung einer Urheberrechtsverletzung schon nicht eröffnet ist und der Antrag im Übrigen unbegründet ist. Es kann mithin bezweifelt werden, dass der ASt gerade durch das Informationsschreiben nach § 101 a GWB vom 30.05.2012 zusätzliche Erkenntnisse über vermeintliche Vergaberechtsverstöße betreffend das Urheberrecht erlangt hat, welche er zuvor nicht gehabt hat und daher nicht schon zuvor hätte rügen können.
2.
Der Rechtsweg zur Vergabekammer ist nicht eröffnet, soweit sich die ASt auf die Verletzung von Urheberrechten beruft.
Der Rechtsweg nach § 104 Abs. 2, S. 1 GWB ist vorliegend nicht gegeben, weil die auf die urheberrechtlichen Vorschriften gest ützten "sonstigen Ansprüche" der ASt nicht auf "die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren" gerichtet sind.
Der von der ASt behauptete Verstoß gegen urheberrechtliche Vorschriften kann sich in sachlicher und zeitlicher Hinsicht nur nach Vertragsschluss und somit nach Beendigung des Vergabeverfahrens auswirken. Die urheberrechtlichen Vorschriften würden es der ASt ggf. ermöglichen, die Dienstleistung bzw. die Sanierung zu untersagen. Dies setzt aber einen bereits geschlossenen Vertrag zwischen BGl und VSt sowie eine konkrete Planung voraus. Die durch die urheberrechtlichen Normen hervorgerufenen Rechtsfolgen liegen somit jenseits des eigentlichen Vergabeverfahrens. Sie finden erst nach dessen Abschluss statt. Deswegen können evtl. Ansprüche daraus nicht auf Handlungen im Vergabeverfahren abzielen. Die Verletzung urheberechtlicher Vorschriften ist vor den ordentlichen Gerichten zu rügen und ggf. festzustellen (vgl. VK Südbayern in ihrem Beschluss vom 19.10.2004, Az. 120.0-3194-1-60-08/04 zur Prüfung von Patentrechten der ASt im Vergabeverfahren).
Dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 21.02.2005; Verg 91/04) folgt die Kammer nicht, da diese Rechtsprechung vorliegend nicht einschlägig ist. Eine rechtliche Leistungsfähigkeit der BGl ist vorliegend schon deshalb nicht Prüfungsgegenstand der Kammer, weil sich evtl. urheberrechtliche Unterlassungsansprüche der ASt nicht gegen die BGl als Dienstleister, sondern allenfalls gegen die VSt als Bauherr richten können.
Seitens der VSt ist jedoch noch gar nicht festgelegt, wie die zu erstellende Planung auszusehen hat. Es fehlt somit zum jetzigen Zeitpunkt an einer überprüfbaren Planung.
Die Festlegung des Leistungsgegenstandes obliegt ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber (Webeler in: jurisPK-VergR, 3. Aufl. 2011, § 3 VOF 2009, Rn 30). Der seitens der VSt ausgeschriebene Leistungsgegenstand ist vorliegend die Planungsleistung für die Generalsanierung der …. Eine Festlegung hinsichtlich einer bestimmten Planung insbesondere hinsichtlich der Außenfassade, bzw. hinsichtlich der Dämmweise erfolgt seitens der VSt nicht. Auch hinsichtlich der Kostenschätzungen, welche im Vorfeld eines VOF-Verfahrens zu tätigen waren und zu Beginn des Verhandlungsverfahrens ausgereicht wurden sieht die Kammer keine Festlegung zu einer bestimmten Planung. Da eine bestimmte Planung jedoch nicht gefordert ist, ist es grds. jedem Bieter möglich Planungen zu erstellen, die evtl. vorhandenen Schutzrechten an dem Bauwerk nicht entgegenstehen.
3.
Der Antrag ist im Übrigen unbegründet.
Die ASt ist in ihrem Anspruch auf Einhaltung der Vergaberegeln aus § 97 Abs. 7 GWB nicht verletzt.
Es können keine Fehler bei der Wertung durch die VSt festgestellt werden.
Die ASt trägt vor, dass die Wertung des Kriteriums 1 "Umsetzung der Fachkunde und Entwurfqualität bezogen auf die gestellte Aufgabe" nicht den gestellten Anforderungen entspräche. Im Informationsschreiben vom 30.05.2012 sei ihr mitgeteilt worden, dass die BGl "insbesondere konkrete Lösungsansätze" geboten habe. Diese Wertung sei fehlerhaft, weil laut der Einladung zum Verhandlungsverfahren gerade "keine ausgearbeiteten Lösungsvorschläge" gefordert gewesen seien.
Der Auftraggeber ist gem. § 11 Abs. 4 VOF verpflichtet, in der Aufgabenbeschreibung alle Zuschlagskriterien anzugeben, die er anzuwenden gedenkt. Es ist ihm verwehrt, die Vergabeentscheidung auf nicht bekannt gegebene Kriterien zu stützen (Müller-Wrede, Kommentar zur VOF, 4. Auflage, § 11, Rn 33). Vorliegend hat die VSt die Zuschlagskriterien in Ihrem Schreiben vom 10.04.2012 an die Bieter bekannt gegeben. An diese bekannt gegebenen Kriterien hat sich die VSt im Rahmen der Wertung auch gehalten.
Entgegen der Vermutung der ASt ist mit der Feststellung, die BGl habe "insbesondere konkrete Lösungsansätze" geboten, nicht gemeint, dass diese bereits im Verhandlungsverfahren ausgearbeitete Lösungsvorschläge vorgelegt hat, welche ihr in der Wertung zum Vorteil gereicht haben. Ausweislich der Bewertungsbögen der drei Juroren ist hiermit vielmehr die konkrete und differenzierte Auseinandersetzung mit der Vorplanungen des Büros …, welche die VSt allen Bietern zum Verhandlungsverfahren ausgereicht hatte, gemeint. Eine solche Auseinandersetzung mit der Vorplanung, insbesondere ob es sich um eine gute Grundlage handelt oder das Erfordernis der Verbesserung der Planung besteht, war in den vorgegebenen Zuschlagskriterien gerade gefordert. Der Wortlaut "konkrete Lösungsansätze" lässt auch nicht zwingend auf die Vorlage und Bewertung bereits ausgearbeiteter Lösungsvorschläge schließen.
Eine Wertungsfehler kann nicht festgestellt werden, so dass der Antrag abzulehnen war.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 GWB.
a) Die ASt hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der VSt zu tragen, weil sie unterlegen ist ( § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB ).
b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der VSt ergibt sich aus § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB.
c) Die BGl trägt ihre Aufwendungen selbst. Sie hat keine Sachanträge gestellt und damit kein Kostenrisiko aus sich genommen. Eine Kostenerstattung durch andere Beteiligte kommt daher im Umkehrschluss ebenfalls nicht in Betracht.
d) Die Gebühr war nach § 128 Abs. 2 GWB festzusetzen.
Unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich aus der Bruttoangebotssumme der ASt entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von x.xxx- €.
f) Die Gebühr wird mit dem geleisteten Kostenvorschuss von 2.500,- € verrechnet.
Die Kostenrechnung für den Restbetrag in Höhe von xxx,- € wird nachgereicht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g: