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  • 24.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130242

    Landgericht Hannover: Urteil vom 28.11.2012 – 14 O 8/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Hannover
    Geschäfts-Nr.: 14 O 8/12
    Verkündet am: 28. November 2012

    Im Namen des Volkes!
    Urteil
    In dem Rechtsstreit XXX

    hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2012 durch
    XXX
    für R e c h t erkannt:
    Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.
    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar wegen der Kosten der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
    Streitwert: bis zum 7. September 2012: 7.235,20 €; danach: 56.681,73 €.
    Tatbestand:
    Die Parteien streiten um Architektenhonorar.
    Sie schlossen am 8./27. Oktober 2009 einen Architektenvertrag über den Neubau einer Fachmarktanlage in der xxx in xxx. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrags wird auf die Anlage K 1, Bl. 8 ff. d. A. Bezug genommen. Dem Vertrag zugrunde lag ein Honorarangebot der Kläger vom 8. September 2009, das eine Angebotssumme von netto pauschal für die Leistungsphasen 1 bis 4 von 22.000,00 € „nach alter HOAI“ auswies (vgl. Anlage K 2, Bl. 13 d. A.). Die weiteren Leistungsphasen 5 bis 8 gem. § 33 HOAI boten die Kläger mit Honorarangebot vom 5. Oktober 2009 zur Angebotssumme von netto pauschal 62.000,00 € „nach alter HOAI“ an (vgl. Anlage K 3, Bl. 15 d. A.). Mit Schreiben vom 24. Februar 2010 gab die Beklagte „die Leistungsphasen 3 und 4 der HOAI frei“ (Anlage K 4, Bl. 16 d. A.) und beauftragte überdies mit E-Mail vom 13. Juli 2010 die Kläger „absprachegemäß mit der unverzüglichen Durchführung der Phase 5“ (Anlage K 5, Bl. 17 d. A.). Mit E-Mail vom 28. September 2010 offerierten die Kläger der Beklagten „einen zusätzlichen Nachlass von 40 % auf die Leistungsphasen 6 bis 8, also 17.320,00 € netto“ (Anlage K 6, Bl. 18 d. A.). Mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 beauftragte die Beklagte die Kläger mit den „Leistungsphasen 6 bis 8 der HOAI zu einem Preis von 26.500,00 € netto incl. 2 % Nebenkosten“ (Anlage K 7, Bl. 19 d. A.). Mit E-Mail vom 25. November 2010 beauftragte die Beklagte überdies die Kläger mit der Leistungsphase 8 unter Bezugnahme auf eine „gegenüber xxx abgegebene handschriftliche Definition vom 24.11.2010“ zu einem „vereinbarten Pauschalpreis“ von 17.320,00 € netto (Anlage K 9, Bl. 22 d. A.). Dies bestätigten wiederum die Kläger mit Schreiben vom 29. November 2010 (Anlage K 10, Bl. 23 d. A.).
    Nachdem die Kläger Leistungen erbracht hatten, rechneten sie am 12. September 2011 die Leistungsphasen 1 bis 5 mit noch offenen 2.094,40 € ab (Anlage K 11, Bl. 24 d. A.). Die Leistungsphase 8 wurde darüber hinaus mit weiteren 5.140,80 € mit gesonderter Rechnung vom selben Tag abgerechnet (Anlage K 12, Bl. 25 d. A.). Aus der Summe dieser Forderungen wurde zunächst die Klageforderung gebildet (vgl. Klageschrift vom 9. Januar 2012, Bl. 2 und 5 unten d. A.).
    Mit Schriftsatz vom 19. April 2012 legten die Kläger dann eine neue Schlussrechnung vom 16. April 2012 vor (Anlage K 20, Bl. 142 ff. d. A.), nach der sich die Kläger einen offenen Restbetrag von 56.681,73 € errechneten (Bl. 143 d. A.). Dabei setzten sie im Rahmen der Kostenberechnung anrechenbare Kosten von 1.810.000,00 € netto an (Bl. 144 d. A.). Zur Erläuterung bezogen sich die Kläger u. a. „auf Erfahrungswerte früherer Bauvorhaben“ (Bl. 145 d. A.). Mit Schriftsatz vom 6. September 2012 haben die Kläger den in der Schlussrechnung vom 16. April 2012 errechneten Betrag als Klageforderung geltend gemacht (Bl. 193 d. A.).
    Die Kläger behaupten, sämtliche Leistungen, die von ihnen abgerechnet worden sind, auch erbracht zu haben. Ihre Leistungen seien mangelfrei. Sie sind der Ansicht, die Honorarschlussrechnung sei nachvollziehbar und insgesamt prüffähig. Das betreffe insbesondere die in Bezug genommenen Erfahrungswerte früherer Bauvorhaben. Diese ergäben sich aus Kennwerten eines in vergleichbarer Größenordnung errichteten Objekts „Neubau eines Fachmarktzentrums in Hannover“ an der xxx unter Ansatz der bei diesem Objekt tatsächlich entstandenen Baukosten. Die Kostenberechnung bei den Kostengruppen 300 und 400 in der Schlussrechnung vom 16. April 2010 habe den von der Klägerin eingeholten GU-Angeboten verschiedener Firmen entsprochen (vgl. dazu im nachgelassenen Schriftsatz vom 11. Oktober 2012, Bl. 213 ff. d. A.).
    Die Kläger beantragen,
    die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 56.681,73 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 7.235,20 € seit dem 28. September 2011 und zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf weitere 49.446,53 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
    die Beklagten weiter zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger weitere 661,16 € (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Sie hält die von den Klägern vorgelegte Schlussrechnung vom 16. April 2012 für nicht prüfbar (Bl. 165 d. A.). Auch die vorangehende Honorarabrechnung, die zunächst der Klage zugrunde gelegt worden ist, sei nicht transparent gewesen (Bl. 56 d. A.). Die Forderung der Kläger sei damit nicht fällig. Ferner ist die Beklagte der Ansicht, dass die Änderung der Schlussrechnung durch die Kläger eine unzulässige Rechtsausübung i. S. des § 242 BGB darstelle (Bl. 166 d. A.). Die Kläger hätten auch ihre Leistungen nicht vertragsgerecht erbracht. Die aufgetretenen Mängel der Architektenleistungen hätten sich auch schon im Bauwerk realisiert. Der Beklagten sei deshalb ein erheblicher Schaden entstanden. Hilfsweise rechnet die Beklagte mit dem ihr ihrer Ansicht nach zustehenden Schadensersatzanspruch gegenüber der Klageforderung auf (vgl. im Einzelnen Bl. 57 ff., 60 d. A. sowie Bl. 169 ff. d. A. und Bl. 210 ff. d. A.). Im nachgelassenen Schriftsatz vom 23. November 2012 trägt die Beklagte weiter vor, dass die von den Klägern angesetzten „Erfahrungswerte“ bei ihr nicht vorlägen. Die entsprechenden Referenzobjekte seien ihr nicht bekannt (Bl. 221 d. A.).
    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Hinweisverfügung der Kammer vom 13. Januar 2012 (Bl. 32 d. A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. September 2012 nebst den darin enthaltenen ausführlichen Hinweisen (Bl. 196-200 d. A.). Ferner wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
    Entscheidungsgründe:
    Die Klage war als derzeit unbegründet abzuweisen, weil der Klageanspruch zurzeit noch nicht fällig ist.
    1. Gemäß § 15 Abs. 1 HOAI 2009, die hier in Anbetracht des Vertragsschlusses im Oktober 2009 jedenfalls insoweit anzuwenden ist, als sie verbindliches Preisrecht enthält (worauf die Kammer bereits mit Verfügung vom 13. Januar 2012 hingewiesen hat, Bl. 32 d.A.) wird das Honorar fällig, soweit nichts anderes vertraglich vereinbart ist, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht ist und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist. Die Honorarrechnungen der Kläger sind nicht prüfbar.
    a) Die Anforderungen an die Prüffähigkeit der Schlussrechnung ergeben sich aus den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers - hier der Beklagten -, die Umfang und Differenzierung der für die Prüfbarkeit erforderlichen Angaben bestimmen und begrenzen. Die Anforderungen an die Prüfbarkeit hängen damit von den Umständen des Einzelfalls ab. Wesentlich ist dabei, dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu prüfen (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 - VII ZR 229/98, NJW 2000, 207). Das setzt wiederum die Kenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Umstände voraus, auf denen die Honorarberechnung beruht (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - VII ZR 189/97, NJW 1998, 3123). Damit muss die Rechnung die Angaben enthalten, die nach dem geschlossenen Vertrag und der HOAI objektiv unverzichtbar sind, um die sachliche und rechnerische Überprüfung des Honorars zu ermöglichen, wenn nicht die Rechnung auch ohnedies den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftraggebers genügen sollte (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 288/02, BauR 2004, 316).
    Als unverzichtbarer Bestandteil einer prüffähigen Rechnung ist damit grundsätzlich ein nachvollziehbarer Vortrag zu den anrechenbaren Kosten gem. § 4 HOAI erforderlich, weil von ihnen die Höhe des hier geltend gemachten Honorars insgesamt abhängt.
    b) An einem solchen Vortrag fehlt es aber. Die vorgelegten Schlussrechnungen und insbesondere die zuletzt streitbefangene vom 16. April 2012 lassen nicht erkennen, warum die Kläger anrechenbare Kosten von 1.810.000,00 € der Abrechnung zugrunde legen, wie in der Schlussrechnung vom 16.April 2012 angesetzt (vgl. dazu insbesondere Anlage 1 zu dieser Schlussrechnung, Bl. 144 d. A.). In der Begründung dazu wird auf die Kostengruppen 300 und 400 verwiesen, die zusammen 1.810.000,00 Euro netto ausmachen sollen, wovon wiederum 355.000,00 Euro auf die Kostengruppe 400 entfallen, der Rest auf die Kostengruppe 300 (vgl. Bl. 144 d. A.). In der Anlage 2 der Schlussrechnung heißt es weiter: „Die Kosten der Kostengruppe 400 beruhen auf Erfahrungswerten früherer Bauvorhaben“ (Bl. 145 d. A.). Das ist aus sich heraus nicht verständlich.
    Die Kläger haben im nachgelassenen Schriftsatz auf den insoweit auch erteilten Hinweis der Kammer (Protokoll vom 25. September 2012, Bl. 197 d. A.) zu den angesetzten „Erfahrungswerten“ näher vorgetragen (Bl. 213 ff. d.A.). Gleichwohl bleibt der Vortrag nicht nachvollziehbar. Die Kläger nehmen hier Bezug auf verschiedene Angebote der Firmen xxx, xxx und xxx aus den Jahren 2010, 2011 und 2012. Danach soll sich bei den dort genannten Angeboten jeweils ein Volumen in den Kostengruppen 300 und 400 von insgesamt 1.828.600,00 € bis 1.855.243,64 € ergeben haben (Anlage K 21, Bl. 216 d. A.). Was dies mit dem vorliegenden Bauvorhaben zu tun hat, erschließt sich der Kammer nicht. Wie die Kläger selbst ausführen, handelt es sich insoweit um ein anderes Bauvorhaben, bei dem nicht klar ist, ob es in irgendeiner Weise mit dem hier streitigen vergleichbar ist. Die Beklagte hat den entsprechenden Vortrag auch im Einzelnen bestritten und insbesondere darauf hingewiesen, dass die genannten Referenzobjekte ihr nicht näher bekannt seien. Das beträfe vor allem die Größe dieser Bauvorhaben und die Frage, ob die von den Klägern dort behaupteten Kosten der Kostengruppen überhaupt angefallen seien (Bl. 221 ff. d. A.). Jedenfalls verfüge die Beklagte nicht über die Erfahrungswerte, um die angesetzten anrechenbaren Kosten nach dieser Kostenberechnung nachprüfen zu können. Auch dies hat die Beklagte näher ausgeführt und sich deshalb auf die mangelnde Nachvollziehbarkeit der angesetzten anrechenbaren Kosten berufen (Bl. 223 ff. d. A.).
    Die Kammer teilt diese Einwände. Dass die Kläger ihren Vortrag zu den Kosten der KG 300 und 400 in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 unter Zeugenbeweis gestellt haben (Bl. 214 d.A.), ist unbeachtlich. Denn es bedarf keiner Klärung, ob die Kosten der gen. anderen Bauvorhaben in der angegebenen Höhe lagen. Auch dadurch ist nicht nachzuweisen, ob die anrechenbaren Kosten in dem hier streitbefangenen Objekt in der angesetzten Höhe gelegen haben. Der Verweis auf Drittobjekte ersetzt keine Ermittlung der anrechenbaren Kosten i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2009. Denn insoweit handelt es sich nicht um fachlich allgemein anerkannte Regeln der Technik oder Kostenvorschriften der Verwaltung auf der Grundlage ortsüblicher Preise. Es genügt auch nicht der Kostenermittlung unter Ansatz der DIN 276 (Dezember 2008).
    Diese Grundsätze sind hier umso mehr von Bedeutung, als die Auftragsgrundlage nicht in jeder Hinsicht durchsichtig ist und die Abrechnung sich der Höhe nach im Verlauf der Auseinandersetzung etwa verachtfacht hat.
    c) Der Klageforderung steht damit der Einwand mangelnder Fälligkeit entgegen, weshalb die Klage als zurzeit unbegründet abgewiesen werden muss, da die Mängel der Prüfbarkeit auch auf den Hinweis der Kammer nicht noch nachträglich beseitigt wurden (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Oktober 1994 - VII ZR 217/93, NJW 1995, 399).
    2. Inwieweit die Leistungen der Kläger vertragsgemäß erbracht wurden, bedarf damit hier keiner Aufklärung. Ebenso wenig war über die Gegenforderungen, mit denen die Beklagte hilfsweise aufrechnet, zu entscheiden.
    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.