29.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131634
Landgericht München I: Urteil vom 21.03.2013 – 11 O 17404/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LG München I
21.03.2013
11 O 17404/12
Tatbestand
I.) Unstreitiges
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und hat an einem VOF-Verfahren des Beklagten teilgenommen (Bl. 2).
Die Beklagte hatte nämlich ein Bauvorhaben in Unterhaching europaweit ausgeschrieben (K1).
Mit Schreiben vom 24.01.2012 ließ der Beklagte ankündigen, was von den Bietern im Verhandlungsverfahren erwartet werde (K3). Er gab die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekannt (K3, Seiten 1 bis 2). Hierzu zählten auch - mit je 15 % der Gewichtung -
eine "Ideenskizze Variante 1" und
eine "Ideenskizze Variante 2" (K 3 Seite 2 Mitte).
Beide waren jeweils verlangt als so genannte "städtebauliche Ideenskizze, Maßstab 1:500 oder 1:1000", "gern auch als Handskizze". Der Beklagte beschrieb dies hierbei näher als "Darstellung der Lage der neu zu errichtenden Baukörper in Bezug auf die Bestandsbebauung" (K 3 S.2).
Er verlangte
- eine "isometrische Darstellung der einzelnen Baukörper",
- eine "schematische Darstellung der vorgesehenen Bauphasen (= Darstellung der Bauabschnitte sowie gegebenenfalls erforderlichen Interimslösungen)", ferner eine
- " überschlägige Flächen-/Kubaturzusammenstellung (= grobe Darstellung, dass die einzelnen Baukörper die geforderten Flächen der jeweiligen Raumprogramme beinhalten)".
Der Beklagte hatte eingangs des Verhandlungsverfahrens mitgeteilt, dass er lediglich eine Aufwandsentschädigung zu bezahlen gedenke. Die Klagepartei hatte mitgeteilt (K11), sie weise darauf hin, "dass Planungsleistungen nach HOAI kein unentgeltlicher Teil des Verhandlungsgesprächs sein können".
Die Klägerin erhielt den Auftrag nicht.
Sie berechnete dem Beklagten in der Folgezeit 46.361,18 € an Honorar mit der Behauptung, in diesem Umfang unter der Geltung der Honorarzone IV Planungsleistungen der Phase 2 zu § 33 HOAI-Neu erbracht zu haben (Bl. 9/10 d.A.), wobei die Klägerin anrechenbare Kosten von 14.663.129,89 € (K9) zugrunde legte, die für sich genommen unbestritten sind. Von den 46.361,18 € brachte die Klägerin selbst in Abzug einen Betrag von 1.785,00 € brutto, den der Beklagte unstreitig als versprochene Aufwandsentschädigung bezahlt hat. Daraus ergibt sich die klägerische Hauptsacheforderung.
Der Klägerin sind vorgerichtliche Anwaltskosten entstanden.
II.) Die Klägerin bringt vor:
Die im Verhandlungsverfahren gestellte Aufgabe (K3), also Ideenskizze nach zwei Varianten, sei ein Lösungsvorschlag, den der Beklagte verlangt habe. Zu dessen Bewältigung seien von vornherein Planungsleistungen erforderlich gewesen, welche im Rahmen der Leistungsphase 2 folgende Unterpunkte abdecken würden:
- Erarbeiten eines Planungskonzepts einschließlich Untersuchung der alternativen Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen mit zeichnerischer Darstellung und Bewertung, zum Beispiels versuchsweise zeichnerische Darstellungen, Strichskizzen, gegebenenfalls mit erläuternden Angaben, und
- Klären und Erläutern der wesentlichen städtebaulichen, gestalterischen, funktionalen, technischen, bauphysikalischen, wirtschaftlichen, energiewirtschaftlichen (zum Beispiel hinsichtlich rationeller Energieverwendung unter Verwendung erneuerbarer Energien) und landschaftsökologischen Zusammenhänge, Vorgänge und Bedingungen.
Diese Aufgabe habe die Klagepartei auch erfüllt und als Teil der Präsentation (K5) am 28.02.2012 so vorstellt.
Anspruchsgrundlage sei § 20 Abs. 3 VOF. Der Beklagte habe außerhalb eines Planungswettbewerbs (im engeren Sinne, d.h.: außerhalb eines in §§ 15 ff VOF geregelten Wettbewerbsverfahrens) Lösungsvorschläge verlangt und müsse diese deshalb nach der HOAI vergüten. Die Regelung des § 20 Abs. 3 VOF sei nämlich so zu verstehen, dass der Auftraggeber, wenn er keinen Wettbewerb nach VOF Kapitel 2 (= § 15 ff der VOF) wählt, einem Architekten oder Ingenieur Lösungsvorschläge stets vergüten müsse. Der Begriff des Lösungsvorschlags dürfe nicht zu eng gesehen werden und könne insbesondere nicht schon deshalb verneint werden, weil die konzeptionellen Tätigkeiten des Bieters lediglich verlangt werden, um fürs erste seine Eignung für die Planungsaufgabe zu überprüfen. Als Lösungsvorschlag sei alles zu sehen, was auch Gegenstand eines Wettbewerbes sein könne. Hingegen umfasse § 13 Abs. 3 VOF nur solche "Entwürfe, Päne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen", die nicht typischerweise Gegenstand eines Wettbewerbes sind.
§ 20 Abs. 3 VOF sei auch weder unwirksam wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage, noch unwirksam wegen Verstoßes gegen Grundsätze des Europarechts.
Es sei auch nicht treuwidrig, wenn die Klagepartei Honorar verlange, wie sie es mit K11 bereits eingangs des Verhandlungsverfahrens abstrakt in Aussicht gestellt hat. § 20 Abs. 3 VOF sei nun einmal nicht abdingbar.
Die Bewertung der klägerseits erbrachten Leistungen sei korrekt und fülle anhand von Mittelwerten aus vier einschlägigen HOAI-Kommentaren die verlangten Prozentsätze aus (Bl. 9/10 d.A.).
III.) Anträge:
1.-
Die Klagepartei beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 44.576,18 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.04.2012 zu bezahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 653,10 € zu bezahlen.
2.-
Die Beklagtenseite hat Klageabweisung beantragt.
IV.) Der Beklagte bringt vor:
Er habe im Rahmen des Verhandlungsverfahrens nicht Lösungsvorschläge (im Sinne von § 20 Abs. 3 VOF) verlangt, denn hierunter fielen nicht die in K 3 S.2 angeforderten Ideenskizzen mit Zusatz "..., gerne auch als Handskizzen". Was der Beklagte verlangt habe, sei erkennbar nur dazu gedacht gewesen, die fachliche Qualität der Bieter zu prüfen. Nicht umsonst laute so auch das benannte Zuschlagskriterium.
Soweit die Klagepartei dieser Aufforderung gefolgt ist, sei der Aufwand hierfür mit der versprochenen Aufwandentschädigung abgegolten (Bl. 26, B1).
Was die Klagepartei gemacht habe, fülle die von ihr zitierten Grundleistungen der Leistungsphase 2 nicht aus (Bl. 28/30). Weder habe die Klagepartei ein systematisches Planungskonzept erarbeitet, noch vermöge sie in diesem Prozess zu vermitteln, wie sie durch ihre Leistungen vorliegend die wesentlichen Zusammenhänge, Vorgänge und Bedingungen geklärt und erläutert haben wolle (Bl. 30). Umgekehrt komme es aber (zwischen den Parteien rechtlich unumstritten) nicht darauf an, was die Klägerin an Tätigkeiten entfaltet habe, sondern wozu sie der Beklagte aufgefordert habe. K3 S.2 könne nicht dahingehend verstanden werden, dass der Beklagte hier eine systematische Lösung der Planungsaufgaben erwartet hätte.
Nach alldem sei § 20 Abs. 3 VOF schon deshalb nicht anwendbar, weil der Beklagte keine Lösungsvorschläge im Sinne dieser Vorschrift verlangt habe, insbesondere nicht ausdrücklich (Bl. 26/27). Als Anspruchsgrundlage bleibe daher der Klägerin lediglich § 13 Abs. 3 Satz 1 VOF übrig, aber hier gelte: Die dort statuierte Aufwandsentschädigung in angemessener Höhe ist bereits bezahlt (in diesem Rechtsstreit für sich genommen unbestritten).
Ein Anwendungsbereich für § 13 Abs. 3 Satz 1 VOF verbleibe auch gegenüber Architekten und Ingenieuren als Bietern, zumal sich diese auch dann "im Wettbewerb miteinander" befinden, wenn es sich nicht um das Wettbewerbsverfahren im (engeren) Sinne des § 15 VOF handelt, sondern man sich (nur oder bereits) im Verhandlungsverfahren befindet (Bl. 26).
Außerdem sei § 20 Abs. 3 VOF unwirksam, da nicht gedeckt von der Ermächtigungsgrundlage des § 97 Abs. 6 GWB. Dieser decke nur Honoraransprüche aus Verträgen, nur hier passe der Schutzbereich der HOAI (Bl. 31/32), nicht aber im Architektenwettbewerb (Bl. 32), wie etwa hier im Verhandlungsverfahren. Nicht umsonst habe das Bundesverfassungsgericht die Grenze der Schutzwürdigkeit in der Weise gezogen, dass die HOAI von einer gesetzlichen Grundlage getragen ist, solange es darum geht, einen ruinösen Preiswettbewerb zwischen Architekten (zu Lasten kleinerer Büros) zu verhindern, was aber als Gemeinwohlbelang erst dann Geltung beanspruchen könne, wenn der jeweilige Architekt einen Architektenvertrag hat. Es bestehe kein Bedürfnis, diesen Schutzzweck nunmehr durch ein weites Verst ändnis von § 20 Abs. 3 VOF auf Architekten als Bieter auszudehnen. Die VOF beruhe auf einer Ermächtigungsgrundlage, die das Vergabeverfahren regelt. Diese Ermächtigungsgrundlage decke aber nicht die Schaffung neuer honorarrechtlicher Anspruchsgrundlagen für Architekten ohne Vertrag; so verstanden wäre § 20 Abs. 3 VOF somit unwirksam. Die Zivilgerichte seien auch nicht dazu berufen, über die Einhaltung von Vorschriften über das Vergabeverfahren zu wachen.
Außerdem sei § 20 Abs. 3 VOF europarechtswidrig und auch deshalb unwirksam. Die Vorschrift behindere nämlich den freien Dienstleistungsverkehr gemäß Art. 56 AEUV, konkretisiert durch die Dienstleistungsrichtlinie vom 12.12.2006, dort Art. 16 Absätze 2d und 3. Denn wer auch für EU-ausländische Architekten die Mindestsätze der HOAI vorschreiben wolle, schränke notwendig deren Dienstleistungsfreiheit ein. Auch hier gelte, dass diese Einschränkung für inländische Architekten zulässig sei aus Belangen des Gemeinwohls heraus, für die der deutsche Gesetzgeber indes nur im Inland zuständig ist. Das habe der Verordnungsgeber begriffen, soweit er in der Neufassung der HOAI die Einschränkung eingebaut hat, dass deren persönlicher Anwendungsbereich nur für inländische Architekten gegeben ist. Bei § 20 Abs. 3 VOF habe der Verordnungsgeber dies offensichtlich übersehen (Bl. 34). Deswegen bleibe in diesem Bereich § 20 Abs. 3 VOF europarechtswidrig. Jedenfalls aber gelte: Gerade weil der Verordnungsgeber mit der VOF die Dienstleistungsrichtlinie umsetzen wollte, sei darauf abzustellen, dass sich die Dienstleistungsreichtlinie nicht um einen ruinösen Preiskampf vertraglich gebundener Architekten sorgt, sondern einzig einen diskriminierungsfreien Wettbewerb im Blick hat.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei ein weites Verständnis des Begriffs "Lösungsvorschlag" in § 20 Abs. 3 VOF auch nicht geeignet, Bieter zur Teilnahme an einem Wettbewerb im Sinne von § 15 VOF zu motivieren. Ein enger "Lösungsvorschlags"-Begriff sei angezeigt wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen.
V.) Prozessuales:
Die Kammer hat im Termin die Sach- und Rechtslage mit den Erschienenen umfassend erörtert. Eine vom Beklagten beantragte Schriftsatzfrist musste nicht mehr gewährt werden. Die Gelegenheit, rechtzeitig vor dem Verkündungstermin jederzeit noch Rechtsausführungen zu machen, haben beide Parteien genutzt durch Schriftsätze vom 12.3.2013 (Beklagter) und 15.3.2013 (Klägerin).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.)
Der Klägerin steht nämlich kein Vergütungs- oder sonstiger Anspruch über jene Summe hinaus zu, die sie als Aufwandsentschädigung unstreitig bereits empfangen hat. Hieran scheitert auch die Begründetheit der Nebenforderungen (Zinsen, vorgerichtliche Anwaltskosten).
1.
Nach Auffassung der Kammer ist schon fraglich, ob § 20 Abs. 3 VOF überhaupt eine Anspruchsgrundlage ist (so aber OLG Koblenz 6.7.2012, 8 U 45/11) oder nicht vielmehr eine unselbständige Verweisung. Denn nicht restlos überzeugend erscheint die Prämisse (des OLG Koblenz a.a.O), ohne § 20 Abs. 3 VOF habe der Bieter "mangels Vertrags" keinen Anspruch: Man denke sich die Rechtsfolge des § 20 Abs. 3 VOF einmal weg und stelle sich zugleich (abstrakt) einen Fall vor, der unter die Voraussetzungen von § 20 Abs. 3 VOF fiele: Ein Auftraggeber verlangt von einem Architekten die Lösung einer Planungsaufgabe für ein konkretes Bauvorhaben. Diese liefert sodann der Architekt, der Bauherr nimmt sie entgegen. Aus diesem wechselseitigen (schlüssigen) Verhalten wird entweder immer oder doch typischerweise der Abschluss eines Architektenvertrages hergeleitet werden können. Und dass Architektenleistungen nur gegen Vergütung verlangt werden können, ergäbe sich dann bereits aus §§ 631, 632 BGB; die Höhe regelt die HOAI als zwingendes Preisrecht. Ob der Bauherr nach dem Lösungsvorschlag hernach tatsächlich bauen will bzw. wird, hat im Bereich des BGB-Werkrechts keine Bedeutung, da das Verwendungsrisiko immer der Besteller trägt.
Hiernach erschiene § 20 Abs.3 VOF als Anspruchsgrundlage nur noch ausnahmsweise erforderlich, etwa wenn der Auftraggeber sich perplex verhält, indem er zwar qualitativ einen Lösungsvorschlag fordert, aber im gleichen Atemzuge mitteilt, er wolle einen solchen nicht und werde ihn nicht vergüten - was immerhin vorstellbar erscheint. Im Normalfall aber wäre die Vergütungsfolge hingegen wohl bereits über das Werkrecht des BGB zu erzielen.
2.
Auf diese Rechtsfrage kommt es jedoch vorliegend nicht an, da § 20 Abs. 3 VOF der Klägerin hier in concreto keinen Anspruch gibt. Denn die VOF zwingt in § 13 Abs. 3 den Rechtsanwender dazu, abzugrenzen zwischen den dort genannten Unterlagen und Tätigkeiten des Bieters einerseits und einer systematisch durchgeplanten Lösung (§ 20 Abs. 3 VOF) andererseits. Die Abgrenzung ergibt, dass die verlangten Tätigkeiten nur unter § 13 Abs. 3 VOF fallen. Im einzelnen ist hierzu auszuführen:
a.-
Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 VOF wird durch § 20 Abs. 3 VOF nicht komplett verdrängt. Denn "Lösungsvorschläge im Rahmen einer Planungsaufgabe" in § 20 Abs. 3 VOF sind gleichbedeutend mit den "Lösungsvorschlägen der gestellten Planungsaufgabe", von denen der Verordnungsgeber (verordnungssystematisch zusammenhängend hiermit) in § 20 Abs. 2 VOF spricht. Beide Male sind es Lösungsvorschläge, die - wenn sie verlangt werden - regelmäßig nur von Architekten bzw. Ingenieuren zu erlangen sind, weshalb § 20 VOF als Sondervorschrift für diese Berufsgruppe ausgestaltet ist.
Daneben bleiben aber Fälle denkbar, in denen der Bauherr zwar Architekten bzw. Ingenieuren gegenübersteht, von ihnen gleichwohl aber keine Lösungsvorschläge verlangt, sondern lediglich punktuelle Ausarbeitungen, wie sie in § 13 Abs. 3 VOF genannt sind ("Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen"). In solchen Fällen wäre es weder sinnvoll noch billig, wenn Architekten und Ingenieuere dann nicht nach § 13 Abs. 3 VOF "bedient" würden, weil sonst jede Möglichkeit abgeschnitten wäre, ihre Aufwendungen zu entschädigen; sie wären dann benachteiligt gegenüber Bietern anderer Berufsgruppen. Das kann der Verordnungsgeber nicht gewollt haben. Und es ist denkgesetzlich nicht zwingend, dass alles, was ein Architekt oder Ingenieur als Eignungsnachweis im Bieterverfahren an Darstellungen liefert, immer ein Lösungsvorschlag für die konkrete Planungsaufgabe wäre oder stets zu deren Lösung beitrüge.
b.-
Da somit beide Vorschriften hier grundsätzlich anwendbar sind, hat sie der Rechtsanwender voneinander abzugrenzen und zu unterscheiden, ob das, was der Beklagte verlangt hat, die Qualität von "Lösungsvorschlägen für die Planungsaufgabe" haben sollte oder unter "Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen" zu subsumieren ist. Hiervon geht im übrigen auch die bereits zitierte Entscheidung des OLG Koblenz aus.
c.-
Die Kammer entscheidet dies für den hier gegebenen Fall wie folgt: Die mit je 15 % gewichteten Ideenskizzen erforderten ihrer Art nach punktuelles Tätigwerden, nicht aber eine systematisch durchgeführte Planung. Deswegen ist als verlangt nicht ein "Lösungsvorschlag" im Sinne von § 20 Abs. 3 (oder/und Abs.2) VOF anzusehen, sondern ein stichprobenartiger Eignungsnachweis, wie ihn § 13 Abs. 3 VOF im Blick hat.
d.-
Der Klägerin ist zwar zuzugeben: Jede noch so bruchstückhafte Einzeltätigkeit (= jeder Entwurf, Plan, Zeichnung, Berechnung oder dergleichen) ist als Eignungsnachweis des Bieters nur dann sinnvoll und stichhaltig, wenn sie einen gedanklichen und schlüssigen Bezug zu dem Bauvorhaben hat. Denn erkundet werden soll die Eignung des Bieters, das konkrete Bauvorhaben zu beplanen. Und wenn ein Planer kraft eines bereits erteilten Architektenauftrags Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen usw. macht, dann deshalb, weil solche nötig sind, um die Planungsaufgabe zu erledigen. Waren die der Klägerin abverlangten Präsentationen als Eignungsnachweis tauglich (was hier einmal kurzerhand unterstellt werden soll), dann hätte die gleichen Tätigkeiten auch ein Planer zu erledigen, der bereits als Architekt beauftragt wäre - etwa mit Leistungen der Phase 2. Denn diese könnte er nicht abarbeiten, ohne Entwürfe zu fertigen, Pläne zu zeichnen und Berechnungen anzustellen.
e.-
Daraus folgt aber nicht, dass das Verlangen einzelner solcher Unterlagen sich auf eine systematische Planung richten würde. Letztere kann sinnvoll nur im ganzen erledigt werden.
Durch einzelne, stichprobenartig abgerufene Darstellungen und Berechnungen kann ein Planer kein Planungskonzept in der Weise erarbeiten, dass er die Lösungsmöglichkeiten umfassend untersucht, darstellt und bewertet sowie erläutert. Und wer als Bieter die hier verlangten Prüfungspunkte beantwortete, würde nicht schon dadurch umfassend die wesentlichen Zusammenhänge, Vorgänge und Bedingungen auswerten und darstellen, die sich aus städtebaulicher, gestalterischer, funktionaler, technischer und bauphysikalischer Sicht ergeben mochten und die in wirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher und landschaftsökologischer Hinsicht in Betracht zu ziehen sein mochten. Die den Bietern abverlangten Tätigkeiten verlangten eine punktuelle Befassung, aber keine systematische. Daher kann die Klägerin nicht mit Erfolg argumentieren, dass eine systematische Durchplanung alle Punkte zu erledigen h ätte und dass dazu auch diejenigen zählen würden, die der Beklagte im Vergabeverfahren abgefragt hat. Dem Handlungssinne nach erbringt ein Bieter, der nur die hier punktuell abgefragten Darstellungen liefert, weder ganz noch zum Teil "Lösungsvorschläge für die gestellte Planungsaufgabe", weil letztere nur sinnvoll möglich sind, indem jeweils alle Wechselbezüge systamtisch durchdrungen werden.
f.-
Nicht überzeugend ist das Argument der Klägerin, ihr eigenes (weites) Verständnis des Begriffs "Lösungsvorschlag" sei geboten, damit Bieter motiviert werden, sich an einem Wettbewerb im Sinne von § 15 ff VOF zu beteiligen: Wer als Architekt (oder Ingenieur) in einem Wettbewerbsverfahren nach § 15 VOF mitbietet, sieht sich damit konfrontiert, dass gemäß § 20 Abs. 2 VOF der Bauherr Lösungsvorschläge der gestellten Planungsaufgabe verlangen kann. Arbeitet der Planer diese aus, so erhält er dafür die gemäß § 16 Abs. 1 VOF Preise bzw. Anerkennungen. Diese sind nicht identisch mit dem Honorar eines beauftragten Planers nach HOAI, auch wenn sie sich bezüglich der Berechnung hieran orientieren. Im Regelfall wird der Bieter hier nur einen prozentualen Anteil derjenigen Vergütung bekommen, die er dann bekäme, wenn er aufgrund eines bereits erteilten Architektenauftrags tätig würde. Ein Honorar in gleicher Höhe wie ein beauftragter Planer erhält der Bieter dagegen dann, wenn § 20 Abs. 3 VOF greift; dies kann nur außerhalb eines Wettbewerbsverfahrens nach § 15 ff VOF der Fall sein. Sonach ist § 20 Abs. 3 VOF (einmal so verstanden wie es die Klägerin tut) jedenfalls nicht geeignet, Bieter zur Teilnahme am Wettbewerbsverfahren im engeren Sinne (= §§ 15 ff VOF) zu motivieren.
g.-
Das von der Klägerin bevorzugte weite Verständnis des Begriffs "Lösungsvorschlag" ist ferner auch nicht etwa deshalb geboten, weil auch im Bieterwettbewerb ein runinöser Konkurrenzkampf zulasten kleinerer Büros vermieden werden müsste. Zwar ist richtig, dass Zweck der HOAI die Vermeidung eines ruinösen Preiskampfes ist und hierauf die Mindestsätze der HOAI beruhen. Zu einer Preisbildung oder -findung kann es indes nur im Rahmen bereits geschlossener Architektenaufträge kommen, nicht bereits im Bieterwettbewerb. Versteht man § 20 Abs. 3 VOF so wie das vorliegend befasste Gericht es tut, so gilt für Architektenbüros jeglicher Größe einheitlich, dass danach abzugrenzen ist, ob ihnen Lösungsvorschläge abverlangt werden (dann HOAI-Vergütung für jeden) oder ob ihnen nur punktuelle Tätigkeiten angesonnen werden (dann ausgelobte Aufwandsentschädigung für jeden).
h.-
Wesentlicher Zweck von § 20 Abs. 3 VOF ist es, möglichen Tendenzen einen Riegel vorzuschieben, die dahin gehen können, dass Auftraggeber von bietenden Planern bereits eine durchgearbeitete Planung verlangen und diese dann nicht nach den Mindestsätzen der HOAI vergüten mögen.
Darum kann z.B. nicht darauf abgestellt werden, ob der Bauherr "ausdrücklich" Lösungsvorschläge (oder eine durchgearbeitete Planung für bestimmte Leistungsphasen) verlangt hat oder ob sich das Verlangen lediglich aus einer verständigen, den Zusammenhang der Anforderung berücksichtigenden Auslegung ergibt.
Ferner kann nicht darauf abgestellt werden, ob die Anforderung des Bauherrn räumlich in der Kriterien-Mitteilung untergebracht ist.
Auch will § 20 Abs. 3 VOF den Bauherrn nicht schonen, wenn er etwa qualitativ eine durchgearbeitete Planung anfordert, aber dies zugleich (und in perplexer Weise) damit kommentiert, "Lösungsvorschläge" verlange er damit nicht oder/und werde er nicht vergüten.
Umgekehrt will § 20 Abs.3 VOF den bietenden Architekten nicht dahingehend (gegenüber §§ 20 Abs. 2, 16 Abs. 1 VOF und gegen über § 11 Abs. 3 VOF) privilegieren, dass jegliche von ihm geforderte Darstellung oder Berechnung quasi automatisch als "Lösungsvorschlag" betrachtet und alsdann "eins zu eins" so vergütet würde, als wäre der Architekt bereits aufgrund eines erteilten Auftrages tätig geworden.
Damit § 20 Abs. 3 VOF seinen Zweck erfüllt, muss vielmehr darauf abgestellt werden, welche Qualität die abgerufenen Tätigkeiten haben sollen, insbesondere ob es sich um punktuelle Tätigkeiten handelt (dann bloßer Eignungsnachweis) oder um systematische Tätigkeiten (im Sinne einer alle Wechselwirkungen und Belange durchdringenden Planung, wie sie auch Gegenstand eines Wettbewerbs nach § 15 VOF sein könnte). Erst ergänzend ist der Zusammenhang der Anforderung zu betrachten und sind die übrigen relevanten Umstände heranzuziehen.
Verfährt man vorliegend hiernach, so sind die abgerufenen Einzeldarstellungen (K 3 S. 2) keine systematische Planungslösung, sondern sollen einzelne Fragen beantworten.
Ergänzend spricht sodann gegen die These der Klägerin auch, dass die Ideenskizzen nur zu je 15 % in die Vergabeentscheidung als Kriterium einfließen sollten. Dies unterstreicht, dass es dem Beklagten nicht darum ging, die Planungsaufgabe (ganz oder zu einem sinnvoll abgrenzbaren Teil) systematisch erledigt zu bekommen, sondern nur darum, Aufschluss zu gewinnen, welcher Bieter sich ausweislich seiner Herangehensweise für die Planungsaufgabe am besten eigne.
Am Rande spricht für dies Verständnis des Beklagten auch die Tatsache, dass er eine Aufwandsentschädigung auslobte.
3.-
Nach alledem kam es nicht mehr auf die Frage an, ob § 20 Abs. 3 VOF mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Denn § 20 Abs. 3 VOF greift vorliegend nicht ein, und sollte die Vorschrift unwirksam sein, ergäbe sich gleichfalls, dass die Klage abzuweisen wäre, zumal die Klägerin mangels verlangter Lösungsvorschläge auch nicht über § 631 BGB aus konkludentem Werkvertrag prosperiert.
II.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 2 ZPO.
III.)
Der Streitwert war gemäß § 63 Abs. 2 GKG endgültig festzusetzen durch Beschluss, der aber räumlich in den Urteilstenor aufgenommen ist. Maßgebend war die klägerische Hauptsacheforderung (§ 3 ZPO).