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  • 18.12.2013 · IWW-Abrufnummer 134011

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 22.12.2011 – 10 U 78/06

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    10 U 78/06

    OLG Frankfurt 10. Zivilsenat

    Tenor

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 8.3.2006 abgeändert.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 863.046,98 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 151.786,- € seit dem 31.10.2004 sowie aus dem Restbetrag seit dem 25.1.2005 zu zahlen.

    Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.208,75 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2004 sowie i.H.v. 2.545,90 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.1.2005 zu zahlen.

    Die Klage im Übrigen und die Widerklage werden abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 877.177,49 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    1

    Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) Werklohn und Schadensersatz nach Kündigung des Vertrags durch die Beklagte. Gegenstand des Vertrags war die digitale Planerfassung der Wohnungen der Beklagten, einer … Wohnungsbaugesellschaft. Zeitpunkt, Wirksamkeit und nähere Einzelheiten des Vertragsschlusses sind zwischen den Parteien streitig. Das von der Schuldnerin erstellte, nach Einzel- und Gesamtpreisen aufgeschlüsselte Angebot vom 12.11.2003 sowie deren mit einer Gesamtsumme von 143.770,40 € brutto endende Auftragsbestätigung vom 9.6.2004 enthalten jeweils den Passus, sie gehe „wie besprochen“ von 350 Gebäuden und ca. 2.500 Wohnungen, ca. 250.000 m² Bruttogeschossfläche (im folgenden auch BGF) aus. Unter dem 14.7.2004 schrieb die Beklagte der Schuldnerin, sie erteile den näher aufgeschlüsselten, mit einer Alternativposition versehenen Auftrag. Das der Schuldnerin am 20.7.2004 zugegangene Schreiben enthält den Zusatz: „Die Auftragssumme von 190.750,40 € brutto ist gem. dem Leistungskatalog und der Mengenangaben nicht überschreitbar“. Dem widersprach der Geschäftsführer der Schuldnerin mit Schreiben vom 26.7.2004, in welchem er darauf hinwies, dass die Einzelpreise der Positionen selbstverständlich fest seien und der Auftrag mit den festen Einzelpreisen der Positionen anhand der tatsächlich festgestellten m² BGF abgerechnet werde. Unter dem 6.8.2004 erteilte die Schuldnerin eine weitere Auftragsbestätigung, welche mit einer Auftragssumme von 190.750,40 € endete. Im Oktober 2004 teilte die Schuldnerin der Beklagten mit, die tatsächliche BGF würde sich erheblich erhöhen, was zu nicht abschätzbaren Mehrkosten führe. Nachdem eine Einigung über die Mehrkosten nicht erzielt wurde, übergab die Beklagte der Schuldnerin keine Pläne mehr, erteilte ihr Hausverbot und kündigte mit Schreiben vom 24.11.2004 den Vertrag außerordentlich.

    2

    Die Schuldnerin, die die Arbeiten etwa zur Hälfte ausgeführt hatte, rechnete erbrachte und nicht erbrachte Leistungen unter Anrechnung ersparter Aufwendungen sowie einer bezahlten Abschlagsrechnung über 41.100 € netto ab. Mit der Klage verlangt sie Zahlung von 877.177,49 €, wobei sie ihrer Abrechnung eine Gesamtfläche von knapp einer Million m² zugrunde gelegt hat. Die Beklagte hat den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, da die Schuldnerin durch bewusstes Unterlassen eindeutiger Informationen im Zuge des Vertragsschlusses versucht habe, die Beklagte zur Zahlung eines nicht vereinbarten, überhöhten Honorars zu veranlassen. Hilfsweise hat sie sich darauf berufen, es sei ein Pauschalpreis von 164.440,- € zuzüglich Umsatzsteuer, mithin von 190.750,40 € vereinbart gewesen.

    3

    Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung antragsgemäß verurteilt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen und der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

    4

    Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte lediglich zur Zahlung von 447.326,- € Zug um Zug gegen Übergabe aller übergebenen Originalpläne und ihrer Digitalversion sowie von Digitalfotos verurteilt. Auf das Urteil vom 13.7.2007 (Bl. 601 ff. d.A.) wird verwiesen.

    5

    Gegen dieses Urteil haben der Kläger Revision und die Beklagte Anschlussrevision eingelegt. Der BGH hat das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des BGH vom 21.12.2010 (X ZR 122/07) Bezug genommen.

    6

    Mit ihrer Berufung stützt sich die Beklagte nunmehr in erster Linie auf fehlendes Zustandekommen des Vertrags wegen eines versteckten Einigungsmangels und auf dessen Unwirksamkeit wegen der erstinstanzlich erklärten Arglistanfechtung, auf welche sie sich in der Berufungsinstanz bis zum Abschluss der Revisionsinstanz nur hilfsweise berufen hat. Hilfsweise macht sie geltend, der Vertrag sei mit mengenmäßiger Begrenzung auf 250.000 m² und Begrenzung des Werklohns auf 190.000,- € zustande gekommen. Zudem sei der Anspruch nicht fällig, da das Teilgewerk noch nicht abgenommen sei. Unter Bezugnahme auf eine als Anlage C 1 vorgelegte Liste ist sie der Auffassung, dass die vom BGH nicht als erfüllt angesehenen Anforderungen hinsichtlich einer Zug-um-Zug-Verurteilung jetzt erfüllt seien und ebenso ein Herausgabeanspruch tituliert werden könne. Zudem sei der Kläger für die Voraussetzungen des § 322 BGB darlegungs- und beweispflichtig.

    7

    Die Beklagte beantragt nunmehr,

    8

    unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 8.3.2006 die Klage abzuweisen und die Berufungsbeklagte zu verurteilen, an die Berufungsklägerin 41.100,- € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer zu zahlen und die in diesem Urteil aufgeführten Originalpläne an die Berufungsklägerin herauszugeben,

    9

    hilfsweise,

    10

    unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 8.3.2006 und Abweisung der Klage im Übrigen die Berufungsklägerin zu verurteilen, an die Berufungsbeklagte einen noch zu bestimmenden Betrag, maximal 190.000 €, zu zahlen Zug um Zug gegen Einlesung der vertragsgemäß erstellten, digitalisierten Pläne sowie gegen Herausgabe der in diesem Urteil aufgeführten Originalpläne.

    11

    Der Kläger beantragt,

    12

    unter Abweisung der Widerklage die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

    13

    Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Auffassung, eine Zug-um-Zug-Verurteilung könne nach wie vor mangels Bestimmtheit nicht erfolgen.

    14

    Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

    II.

    15

    Die zulässige Berufung hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg.

    16

    A. Klage

    17

    Der Kläger hat Anspruch auf Werklohn für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen nach Maßgabe des § 649 S. 2 BGB.

    18

    Der Vertrag zwischen den Parteien ist als Einheitspreisvertrag zustande gekommen und nicht durch die erklärte Anfechtung der Beklagten rückwirkend wieder entfallen.

    1.

    19

    Gegenstand der Verhandlungen und letztlich auch des Auftrags war die Digitalisierung sämtlicher vorhandener Pläne der Gebäude der Beklagten sowie nach Auftragserweiterung die Herstellung digitaler Pläne für weitere Objekte, für die noch keine Pläne vorlagen. Der ursprüngliche Auftragsumfang ergibt sich bereits aus dem Angebot der Schuldnerin vom 12.11.2003 (Anl. K 1, Bl. 13 d.A.), in welchem die Überschrift lautet: „Digitalisierung Ihres Planbestandes“ und es weiter unten heißt: „Es liegen ca. 1200 Papierpläne vor, Sie gehen davon aus, dass darüber ca. 90 % der Gebäude abgedeckt sind.“ Wenn in dem Angebot, ebenso wie in der Auftragsbestätigung vom 9.6.2004 (Anl. KE 4), vorhergehend ausgeführt wird „Wie besprochen gehen wir von rund 350 Gebäuden … und ca. 2.500 Wohnungen aus, ca. 250.000 m² BGF“, ist damit entgegen der jetzigen Auffassung der Beklagten der Auftragsumfang nicht etwa auf die Vermessung von 250.000 m² beschränkt worden; vielmehr sollte hierdurch ersichtlich festgehalten werden, welche Vorstellung die Schuldnerin vom Umfang der Objekte nach dem gemeinsamen Gespräch vom 30.10.2003 hatte. Das Angebot erstreckte sich jedoch auf alle vorhandenen Pläne und dementsprechend auf alle Objekte, zu denen diese Pläne gehörten.

    20

    Nachdem es am 17.5.2004 telefonischen Kontakt zwischen dem Zeugen Z1 und der Zeugin Z2 gegeben hatte, ist jedenfalls durch die Auftragsbestätigung der Schuldnerin vom 9.6.2004 der Vertrag nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande gekommen, wie das Landgericht zutreffend dargestellt hat. Unstreitig gab es vor dem Telefongespräch bereits Vertragsverhandlungen in Form eines persönlichen Kontakts der Parteien und des anschließenden schriftlichen Angebots der Schuldnerin vom 12.11.2003. In diesem Zusammenhang ist die Frage unerheblich, ob die von der Zeugin Z2 bekundete Erklärung des Zeugen Z1, die Schuldnerin „bekomme“ den Auftrag, tatsächlich als Annahmeerklärung zu werten ist. Denn nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist es gerade nicht erforderlich, dass die Verhandlungen tatsächlich zu einem wirksamen Vertragsschluss geführt haben; vielmehr reicht es aus, dass das Bestätigungsschreiben auf eine getroffene Vereinbarung Bezug nimmt. Das ist der Fall. So heißt es in der Auftragsbestätigung vom 9.6.2004: „Wir nehmen Bezug auf Ihr Telefonat mit unserer Frau Z2 am 17.5.2004. Vielen Dank für den uns mündlich erteilten Auftrag, den wir hiermit wie folgt bestätigen…“. Ebenfalls ist unerheblich, dass das Angebot zunächst bis zum 31.12.2003 befristet war. Denn die Schuldnerin hat die Befristung konkludent verlängert, wie sich aus den mehrfachen telefonischen Nachfragen der Zeugin Z2 hinsichtlich der Auftragserteilung entnehmen lässt (s. Protokoll des LG vom 13.7.2005, Bl. 252 d.A.; Liste der Zeugin Z2, Anl. zum Protokoll Bl. 262 d.A.). Zudem zeigt die Auftragsbestätigung, dass die Schuldnerin ihr schriftliches Angebot noch für bindend hielt. Denn mit der oben zitierten Formulierung, man bedanke sich für den mündlich erteilten Auftrag, hat die Schuldnerin hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass der Vertrag als durch eine Angebotsannahme der Beklagten zustande gekommen angesehen wird. Daher handelt es sich bei der Auftragsbestätigung vom 9.6.2004 auch nicht ihrerseits etwa um eine bloße Annahmeerklärung, welche nicht den Regeln des kaufmännischen Bestätigungsschreibens unterliegt. Der Angriff der Beklagten, das erstinstanzliche Urteil unterscheide nicht hinreichend zwischen Auftragsbestätigung und kaufmännischem Bestätigungsschreiben, ist somit unbegründet.

    21

    Fehl geht auch ihre Behauptung, auch die Schuldnerin habe den Vertrag selbst frühestens mit der Auftragsbestätigung durch die Beklagte vom 14.7.2004 als zustande gekommen angesehen, wie sich aus der E-Mail einer Angestellten der Schuldnerin, Y (falsch dagegen Beklagte Schriftsatz vom 7.11.2011, Bl. 112: Zeugin Z2a), ergebe (Anl. B I, Bl. 463 d.A.). Soweit es in dieser E-Mail heißt, bei der Auftragsbestätigung Nr. … müsse das Erstelldatum 6.8.2004 und nicht fälschlicherweise 9.6.2004 heißen, ergibt sich daraus nichts für die Auftragsbestätigung vom 9.6.2004. Denn diese E-Mail bezieht sich ersichtlich auf die erst im August versandte Auftragsbestätigung (Anl. KE 10), die dem Gespräch vom 5.8.2004 nachfolgte und die gegenüber der Auftragsbestätigung vom 9.6.2004 eine Erweiterung um Position 11 enthielt, gleichwohl aber trotz Bezugnahme auf das Gespräch vom 5.8.2004 noch das alte Datum der offenbar als Vorlage dienenden Auftragsbestätigung vom 9.6.2004 trug. Die Auftragsbestätigung von August 2004 und die das Datum korrigierende E-Mail waren damit bereits vor dem Hintergrund um diese Erweiterung sinnvoll und nicht etwa im Falle des vom Kläger angenommenen Zustandekommens am 9.6.2004 überflüssig, wie die Beklagte trotz der mehrfachen Erläuterung dieser Zusammenhänge durch den Kläger meint. Am Zustandekommen des ursprünglichen Vertrags bereits mit Auftragsbestätigung vom 9.6.2004 konnte die Erweiterung nichts mehr ändern.

    22

    Ebenso wenig ändert daran entgegen der Auffassung der Beklagten der Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt die Wohnungsverzeichnisse noch nicht übergeben waren und das Detailgespräch am 1.7.2004 noch nicht stattgefunden hatte. Denn diese Dinge waren für den Vertragsinhalt nicht wesentlich, sondern betrafen lediglich Einzelheiten der tatsächlichen Durchführung des Auftrags durch die Schuldnerin. Das zeigt sich auch daran, dass in der Auftragsbestätigung vom 6.8.2004 die ursprünglichen Positionen ihrem Gegenstand und Preis nach unverändert geblieben und lediglich um wenige Ausführungsdetails ergänzt worden sind.

    23

    Es ist vorliegend auch unschädlich, dass die Auftragsbestätigung den damit am 17.5.2004 zunächst endenden Verhandlungen nicht unmittelbar gefolgt ist, wie grundsätzlich erforderlich (s. BGH, Urteile vom 3.7.1967, VIII ZR 82/65, und v. 19.2.1964, Ib ZR 203/62, jeweils Juris). Der Sinn des Erfordernisses eines unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs liegt darin, dass der Empfänger auf das Eintreffen des Bestätigungsschreibens vorbereitet ist und noch mit ihm rechnen kann (s. BGH, Urteil vom 3.7.1967, a.a.O., Rnr. 36). Dies war hier indes der Fall. Denn nach der Aussage der Zeugin Z2 hat der Zeuge Z1 darum gebeten, die Auftragsbestätigung zu dem Termin am 9.6.2004 mitzubringen; daher musste er zu diesem späteren, aber bestimmten Zeitpunkt mit dem Eingang des Schreibens rechnen. Aufgrund dieser Bitte erübrigte sich somit trotz des ansonsten zu fordernden engen zeitlichen Zusammenhangs ein zeitnahes Bestätigungsschreiben.

    24

    Durch die Beweisaufnahme ist auch nicht etwa erwiesen, dass die Schuldnerin das Verhandlungsergebnis bewusst unrichtig wiedergegeben, also arglistig gehandelt hat. Das gilt insbesondere für die Behauptung der Beklagten, der Schuldnerin sei bewusst gewesen, dass der Zeuge Z1 keine Alleinvertretungsmacht gehabt habe. Denn die Zeugin Z2 hat bekundet, bei dem Telefongespräch vom 17.5.2004 den Eindruck gehabt zu haben, dass alles abgeklärt sei und der Zeuge Z1 den Auftrag vergeben könne. Insoweit kommt sowohl eine Spezialeinzelvollmacht als auch die Möglichkeit in Betracht, dass der Zeuge Z1 die Vertragsannahme lediglich als Bote erklärt hat. Jedenfalls hat das Bestätigungsschreiben eine etwa fehlende Vertretungsmacht des Zeugen Z1 geheilt.

    25

    Die Beklagte dringt auch mit ihrem Angriff auf die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht durch. So legt sie bereits nicht dar, welche der Bekundungen der Zeugin Z2 unzutreffend sein sollen. Allein die Rüge, es erscheine unverständlich, dass das Landgericht die Glaubwürdigkeit u.a. der Zeugin Z2 nicht kritischer gewürdigt habe, da diese weisungsabhängige Angestellte gewesen sei, reicht nicht aus, um konkrete Anhaltspunkte für eine unrichtige Tatsachenfeststellung i.S.v. § 529 ZPO zu begründen. Vielmehr hat das Landgericht das Abhängigkeitsverhältnis sehr wohl in seine Beweiswürdigung mit einbezogen, ist aber aufgrund des Aussageverhaltens der Zeugin zu der Bewertung ihrer Aussage als wahr gelangt. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung. Auch der Zeuge Z1 hat bei seiner Vernehmung ein Telefonat mit der Zeugin Z2 bestätigt, in welchem er ihr mitgeteilt habe, dass die Schuldnerin der günstigste Anbieter sei und ihr der Auftrag erteilt werden könnte. Soweit der Zeuge Z1 dieses Telefongespräch auf den 9.6.2004 datiert, ist das unerheblich, denn die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens griffen in diesem Fall erst recht ein. Unerheblich ist auch die vom Zeugen Z1 bekundete Einschränkung, es müsse allerdings im Einzelnen noch ausgewertet werden. Denn, wie dargelegt, reicht es aus, dass aus Sicht des Empfängers eine Absprache bereits getroffen war; das war ausweislich des Bestätigungsschreibens der Schuldnerin der Fall.

    26

    Dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben hat die Beklagte nicht unverzüglich widersprochen. Ein Widerspruch, der wie die „Auftragsbestätigung“ der Beklagten vom 14.7.2004 (Anl. K 4, Bl. 31 d.A.) mehr als einen Monat nach dem Bestätigungsschreiben erfolgt, ohne dass für die Verzögerung Gründe ersichtlich sind, ist verspätet. Daher ist der Vertrag mit der Auftragsbestätigung der Schuldnerin vom 9.6.2004 zustande gekommen.

    27

    Dieser Vertrag ist hinsichtlich der getroffenen Vergütungsabrede als Einheitspreisvertrag auszulegen, da er veranschlagte Mengen, multipliziert mit Einzelpreisen, und die sich daraus ergebenden Gesamtpreise ausweist. Der Gesamtbetrag von ursprünglich 143.770,40 € bildete nach dem Erscheinungsbild der Auftragsbestätigung vom 9.6.2011 weder einen Pauschalpreis noch eine Preisobergrenze, sondern schlicht die Summe aus den veranschlagten Gesamtpreisen pro Position. Von einem Dissens hinsichtlich der Vergütungsstruktur kann somit keine Rede sein, da eine objektiv-normative Auslegung unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts (§§ 133, 157 BGB) nur zu diesem Ergebnis gelangen kann.

    28

    Damit liegt in der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 14.7.2004 lediglich ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Denn dieses Schriftstück weicht von der Auftragsbestätigung vom 9.6.2004 zum einen hinsichtlich der Alternativposition A ab, welche bereits Gegenstand des Angebots vom 12.11.2003 war; zum andern enthält das Schreiben eine Abweichung, als es unter „Festlegungen“ heißt: „Die Auftragssumme von Brutto € 190.750,40 ist gem. dem Leistungskatalog und der Mengenangaben nicht überschreitbar.“ Dieses Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags hat die Schuldnerin nicht angenommen. Vielmehr hat sie ihm hinsichtlich der vorgeschlagenen Vergütungsstruktur mit Schreiben vom 26.7.2004 (Anl. K 5, Bl. 33 d.A.) ausdrücklich widersprochen, in welchem sie darauf hingewiesen hat, dass der Auftrag mit den festen Einzelpreisen der Positionen anhand der tatsächlich festgestellten m² BGF abgerechnet würden. Darauf, ob der Widerspruch unverzüglich erfolgte, kommt es nicht an, da ein Widerspruch nicht erforderlich war. Denn bei dem Schreiben der Beklagten vom 14.7.2004 handelte es sich nicht seinerseits um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, da die Beklagte dem Wortlaut des Schreibens nach nicht von einem bereits erteilten Auftrag ausging, sondern vom Zustandekommen durch das Schreiben. Unabhängig davon war unter den gegebenen Umständen, dass nämlich die Schuldnerin ihrerseits bereits unter dem 9.6.2004 ein Bestätigungsschreiben versandt hatte, auf welches die Beklagte erst mit Schreiben vom 14.7.2004 reagiert hatte, ein Widerspruch am 26.7.2004, bei der Beklagten eingehend am 30.7.2004 (s. Anl. KE 7) rechtzeitig. Ebenso ist unerheblich, aber gleichfalls zu Unrecht von der Beklagten gerügt, dass der Widerspruch vom 26.7.2004 nur an den Prokuristen Z1 und nicht auch an den Geschäftsführer der Gesellschaft adressiert war. Denn bei der passiven Stellvertretung genügt der Empfang der Willenserklärung durch einen von mehreren Gesamtprokuristen (s. Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 48 Rnr. 5 m. Verweis auf § 125 Abs. 2 S. 3 HGB und Nachweis der Rspr.). Das gilt auch für die sog. gemischte Gesamtprokura.

    29

    Durch das Schreiben vom 14.7.2004 ist daher der geschlossene Vertrag nicht im Nachhinein hinsichtlich des Vergütungssystems abgeändert worden. Das Angebot der Beklagten auf Vertragsänderung hinsichtlich der Position A hingegen hat die Schuldnerin spätestens mit der Auftragsbestätigung vom 6.8.2004 angenommen, in welche diese Position unter Ziff. 11 aufgenommen wurde, was zu dem veränderten Gesamtpreis von rund 190.000,- € geführt hat.

    30

    Zu einer Änderung der Vergütungsstruktur hingegen ist es auch nach dem Schreiben vom 14.7.2004 nicht gekommen. Eine solche nachträgliche Abänderung ist von der Beklagten bereits nicht behauptet worden, da sie von einer von vornherein vereinbarten Deckelung ausgeht. Sie ergibt sich aber auch nicht aus der Beweisaufnahme. So hat zwar der Zeuge Z1 angegeben, er habe bei diesem Gespräch nochmals auf die Deckelung hingewiesen. Dem steht jedoch die Aussage des Zeugen Z3 entgegen, der bekundet hat, über Preise sei nicht gesprochen worden; von einer Deckelung des Auftrags sei nie die Rede gewesen; auf das Schreiben vom 26.7.2004 habe die Beklagte nie reagiert. Für eine Abänderung des ursprünglich geschlossenen Vertrags ist indes die Beklagte beweispflichtig. Diesen Beweis hat sie nicht erbracht. Vielmehr enthält die Auftragsbestätigung vom 6.8.2004 ebenfalls eindeutig Einheitspreise, ohne dass die daraus gebildete Summe als Pauschal- oder als Höchstpreis bezeichnet ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass am Anfang und am Ende dieser Auftragsbestätigung neben anderen Schriftstücken und Gesprächen u.a. auf die Auftragsbestätigung der Beklagten vom 14.7.2004 Bezug genommen wird, die die Beschränkung der Auftragssumme enthält. Denn ebenso ist das Schreiben der Schuldnerin vom 26.7.2004 erwähnt, welches den ausdrücklichen Hinweis auf die Abrechnung nach Einheitspreisen enthält. Keinesfalls kann der Bezugnahme die Bedeutung eines Einverständnisses mit dem Inhalt des Schreibens vom 14.7.2004 entnommen werden, soweit es den Hinweis auf die Begrenzung der Auftragssumme betrifft.

    31

    Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen unterstellte, dass der Vertragsschluss nicht durch Schweigen der Beklagten auf das Schreiben vom 9.6.2004 zustande gekommen ist, änderte das nichts am Ergebnis. Dann läge in diesem Schreiben ein weiteres Angebot der Schuldnerin. Dieses hätte die Beklagte mit ihrer Auftragsbestätigung vom 14.7.2004 nicht angenommen, sondern ihrerseits einen neuen Antrag gemacht (§ 150 Abs. 2 BGB), welcher bezogen auf Umfang (Alternativposition) und Vergütungssystem Änderungen enthielt. Diesen Antrag hätte die Klägerin ihrerseits mit Schreiben vom 26.7.2004 abgelehnt. Jedenfalls ist es aber unstreitig am 5.8. zu einer weiteren Besprechung gekommen, bei welcher nach der Behauptung der Beklagten ausdrücklich auf die Deckelung der Auftragssumme hingewiesen worden sei. Bei diesem von der Beklagten behaupteten Sachverhalt läge dann auch im nachfolgenden Schreiben vom 6.8.2004, das u.a. auf das Gespräch vom 5.8.2004 Bezug nimmt, ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Die Formulierung „…Dementsprechend bestätigen wir den Auftrag wie folgt…“ ist ebenfalls so auszulegen, dass hier nicht erst das Änderungsangebot hinsichtlich der Zusatzposition 11 angenommen werden sollte, sondern dass ein bereits erteilter Änderungsauftrag, ebenso wie nochmals der Gesamtauftrag, bestätigt werden sollte. Auch dieses Schreiben enthält, wie ausgeführt, Einheitspreise; auch diesem Schreiben hat die Beklagte nicht unverzüglich widersprochen.

    32

    Damit wäre auch bei dieser Variante ein Vertrag mit Einheitspreisen ohne eine Begrenzung hinsichtlich des Umfangs der Arbeiten oder des Gesamtpreises zustande gekommen.

    2.

    33

    Der Vertrag ist nicht gem. § 142 BGB von Anfang an deshalb nichtig, weil die Beklagte ihn wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB angefochten hat. Denn bezogen auf den in der Berufungsinstanz behaupteten Anfechtungsgrund, die Schuldnerin habe über ihre berufliche Eignung und Erfahrung sowie über die wirtschaftliche Vergangenheit ihres geschäftsführenden Gesellschafters getäuscht, hat die Beklagte überhaupt keine Anfechtungserklärung abgegeben. Ihre erstinstanzlich erklärte Anfechtung hat sie auf eine Täuschung über die tatsächlich geschuldete (niedrigere) Vergütung gestützt (S. 2, 17 f. Schriftsatz vom 18.1.2005, Bl. 85, 100 f. d.A.). Der jetzt behauptete Anfechtungsgrund ist ein völlig anderer, so dass die Anfechtung erneut hätte erklärt oder zumindest die erklärte Anfechtung darauf gestützt werden müssen, § 143 BGB. Dies ist nicht geschehen; vielmehr hat die anwaltlich vertretene Beklagte lediglich behauptet, Anfechtungsgründe für die bereits erstinstanzlich erklärte Anfechtung seien Täuschungen über die berufliche Eignung und Erfahrung der Beklagten (gemeint offensichtlich: der Schuldnerin) sowie über die wirtschaftliche Vergangenheit des geschäftsführenden Gesellschafters gewesen (S. 10 Schriftsatz vom 23.5.2006, Bl. 461 d.A.). Das ist ausweislich der Klageerwiderung unzutreffend. Zwar hat die Beklagte im Schriftsatz vom 15.12.2005 (S. 2, Bl. 319 d.A.) ausgeführt, sie vermute einen Eingehungsbetrug zu Lasten der Beklagten, da es laut der Aussage des Zeugen Z4 das erste Projekt dieser Art gewesen sei; auch hat sie im Schriftsatz vom 20.1.2006 (S. 2, Bl. 386 d.A.) die Meinung vertreten, die Schuldnerin hätte auf ihre mangelnde Erfahrung hinweisen müssen. Die Beklagte hat jedoch keinerlei Bezug zwischen diesen Behauptungen und der erklärten Anfechtung hergestellt und auch keine weitere Anfechtung erklärt, so dass hinsichtlich dieser Gründe bereits deshalb die Voraussetzungen einer Arglistanfechtung nicht erfüllt sind.

    34

    Unabhängig davon ist das Vorbringen zu den behaupteten Anfechtungsgründen nicht schlüssig und nicht dazu geeignet, eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu rechtfertigen. Hinsichtlich der zunächst behaupteten Täuschung über die tatsächlich geschuldete Vergütung hat die Beklagte bereits nicht dargelegt, worin konkret die Täuschungshandlung gelegen haben soll. Zudem ist die Kausalität einer etwaigen Täuschung für die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung nicht ersichtlich, da sich die tatsächlich geschuldete Vergütung ja gerade aus dem geschlossenen Vertrag ergibt. Die Behauptung, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe versucht, die Beklagte durch bewusstes Unterlassen eindeutiger Informationen im Zuge des Vertragsschlusses zur Zahlung eines nicht vereinbarten, überhöhten Honorars zu veranlassen (S. 18 Schriftsatz vom 18.1.2005, Bl. 101 d.A.), kann die Kausalität nicht begründen. Wenn doch nach Behauptung der Beklagten ein niedrigeres Honorar vereinbart war, ist sie zur Abgabe dieser Willenserklärung offensichtlich nicht durch Täuschung veranlasst worden. In der abweichenden Auslegung des Vertrags indes und dem Verlangen eines höheren Honorars, als die Beklagte als geschuldet ansieht, liegt keine Handlung, die Einfluss auf die bereits abgegebene Willenserklärung hat und zur Anfechtung des Vertrags berechtigt.

    35

    Die Beklagte könnte ihre Anfechtung aber auch nicht nachträglich auf die von ihr behauptete, vom Kläger bestrittene Unerfahrenheit der Schuldnerin stützen. Entgegen der Behauptung der Beklagten ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Z4 an keiner Stelle, dass es sich um das erste Projekt der Schuldnerin dieser Art gehandelt habe; die Behauptung ist daher erkennbar ins Blaue hinein erhoben. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die Schuldnerin eine Aufklärungspflicht über diesen Punkt getroffen hätte. Denn entscheidend ist nicht die Anzahl der bereits verwirklichten Projekte, sondern die fachliche Kompetenz des Unternehmers, hier also der Schuldnerin. Diese hat die Beklagte nicht substantiiert in Abrede gestellt. Allein der Hinweis darauf, dass die Schuldnerin der Beklagten keinen einzigen digitalisierten Plan vorgelegt habe, besagt nichts über deren Fachkunde.

    3.

    36

    Die Beklagte hatte kein Recht, den Vertrag in entsprechender Anwendung von § 650 BGB zu kündigen, weil die Ursache für die Kostenüberschreitung gegenüber den im Vertrag genannten Gesamtkosten aus der Risikosphäre der Beklagten stammte. An diese rechtliche Beurteilung des Bundesgerichtshofs ist der Senat gem. § 563 ZPO gebunden. Dabei kann dahinstehen, ob durch die Beweisaufnahme erwiesen ist, dass die Beklagte der Schuldnerin tatsächlich die Zahl der Wohnungen mit 2.500 und die Bruttogeschossflächenzahl mit 250.000 m² mitgeteilt hat. Zwar hat der Zeuge Z3 bekundet, er habe in seine Auftragsbestätigung die Daten einfließen lassen, die der mit den Verhandlungen betraute Zeuge Z1 ihm gesagt habe. Jedoch hat der Zeuge Z1 gegenteilig ausgesagt, dem Zeugen Z3 bereits im Herbst 2003 mitgeteilt zu haben, dass die Beklagte 7.500 Wohnungen mit einer Wohnfläche von 480.000 m² im Bestand habe. Hieran bestehen allerdings bereits deshalb Zweifel, weil der Zeuge Z1 bei seiner Aussage vor dem Landgericht mehrfach die Wohnungszahl mit 3.700 angegeben und diese dann erst auf 7.500 korrigiert hat (S. 6 Protokoll vom 13.7.2005, Bl. 249 d.A.). Dies könnte den Schluss nahe legen, dass er mit den tatsächlichen Verhältnissen der von ihm verwalteten Wohnungen nicht hinreichend vertraut war. Jedenfalls hat der Zeuge Z1 seiner eigenen Aussage zufolge erkannt, dass die Schuldnerin von 2.500 Wohnungen bei 250.000 m² Bruttogeschossfläche ausging, und diesen Irrtum nicht korrigiert. Er hat seiner Aussage zufolge auch erkannt, dass die Vergleichsangebote von einer gegenüber dem klägerischen Angebot höheren Geschossflächen- und Wohnungszahl ausgegangen sind (s. auch Anl. K 26, K 27, Bl. 193, 197 d.A.). In Ziff. 2.5.2 des Konkurrenzangebots vom 15.4.2004 (Anl. K 27, Bl. 196 ff. d.A.) ist ebenfalls die sog. „Spiegelung“ enthalten; das entspricht der Aussage des Zeugen Z1, man habe der Vergleichbarkeit das Mengengerüst der Klägerin zugrunde gelegt (Bl. 249). Dennoch ging das Konkurrenzangebot in seiner Auftragsbeschreibung von einer Wohnfläche von ca. 480.000 m² aus (Bl. 198 d.A.), was einer noch höheren Bruttogeschossfläche entspricht. Daher konnte die abweichende Benennung der Daten in der Einleitung des Angebots der Klägerin nicht auf die Spiegelung zurückzuführen sein, wie es der Zeuge Z1 verstanden haben will. Eine auf dem Vorhaben der Spiegelung beruhende geringere Geschossfläche konnte sich zudem auch nur bei den Einzelpositionen ausdrücken; bei den bereits in der Einleitung des Angebots der Klägerin genannten Größen handelt es sich aber erkennbar um den aus ihrer Sicht zu bearbeitenden gesamten Auftragsumfang. Überdies hat der Zeuge Z1 ausdrücklich bekundet, den Widerspruch zwar gesehen, den Auftrag allerdings ja nach oben gedeckelt zu haben. Das relativiert gerade seine vorherige Erklärung, der Unterschied beruhe auf der Spiegelung; vielmehr vertraute der Zeuge Z1 nach seiner Bekundung auf die – durch seine Aussage indes nicht bewiesene – Deckelung und nicht darauf, gegenüber der Klägerin die richtigen Daten angegeben zu haben. Damit nimmt der Senat Abstand von seiner ursprünglichen Interpretation der Zeugenaussage, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abweichung der tatsächlichen von der angesetzten Fläche dem Zeugen bewusst gewesen sei. Er folgt vielmehr der Auffassung des Landgerichts, die Spiegelung sei ein unglaubhafter Erklärungsversuch des Zeugen Z1, welcher daher nicht noch einmal vernommen werden muss.

    37

    Dieser Sachverhalt ist indes nicht anders zu behandeln, als wenn der Zeuge Z1 der Schuldnerin selbst eine unrichtige Wohnungszahl und Geschossflächengröße mitgeteilt hätte. Ebenso wie die Beklagte der Schuldnerin keine unzutreffenden Angaben über Anzahl und ungefähre Größe der von ihr verwalteten und damit ihren Geschäftsbereich betreffenden Wohnungen machen durfte, musste sie einen von ihr erkannten Irrtum der Schuldnerin über den tatsächlichen Auftragsumfang aufklären. Deren Angebot vom 12.11.2003 war deutlich zu entnehmen („wie besprochen“), dass diese das Gespräch vom 30.10.2003 und die darin enthaltenen Vorgaben der Beklagten zur Grundlage ihres Angebots machte. Wenn die Beklagte aber der Auffassung war, in Wahrheit andere Vorgaben gemacht zu haben, gebot es das vorvertragliche Schuldverhältnis zwischen den Parteien, die Schuldnerin auf deren offensichtlichen, für Kalkulation und Auftragsabwicklung erheblichen Irrtum hinzuweisen. Dabei ist unerheblich, dass diese Aufklärung auch in ihrem eigenen Interesse lag, um nämlich die Preiskalkulation der erheblichen Mehrmenge anzupassen. Das Unterlassen einer rechtlich gebotenen Aufklärung eines Irrtums über den Umfang der zu bearbeitenden Flächen ist indes mit der unrichtigen Mitteilung dieser Flächen gleichzusetzen. Ob das Unterlassen mit Täuschungsabsicht geschah, ist für die Entscheidung unerheblich. Entscheidend ist, dass der Zeuge Z1 gesehen hat, dass das Angebot und das Bestätigungsschreiben der Schuldnerin eine falsche Geschossflächenzahl zugrunde legte und diese in ihrem Glauben belassen hat. Sollte sich die Beklagte als Bestellerin trotz dieser Kenntnis über den voraussichtlich zu entrichtenden Gesamtpreis im Irrtum befunden haben, entstammt auch in diesem Fall die Ursache dafür ihrer eigenen Risikosphäre.

    38

    Damit kann sich die Beklagte nicht im Nachhinein in analoger Anwendung von § 650 BGB darauf berufen, das die tatsächlich geschuldete Vergütung von der veranschlagten zu ihren Lasten abweiche.

    4.

    39

    Entsprechendes gilt für die Anwendbarkeit der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Hat die Beklagte ein Angebot der Klägerin in Kenntnis der unrichtig zugrunde gelegten Bruttogeschossflächengröße angenommen, ist kein beiderseitiger Irrtum über die Geschäftsgrundlage gegeben.

    40

    Es bleibt daher bei einem Einheitspreisvertrag, der von der Beklagten frei gekündigt worden ist.

    5.

    41

    Für die Anspruchshöhe gem. § 649 BGB ist damit die von der Beklagten im Einzelnen nicht angegriffene schlüssige Abrechnung erbrachter und nicht erbrachter Leistungen durch die Klägerin zugrunde zu legen. Die mit Position 47 der Schlussrechnung vom 21.12.2004 (Anl. K 28, Bl. 340 ff. d.A.) geltend gemachten Kosten i.H.v. 73.122,75 € netto für Warte- und Standzeiten infolge des Hausverbots und der verweigerten Herausgabe der Pläne durch die Beklagte kann der Kläger als Schadensersatz aus § 280 BGB beanspruchen. Denn mit dem vor Vertragskündigung erteilten Hausverbot und der Verweigerung der Planherausgabe hat die Beklagte der Schuldnerin die Erfüllung des Vertrags unmöglich gemacht und damit gegen eigene Vertragspflichten verstoßen. Insoweit liegt weder eine über § 649 BGB abrechenbare erbrachte noch nicht erbrachte Leistung vor, sondern schlicht ein Schaden, wie der Kläger selbst sieht (S. 12 u. Schriftsatz vom 15.12.2005, Bl. 333 d.A.). Hingegen kann der Kläger nicht die unter Pos. 42 der Schlussrechnung abgerechneten Kosten für weiter entstehende Standzeiten i.H.v. 14.130,51 € verlangen. Denn hierbei handelt es sich entgegen den Ausführungen des Klägers Bl. 332 d.A. nicht um nicht erbrachte Leistungen i.S.v. § 649 BGB, sondern um einen hypothetischen Schaden, der nur dann angefallen wäre, wenn der Vertrag nicht gekündigt worden wäre. Ein hypothetischer Schaden ist jedoch nicht ersatzfähig. Daher ist der Anspruch des Klägers um den Betrag von 14.130,51 € zu kürzen, so dass sich ein von der Beklagten zu zahlender Betrag i.H.v. 863.046,98 € ergibt.

    42

    Der Anspruch ist nicht weiter zu kürzen unter dem von der Beklagten hervorgehobenen Gesichtspunkt, dass die Schuldnerin sie von der zu erwartenden Überschreitung des Auftrags nicht früher unterrichtet hat (vgl. § 650 Abs. 2 BGB). Insoweit hat die Beklagte aus dieser Behauptung gegenüber dem Vergütungsanspruch aus § 649 BGB bereits keine entsprechenden Rechte hergeleitet wie z.B. Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch. Überdies ist nicht erwiesen, dass die Schuldnerin die tatsächliche Größe der Bruttogeschossfläche früher hätte erkennen müssen, als das ihrem Vortrag zufolge der Fall war, nämlich im Laufe der Arbeiten Ende September 2004. Allein die Übersendung der sog. B-Liste am 11.8.2004 begründete insoweit noch keine Kenntnis der Schuldnerin. Eine Verpflichtung, anhand der Liste unverzüglich die Richtigkeit der dem Vertrag zugrunde liegenden Daten zu prüfen, hatte die Schuldnerin ohne weitere Anhaltspunkte nicht. Nach den nicht widerlegten Angaben des Zeugen Z3 hat sein Mitarbeiter die Daten zunächst eingelesen, so dass sie erst Ende September geöffnet werden konnten. Im Übrigen hatte die Beklagte nach oben Festgestelltem selbst Kenntnis über die erheblich höhere zu bearbeitende Bruttogeschossfläche, so dass sie bereits deshalb keines Hinweises bedurfte.

    6.

    43

    Der Anspruch ist auch fällig. Zwar setzt auch im Fall der Kündigung die Fälligkeit des Anspruchs hinsichtlich der erbrachten Teilleistungen grundsätzlich deren Abnahme voraus (BGH, Urteil vom 11.5.2006, VII ZR 146/04, juris). Eine Abnahme ist jedoch entbehrlich, wenn der Besteller die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert (BGH, Urteil vom 16.5.1968, VII ZR 40/66; BGH, Urteil vom 15.5.1990, X ZR 128/88, jew. juris). Das ist hier der Fall. Die Beklagte stützt sich in erster Linie auf fehlendes Zustandekommen des Vertrags bzw. dessen Wegfall infolge der von ihr erklärten Anfechtung. Zudem verlangt sie nunmehr widerklagend Rückzahlung der bereits geleisteten Abschlagszahlung. Damit bringt sie ihre fehlende Bereitschaft zum Ausdruck, auch nur die Teilleistung abzunehmen und zu vergüten. Daran ändert auch ihre grundsätzliche Vergleichsbereitschaft nichts, da diese allein prozessualen Zwecken dient.

    7.

    44

    Die Beklagte kann dem Zahlungsanspruch des Klägers keine eigenen Ansprüche mit der Folge einer Zug-um-Zug-Verurteilung gem. §§ 322 Abs. 1, 274 Abs. 1 BGB entgegen halten. Dabei ist bei vernünftiger Auslegung der Anträge der Beklagten davon auszugehen, dass diese ihr Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich eines Anspruchs auf Herausgabe von überlassenen Plänen nicht unter die Bedingung der Abweisung der Widerklage insgesamt gestellt hat, sondern nur unter die Rechtsbedingung der Wirksamkeit des Vertrags. Denn die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts für den Fall, dass der Herausgabeanspruch abgewiesen wird, wäre sinnlos, weil mit dessen Abweisung rechtskräftig feststünde, dass der Beklagten der Herausgabeanspruch, auf welchen sie das Zurückbehaltungsrecht gründet, nicht zustünde. Indes fehlt es bezüglich der herausverlangten Originalpläne weiterhin an deren hinreichend konkreter Bezeichnung. In der dem Schriftsatz der Beklagten vom 20.10.2011 beigefügten Liste C 1 (Bd. III Bl. 59 d.A.), auf die die Beklagte offenbar Bezug nehmen will (wenngleich ihr Antrag missverständlich lediglich auf das - im Zeitpunkt der Antragstellung noch gar nicht ergangene - Urteil Bezug nimmt) heißt es in der letzten Spalte lediglich „ausgehändigte Pläne“. Daraus ist nicht ersichtlich, wie viele Pläne je Bauvorhaben ausgehändigt wurden. In der Berufungsverhandlung hat der Prokurist der Beklagten zwar erklärt, bei den überlassenen Plänen handele sich jeweils um sog. „Plansätze“ für je ein Bauvorhaben. Auch daraus ist jedoch nicht ersichtlich, um welche Pläne es sich konkret handelt. Soweit die Beklagte erstmalig im nach der Berufungsverhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7.12.2011 ausführt, ein Plansatz bestehe aus den jeweils ein Bauvorhaben betreffenden Pläne für Untergeschoss, Erdgeschoss, ein Obergeschoss, Dachgeschoss, Schnitt und Ansicht, ist dieses Vorbringen gem. §§ 525, 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Ein Grund für die Wiedereröffnung der Verhandlung i.S.v. § 156 ZPO ist nicht gegeben. Die Beklagte hat zu dem in der Berufungsverhandlung erteilten Hinweis, dass auch die neue Bezeichnung noch zu unbestimmt sein könne, keinen Schriftsatznachlass gem. § 139 Abs. 5 ZPO beantragt. Insbesondere hat aber bereits der Bundesgerichtshof in seiner aufhebenden Entscheidung ausgeführt, dass aus der seinerzeit vorgelegten Liste nicht entnommen werden könne, wie viele Pläne je Bauvorhaben herauszugeben seien (S. 15 a.E.f. des Urteils). Damit waren die Mindestanforderungen für die Bestimmbarkeit des Herausgabeverlangens, nämlich die Anzahl der Pläne je Bauvorhaben, klar, ohne dass die Beklagte dem bei ihrer neuen Antragstellung Rechnung getragen hätte.

    45

    Zwar könnte in Betracht gezogen werden, die Beklagte zur Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe der der Schuldnerin überlassenen, auf Bl. 63 ff. näher bezeichneten Ordner zu verurteilen. Auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen dieser Ordner hat sich die Beklagte jedoch nicht gestützt.

    46

    Auch soweit sich die Beklagte auf ein Leistungsverweigerungsrecht in Bezug auf Ablieferung der erbrachten Leistung beruft, dringt sie damit nicht durch. Zum einen handelt es sich bei der verlangten Einlesung der digitalisierten Pläne nicht lediglich um Ablieferung der erzeugten Daten, sondern um einen darüber hinaus gehenden Arbeitsschritt (vgl. S. 6 Nr. 22 der Projektanweisung vom 3.8.2004, Bl. 45 d.A.). Nach Kündigung kann die Beklagte indes keine weitere Vertragserfüllung verlangen. Zum anderen ist auch dieses Verlangen zu unbestimmt, da weiterhin nicht ersichtlich ist, welche Pläne bereits digitalisiert sind. Damit fehlt es auch insoweit an der erforderlichen Identifizierung der geschuldeten Handlung, so dass eine Zug-um-Zug-Verurteilung insgesamt nicht erfolgen kann.

    47

    B. Widerklage:

    48

    Die von der Beklagten nunmehr erhobene Widerklage auf Rückzahlung der Abschlagszahlung ist gem. § 533 ZPO zulässig, aber unbegründet, da ein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist, der einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Abschlagszahlung bildet.

    49

    Soweit die Beklagte mit ihrer Widerklage darüber hinaus Herausgabe der Originalpläne verlangt, ist dieser Antrag als unechter Eventualantrag auszulegen, der nur für den Fall gestellt ist, dass sie mit dem Antrag auf Rückzahlung obsiegt. Denn die Beklagte stützt den Rückzahlungsantrag auf fehlendes Zustandekommen und Anfechtung des Vertrags; der Herausgabeantrag ist ersichtlich nur für den Fall gestellt, dass der Senat diese Auffassung teilt, um so einen Herausgabetitel zu erlangen. Für den Fall ihrer Verurteilung zur Zahlung will sich die Beklagte hingegen mit der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts begnügen, wie sich aus dem Hilfsantrag ergibt. Damit ist über den Antrag auf Herausgabe der Pläne nicht zu entscheiden.

    50

    C. Nebenentscheidungen

    51

    Der Kläger hat Anspruch auf Zinsen aus §§ 286, 288 BGB, da sich die Beklagte mit der Abschlagsrechnung vom 20.10.2004 über 151.786,- € seit 31.10.2004 und mit dem begründeten Teil der Schlussrechnung spätestens seit dem 25.1.2005 in Verzug befunden hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Zinspflicht nicht etwa deshalb entfallen, weil sich die Schuldnerin und später der Kläger mit ihren Herausgabepflichten gem. § 298 BGB in Annahmeverzug befunden hätten. Neben einem Leistungsverlangen der Beklagten wäre hierfür erforderlich gewesen, dass sie ihre eigene Leistung in annahmeverzugsbegründender Weise anbot. Dies ist nicht geschehen. Vielmehr hat sie durch ihr Berufen auf die Unwirksamkeit des Vertrags und den in erster Linie gestellten Klageabweisungsantrag zum Ausdruck gebracht, nicht leisten zu wollen.

    52

    Die Beklagte ist weiter zur Erstattung der außergerichtlich angefallenen Anwaltskosten als Verzugsschaden verpflichtet. Durch die im Verhältnis zum Gesamtgegenstandswert geringfügige Abweisung der Klage ändert sich an den hinsichtlich der Schlussrechnung anzusetzenden anwaltlichen Gebühren nichts.

    53

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    54

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO sind nicht erfüllt, da die Rechtssache keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 133 BGB, § 142 BGB, § 143 BGB, § 150 Abs 2 BGB, § 157 BGB, § 649 Abs 2 BGB, § 650 BGB