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  • 10.07.2014 · IWW-Abrufnummer 142010

    Oberlandesgericht Jena: Urteil vom 08.01.2014 – 2 U 156/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Rechtsstreit
    i gesellschaft mbH
    - Klägerin und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte
    gegen
    W GmbH
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt
    wegen Architektenhonorar
    hat der 2. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Orth, den Richter am Oberlandesgericht Grüneberg und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Fibich
    auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2013

    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts G vom 05.02.2013, Az. 1 HKO 50/10, wird zurückgewiesen.
    2.

    Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
    3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Nummer 1 genannte Urteil des Landgerichts G ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
    4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin begehrt von der Beklagten Honorar für Architektenleistungen.

    Die Beklagte, eine kommunale Wohnungsgesellschaft, beabsichtigte, eine ihr gehörende Wohnanlage zu modernisieren und umzugestalten. Dazu bat sie die Klägerin im Jahre 2005, verschiedene Umbauvarianten zu erarbeiten, die sie potentiellen Interessenten vorstellen wollte, um aufgrund der Rückmeldungen zu entscheiden, wie der Umbau aussehen soll. Zudem benötigte die Beklagte diese Planungsunterlagen, um die für die Umsetzung erforderlichen Fördermittel bewilligt zu bekommen. Beide Umstände waren der Klägerin bekannt. Die Klägerin erstellte eine Studie, die mögliche Varianten auswies und diese kostenseitig bewertete. In ihrem Schreiben vom 17.05.2005 (Anlage B 1) teilte die Beklagte der Klägerin mit, diese Leistung werde sie im Rahmen ihre Akquisition kostenfrei erbringen. Mit Schreiben vom 05.10.2005 (Anlage K 1) bestätigte die Klägerin der Beklagten, dass sie die ihr am 09.09.2005 übergebene Broschüre im Rahmen ihrer Akquisition kostenfrei erarbeitet habe. Zugleich schlug sie der Beklagten hinsichtlich "der weiterführenden Arbeiten [...] bis zur Klärung der detaillierten Bauaufgabe eine Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlich benötigten Zeitaufwandes vor", wobei sie als Stundensatz 45,- EUR netto nannte und kündigte an, "diese Aufwendungen bei dem noch abzuschließenden Architektenvertrag mit dem dort vereinbarten Honorar [zu] verrechnen". Für den Fall, dass die Beklagte "eine andere Verfahrensweise bevorzuge[...]", erbat die Klägerin "eine kurze Nachricht". In der Folgezeit erbrachte die Klägerin für die Beklagte weitere Planungsleistungen. Im Juni 2006 (Anlage B 5) bot die Klägerin der Beklagten den Abschluss eines schriftlichen Architektenvertrages an, der auf die Leistungsphasen 1 bis 3 beschränkt sein sollte. Der Passus lautet wie folgt:

    "Gemäß unserer kürzlich vorgenommenen Abstimmung übersenden wir Ihnen beiliegend den Entwurf für einen Architektenvertrag in zweifacher Ausfertigung.

    Der Vertrag umfasst alle erforderlichen Planungsleistungen für die Bereiche Bau und Technische Ausrüstung.

    Entsprechend dem gegenwärtigen Arbeitsstand haben wir eine stufenweise Beauftragung, welche zunächst bis zur Leistungsphase 3 "Entwurfsplanung" reicht, vorgesehen. Alle weiteren Arbeitsschritte sind gesondert von Ihnen freizugeben."

    Dieses Angebot lehnte der Geschäftsführer der Beklagten ab, da er einen schriftlichen Architektenvertrag erst nach einer endgültigen Entscheidung über die konkrete Art des Umbaus abschließen wollte.

    Unter dem Datum vom 14.12.2006 und vom 12.12.2007 (Anlage K 4) legte die Klägerin zwei Rechnungen über brutto 20.775,60 EUR bzw. 9.504,53 EUR. Die beiden Rechnungen leitete sie dabei jeweils mit der Formulierung ein "unsere Leistungen rechnen wir vorläufig auf der Grundlage des benötigten Zeitaufwandes wie folgt ab:" Die Beklagte beglich beide Rechnungen.

    Das Bauprojekt wurde nicht durchgeführt. Die Beklagte beendete die Zusammenarbeit mit der Klägerin. Daraufhin erteilte die Klägerin der Beklagten unter dem 17.07.2009 ihre Schlussrechnung auf Grundlage der HOAI (Anlage K 5).

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

    Das Landgericht G hat die Klage abgewiesen. Da ein Architektenvertrag nicht ausdrücklich geschlossen worden sei, sei die Absprache zwischen den Streitparteien als Vorvertrag, als bedingte Honorarvereinbarung oder aber als konkludenter Architektenvertrag zu qualifizieren. Dabei könne jedoch dahinstehen, welcher Typus vorliege. Ordne man die Vereinbarung als Vorvertrag ein, könne die Klägerin nicht nach der HOAI abrechnen, da es am späteren Abschluss eines Hauptvertrages fehle. Sehe man in der Absprache eine bedingte Honorarvereinbarung, so stehe der Klägerin ebenfalls nicht die eingeklagte Vergütung zu, da die aufschiebende Bedingung (Entscheidung über die konkrete Art des Umbaus sowie positive Beantwortung der Finanzierungsfrage) noch nicht eingetreten sei. Aber selbst wenn man die Vereinbarung als konkludent geschlossenen Architektenvertrag einstufe, so sei gleichwohl kein Architektenhonorar geschuldet. Denn dann hätte die Klägerin gegen eine ihr obliegende Aufklärungspflicht verstoßen. Dieser Verstoß führe zu einer Haftung der Klägerin wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (c.i.c.), was eine Honorarminderung [auf Null] zur Folge habe. Angesichts der Umstände wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, "die Beklagte darauf hinzuweisen, dass für den Fall der Nichtdurchführung des Objektes und des Nichtzustandekommens eines Architektenvertrages über alle Leistungsphasen die im Rahmen der Leistungsphasen 1 bis 3 der §§ 15 bis 73 HOAI erbrachten Leistungen letztendlich doch nicht nach tatsächlich benötigtem Zeitaufwand abgerechnet werden, sondern nach der HOAI".

    Mit ihrer Berufung wirft die Klägerin dem Landgericht G vor, gegen § 139 ZPO verstoßen, den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, seiner Entscheidung falsche Tatsachen zugrunde gelegt, die Tatsachen fehlerhaft subsumiert und § 631 BGB nicht richtig angewendet zu haben.

    Unzutreffenderweise habe das Landgericht die streitgegenständliche Abrede als Vorvertrag eingestuft. Entsprechenden Tatsachenvortrag, der eine solche rechtliche Einschätzung rechtfertige, hätten die Parteien nicht gehalten. Anders als das Landgericht annehme, seien sich die Streitparteien seinerzeit durchaus über die wesentlichen Vertragsbestandteile einig gewesen. Hingegen sei es nicht erforderlich gewesen, sich bereits abschließend über alle Vertragspunkte zu einigen. Dies entspreche ohnehin bei einem Architektenvertrag nicht der Regel. Der Stundensatz von 45,- EUR netto sei als vorläufige Honorarbasis nur deshalb gewählt worden, weil noch keine anrechenbaren Kosten bekannt gewesen seien.

    Auch sei es unschädlich gewesen, dass die Beklagte den ihr von der Klägerin unterbreiteten Vertragsentwurf nicht unterzeichnet habe. So bedürfe ein Architektenvertrag nicht der Schriftform. Die Beklagte habe das Angebot der Klägerin vom 05.10.05 (Anlage K 1, Bl. 21-22) angenommen, indem sie die Planungsleistungen abgerufen sowie die von der Klägerin gelegten Abschlagsrechnungen beglichen habe. Da mithin bereits ein Architektenvertrag zustande gekommen sei, sei es unschädlich, dass die Beklagte den Vertragsentwurf der Klägerin vom Juni 2006 nicht angenommen habe.

    Im Übrigen stelle die Nichtunterzeichnung des Vertragsentwurfs auch keine endgültige Weigerung der Beklagten dar, die Architektenleistungen der Klägerin zu vergüten. Die Beklagte habe die schriftliche Fixierung "des bereits geschlossenen Vertrages über Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 3 [lediglich] bis zur endgültigen Entscheidung über die Art des Umbaus aufgeschoben, um dann den Vertrag über die Leistungsphasen 1 bis 8 in die Schriftform zu bringen".

    Fehl gehe das Landgericht auch in der Annahme, die Streitparteien hätten eine bedingte Honorarvereinbarung getroffen. Dieser Ansatz sei durch den Vortrag der Parteien nicht gedeckt.

    Insbes. enthalte das Angebot der Klägerin (Anlage K 1) keine derartige Bedingung. Die Beklagte habe dieses Angebot auch durch "das Abrufen der Planungsleistungen und Bezahlen der entsprechenden Abschlagsrechnungen der Klägerin nach Leistungserbringung [...] bedingungslos angenommen".

    Anders als vom Landgericht angenommen, sei mithin in jedem Fall davon auszugehen, dass die Streitparteien einen Architektenvertrag abgeschlossen haben. Entgegen der Ansicht der Kammer liege auch kein Ausnahmefall vor, der es der Klägerin verwehre, sich auf die Mindestsätze der HOAI zu berufen. Zum einen sei es nicht ungewöhnlich, dass zu Beginn der ersten Planungsleistungen die konkrete Baumaßnahme noch nicht feststehe und die Finanzierung noch nicht bestätigt sei. Zum anderen habe der Klägerin auch gegenüber der Beklagten nicht die vom Landgericht angenommene vorvertragliche Aufklärungspflicht oblegen. So übersehe die Kammer, dass der Architektenvertrag bereits geschlossen gewesen sei. Zudem sei es abwegig, von dem Auftragnehmer zu verlangen, auf eine Vergütungspflicht hinzuweisen, wenn ein entgeltlicher Vertrag geschlossen worden sei.

    Ferner moniert die Klägerin, die Annahme des Gerichts treffe nicht zu, wonach die Klägerin Kenntnis davon gehabt habe, "dass der (schriftliche) Abschluss des Vertrages davon abhing, dass mit Hilfe der erbrachten Planungsleistungen auch die Finanzierung des Objektes und damit des Architektenhonorars erzielt werden sollte". Unabhängig davon enthalte die HOAI zwingendes Preisrecht.

    Außerdem kritisiert die Klägerin, das Landgericht habe sich nicht mit ihren Argumenten auseinandergesetzt, warum kein Ausnahmefall im Sinne der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.05.1997 - VII ZR 290/95 - vorgelegen habe. Sie habe sich weder widersprüchlich verhalten noch habe die Beklagte darauf vertraut bzw. vertrauen können, nur ein den HOAI-Mindestsatz unterschreitendes Honorar zahlen zu müssen.

    Die Klägerin beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 82.320,31 nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.08.2009 zu zahlen,

    2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 1.680,10 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie verweist auf den zeitlichen Ablauf der Vertragsverhandlungen. Schon vor ihrem ersten Tätigwerden sei der Beklagten bekannt gewesen, das die Verwirklichung des Bauvorhabens vorrangig "von der Gewährung von Fördermitteln nach Einreichung einer entsprechenden Fördermittelanfrage sowie sekundär von der Akzeptanz etwaiger Erwerber oder Nutzer nach einer entsprechenden Präsentationsphase" abhängig gewesen sei. Auch das Angebot der Klägerin vom 28.06.2006 sei von einer stufenweisen Beauftragung ausgegangen. Die Klägerin habe auch im weiteren Verlauf gewusst, dass die Realisierung des Bauvorhabens unter einem Finanzierungsvorbehalt gestanden habe.

    Die Klägerin gehe zu Unrecht davon aus, dass das Landgericht einen Vorvertrag angenommen habe. Zutreffend sei die Kammer hingegen von einem bedingten Vertrag ausgegangen. Diese Einschätzung stehe in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema "bedingter Architektenvertrag".

    Vorliegend habe die Klägerin eine reine Akquisetätigkeit entfaltet. Aufgrund einer entsprechenden Stundenlohnvereinbarung habe ihr die Beklagte den dabei entstandenen Aufwand ersetzt. Mangels Architektenvertrages sei dies auch mit § 4 Abs. 2 HOAI (grundsätzliches Verbot der Mindestsatzunterschreitung) vereinbar.

    Des Weiteren vertritt die Beklagte die Ansicht, die Klägerin müsse sich an den durch sie gelegten Rechnungen festhalten lassen. So sei die Rechnung vom 12.12.2007 (Anlage K 4) als Schlussrechnung zu werten. Dies ergebe sich aus der vorgerichtlichen Korrespondenz. So habe die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 01.07.2008 [!] (Anlage B 7) den bis dahin erbrachten Aufwand quasi endabgerechnet. Interpretiere man die Rechnung vom 12.12.2007 als Schlussrechnung, so könne die Klägerin - selbst wenn man von einer Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze ausgehe - die Differenz nicht verlangen, da die Beklagte auf die Rechnung ohne Beanstandung gezahlt habe.

    Zudem meint die Beklagte, sie könne sich mit Erfolg auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen. Denn sie habe sich berechtigterweise auf die Endgültigkeit der Schlussrechnung eingerichtet. Schutzwürdiges Vertrauen sei schon deshalb begründet worden, weil zwischen der letzten Abschlagsrechnung und der streitgegenständlichen Rechnung ein erheblicher zeitlicher Abstand bestanden habe. Auch könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein im Immobilienbereich tätiger Auftraggeber weitreichende Kenntnisse der HOAI habe.

    Zutreffend sei das Landgericht im Übrigen von einer Aufklärungspflicht der Klägerin hinsichtlich der Honorarhöhe ausgegangen, die diese verletzt habe.

    II.

    Die Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg. Der Klägerin steht über den ihr von der Beklagten bereits außergerichtlich gezahlten Betrag hinausgehend kein weitergehender Honoraranspruch für die von ihr erbrachten Architektenleistungen zu.

    1. Auf den vorliegenden Fall ist die HOAI in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1991 (BGBl. I S. 533), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 10. November 2001 (BGBl. I S. 2992), anzuwenden. Dies folgt aus der Übergangsvorschrift des § 55 HOAI 2009. Denn vorliegend geht es um Leistungen, die vor Inkrafttreten der HOAI 2009 vertraglich vereinbart worden sein sollen.

    2. Entgegen der klägerischen Ansicht ist zwischen den Streitparteien kein HOAI-Architektenvertrag geschlossen worden, aus der sie den von ihr geltend gemachten Honoraranspruch herleiten könnte.

    a) Grundsätzlich schließt jeder, der die Dienste eines Architekten in Anspruch nimmt, zumindest stillschweigend einen Architektenvertrag ab. Daher muss er damit rechnen, an den Architekten eine Vergütung zu zahlen. Besonders gilt dies, wenn die Leistung mit einem Arbeitsaufwand oder Kosten verbunden ist. Denn derartige Leistungen werden regelmäßig nicht unentgeltlich erbracht (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage 2013, Rn. 626; vgl. BGH, Urteil vom 09.04.1987 - VII ZR 266/86, NJW 1987, 2742, 2743). Dementsprechend ist davon auszugehen, dass jeder Architekt grundsätzlich nur für eine bestimmte Zeit bereit sein wird, unentgeltliche "Vorleistungen" im vertragslosen Zustand zu erbringen (Werner/Pastor, Rn. 627, 635, 639). Letztlich hängt es aber von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab, ob der Architekt werbend tätig wird, um den Auftrag zu erhalten - dann handelt es sich um eine unentgeltliche Akquisitionstätigkeit -, oder ob er bereits auf vertraglicher Grundlage eine vergütungspflichtige Tätigkeit wahrnimmt (OLG Hamm, Urteil vom 06.12.1991 - 26 U 58/91, NJW-RR 1992, 468, 469).

    b) Vorliegend ergeben die Auslegung des klägerischen Schreibens vom 05.10.2005 an die Beklagte sowie das weitere Verhalten der Streitparteien, dass diese weder im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 05.10.2005 noch später einen Architektenvertrag abgeschlossen haben. Einerseits wird durch das Verhalten der Beklagten deutlich, dass Kostenfreiheit für sie eine wichtige Rolle spielte. Dies geht etwa aus dem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 05.10.2005 (Anlage K 1, Blatt 21 R) hervor. Ihm lässt sich entnehmen, dass es die Beklagte war, die die Vergütungfrage gegenüber der Klägerin zur Sprache brachte ("Anlässlich unserer Beratungen hatten Sie bereits die Vergütung unserer Leistungen angesprochen."). Weiter heißt es u.a.: "In diesem Zusammenhang bestätigen wir Ihnen gern noch einmal, dass wir die am 9. September 05 übergebene Broschüre im Rahmen unserer Akquisition für Sie kostenfrei erarbeitet haben". Vorausgegangen war dem das Schreiben der Klägerin vom 17.05.2005 (Anlage B 1, Bl. 187 f.), in dem die Klägerin offeriert, nach Objektbesichtigung und "Abschluss der Bedarfsermittlung im Rahmen einer kleinen Studie mögliche Varianten aus[zu]arbeiten und dar[zu]stellen sowie kostenseitig [zu] bewerten", wobei diese Leistung "im Rahmen [der] Akquisition kostenfrei" erfolgen sollte.

    Aus der folgenden Textpassage im Schreiben vom 05.10.2005 wird dann deutlich, dass die Klägerin für weitere Architektenleistungen durchaus ein Entgelt erhalten wollte. So heißt es: "Hinsichtlich der weiterführenden Arbeiten schlagen wir Ihnen bis zur Klärung der detaillierten Bauaufgabe eine Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlich benötigten Zeit Aufwandes vor. Der Stundensatz beträgt 45 EUR (netto).

    Selbstverständlich werden wir diese Aufwendungen bei dem noch abzuschließenden Architektenvertrag mit dem dort vereinbarten Honorar verrechnen. Sollten Sie eine andere Verfahrensweise bevorzugen, so geben Sie mir bitte eine kurze Nachricht."

    Die Beklagte hat dieser Verfahrensweise nicht widersprochen. Konsequenterweise hat die Klägerin dann auch unter dem 14.12.2006 (Anlage K 4, Blatt 25) und unter dem 12.12.2007 (Anlage K 4, Blatt 25 R) nach Zeitaufwand abgerechnet und die Rechnungen wie folgt eingeleitet: "Sehr geehrter Herr G , unsere Leistungen rechnen wir vorläufig auf der Grundlage des benötigten Aufwandes wie folgt ab:" Die entsprechenden Rechnungen hat die Beklagte dann auch bezahlt.

    Noch vor Erteilung dieser als "vorläufig" deklarierten Abrechnungen hatte der Geschäftsführer der Klägerin dem Geschäftsführer der Beklagten im Juni 2006 den Entwurf eines schriftlichen Architektenvertrages angeboten, der auf die Leistungsphasen 1-3 beschränkt sein sollte (Anlage B 5, Blatt 194 f.). Die Beklagte hat diesen Entwurf nicht unterzeichnet. Sie hat dies mit der Begründung abgelehnt, sie wolle einen schriftlichen Architektenvertrag, bezogen auf alle Leistungsphasen, erst nach einer endgültigen Entscheidung über die konkrete Art des Umbaus abschließen.

    Das Verhalten der beiden Streitparteien macht deutlich, dass die Klägerin für ihre weiteren Leistungen, die sie nach Erstellung der von ihr ausdrücklich als kostenfreie Akquisitionsmaßnahme benannten Dokumentation erbracht hat, eine Vergütung erhalten wollte. Dies war auch der Beklagten bekannt. Andererseits wusste die Klägerin, dass die Beklagte - ein geschäftserfahrenes Unternehmen der Wohnungswirtschaft -zunächst keinen Architektenvertrag schließen wollte. Dies hat sie - nachdem die Beklagte sich nicht auf den Entwurf des schriftlichen Architektenvertrags eingelassen hatte - auch akzeptiert. Sie hat dann auf der Grundlage der bereits im Oktober 2005 vereinbarten Stundenlohnabrechnung zwei Rechnungen gestellt. Sie hat sie zwar als vorläufig deklariert, war sich aber bewusst, dass es noch des Abschlusses eines Architektenvertrages bedurfte. In ihrem Schreiben vom 05.10.2005 war hierzu auch vorgesehen, dass später die Zahlungen der Beklagten mit dem in dem späteren Architektenvertrag vereinbarten Honorar verrechnet werden sollten.

    Da die Beklagte sehr deutlich gemacht hatte, dass sie noch keinen Architektenvertrag schließen wollte und die Klägerin dies letztlich durch ihre eigenen Handlungen auch akzeptiert hat, kann nicht von einem konkludenten Vertragsschluss ausgegangen werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Leistungen der Klägerin über das normalerweise im Rahmen der Akquisition Übliche hinausgingen. Denn insoweit hat die Beklagte den Wunsch der Klägerin akzeptiert, diese Tätigkeiten auf Stundensatzbasis zu entgelten. Dementsprechend ist von einer Einigung der Streitparteien dahingehend auszugehen, dass die Akquisephase zwar weitergehen, jedoch nicht kostenlos sein sollte. Vielmehr verpflichtete sich die Beklagte, die weitergehenden Akquisationsmaßnahmen zu vergüten. Diese Zahlungen sollten dann später nach dem möglichen Abschluss eines Architektenvertrages mit Honorarforderungen der Klägerin verrechnet werden. Hätte die Klägerin im weiteren Verlaufe die Beklagte weitergehend vertraglich binden wollen, hätte sie dies der Beklagten unmissverständlich deutlich machen müssen. Dies hat sie jedoch nicht getan. Vielmehr hat sie sich auch zumindest bis Anfang 2008 an der Abrede von 2005 orientiert. Denn die Rechnung für den Zeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007, die sie allerdings als "Abschlagsrechnung" bezeichnete, erfolgte weiterhin auf der Basis der Vereinbarung aus dem Jahre 2005. Mehr Leistungen hat die Klägerin dann für die Beklagte auch nicht mehr erbracht. Denn ausweislich von Seite 6 der Klageschrift habe "die Beklagte [letztmalig] im Dezember 2007 Leistungen der Klägerin ab[gefordert]", deren Ergebnisse die Klägerin der Beklagten im Januar 2008 übermittelt habe, wie aus dem Schreiben der Klägerin vom 07.02.2008 (Anlage K 2) hervorgehe.

    Wie ausgeführt, hatten die Streitparteien eine Entgeltabrede getroffen, die Akquisationstätigkeiten der Klägerin betraf. Eine solche Vereinbarung unterfällt nicht dem § 4 Abs. 4 HOAI, wonach die jeweiligen Mindestsätze der HOAI als vereinbart gelten, sofern nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist. Denn die HOAI lässt die Vertragsfreiheit unberührt, so dass es den Parteien freisteht, für Akquisitionstätigkeiten ein Entgelt zu vereinbaren, das sich unterhalb der Mindestsätze der HOAI bewegt (vgl. OLG München, Urteil vom 25.01.2005 - 28 U 2235/03, BeckRS 2007, 03525).

    Da die Berufung der Klägerin ohne Erfolg bleibt, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen. Die vorliegende Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    RechtsgebieteHOAI, ArchitektenrechtVorschriften§ 4 Abs. 2 HOAI § 55 HOAI