30.07.2015 · IWW-Abrufnummer 145040
Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 03.07.2012 – 9 U 1421/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Dresden
Zivilabteilung
Aktenzeichen: 9 U 1421/11
Landgericht Dresden 5 O 2494/09
Verkündet am: 03.07.2012
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
J. … GmbH, …
vertreten durch den Geschäftsführer …
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
gegen
Freistaat Sachsen, Landesamt für Finanzen, …
vertreten durch das Landesamt für Finanzen
- Beklagter und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
wegen Werklohnforderung
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B.,
Richter am Oberlandesgericht R. und
Richterin am Oberlandesgericht R.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2012 am 03.07.2012
für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 19.08.2011, Az. 5 O 2494/09, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil des Landgerichts und das Urteil des Senats sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstands des Berufungsverfahrens wird auf 46.345,03 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt Werklohn für erbrachte Leistungen. Der Beklagte wendet Verjährung ein und rechnet im Übrigen auf mit Schadenersatzansprüchen wegen Ersatzvornahmekosten aus einem Werkvertrag vom 25.07.2003 über Natursteinarbeiten.
Zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils.
Darüber hinaus ist hinsichtlich des zur Aufrechnung gestellten Schadenersatzanspruchs zu ergänzen:
Mit Zuschlag vom 25.07.2003 (Anlage B 1) beauftragte der Beklagte die Klägerin mit der Erbringung von Natursteinarbeiten im …. Ausweislich des zum Vertragsinhalt gewordenen Leistungsverzeichnisses (Anlage B 6) hatte die Beklagte im Rahmen eines Einheitspreisvertrages unter Einbeziehung der VOB/B u. a. den Einbau von Innenfensterbänken und von Türrahmungen mit Natursteinplatten vom 20.10.2003 bis zum 31.12.2003 zu erbringen. In der Leistungsbeschreibung (Anlage B 6 Seite 5) heißt es allgemein, dass die im LV angegebenen Maße ausschließlich zur Angebotserstellung dienten und keine steintechnischen Angaben für die Ausführung beinhalteten. Die genauen Maße sollten vor Fertigung der Werkstücke vom Auftragnehmer eigenverantwortlich an der Baustelle zu nehmen sein. Zu den Innenfensterbänken enthält das Leistungsverzeichnis unter verschiedenen Positionsnummern ca.-Angaben zur Breite und Länge mit dem weiteren Hinweis, dass die Fensterbänke einzeln vor Ort aufzumessen und anzupassen seien.
Mit Schreiben vom 16.09.2003 (Anlage BK 7) teilte das beklagtenseits eingeschaltete Architekturbüro der Klägerin den als endgültig bezeichneten Termin für den Einbau der Fensterbänke ("sofort nach Fenstereinbau ab 01.11.03") mit.
In der Folgezeit gingen die Klägerin und das vorgenannte Architekturbüro zunächts von einer Fertigungstiefe der Fensterbänke von 25 cm (Anlage BB 2) und einer daraus resultierenden Fensterbankbreite von 27 cm (Anlage BK 3; vgl. auch Anlage BK 15) aus und hielten in einer Baubesprechung vom 05.11.2003 als so bezeichnete neue Nachfrist für den Einbau der Fensterbänke den 20.11.2003 fest. Mit Schreiben vom 21.11.2003 (Anlage BB 3) beanstandete die Klägerin, dass die örtlichen Verhältnisse nicht durchgängig eine Fensterbankbreite von 27 cm zuließen.
Unter dem 24.11.2003 (Anlage BK 19) nahm der S. (S.) den Ablauf der Frist vom 20.11.2003 zum Anlass, eine Nachfrist zur Fertigstellung der Arbeiten bis zum 28.11.2003 zu setzen. Zugleich kündigte er nach fruchtlosem Verstreichen der Frist an, den Auftrag zu entziehen und Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Am 25.11.2003 korrigierte das Architekturbüro das Maß der Fensterbänke nach oben auf
30 cm in der Breite (Anlage K 5, Bl. 84 d. A.). Daraufhin löste die Klägerin am 26.11.2011 eine entsprechende Bestellung bei der Firma H. aus (Anlage K 6, Bl. 85 d. A.).
In der von der Firma H. für die Klägerin übersetzten Auftragsbestätigung der Herstellerfirma F. vom 29.11.2003 heißt es:
"Veranlassen Sie bitte die Überweisung des Gesamtbetrages per Banküberweisung. Bitte beachten Sie dass der Auftrag nur nach Zahlungseingang Gültigkeit hat."
Unter der Überschrift Verkaufsbedingungen heißt es unter Ziffer 3 "Zahlung mit Vorauskasse".
Auf die Aufforderung des Beklagten vom 04.12.2003 (Anlage BB 8), bis 05.12.2003 durch Dokumente die Vertragsbeziehungen zu H./F. nachzuweisen und mitzuteilen, wann mit der Lieferung und dem Einbau des Steines gerechnet werden könne, bat die Beklagte mit Schreiben vom selben Tag (Anlage BB 9, K 38), bei der Firma H. den Einfluss als Auftraggeber geltend zu machen, "um eine Preisbindung entsprechend der Angebote und zuverlässigen Lieferzusagen von H./F. zu erreichen."
Mit Schreiben vom 08.12.2003 (BB 9, K 46) wies die Klägerin den Beklagten darauf hin, dass die Firma F. einseitig die Belieferungskonditionen von 30 % Vorkasse in 100 % Vorkasse geändert habe. Sie werde zu den veränderten Konditionen bestellen, wenn dies von dem Beklagten angeordnet werde und sie gegenüber dem Beklagten entsprechend als Vorauszahlung (wegen weiterer 70 %) abrechnen zu dürfen. Mit Schreiben vom selben Tag an die Firma H. bat die Klägerin (Anlage BB 9, K 48) um Übergabe einer Bürgschaft, die 100 % der Rechnungssumme abdeckt, und unterrichtete mit Schreiben vom 10.12.2003 (Anlage BB 9 K 47) den Beklagten hiervon. Dieser erklärte mit Schreiben vom 10.12.2003 (Anlage B 9) die Kündigung des Vertrages mit der Begründung, die gesetzten Leistungsfristen seien ohne jeglichen Leistungswillen verstrichen, verwertbare Unterlagen zum Nachweis des Fortgangs der vertraglich geschuldeten Leistungen würden nicht vorgelegt. Die Leistungen würden gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B an einen Dritten vergeben. Mit Fax vom 11.12.2003 (Anlage BB 13) schließlich stellte die Firma F. klar, dass die Zahlungsbedingungen (30 % bei Bestellung, 70 % vor Ablieferung) sich nicht verändert hätten, und bislang keine Bestellung vorliege.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, ihre Forderungen seien nicht verjährt.
Der Beklagte hat die Forderungen hier für verjährt gehalten. Im Übrigen hat sie die Aufrechnung erklärt mit Schadenersatzansprüchen, die aus der nach Vertragskündigung erfolgten Drittvergabe der Natursteinarbeiten entstanden seien. Er habe fristlos nach § 8 Nr. 3 Abs. 5 und 5 Nr. 4 VOB/B kündigen können, da sich die Klägerin mit ihren Leistungen in Verzug befunden habe. Im Zeitpunkt der Kündigung vom 10.12.2003 habe die Klägerin mit der Durchführung der Arbeiten noch nicht einmal begonnen gehabt. Die zuletzt gesetzte Frist zum 28.11.2003 sei ergebnislos verstrichen. Ihm sei ein erhöhterer Kostenaufwand i.H.v. 106.513,71 EUR, entstanden, mit dem er entlang den im Einzelnen dargestellten Positionen (Bl. 39 ff.) aufrechne.
Die Klägerin hat gemeint, sich nicht in Verzug mit der Erbringung der Natursteinarbeiten befunden zu haben.
In einer weiteren Klage aus dem dort aus abgetretenem Recht klagenden Geschäftsführer der Klägerin gegen den Beklagten hat das Landgericht Dresden unter dem Az. 8 O 1719/06 Werklohn wegen Beseitigung von Flutschäden i.H.v. 5.100,00 EUR zugesprochen. Mit Urteil vom 09.06.2010 hat das Oberlandesgericht Dresden (Az. 6 U 1527/08, Bl. 51 d. A.) die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Auch in jenem Verfahren hat der Beklagte die Aufrechnung erklärt mit Ersatzvornahmekosten aus dem Vertrag vom 25.07.2003, wobei der dortige Teilbetrag von 5.100,00 EUR von der Klägerin im hiesigen Verfahren nicht eingeklagt wird.
Das Landgericht hat den Kläger mit Urteil vom 19.08.2011 zur Zahlung von 46.345,03 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die dem Grund und der Höhe nach nicht bestrittenen klägerischen Werklohnforderungen in ausgeurteilter Höhe seien auch insoweit nicht verjährt, als sie auf Rechnungen aus dem Jahre 2005 beruhten.
Schadenersatzforderungen könne der Kläger nicht entgegenhalten. Substantiierter Vortrag, dass die Klägerin die fristlose Kündigung vom 10.12.2003 verantwortlich herbeigeführt habe, fehle. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung ausweislich der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 09.06.2010, der beigetreten werde, nicht vor.
Gegen das am 26.08.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 20.09.2011 eingegangenem Schriftsatz die Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 23.11.2011 mit am 22.11.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Einrede der Verjährung betreffend die Rechnungen Ziffer 1. bis 7. (Rechnungen aus 2005 über 41.127,76 €) greife durch. Die 3jährige Verjährungsfrist habe Ende 2005 zu laufen begonnen und sei am 31.12.2008 abgelaufen. Der Mahnbescheidsantrag vom 29.12.2008 habe mangels rechtzeitiger Zustellung angesichts des klägerischen Antrags auf Neuzustellung nunmehr mit korrekter Parteibezeichnung erst vom 06.03.2009 keine Hemmungwirkung nach § 204 Nr. 3 BGB begründen können.
Die Klägerin habe das Mahnverfahren zunächst auch nicht weiter betrieben. Ebenso wenig habe er in Bezug auf die der Klageforderung zugrundeliegenden Rechnungen Anerkenntniserklärungen abgegeben.
Der die Natursteinarbeiten betreffende Vertrag mit der Klägerin sei berechtigterweise außerordentlich wegen Klägerverzugs gekündigt worden. Die Fensterbänke seien bereits mit einer Tiefe von 30 cm ausgeschrieben gewesen. Dass dem Beklagten mit Schreiben vom 08.12.2003 (Anlage BB 9, K 46) geschilderte Problem habe nicht bestanden, wie von der Firma F. bestätigt worden sei (Anlage BB 13). Diesbezügliche Irritationen hätten ohnehin ausschließlich im Verantwortungsbereich der Klägerin als Auftragnehmer gelegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil, die zu den Akten gelangten Schriftsätze samt Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
1. Die klägerische Werklohnforderung ist nicht verjährt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts insoweit Bezug genommen.
Darüber hinaus ist zu ergänzen:
Allerdings scheidet wegen der sieben Rechnungen aus dem Jahre 2005 eine Hemmung des Laufs der dreijährigen Verjährungsfrist im Zusammenhang mit dem Mahnbescheidsantrag vom 28.12.2008 aus, da die Zustellung des Mahnbescheids an den Beklagten erst am 19.03.2009 und damit nicht mehr demnächst i.S.v. § 167 ZPO erfolgt ist. Dies ist der Klägerin durch die unrichtige Angabe des Antragsgegners auch anzulasten.
Gleichwohl ist Verjährung mit Ablauf des 30.12.2008 nicht eingetreten, da der Beklagte innerhalb der Dreijahresfrist ausweislich des Mahnbescheidsantrages vom 05.01.2009 und der Klagebegründung im Parallelprozess vor dem LG Dresden, Az. 6 O 1442/09, ein jedenfalls im verjährungsrechtlichen Sinne relevantes Anerkenntnis in Gestalt einer Aufrechnungserklkärung abgegegen hatte mit der Folge, dass gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Verjährungsfrist erneut zu laufen begonnen hat.
Demzufolge besteht ein dem Grunde und der Höhe nach fälliger Zahlungsanspruch der Klägerin in geltend gemachter Höhe.
2. Dieser Anspruch ist nicht durch Aufrechnung des Beklagten mit Mehrkosten in übersteigender Höhe infolge einer berechtigten Kündigung gemäß § 8 Nr. 3, § 5 Nr. 4 VOB/B 2002 erloschen. Die Klägerin hat nämlich weder in zurechenbar verspäteter Zeit die Materialbestellungen ausgelöst, noch im Zeitpunkt der Kündigung ausstehende Unterlagen in bei einer Gesamtschau zurechenbaren Weise verspätet vorgelegt. Ein im Verantwortungsbereich der Klägerin anzusiedelnder verzögerter Baubeginn mit den Ausführungsarbeiten scheidet aus.
Die zwischen den Parteien vereinbarte VOB/B sieht in § 5 Nr. 4 das Kündigungsrecht des Auftraggebers u. a. dann vor, wenn der Auftragnehmer den Baubeginn verzögert. Eine solche Verzögerung vermag der Senat in der verbindlichen Materialbestellung der Klägerin erst am 26.11.2003 nicht zu erkennen. Denn erst am 25.11.2003, d. h. einen Tag zuvor, war von dem im Auftrag des Beklagten planenden Architekten W. die letztlich maßgebliche Breite der in Rede stehenden Fensterbänke mit durchwegs 30 cm angegeben worden.
Damit waren zugleich sämtliche zuvor vereinbarten und gesetzten Fristen für einen Beginn der Ausführungsarbeiten und zu den Fertigstellungszeitpunkten in Bezug auf die Fensterbänke überholt und als Grundlage für eine vorzeitige Vertragsbeendigung wegen verspäteten Arbeitsbeginns bzw. Arbeitsfeststelllungen nicht mehr maßgeblich, im Einzelnen:
Dem Einwand der Beklagten, die Maßangabe der Architekten sei für die Bestellung deshalb ohne Bedeutung gewesen, weil nach dem Leistungsverzeichnis ohnehin eine Breite von ca. 30 cm vorgegeben gewesen sei und die Klägerin die so bestellten Fensterbänke vor Ort dann individuell habe anpassen müssen, vermag der Senat nicht zu folgen. Weder der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis (Anlage B 6, Seite 5) noch den Breitenangabe von ca. 30 cm ausweisenden Leistungsverzeichnispositionen (Anlage B 6, Seite 21 f.) ist eine derartige Vorgehensweise, nämlich die Vorbestellung eines gegebenenfalls zu großen Steines, der dann erst vor Ort zugeschnitten und überdies individuell angepasst werden müsste, mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn die in der Leistungsbeschreibung angegebenen Maße ausschließlich zur Erstellung der Angebote -hier der Klägerin an den Beklagten- dienen sollten, dann kann ihnen nicht auch eine letztverbindliche Bedeutung für die anschließend auszulösenden Bestellungen durch die Klägerin zukommen. Dies entspricht auch dem wohlverstandenen und für den Beklagten erkennbaren Interesse der Klägerin, die zur Vermeidung unnötiger Kosten auf eine maßgenaue Vorgabe angewiesen war.
Auch der Gang der Dinge hat gezeigt, dass der Beklagte den Vertrag in diesem Sinne verstanden hat. Anders wäre es nicht zu erklären, dass sich die von ihm beauftragten Architekten auf die Forderung der Klägerin nach verbindlichen Fensterbankmaßen eingelassen und
Einzelmaße von zunächst 25 cm, dann 27 cm und schließlich 30 cm vorgegeben haben.
Soweit die Berufung meint, die Äußerungen der Architekten zur Breite stellten lediglich eine Bestätigung von eigentlich der Klägerin obliegenden Aufmaßwerten dar und seien mithin letztlich für die Bestellung unbeachtlich, folgt der Senat dem nicht. In der konkreten Situation durfte die Klägerin angesichts ihres auch vom Senat geteilten Verständnisses des Leistungsverzeichnisses und der daraus resultierenden Vertragsverpflichtungen die Maßangaben im Leistungsverzeichnis als nur vorläufige Vorgaben auffassen, die noch einer Konkretisierung bedurften.
Schließlich kann dahinstehen, ob -wie zwischen den Parteien streitig- von Anfang an vollständige Baufreiheit bestanden hat und ob -wie es der Auffassung des Sachverständigen A. ausweislich seines Gutachtens vom 15.03.2010 im Verfahren zwischen den Parteien vor dem Oberlandesgericht Dresden unter dem Az. 6 U 27/08 (Anlage BK 2) entspricht- grundsätzlich möglich gewesen ist, ein Aufmaß schon vor der Konkretisierung durch die Architekten zu nehmen. Die vertragliche Gestaltung gestattete es der Klägerin, auf die Maßangaben des Architekten zu warten.
Auch der weiter in dem Schreiben vom 10.12.2003 (Analge B 9) angeführte Kündigungsgrund, aussagekräftige Unterlagen über eine tatsächliche, verbindliche Bestellung des Materials bei einer Firma H. bzw. bei dem Lieferanten F. wären bis zur Kündigung nicht vorgelegt worden, rechtfertigt die einseitige Vertragsbeendigung nicht. Zwar kommt in entsprechender Anwendung der § 5 Nr. 4, § 8 Nr. 3 VOB/B eine Auftragsentziehung auch dann in Betracht, wenn die rechtzeitige Erfüllung eines Bauauftrags ernsthaft in Frage gestellt ist und die Gründe hierfür im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegen. Auch konnte die Klägerin eine verbindlichen Bestätigung ihrer Bestellung vom 26.11.2003 nicht vorlegen und ein Lieferdatum nicht bestätigen. Indes geht dies ursächlich auf das dem Beklagten mitgeteilte Verständnis der Klägerin zurück, wonach die Bestätigung der Beauftragung und Lieferung und damit die Rechtsverbindlichkeit der Bestellung seitens des Lieferanten von einer Vorkasse zu 100 % abhängig gemacht worden sei. Die von der Firma H. an die Klägerin übersandte Auftragsbestätigung, die das Datum 30.11.2003 trägt (Anlagenkonvolut BB 9, K 42), legt eine solches Verständnis auch tatsächlich nahe. Bereits im Anschreiben heißt es "... und veranlassen Sie bitte die Überweisung des Gesamtbetrages per Banküberweisung. Bitte beachten Sie dass der Auftrag nur nach Zahlungseingang Gültigkeit hat." Beigefügt war die deutsche Übersetzung der Auftragsbestätigung der Firma F., in der es heißt:
"Wir bitten Sie uns, uns die nachstehende Kostenaufstellung und Verkaufsbedingungen vom Auftraggeber unterschrieben zurückzuschicken, wobei wir darauf aufmerksam machen, dass der Auftrag nur nach Zahlungseingang gültig ist (hier: Anzahl der Produktionstage)".
Unter Verkaufsbedingungen heißt es gemäß Ziffer 3:
"Zahlung mit Vorauskasse".
Hieraus den Eingang der Gesamtbestellsumme bei H./F. als Voraussetzung dafür zu sehen, dass der Vertrag überhaupt bestätigt und damit gültig ist, ist nachvollziehbar und lebensnah. Angesichts der zuvor vereinbarten Regelung, wonach 30 % des Bestellwertes bei Auftragserteilung und 70 % bei Lieferung gezahlt werden sollten, liegt darin ein einseitiges Abweichen von den Vertragsgrundlagen zu Lasten der Klägerin. Dass diese auf deren Einhaltung bestanden und eine Bürgschaft angefordert hat, erscheint nachvollziehbar. Hiervon hat die Klägerin den Beklagten auch nach dessen eigenem Vortrag (vgl. Schriftsatz vom 18.06.2012, Seite 3) am 05.12.2003 in Kenntnis gesetzt und überdies mit Schreiben vom 08.12.2003 (BB 9, K 46) um ergänzende Abstimmung gebeten. Bereits zuvor hat die Klägerin mit Schreiben vom 04.12.2003 (BB 9, K 38) darum gebeten, den Kontakt mit H. zu nutzen, um die Preisbindung der Angebote und zuverlässige Lieferzusagen zu erreichen.
Da dem Beklagten zugestandenermaßen die vereinbarte Zahlungsmodalität (30 % zu 70 %) bekannt war, er ferner über die Schwierigkeiten der Klägerin im Bilde war und er schließlich die Firmen H. bzw. die Firma F. als Lieferanten zwingend vorgegeben hatte, wäre aus Gründen der bauvertraglichen Kooperationspflicht von dem Beklagten zu erwarten gewesen, die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die Firmen H. und F. zu nutzen oder doch jedenfalls den Abschluss des Klärungsprozesses im Verhältnis der Klägerin zu diesen Firmen abzuwarten. Das Missverständnis hätte sich dann mit großer Wahrscheinlichkeit noch vor Ausbringung der Kündigung vom 10.12.2003 ausräumen lassen, wie es ja dann auch am 11.12.2003 (Anlage BB 13) geschehen ist.
Der Senat verkennt bei dieser Sichtweise nicht, dass Abstimmungsprobleme im Verhältnis zwischen dem Auftragnehmer (Klägerin) und ihrem Lieferanten grundsätzlich nicht in den Risikobereich des Auftraggebers (Beklagter) fallen. Jedoch hat in der vorliegenden Situation, wie sie sich aus dem oben Dargelegten ergibt, der Auftraggeber einseitige Vorgaben gemacht und die Einschaltung eines anderen Lieferanten abgelehnt. Das hat eine gesteigerte Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung von Abwicklungsirritationen bewirkt. Der Verweis darauf, die Klägerin habe mit ihrem Ansinnen einer Materialbestellung bei einem anderen Lieferanten dokumentiert, den Vertrag nicht erfüllen zu wollen, überzeugt nicht. Dem kann nämlich genauso gut die Bedeutung zukommen, das Projekt auf alternativem Wege zu fördern und ohne -ggf. vermeidbare- Schwierigkeiten einfacher den Werkerfolg herbeizuführen.
Es fällt auch auf, dass der Beklagte eine besondere Eilbedürftigkeit, die eine sofortige Kündigung ungeachtet der Kooperationsverpflichtung rechtfertigen könnte, nicht vorgetragen hat. In die Interessenabwägung sind die bereits eingetretenen
Verschiebungen der festgelegten Termine für den Beginn der Arbeiten an den Fensterbänke als Folge einer erst späten Übermittlung verbindlicher Maße einzubeziehen. Warum gerade im Zeitpunkt der Kündigung ein weiteres Hinausschieben des Arbeitsbeginns um etwa ein bis zwei Wochen, die nach Aufkärung des Missverständnisses vermutlich ausgereicht hätten, um eine den ursprünglich vereinbarten Zahlungsmodalitäten entsprechende Auftragsbestätigung herbeizuführen, unzumutbar gewesen sein soll, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Die dann anschließende Lieferfrist war dem Beklagten ohnehin von Anfang an bekannt gewesen.
Bezüglich der Türgewände schließt sich der Senat der Ausführungen des Landgerichts im Anschluss an die Feststellungen des Gerichtssachverständigen im Parallelprozess an. Danach konnte eine Bestellung mangels Zuarbeit der Architekten zur Putzstärke von 2 cm vor dem 17.11.2003 (vgl. Anschreiben BB 7) nicht erfolgen. Auch insoweit fehlt es an einer rechtzeitigen Mitwirkungshandlung, weswegen wie bei den Fensterbänken zuvor gesetzte Fristen ihre Gültigkeit verloren hatten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.