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  • 20.08.2018 · IWW-Abrufnummer 203018

    Landgericht Dortmund: Urteil vom 01.08.2018 – 5 O 71/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Dortmund


    Tenor:

    Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Sicherheit in Höhe von 136.367,81 € als Sicherheit für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen in Höhe von 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Generalplanervertrag vom 08.07.2015 zu stellen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen der Kosten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, im Übrigen nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000,00 €.

    1

    Tatbestand

    2

    Die Klägerin, ein Architektenbüro, begehrt mit der Klage eine Bauhandwerkersicherung.

    3

    Die Klägerin plante für die Beklagte gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Generalplanervertrag vom 08.07.2015 den Bau eines Elektrofachmarktes in Dortmund-Hörde. Hinsichtlich des Inhalts des Vertrages wird auf Anl. K1 Bezug genommen. Der Elektrofachmarkt wurde fertig gestellt und ist seit März 2017 eröffnet. Gemäß dem Generalplanervertrag wurde ein Gesamtbruttohonorar i.H.v. 956.229,86 € vereinbart. Gezahlt wurden von der Beklagten auf die Vergütung bisher 832.259,12 €, so dass sich eine Differenz i.H.v. 123.970,74 € ergibt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Vergütungsberechnung wird auf die Seiten 4 f. der Klageschrift Bezug genommen. Eine Abnahme der Leistungen der Klägerin fand nicht statt. Der Klägerin fielen Kosten durch die prozessuale und vorprozessuale Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten an.

    4

    Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Sicherheitsleistung aus § 648a BGB in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (im Folgenden: alte Fassung, a.F.) in Höhe der offenen Vergütung sowie in Höhe weiterer 10 % hieraus für Nebenforderungen, mithin i.H.v. insgesamt 136.368,34 € zu. Nebenforderungen seien schon durch die prozessuale und vorprozessuale Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten angefallen. Weiter meint sie, Einwendungen der Beklagten gegen die ordnungsgemäße Leistungserbringung sowie die Fälligkeit der Vergütungsforderung seien im vorliegenden Rechtsstreit unbeachtlich.

    5

    Die Klägerin beantragt,

    6

    die Beklagte zu verurteilen, an sie Sicherheit gemäß § 648a BGB (a.F.) in Höhe von 136.368,34 € als Sicherheit für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen in Höhe von 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs aus dem Generalplanervertrag vom 08.07.2015 zu stellen.

    7

    Die Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

    9

    Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe Leistungen teilweise nicht erbracht.

    10

    Sie ist der Ansicht, die fehlende Abnahme, die – zwischen den Parteien umstrittene – teilweise Nichterbringung von Leistungen sowie das Überschreiten einer Baukostenobergrenzenvereinbarung stünden der Forderung der Klägerin entgegen.

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    Entscheidungsgründe

    12

    Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet. Lediglich i.H.v. 0,53 € war sie wegen eines Rechenfehlers der Klägerin abzuweisen, da diese 10 % von 123.970,74 € fälschlicherweise mit 12.397,60 € und nicht, wie es zutreffend ist, mit 12.397,07 € beziffert hat.

    13

    I.

    14

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 648a BGB a.F i.V.m. §§ 232 ff. BGB.

    15

    Vorliegend ist die alte Fassung des § 648a BGB anwendbar, da der Vertrag zwischen den Parteien im Jahre 2015 geschlossen wurde (vgl. MünchKomm BGB/Busche, 7. Aufl. 2018, § 631 Rn. 8).

    16

    1.

    17

    Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Werkvertrag nach § 631 BGB in Form eines Architektenvertrages zustande gekommen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., Einf v § 631 Rn. 17).

    18

    Die Klägerin ist auch Berechtigte des Anspruchs, da es sich um einen Werkvertrag über ein Bauwerk handelt, insbesondere sind insoweit auch Architektenleistungen erfasst (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 648a Rn. 6).

    19

    Die Beklagte ist als Bestellerin Verpflichtete.

    20

    2.

    21

    Soweit die Beklagte gegen die Honorarforderung die Einwände der unvollständigen Leistung, der Überschreitung einer Baukostengrenze sowie der fehlenden Fälligkeit mangels Abnahme erhebt, sind diese Einwände – unabhängig davon, ob sie in der Sache berechtigt sind oder nicht – im vorliegenden Fall unerheblich.

    22

    Einwände sind im Rahmen des Anspruchs nach § 648a BGB a.F. unerheblich, es sei denn, Mängel sind unstreitig oder es ist offensichtlich, dass der Vergütungsanspruch teilweise oder ganz nicht besteht; dann wäre nämlich Rechtsmissbrauch der Klägerin anzunehmen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 648a Rn. 7, 13; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, Teil 10., Rn. 136 ff.).

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    Vorliegend fehlt es aber sowohl an der Offensichtlichkeit als auch der Unstreitigkeit einer mangelhaften bzw. unvollständigen Leistung, so dass die Einwände unerheblich sind.

    24

    Soweit die Beklagte den Anspruch der Klägerin in Abrede stellen will, da keine Abnahme und keine Fälligkeit eingetreten seien, greift dies nicht durch, da dies gerade keine Voraussetzung für einen Anspruch nach § 648a BGB a.F. ist (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 648a Rn. 13). Vielmehr soll auch und insbesondere der künftig fällig werdende Vergütungsanspruch gesichert werden.

    25

    3.

    26

    Die Höhe der nach § 648a BGB a.F. sicherbaren noch nicht gezahlten Vergütung beträgt unstreitig 123.970,74 €. Soweit zwischen den Parteien die Vergütungshöhe hinsichtlich § 13.6 des Vertrages vom 08.07.2015 zunächst umstritten war, wurde auch diese Position in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt.

    27

    Des Weiteren kann die Klägerin für pauschalierte Nebenforderungen nach § 648a Abs. 1 S. 1 BGB a.F. auch Sicherheit i.H.v. weiteren 10 % von 123.970,74 € – mithin 12.397,07 € – verlangen. Dass Nebenkosten in Form der Kosten für die Prozessvertreter dem Grunde nach tatsächlich bestehen, ist unbestritten von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 648a Rn. 14).

    28

    II.

    29

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

    30

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht, soweit sie sich auf die Vollstreckung wegen der Kosten bezieht, auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

    31

    Im Übrigen beruht die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 ZPO. Die Verurteilung zu einer Bauhandwerkersicherung nach §§ 648a a.F., 232 ff. BGB führt nämlich nicht zu einer Vollstreckung einer Geldforderung, sondern zu einer Vollstreckung wegen Nichterfüllung einer vertretbaren Handlung (vgl. OLG Hamburg, Teilurteil vom 23.10.2015 – 9 U 91/15).

    32

    Für die Bemessung der Höhe der nach § 709 S. 1 ZPO festzulegenden Sicherheit ist auf die Höhe etwaiger Ersatzansprüche des Schuldners gegen den Gläubiger bei unrechtmäßiger Vollstreckung, insbesondere § 717 Abs. 2 ZPO, abzustellen (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.). Die Höhe des insoweit möglichen Schadens – denkbar sind insbesondere die Prozesskosten zur Rückerlangung einer pflichtwidrig nicht zurückgegebenen Sicherheit sowie etwaige Avalzinsen – schätzt das Gericht inklusive der Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages auf 20.000,00 €, was rund 15 % der ausgeurteilten Bauhandwerkersicherung entspricht (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.).

    33

    Als Bemessungsgrundlage für einen etwaigen Schaden kommt jedoch nicht die Höhe der gesicherten Vergütung in Betracht. Denn hinsichtlich einer durch Vollstreckung erlangten Sicherheit in Höhe der noch ausstehenden Vergütung besteht kein Verlustrisiko, da diese Sicherheit – vor Durchführung eines für den Gläubiger erfolgreichen Hauptsacheprozesses – nicht der Verfügung des Gläubigers oder der Verfügung von dessen Gläubigern unterliegt (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.).