24.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208454
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 15.03.2018 – 21 U 22/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Hamm
Tenor:
Das am 26.1.2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen (4 O 13/13) wird auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 114.378,58 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 59.916,19 € seit dem 12.5.2011, aus weiteren 16.988,89 € seit dem 4.8.2012, aus weiteren 18.459,23 € seit dem 16.12.2015 sowie aus 19.014,27 € seit dem 1.12.2017 zu zahlen und ihn von Verbindlichkeiten in Höhe von 12.110,36 € zu befreien - und zwar aus der Rechnung der Fa. A vom 4.11.2009 in Höhe eines Betrags von 2.577,46 € und aus der Rechnung der Fa. B vom 31.12.2009 in Höhe eines Betrags von 9.532,90 €.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, sämtliche weiteren Aufwendungen, die der Kläger in Bezug auf das Bauvorhaben X-Straße in Y im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung zu machen verpflichtet ist, in Höhe eines Anteils von je 90% zu ersetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Im jeweils darüber hinausgehenden Umfang werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen in erster Instanz der Kläger 35% und die Beklagten als Gesamtschuldner 65%, in zweiter Instanz der Kläger 22% und die Beklagten als Gesamtschuldner 78%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht jene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Gründe:
2
I.
3
Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Bausummenüberschreitung geltend. Er ist Eigentümer bzw. Erbbauberechtigter in Bezug auf eine aus mehreren Flurstücken bestehende Immobilie unter der Anschrift X-Straße in Y, die bereits mit einem Mehrfamilien-Wohnhaus bebaut war, in dem sich neben der Wohnung des Klägers und seiner Ehefrau u.a. auch die Geschäftsräume der Fa. C GmbH & Co. KG befanden. Der Kläger ist deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Beklagten sind Architekten und Ingenieure. Sie waren zeitweilig in der D Partnerschaftsgesellschaft (Fa. D) verbunden, die ein Architekturbüro betrieb.
4
Als der Kläger Anfang des Jahres 2007 erwog, auf dem o.g. Grundstück ein weiteres Wohnhaus als Neubau zu errichten, in dem er mit seiner Frau wohnen sollte, während ihre bisherige Wohnung vermietet werden sollte, um mit den Mieteinkünften die Rückzahlung von Darlehensraten zu bestreiten, wandte er sich an den seinerzeit allein tätigen Beklagten zu 1). Dieser unterbreitete unter dem 10.5.2007 ein an die C GmbH & Co. KG adressiertes Honorarangebot über insgesamt 21.304,19 € netto (A1, Bl. 29-37) für Leistungen des Bauantrages (LP 1-4), der Ausführungsplanung (LP 5), der Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe (LP 6-7) und die Objektüberwachung (LP 8). Darin wurden die Baukosten anhand einer Brutto-Geschossfläche (BGF) von 199,59 m² nach Baukostenindex (BKI) 2006 und unter Berücksichtigung einer Indexanpassung um insgesamt 7,4% ermittelt. Sie wurden für einen mittleren Standard auf ca. 210.000 € und für einen gehobenen Standard auf ca. 340.000 € geschätzt.5
Auf dieser Grundlage unterzeichneten der Kläger und der Beklagte zu 1) unter dem 15.6.2007 einen Architektenvertrag, der als Bauherrn die „C GmbH & Co. KG Herrn E“ auswies (A2, Bl. 38). Danach sollten die „Grundleistungen gem. § 15 HOAI“ bezüglich der Grundlagenermittlung, der Vorplanung, der Entwurfs- und der Genehmigungsplanung beauftragt sein. Die weiteren Leistungsphasen (LP) gem. § 15 HOAI a.F. waren im Vertragsformular gestrichen. Gem. Ziff. 3.1 des Vertrags sollten die übertragenen Grundleistungen nach dem „%-Satz des § 15 Abs. 1 HOAI bewertet“ werden.6
Der Beklagte begann mit der Planung und hatte unstreitig die Grundleistungen der Leistungsphasen 1 und 2 erbracht, als der Kläger entschied, das Vorhaben der Errichtung eines weiteren freistehenden Einfamilienhauses nicht mehr weiter zu verfolgen. Am 9.7.2007 rechnete der Beklagte zu 1) über die Grundlagenermittlung und Vorplanung sowie Nebenkosten ab (A3, Bl. 39). Die Rechnung war wiederum an die C GmbH & Co. KG gerichtet und wurde ausgeglichen. Der Kläger strebte nun statt des Neubaus eines freistehenden Einfamilienhauses die Errichtung eines Anbaus an das vorhandene Gebäude an.7
In diesem Zusammenhang übersandte er dem Beklagten zu 1) unter dem 7.8.2007 eine von ihm gefertigte Aufstellung über Eigenleistungen mit der Bitte um Überprüfung ihrer Realisierbarkeit und dem Hinweis, dass er den sich ergebenden Betrag als Eigenkapital für die Finanzierungslücke einplane (A4, Bl. 40-41). Der Beklagte antwortete dem Kläger am 22.8.2007, dass die Erbringung eines Anteils von 25-30% der reinen Baukosten in Eigenleistung möglicherweise im Bauablauf zu realisieren sei, eine konkretisierte Aussage allerdings im gegebenen Planungsstadium noch nicht zu treffen sei, sondern eine Nachermittlung der bisher nur geschätzten Baukosten stattzufinden habe (A5, Bl. 42).8
Der Kläger schaltete einen ihm bekannten weiteren Planer, nämlich den Architekten F aus G ein. Dieser erstellte einen planerischen Vorentwurf bezüglich eines Anbaus an das vorhandene Wohnhaus (A6, Bl. 43-50). Diesen übermittelte der Kläger in Dateiform an den Beklagten zu 1) und bat diesen unter dem 2.11.2007 um Mitteilung, wann er mit einer detaillierten Kostenermittlung, wann mit einer Einreichung der Unterlagen an das Bauamt und wann mit einer Genehmigung rechnen könne (A7, Bl. 51).9
Der Beklagte zu 1) nahm daraufhin eine erneute Kostenschätzung vor, die sich nun auf die Errichtung eines Einfamilienhauses als Anbauvorhaben bezog (A8, Bl. 52-53). Darin wurden alternativ die Kosten in Massivbauweise und bei Ausführung des Erdgeschosses (EG) in Holzbauweise betrachtet und mit Beträgen von ca. 240.000 € bzw. 210.000 € gegenübergestellt. Die Berechnungen gingen dabei jeweils von einer BGF von 146,28 m² aus. Für die Massivbauweise wurden die Kostenkennwerte gem. BKI 2007 für einen mittleren Standard mit 910 € je m² und mit 1.270 € je m² für einen gehobenen Standard angegeben. In Bezug auf die Variante, das Erdgeschoss in Holzbauweise zu errichten, wurde eine solche Unterscheidung nicht vorgenommen. Der Indexwert wurde diesbezüglich mit 880 € je m² angegeben, so dass sich geschätzte Baukosten von gerundet 130.000 € (128.726,40 €) für das Einfamilienhaus ergaben. Zu diesen wurden weitere 10.000 € für die im Gebäude vorgesehene Garage und 25.000 € für Mehrkosten einer Sole-Wasser-Wärmepumpe addiert. Aufgrund einer Indexanpassung der Summe von 165.000 € um 8,6% gab der Beklagte zu 1) die geschätzten Baukosten der Variante des EG in Holzbauweise in einem Zwischenschritt mit 179.190 € an. Darüber hinaus wurden als weitere Kostenpositionen ca. 16% für Baunebenkosten wie Planung, Statik und Bauaufsicht sowie 10% Wagnis für Unwägbarkeiten mit dem Hinweis auf einen höheren Standard aufgeführt. Die Nebenkosten wurden mit 16% bezogen auf 179.190 € berechnet und mit 28.670,40 € beziffert, die 10% Wagnis hingegen auf den Wert von 165.000 € bezogen und dementsprechend mit 16.500 € berücksichtigt. Als Summe der Addition wies die Berechnung den Betrag von 210.170,40 € aus (statt des Betrags von 224.360,40 €, der sich bei einer Addition von 179.190,00 + 28.670,40 + 16.500,00 € ergeben hätte).10
Der Kläger holte ein Angebot der H vom 30.10.2007 über ein Darlehen ein (A10, Bl. 54). Der am 1.12.2007 auszuzahlende Betrag sollte sich auf 150.000 € belaufen, der effektive Jahreszins 5,07% betragen.11
Im Januar 2008 wandte sich der Kläger mit einem Schreiben an den Beklagten zu 1) und die Fa. D, in dem er auf Bedenken des Bauamts hinsichtlich des Brandschutzes einging und in diesem Zusammenhang darauf hinwies, dass der Finanzierung die Kostenschätzung des Beklagten bezüglich der Alternative in Holzbauweise zugrunde liege und auch den maximalen Rahmen darstelle, so dass bei kostenintensiven Forderungen des Bauamts das Projekt in Frage stehe (A10, Bl. 55). Der Beklagte zu 1) antwortete darauf mit e-Mail vom 14.1.2008 (A11, Bl. 56): Danach bestanden hinsichtlich des Brandschutzes keine Bedenken und die vorliegende Kostenschätzung konnte mit den ermittelten Summen noch als darstellungsfähig angesehen werden. Gleichzeitig erfolgte der Hinweis, dass eine genaue Kostenermittlung nicht möglich sei, weil die statischen und wärmeschutztechnischen Anforderungen, wie der Ausstattungsstandard in Bezug auf z.B. Boden- und Wandbeläge, sanitäre Einrichtungen und Fenster, noch nicht bekannt seien.12
Am 1.2.2008 erteilte, nachdem ein entsprechender Bauantrag des Klägers eingereicht worden war, die von beiden Beklagten gebildete D Partnerschaftsgesellschaft (Fa. D) dem Kläger unter Bezugnahme auf den Vertrag vom 15.6.2007 eine Honorarrechnung über 3.752,29 € einschließlich 266 € Nebenkosten (A12, Bl. 58-61). Deren Gegenstand war u.a. das Honorar für die Entwurfsplanung, welches nach Zeitaufwand – nämlich 42:30 Stunden - mit 2.168,50 € netto berechnet war. Davon entfielen 6 Stunden auf eine als „Flächenaufnahme für Kostenschätzung“ bezeichnete Leistung. Außerdem wurde die Genehmigungsplanung mit 1.317,79 € netto in Rechnung gestellt.13
Aufgrund eines Darlehensvertrags vom 28.2./ 6.3.2008 stellte die H dem Kläger einen Darlehensbetrag von 160.000 € bei einem effektiven Jahreszins von 4,91% zur Verfügung (A13, Bl. 62-63). Darauf sollten 286 monatliche Raten von je 833,34 € zu zahlen sein.14
Unter dem 21.4.2008 wurde ein Architektenvertrag unterzeichnet, der wiederum als Bauherrn die C GmbH & Co. KG auswies und als Architekten die Fa. D (A14, Bl. 64). Gegenstand des Vertrags war die Ausführungsplanung gem. Leistungsphase (LP) 5, wobei wegen des Honorars von 5.490,77 € netto auf das Angebot vom 10.5.2007 Bezug genommen wurde.15
Die Beklagten begannen mit der Fertigung der Ausführungsplanung. Allerdings verzögerte sich infolge einer Auseinandersetzung mit der Eigentümerin des Grundstücks, hinsichtlich dessen der Kläger nur erbbauberechtigt war, die Erteilung der Baugenehmigung. Mit Schreiben vom 1.7.2008, das an den Kläger persönlich gerichtet war, wies die Fa. D auf allgemeine Preissteigerungen bei Stahl- und Metallprodukten sowie Energie hin und führte aus, der Baupreisindex habe sich seit dem Zeitpunkt der Kostenschätzung von 102,1% (2005) auf 114,1% (1. Quartal 2008) erhöht (A15, Bl. 65). Daher sei davon auszugehen, dass sich die Kosten von 210.000 € in Richtung 240.000 € Gesamtbaukosten entwickelten. Mit Rechnung vom 2.7.2008, die ebenfalls an den Kläger adressiert war, rechnete die Fa. D das vereinbarte Honorar von 5.490,77 € für die Ausführungsplanung zuzüglich Nebenkosten von 266,80 €, jeweils netto, ab (A17, Bl. 67-69).16
Unter dem 9.7.2008 wurde dem Kläger nach Erstellung der statischen Unterlagen und der Bewehrungspläne für das Bauvorhaben die Honorarrechnung des Ingenieurbüros für Tragwerksplanung I über 3.155,25 € netto gestellt (A34, Bl. 222).17
Die Baugenehmigung wurde dem Kläger dann schließlich am 26.5.2009 erteilt. Der Kläger selbst nahm den Abriss einer vorhandenen Doppelgarage vor und führte die zur Herstellung der Baugrube sowie zur Verlegung von Erdwärme-Flächenkollektoren erforderlichen Erdarbeiten aus. Die Fertigstellung des Rohbaus durch das damit beauftragte Unternehmen erfolgte im September 2009. Unter dem 24.9.2009 erteilte die Fa. D dem Kläger ihre Honorarrechnung über die Vorbereitung der Vergabe, die Mitwirkung bei der Vergabe sowie die Objektüberwachung gem. LP 6-8 als Abschlagsrechnung in Bezug auf 40% des Leistungsumfangs (A19, Bl. 71-72). Diese belief sich auf 4.493,36 € netto einschließlich 540 € Nebenkosten.18
Nachdem der Kläger mit an den Beklagten zu 1) gerichteten e-Mails vom 26.9. (A20, Bl. 73) und 30.9.2009 (A21, Bl. 74) auf Kostensteigerungen und dadurch begründete Finanzierungsschwierigkeiten sowie auf das Fehlen einer schriftlichen Beauftragung in Bezug auf die am 24.9.2009 abgerechneten Leistungen hingewiesen hatte, wies ihn die Fa. D mit Schreiben vom 1.10.2009 darauf hin, dass sie Kenntnis von dem vorgesehenen Ausstattungsstandard, aufgrund dessen sich Kostensteigerungen ergäben, erst am 11.8.2009 erlangt habe (A22, Bl. 75-76). Als Beispiele für Ausstattungsmerkmale, die sich kostenerhöhend auswirkten, führte sie u.a. verschiebbare Verschattungselemente, Sonnenschutzmarkisen, eine Sole-Wasser-Wärmepumpe und den Einbau von Holzfenstern an. Ihrerseits aufgezeigte Optionen für Kosteneinsparungen seien bei Erteilung von Aufträgen an die ausführenden Unternehmen seitens des Klägers, der die Leistungen der LP 6-8 beauftragt habe, nicht berücksichtigt worden. Abschließend erklärte die Fa. D wegen der vorliegenden Differenzen die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund.19
Am 1.11.2009 wurden die Rohbauarbeiten, am 1.12.2009 die Zimmerarbeiten abgenommen. Ab Dezember 2009 war die dem Kläger aus dem Darlehen der H zur Verfügung stehende Liquidität erschöpft, so dass es zum Stillstand des Bauvorhabens kam.20
Ihm wurde dann noch ein weiteres Darlehen über 20.000 € zu einem Zinssatz von 10% p.a. gewährt, damit vor dem Winter 2010/2011 zum Schutz vor Witterungseinflüssen der Außenputz, die Fensterbänke und die Balkonanschlüsse fertig hergestellt werden konnten. Darüber hinaus war die H nicht zur Gewährung weiterer Darlehen bereit. Die entsprechenden Arbeiten wurden Ende 2010 abgeschlossen. Seitdem sind, weil der Kläger mangels weiterer Finanzierungsmöglichkeiten die Fortsetzung des Bauvorhabens abbrechen musste, keine weiteren Arbeiten ausgeführt worden. Insbesondere der Innenausbau fehlt noch. Der Anbau ist unbewohnt.21
In einem parallel zwischen den Parteien mit umgekehrtem Rubrum geführten Rechtsstreit nehmen die Beklagten den Kläger auf Zahlung von Architektenhonorar für die Leistungen aus den Leistungsphasen 6-8 in Anspruch. Dabei haben sie zur Bestimmung der anrechenbaren Kosten u.a. einen von ihnen aufgestellten Kostenanschlag vom 30.7.2011 vorgelegt, aus dem sich Gesamtkosten für das Anbauvorhaben von 385.512,55 € und anrechenbare Kosten von 291.437,99 € ergeben (A37, Bl. 263-266).22
Die vom Kläger auf die zur Finanzierung bei der H aufgenommenen Darlehen bis einschließlich 2014 gezahlten Zinsen beliefen sich auf insgesamt 51.248,62 € (A51, Bl. 657-670). Die bei vorzeitiger Ablösung anfallende Vorfälligkeitsentschädigung wurde ihm in 2011 mit 18.904,39 € angegeben.23
Der Kläger hat u.a. vorgetragen, für die Parteien sei stets klar gewesen, dass er persönlich Bauherr und Auftraggeber der Beklagten sein sollte. Die Adressierung an die Gesellschaft beruhe allein darauf, dass es in der Vergangenheit bereits geschäftliche Kontakte zwischen der C GmbH & Co. KG und dem Beklagten zu 1) gegeben hatte.24
Die prognostizierten Gesamtkosten des Anbaus seien mit 355.227,08 € zu beziffern. Er habe bereits an Honoraren und Gebühren 30.313,69 € bezahlt. Die von ihm bereits ausgeführten Eigenleistungen seien mit 14.382,32 € zu bewerten (A46, Bl. 410) und zusätzlich seien für den Abbruch der vorhandenen Garage sein Arbeitsaufwand mit 2.500 € und der Zeitwert des Nebengebäudes mit 8.000 €, zusammen also 10.500 € in Ansatz zu bringen. Für die Errichtung des Rohbaus seien bereits Kostenbeträge von in der Summe 151.965,19 € bezahlt worden (A42, Bl. 326). Weitere Rechnungsforderungen in Höhe von insgesamt 19.824,63 € seien noch offen. Die Summe der für die für eine Fertigstellung noch erforderlichen Gewerke zu zahlenden Beträge belaufe sich auf 132.045,15 € (A46).25
Der Kläger meint, es sei eine Obergrenze der Baukosten wirksam vereinbart gewesen, weil er dem Beklagten zu 1) deutlich mitgeteilt habe, dass der in der Kostenschätzung ausgewiesene Betrag von 210.000 € nicht nur Grundlage der Finanzierung war, sondern auch den maximalen Rahmen darstellte, und der Beklagte zu 1) dies akzeptiert habe. Tatsächlich ergäben sich jedoch deutlich höhere Gesamtkosten des Bauvorhabens, so dass die vereinbarte Grenze nicht eingehalten sei und eine Pflichtverletzung der Beklagten vorliege. Außerdem seien die geschuldeten Kostenermittlungen und die Kostenverfolgung unterlassen worden.26
Sein Schaden bestehe in den bereits getätigten Aufwendungen und eingegangenen Verbindlichkeiten, weil er bei richtiger Information über die notwendigen Kosten von der Realisierung des Vorhabens Abstand genommen hätte. Insofern stellten auch die Kosten der Finanzierung einen Schaden dar. Der Verkehrswert des Anbaus betrage bei richtiger Interpretation der parteigutachtlichen Bewertung durch den Sachverständigen K vom 8.9.2010 (A25, Bl. 85-111) lediglich ca. 99.000 €.27
Die Beklagten haben eingewandt, Auftraggeber sei die C GmbH & Co. KG und nicht der Kläger gewesen, der daher nicht aktivlegitimiert sei. Außerdem sei weder eine Bausummenobergrenze noch ein Kostenrahmen vereinbart gewesen, da sie stets auf die mit dem Planungsstand verbundenen Ungewissheiten hingewiesen hätten. Die Auflistung der Eigenleistungen des Klägers sei noch auf das nicht realisierte ursprüngliche Vorhaben, ein freistehendes Einfamilienhaus zu errichten, bezogen gewesen und deshalb unbeachtlich. Ihre Kostenschätzung vom 29.11.2007 sei auf die Kostengruppen (KG) 300 und 400 beschränkt gewesen. Die zu diesen Kostengruppen gehörenden Gewerke seien ohne weiteres für den ihrerseits zuletzt auf 240.000 € geschätzten Gesamtbetrag ausführbar gewesen. Weil ihnen Entwässerungs- und Tragwerksplanung sowie der Wärmeschutznachweis nicht rechtzeitig vorgelegen hätten, sei eine Kostenberechnung nicht mit der Entwurfsplanung möglich gewesen.28
Die Richtigkeit ihrer Kostenschätzung ergebe sich auch aus ihrem Kostenanschlag vom 30.7.2011 (A37), der den erhöhten Ausstattungsstandard abbilde, der sich infolge von Planänderungen ergeben habe, die der Kläger allein mit dem Innenarchitekten F festgelegt habe. Davon hätten sie erstmals am 11.8.2009 erfahren und daraufhin im September 2009 auf sich ergebende erhebliche Kostensteigerungen hingewiesen.29
Die Beklagten haben gemeint, der Wert des Anbaus übersteige die bisher vom Kläger dafür getragenen Aufwendungen. Ein Schaden könne nur bei einem Zurückbleiben der Wertsteigerung hinter den Kosten gegeben sein.30
Wegen des weiteren Parteivorbringens sowie der gestellten Anträge in erster Instanz wird auf die Darstellung im Urteil des Landgerichts Essen verwiesen.31
Die Kammer hat die Parteien persönlich angehört sowie Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. L vom 19.9.2015, das dieser anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2016 mündlich erläutert hat (Bl. 710 ff.).32
In dem Gutachten hat der Sachverständige den Verkehrswert des unfertigen Anbaus mit 108.000 € angegeben. Er ist dabei vom Sachwert ausgegangen, den er anhand gewichteter Normalherstellungskosten bezogen auf eine BGF von 175 m² ermittelt hat. Den Ausstattungsstandard hat er in Bezug auf Dächer und Sanitäreinrichtungen mit 4 von 5, im Übrigen mit 3 von 5 beurteilt (S. 22-23 d. Gutachtens). Dort hat er den Grad der Fertigstellung folgendermaßen bewertet:33
Anteil |
fertig zu |
||
Außenwände |
23% |
70% |
16,1% |
Dächer |
15% |
80% |
12,0% |
Außentüren + Fenster |
11% |
90% |
9,9% |
Innenwände und -türen |
11% |
50% |
5,5% |
Decken + Treppen |
11% |
70% |
7,7% |
Fußböden |
5% |
0% |
0,0% |
Sanitäreinrichtungen |
9% |
2% |
0,2% |
Heizungen |
9% |
1% |
0,1% |
sonstige techn. Ausstattung |
6% |
1% |
0,1% |
100,00% |
51,5% |
34
Daraufhin hat mit dem am 26.1.2017 verkündeten Urteil die 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger nach näherer Maßgabe des Urteilstenors 114.950,52 € zuzüglich Zinsen zu zahlen und ihn von Verbindlichkeiten in Höhe von 13.455,96 € zu befreien, sowie die Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich weiterer Aufwendungen des Klägers für das Bauvorhaben X-Straße in Y festgestellt. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.35
Zur Begründung dieser Entscheidung hat die Kammer in ihrem Urteil ausgeführt, der Kläger sei aktivlegitimiert, weil die Angabe der C GmbH & Co. KG als Bauherr jeweils als falsa demonstratio anzusehen sei. Die Parteien hätten übereinstimmend den Kläger als Vertragspartner angesehen, was daraus folge, dass maßgebliche Erklärungen ihm gegenüber abgegeben wurden und er Erbbauberechtigter des Grundstücks und Bauherr war. Auch die Passivlegitimation beider Beklagten sei gegeben, weil die D Partnerschaftsgesellschaft stillschweigend in den Vertrag eingetreten sei. Sie habe deshalb Rechnungen erteilt, und die Leistungen der LP 5 seien explizit ihr in Auftrag gegeben worden.36
Zwar sei die Vereinbarung einer Bausummengarantie oder einer Obergrenze der Baukosten als Beschaffenheit nicht festzustellen, aber jedenfalls ein Kostenrahmen sei vereinbart gewesen, da die geschätzten Kosten von 210.000 /€ ausdrücklich als Grundlage der Finanzierung genannt wurden, zusätzlich die Bedeutung der Eigenleistungen für die Realisierbarkeit des Bauvorhabens betont worden sei und der Beklagte zu 1) die Realisierung mit den geschätzten Kosten von 210.000 € als darstellbar bezeichnet habe. Die geänderte Schätzung auf 240.000 € sei, da sie noch vor Beginn der Ausführung mitgeteilt wurde, maßgeblich für den anzunehmenden Toleranzrahmen von 30%, so dass ein Betrag von 312.000 € die Obergrenze des Kostenrahmens darstelle. Die tatsächlichen Herstellungskosten beliefen sich nach der eigenen Berechnung der Beklagten im Kostenanschlag hingegen auf 330.341,26 € als Summe der KGR 300/400 und 700. Eine Überschreitung des Kostenrahmens ergebe sich demnach schon aus dem eigenen Kostenanschlag der Beklagten, den diese im Parallelverfahren (9 O 471/10 LG Hagen) wegen des Honorars für LP 6-8 vorgelegt haben. Die Beklagten hätten zudem keine ordnungsgemäßen Kostenermittlungen im Rahmen der geschuldeten Grundleistungen vorgenommen. Eine Nachfristsetzung des Klägers sei diesbezüglich entbehrlich gewesen, weil die Kündigung der Beklagten als Erfüllungsverweigerung zu verstehen gewesen sei.37
Gegen dieses ihnen am 31.1.2017 zugestellte Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer am 28.2.2017 eingegangenen Berufung, die sie am 26.4.2017 – mithin innerhalb der bis zum 2.5.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist (Bl. 809) – begründet haben.
38
Zu deren Begründung führen sie im Wesentlichen an, es fehle bereits an der Aktivlegitimation des Klägers, da ihr Vertragspartner nicht der Kläger, sondern die von ihm vertretene KG gewesen sei. In den Verträgen sei jeweils die C GmbH & Co. KG als Auftraggeber aufgeführt worden, mit deren Briefkopf und über deren E-Mail-Adresse auch die wesentliche Korrespondenz erfolgt sei. Eine wirksame Abtretung von Ansprüchen der C GmbH & Co. KG an den Kläger sei bestritten.39
Außerdem sei eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht anzunehmen, weil ihre Kostenschätzung vom 29.11.2007 richtig gewesen sei. Die Kosten der Kostengruppen (KG) 300 und 400 seien mit 211.770 € für die Errichtung in Massivbauweise angegeben worden und in Massivbauweise sei das Bauvorhaben auch errichtet worden. Eine genauere Schätzung sei nicht möglich gewesen, weil Entwässerungs- und Tragwerksplanung sowie EnEV-Nachweis nicht beauftragt gewesen seien. Sie hätten mit Schreiben vom 1.7.2008 zutreffend auf eine Kostensteigerung um ca. 30.000 € auf ca. 240.000 € in den KG 300 und 400 hingewiesen. Bei sparsamer Bauweise sei eine Fertigstellung zu Gesamtkosten in den KG 300 und 400 von lediglich 188.852,38 € möglich gewesen, bei höherwertiger Ausführung für insgesamt 206.466,68 €, so dass die Kostenschätzung als realistisch anzusehen sei. Das werde auch durch den Inhalt des Parteigutachtens K bestätigt. Eine Vereinbarung zu den Kosten habe es auch in Form eines Kostenrahmens nicht gegeben. Vielmehr hätten sie stets auf Unsicherheiten hingewiesen. Aus Planungen zur Gebäudeausstattung, die der Kläger ohne die Beklagten mit dem Architekten F erstellt habe, hätten sich erhebliche Veränderungen ergeben, die zu Kostensteigerungen geführt hätten.40
Schadensersatz könne schon mangels ausreichender Fristsetzung nicht verlangt werden, da ihnen Gelegenheit zur Nacherfüllung hätte gegeben werden müssen. Eine solche Nacherfüllung sei möglich gewesen, indem sie Einsparmöglichkeiten erarbeitet hätten. Mangelbeseitigung sei nie verweigert worden, die Kündigung sei insofern ohne Bedeutung. Außerdem sei die Schadensberechnung des Landgerichts unzutreffend, weil nicht zwischen den einzelnen Kostenpositionen differenziert und jeweils die Kausalität einer Pflichtverletzung für die Entstehung der Schadensposition festgestellt worden sei. Mängel der Kostenschätzung für den Anbau seien z.B. ohne Bedeutung für die Planungskosten der verworfenen ursprünglichen Planung eines freistehenden Einfamilienhauses, und die Berücksichtigung der Darlehenszinsen als Schaden sei nicht gerechtfertigt. Es sei nicht festgestellt worden, wie der Kläger sich verhalten hätte, wenn er über höhere Kosten informiert worden wäre41
Die Beklagten beantragen,42
das Urteil des Landgerichts Hagen vom 17.11.2016 (4 O 13/13) aufzuheben und die Klage abzuweisen.43
Der Kläger beantragt,44
die Berufung zurückzuweisen;45
sowie, im Wege der Anschlussberufung,46
1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hagen vom 26.1.2017 – 4 O 13/13 - die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn einen Betrag in Höhe von 127.991,98 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 75.563,72 € seit dem 12.5.2011, aus weiteren 19.332,69 1€ seit dem 4.8.2012, im Übrigen seit dem 16.12.2015 zu zahlen;47
2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hagen vom 26.1.2017 die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner ihn von Verbindlichkeiten in Höhe von 14.733,45 € (13.455,96 € Urteil + 1.277,49 €) freizustellen, und zwar aus der Rechnung der Fa. A vom 4.11.2009 in Höhe eines Betrags von 2.863,84 € und aus der Rechnung der Fa. B vom 31.12.2009 in Höhe eines Betrags von 10.592,12 € sowie aus der Rechnung der Fa. M vom 14.12.2009, Rechnungsnummer 9149 in Höhe eines Betrags von 1.277,49 €;48
3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, sämtliche weiteren Aufwendungen, die der Kläger in Bezug auf das Bauvorhaben X-Straße in Y im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung zu machen verpflichtet ist, zu ersetzen.49
Klageerweiternd beantragt er darüber hinaus,50
4. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn einen weiteren Betrag von 21.126,97 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung (=1.12.2017) zu zahlen.
51
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es ihm günstig ist, unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens. Insbesondere meint er, aus dem Schriftverkehr ergebe sich, dass er persönlich und nicht die C GmbH & Co. KG habe Vertragspartner sein sollen, da er u.a. in den Zeichnungen und dem Bauantrag als Bauherr aufgeführt worden sei. Aufgrund des Wortlauts der gewechselten Schreiben sei auch von einer wirksamen Baukostenvereinbarung auszugehen. Die seitens der Beklagten als für Kostensteigerungen ursächlich angeführten Ausstattungsmerkmale seien überwiegend gar nicht ausgeführt und im Übrigen von Anfang an geplant gewesen. Aus dem Kostenanschlag der Beklagten ergäben sich, wenn man die nicht ausgeführten Zusatzpositionen unberücksichtigt lasse, immer noch Gesamtkosten von 360.512,55 €. Die Schadensberechnung weise keine Fehler auf, insbesondere sei nicht das Honorar für die ursprüngliche Planung eines freistehenden Einfamilienhauses als Schaden angesetzt worden. Um den Anbau beheizbar zu machen, habe es der Fertigstellung der Elektroinstallation und der Erdwärme-Kollektoren bedurft. Ein Mitverschulden seinerseits bestehe nicht bzw. in nur ganz geringem Umfang.52
Soweit er den Schaden – nur für die erste Instanz – als in Höhe von 160.690,31 € unstreitig gestellt habe, halte er daran nicht mehr fest, weil dies auf einer teilweise unzutreffenden und unter Verstoß gegen die Hinweispflicht vorgenommenen Würdigung der Kammer beruht habe. Außerdem seien über den erstinstanzlich geltend gemachten und zuerkannten Betrag von 51.248,62 € hinaus inzwischen auf die Darlehen weitere Zinszahlungen in Höhe von 21.126,97 € erfolgt, die als frustrierte Aufwendungen zu ersetzen seien.53
Die Beklagten beantragen,54
die Anschlussberufung zurückzuweisen und die (erweiterte) Klage abzuweisen.55
Sie meinen, die Erklärung, den Schadensbetrag unstreitig zu stellen, sei unwiderruflich und habe auch nicht auf nur die erste Instanz beschränkt werden können. Die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sei unzulässig.56
Außerdem meinen sie, die erstinstanzlich vorgenommene Abtretung von Schadensersatzansprüchen der C GmbH & Co. KG an den Kläger gehe ins Leere, weil der Gesellschaft kein Schaden entstanden sei. Ansprüche aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kämen nicht in Betracht, weil hier nur Vermögensinteressen beeinträchtigt seien. Die Verletzung von Leistungspflichten aus der LP 3 komme nicht in Betracht, weil diese nicht beauftragt gewesen und nicht abgerechnet worden sei. Ihr Kostenanschlag lasse keinen Rückschluss auf die Unrichtigkeit der Kostenschätzung zu, weil er auf einem viel höheren Ausstattungsstandard – so z.B. bezüglich einer Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Einbindung des Bestandsgebäudes – beruhe.57
II.58
Die zulässige Berufung ist teilweise, allerdings in nur geringem Umfang, begründet. Die Anschlussberufung ist mit der darin vorgenommenen Klageerweiterung zulässig und ebenfalls teilweise begründet.59
Die Berufung der Beklagten ist rechtzeitig eingelegt und begründet worden. Die materielle Beschwer ist ausreichend. Auch die Anschlussberufung ist rechtzeitig, insbesondere innerhalb der gem. § 521 II ZPO zur Berufungserwiderung gesetzten Frist eingelegt worden.60
A.61
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, denn dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 I, 634 Nr. 4, 633 II BGB zu. Die Kammer hat einen entsprechenden Anspruch mit zutreffender Begründung zu Recht bejaht. Insofern ist die Berufung der Beklagten unbegründet.62
1.63
Zwischen den Parteien bestand ein Werkvertrag. Aktiv- und Passivlegitimation sind gegeben.64
a)65
Die im Urteil vorgenommene Würdigung, wonach eine Gesamtbetrachtung des Vortrags zu den vertraglichen Willenserklärungen und der weiteren Kommunikation der Beteiligten ergebe, dass der Kläger und nicht die von ihm als Geschäftsführer der Komplementärin vertretene C GmbH & Co. KG Auftraggeber sein sollte, ist jedenfalls nicht zu beanstanden. Sie würdigt den wechselseitigen Parteivortrag umfassend und nachvollziehbar, ohne gegen geltende Auslegungsregeln oder allgemeine Denkgesetze zu verstoßen.66
Die Darlegungs- und die Beweislast für das von ihnen behauptete Vertretergeschäft liegen bei den Beklagten. Insbesondere handelte es sich bei dem Abschluss der Architektenverträge nicht um ein typischerweise zur unternehmerischen Tätigkeit der Gesellschaft gehörendes Geschäft, sondern um ein solches, das allein dem Kläger persönlich zugute kommen sollte und seinen privaten Rechtskreis betraf. Nur er konnte z.B. gem. § 946 BGB Eigentum an dem zu errichtenden Anbau erlangen. Dementsprechend sind die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts nicht anwendbar (vgl. MüKo/Schubert, BGB, 7. Aufl., § 164 Rn. 118-119). Die Beklagten haben die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Stellvertretergeschäfts indes nicht bewiesen. Die seitens der Kammer vorgenommene Würdigung, dass sich aus der insofern uneinheitlichen Korrespondenz der Parteien kein eindeutiger Rückschluss ergebe, weil insbesondere rechtlich bedeutsame Schreiben wie der Hinweis auf die Kostensteigerung auf ca. 240.000 € oder die Kündigungserklärung an den Kläger persönlich adressiert waren, ist zutreffend.67
Im Übrigen bestünden Zweifel an der Aktivlegitimation des Klägers auch dann nicht, wenn tatsächlich ein Vertragsschluss zwischen den Beklagten und der C GmbH & Co. KG anzunehmen wäre.68
aa)69
Der Kläger hat anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anhand der vorgelegten Urkunden, nämlich des Gesellschaftsvertrags vom 5.8.1997 (UR-Nr. ###/97 Notar O) sowie des Handelsregisterauszugs des AG Iserlohn vom 31.1.2018 (HR-B xxx) belegt, dass sowohl er selbst als Geschäftsführer der C Verwaltungs GmbH als auch diese als Komplementärin der C GmbH & Co. KG vom Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB befreit sind. Daher wäre die urkundlich bewiesene Abtretung von Gewährleistungsrechten der C GmbH & Co. KG an ihn wirksam, und die Klageforderungen könnten sich aus gem. § 398 S. 2 BGB übergegangenem Recht ergeben.70
Sollte es, dem Vortrag der Beklagten entsprechend, auf Seiten der C GmbH & Co. KG an einem Schaden fehlen, weil allein der Kläger die maßgeblichen Verbindlichkeiten einging, wären die Voraussetzungen einer Drittschadensliquidation erfüllt (vgl. BGH WM 1983, 416, 417).71
bb)72
Der Kläger wäre außerdem in Bezug auf werkvertragliche Gewährleistungsrechte aktivlegitimiert, weil er – worauf auch erstinstanzlich die Kammer bereits mit Beschluss vom 26.4.2012 (Bl. 318) hingewiesen hatte - als dinglich Berechtigter an den Grundstücken und (Teil-)Eigentümer der aufstehenden Gebäude jedenfalls in den Schutzbereich eines durch die C GmbH & Co. KG mit den Beklagten geschlossenen Vertrags im Sinne eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter einbezogen wäre.73
aaa)74
Auch an einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen können in dessen Schutzbereich mit der Folge einbezogen werden, dass sie zwar nicht einen eigenen Leistungsanspruch erwerben, dass ihnen aber ein vertraglicher Schadensersatzanspruch erwächst, falls der Schuldner ihnen durch schuldhaftes vertragswidriges Handeln einen Schaden zufügt (OLG Nürnberg, NJW-RR 2004, 1254; BGH NJW 1971, 1931). Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Dritten in einen zwischen anderen Parteien geschlossenen Vertrag sind die Vertrags- bzw. Leistungsnähe des Dritten, ein Interesse des Gläubigers an dessen Schutz und das Schutzbedürfnis des Dritten sowie die Erkennbarkeit des geschützten Personenkreises (MüKo/Gottwald, BGB, 7. Aufl., § 328 Rn. 180). Es gilt dabei der allgemeine Grundsatz, dass ein Interesse des Gläubigers der Vertragsleistung an der Einbeziehung bestehen muss. Der Vertragsgläubiger muss also an der sorgfältigen Ausführung der Leistung nicht nur ein eigenes, sondern auch ein berechtigtes Interesse zugunsten des Dritten haben. Aufgrund der Vertragsfreiheit können die Parteien den Schutzbereich eines Vertrages in beliebiger Weise ausdehnen (MüKo/Gottwald, a.a.O., Rn. 182, m.w.N.). Das ist typischerweise u.a. dann anzunehmen, wenn Mieter Werkleistungen am Bauwerk in Auftrag geben, weil dann mangelbedingte Substanzschäden nicht sie treffen, sondern den Eigentümer. Auch bei Werkverträgen kommt die Einbeziehung Dritter, die vorhersehbar mit dem Leistungsgegenstand in Berührung kommen, in den Schutzbereich des Vertrags grundsätzlich in Betracht. So schuldet ein Werkunternehmer Schutz und Obhut allen Angehörigen und Arbeitnehmern des Bestellers, welche die Baustelle benutzen, auf der das Werk ausgeführt wird, und ein Bauvertrag über Arbeiten an der Grundstücksgrenze schützt auch einen betroffenen Grundstücksnachbarn (MüKo/Gottwald, a.a.O., Rn. 241, m.w.N.). Diese Grundsätze lassen sich auf einen Architektenvertrag übertragen, bei dem der Auftraggeber des Architekten und der Bauherr auseinanderfallen, wenn für den Architekten erkennbar ist, dass der Bauherr das wirtschaftlich überwiegende Interesse an seiner Leistung hat (Senat, BauR 2004, 528, 530).75
Die Beklagten planten ein Einfamilienhaus als Anbau an das zumindest überwiegend im Eigentum des Klägers stehende Gebäude. Dieser Anbau sollte unstreitig zu Wohnzwecken für ihn und seine Ehefrau dienen. Zwischen ihm und der C GmbH & Co. KG bestehen aufgrund der Stellung des Klägers als Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sowohl ein persönliches Näheverhältnis als auch eine rechtliche Beziehung einschließlich Schutzpflichten, jedoch kein Vertragsverhältnis bezüglich der Errichtung des Bauwerks. Dass der Kläger, der als Darlehensnehmer der Baufinanzierung auch das finanzielle Risiko trug, von der Leistungserbringung mindestens ebenso betroffen sein würde, wie die Gesellschaft als Auftraggeberin, war für die Beklagten ohne weiteres erkennbar, und es bestand auch ein Interesse der C GmbH & Co. KG an der Einbeziehung ihres Gesellschafters in den Schutzbereich des Werkvertrags, schon weil dieser eben auch Eigentümer der von ihr betrieblich genutzten Räumlichkeiten ist, während sie selbst keinen unmittelbaren Vorteil aus der Vertragsleistung der Beklagten zu gewinnen hatte. Demgegenüber bestünden keine Erfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche des Klägers gegen die Gesellschaft bezüglich des Anbaus. Ein Subunternehmerverhältnis bestand nicht, so dass dem Kläger selbst, soweit allein die C GmbH & Co. KG Vertragspartei wäre, keine gleichwertigen vertraglichen Ansprüche zustünden, die seine Schutzbedürftigkeit und damit das Interesse an der Einbeziehung in den Schutzbereich entfallen lassen könnten (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2007, 736, 738).76
bbb)77
In diesem Zusammenhang kann auch nicht – wie die Beklagten meinen – eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf absolute Rechte wie Leben und körperliche Unversehrtheit angenommen werden. Vielmehr ist die hier gegebene Konstellation, in der das von den Beklagten zu erbringende Geisteswerk Grundlage weiterer Investitionsentscheidungen des Klägers als Drittem in Form des Abschlusses der jeweiligen Werkverträge mit den ausführenden Unternehmern sein sollte, ähnlich etwa einer Ankaufuntersuchung beim Pferd. Auch dort geht es allein um den Schutz der Vermögensinteressen desjenigen Dritten, der bestimmungsgemäß durch Fehler des vertraglich übernommenen Geisteswerks einen finanziellen Schaden erleiden kann (dazu: BGH NJW 2012, 1071; NJW-RR 2012, 540). Der Drittschutz umfasst auch in solchen Fällen reine Vermögensinteressen.78
b)79
Gegen die vom Landgericht mit zutreffender Begründung angenommene Passivlegitimation beider Beklagten als Folge des Eintritts der Partnerschaftsgesellschaft in den bestehenden Architektenvertrag wendet sich die Berufung nicht mehr.80
2.81
Die Beklagten haben ihre sich aus dem Architektenvertrag ergebenden Pflichten verletzt. Ihre Leistung war mangelhaft im Sinne von § 633 II BGB, weil sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies und zur Erreichung des nach dem Vertrag vorausgesetzten Zwecks nicht geeignet war.82
Die Annahme der Kammer, dass die Beklagten ihre Pflichten zur ordnungsgemäßen Kostenermittlung und –kontrolle verletzten, ist ebenfalls zutreffend begründet und im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die mit der Berufung dagegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.83
a)84
Der geschuldete Leistungsumfang ergab sich zunächst maßgeblich aus dem Architektenvertrag vom 15.6.2007, in dem konkrete Einzelleistungen nicht definiert waren. Mit dem Vertrag vom 21.4.2008 wurde der Auftragsumfang erweitert. Auch darin wurde lediglich die Ausführungsplanung gem. LP5 als Leistung beschrieben, ohne dies zu konkretisieren. Infolge der inhaltlichen Bezugnahmen sowie der begrifflichen Verwendung der in § 15 HOAI a.F. beschriebenen Leistungsphasen ist allerdings die Auslegung geboten, dass jeweils der Katalog der Grundleistungen gem. § 15 HOAI a.F. zur Beschreibung des Leistungssolls heranzuziehen sein sollte. Dafür spricht mangels anderweitiger Hinweise auf eine Bestimmung der vertraglichen Leistungen auch die Vorgabe der Honorierung nach den Prozentsätzen des § 15 I HOAI a.F. in Verbindung mit den Bezugnahmen auf das Honorarangebot vom 10.5.2007.85
Demnach waren alle in § 15 HOAI a.F. geschriebenen Grundleistungen Bestandteil der in Auftrag gegebenen Leistungen, weil von den vollen Prozentsätzen der Leistungsphasen ausgegangen wurde (vgl. Kniffka, Vergütung für nicht erbrachte Grundleistungen?, BauR 2015, 883, 888).86
b)87
Ihre sich nach dieser Maßgabe bestimmenden Leistungspflichten haben die Beklagten teils schlecht und teils nicht erfüllt. Der Architekt schuldet dem Bauherrn die vorausschauende Kostenermittlung für das Bauvorhaben. Nach der HOAI (2002), die für das streitgegenständliche Vertragsverhältnis gilt, hatten die Beklagten in der Leistungsphase 2 eine Kostenschätzung nach DIN 276 zu erstellen, in der Leistungsphase 3 eine Kostenberechnung und in der Leistungsphase 7 einen Kostenanschlag. Durch Vergleich der Kostenberechnung mit der Kostenschätzung sowie des Kostenanschlags mit der Kostenberechnung hatte in den LP 3 und 7 jeweils eine Kostenkontrolle zu erfolgen.88
Die Beurteilung, ob und ggf. wie die Beklagten diese sich aus dem Architektenvertrag ergebenden Pflichten im Hinblick auf die als Grundleistungen geschuldeten Kostenermittlungen erfüllten, hat zunächst auf Grundlage der Kostenschätzung vom 29.11.2007 in Bezug auf den dort mit ca. 210.000 € angegebenen Gesamtbetrag einschließlich Nebenkosten und Wagniszuschlag zu erfolgen.89
Das Bauvorhaben wurde unstreitig so realisiert, dass das EG des Anbaus in Holzständerbauweise und nicht massiv ausgeführt wurde. Davon ist gem. §§ 529 I, 314 ZPO schon deshalb auszugehen, da im Tatbestand als unstreitig festgehalten worden ist, dass der Kläger sich zur Durchführung des Bauvorhabens in Gestalt des EG in Holzbauweise entschloss (Urteil S. 6 oben). Diese Tatsache ergibt sich zudem ohne weiteres aus den als Anl. A49 vorgelegten Lichtbildern (Bl. 456-457, 462-466) sowie den Feststellungen im Gutachten vom 19.9.2015.90
Soweit die Beklagten mit ihrer Berufungsbegründung vorbringen, es liege eine Massivbauweise vor, so dass die Schätzung der Baukosten allein der Kostengruppen 300 und 400 mit 211.770 € entscheidend sei, trifft das demnach nicht zu. Vielmehr ist, wie im landgerichtlichen Urteil zutreffend ausgeführt worden ist, auch zu würdigen, dass der geschätzte Betrag von ca. 210.000 € für die gewählte Alternative der Ausführung des EG in Holzbauweise weder wörtlich noch inhaltlich auf die Kostengruppen 300 und 400 begrenzt war, sondern explizit jedenfalls auch die Nebenkosten aus der Kostengruppe 700 enthielt.91
c)92
Die Fehlerhaftigkeit dieser Kostenschätzung steht fest, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob die Vereinbarung eines Kostenrahmens anzunehmen ist oder nicht. Ein Beratungsfehler des Architekten kann insbesondere darin liegen, dass er durch eine sehr niedrige anfängliche Kostenschätzung den Entschluss des Bauherrn zur Errichtung des Vorhabens nachhaltig gefördert hat, obwohl er aufgrund des Wissens um die geplante Finanzierung zu besonderer Sorgfalt im Hinblick auf die Kostenermittlung verpflichtet war (OLG Frankfurt, NZBau 2012, 306, 308).93
aa)94
Der Architekt ist gegenüber seinem Auftraggeber gehalten, stets dessen wirtschaftliche Belange zu beachten. Hierzu gehört insbesondere eine zutreffende Beratung über die voraussichtlich entstehenden Baukosten. Schon im Rahmen der Grundlagenermittlung trifft den Architekten die Pflicht, den wirtschaftlichen Rahmen des Bauherrn abzustecken. Auch im Rahmen der Vorplanung hat der Architekt den wirtschaftlichen Rahmen abzustecken und ihm bekannte Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen (OLG Hamm, BauR 2012, 530, 531; Retzlaff, Die Haftung des Architekten bei der Überschreitung von Kostengrenzen, BauR 2015, 1730, 1731). Der Architekt ist verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten, sondern muss stets die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung berücksichtigen (BGH NJW 2013, 1593). Eine Haftung des Architekten kann sich sowohl aufgrund schuldhaft unzutreffender Kostenschätzungen, die Grundlage einer Investitionsentscheidung des Bauherrn geworden sind, ergeben als auch infolge unterbliebener oder unrichtiger Information über eine Verteuerung des Bauwerks (Kniffka, in Kniffka u.a., Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 633 Rn. 133, 136; Retzlaff, a.a.O.).95
Hier war den Beklagten unstreitig aufgrund der vom Kläger auch schriftlich gemachten Angaben bekannt, dass dieser auf eine Darlehensfinanzierung angewiesen war und beabsichtigte, eine bestehende Finanzierungslücke mittels Eigenleistungen zu schließen. Der Wunsch, fehlendes Eigenkapital durch die Erbringung von Eigenleistungen zu ersetzen, hing ersichtlich nicht davon ab, ob das Bauvorhaben als freistehendes Einfamilienhaus oder als Anbau verwirklicht würde. Der Kläger teilte den Beklagten ausdrücklich mit, dass er die Finanzierung auf Grundlage der auf ca. 210.000 € lautenden Kostenschätzung geplant habe, und die Beklagten nahmen dazu ausdrücklich Stellung, indem sie die vorliegende Kostenschätzung als in den Summen noch darstellungsfähig bezeichneten. Sie waren daher, unabhängig von ihrerseits gegebenen Hinweisen auf Unsicherheiten der Schätzung, zu besonderer Sorgfalt bei der Kostenermittlung verpflichtet.96
bb)97
Gemessen an diesen grundlegenden Anforderungen war die Kostenschätzung der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung des Klägers für die Realisierung des Bauvorhabens wurde, mangelhaft.98
Im Rahmen der Kostenschätzung wird zwar dem Architekten regelmäßig eine Toleranz von 30–40% eingeräumt, und die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Überschreitung des Toleranzrahmens trifft den Auftraggeber (OLG Schleswig, NJW-Spezial 2009, 477; Koeble in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 12. Teil Rn. 781, m.w.N.). Bei groben Pflichtverletzungen, wie z.B. dem Übersehen der MwSt. oder völlig unrealistischen Annahmen zur Kubatur, wird indes regelmäßig eine Toleranz nicht zugebilligt (BGH NJW-RR 1997, 402; Kniffka in Kniffka u.a., a.a.O., § 633 Rn. 134).99
aaa)100
Ein grober Fehler, hinsichtlich dessen eine Toleranz nicht zugebilligt werden kann, liegt hier vor, denn die Kostenschätzung ist bereits in sich offenkundig falsch. Das ausgewiesene Ergebnis lässt sich weder mathematisch noch systematisch aus den dargestellten Rechenoperationen ableiten.101
Nach dem unstreitigen Parteivorbringen war die in der Kostenschätzung rechnerisch zunächst vorgenommene Berücksichtigung der Indexentwicklung wegen des Zeitversatzes zwischen der Gewinnung der für den Baupreisindex bestimmenden Basiszahlen und dem Beginn des Bauvorhabens geboten. Deshalb sollte hinsichtlich der durch Schätzung anhand der Brutto-Grundfläche (BGF) sowie der Baukosten-Kennwerte (BKI) ermittelten Baukosten die Entwicklung der Baukosten in Form einer Indexanpassung um 8,6% abgebildet werden. Diese wurde zwar bei der Berechnung beider Alternativen in der Kostenschätzung vom 29.11.2007 (Anl. A8) zunächst vorgenommen, bei der Ermittlung der Endsummen und der darauf beruhenden in größerer Schrift hervorgehobenen Schätzwerte jedoch jeweils wenigstens teilweise unberücksichtigt gelassen:102
Die angegebenen Summen von 248.383,20 € bzw. 210.170,40 € wurden nämlich jeweils – ausgehend vom methodischen Ansatz der Kostenschätzung - nicht richtig berechnet. In Bezug auf die ausgeführte Variante des EG in Holzbauweise hätte die Berechnung richtigerweise folgendermaßen lauten müssen:103
104
In der Kostenschätzung wurde indes zunächst der Zuschlag für Wagnis nicht mit 10% bezogen auf den höheren, sich nach der Indexanpassung ergebenden Wert von 179.190 € berechnet, sondern mit 10% von 165.000 € = 16.500 €.
105
Außerdem wurde dann nicht die korrekte Summe der auf diese Weise ermittelten Beträge von 179.190 €, 28.670,40 € und 16.500 € als Ergebnis der Addition ausgeworfen, was 224.360,40 € ergeben hätte, sondern der Betrag von 210.170,40 €, also die Summe aus 165.000 € + 28.670,40 € + 16.500 €.106
Infolge dieser methodischen und rechnerischen Fehler war der mit 210.000 € angegebene gerundete Schätzwert um ca. 16.000 € zu gering.107
bbb)108
Darüber hinaus ergibt sich die Fehlerhaftigkeit der Kostenschätzung auch aus dem Verhältnis des dort genannten Ergebnisses zu den tatsächlichen Baukosten.109
Da das Bauvorhaben abgebrochen wurde und der Anbau unfertig geblieben ist, kann eine Kostenfeststellung nicht erfolgen, sondern es ist eine näherungsweise Bestimmung der Kosten notwendig. Dazu kann – wie wiederum von der Kammer zu Recht angeführt – auf die zur Akte gereichten späteren Kostenermittlungen der Beklagten zurückgegriffen werden.110
Die Beklagten ermittelten in ihrem Kostenanschlag, auf den sie ausdrücklich selbst Bezug nehmen, dessen Richtigkeit die Beklagten nie in Zweifel gezogen haben und dessen Inhalt der Kläger sich ausdrücklich zu Eigen gemacht hat, einen Betrag von 330.341,26 € als Summe der KG 300/400 und 700, von dem anzunehmen ist, dass er jedenfalls die als unstreitig anzusehende Untergrenze der Gesamtkosten abbildet. Dieser Betrag überschreitet deutlich sowohl den maximal denkbaren Toleranzrahmen von 40% bezogen auf die ursprüngliche Schätzung von ca. 210.000 €, also 294.000 €, als auch den Rahmen von 30% bezogen auf den erhöhten Wert von ca. 240.000 €, nämlich den von der Kammer genannten Betrag von 312.000 €.111
Im Hinblick auf den erst am 1.7.2008 mitgeteilten Betrag von 240.000 € kann, wie die Kammer richtig erkannt hat, kein größerer Toleranzrahmen berücksichtigt werden, da zu diesem Zeitpunkt als Grundleistung der Leistungsphase 3 (LP 3) eine Kostenberechnung geschuldet war, für die üblicherweise ein Toleranzrahmen von 20-25% gilt (Koeble in Kniffka/Koeble, a.a.O.). Schon unter dem 1.2.2008 waren unter Bezugnahme auf den Architektenvertrag vom 15.6.2007 Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung - mit Hinweis auf die geänderte Abrechnung für die LP 3 - in Rechnung gestellt worden (Bl. 58), ohne dass eine an der insoweit maßgeblichen DIN 276 ausgerichtete Kostenberechnung vorgelegt worden war. Die zur Akte gereichte Kostenberechnung stammt vom 25.7.2011 und beziffert die Gesamtkosten mit 449.185,27 €, also einem um mehr als 100% über der Schätzung von 210.000 € liegenden Betrag.112
ccc)113
Außerdem ist eine Kostenschätzung des Architekten, soweit es um eine Investitionsentscheidung des Bauherrn geht, dann nicht als pflichtgemäß zu werten, wenn sie die Risiken der Schätzungsgrundlage nicht offen legt. Besteht infolge der Ungenauigkeit der Schätzung eine Toleranz, innerhalb derer auch höhere als die geschätzten Kosten realistisch sind, muss der Bauherr, wenn er durch innerhalb dieses Toleranzrahmens mögliche Kosten überfordert würde, über die Schätzungsbreite aufgeklärt werden (Kniffka in Kniffka u.a., Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 633 Rn. 135).114
An einer solchen Aufklärung fehlte es hier. Die Beklagten erklärten zwar, dass nicht alle für eine präzise Berechnung der Kosten erforderlichen Parameter bekannt waren, gaben aber weder einen Grad für die Genauigkeit ihrer Schätzung noch die konkrete Bandbreite der sich danach als immer noch realistisch ergebenden Gesamtkosten an. Eine richtige Einschätzung der mit der Investitionsentscheidung für die Realisierung des darlehensfinanzierten Bauvorhabens verbundenen Risiken wurde dem Kläger damit nicht ermöglicht.115
d)116
Vor diesem Hintergrund besteht eine weitere Verletzung ihrer vertraglichen Leistungspflichten durch die Beklagten darin, dass sie nicht bis spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der LP 3 am 1.2.2008 eine Kostenberechnung gem. DIN 276 fertigten und anhand eines Vergleichs der Kostenberechnung mit der Kostenschätzung eine Kostenkontrolle vornahmen. Dazu wären sie, weil alle Grundleistungen gem. § 15 HOAI a.F. in Auftrag gegeben waren und sie außerdem um den engen Finanzierungsspielraum des Bauvorhabens wussten, verpflichtet gewesen.117
Der Einwand der Beklagten, mit Leistungen der Leistungsphase 3 nicht beauftragt gewesen zu sein, greift nicht durch. Schon gem. §§ 529 I, 314 ZPO steht als unstreitig fest, dass Grundleistungen der Entwurfs- und Genehmigungsplanung gem. LP 3-4 abgerechnet wurden. Der Vertrag vom 15.6.2007, auf den die Honorarrechnung der Fa. D Bezug nahm, umfasste diese Leistungen, ohne dass dessen Kündigung vorgetragen oder ersichtlich wäre. Außerdem war der Beklagte zu 1) unstreitig bei Übersendung der Vorentwurfsplanung des Architekten F ausdrücklich mit einer detaillierten Kostenermittlung beauftragt worden, so dass jedenfalls die Kostenberechnung, soweit nur einzelne Grundleistungen der LP 3 gefordert gewesen sein sollten, zum geschuldeten Leistungsumfang gehörte. Dass eine Kostenermittlung Gegenstand der abgerechneten Leistungen war, ergibt sich schließlich auch aus der Honorarkostenaufstellung nach Zeit- und Kostenaufwand bezüglich der Entwurfsplanung (Bl. 59).118
e)119
Darüber hinaus liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten darin, dass auch der als Grundleistung in der Leistungsphase 7 geschuldete Kostenanschlag nicht vor Beauftragung der ausführenden Unternehmen und vor Abschluss der Rohbauarbeiten erstellt wurde, so dass dem Kläger keine Möglichkeit gegeben war, vor Begründung der maßgeblichen Verbindlichkeiten eine wirksame Kostenkontrolle vorzunehmen. Schon das Eingehen der Verbindlichkeiten stellt sich daher als auf den Pflichtverletzungen der Beklagten beruhender Vermögensschaden dar. Die Beklagten gingen ausweislich ihres eigenen Vortrags davon aus, mit den weiteren Leistungsphasen gem. § 15 HOAI a.F. ebenfalls beauftragt zu sein und stellten deshalb diesbezüglich eine Abschlagsrechnung. Aufgrund der genannten Umstände schuldeten sie dementsprechend auch die weiteren Kostenermittlungen und die Kostenkontrolle.120
3.121
Diese Pflichtverletzungen erfolgten schuldhaft. Dass die Beklagten die Verletzungen ihrer vertraglichen Hauptleistungspflichten zu vertreten haben, wird gem. § 280 I S. 2 BGB vermutet. Sie haben diese Vermutung nicht entkräftet.122
a)123
Zunächst liegt auf der Hand, dass die im Rahmen einer Kostenschätzung anzustellenden Berechnungen methodisch und rechnerisch richtig sein müssen. Die objektiven Fehler sind seitens der Beklagten nicht erklärt worden.124
b)125
Die Beklagten können sich auch nicht damit entlasten, dass sie zu einer genaueren Kostenermittlung wegen fehlender planerischer Vorgaben nicht in der Lage gewesen seien, denn eine erste Entwässerungsplanung war von ihrer Seite schon unter dem 22.1.2008 entworfen worden und die Statik lag spätestens am 9.7.2008 vor, als die Tragwerksplanung abgerechnet wurde (Anl. A34). Dass sie insofern vom Kläger eine Mitwirkungshandlung im Sinne von § 642 BGB gefordert oder einen tauglichen Bedenkenhinweis bezüglich der Grundlagen der geschuldeten Kostenermittlungen erteilt hätten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.126
c)127
Gleichzeitig enthielt die schriftliche Aufstellung der Kosten die Formulierung: „geschätzte Baukosten: (gehobener Standart).“ Ein weiterer Hinweis auf die Berücksichtigung eines höheren Standards war in der Kostenschätzung (A8) hinsichtlich des Wagniszuschlags aufgenommen. Dementsprechend gilt gem. §§ 529 I, 314 ZPO auch die insoweit getroffene Feststellung des Landgerichts, dass die als Ergebnis der Schätzung ausgewiesenen Kosten von 210.000 € für die Errichtung des Gebäudes bei Ausführung des EG in Holzbauweise und in einem gehobenen Standard geschätzt waren.128
Der klägerseits substantiiert bestrittene, pauschale Vortrag der Beklagten, die Kosten hätten sich infolge der Wahl eines gehobenen Standards im Rahmen des Innenausbaus erhöht, ist daher insoweit schon unerheblich, als die Kostenschätzung ausweislich ihres schriftlichen Inhalts für einen gehobenen Standard gelten sollte. Abweichungen von diesem Inhalt der Urkunde hätten die Beklagten konkret darzulegen und zu beweisen. Beweis haben sie dazu indes nicht angeboten. Vielmehr geben sie zur Konkretisierung ihres Vortrags u.a. an, durch die Konzeptionierung einer Sole-Wasser-Wärmepumpe nebst Anbindung an das Bestandsgebäude habe sich eine Kostensteigerung ergeben, obwohl gerade diese Position bereits mit einem Betrag von 25.000 € Bestandteil ihrer Kostenschätzung vom 29.11.2007 geworden war. Auch Verschattungen aus Holz-Lamellen waren schon in der am 7.8.2007 übersandten Aufstellung der geplanten Eigenleistungen erwähnt.129
Der Bewertungsansatz des Sachverständigen L spricht ebenfalls gegen die Richtigkeit des Einwands der Beklagten, denn dieser hat ganz überwiegend nur einen mittleren Standard angenommen. Einen gehobenen Standard hat er nur bezüglich des Daches und der Sanitäreinrichtungen zugrunde gelegt, die zusammen 24% der Gebäudeherstellungskosten ausmachen.130
4.131
Der Kläger kann von den Beklagten Schadensersatz auch ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung gem. §§ 281 I, 636 BGB verlangen. Eine Fristsetzung durch den Kläger war hier nämlich aufgrund der Umstände entbehrlich.132
Der Kläger macht geltend, dass er von dem Bauvorhaben Abstand genommen und mit dessen Ausführung gar nicht erst begonnen hätte, wenn er zutreffend über die zu erwartenden Kosten informiert worden wäre. Das hat er im ersten Rechtszug stets so vorgetragen, ohne dass die Beklagten dieses Vorbringen konkret bestritten hätten. Soweit der Kläger dementsprechend geltend macht, sein Schaden bestehe in den nutzlos gewordenen, also frustrierten Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Kostenschätzung als Architektenleistung der Beklagten machte, um das Bauvorhaben zu verwirklichen, würde eine Mangelbeseitigung der Beklagten den bereits entstandenen Schaden nicht mehr entfallen lassen. Der Kläger hat nämlich darüber hinaus unwidersprochen vorgetragen, dass die finanzierende H zur Gewährung von Darlehen über den Betrag von 160.000 € bzw. letztlich insgesamt 180.000 € hinaus nicht bereit war und diese Summen vollständig aufgebraucht sind. Auch der Vorschlag von Einsparmöglichkeiten kann demnach, da jegliche Mittel zur Fertigstellung des Bauvorhabens - einschließlich der Beschaffung von Materialien für Eigenleistungen – fehlen, den Schadenseintritt nicht mehr ungeschehen machen, nachdem sich insoweit der Planungsmangel im Bauwerk realisiert hatte.133
a)134
Deshalb ist im Grundsatz von einem Mangelfolgeschaden auszugehen, der gem. § 280 I BGB auch ohne vorherige Fristsetzung geltend gemacht werden kann.135
Gemäß §§ 634 Nr. 4, 281, 636 BGB ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nur dann erforderlich, wenn der Besteller einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung geltend machen will. Nur dieser an die Stelle des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs tretende Schadensersatzanspruch hängt davon ab, dass dem Werkunternehmer vorher das ihm zustehende Recht zur Nachbesserung eingeräumt wurde oder die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Nachfristsetzung nach §§ 636, 281 II BGB vorliegen. Der Ersatz sonstiger Schäden im Sinne des § 280 I BGB setzt dagegen keine vorhergehende Nachfristsetzung an den Unternehmer voraus. Für die Abgrenzung zwischen einem Anspruch aus § 280 I BGB und einem Anspruch aus § 280 III i.V.m. §§ 281 ff. BGB ist maßgeblich, dass der neben den Anspruch auf Nacherfüllung tretende Anspruch aus § 280 I BGB all die Schäden erfasst, die durch die Pflichtverletzung endgültig entstanden sind und durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nicht beseitigt werden können. Schäden, die nicht durch eine Nacherfüllung beseitigt werden können, sind ohne die in diesem Fall sinnlose Fristsetzung gemäß § 280 I BGB zu ersetzen. (OLG Bamberg, BauR 2009, 1455, 1456; Wirth in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl., § 13 Abs. 7 VOB/B Rn. 2).136
Um solche Kosten geht es. Der Kläger macht nicht die Kosten geltend, die durch Beauftragung eines anderen Architekten entstünden, wenn dieser die seitens der Beklagten falsch oder nicht erbrachten Grundleistungen neu ausführen würde, sondern einen durch Abschluss von entsprechenden Verträgen bereits eingetretenen Schaden.137
b)138
Darüber hinaus wäre hier, auch wenn man von der Geltendmachung eines Schadensersatzes statt der Leistung gem. § 281 BGB ausginge, eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich, weil die nachgeholte Leistung für den Kläger jedenfalls ohne Interesse wäre, nachdem er die frustrierten Aufwendungen bereits vorgenommen hat.139
Soweit an einer nachträglichen Leistungserbringung des Architekten kein Interesse des Auftraggebers besteht, kommt eine Minderung der Honorarforderung gem. §§ 634 Nr. 3, 638 I BGB auch ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung in Betracht (BGH NZBau 2011, 622, 623; Kniffka, a.a.O., 1035). Eine Fristsetzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entbehrlich, wenn die ausstehende Leistung ihren vertraglichen Zweck nicht mehr erfüllen kann. In diesem Fall kann der Auftraggeber die Vergütung sofort mindern. Ein Minderungsanspruch ist deshalb beispielsweise sofort gegeben, wenn trotz einer entsprechenden Vereinbarung ein Bautagebuch nicht während der Bauphase geführt wird, weil eine nachträgliche Erstellung nicht mehr zuverlässig möglich ist (Kniffka, a.a.O., 1035) oder Kostenermittlungen nicht in der Leistungsphase, der sie gem. § 15 II HOAI a.F. zugeordnet sind, erbracht wurden (BGH NZBau 2005, 158, 161).140
Für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gem. §§ 280 I, 281, 634 Nr. 4, 636 BGB wegen unterlassener oder falscher Kostenermittlungen kann nichts anderes gelten, denn die Kostenermittlungen sind regelmäßig für den Bauherrn von entscheidender Bedeutung und als selbständige Teilerfolge innerhalb der jeweiligen Leistungsphasen geschuldet, weil sie anderenfalls ihren Zweck regelmäßig nicht mehr erfüllen können. Dieser besteht darin, eine vom Planungsstand abhängige Information über die voraussichtlichen Kosten des Bauwerks zu erhalten (BGH, a.a.O.; Kniffka in Kniffka u.a., Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 633 Rn. 124; OLG Bamberg Urteil v. 2.11.2011, Az. 3 U 100/11, BeckRS 2013, 2307). Ist das Bauvorhaben fertig gestellt bzw. beendet, besteht regelmäßig kein Interesse des Bauherrn mehr an Kostenermittlungen, so dass eine weitere Leistungsaufforderung entbehrlich ist (OLG Frankfurt, NZBau 2012, 306, 308).141
Es bleibt dabei, dass es einen Mangel der Architektenleistung darstellt, wenn eine vertraglich geschuldete Grundleistung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht wird, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob dieser Umstand im Rahmen des Streits um die Honorarermittlung oder als Grundlage eines Gewährleistungsanspruchs geltend gemacht wird. Sind Teilleistungen nicht oder nicht vollständig erbracht, entfällt der Honoraranspruch eines Architekten dann ganz oder teilweise, wenn der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts des BGB oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts erfüllt ist, die den Verlust oder die Minderung der Honorarforderung als Rechtsfolge vorsieht (BGH, BauR 2004, 1640; BauR 2005, 400; BauR 2005, 588). Eine Fristsetzung ist entbehrlich, wenn die ausstehende Leistung ihren vertraglichen Zweck nicht mehr erfüllen kann. In diesem Fall kann der Auftraggeber die Vergütung sofort mindern. Das ist z.B. in dem Fall angenommen worden, dass bis zum Abschluss des Bauvorhabens keine planungsbegleitenden Kostenermittlungen vorgenommen worden sind, denn nach Fertigstellung des Baus haben sie ihren Sinn verloren (Kniffka, BauR 2015, 1031, 1035, m.w.N.). Wenn insofern die Voraussetzungen einer Minderung des Architektenhonorars gem. §§ 638, 634 Nr. 3 BGB erfüllt sind, ist tatbestandlich auch die Geltendmachung von Schadensersatz gem. §§ 280 I, 281 I, 284, 634 Nr. 4, 636 BGB möglich.142
B.143
Im Hinblick auf den Umfang der begründeten Ansprüche ist aufgrund beider Rechtsmittel das Urteil teilweise abzuändern.144
Die Beklagte ist zur Erstattung des adäquat kausal auf den feststellbaren Pflichtverletzungen beruhenden Schadens verpflichtet. Die Schadensberechnung erfolgt nach den Regeln der §§ 249 ff. BGB. Der Schaden des Bestellers ist aus der Differenz der Vermögenslage mit und ohne Pflichtverletzung des Architekten zu ermitteln (Kniffka in Kniffka u.a., a.a.O., § 633 Rn. 137). Die Höhe des Schadens kann durch den Senat auf Grundlage der durch das Landgericht getroffenen Feststellungen, des Berufungsvorbringens der Parteien und der weiteren dazu vorgelegten Beweise gem. § 287 ZPO geschätzt werden.145
Da der Kläger unstreitig auf eine Darlehensfinanzierung des Bauvorhabens angewiesen war und ihm weitere Darlehensmittel nicht zur Verfügung standen, so dass es tatsächlich zum Abbruch der Bauarbeiten kam, ist als erwiesen anzusehen, dass er zur Realisierung des geplanten Anbaus zu höheren Kosten als maximal 240.000 € nicht in der Lage war. In einem solchen Fall findet die tatsächliche Vermutung eines beratungskonformen Verhaltens Anwendung, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger von dem Vorhaben Abstand genommen hätte, wenn er schon in der Leistungsphase 3 durch die Kostenberechnung zutreffend über die zu erwartenden Kosten informiert oder jedenfalls vor Beauftragung der ausführenden Unternehmen mittels ordnungsgemäßen Kostenanschlags zur Kostenkontrolle in die Lage versetzt worden wäre (BGH NZBau 2013, 515, 517; Retzlaff, a.a.O., S. 1731).146
1.147
Soweit die Beklagten sich mit der grundsätzlichen Erwägung gegen die im erstinstanzlichen Urteil vorgenommene Berechnung des Schadens wenden, diese differenziere nicht hinreichend zwischen den einzelnen Kostenpositionen und den diesbezüglichen Kausalzusammenhängen zur streitgegenständlichen Pflichtverletzung, greift daher dieser Einwand in seiner Allgemeinheit nicht durch.148
Der Kläger macht geltend, dass er insgesamt von der Durchführung des Bauvorhabens Abstand genommen hätte, wenn er aufgrund einer richtigen Kostenschätzung der Beklagten rechtzeitig Kenntnis von den tatsächlichen Gesamtkosten erlangt hätte. Dabei steht als unstreitig fest, dass ihm Darlehensbeträge von insgesamt maximal 180.000 € sowie die vom Kläger auf maximal ca. 60.000 € geschätzten Eigenleistungen – anstelle von Eigenkapital zur Deckung der „Finanzierungslücke“ - zur Verfügung standen, um den Bau einschließlich aller Nebenkosten zu realisieren. Ausgehend von dem genannten Betrag von 330.341,26 € als Summe der Kostengruppen 300/400 und 700 aus dem Kostenanschlag der Beklagten ergibt sich ein Defizit von ca. 90.000 €.149
Der von den Beklagten nicht konkret bestrittene Vortrag des Klägers zu seinem hypothetischen Verhalten ist daher auch plausibel. Tatsächlich kam es, nachdem die Kostenentwicklung konkret absehbar geworden war und die Darlehensmittel verbraucht waren, zum Abbruch der Bauarbeiten, so dass der Anbau nach wie vor nicht fertiggestellt und unbewohnt ist.150
a)151
Unter solchen Umständen spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Kläger bei zutreffender Information über die Kosten des Bauvorhabens von dessen Realisierung Abstand genommen hätte (Retzlaff, Die Haftung des Architekten bei der Überschreitung von Kostengrenzen, BauR 2015, 1729, 1731), auch wenn in der Regel das Verhalten eines Bauherrn für den Fall einer pflichtgemäßen Information über die Höhe der zu erwartenden Baukosten einer typisierenden Betrachtung entzogen ist (Kniffka in Kniffka u.a., § 633 Rn. 138, m.w.N.). Die widerlegliche Vermutung des beratungsgerechten Verhaltens des Auftraggebers gilt nämlich auch, wenn der Planer im Rahmen der Grundlagenermittlung eine gebotene Erörterung und Beratung über Risiken unterlässt, die im Grundsatz bekannt sein mögen, er aber nicht sicher sein kann, dass der Auftraggeber diese Risiken bei seiner Bauentscheidung ausreichend bedacht hat (BGH NZBau 2013, 515, 517). Unerheblich ist dabei, ob diese Risiken technischer oder finanzieller Natur sind.152
Im Übrigen ist jedenfalls der Vortrag des Klägers, dass er sich gegen die Realisierung des Bauvorhabens entschieden hätte, wenn er gewusst hätte, dass dessen zu erwartende Kosten die ihm insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel um ca. 90.000 € übersteigen können, als im Wege des Indizienbeweises erwiesen zu werten.153
b)154
Unter dieser Prämisse stellen sich zunächst alle vom Kläger im Vertrauen auf die Richtigkeit der Kostenschätzung der Beklagten im Rahmen des Bauvorhabens getätigten Aufwendungen als im Ergebnis nutzlos gem. § 284 BGB dar, denn zur endgültigen Verwirklichung des Bauvorhabens ist es nicht gekommen. Der als Außenhülle fertig errichtete Anbau ist nicht bestimmungsgemäß zu Wohnzwecken nutzbar. Auf Grundlage der vom Sachverständigen L in seinem Gutachten (dort S. 22) angenommenen Fertigstellungsanteile ergibt sich, bezogen auf die jeweilige Gewichtung der einzelnen Gewerke, eine Quote der Gesamtfertigstellung von ca. 51,5%, weil der gesamte Innenausbau einschließlich der Feininstallationen noch unfertig ist. Dabei verfügt der Kläger nicht mehr über weitere Mittel, um die restliche Fertigstellung insoweit zu bewirken.155
aa)156
Dementsprechend sind sowohl die Kosten der in Auftrag gegebenen Planungs- und Bauleistungen als auch die Kosten der Darlehensaufnahme, des erforderlichen Rechtsstreits mit der Grundstückseigentümerin sowie die erbrachten Eigenleistungen als letztlich nutzlose Aufwendungen gem. §§ 280, 284 BGB erstattungsfähig, soweit sie als adäquat kausale Folge der Pflichtverletzungen anzusehen sind. Das ist der Fall, wenn sie ohne die Pflichtverletzungen der Beklagten, also bei ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Fertigung der Kostenermittlungen sowie ausreichender Kostenkontrolle vermieden worden wären, wobei dann eine Anrechnung erworbener Vermögensvorteile in Form dennoch fertig gestellter Gebäude oder Rohbauten zu erfolgen hat (Retzlaff, a.a.O., S. 1737-1738; Kniffka in Kniffka u.a., § 633 Rn. 137).157
Die Konstellation ist in dieser Hinsicht der Geltendmachung von Schadensersatz nach einer Aufklärungspflichtverletzung vergleichbar. In solchen Fällen kann die geschädigte Vertragspartei grundsätzlich Ersatz des Vertrauensschadens verlangen, was erfordert, sie so zu stellen, wie sie bei Offenbarung der für ihren Vertragsentschluss maßgeblichen Umstände stünde (BGH NZBau 2006, 573, 575). Dazu kann der Geschädigte anstelle des Schadensersatzes gem. § 284 BGB Aufwendungsersatz verlangen, ohne einen Vermögensschaden im Einzelnen dartun zu müssen (MüKo/Westermann, a.a.O., § 453 Rn. 48-49).158
bb)159
Spätestens am 1.2.2008, als die Beklagten die Leistungen für Entwurfs- und Genehmigungsplanung abrechneten, hätte eine Kostenberechnung nach DIN 276 erstellt und zum Zweck der Kostenverfolgung mit der – fehlerhaften - Kostenschätzung vom 29.11.2007 verglichen werden müssen. Diese Leistungen hatten die Beklagten nicht erbracht, so dass es zulässig ist, bei der Bestimmung des dadurch adäquat-kausal verursachten Schadens auf diesen Zeitpunkt abzustellen.160
Trotz ihrer erwiesenen Fehlerhaftigkeit ist nicht auf den Zeitpunkt der Kostenschätzung, also November 2007, abzustellen, weil der Kläger die spätere Mitteilung über eine mögliche Kostensteigerung auf insgesamt ca. 240.000 € noch nicht zum Anlass nahm, von der Durchführung des Bauvorhabens Abstand zu nehmen. Das spricht nämlich – angesichts des Umstands, dass sich die letztlich an ihn ausgezahlten Darlehensmittel und die geplanten Eigenleistungen auf genau diesen Betrag von 240.000 € summierten - dafür, dass die methodischen und rechnerischen Mängel der Kostenschätzung nicht allein für seine nachteilige Investitionsentscheidung ursächlich waren. Hätte die von den Beklagten aufgestellte Schätzung der Baukosten von Beginn an auf ca. 240.000 € gelautet, wäre zumindest der zum damaligen Zeitpunkt, also im November 2007, maximale Toleranzrahmen von 40% gemessen an Baukosten von 330.341,26 € noch eingehalten worden.161
Spätestens mit Abrechnung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung nach Einreichung des Bauantrags hätte indes eine auf fehlerfreier rechnerischer Grundlage erstellte, den Planungsstand berücksichtigende Kostenermittlung in Form einer Kostenberechnung nach DIN 276 gefertigt werden müssen, die eine ggf. in Anspruch genommene Schätzungsbreite bezifferte. Die von den Beklagten nachträglich erstellte Kostenberechnung, die auf dem zum Zeitpunkt der Erbringung der Leistungen aus den LP 3 und 4 geltenden Planungsstand beruhen muss, wies Kosten für das Bauwerk von 347.403,46 € aus. Selbst wenn davon die für Verschattungselemente, Schwimmbad und Sonnenschutzmarkise in Ansatz gebrachten Beträge von zusammen 65.000 € abgezogen werden, verbleibt ein Betrag von 282.403,46 € an reinen Baukosten für das Gebäude. Hinzu kommen die dort mit 66.610,52 € angegebenen Baunebenkosten der KG 700, so dass sich Gesamtkosten von 349.013,98 € errechnen. Das entspricht Mehrkosten von 139.013,98 € und einer Steigerung um ca. 2/3 der ursprünglich geschätzten Kosten, die sich aus der Kostenberechnung aufgrund des damaligen Planungsstands hätten ergeben müssen.162
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger, wenn er rechtzeitig darauf hingewiesen worden wäre, dass die Kosten realistischerweise diese Summe erreichen konnten, spätestens zu diesem Zeitpunkt, also im Februar 2008, die Durchführung des Bauvorhabens abgebrochen hätte. Alle danach zum Zweck der Verwirklichung des Bauvorhabens von ihm gemachten Aufwendungen stellen sich demnach als auf der Pflichtverletzung beruhender Vermögensschaden dar. Das gilt sowohl für die Finanzierungskosten als auch für die von ihm selbst erbrachten Arbeitsleistungen, denn diese haben grundsätzlich ebenfalls einen Marktwert.163
Die weiteren festgestellten Pflichtverletzungen sind insoweit als für den Schaden mitursächlich anzusehen.164
2.165
In Bezug auf zwei einzelne Positionen stellen sich die Berufungsrügen der Beklagten als begründet dar, so dass diese bei der Bezifferung des Schadens nicht oder mit geringeren Beträgen in Ansatz zu bringen sind.166
a)167
Soweit die Beklagten einwenden, dass die geleistete Honorarzahlung, die mit einer Höhe von 1.438,18 € angegeben war (A39, Bl. 355) und so im Urteil berücksichtigt worden ist, für die vom Kläger verworfene Planung eines freistehenden Einfamilienhauses bestimmt gewesen sei, ist das nicht plausibel und mit dem Inhalt der Urkunden unvereinbar. Der Kläger hat ausdrücklich vorgetragen, dass die Zahlung auf das Honorar für die Leistungen der Leistungsphase 4 gem. Rechnung vom 1.2.2008 geleistet worden sei, ohne dass die Beklagten das erstinstanzlich im Einzelnen bestritten hätten. Dementsprechend hat auch die Kammer die Zahlung als eine solche auf die LP 4 gewürdigt. Deshalb kommt es letztlich nicht darauf an, dass der genannte Betrag mit dem Inhalt der Rechnung vom 1.2.2008 nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann (weder netto noch brutto, weder mit noch ohne Skonto).168
Ein erstattungsfähiger Schaden ist allerdings aufgrund der Chronologie dennoch nicht anzunehmen, weil der Kläger bereits mit dem ursprünglichen Architektenvertrag vom 15.6.2007 auch die Genehmigungsplanung in Auftrag gegeben hatte und sich eine entsprechende Beauftragung auch aus dem Anschreiben vom 2.11.2007 ergab, mit dem die Pläne des Architekten F übersandt wurden. Mit Einreichung der Baugenehmigung am 1.2.2008 waren die Leistungen aus der LP 4 abgeschlossen und wurden gleichzeitig mit denen der LP 3 abgerechnet. Da erst zu diesem Zeitpunkt spätestens auch eine Kostenberechnung hätte vorgelegt werden müssen, kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Kläger die Belastung mit der Honorarforderung der Beklagten für die Genehmigungsplanung ohne die Pflichtverletzung hätte vermeiden können.169
b)170
Hinsichtlich des zu den klägerischen Eigenleistungen gezählten streitigen Betrags von 7.552 € rügen die Beklagten mit der Berufung zu Recht, dass es diesbezüglich an ausreichend substantiiertem Vortrag und einem Beweisangebot des Klägers für sowohl die Rechtsnatur des Aufwands als auch dessen kausalen Zusammenhang mit dem Bauvorhaben fehlt. Lediglich die Überweisung dieses Betrags ist anhand der Vorlage des kopierten Kontoauszuges nachgewiesen.171
Die Beklagten haben die Behauptung des Klägers, dieser Betrag habe als Miete an einen Nachbarn für einen Minibagger gezahlt werden müssen, substantiiert bestritten und angegeben, für einen entsprechenden Betrag könne ein gebrauchter Minibagger auch gekauft werden. Der Kläger hat daraufhin nicht einmal nachvollziehbar erläutert, wie der Zahlbetrag errechnet worden sein soll. Daher ist unerheblich, ob die Beklagten seinen weiteren Vortrag, die Miete sei für den Minibagger sowie einen Schlepper mit Frontladerschaufel gezahlt worden, wobei nach notierten Stunden abgerechnet worden sei, nochmals bestritten haben. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass auch anhand von Rechnungen der Fa. T Aufwendungen für die Anmietung eines Minibaggers geltend gemacht werden, ist die Feststellung, dass der gezahlte Betrag als notwendige Aufwendung auf das Bauvorhaben Folge der Pflichtverletzung ist ohne konkretisierenden Vortrag zu den als Abrechnungsgrundlage notierten Stunden sowie der Vereinbarung über den Stundensatz nicht möglich. Daran fehlt es nach wie vor. Der Kläger wiederholt – trotz des dazu vom Senat erteilten Hinweises - insoweit lediglich sein erstinstanzliches Vorbringen (Bl. 1000).172
c)173
Um diese Beträge ist daher der von der Kammer im Urteil ermittelte Gesamtbetrag der zu ersetzenden Aufwendungen von 161.201,90 € zu reduzieren, bevor die weiteren Positionen addiert und die Wertsteigerung im Wege des Vorteilsausgleichs in Abzug gebracht werden.174
Es sind also 1.438,18 € + 7552,00 € = 8.990,18 € abzuziehen, so dass ein Rest von 152.211,72 € verbleibt.175
3.176
Darüber hinaus stellen sich die Einwendungen der Berufung der Beklagten gegen die im Einzelnen berücksichtigten Kostenpositionen als unbegründet dar.177
a)178
Die angefallenen Darlehenszinsen wären, wenn der Kläger sich gegen die Realisierung des Bauvorhabens entschieden und die Darlehensverträge nicht abgeschlossen hätte, als Vermögensaufwand nicht entstanden. Der erste Darlehensvertrag wurde vom Kläger erst am 6.3.2008 unterzeichnet, wäre also nicht abgeschlossen worden, wenn der Kläger spätestens zum 1.2.2008 durch eine ordnungsgemäße Kostenberechnung und -kontrolle über die tatsächlich nach damaligem Planungsstand zu erwartenden Kosten informiert worden wäre. Sie sind deshalb ebenfalls zu berücksichtigen.179
b)180
Dasselbe hat für das seitens der Beklagten im Parallelrechtsstreit - 9 O 471/10 LG Hagen - geltend gemachte Honorar für die Grundleistungen der LP 6-8 zu gelten. Die Beauftragung erfolgte unstreitig sukzessive, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger, da er infolge einer zutreffenden Kostenberechnung von dem geplanten Bauvorhaben noch vor Beginn der Ausführung Abstand genommen hätte, einen Vertrag über Architektenleistungen der LP 6-8 nicht abgeschlossen und so die entsprechenden Kosten erspart hätte. Kostenschätzung und Kostenberechnung waren im Rahmen der Leistungsphasen 2 und 3 geschuldet, die bereits abgerechnet waren. Nur das darauf entfallene Honorar wäre unabhängig von der Richtigkeit der Kostenermittlungen ohnehin angefallen und als Sowieso-Kosten anzusehen. Es ist daher zu Recht bei der Schadensberechnung anhand vergeblicher Aufwendungen unberücksichtigt geblieben.181
c)182
Soweit sich die Beklagte gegen die zusätzliche Berücksichtigung des Betrags von 10.500 € für den Abbruch der Doppelgarage neben den Eigenleistungen des Klägers wendet, ist die Berufungsrüge im Ergebnis ebenfalls unbegründet.183
Sie hätte, den bereits erteilten Hinweisen entsprechend, ohnehin nur hinsichtlich eines Teilbetrags von 2.500 € Erfolg haben können, weil der Wert des abgebrochenen Gebäudes zu berücksichtigen ist. Eine Doppeltberechnung kann insofern schon nicht erfolgt sein, da der Zeitwert der zwecks Baufeldbereitung abgebrochenen Doppelgarage von 1974 als freiwilliges Vermögensopfer und demnach als im Vertrauen auf die Leistung gemachte Aufwendung neben der Arbeitsleistung für den Abbruch zu bewerten ist. Diesen Zeitwert hat der Kläger selbst ausdrücklich mit 8.000 € angegeben. Den Wertansatz haben die Beklagten nicht bestritten.184
Letztlich ist aber auch der weitere Betrag von 2.500 € zu berücksichtigen, denn der Kläger hat konkret vorgetragen, welcher Aufwand zum Abbruch der Doppelgarage erforderlich war und von ihm erbracht wurde (Bl. 348). Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, der Ansatz eines Betrags von 2.000 € im Rahmen der Eigenleistungen sei unabhängig vom Abbruch der Garage auch für den Aushub der Baugrube allein gerechtfertigt (Bl. 998), ist dies angesichts seines Vortrags insgesamt nachvollziehbar. Er hat angegeben, dass der Abbruch des Garagengebäudes zuerst erfolgt war, während die Baugrube erst nach Erhalt der Baugenehmigung ausgehoben wurde. Dieser Ablauf lässt sich anhand der vorgelegten Rechnungen ohne weiteres nachvollziehen, denn bereits in April und Mai 2009 mietete der Kläger z.B. Stemmhammer und Container. Seine ursprüngliche Aufstellung der Eigenleistungen (A39, Bl. 356) enthielt auch tatsächlich keinen Hinweis auf einen Zusammenhang der Arbeitsleistung zur Herstellung der Baugrube mit dem Abbruch der Garage.185
Dafür, dass der als Wert der Eigenleistung in Ansatz gebrachte Betrag unzutreffend wäre, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Beklagte hat nur den Gesamtposten von 10.500 € bestritten, nicht aber konkrete Einwendungen gegen die Wertansätze von 2.500 € für den Abbruch der Garage bzw. von 2.000 € für die Herstellung der Bodenplatte vorgebracht.186
4.187
Allerdings ist die vom Landgericht abgelehnte Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers im Sinne von § 254 I BGB geboten.188
Der Vorwurf des „Mitverschuldens“ beruht nicht auf der Verletzung anderen gegenüber bestehender Rechtspflichten, auf der Missachtung von gesetzlichen Verhaltensvorschriften, sondern auf einem Verstoß gegen das Gebot der Wahrnehmung eigener Interessen. Deshalb genügt es zu seiner Anwendung, dass der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH VersR 1990, 1362). Folglich wird der Begriff des „Verschuldens“ in § 254 BGB gewissermaßen untechnisch verwendet. Der Sache nach geht es um Obliegenheiten, deren Missachtung zu Nachteilen für den Pflichtigen führen kann (Knerr in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 2. Kap. Rn. 1). Wer diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, muss den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (BGH NJW 1997, 2234, 2235).189
a)190
Der Kläger ging bei der Kalkulation der Finanzierung des Bauvorhabens ein erhebliches Risiko ein, indem er – über die in der Kostenschätzung der Beklagten in Ansatz gebrachte Position „Wagnis“ hinaus – keinerlei Spielräume oder Reserven vorsah, obwohl er nicht über nennenswertes Eigenkapital verfügte. Dass der Kläger vor diesem Hintergrund, trotz der zentralen Bedeutung der Kostenschätzung für seine gesamte Finanzierungsplanung, die Rechenoperationen in der Kostenschätzung nicht nachvollzog, wobei sofort hätte auffallen müssen, dass die angegebenen Endsummen mit den aufgeführten Teilbeträgen nicht in Einklang zu bringen waren, ist als Verstoß gegen die gebotene Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten zu werten.191
Der Einwand des Klägers, die Fehlerhaftigkeit der Berechnung sei bislang weder den Prozessbevollmächtigten noch dem Gericht aufgefallen, überzeugt nicht, denn für ihn waren sowohl das Bauvorhaben als auch die damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken von existenzieller Bedeutung. Da er die Kostenschätzung als Grundlage sowohl seiner Investitionsentscheidung als auch der dafür notwendigen Darlehensfinanzierung nutzte, hatte er konkreten Anlass, sie inhaltlich, methodisch und rechnerisch nachzuvollziehen. Eine solche kritische Würdigung hätte die Fehler offenbart und jedenfalls zu Nachfragen Anlass gegeben, so dass eine dann vorgenommene Überarbeitung der Kostenschätzung ggf. den Schadenseintritt verhindert hätte.192
b)193
In diesem Zusammenhang ist auch zu würdigen, dass die vom Kläger selbst vorgetragenen Eigenleistungen mit einem Wert von ca. 15.000 € deutlich hinter dem nach seinem Vortrag mit zuletzt 50.000 € veranschlagten Wert zurückblieben. Auch dieser Gesichtspunkt hat notwendigerweise dazu geführt, dass die für die Fertigstellung zur Verfügung stehenden liquiden Mittel vorzeitig ausgeschöpft waren.194
An dieser Bewertung ändert auch der weitere Vortrag des Klägers nichts (Bl. 1001-1002), denn der Kläger hatte insbesondere die Außendämmung, den Einbau der Fenster und Türen sowie sämtliche Malerarbeiten in Eigenleistung erbringen wollen. Die Werte dieser Leistungen kalkulierte er in seiner ursprünglichen Aufstellung vom 7.8.2007, die sich in der Summe noch auf 61.500 € belief mit insgesamt ca. 25.000 €, auch wenn darin auch noch Maßnahmen des Innenausbaus enthalten waren. Demgegenüber war der Wert der vorbereitenden Abriss- und Erdarbeiten mit ca. 15.000 € veranschlagt worden. Diese führte der Kläger vollständig aus, so dass der von ihm geschätzte Wert mit dem der nachgewiesenen Eigenleistungen entsprechend korreliert.195
Dass die darüber hinaus als Eigenleistungen vorgesehenen Arbeiten nicht als solche ausgeführt wurden, sondern in Auftrag gegeben wurden, führte dazu, dass die aus der Darlehensfinanzierung stammenden liquiden Mittel in größerem Umfang als vorgesehen z.B. für die Außendämmung und den Einbau der Fenster verwendet werden mussten. Dabei hätte es, gerade angesichts der knappen Kalkulation, dem Kläger oblegen, sicherzustellen, dass die Eigenleistungen im vorgesehenen Umfang von ca. 50.000 € erbracht werden konnten. Dem durfte auch ein Umzug seines Sohns nicht entgegenstehen, sondern er hätte sich dann ggf. anderer Hilfe bedienen oder die Arbeiten terminlich so koordinieren müssen, dass sie an Wochenenden oder im Urlaub seines Sohns auszuführen waren.196
c)197
Der Grad des anzunehmenden Mitverschuldens muss abbilden, dass hier die Hauptverantwortung für den eingetretenen Schaden bei den Beklagten liegt, während der Kläger nur einen zusätzlichen Beitrag zur Schadensentstehung durch Verstöße gegen die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten geleistet hat. Ohne die rechnerisch leicht feststellbaren Fehler der Kostenschätzung hätte diese eine Summe von ca. 226.000 € ergeben, welche für den Kläger möglicherweise noch realisierbar gewesen wäre und die ihn nicht zu einer Aufgabe des Bauvorhabens veranlasst hätte.198
Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände, u.a. der mehrfachen Pflichtverletzungen der Beklagten, ergibt sich, dass das Mitverschulden des Klägers an der Schadensentstehung mit 10% zu bewerten ist.199
5.200
Die Anschlussberufung ist – auch soweit damit eine Klageerweiterung einhergeht – zulässig. Sie ist teilweise, nämlich hinsichtlich der klageerweiternd geltend gemachten weiteren Zinsen, begründet.201
a)202
Eine Klageerweiterung in der Berufungsinstanz ist grundsätzlich möglich und richtet sich nach § 264 ZPO, so dass § 533 ZPO nicht anwendbar ist. Der in erster Instanz obsiegende Kläger muss sich allerdings der Berufung der Gegenseite anschließen, wenn er eine Klageerweiterung vornehmen oder neue Ansprüche einführen und sich damit nicht nur auf die Abwehr der Berufung beschränken will, so dass auch im Fall der Klageerweiterung gem. § 264 Nr. 2 ZPO die Einlegung einer Anschlussberufung erforderlich ist (BGH NJW 2015, 2812, 2814; NJW 2008, 1953, 1954). Diese Anforderung hat der Kläger beachtet. Die Anschlussberufung ist innerhalb der dazu mit Verfügung vom 5.10.2017 gesetzten und mit Verfügung vom 19.10.2017 (Bl. 941) auf den 23.11.2017 verlängerten Frist am 22.11.2017 bei Gericht eingegangen (Bl. 985). Die dem Anspruch zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände sind von Beginn an Gegenstand des Rechtsstreits gewesen. Der sich fortentwickelnde Zinsschaden rechtfertigte im ersten Rechtszug jedenfalls zum Teil das Feststellungsbegehren.203
Die um 21.126,97 € erweiterte Klage ist – unter Berücksichtigung des mit 10% zu bewertenden Mitverschuldens - begründet, weil der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Ersatz für die auf die Darlehen zu entrichtenden Zinsen hat (s.o.). Der Schaden ist urkundlich nachgewiesen (B3, Bl. 1014-1026) und seitens der Beklagten auch nicht erkennbar bestritten.204
b)205
Soweit der Kläger sich mit der Anschlussberufung gegen vom Landgericht vorgenommene Kürzungen wendet, auf deren Grundlage er in erster Instanz anlässlich der mündlichen Verhandlung den Betrag von 160.690,31 € unstreitig gestellt hat, kann er damit nicht durchdringen. Sein dazu gehaltener neuer Vortrag ist gem. § 531 II ZPO präkludiert.206
Die Kammer hatte ihn spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2016 ausreichend darauf hingewiesen, dass und inwiefern sie seinen Vortrag zu den gekürzten Kostenpositionen für unzureichend hielt. Der Kläger hat daraufhin die genannte Erklärung abgegeben, den Betrag – jedenfalls für diese Instanz - unstreitig zu stellen. Er hat hingegen nicht inhaltlich zu den Hinweisen Stellung genommen oder beantragt, insoweit Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu erhalten. Ein Verfahrensfehler des Landgerichts, insbesondere ein Verstoß gegen § 139 ZPO ist daher nicht festzustellen, so dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger ohne Verschulden gehindert gewesen wäre, seinen jetzigen Vortrag bereits im ersten Rechtszug einzuführen. Zwar können unwahre Behauptungen jederzeit widerrufen werden, die gegenteilige Behauptung kann indes dann verspätet bzw. präkludiert sein (Musielak/Stadler, ZPO, 14. Aufl., § 138 Rn. 7).207
Insofern ist unerheblich, ob es sich bei der Erklärung um ein echtes prozessuales Geständnis im Sinne von § 288 ZPO handelte, das nur nach Maßgabe des § 290 ZPO widerrufen werden könnte (vgl. BGH NJW-RR 2003, 1578, 1579), wobei der Kläger die Voraussetzungen eines solchen Widerrufs – insbesondere hinsichtlich eines Irrtums - nicht dargetan hat.208
Gem. § 531 II ZPO ausgeschlossen ist der Kläger auch mit seinem streitigen Vorbringen zu der Rechnung des Dachdeckers M vom 14.12.2009. Er hat nicht ausreichend dargetan, dass ihm der entsprechende Vortrag nicht schon im ersten Rechtszug möglich gewesen wäre.209
6.210
Der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ersatzfähige Schaden ist demgemäß auf Grundlage der für den Senat gem. § 529 I ZPO verbindlichen Feststellungen nach Maßgabe von § 287 ZPO insgesamt wie folgt zu schätzen:211
Aufwendungen |
161.201,90 € |
|
-1.438,18 € |
||
-7.552,00 € |
||
Zw.summe |
152.211,72 € |
|
Zeitwert Garage |
10.500,00 € |
|
Zinsaufwand alt |
51.248,62 € |
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Zinsaufwand neu |
21.126,97 € |
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Zw.summe |
235.087,31 € |
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Wertsteigerung |
-108.000,00 € |
|
Schaden |
127.087,31 € |
|
Mitverschulden |
-12.708,73 € |
10,00% |
114.378,58 € |
7.
213
Im Rahmen des Schadensersatzes kann der Kläger, wie im landgerichtlichen Urteil zutreffend erkannt, auch die begehrte Befreiung von den Verbindlichkeiten gegenüber den Firmen A sowie B dem Grunde nach verlangen. Auch insoweit muss allerdings das ihm zuzurechnende Mitverschulden der Höhe nach anspruchsmindernd berücksichtigt werden.214
C.215
In Bezug auf den Feststellungsantrag und die Nebenforderungen sind die Rechtsmittel ebenfalls teilweise begründet. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die klageerweiternde Anschlussberufung des Klägers erfordern eine teilweise Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.216
1.217
Im Rahmen des Feststellungsbegehrens ist aufgrund der Berufung der Beklagten das Mitverschulden des Klägers, welches seine Ansprüche um 10% mindert, zu berücksichtigen.218
Im Übrigen ist die Kammer mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Feststellungsantrag zulässig und begründet ist. Schon wegen der fortlaufend anfallenden Zinsen der Darlehensfinanzierung ist die Schadensentwicklung nicht abgeschlossen. Zudem würden weitere durch die Beklagten zu ersetzende Kosten auch dann anfallen, wenn der Kläger den unfertigen Anbau abreißen und die Materialien entsorgen würde.219
2.220
Die als Nebenforderungen geltend gemachten Zinsansprüche des Klägers ergeben sich aus §§ 288 I, 291 BGB. Rechtshängigkeit trat mit Zustellung der Klage bzw. der diese jeweils erweiternden Schriftsätze ein, zuletzt mit Zustellung des Schriftsatzes vom 22.11.2017 am 1.12.2017 (Bl. 1028).221
Die zu verzinsenden Beträge ergeben sich aus den im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Hagen unter Ziff. III. der Entscheidungsgründe – allerdings mit der Maßgabe, dass sich jeweils die zu berücksichtigenden Honorare und Gebühren um den Betrag von 1.438,18 € und die Eigenleistungen um den Betrag von 7.552 € vermindern. Außerdem ist zusätzlich der Abzug von 10% der sich ergebenden Summen vorzunehmen, um das Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen.222
III.223
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 I, 97 I, 708 Nr. 11, 711 ZPO.