19.08.2019 · IWW-Abrufnummer 210671
Vergabekammer Rheinland: Beschluss vom 23.04.2019 – VK 7/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Vergabekammer Rheinland
VK 7/19-B 23.04.2019
B e s c h l u s s
In dem Nachprüfungsverfahren
der
-Antragstellerin-
Verfahrensbevollmächtigte:
gegen
-Antragsgegnerin–
Verfahrensbevollmächtigte:
sowie als weitere Beteiligte:
-Beigeladene-
Verfahrensbevollmächtigte:
wegen „Abbruchleistung A_____“ hat die Vergabekammer Rheinland durch die Vorsitzende ___, die hauptamtliche Beisitzerin ___ und den ehrenamtlichen Beisitzer ___ auf die mündliche Verhandlung vom 04.04.2019 beschlossen:
In der Auftragsbekanntmachung sind unter Ziffer III.1.2) u.a. die nachfolgenden Nachweise zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit gefordert:
- Haftpflichtversicherung für das Sprengereignis mit mindestens 20 Millionen EUR Deckungssumme pauschal für sonstige Schäden (Sach-und Vermögensschäden) sowie 3 Millionen EUR Deckungssumme pauschal für Personenschäden einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m).
- Haftpflichtversicherung für das Sprengereignis mit mindestens 20 Millionen € Deckungssumme pauschal für sonstige Schäden (Sach-und Vermögensschäden) sowie 3 Million € Deckungssumme pauschal für Personenschäden einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m).“
Unter Ziffer III.1.3 der Auftragsbekanntmachung sind zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit von den Bietern u. a. folgende Nachweise gefordert:
„…
- Ausführungszeitraum (von/bis),
- Darstellung der durchgeführten Leistungen,
- Name und Anschrift des Auftraggebers.
…
- Abbruchleistungen
- Schadstoffsanierungstätigkeiten im Anwendungsbereich der DGUV-Regel 101-004 (bisher: BGR 128),
- Gebäudegröße: 80 000 m3 umbauter Raum,
- Auftragswert: 2 500 000 EUR (netto).
Abbruch: …
Sprengung: …
- einschlägige Berufserfahrung Gesamtprojektleiter (Gewichtung 8),
- einschlägige Berufserfahrung Projektleiter Sanierung (Gewichtung 6),
- einschlägige Berufserfahrung Projektleiter Sprengung (Gewichtung 6),
- vergleichbare persönliche Referenzen Projektleiter Sanierung (Gewichtung 15),
- vergleichbare persönliche Referenzen Projektleiter Sprengung (Gewichtung 15).
§ ohne Einschränkung
2. Haftpflichtversicherung für das Sprengungsunternehmen
§ einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m)
je Versicherungsjahr…“
hilfsweise zu Ziffer 2 a)
b) die Antragsgegnerin wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Ausschlusses Angebots Antragstellerin zurück zu versetzen und die Angebotsprüfung und -wertung unter Berücksichtigung des Angebots der Antragstellerin und Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,
3. die Hinzuziehung von Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.
Nach ihrer Auffassung sei der Nachprüfungsantrag bereits insgesamt unzulässig, da der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin gemäß § 122 GWB i.V.m. § 16 b EU VOB/A gleich in mehrfacher Hinsicht vergaberechtlich korrekt erfolgt sei und der Antragstellerin damit die notwendige Antragsbefugnis fehle. Auch ihrer Rügeobliegenheit sei die Antragstellerin jedenfalls in Bezug auf die Einwände gegen die Inhalte des Vergabeverfahrens präkludiert, da Sie diese Einwände bereits aus der Bekanntmachung hätte erkennen und bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe rügen müssen. Auf die entsprechenden Ausführungen in der Rügeerwiderung werde Bezug genommen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass jedenfalls das federführende Mitglied der Bietergemeinschaft, wie sich aus dem Rügeschreiben ergebe, vergaberechtlich nicht unerfahren sei.
Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung legte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 8.4.2019 eine weitere Versicherungsbescheinigung für die Firma R_____ datiert auf den 4.4.2019 vor, in der ausdrücklich bestätigt wird, dass die genannten Versicherungssummen „… pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden…“ betragen. Sie führte zudem nochmals aus, dass die Firma R_____ lediglich Nachunternehmerin sei und alle geforderten Eignungskriterien durch die Antragstellerin und das eignungsleihende Sprengunternehmen erfüllt seien. Dem Schriftsatz war ebenfalls nochmals die bereits mit der Angebotsabgabe vorgelegte Versicherungsbescheinigung des eignungsleihenden Sprengunternehmens B_____ GmbH beigefügt.
Die Antragsgegnerin unterstrich mit Schriftsatz vom 8.4.19 ihre der Beigeladenen gleichlautende Auffassung, dass ein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen wegen der Nachunternehmereigenschaft der Firma R_____ nicht in Betracht komme.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vergabeakten und der Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Vergabekammer Rheinland ist gemäß §§ 155, 156 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Verbindung mit § 2 Abs. 2 der VO über Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammern NRW (VK ZuStV NRW) vom 02.12.2014 (SGV.NRW.630), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.11.2018 (GV.NRW.S.639) für die Entscheidung zuständig.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig.
1. Der gemäß § 106 GWB i. V. m. § 3 VgV maßgebliche Schwellenwert wird zweifelsfrei überschritten.
2. Die Antragstellerin ist teilweise antragsbefugt gemäß § 160 Abs. 2 GWB.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.2008 – Verg 36/07 -, juris, Rdnr. 32.
a) Die Antragstellerin hat durch Abgabe ihres Angebotes ihr Interesse am Auftrag dokumentiert.
b) Sie hat auch eine Verletzung ihrer eigenen Rechte aus § 97 Abs. 6 GWB geltend gemacht. Namentlich macht sie die folgenden Rechtsverletzungen geltend:
aa) Der Ausschluss ihres Angebots sei vergaberechtswidrig, da entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin alle Anforderungen an die Eignung erfüllt seien. Insbesondere erfüllten die vorgelegten Bescheinigungen der Versicherungen alle Anforderungen. Soweit eine Versicherungsbestätigung ohne Einschränkung hinsichtlich des Sprengereignisses gefordert werde, sei diese Vorlage aus tatsächlichen Gründen wegen Nichtversicherbarkeit nicht möglich und die Forderung bereits deswegen vergaberechtswidrig. Auch die geforderten Referenzen seien ordnungsgemäß erbracht.
bb) Darüber hinaus macht sie eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie eine mangelhafte Dokumentation derselben in der Vergabeakte geltend. Damit macht sie eine Verletzung von § 127 GWB, § 16 d EU Abs. 2 Nr. 2 b) VOB/A sowie des § 20 EU VOB/A i.V.m. § 8 Abs. 1 VgV geltend. Diese Vorschriften sind ebenfalls bieterschützend.
cc) Weiterer Vortrag ist der fehlende Sachbezug bei den Zuschlagskriterien, da die Frist zur Berücksichtigung von Erfahrungen beim Projektleistungspersonal (15-25 Jahre) willkürlich gewählt sei. Mit diesem Vortrag macht die Antragstellerin eine Verletzung von § 127 GWB, § 16 d EU Abs. 2 VOB/A geltend.
dd) Die Antragstellerin macht geltend, das Angebot der Beigeladenen sei wegen Mängeln, die insbesondere die Versicherungsbescheinigungen beträfen, auszuschließen. Mit diesem Vortrag wird ein weiterer Verstoß gegen § 122 GWB, § 16 b EU VOB/A sowie des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend gemacht.
ee) Mit dem Vortrag, dass die Vorabinformation fehlerhaft sei, macht die Antragstellerin eine Verletzung der bieterschützenden Vorschrift des § 134 GWB geltend.
ff) Die Antragstellerin macht geltend, der Zuschlag in dem Vergabeverfahren könne überhaupt nicht mehr erteilt werden, da die Angebote infolge der zeitlichen Verzögerung in preislicher Hinsicht nicht mehr vergleichbar seien und nicht ermittelbar sei, welches Angebot das wirtschaftlichste sei. Mit diesem Vortrag macht die Antragstellerin eine Verletzung des bieterschützenden Transparenzgrundsatzes, des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Wettbewerbsgrundsatzes geltend.
gg) Nach Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin keine eigenen Abwägungen zum Loszuschnitt/Wahl der Gesamtvergabe getroffen und diese zudem inhaltlich unzutreffend bzw. fehlerhaft/unzureichend begründet. Dieser Vortrag stellt einen Verstoß gegen die bieterschützende Vorschrift des § 97 Abs. 4 GWB, § 5 EU Abs. 2 Nr. 1 VOB/A dar.
hh) Die vorgetragene vorzeitige nationale Bekanntmachung stellt einen Verstoß gegen die bieterschützende Norm des § 12 EU Abs. 3 Nr. 5 VOB/A dar.
c) Einen drohenden Schaden hat die Antragstellerin jedoch nur teilweise dargelegt. Ein drohender Schaden liegt vor, wenn durch den einzelnen beanstandeten Vergaberechtsverstoß die Chancen auf die Zuschlagserteilung verschlechtert werden.
siehe u. a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.12.2003 – Verg 37/03, juris, Rdnr. 16 m.w.N.
aa) Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass ihr Angebot bei Hinwegdenken des vergaberechtswidrigen Ausschlusses und einer Neufassung der Zuschlagskriterien sowie Vornahme der bislang unterbliebenen Abwägungen zum Loszuschnitt und ordnungsgemäßen Dokumentation in der Vergabeakte noch eine Chance auf die Zuschlagserteilung habe, da ihr Angebot in diesen Fällen entweder in der Wertung verbleibe oder aber ein neues Angebot abgegeben werden könne. Auch der bislang vergaberechtswidrig unterbliebene Ausschluss des Angebots der Beigeladenen würde die Chancen auf ihre Zuschlagserteilung erhöhen, da das Angebot der Antragstellerin dann das einzig in der Wertung verbleibende Angebot wäre bzw. die Ausschreibung zu wiederholen wäre. Dieser Vortrag ist als Schadensdarlegung ausreichend.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2007 – Verg 32/07, juris, Rdnr. 42; Beschluss vom 03.03.2010 – Verg 46/09, juris, Rdnr. 30; Beschluss vom 03.08.2011 – Verg 6/11, juris, Rdnr. 53.
Dass eine Rechtsbeeinträchtigung vorliegend offensichtlich nicht gegeben ist, kann nicht festgestellt werden. Es ist nicht erkennbar, dass die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken offensichtlich nicht durchgreifen können.
bb) Keinen ausreichenden Schaden hat die Antragstellerin hingegen hinsichtlich der Bedenken gegen die ergangene Vorinformation gem. § 134 GWB sowie die Verletzung von § 12 EU Abs. 3 Nr. 5 VOB/A durch eine vorzeitige nationale Veröffentlichung dargelegt.
siehe Maimann in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Auflage, § 134, Rdnr. 2 f.
Die Antragstellerin hat fristgerecht einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingelegt. Vor diesem Hintergrund ist der Schutzzweck der Norm erfüllt und ein drohender Schaden – die Verschlechterung der Zuschlagschancen -, selbst wenn die Vorinformation tatsächlich nicht die erforderlichen Anforderungen erfüllen sollte, nicht erkennbar.
§ 12 EU Abs.3 Nr. 5 VOB/A dient dazu, Widersprüche zu vermeiden und die Grundsätze des fairen Wettbewerbs und der Gleichbehandlung zu wahren. Insbesondere soll auf diesem Weg sichergestellt werden, dass inhaltlich – auch in Bezug auf Fristen – ausschließlich die europäische Veröffentlichung maßgeblich ist,
siehe Lausen in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Auflage 2016, juris, § 12 EU VOB/A, Rdnr. 31 f.
Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 3.4.2019 nachvollziehbar dargelegt hat, dass die nationale Veröffentlichung erst 48 Stunden nach der europaweiten Bekanntmachung erfolgt ist und ein Verstoß gegen § 12 EU Abs. 3 Nr. 5 VOB/A danach gar nicht vorläge, ist ein Schaden für die Antragstellerin selbst bei zutreffendem Vortrag nicht erkennbar, da diese ihr Angebot fristgerecht abgegeben hat.
3. Ihrer Rügepflicht aus § 160 Abs. 3 GWB ist die Antragstellerin nur teilweise fristgemäß nachgekommen.
a) Mit E-Mails vom 28.02.2019 und 04.03.2019 ist die Antragstellerin ihrer Rügepflicht hinsichtlich des vergaberechtswidrigen Angebotsausschlusses wegen angeblich fehlerhafter Versicherungsbescheinigungen sowie fehlender Referenzen, den angeblichen Fehlern im Angebot der Beigeladenen sowie dem fehlenden Sachbezug bei den Zuschlagskriterien nachgekommen.
b) Hinsichtlich der geltend gemachten Dokumentationsmängel in der Vergabeakte sowie der inhaltlichen Mängel zur Wahl der Gesamtvergabe bestand keine Rügepflicht gemäß § 160 Abs. 3 GWB, da diese im Rahmen der Akteneinsicht und damit erst im laufenden Nachprüfungsverfahren erkannt werden konnten,
siehe Wiese in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Auflage, § 160, Rdnr. 149 m.w.N.
c) Nicht fristgemäß gerügt hat die Antragstellerin hingegen den Vortrag zur unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. Mit diesem Vortrag ist sie daher präkludiert. Diesen Verstoß hat die Antragstellerin mit E-Mail vom 04.03.2019 erstmals geltend gemacht und damit nach Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe. Der gerügte Vergabeverstoß war jedoch gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB aus der Bekanntmachung erkennbar und hätte daher bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18 – juris, Rdnr. 40 m.w.N,
und sie ein durchschnittlich fachkundiger, die übliche Sorgfalt anwendender Bieter bei Durchsicht und Bearbeitung der Vergabeunterlagen als Vergaberechtsverstoß erkennen konnte,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018, a.a.O.; Beschluss vom 08.03.2017 – Verg 39/16, juris, Rdnr. 47.
Die Erkennbarkeit bezieht sich dabei sowohl auf die den Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände als auch auf die Vergaberechtswidrigkeit als solche,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014 - Verg 36/13, juris, Rdnr. 47.
Eine Rügepräklusion kommt nur bei ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht, die einem durchschnittlich erfahrenen Bieter auch ohne dahingehende Überprüfung der Vergabeunterlagen auffallen müssen,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2016 – Verg 6/16, juris, Rdnr, 36; Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18, juris, Rdnr. 41.
Maßgeblich ist, ob der Bieter, wenn man den Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters anlegt, den Verstoß hätte erkennen müssen bzw. ob der Verstoß sich aufdrängte,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18, juris, Rdnr. 41 m.w.N.
Gemessen an den vorstehenden Ausführungen war die geltend gemachte unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bereits aus der Bekanntmachung erkennbar.
siehe OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.11.2014 – 15 Verg 6/14, juris, Rdnr. 40; OLG München, Beschluss vom 25.7.13 – Verg 7/13, juris, Rdnr. 50; VK Bund, Beschluss vom 30.08.2013 – VK 2-70/13.
Diese Rechtsprechung hat nach Auffassung der Kammer auch nach der Vergaberechtsreform 2016 bestand, da es im Grundsatz immer noch unverändert um das ursprüngliche Thema der unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien geht,
siehe VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.12.2016 – 1 VK 50/16, juris, Rdnr. 111.
Hinzu kommt, dass für die EU VOB/A mit der Vergaberechtsreform in § 16 d EU Abs. 2 b) VOB/A ausdrücklich geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen die Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals als Zuschlagskriterium vorgesehen werden kann. Nach dem Wortlaut der Norm ist die erforderliche Voraussetzung, dass die Qualität/Erfahrung des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. In vergaberechtlicher Hinsicht sind für die Bieter nunmehr durch einfaches Lesen der Vorschrift die Grenzen einer zulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien jedenfalls in Bezug auf die Qualität/Erfahrung der für die Auftragserfüllung einzusetzenden Personen erkennbar.
c) Die Antragsgegnerin ist zudem mit dem Vortrag, dass die Vorlage einer uneingeschränkten Versicherungsbescheinigung für das Sprengereignis nicht möglich sei, präkludiert. Diesen Einwand hat sie erstmals in der Rüge vom 28.02.2019 geltend gemacht. Auch dieser Verstoß war aber gemessen an den zuvor ausgeführten Anforderungen bereits aus der Bekanntmachung erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB und hätte daher bereits bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.
III.
Der Nachprüfungsantrag ist, soweit zulässig, nicht begründet.
1. Die Antragstellerin kann nicht mit Erfolg eine mangelhafte Dokumentation der Wahl der Zuschlagskriterien geltend machen. Dabei kann es dahinstehen, ob die Dokumentation der Wahl der Zuschlagskriterien tatsächlich mangelhaft erfolgt ist und, wenn ja, ob durch die Ausführungen in den Schriftsätzen die Dokumentation nachgeholt wurde und damit eine Heilung eingetreten ist.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03 2004 – Verg 1/04, juris, Rdnr. 12; OLG Jena, Beschluss vom 06.12.2006 – 9 Verg 8/06, juris, 26.
2. Aus den vorgenannten Gründen kann die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag auch nicht auf mangelhafte Dokumentation des Loszuschnitts/Wahl der Gesamtvergabe stützen. Die Antragstellerin hat weder in den Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung Bedenken gegen die Wahl der Gesamtvergabe an sich und die unterlassene Aufteilung des Auftrags in Lose geltend gemacht. Vielmehr hat sie ein Angebot für den Gesamtauftrag abgegeben. Vor diesem Hintergrund kann, selbst wenn die Wahl des Loszuschnitts/Gesamtvergabe – auch hinsichtlich des Inhalts - mangelhaft dokumentiert sein sollte, sich dieser Mangel für die Rechtsstellung der Antragstellerin im Vergabeverfahren nicht nachteilig ausgewirkt haben, da sie den Einwand gegen den Loszuschnitt zum jetzigen Zeitpunkt wegen Präklusion nicht mehr geltend machen könnte.
3. Ebenfalls erfolglos bleibt der Einwand der Antragstellerin, der Zuschlag in dem Vergabeverfahren könne aufgrund der zeitlichen Verzögerungen nicht mehr erteilt werden, da die Angebote wirtschaftlich nicht mehr vergleichbar seien. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass aufgrund der zeitlichen Verzögerungen im Vergabeverfahren und der mehrfachen Verlängerung der Zuschlags- und Bindefristen Preisänderungen eingetreten seien, die zwangsläufig Ansprüche auf Vertragsanpassungen entstehen ließen, die auch Preisanpassungen umfassten. Da aber keiner Weise erkennbar sei, in welcher Höhe Preisanpassungen stattfinden müssten, sei das Verfahren insgesamt intransparent und damit vergaberechtswidrig.
siehe BGH, Urteil vom 11.05.2009 – VII ZR 11/08, juris 37 ff.
Die Zuschlagserteilung auch auf bereits abgelaufene Ausführungsfristen führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen. Einerseits gibt es im Rahmen der Vertragsdurchführung bei Bedarf Möglichkeiten zur Vertragsanpassung,
siehe BGH a.a.O., juris, Rdnr. 41 ff.
Vergaberechtlich kann sich der Bieter, so er denn meint, die angebotenen Preise nicht halten zu können, zudem schützen, in dem er einer Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist schlicht nicht zustimmt.
4. Die Antragstellerin macht ferner erfolglos einen fehlenden Sachbezug bei den Zuschlagskriterien geltend. Nach ihrer Auffassung ist der von der Antragsgegnerin festgelegte Zeitraum von 15 – 25 Jahren zur Berücksichtigung von einschlägiger Berufserfahrung des (teil-)projektleitenden Personals willkürlich gewählt, da nicht nachvollziehbar sei, dass ein (Teil-)Projektleiter der zum Beispiel über 10 Jahre Berufserfahrung verfüge, für die Auftragsausführung so ungeeignet sei, dass das Angebot insgesamt ausgeschlossen werden müsse.
siehe OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2016 – 15 Verg 7/16, juris, Rdnr. 34; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2005 – Verg 93/04, juris, Rdnr. 34.
Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Frist für zu berücksichtigende einschlägige Berufserfahrung mit 15 – 25 Jahre zu bemessen, nicht zu beanstanden. Es ist sachlich nachvollziehbar, dass die Antragstellerin bei der Auftragsgröße und den wegen der Auftragsart vorhandenen Sicherheitsrisiken und möglichen Auswirkungen auf unbeteiligte Dritte einschlägige Berufserfahrung beim auftragsausführenden Personal fordert. Es ist auch nicht erkennbar, dass die vorgegebene Frist von 15-25 Jahren zu einer unzulässigen Einschränkung des Bewerberkreises führt, da der Zeitraum der Frist mit 10 Jahren großzügig bemessen ist.
5. Die Antragstellerin kann sich ferner nicht mit Erfolg gegen ihren Angebotsausschluss wenden, da das Angebot gemäß § 16 b EU VOB/A zwingend vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen war.
a) Das Angebot der Antragstellerin war gemäß § 16 b EU VOB/A zwingend auszuschließen, da die mit dem Angebot vorgelegten Versicherungsbescheinigungen für das allgemeine Baustellengeschehen des Bietergemeinschaftsmitglieds Fa. P_____ GmbH und des eignungsleihenden Unternehmens Fa. S_____ GmbH keine Versicherung von Vermögensschäden ausgewiesen haben, obwohl dies zwingend vorgeschrieben war.
„… einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden…“ (sog. unechter Vermögensschaden).
In Ziffer 2, 2.1 ist zusätzlich geregelt, dass
„ … Dieser Versicherungsschutz kann durch besondere Vereinbarung erweitert werden auf die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers wegen
Bereits aus der Zusammenschau von Ziffer 1.1 und 2.1 wird deutlich das ein umfassender Schutz von Vermögensschäden gerade nicht regelmäßiger Bestandteil der gesetzlichen Haftpflichtversicherung ist sondern gesondert vereinbart werden muss.
b) Darüber hinaus war das Angebot der Antragstellerin auch zwingend gemäß § 16 b EU VOB/A auszuschließen, da die Versicherungsbescheinigung der S_____ GmbH für das Sprengereignis einen Ausschluss des Versicherungsschutzes wegen Schäden durch Staubentwicklung sowie Schäden an Gebäuden/Bauwerken/Leitungen, die durch Überschreitung der Grenzwerte für Aufprallerschütterungen entstehen, ausweist, obwohl in der Auftragsbekanntmachung als Mindestanforderung eine Versicherungsbescheinigung für das Sprengereignis ohne Einschränkung verlangt war.
c) Obwohl es darauf im Ergebnis nicht mehr ankommt, kann die Antragsgegnerin den Angebotsausschluss jedoch nicht auf eine fehlende Zweifachmaximierung in der Versicherungsbescheinigung für das Bietergemeinschaftsmitglied C_____ stützen, da diese Anforderung nicht als Mindestanforderung in der Bekanntmachung gem. § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB i.V.m. § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A festgelegt wurde.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18, juris, Rdnr. 55.
d) Da es im Ergebnis auf die Frage der Vergleichbarkeit der Referenz der Firma C_____ für bereits erbrachte Sanierungsleistungen nicht mehr ankommt, musste die Kammer diesen Streitpunkt nicht entscheiden, da eine Rechtsverletzung der Antragstellerin selbst bei Durchgreifen ihrer Einwände ausgeschlossen ist.
6. Letztlich war auch das Angebot der Beigeladenen nicht auszuschließen.
b) Das Angebot der Beigeladenen war auch nicht wegen im Übrigen mangelhafter Versicherungsbescheinigungen des Nachunternehmers R_____ oder der B_____ GmbH auszuschließen.
aa) In Bezug auf die Versicherungsbescheinigung der R_____ ist zunächst unstreitig, dass die von der Beigeladenen mit ihrem Angebot vorgelegte Versicherungsbestätigung für die allgemeine Betriebshaftpflichtversicherung dem Wortlaut nach lediglich Personen- und sonstige Sachschäden abdeckt und damit die Anforderungen aus Punkt III.1.2) aus der Bekanntmachung hinsichtlich der geforderten Abdeckung von Vermögensschäden nicht erfüllt. Die Firma R_____ wird allerdings vorliegend nicht als eignungsleihendes Unternehmen herangezogen, sondern soll als einfacher Nachunternehmer eingesetzt werden. Dies hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung und auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 8.4.19 mitgeteilt. Dass eine Eignungsleihe nicht vorliegt, ist auch aus den von der Beigeladenen mit dem Angebot vorgelegten und von der Kammer gesichteten Eignungsnachweisen erkennbar, da alle erforderlichen Eignungsanforderungen von der Beigeladenen selbst sowie dem als Eignungsleiher für die Sprengung herangezogenen Unternehmen B_____ GmbH erfüllt werden.
(a) Ein zwingender Ausschluss gemäß § 16 b EU VOB/A wegen nicht erfüllter Mindestanforderungen an die Eignung, wie es für das Angebot der Antragstellerin vorzunehmen war, scheidet unter diesen Umständen bereits aus dem Grund aus, dass in der Auftragsbekanntmachung kein Mindestkriterium aufgenommen wurde, das die Pflicht des Bieters zur Vorlage einer Versicherungsbescheinigung zum Nachweis der Eignung seines Nachunternehmers für das allgemeine Baustellengeschehen vorsieht.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18, juris, Rdnr. 58.
Vergaberechtlich kann zudem nicht beanstandet werden, dass die Antragsgegnerin in der Auftragsbekanntmachung keinerlei Vorgaben in Bezug auf Eignungsanforderungen /-nachweise für Nachunternehmer aufgenommen hat. Für den Auftraggeber besteht keine Pflicht, die Eignungsprüfung auf die vom Bieter vorgesehenen Nachunternehmer zu erstrecken. Der Vergabestelle steht hinsichtlich der Tiefe der Eignungsprüfung ein Beurteilungsspielraum zu, der dazu führt, dass eine Verpflichtung zur umfassenden Eignungsprüfung von Nachunternehmern oder sogar einer Nachunternehmerkette nur besteht, wenn der Bieter die vom Auftraggeber aufgestellten Eignungsanforderung nicht ohne Rückgriff auf die von ihm vorgesehenen Unterauftragnehmer erfüllen kann, da es sich dann um den Fall der Eignungsleihe handelt,
siehe Opiz in: Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar, Band 1: GWB 4. Teil, beck-online, § 122, Rdnr. 40.
Im Übrigen gilt, dass wenn der Auftraggeber die Eignung von Nachunternehmern prüft, sich diese Prüfung lediglich auf die vom Nachunternehmer zu erbringenden Leistungsteile bezieht,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2011 – Verg 60/11, juris, Rdnr. 29; Opiz a.a.O.;
(b) Dass die Beigeladene eine inhaltlich unzulängliche Versicherungsbestätigung für ihren Nachunternehmer bereits mit Angebotsabgabe vorgelegt hat, ist im Übrigen unschädlich.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.2009 – Verg 41/09, juris, Rdnr. 34.
Zwar hat die Antragsgegnerin die Vorlage der Bescheinigung bis heute nicht gefordert, aber die Beigeladene hat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 8.4.19 unaufgefordert eine inhaltlich ausreichende Versicherungsbescheinigung für die Nachunternehmerin vorgelegt. Damit sind die diesbezüglichen Zweifel an der Eignung der Nachunternehmerin ausgeräumt.
Im Übrigen würde eine fehlende Eignung des einzusetzenden Nachunternehmers nicht zum Angebotsausschluss führen, sondern eine Pflicht zum Austausch des Nachunternehmers gemäß § 6 d EU Abs. 1 Satz 4 VOB/A begründen.
bb) Das Angebot der Beigeladenen war ferner nicht wegen Mängeln in der Versicherungsbescheinigung des eignungsleihenden Unternehmens B_____ GmbH auszuschließen.
(a) Die Bedenken der Antragstellerin, die Versicherungsbestätigung für die B_____ GmbH sei lediglich für ein „Bauvorhaben“ erstellt worden und nicht für die Sprengung des bezeichneten Gebäudes, sind unbegründet. Die Kammer hat Einsicht in die Vergabeakte genommen. In der Vergabeakte ist ein Schriftstück (Blatt 243 der Vergabeakte) enthalten, in dem die Versicherung ausdrücklich bestätigt, dass die Versicherungsbestätigung eine Sprengversicherung ist und für das Sprengunternehmen erteilt wird.
„dass die von uns (dem Sprengunternehmen, Anm. der Kammer) nachgewiesene Versicherung für das Sprengunternehmen und die Sprengversicherung im Auftragsfalle uneingeschränkt und unmittelbar zur Verfügung steht und von keinen weiteren Bedingungen abhängig ist. (Bitte ankreuzen)“
Diese Bestätigung wurde sowohl von dem Sprengunternehmen selbst als auch von dessen Versicherer gegeben (Blatt 207 und 243 der Vergabeakte).
„… Sofern ein Versicherungsschutz im nachstehenden Sinne (noch) nicht besteht, ist eine Bestätigung des Versicherers ausreichend, wonach im Auftragsfall ein Versicherungsschutz im nachstehenden Sinne erfolgen kann. …“
Aufgrund dieser Formulierung war aus Sicht der Kammer noch nicht einmal erforderlich, dass die Antragsgegnerin sich bestätigen lässt, dass der Versicherungsschutz unbedingt, unmittelbar und einschränkungslos erfolgen wird.
(c) Die Antragstellerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Angebot der Beigeladenen wegen einer fehlenden Zweifachmaximierung in der Versicherungsbestätigung der B_____ GmbH auszuschließen ist. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer 5 lit. c) verwiesen. Ein Ausschluss ist mangels wirksamer Festlegung der entsprechenden Eignungsanforderung als Mindestkriterium in der Auftragsbekanntmachung ausgeschlossen.
(d) Auch das Argument der fehlenden Einschränkungslosigkeit in Bezug auf Schäden durch Asbest und die Vorlage der AVB 2010 der VHV führen zu keinem anderen Ergebnis.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
1. Die Antragstellerin trägt gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten des Nachprüfungsverfahrens, weil sie unterlegen ist.
Die Höhe der Gebühren für diesen Beschluss bestimmt sich gem. § 182 Abs. 2 GWB nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes der Nachprüfung. Der Gebührenrahmen wurde vom Gesetzgeber für den Regelfall auf 2.500,00 € bis 50.000,00 € festgesetzt. Die Vergabekammern des Bundes haben eine Gebührenstaffel erarbeitet, die die Vergabekammern der Länder im Interesse einer bundeseinheitlichen Handhabung übernommen haben. Danach orientiert sich die Gebühr der Vergabekammer an der Bruttoangebotssumme der Antragstellerin als dem für die Bewertung maßgeblichen wirtschaftlichen Interesse am Rechtsstreit. Ausgehend von einem Angebotspreis von … € ergibt sich eine Gebühr von … €.
2. Die Pflicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin folgt aus § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.
3. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind gemäß § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB erstattungsfähig, soweit die Vergabekammer sie aus Gründen der Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt.
Es entspricht billigem Ermessen, dass ein erfolgloser Antragsteller die notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen trägt, wenn dieser sich aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt und ein Interessengegensatz zum Antragsteller besteht, ohne dass es dabei auf eine förmliche Antragstellung des Beigeladenen ankommt,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2012, a.a.O., Rdnr. 7 f.
Vorliegend besteht hinsichtlich der Beigeladenen ein Interessengegensatz zur Antragstellerin, da die Antragstellerin behauptet, auch das Angebot der Beigeladenen sei vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 – Verg 16/11, juris, Rdnr. 71.
4. Die Hinzuziehung von Bevollmächtigten durch die Verfahrensbeteiligten war angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten in dem Verfahren notwendig.
V.
VK 7/19-B 23.04.2019
B e s c h l u s s
In dem Nachprüfungsverfahren
der
-Antragstellerin-
Verfahrensbevollmächtigte:
gegen
-Antragsgegnerin–
Verfahrensbevollmächtigte:
sowie als weitere Beteiligte:
-Beigeladene-
Verfahrensbevollmächtigte:
wegen „Abbruchleistung A_____“ hat die Vergabekammer Rheinland durch die Vorsitzende ___, die hauptamtliche Beisitzerin ___ und den ehrenamtlichen Beisitzer ___ auf die mündliche Verhandlung vom 04.04.2019 beschlossen:
- Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen.
- Die Hinzuziehung von Bevollmächtigten durch die Verfahrensbeteiligten wird für notwendig erklärt.
- Die Gebühr der Vergabekammer nach § 182 Abs. 1 GWB wird auf … € festgesetzt.
I.
Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom 17.07.2018 im EU-Amtsblatt die Vergabe des Bauauftrages „2........ Abbruchleistung A_____“ im Wege eines offenen Verfahrens aus. Gegenstand des Auftrags sind Bauleistungen eines Generalunternehmers zum Abbruch (Sprengung) eines asbesthaltigen Wohn-Hochhauses (Entkernung, Schadstoffsanierung, Abbruchsprengung, Aufbereitung der Abbruchmassen und des Abbruchgrundstückes).
„…
2) Nachweis/Bestätigung der Betriebshaftpflichtversicherung für Personen- und sonstige Schäden (vgl. „2........, VOB 2 – Angebotsschreiben inkl. Anlagen“, Anlage 2.5), Mindestanforderungen sind zu beachten.
Sofern ein Versicherungsschutz im nachstehenden Sinne (noch) nicht besteht, ist eine Bestätigung des Versicherers ausreichend, wonach im Auftragsfall ein Versicherungsschutz im nachstehenden Sinne erfolgen kann. …
Folgende Versicherungen sind nachzuweisen:
- Haftpflichtversicherung für das allgemeine Baustellengeschehen (Entkernung, Sanierung, Abbruch, Entsorgung etc.) mit mindestens 3 Millionen EUR Deckungssumme pauschal für Personen und 5 Millionen Euro Deckungssumme pauschal für sonstige Schäden (Sach-und Vermögensschäden) ohne Einschränkung,
- Haftpflichtversicherung für das Sprengunternehmen mit mindestens 10 Millionen Euro Deckungssumme pauschal für Personen und sonstige Schäden (Sach- und Vermögensschäden) einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m),- Haftpflichtversicherung für das Sprengereignis mit mindestens 20 Millionen EUR Deckungssumme pauschal für sonstige Schäden (Sach-und Vermögensschäden) sowie 3 Millionen EUR Deckungssumme pauschal für Personenschäden einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m).
Möglicherweise geforderte Mindeststandards:
…
Mindestanforderungen bezüglich Nachweis der Haftpflichtversicherungen:
- Haftpflichtversicherung für das allgemeine Baustellengeschehen (Entkernung, Sanierung, Abbruch, Entsorgung etc.) mit mindestens 3 Million EUR Deckungssumme pauschal für Personen und 5 Millionen EUR Deckungssumme pauschal für sonstige Schäden (Sach-und Vermögensschäden) ohne Einschränkung,
- Haftpflichtversicherung für das Sprengungsunternehmen mit mindestens 10 Millionen € Deckungssumme pauschal für Personen und sonstige Schäden (Sach- und Vermögensschäden) einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m),- Haftpflichtversicherung für das Sprengereignis mit mindestens 20 Millionen € Deckungssumme pauschal für sonstige Schäden (Sach-und Vermögensschäden) sowie 3 Million € Deckungssumme pauschal für Personenschäden einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m).“
Unter Ziffer III.1.3 der Auftragsbekanntmachung sind zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit von den Bietern u. a. folgende Nachweise gefordert:
„…
6) Angaben über die Ausführung von Leistungen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind.
Die Referenzen müssen jeweils folgende Angabe enthalten:
- Projektbezeichnung,
- Auftragsvolumen (netto),- Ausführungszeitraum (von/bis),
- Darstellung der durchgeführten Leistungen,
- Name und Anschrift des Auftraggebers.
…
Der Bieter hat jeweils mindestens eine vergleichbare Referenz in folgenden Teilbereichen einzureichen:
- Schadstoffsanierungsleistungen,
- Sprengarbeiten,- Abbruchleistungen
Muster für die Referenzen finden sich in Anlage “ 2........, VOB 2 – Angebotsschreiben inkl. Anlagen“, Anlage 2.7. Die Muster sind zwingend zu verwenden und durch Referenzbeschreibungen zu ergänzen.
…
Möglicherweise geforderte Mindeststandards:
…Mindestanforderung bzgl. Befähigung nach § 20 Sprengstoffgesetz:
…Mindestanforderungen bzgl. Referenzen:
Schadstoffsanierung: der Bieter hat mindestens eine Referenz vorzulegen, in der die Fähigkeit zur Erbringung der Leistung in Bezug auf die vergleichbare Schadstoffsanierungsarbeiten nachgewiesen wird. Vergleichbar sind Sanierungsarbeiten, wenn sie mindestens folgende Kriterien kumulativ erfüllen:
- Schadstoffsanierungstätigkeiten im Anwendungsbereich der TRGS 519,
- Schadstoffsanierungstätigkeiten im Anwendungsbereich der TRGS 521,- Schadstoffsanierungstätigkeiten im Anwendungsbereich der DGUV-Regel 101-004 (bisher: BGR 128),
- Gebäudegröße: 80 000 m3 umbauter Raum,
- Auftragswert: 2 500 000 EUR (netto).
Abbruch: …
Sprengung: …
Gemäß Ziffer II.2.5) und VI.3) der Auftragsbekanntmachung sind folgende Zuschlagskriterien vorgesehen:
„…- Preis EUR (netto) (Gewichtung 40),
- einschlägige Berufserfahrung der jeweils vorgesehenen Person des Projektleiters (Gewichtung 40, davon:),- einschlägige Berufserfahrung Gesamtprojektleiter (Gewichtung 8),
- einschlägige Berufserfahrung Projektleiter Sanierung (Gewichtung 6),
- einschlägige Berufserfahrung Projektleiter Sprengung (Gewichtung 6),
Mindestanforderung: jeweils 180 abgeschlossene Monate
- vergleichbare persönliche Referenzen der Projektverantwortlichen (Gewichtung 40, davon:),
- vergleichbare persönliche Referenzen Gesamtprojektleiter (Gewichtung 10),- vergleichbare persönliche Referenzen Projektleiter Sanierung (Gewichtung 15),
- vergleichbare persönliche Referenzen Projektleiter Sprengung (Gewichtung 15).
Mindestanforderung: jeweils eine vergleichbare Referenz“
Gemäß der Anlage „2........, VOB 6 - Bewertungsmatrix“ sollte die Wertung der Berufserfahrung der Projektleiter jeweils zwischen 180 abgeschlossenen Monaten (15 Jahre = Mindestanforderung) und 300 abgeschlossenen Monaten (25 Jahre = Höchstwertung) linear interpoliert werden. Gleichsam sollten die persönlichen Referenzen der Projektverantwortlichen zwischen jeweils mindestens einer Referenz (Mindestanforderung) und drei Referenzen (Höchstwertung) linear interpoliert werden. Die Vergleichbarkeitskriterien waren explizit festgelegt.
Gemäß Ziffer II.2.7) der Bekanntmachung in Verbindung mit Nr. 2 der Anlage „2........, VOB 4 – Besondere Vertragsbedingungen der Stadt Z_____“ war zur Vertragslaufzeit als Beginn der 10.12.2018 und als Ende der 03.04.2020 vorgesehen.
Mit Übersendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe wurden den Bietern sodann die Vergabeunterlagen übermittelt. Gemäß Ziffer 6 des Aufforderungsschreibens mussten bestimmte Unterlagen dem Angebot beigefügt werden, bestimmte Unterlagen sollten beim Bieter verbleiben. U. a. sollte die Anlage 2.5 – Eignungsanforderungen – Nachweis/Bestätigung der Betriebshaftpflichtversicherung dem Angebot beigefügt werden. In der Anlage 2.5 heißt es:
„...Der Bieter hat zusammen mit seinem Angebot jeweils eine Bestätigung eines für den Geschäftsbetrieb in Deutschland zugelassenen Versicherers einzureichen, in der dieser bestätigt, dass die folgenden Betriebshaftpflichtversicherungen bestehen:
1. Haftpflichtversicherung für das allgemeine Baustellengeschehen (Entkernung, Sanierung, Abbruch, Entsorgung etc.):
§ mindestens 3.000.000,00 EUR pauschal für Personenschäden sowie
§ mindestens 5.000.000,00 EUR pauschal für sonstige Schäden (Sachschäden und Vermögensschäden)§ ohne Einschränkung
2. Haftpflichtversicherung für das Sprengungsunternehmen
…
3. Haftpflichtversicherung für das Sprengereignis
§ mindestens 3.000.000,00 EUR pauschal für Personenschäden sowie
§ mindestens 20.000.000,00 EUR pauschal für sonstige Schäden (Sachschäden und Vermögensschäden)
§ ohne Einschränkung§ einschließlich Bearbeitungs- und Leitungsschäden ohne Einschränkung des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt (ohne Radiusklausel, Versicherungsschutz ab 0 m)
Die Gesamtleistung des Versicherers innerhalb eines Versicherungsjahres muss jeweils mindestens das Doppelte dieser Deckungssumme beträgt.
…Achtung! Sämtliche der vorstehenden Anforderungen (Deckungssummen, Schadensarten, Maximierung) müssen zwingend im Rahmen der Bestätigung nachgewiesen werden. Inhaltlich unzureichender Bestätigungen können nicht nachgebessert werden.
Die o.g. Bestätigungen sind nach diesem Deckblatt als Anlagen beizufügen.
Bei Bietergemeinschaften ist der Nachweis für jedes Bietergemeinschaftsmitglied einzureichen.“
Ferner sollte die Anlage 2.7 – Referenzobjekte mit dem Angebot abgegeben werden. Dazu ist in der Anlage wie folgt bestimmt:
„… Liste von Leistungen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind
…Jeder Referenzbeschreibung ist das nachfolgende Deckblatt vorzuwerfen, dass vom Bieter entsprechend auszufüllen ist. Die vorgesehenen Ankreuzungsmöglichkeiten sind nicht alternativ, sondern müssen kumulativ vorliegen, damit die Referenz den Anforderungen entspricht.
Ankreuzungen sind dennoch vorzunehmen. Das Deckblatt ist jeweils betroffen auf die einschlägige Referenzangabe auszufüllen und zusammen mit der Referenzbeschreibung beizubringen.
Mindestanforderung: der Bieter/die Bietergemeinschaft hat/haben jeweils mindestens eine vergleichbare Referenz in den einzelnen zu erbringenden Teilbereichen (Sanierung-, Abbruch-, Springleistungen) beizubringen.
Achtung! Die Referenzbeschreibung muss insbesondere Aufschluss geben über die mit dem Deckblatt getätigten Ankreuzungen und diesbezügliche Inhalte aufweisen (z.B. Projektbezeichnung, Informationen zum Auftraggeber, Angabe der jeweils erbrachten Leistung, Auftragsvolumen, Zeitpunkt der Abnahme, der Vergleichbarkeit der Leistung).
…“
Die Antragstellerin gab am 27.8.2018 fristgerecht ein Angebot ab. Zur Anlage „2018 -0237, VOB 2, Anlage 2.5“ legt das Bietergemeinschaftsmitglied „P_____ GmbH“ eine Versicherungsbescheinigung des Mutterkonzerns aus Wien vor, in der es u. a. heißt:
„… DeckungsumfangDer Versicherungsschutz umfasst nach Maßgabe der Summen und Bedingungen des oben genannten Versicherungsvertrages die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers wegen Personen- und Sachschäden, die durch von ihm
- hergestellte oder gelieferte Produkte
- ausgeführter Arbeitnach Lieferung der Produkte oder nach Abschluss der Arbeiten weltweit exklusive USA und Kanada eingetreten sind.
Deckungssummen Personen- und Sachschäden pauschal je Ereignis
EUR 25.000.000,-je Versicherungsjahr…“
In der Versicherungsbestätigung für die Abbrucharbeiten für das Bietergemeinschaftsmitglied C_____ GmbH (im Weiteren C_____ bezeichnet) heißt es u. a.:
„… Die Deckungssummen betragen für die Betriebs-, erweiterte Produkt- und Umwelt-Haftpflichtversicherung je Versicherungsfall
10.000.000 EUR für Personen-, Sach- und Vermögensschäden (Betriebs- und Umwelthaftpflichtversicherung) pauschal, max. das Einfache pro Versicherungsjahr.“In der für das Sprengereignis von dem als Nachunternehmer einbezogene und eignungsleihenden Unternehmen S_____ GmbH vorgelegten Versicherungsbescheinigung heißt es u. a.:
„…
· kein Versicherungsschutz besteht für Schäden und Folgeschäden durch Staubentwicklung
· kein Versicherungsschutz besteht für Schäden an Gebäuden/Bauwerken/Leitungen, die durch die Überschreitung der Grenzwerte für Aufprallerschütterungen entstehen…Die Versicherungssumme hierfür beträgt Euro 10 000 000 pauschal für Personen- und/oder Sachschäden.
Die geänderte Versicherungssumme am Sprengtag beträgt:
Euro 3 000 000 für Personenschäden und Euro 20 000 000 für Sachschäden…“
Bei den Angaben zu den Referenzen zu Anlage 2.7.1 ist auf dem Deckblatt für die Sanierungsleistungen unter der Zeile „Projektbezeichnung“ „Köln, _____“ eingetragen und in der Zeile „Vergleichbarkeit“ angekreuzt, dass die Gebäudegröße > 80.000 m³ umbauten Raum umfasst. Als Leistungszeitraum ist angegeben „Juni 2014 – Dezember 2017“. Als Zeitpunkt der Abnahme ist „Dezember 2017“ angegeben. In der beigelegten Referenzbeschreibung der Firma C_____, die mit „Referenznachweis – Schadstoffsanierung“ überschrieben ist, heißt es:
„1. Projektbezeichnung: Köln, _____
…3. Ausführungszeitraum: Juni 2014 – Dezember 2017
4. Kurzbeschreibung: Sanierung von 50.000 m³ Spritzasbest und sonstigen asbesthaltigen Einbauten wie Spachtelmasse und Putze.
5. Auftraggeber: DIE WOHNKOMPANIE NRW GmbH…“
Als nächstes ist dem zuvor beschriebenen Referenznachweis ein weiteres, nahezu identisch aussehendes Blatt der Firma C_____ mit der Überschrift „Referenznachweis – Abbruch“ beigefügt. In diesem Nachweis heißt es:
„1.Projektbezeichnung: Köln, _____
2. Auftragsvolumen (brutto): 16.000.000 €
3. Ausführungszeitraum: Juni 2014 – Dezember 2018, Abrechnungsstand: 12.000.000,00 € brutto
4. Kurzbeschreibung: Abriss der 139 Meter hohen Türme der ehem. Deutschen Welle, 360.000 m³ umbauter Raum, 18.000 Tonnen Stahl und 140.000 Tonnen Beton
5. Auftraggeber: DWK Die Welle Köln Erste GmbH & Co.KG…“
Das Angebot der Beigeladenen enthielt u. a. zum Nachweis der erforderlichen Versicherungen (Anlage 2.5 der Vergabeunterlagen) eine Versicherungsbescheinigung des Unternehmens B_____ GmbH sowie eine Versicherungsbescheinigung der R_____ GmbH (im Folgenden R_____ genannt).
In der Bescheinigung der B_____ GmbH heißt es u. a.:
„… Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung sowie Besondere Bedingungen zugrunde.
…
Für das Bauvorhaben „Wohnhochhaus, Ottostraße, 47198 Duisburg“ sind wir im Falle der Auftragsvergabe vorbehaltlich der Einigung über Beitrag und Konditionen bereit, die Versicherungssummen objektbezogen wie folgt zur Verfügung zu stellen
…Die erhöhten Versicherungssummen würden für den Auftrag einfach zur Verfügung stehen. …“
In der Bescheinigung der Firma R_____ heißt es u. a.:
„ Die Versicherungssummen für die Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung … betragen
pauschal für Personen- und Sachschäden …“Ausweislich der Mitteilung des Submissionsergebnisses vom 30.08.2018 gingen insgesamt drei Angebote bei der Antragsgegnerin ein, wobei das preisgünstigste Angebot eines dritten Bieters noch erheblich unter der Hälfte der von der Antragsgegnerin in Ziffer II.2.6) der Bekanntmachung angegebenen Schätzung des Auftragswertes lag. Das Angebot der Antragstellerin lag preislich an zweiter Stelle und ca. 65 % über dem Angebot des preislich günstigsten Bieters. Die Beigeladene lag mit ihrem Angebot an dritter und damit letzter Stelle.
In der weiteren Folge wurde die Zuschlags- und Bindefrist mehrfach, zuletzt bis zum 15.05.2019 verlängert und das Angebot der Mindestbietenden wegen verschiedener Mängel ausgeschlossen.
Mit an das federführende Mitglied der Bietergemeinschaft adressiertem Informationsschreiben gemäß § 134 GWB vom 22.02.2019 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Zuschlagserteilung für den 05.03.2019 an die Beigeladene beabsichtigt sei. Das Angebot der Antragstellerin sei ausgeschlossen worden, da an die Eignung gestellte Anforderungen nicht erfüllt seien. Die vorgelegten Versicherungsnachweise deckten lediglich Personen- und Sachschäden und nicht, wie gefordert, Vermögensschäden ab. Zudem sei die vom zweiten Bietergemeinschaftsmitglied C_____ nachgewiesene Versicherung einfachmaximiert, obwohl eine Zweifachmaximierung gefordert war. Die vom Sprengunternehmen S_____ GmbH nachgewiesene Versicherung decke ebenfalls nur Personen- und Sachschäden jedoch keine Vermögensschäden ab und enthalte zudem unzulässige Einschränkungen des Versicherungsschutzes (kein Versicherungsschutz für Schäden und Folgeschäden durch Staubentwicklung, kein Versicherungsschutz für Schäden an Gebäuden/Bauwerken/Leitungen, die durch die Überschreitung der Grenzwerte für Aufprallerschütterungen entstehen). In Bezug auf die geforderten Referenznachweise habe das Bietergemeinschaftsmitglied C_____ eine Referenz vorgelegt, die ausweislich der Referenzbeschreibung für die Schadstoffsanierung nicht den Vergleichbarkeitskriterien genüge, da die geforderte m³-Zahl des umbauten Raumes unterschritten werde. Die tabellarisch eingereichten Referenzen seien einer Wertung nicht zugänglich.
Mit Schreiben der Firma P_____ GmbH vom 28.02.2019 wurde die Entscheidung zum Ausschluss des Angebots der Antragstellerin sowie die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene gerügt. Die Versicherungsbestätigungen erfüllten alle Anforderungen. Aus den vorgelegten Bescheinigungen ergebe sich eindeutig, dass die P_____ Deutschland GmbH bzw. P_____ GmbH betriebshaftpflichtversichert sei.
Vermögensschäden seien regelmäßig Bestandteil einer Betriebshaftpflichtversicherung. Jedenfalls hätte eine Aufklärungspflicht gemäß § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A bestanden, wenn die Vergabestelle die Versicherungsbescheinigungen als vermeintlich widersprüchlich bzw. als nicht eindeutig genug empfunden hätte. Auch die Versicherungsbestätigung für das Bietergemeinschaftsmitglied C_____ GmbH sei nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe die Anforderung gestellt, dass die Gesamtleistung des Versicherers innerhalb eines Versicherungsjahres jeweils mindestens das Doppelte der vorgegebenen Deckungssummen betrage. Dieses Erfordernis sei erfüllt, da die Versicherungssummen jeweils das Doppelte der geforderten Deckungssummen betragen. Soweit die Vergabestelle die Zweifachmaximierung als Eignungsvoraussetzung bewerte, stelle diese Erweiterung eine unzulässige Ergänzung der Vergabekriterien dar, da diese entgegen § 12 Abs. 1 Nr. 2w) EU VOB/A nicht bekannt gemacht worden seien. Auch die vom Bietergemeinschaftsmitglied S_____ GmbH vorgelegte Versicherungsbestätigung weise eindeutig eine bestehende Betriebshaftpflichtversicherung nach, die regelmäßig auch Vermögensschäden umfasse. Soweit die Vergabestelle expliziten Versicherungsschutz für die Staubentwicklung sowie für Schäden an Gebäuden/Bauwerken/Leitungen als Eignungskriterien voraussetze, stelle auch dies mangels entsprechender Bekanntgabe gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2w) EU VOB/A eine unzulässige Erweiterung der Vergabekriterien dar. Im Übrigen könne dieser Versicherungsnachweis auch aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden, da es sich hierbei um unvermeidbare Risiken handele, die von Versicherungsgebern regelmäßig nicht versichert würden. Auch stelle diese Forderung angesichts der Ausführungen im Leistungsverzeichnis unter Punkt 02.07.07 zu Staubreduktionsmaßnahmen sowie unter Punkt 02.07.10 zur Reinigung bloße Förmelei dar.
Die von der Vergabestelle bemängelte Referenz des Bietergemeinschaftsmitglieds C______ GmbH erfülle alle Anforderungen. In Anlage 3.2.2 des Angebots sei als Referenznachweis Nr. 1 das Projekt „_____“ in Köln angegeben. In der Beschreibung zu dieser Referenz sei zum Punkt „Angabe der Spritzasbestsanierung“ die sanierte Fläche des Objekts mit 50.000 m³ angegeben. Dabei handele es sich um einen offensichtlichen Tippfehler des Bietergemeinschaftsmitglieds, der jedoch unbeachtlich sei und durch die Vergabestelle nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EU VOB/A aufzuklären sei. Der Nachweis zur Vergleichbarkeit der Leistungen betreffend der Gebäudegröße >80.000 m³ umbauter Raum sei in der Referenz Anlage 3.2.1 - Deckblatt „ Pers. Referenzen der vorgesehenen Person der verantw. Gesamtprojektleiters“ mit einer Gebäudegröße von 360.000 m³ umbauter Raum deutlich über erfüllt. Bereits hieraus hätte für die Vergabestelle erkennbar sein sollen, dass es sich bei der Angabe in Anlage 3.2.2 um einen offensichtlichen Tippfehler handeln müsse.
Mit weiterem Schreiben vom 04.03.2019 ergänzte die Antragstellerin, diesmal durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, ihre Rüge. Das Vergabeverfahren leide insgesamt unter der unzulässigen Vermischung von Eignung- und Zuschlagskriterien hinsichtlich der als Zuschlagskriterien (Gewichtung: 60 %) berücksichtigten Berufserfahrung und persönlichen Referenzen des Projektleitungspersonals. Ebenso fehle der Auftragsbezug hinsichtlich des Zuschlagskriteriums der Berufserfahrung der jeweils vorgesehenen Projektleiter. Aufgrund des Zeitablaufs durch die Verzögerung der Zuschlagserteilung fehle es an der Vergleichbarkeit der Angebote. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass wegen der unmöglich zu erfüllenden Versicherungsanforderungen („ohne Einschränkung“) alle Angebote ausgeschlossen werden müssten. Die Vergabestelle werde dazu aufgefordert, das Vergabeverfahren unter Vermeidung der dargestellten Vergaberechtsverstöße zu wiederholen, mindestens aber den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin rückgängig zu machen. Schließlich sei auch das Vorabinformationsschreiben vom 22.2.2019 unzulänglich, da das Schreiben nur an das federführende Mitglied der Antragstellerin als Einzelunternehmen und nicht an die Antragstellerin als Bietergemeinschaft gerichtet sei und die Wartefrist aufgrund des Einschlusses von zwei Wochenenden unzulässig verkürzt sei.
Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schreiben vom 2.3.2019 sowie E-Mail vom 4.3.2019 und wies die Rügen abschließend zurück. Zusätzlich übermittelte sie am 4.3.2019 eine Schutzschrift an die Vergabekammer und verteidigt insgesamt den Angebotsausschluss. Die Auffassung der Antragstellerin, Vermögensschäden seien regelmäßig Bestandteil der Betriebshaftpflichtversicherung, gehe fehl. Dies ergebe sich aus den sämtlichen Haftpflichtversicherungsverträgen zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 2012). Dort werde zwischen Personen-, Sach- und Vermögensschäden differenziert. Unmittelbarer Vermögensschäden würden anders als die mittelbaren Vermögensschäden ohne besondere Vereinbarung gerade nicht automatisch von der Betriebshaftpflicht erfasst. Dies ergebe sich aus dem Zusammenspiel von Ziffer 1.1 und Ziffer 2.1 der AHB. Auch die unmittelbaren Vermögensschäden sollten von der Versicherung umfasst sein.
Der Angebotsausschluss sei gemäß § 122 GWB i.V.m. § 16b EU VOB/A zwingend gewesen, da die Antragstellerin mit Ihrem Angebot zwingende Eignungsnachweise nicht vorgelegt habe. Eine Aufklärung sei nicht erforderlich und schon gar nicht geboten gewesen, da weder Unklarheiten noch Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die Versicherungsbestätigungen der Firmen P_____ GmbH und S_____ GmbH vorgelegen hätten.
Auch die Versicherungsbestätigung des Bietergemeinschaftsmitglieds C_____ genüge nicht den Anforderungen. Die allgemeine Baustellenversicherung werde lediglich einfach maximiert nachgewiesen, obwohl eine doppelte Maximierung abgefragt worden sei. Der Angebotsausschluss sei gemäß § 122 GWB i.V.m. § 16b EU VOB/A zwingend. Auch fehle es insoweit nicht an einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung, da gerade auch im Hinblick auf bestehende Zeichenlimitierung bei dem Bekanntmachungsformularen es möglich sein müsse, in den Vergabeunterlagen Konkretisierungen der in der Bekanntmachung bereits angesprochenen Eignungsnachweise vorzunehmen.
Hinsichtlich der Versicherungsbestätigung der S_____ GmbH sei zu berücksichtigen, dass der Einwand, der „ohne Einschränkung“ vorzulegende Versicherungsschutz könne aus tatsächlichen Gründen wegen faktischer Nicht-Versicherbarkeit des Risikos durch die Versicherer nicht erbracht werden, präkludiert sei. Dieser Umstand sei bereits aus der Bekanntmachung eindeutig erkennbar gewesen und habe daher bis zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen. Auch dieser Angebotsausschluss sei gemäß § 122 GWB i.V.m. § 16b EU VOB/A zwingend.
Soweit in der Rüge hinsichtlich der Referenz zum Bereich Schadstoffsanierung geltend gemacht werde, es handele sich bei der angegebenen m³-Zahl um einen Tippfehler, den die Vergabestelle habe erkennen müssen, da sich aus der Referenz zu Anlage 3.2.1 ein umbauter Raum von 360.000 m³ ergeben habe, könne dem nicht gefolgt werden. Die Anlage 3.2.1 beziehe sich auf Referenzen des Gesamtprojektleiters für Abrissarbeiten und nicht ausschließlich auf Schadstoffsanierungstätigkeiten. In der Referenz sei keine Schadstoffsanierung in genannter Höhe nachgewiesen, sondern die Referenzbeschreibung laute auf „Abriss der 139 m hohen Türme der ehem. Deutschen Welle, 360.000 m³ uR“.
Darüber hinaus sei diese Referenz nicht wertbar, da eine Fertigstellung erst im Dezember 2018, mithin nach Angebotsabgabe erfolgt sei.
Der Vortrag über die vermeintlich unzulässigen Zuschlagskriterien sei jedenfalls präkludiert, da diese Kriterien bereits aus der Bekanntmachung ersichtlich gewesen seien und daher gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe hätten gerügt werden müssen.
Das Verbot der Vermischung von Zuschlags-und Eignungskriterien sei zwischenzeitlich so intensiv behandelt und thematisiert worden, dass sich ein durchschnittliches Unternehmen das (wie die Antragstellerin) nicht völlig unerfahren auf dem maßgeblichen Markt sei und sich für einen größeren Auftrag interessiere, vor diesem Thema nicht verschließen könne.
Die Antragstellerin stellte am 04.03.2019 einen Nachprüfungsantrag.
Zur Begründung nimmt die Antragstellerin Bezug auf ihre Rügen und ergänzt ihren Vortrag. Der Nachprüfung Antrag sei zulässig. Die Antragstellerin sei Ihre Rügeverpflichtungen gemäß § 160 Abs. 3 GWB nachgekommen. Eine Verletzung der Rügepflichten nach § 160 Abs. Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB liege nicht vor, auch soweit mit dem Nachprüfungsantrag eine Vergaberechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens geltend gemacht werde. Die von der Rechtsprechung für eine Präklusion gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB geforderte Offensichtlichkeit des Vergabeverstoßes liege – gerade auch wegen der Neuregelung nach der Vergaberechtsreform 2016 – nicht vor.
Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet.
1. Das Vergabeverfahren leide an einer unzulässigen Vermischung von Eignung-und Zuschlagskriterien, da bei der Angebotswertung auf der letzten Wertungsstufe (Wirtschaftlichkeitsprüfung) neben dem Preis (Gewichtung: 40 %) die einschlägigen Berufserfahrung und die persönlichen Referenzen des Projektleiters Personals (Gewichtung: 60 %) berücksichtigt werden sollen. Die Voraussetzungen des § 16 d EU Abs. 2 Nr. 2 VOB/A seien nicht erfüllt, da bei dem streitgegenständlichen Auftrag die berufliche Qualifikation der auftragsausführenden Personen lediglich Auskunft darüber geben könne, ob der Auftrag (ggf. besonders gut) vertrags- und ordnungsgemäß sowie sach- und fachgerecht ausgeführt werde. Eine Steigerung des „wirtschaftlichen Wertes“ der Leistung (Qualitätsniveau) trete nicht ein.
2. Neben der unzulässigen Vermischung der Eignungs- und Zuschlagskriterien fehle beim Zuschlagskriterium „Berufserfahrung“ auch der Auftragsbezug. Die von der Antragsgegnerin festgelegte Spanne bei der Wertung der Berufserfahrung von mindestens 180 Monaten (15 Jahre) und bis zum Höchstwert von 300 Monaten (25 Jahre) sei sachlich nicht nachvollziehbar. Es sei nicht ersichtlich, dass ein Projektleiter mit nur (z.B.) 10 Jahren Berufserfahrung derart unzulänglich wäre, dass wegen Unterschreitung der Mindestanforderung gleich das ganze Angebot auszuschließen sei.
3. Die Angebote seien aufgrund der Zuschlagsverzögerungen inhaltlich nicht mehr vergleichbar. Die Auftragsausführung sollte am 10.12.2018 beginnen. Infolge der mittlerweile mehrmonatigen Verzögerungen stünde dem jeweiligen Auftragnehmer ein vertraglicher Vergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B zu, der in vergaberechtlicher Hinsicht dazu führe, dass bereits jetzt (in Ansehung der zwangsläufig zu erwartenden Preisanpassung) nicht erkennbar sei, welches Angebot das wirtschaftlichste sei. Eine Zuschlagserteilung würde gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, der Gleichbehandlung und des fairen und freien Wettbewerbs verstoßen.
4. Im Übrigen werde wegen des vergaberechtswidrigen Ausschlusses des Angebots der Antragstellerin auf die Begründung in den ergangenen Rügeschreiben verwiesen. In Ergänzung zum Rügeschreiben werde hinsichtlich der Referenz zum Bereich Schadstoffsanierungsarbeiten darauf hingewiesen, dass sich die in der Anlage 2.7.1 mit der Kurzbeschreibung „Sanierung von 50.000 m³ Spritzasbest und sonstigen asbesthaltigen Einbauten“ angegebene Kubikmeterangabe – eindeutig erkennbar – nicht auf den umbauten Raum sondern die sanierten Bauteile selbst bezogen habe. Zum umbauten Raum habe die Antragstellerin im Formblatt der Anlage 2.7.1 (wie gefordert) die Frage nach der Vergleichbarkeitsanforderung „Gebäudegröße: > 80.000 m³ umbauter Raum“ mit „ja“ angekreuzt. Damit sei klar erkennbar, dass die Vergleichbarkeitsanforderungen eingehalten seien.
Im Übrigen könne der Einwand der Antragsgegnerin im Informationsschreiben vom 22.2.2019, die tabellarischen Referenzlisten der Antragstellerin seien „nicht überprüfbar“ bzw. „unergiebig“ nicht nachvollzogen werden.
5. Letztlich sei, für den Fall dass das Angebot der Antragstellerin tatsächlich auszuschließen sein sollte, auch das dann einzig noch im Wettbewerb verbleibende Angebot der Beigeladenen vor dem Hintergrund der unmöglich zu erfüllenden Anforderungen an die nachzuweisenden Haftpflichtversicherungen auszuschließen. Soweit die Antragsgegnerin tatsächlich (zulässigerweise) ein Haftpflichtversicherung „ohne Einschränkung“ fordern durfte, könne diese Anforderung auch von der Beigeladenen nicht eingehalten werden, da es schlechterdings keine Haftpflichtversicherung „ohne Einschränkung“ gebe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Einschränkungen in den Versicherungsbestätigungen lediglich nicht ausdrücklich benannt oder in Klauseln wie „gemäß den Versicherungsbedingungen“ versteckt seien.
Die Antragstellerin beantragt zuletzt,
1. der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag auf der Grundlage des bisherigen Vergabeverfahrens zu erteilen,
2. a)die Antragsgegnerin wird bei fortbestehender Vergabeabsicht verpflichtet, das Vergabeverfahren in einen früheren stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen und unter Beachtung der Rechterfassung der Vergabekammer zu wiederholen,
hilfsweise zu Ziffer 2 a)
b) die Antragsgegnerin wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Ausschlusses Angebots Antragstellerin zurück zu versetzen und die Angebotsprüfung und -wertung unter Berücksichtigung des Angebots der Antragstellerin und Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,
3. die Hinzuziehung von Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Darüber hinaus sei der der Antrag auch unbegründet.
1. Eine unzulässige Vermischung von Eignung-und Zuschlagskriterien liege nicht vor. Die von der Antragstellerin in Bezug auf den Anwendungsbereich des § 16 d EU Abs. 2 Nr. 2 b) VOB/A angenommene Eingrenzung auf geistig-schöpferische Dienstleistungen, sei nicht zutreffend und die Voraussetzungen im Übrigen erfüllt.
2. Der Vortrag des fehlenden Auftragsbezuges beim Zuschlagskriterium A„Berufserfahrung“ sei präkludiert, denn dies hätte der Antragstellerin bereits unmittelbar nach Bekanntmachung und vor Angebotsabgabe auffallen können und müssen. Hier gehe es nicht um rechtliche Sonderkonstellation, sondern um tatsächliche Kritikpunkte. Es werde auch darauf hingewiesen, dass im vorangegangenen (aufgehobenen) Vergabeverfahren betreffend die gegenständliche Leistung bereits eine vermeintliche Unzulässigkeit des Forderns der Berufserfahrung von der Antragstellerin thematisiert worden sei. Die Thematik sei der Antragstellerin somit bereits bekannt.
3. Die Ausführungen zur Nicht-Vergleichbarkeit der Angebote infolge Zuschlagsverzögerung überzeugten nicht. Die Tatsache, dass die Vertragsfristen nicht mehr gehalten und entsprechend fortgeschrieben werden müssten, sei für das Vergaberecht unerheblich, da sie explizit und ausschließlich die Vertragsdurchführung betreffen. Im Übrigen habe der BGH entschieden, dass auch bei einer verzögerten Vergabe der Zuschlag auf das ursprüngliche Angebot und den darin aufgeführten Fristen und Termine erteilt werden, selbst wenn diese nicht mehr eingehalten werden können (BGH, Urteil vom 11.05.2009 – VII ZR 11/08).
4. Die Ausführungen zur angeblichen Unzulänglichkeit des Informationsschreibens seien in keiner Weise nachvollziehbar, da das angeschriebene federführende Bietergemeinschaftsmitglied ausweislich des Angebotes (dort gleich mehrfach) als vertretungsberechtigt ausgewiesen und zur Entgegennahme und Abgabe von Erklärungen befugt sei. Auch die Wartefrist sei nicht unzulässig verkürzt worden, da Werktage nach dem Wortlaut des § 134 GWB keine Berücksichtigung finden.
5. Im Übrigen sei der Angebotsausschluss rechtmäßig erfolgt. Dazu werden die Argumente aus dem Informationsschreiben vom 22.02.2019, der Rügeerwiderung und der Schutzschrift wiederholt. Der Einwand der Antragstellerin, man habe den umbauten Wohnraum auf dem Deckblatt der Anlage angekreuzt und dies würde genügen, greife nicht durch. Denn das Deckblatt sei durch eine Referenzbeschreibung zu belegen gewesen, aus der sich alle relevanten Angaben hätten ergeben müssen. Eine Aufklärung hätte unweigerlich zu einer unzulässigen inhaltlichen Nachbesserung geführt.
6. Schließlich handele es sich bei dem Vortrag, dass auch das Angebot der Beigeladenen zwingend auszuschließen sei, um Behauptungen ins Blaue hinein, die nicht zutreffend seien.
Die Beigeladene schließt sich mit Schriftsatz vom 21.03.2019 den Ausführungen der Antragsgegnerin an und beantragt zuletzt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.Insbesondere pflichtet sie der Antragsgegnerin bei, dass der Vortrag zur angeblich unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien aus den bereits vorgetragenen Gründen präkludiert sei.
Nach erfolgter Akteneinsicht durch die Antragstellerin ergänzte diese ihren Vortrag mit Schriftsatz vom 01.04.2019. Die Vergabeakte sei mangelhalft geführt und verletze damit die Dokumentationspflicht gemäß § 20 EU VOB/A i. V. m. § 8 Abs. 1 VgV. Die Antragsgegnerin habe die Auswahl und Festlegung der Zuschlagskriterien im Vergabevermerk nicht dokumentiert. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin entgegen § 97 Abs. 4 GWB und § 5 EU Abs. 2 Nr. 1 VOB/A die Abwägung und Entscheidung über die Losaufteilung bzw. Gesamtvergabe nicht selbst vorgenommen, sondern einem externen Dienstleister überlassen, ohne dessen Abwägungen in die eigenen Erwägungen einzubeziehen oder sich auch nur zu eigen zu machen. Dies ergebe sich bereits aus den Daten, die auf dem Vergabevermerk und der zur Losaufteilung bzw. Gesamtvergabe Anlage 2 zum Vergabevermerk ausgewiesen sind. Hinzu käme, dass die Begründung für die Gesamtvergabe inhaltlich nicht zutreffend sei. Das Vergabeverfahren sei darüber hinaus fehlerhaft, da die Antragsgegnerin das Verfahren entgegen § 12 E VOB/A 3 Nr. 5 VOB/A VOB/A bereits vor der Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung im EU-Amtsblatt auf nationalen Internetportalen veröffentlicht habe. Im Übrigen halte die Antragstellerin ihre Bedenken gegen die Wertung des Angebots der Beigeladenen aufrecht, könne aber wegen der bestehenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dazu nicht substantiierter vortragen.
Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schriftsatz vom 3.4.2019. Die Annahme der Antragstellerin, eine Begründungspflicht für die Auswahl der Zuschlagskriterien ergebe sich aus § 20 EU VOB/A i.V.m. § 8 VgV gehe fehl. Selbst wenn eine derartige Begründungspflicht existiere, sei diese gemäß der Rechtsprechung des BGH durch die schriftsätzlichen Ausführungen im Nachprüfungsverfahren nachgeholt und damit geheilt worden.
Auch die Begründung für das Absehen einer Losaufteilung / Wahl der Gesamtvergabe könne nicht beanstandet werden. Die Antragsgegnerin habe sich in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens (beraten sowohl von dem beauftragten Ingenieurbüro als auch von den Verfahrensbevollmächtigten) insbesondere auch intensiv mit der Frage der GU-Vergabe auseinandergesetzt. Die Anlage 2 zum Vergabevermerkt gebe das Ergebnis der Beratungen und Abstimmungen aus der Retrospektive wieder und weise aus diesem Grund nachvollziehbar ein späteres Datum aus. Inhaltlich werde für die Gründe zur vergaberechtskonformen Wahl der Gesamtvergabe auf die Anlage 2 zum Vergabevermerk verwiesen. Ein Verstoß gegen § 12 EU VOB/A wegen vorzeitiger nationaler Bekanntmachung liege nicht vor, da die Versendung der Bekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union am 12.07.2018 erfolgte, die Versendung zur nationalen Bekanntmachung erst 48 Stunden später am 14.07.2018.
Die Beigeladene erwiderte ebenfalls mit Schriftsatz vom 3.4.2019. Inhaltlich verkürzt stellt sie sich mit den gleichen Argumenten gegen den Vortrag der Antragstellerin wie die Antragsgegnerin. Sie weist nochmal darauf hin, dass die Antragstellerin bereits aufgrund der dieser Ausschreibung vorangegangenen Ausschreibung inhaltlich gewusst habe, worum es geht, da Eignungs- und Zuschlagskriterien bereits in der vorangegangenen Ausschreibung diskutiert worden seien.
In der mündlichen Verhandlung am 04.04.2019 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Insbesondere wurde mit den Beteiligten die Frage erörtert, ob eine von der Beigeladenen mit dem Angebot vorgelegte Versicherungsbescheinigung für die Firma R_____ ausreichend im Sinne der Auftragsbekanntmachung ist oder ob auch hier ein zwingender Ausschlussgrund vorliegt. Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladene teilten hierzu mit, das betroffene Unternehmen sei lediglich als Nachunternehmer und nicht als Eignungsleiher eingebunden und ein Ausschlussgrund damit nicht gegeben.
Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung legte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 8.4.2019 eine weitere Versicherungsbescheinigung für die Firma R_____ datiert auf den 4.4.2019 vor, in der ausdrücklich bestätigt wird, dass die genannten Versicherungssummen „… pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden…“ betragen. Sie führte zudem nochmals aus, dass die Firma R_____ lediglich Nachunternehmerin sei und alle geforderten Eignungskriterien durch die Antragstellerin und das eignungsleihende Sprengunternehmen erfüllt seien. Dem Schriftsatz war ebenfalls nochmals die bereits mit der Angebotsabgabe vorgelegte Versicherungsbescheinigung des eignungsleihenden Sprengunternehmens B_____ GmbH beigefügt.
Mit Schriftsatz vom 10.04.2019 machte die Antragsgegnerin Bedenken hinsichtlich der Versicherungsbestätigung für die B_____ GmbH geltend. Die dem Schriftsatz der Beigeladenen vom 8.4.19 anliegende Bestätigung enthalte bereits keinen Versicherungsschutz für das Sprengereignis, da die Versicherung gemäß dem Wortlaut für ein „Bauvorhaben“ bescheinigt worden sei. Ein „Bauvorhaben“ sei jedoch kein Sprengereignis. Darüber hinaus weise die Versicherungsbestätigung den Vorbehalt der Einigung über die Beiträge und Konditionen für den künftigen Versicherungsschutz aus und sei damit gerade nicht „ohne Einschränkungen“. Es fehle zudem an der Verdoppelung der Gesamtjahresleistung des Versicherers.
Schließlich enthielten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers VHV weitere Einschränkungen, die insbesondere auf Schäden, die auf Asbest, asbesthaltige Substanzen oder Erzeugnisse zurückzuführen sind, erfassten. Auch aus diesem Grund sei die Versicherungsbescheinigung unzureichend und das Angebot deswegen auszuschließen. Zum Nachweis des zuletzt ausgeführten Vortrags legte die Antragstellerin einen anonymisierten Versicherungsschein der VHV vor, dem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung (AVB) 2010 beigefügt waren.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vergabeakten und der Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Vergabekammer Rheinland ist gemäß §§ 155, 156 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Verbindung mit § 2 Abs. 2 der VO über Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammern NRW (VK ZuStV NRW) vom 02.12.2014 (SGV.NRW.630), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.11.2018 (GV.NRW.S.639) für die Entscheidung zuständig.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig.
1. Der gemäß § 106 GWB i. V. m. § 3 VgV maßgebliche Schwellenwert wird zweifelsfrei überschritten.
2. Die Antragstellerin ist teilweise antragsbefugt gemäß § 160 Abs. 2 GWB.
Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung der eigenen Rechte nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften macht. Dabei ist darzulegen, dass die Aussichten des Antragstellers auf den Zuschlag durch den beanstandeten Vergaberechtsverstoß zumindest verschlechtert worden sein können,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.2008 – Verg 36/07 -, juris, Rdnr. 32.
a) Die Antragstellerin hat durch Abgabe ihres Angebotes ihr Interesse am Auftrag dokumentiert.
b) Sie hat auch eine Verletzung ihrer eigenen Rechte aus § 97 Abs. 6 GWB geltend gemacht. Namentlich macht sie die folgenden Rechtsverletzungen geltend:
aa) Der Ausschluss ihres Angebots sei vergaberechtswidrig, da entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin alle Anforderungen an die Eignung erfüllt seien. Insbesondere erfüllten die vorgelegten Bescheinigungen der Versicherungen alle Anforderungen. Soweit eine Versicherungsbestätigung ohne Einschränkung hinsichtlich des Sprengereignisses gefordert werde, sei diese Vorlage aus tatsächlichen Gründen wegen Nichtversicherbarkeit nicht möglich und die Forderung bereits deswegen vergaberechtswidrig. Auch die geforderten Referenzen seien ordnungsgemäß erbracht.
Mit diesem Vortrag macht die Antragstellerin eine Verletzung der für die Eignung maßgeblichen, bieterschützenden Vorschriften des § 122 GWB, § 16b EU VOB/A geltend.
bb) Darüber hinaus macht sie eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie eine mangelhafte Dokumentation derselben in der Vergabeakte geltend. Damit macht sie eine Verletzung von § 127 GWB, § 16 d EU Abs. 2 Nr. 2 b) VOB/A sowie des § 20 EU VOB/A i.V.m. § 8 Abs. 1 VgV geltend. Diese Vorschriften sind ebenfalls bieterschützend.
cc) Weiterer Vortrag ist der fehlende Sachbezug bei den Zuschlagskriterien, da die Frist zur Berücksichtigung von Erfahrungen beim Projektleistungspersonal (15-25 Jahre) willkürlich gewählt sei. Mit diesem Vortrag macht die Antragstellerin eine Verletzung von § 127 GWB, § 16 d EU Abs. 2 VOB/A geltend.
dd) Die Antragstellerin macht geltend, das Angebot der Beigeladenen sei wegen Mängeln, die insbesondere die Versicherungsbescheinigungen beträfen, auszuschließen. Mit diesem Vortrag wird ein weiterer Verstoß gegen § 122 GWB, § 16 b EU VOB/A sowie des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend gemacht.
ee) Mit dem Vortrag, dass die Vorabinformation fehlerhaft sei, macht die Antragstellerin eine Verletzung der bieterschützenden Vorschrift des § 134 GWB geltend.
ff) Die Antragstellerin macht geltend, der Zuschlag in dem Vergabeverfahren könne überhaupt nicht mehr erteilt werden, da die Angebote infolge der zeitlichen Verzögerung in preislicher Hinsicht nicht mehr vergleichbar seien und nicht ermittelbar sei, welches Angebot das wirtschaftlichste sei. Mit diesem Vortrag macht die Antragstellerin eine Verletzung des bieterschützenden Transparenzgrundsatzes, des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Wettbewerbsgrundsatzes geltend.
gg) Nach Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin keine eigenen Abwägungen zum Loszuschnitt/Wahl der Gesamtvergabe getroffen und diese zudem inhaltlich unzutreffend bzw. fehlerhaft/unzureichend begründet. Dieser Vortrag stellt einen Verstoß gegen die bieterschützende Vorschrift des § 97 Abs. 4 GWB, § 5 EU Abs. 2 Nr. 1 VOB/A dar.
hh) Die vorgetragene vorzeitige nationale Bekanntmachung stellt einen Verstoß gegen die bieterschützende Norm des § 12 EU Abs. 3 Nr. 5 VOB/A dar.
c) Einen drohenden Schaden hat die Antragstellerin jedoch nur teilweise dargelegt. Ein drohender Schaden liegt vor, wenn durch den einzelnen beanstandeten Vergaberechtsverstoß die Chancen auf die Zuschlagserteilung verschlechtert werden.
siehe u. a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.12.2003 – Verg 37/03, juris, Rdnr. 16 m.w.N.
aa) Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass ihr Angebot bei Hinwegdenken des vergaberechtswidrigen Ausschlusses und einer Neufassung der Zuschlagskriterien sowie Vornahme der bislang unterbliebenen Abwägungen zum Loszuschnitt und ordnungsgemäßen Dokumentation in der Vergabeakte noch eine Chance auf die Zuschlagserteilung habe, da ihr Angebot in diesen Fällen entweder in der Wertung verbleibe oder aber ein neues Angebot abgegeben werden könne. Auch der bislang vergaberechtswidrig unterbliebene Ausschluss des Angebots der Beigeladenen würde die Chancen auf ihre Zuschlagserteilung erhöhen, da das Angebot der Antragstellerin dann das einzig in der Wertung verbleibende Angebot wäre bzw. die Ausschreibung zu wiederholen wäre. Dieser Vortrag ist als Schadensdarlegung ausreichend.
Insbesondere führt das Argument der Antragsgegnerin, der erfolgte Angebotsausschluss sei offensichtlich vergaberechtskonform erfolgt, zu keinem anderen Ergebnis. Nach ständiger Rechtsprechung sind an die Schadensdarlegung aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Ein Schaden ist bereits anzunehmen, wenn die gerügten Vergaberechtsverstöße dazu geeignet sind, eine Beeinträchtigung der Zuschlagschancen begründen zu können. Ob die gerügten Vergaberechtsverstöße tatsächlich bestehen und zu einer Beeinträchtigung der Zuschlagschancen führen, ist im Rahmen der Begründetheit des Antrags zu prüfen. Von einer fehlenden Antragsbefugnis ist lediglich auszugehen, wenn eine Rechtsbeeinträchtigung offensichtlich nicht vorliegt,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2007 – Verg 32/07, juris, Rdnr. 42; Beschluss vom 03.03.2010 – Verg 46/09, juris, Rdnr. 30; Beschluss vom 03.08.2011 – Verg 6/11, juris, Rdnr. 53.
Dass eine Rechtsbeeinträchtigung vorliegend offensichtlich nicht gegeben ist, kann nicht festgestellt werden. Es ist nicht erkennbar, dass die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken offensichtlich nicht durchgreifen können.
bb) Keinen ausreichenden Schaden hat die Antragstellerin hingegen hinsichtlich der Bedenken gegen die ergangene Vorinformation gem. § 134 GWB sowie die Verletzung von § 12 EU Abs. 3 Nr. 5 VOB/A durch eine vorzeitige nationale Veröffentlichung dargelegt.
Schutzzweck der Vorschrift über die Vorinformation (§ 134 GWB) ist die Sicherstellung eines lückenlosen Primärrechtsschutzes, indem dem unterlegenen Bieter die Möglichkeit eingeräumt wird, rechtzeitig vor Zuschlagserteilung gegen eine Auswahlentscheidung im Wege eines Nachprüfungsverfahrens vorzugehen und damit seine Chancen auf den Zuschlag zu wahren,
siehe Maimann in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Auflage, § 134, Rdnr. 2 f.
Die Antragstellerin hat fristgerecht einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingelegt. Vor diesem Hintergrund ist der Schutzzweck der Norm erfüllt und ein drohender Schaden – die Verschlechterung der Zuschlagschancen -, selbst wenn die Vorinformation tatsächlich nicht die erforderlichen Anforderungen erfüllen sollte, nicht erkennbar.
§ 12 EU Abs.3 Nr. 5 VOB/A dient dazu, Widersprüche zu vermeiden und die Grundsätze des fairen Wettbewerbs und der Gleichbehandlung zu wahren. Insbesondere soll auf diesem Weg sichergestellt werden, dass inhaltlich – auch in Bezug auf Fristen – ausschließlich die europäische Veröffentlichung maßgeblich ist,
siehe Lausen in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Auflage 2016, juris, § 12 EU VOB/A, Rdnr. 31 f.
Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 3.4.2019 nachvollziehbar dargelegt hat, dass die nationale Veröffentlichung erst 48 Stunden nach der europaweiten Bekanntmachung erfolgt ist und ein Verstoß gegen § 12 EU Abs. 3 Nr. 5 VOB/A danach gar nicht vorläge, ist ein Schaden für die Antragstellerin selbst bei zutreffendem Vortrag nicht erkennbar, da diese ihr Angebot fristgerecht abgegeben hat.
3. Ihrer Rügepflicht aus § 160 Abs. 3 GWB ist die Antragstellerin nur teilweise fristgemäß nachgekommen.
a) Mit E-Mails vom 28.02.2019 und 04.03.2019 ist die Antragstellerin ihrer Rügepflicht hinsichtlich des vergaberechtswidrigen Angebotsausschlusses wegen angeblich fehlerhafter Versicherungsbescheinigungen sowie fehlender Referenzen, den angeblichen Fehlern im Angebot der Beigeladenen sowie dem fehlenden Sachbezug bei den Zuschlagskriterien nachgekommen.
b) Hinsichtlich der geltend gemachten Dokumentationsmängel in der Vergabeakte sowie der inhaltlichen Mängel zur Wahl der Gesamtvergabe bestand keine Rügepflicht gemäß § 160 Abs. 3 GWB, da diese im Rahmen der Akteneinsicht und damit erst im laufenden Nachprüfungsverfahren erkannt werden konnten,
siehe Wiese in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Auflage, § 160, Rdnr. 149 m.w.N.
c) Nicht fristgemäß gerügt hat die Antragstellerin hingegen den Vortrag zur unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. Mit diesem Vortrag ist sie daher präkludiert. Diesen Verstoß hat die Antragstellerin mit E-Mail vom 04.03.2019 erstmals geltend gemacht und damit nach Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe. Der gerügte Vergabeverstoß war jedoch gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB aus der Bekanntmachung erkennbar und hätte daher bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gerügt werden müssen.
Erkennbar im Sinne von § 160 Abs. 3 GWB ist ein Vergabeverstoß, wenn sich die zugrunde liegenden Tatsachen aus der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18 – juris, Rdnr. 40 m.w.N,
und sie ein durchschnittlich fachkundiger, die übliche Sorgfalt anwendender Bieter bei Durchsicht und Bearbeitung der Vergabeunterlagen als Vergaberechtsverstoß erkennen konnte,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018, a.a.O.; Beschluss vom 08.03.2017 – Verg 39/16, juris, Rdnr. 47.
Die Erkennbarkeit bezieht sich dabei sowohl auf die den Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände als auch auf die Vergaberechtswidrigkeit als solche,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014 - Verg 36/13, juris, Rdnr. 47.
Eine Rügepräklusion kommt nur bei ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht, die einem durchschnittlich erfahrenen Bieter auch ohne dahingehende Überprüfung der Vergabeunterlagen auffallen müssen,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2016 – Verg 6/16, juris, Rdnr, 36; Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18, juris, Rdnr. 41.
Maßgeblich ist, ob der Bieter, wenn man den Maßstab eines durchschnittlich fachkundigen Bieters anlegt, den Verstoß hätte erkennen müssen bzw. ob der Verstoß sich aufdrängte,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18, juris, Rdnr. 41 m.w.N.
Gemessen an den vorstehenden Ausführungen war die geltend gemachte unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bereits aus der Bekanntmachung erkennbar.
In tatsächlicher Hinsicht ist im streitgegenständlichen Vergabeverfahren in der Auftragsbekanntmachung unter Abschnitt VI, Punkt VI.3) ausdrücklich als Zuschlagskriterien die einschlägige Berufserfahrung der jeweiligen (Teil-)Projektleiter mit der entsprechenden Gewichtung benannt. Diese Anforderung konnte daher durch einfaches Lesen der Bekanntmachung erkannt werden.
In rechtlicher Hinsicht hat sich zu dieser Problematik bereits in der Zeit vor der Vergaberechtsreform 2016 eine gefestigte Rechtsprechung entwickelt, die aufgrund der intensiven Erörterung und Auseinandersetzung mit dem Thema in der Rechtsprechung grundsätzlich von einer Erkennbarkeit im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB a.F. ausgeht,
siehe OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.11.2014 – 15 Verg 6/14, juris, Rdnr. 40; OLG München, Beschluss vom 25.7.13 – Verg 7/13, juris, Rdnr. 50; VK Bund, Beschluss vom 30.08.2013 – VK 2-70/13.
Diese Rechtsprechung hat nach Auffassung der Kammer auch nach der Vergaberechtsreform 2016 bestand, da es im Grundsatz immer noch unverändert um das ursprüngliche Thema der unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien geht,
siehe VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.12.2016 – 1 VK 50/16, juris, Rdnr. 111.
Hinzu kommt, dass für die EU VOB/A mit der Vergaberechtsreform in § 16 d EU Abs. 2 b) VOB/A ausdrücklich geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen die Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals als Zuschlagskriterium vorgesehen werden kann. Nach dem Wortlaut der Norm ist die erforderliche Voraussetzung, dass die Qualität/Erfahrung des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. In vergaberechtlicher Hinsicht sind für die Bieter nunmehr durch einfaches Lesen der Vorschrift die Grenzen einer zulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien jedenfalls in Bezug auf die Qualität/Erfahrung der für die Auftragserfüllung einzusetzenden Personen erkennbar.
Wenn die Antragstellerin, die – wie sich im Laufe der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat – durchaus über nicht unerhebliche Erfahrungen mit öffentlichen Auftragsvergaben verfügt und daher nach der obergerichtlichen Rechtsprechung auch die Problematik der unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien kennen muss, sich nun darauf beruft, dass die Voraussetzung des § 16 d EU Abs. 2 Nr. 2 b) VOB/A nicht vorliegen – mithin die Qualifikation des den Auftrag ausführenden Personals keinen erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann – hätte ihr dieser Umstand bereits im Rahmen der Angebotserstellung auffallen müssen. Denn gerade sie als an diesem Markt tätiges Unternehmen kann beurteilen, welchen Einfluss die Erfahrung des einzusetzenden Personals auf die Auftragserfüllung hat bzw. gerade nicht hat. Tiefergehende Kenntnisse im Vergaberecht waren für diese Bewertung nicht erforderlich, da es sich dabei um eine Frage handelt, deren Beantwortung allein eine Wertung im Tätigkeitsbereich des Bieters erfordert.
Die von der Antragstellerin für die gegenteilige Argumentation herangezogene Rechtsprechung des OLG München, Beschluss vom 13.03.2017 – Verg 15/16, führt zu keinem anderen Ergebnis, da der dortige Sachverhalt nicht mit dem hiesigen Sachverhalt vergleichbar ist. Zwar wurde in dem dortigen Verfahren ebenfalls die unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien gerügt. Der pauschalen und ohne nähere Begründung ausgeführten Wertung des Senats, dass die unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vertiefte Vergaberechtskenntnisse erfordern, kann aber vor dem Hintergrund der dazu bereits bestehenden, gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung nicht zugestimmt werden. Insoweit ist auch bemerkenswert, dass das OLG München die gefestigte Rechtsprechung mit entwickelt hat, in dem angesprochenen Beschluss aber ohne nähere Ausführungen davon abweicht. Zudem spielte in dem dort entschiedenen Verfahren die Neuregelung des § 16 d EU Abs. 2 Nr. 2 b) VOB/A, die nach Auffassung der Kammer die Erkennbarkeit der Problematik noch bestätigt, keine Rolle.
Der grundsätzlichen Wertung der Antragstellerin, dass eine gesetzliche Neuregelung per se vertiefte Vergaberechtskenntnisse erfordere und bereits aus diesem Grund eine Erkennbarkeit ausgeschlossen ist, vermag sich die Kammer ebenfalls nicht anzuschließen. Dieser Aspekt wird in der angesprochenen Entscheidung des OLG München nicht zur Frage einer unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sondern wegen anderer, gänzlich neuer Besonderheiten erörtert, die seit der jüngsten Vergaberechtsreform zu beachten sind.
Auch der jüngst ergangene und sich explizit mit der Vorschrift des § 12 EU Abs.2 Nr. 2 b) VOB/A beschäftigende Beschluss der VK Brandenburg, Beschluss vom 23.02.2018 – VK 1/18 – führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss der VK Brandenburg befasst sich zwar in materieller Hinsicht mit der Neuregelung, lässt aber die Frage nach der Erkennbarkeit im Sinne von § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB ausdrücklich offen.
Diesem Beschluss kann aus Sicht der Kammer jedoch entnommen werden, dass die Problematik der unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien nach wie vor Bestand hat, so dass die Einschätzung der Kammer, die hierzu bislang ergangene Rechtsprechung im Rahmen der Präklusionsregelungen fortzuführen, auch im Hinblick darauf gerechtfertigt ist.
Bereits in der Bekanntmachung war als Mindestkriterium unter Punkt III.1.2 ausdrücklich eine Haftpflichtversicherung für das Sprengereignis ohne Einschränkungen des Versicherungsschutzes um das zu sprengende Objekt gefordert. Aufgrund dieser ausdrücklichen Formulierung in der Bekanntmachung musste die Antragstellerin zu der Erkenntnis kommen, dass ihr Angebot nur Zuschlagschancen haben kann, wenn eine Versicherungsbestätigung ohne Einschränkungen vorgelegt wird. Diese Wertung drängt sich auf. Wenn dann aber, wie die Antragstellerin behauptet, aus tatsächlichen Gründen eine einschränkungslose Vorlage der Versicherungsbescheinigung nicht möglich sein soll, hätte der Antragstellerin bereits beim Lesen der Bekanntmachung klar sein müssen, dass ihr Angebot unter keinen Umständen eine Zuschlagschance hat, weil die Antragsgegnerin eine nicht erbringbare Mindestanforderung gestellt hat, die bereits aus diesem Grund nicht vergaberechtskonform sein kann. Auch diese Wertung drängt sich auf.
Nicht weiter hilft der Antragstellerin das in den Schriftsätzen und der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, dass eine einschränkungslose Versicherungsbescheinigung nicht vorgelegt werden könne, da sich bereits aus den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen bestimmte Einschränkungen des Versicherungsschutzes ergeben und der Versicherungsschutz daher niemals ohne Einschränkungen bestehe.
Da es sich bei der Antragsgegnerin um einen öffentlichen Auftraggeber handelt, greift der allgemeine Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und es besteht die Pflicht, die bestehenden Gesetze auch bei Vergabeverfahren einzuhalten. Dieser Grundsatz hat eine so tiefgehende und allgemeingültige Bedeutung, dass eine explizite Erwähnung weder in einer Auftragsbekanntmachung noch in Vergabeunterlagen oder an anderer Stelle erforderlich ist. Vielmehr ist eindeutig, dass die Antragsgegnerin nur Versicherungsbescheinigungen gefordert hat, die den gesetzlichen Vorgaben und damit auch gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen entsprechen und dass die ausdrückliche Forderung nach „ohne Einschränkung“ sich lediglich auf über die gesetzlichen Einschränkungen hinausgehenden, ihm Rahmen der Vertragsfreiheit möglichen Einschränkungen bezieht. Jedes andere Verständnis des Merkmals „ohne Einschränkung“ wäre lebensfremd.
Im Übrigen erlaubt sich die Kammer die Anmerkung, dass sie auch in tatsächlicher Hinsicht nicht davon ausgeht, dass ein einschränkungsloser Versicherungsschutz unmöglich ist. Letztlich dürfte die Frage des Versicherungsschutzes auch für typische Schadensereignisse von der Höhe der Versicherungsprämie abhängen. Nach der Vorstellung der Kammer ist nahezu jedes Risiko gegen einen entsprechenden Versicherungsbeitrag versicherbar. Ohne dass die Kammer insoweit weitere Nachforschungen angestellt hat, wurde sie in der mündlichen Verhandlung jedenfalls durch die Beigeladenen bestätigt, die davon berichtete, dass für die Einschränkungslosigkeit des Versicherungsschutzes für den streitgegenständlichen Auftrag umfangreiche Verhandlungen mit den Versicherungsunternehmen erforderlich waren.
III.
Der Nachprüfungsantrag ist, soweit zulässig, nicht begründet.
Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten verletzt, da die vergaberechtlichen Bedenken gegen das Vergabeverfahren insgesamt nicht durchgreifend sind, insbesondere der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin vergaberechtskonform erfolgte und das Angebot der Beigeladenen nicht auszuschließen war.
1. Die Antragstellerin kann nicht mit Erfolg eine mangelhafte Dokumentation der Wahl der Zuschlagskriterien geltend machen. Dabei kann es dahinstehen, ob die Dokumentation der Wahl der Zuschlagskriterien tatsächlich mangelhaft erfolgt ist und, wenn ja, ob durch die Ausführungen in den Schriftsätzen die Dokumentation nachgeholt wurde und damit eine Heilung eingetreten ist.
Entscheidend ist vielmehr, dass der Einwand gegen die Wahl der Zuschlagskriterien selbst, wie im Rahmen der Zulässigkeit ausführlich erörtert, präkludiert ist. Damit kann die Antragstellerin die unzulässige Wahl der Zuschlagskriterien der Sache nach nicht mehr angreifen und, selbst wenn der diesbezügliche Vortrag zutreffend wäre, eine mögliche Rechtsverletzung darauf nicht mehr stützen. Wegen dieser Folge ist es ihr gleichzeitig unmöglich, diesbezügliche Dokumentationsmängel geltend zu machen, da ein Nachprüfungsantrag nur dann auf eine fehlende oder mangelhafte Dokumentation gestützt werden kann, wenn sich diesbezügliche Mängel gerade auch auf die Rechtsstellung des Bieters im Vergabeverfahren kausal nachteilig ausgewirkt haben können,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03 2004 – Verg 1/04, juris, Rdnr. 12; OLG Jena, Beschluss vom 06.12.2006 – 9 Verg 8/06, juris, 26.
2. Aus den vorgenannten Gründen kann die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag auch nicht auf mangelhafte Dokumentation des Loszuschnitts/Wahl der Gesamtvergabe stützen. Die Antragstellerin hat weder in den Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung Bedenken gegen die Wahl der Gesamtvergabe an sich und die unterlassene Aufteilung des Auftrags in Lose geltend gemacht. Vielmehr hat sie ein Angebot für den Gesamtauftrag abgegeben. Vor diesem Hintergrund kann, selbst wenn die Wahl des Loszuschnitts/Gesamtvergabe – auch hinsichtlich des Inhalts - mangelhaft dokumentiert sein sollte, sich dieser Mangel für die Rechtsstellung der Antragstellerin im Vergabeverfahren nicht nachteilig ausgewirkt haben, da sie den Einwand gegen den Loszuschnitt zum jetzigen Zeitpunkt wegen Präklusion nicht mehr geltend machen könnte.
Dieser Auffassung stimmt die Kammer nicht zu. Das Problem der zeitlichen Verzögerungen bei Vergabeverfahren ist ein Problem, das ständig auftritt. Würde der Auffassung der Antragstellerin gefolgt, wäre bereits die praktische Konsequenz, dass sehr viele Vergabeverfahren allein aus diesem Grund nicht zu Ende gebracht werden könnten. Das wiederum wäre ein folgenschweres Ergebnis, da dann in diesen Fällen jedes Mal eine Neuausschreibung erforderlich wäre, die bei zu langer Dauer ggf. wieder aufzuheben wäre.
Aber auch in rechtlicher Hinsicht geht die Argumentation fehl. Die von der Antragstellerin zur Begründung herangezogene Entscheidung des BGH, Urteil vom 11.05.2009 – VII ZR 11/08, kommt gerade nicht zu dem Ergebnis, dass eine Zuschlagserteilung in einem Vergabeverfahren, bei dem die Ausführungsfristen bereits verstrichen sind, nicht mehr möglich ist. Vielmehr kommt der BGH zu dem zutreffenden Ergebnis, dass die starre Systematik des Vergaberechts die Zuschlagserteilung auch auf bereits abgelaufene Ausführungsfristen erfordert, da eine Anpassung der Fristen ebenso wie eine Anpassung der möglicherweise veränderten Preise wegen Verstoßes gegen das Nachverhandlungsverbot, das Transparenzgebot, das Gleichbehandlungsgebot sowie den Wettbewerbsgrundsatz vergaberechtlich unzulässig wäre,
siehe BGH, Urteil vom 11.05.2009 – VII ZR 11/08, juris 37 ff.
Die Zuschlagserteilung auch auf bereits abgelaufene Ausführungsfristen führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen. Einerseits gibt es im Rahmen der Vertragsdurchführung bei Bedarf Möglichkeiten zur Vertragsanpassung,
siehe BGH a.a.O., juris, Rdnr. 41 ff.
Vergaberechtlich kann sich der Bieter, so er denn meint, die angebotenen Preise nicht halten zu können, zudem schützen, in dem er einer Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist schlicht nicht zustimmt.
4. Die Antragstellerin macht ferner erfolglos einen fehlenden Sachbezug bei den Zuschlagskriterien geltend. Nach ihrer Auffassung ist der von der Antragsgegnerin festgelegte Zeitraum von 15 – 25 Jahren zur Berücksichtigung von einschlägiger Berufserfahrung des (teil-)projektleitenden Personals willkürlich gewählt, da nicht nachvollziehbar sei, dass ein (Teil-)Projektleiter der zum Beispiel über 10 Jahre Berufserfahrung verfüge, für die Auftragsausführung so ungeeignet sei, dass das Angebot insgesamt ausgeschlossen werden müsse.
Die Kammer vermag diese Willkür nicht zu erkennen.
Hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung der Zuschlagskriterien steht dem Auftraggeber ein in der Privatautonomie angesiedeltes Bestimmungsrecht zu, das einen weiten Ermessensspielraum begründet, der von den Vergabenachprüfungsinstanzen lediglich sehr eingeschränkt dahingehend überprüft werden kann, ob die Auswahlentscheidung sachlich vertretbar und diskriminierungsfrei ist,
siehe OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2016 – 15 Verg 7/16, juris, Rdnr. 34; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2005 – Verg 93/04, juris, Rdnr. 34.
Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Frist für zu berücksichtigende einschlägige Berufserfahrung mit 15 – 25 Jahre zu bemessen, nicht zu beanstanden. Es ist sachlich nachvollziehbar, dass die Antragstellerin bei der Auftragsgröße und den wegen der Auftragsart vorhandenen Sicherheitsrisiken und möglichen Auswirkungen auf unbeteiligte Dritte einschlägige Berufserfahrung beim auftragsausführenden Personal fordert. Es ist auch nicht erkennbar, dass die vorgegebene Frist von 15-25 Jahren zu einer unzulässigen Einschränkung des Bewerberkreises führt, da der Zeitraum der Frist mit 10 Jahren großzügig bemessen ist.
Dass, wie die Antragstellerin ausführt, gegebenenfalls ein Unternehmen, das lediglich projektleitendes Personal mit einer 10-jährigen einschlägigen Berufserfahrung aufweisen kann, für den Zuschlag nicht infrage kommt, führt nicht dazu, dass die gewählte Frist als sachlich unvertretbar oder diskriminierend gewertet werden kann. Es ist zwar durchaus denkbar, dass auch bereits Unternehmen mit entsprechend weniger erfahrenem Personal den Auftrag ordnungsgemäß ausführen kann. Es muss aber berücksichtigt werden, dass es keine feststehende Frist für die Berufserfahrung gibt, die für die Auftragserfüllung zwingend erfüllt sein muss. D.h., auch wenn die Antragsgegnerin sich für eine kürzere Frist zur Berücksichtigung der Berufserfahrung entschieden hätte, sähe sie sich im Zweifel dem gleichen Argument gegen ihre Wahl ausgesetzt, da geltend gemacht werden könnte, dass auch eine Frist, die noch ein Jahr oder sogar nur einen Tag weniger beträgt, noch ausreichend sein könnte.
Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass die gewählte Frist zu einer konkreten Rechtsverletzung bei der Antragstellerin führt. Es fehlt jeglicher Vortrag dazu, dass die Antragstellerin die vorgesehene Frist zur Berufserfahrung nicht vorweisen kann.
5. Die Antragstellerin kann sich ferner nicht mit Erfolg gegen ihren Angebotsausschluss wenden, da das Angebot gemäß § 16 b EU VOB/A zwingend vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen war.
a) Das Angebot der Antragstellerin war gemäß § 16 b EU VOB/A zwingend auszuschließen, da die mit dem Angebot vorgelegten Versicherungsbescheinigungen für das allgemeine Baustellengeschehen des Bietergemeinschaftsmitglieds Fa. P_____ GmbH und des eignungsleihenden Unternehmens Fa. S_____ GmbH keine Versicherung von Vermögensschäden ausgewiesen haben, obwohl dies zwingend vorgeschrieben war.
Die Antragsgegnerin hat in der Auftragsbekanntmachung unter Punkt III.1.2) ausdrücklich als Mindestanforderung die Vorlage einer Haftpflichtversicherung für das allgemeine Baustellengeschehen gefordert mit „…5 Millionen EUR Deckungssumme pauschal für sonstige Schäden (Sach- und Vermögensschäden)…“. Mit dieser Formulierung hat die Antragsgegnerin wirksam gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB i.V.m. § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A die Bescheinigung einer Betriebshaftpflichtversicherung auch für Vermögensschäden gefordert. Auch in den weiteren Vergabeunterlagen, insbesondere in der für die Versicherungsbescheinigungen maßgeblichen Anlage 2.5 wird an verschiedenen Stellen ausdrücklich zwischen Personen-, Sach- und Vermögensschäden unterschieden.
Die genannten Versicherungsbescheinigungen der Fa. P_____ GmbH und der Fa. S_____ GmbH weisen jedoch beide lediglich Deckungssummen aus, die zwar der Höhe nach ausreichend sind, aber lediglich für „Personen- und Sachschäden“ (Fa. P_____ GmbH) bzw. „Personen- und/oder Sachschäden“ (Fa. S_____ GmbH) bescheinigt werden. Vermögensschäden sind in den genannten Bescheinigungen an keiner Stelle erwähnt.
Die Antragstellerin hat hierzu vorgetragen, dass Vermögensschäden regelmäßig über die Betriebshaftpflichtversicherung mit abgedeckt seien und ihre Bescheinigungen aus diesem Grund ausreichend seien. Diese Auffassung teilt die Kammer nicht. Ausweislich der für alle Haftpflichtversicherungen maßgeblichen AHB 2012, dort Ziffer 1.1, besteht Versicherungsschutz für
„… einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden…“ (sog. unechter Vermögensschaden).
In Ziffer 2, 2.1 ist zusätzlich geregelt, dass
„ … Dieser Versicherungsschutz kann durch besondere Vereinbarung erweitert werden auf die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers wegen
2.1 Vermögensschäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind…“ (sog. echter Vermögensschaden).
Bereits aus der Zusammenschau von Ziffer 1.1 und 2.1 wird deutlich das ein umfassender Schutz von Vermögensschäden gerade nicht regelmäßiger Bestandteil der gesetzlichen Haftpflichtversicherung ist sondern gesondert vereinbart werden muss.
Genau diesen umfassenden Versicherungsschutz hat die Antragsgegnerin auch verlangt, da sie den Versicherungsschutz für Vermögensschäden pauschal formuliert hat und gerade keine Einschränkung auf den Schutz unechter Vermögensschäden im Sinne der Ziffer 1.1 der AHB oder eine Ausklammerung von echten Vermögensschäden im Sinne der Ziffer 2.1 aufgenommen hat. Hätte sie eine derartige Einschränkung auf unechte Vermögensschäden gewollt, hätte sie den Vermögensschaden überhaupt nicht separat erwähnen müssen, da dieser bereits regelmäßiger Bestandteil der gesetzlichen Haftpflichtversicherung ist.
Dass die Antragstellerin dazu vorträgt, dieser umfassende Versicherungsschutz auch für echte Vermögensschäden sei für Aufträge dieser Art ungewöhnlich und ein Schadensfall für einen echten Vermögensschaden schwer vorstellbar, hilft nicht weiter. Denn zur Frage, welche Eignungsanforderungen die Antragsgegnerin aufstellt, steht der Antragsgegnerin ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der sich gerade nicht darauf überprüfen lässt, ob ein Eignungskriterium sinnhaft ist oder die Forderung eines anderen Eignungskriteriums mehr Sinn macht. Die rechtlichen Grenzen sind gemäß § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB vielmehr, dass das Eignungskriterium mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in angemessenem Verhältnis. An diesen Voraussetzungen hat die Kammer keinen Zweifel.
Vorliegend entscheidend ist aus Sicht der Kammer, dass die Antragsgegnerin einen Versicherungsschutz für Vermögensschäden verlangt hat, der in keiner Weise dem Wortlaut nach eingeschränkt ist oder zwischen unterschiedlichen Schadensarten differenziert. Diesen Umstand hätte die Antragstellerin erkennen können und müssen.
Da die in Rede stehenden Versicherungsbescheinigungen mit keinem Wort den Schutz eines Vermögensschadens erwähnen, erfüllen sie die Mindestanforderungen nicht.
Die Bescheinigungen waren insoweit auch eindeutig formuliert, so dass weiterer Aufklärungsbedarf im Sinne von § 15 EU VOB/A nicht bestand.
b) Darüber hinaus war das Angebot der Antragstellerin auch zwingend gemäß § 16 b EU VOB/A auszuschließen, da die Versicherungsbescheinigung der S_____ GmbH für das Sprengereignis einen Ausschluss des Versicherungsschutzes wegen Schäden durch Staubentwicklung sowie Schäden an Gebäuden/Bauwerken/Leitungen, die durch Überschreitung der Grenzwerte für Aufprallerschütterungen entstehen, ausweist, obwohl in der Auftragsbekanntmachung als Mindestanforderung eine Versicherungsbescheinigung für das Sprengereignis ohne Einschränkung verlangt war.
Die Forderung einer einschränkungslosen Versicherungsbescheinigung für das Sprengereignis als Mindestanforderung ist wirksam gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB i.V.m. § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A in der Auftragsbekanntmachung aufgestellt worden.
Unstreitig enthält die Versicherungsbescheinigung der S_____ GmbH Einschränkungen des Versicherungsschutzes für das Sprengereignis. Damit sind die Mindestanforderungen nicht erfüllt und das Angebot musste zwingend gemäß § 16 b EU VOB/A wegen fehlender Eignung vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Soweit die Antragstellerin dazu vorträgt, dass die Vorlage der Bescheinigung unmöglich sei, kann sie sich darauf wegen der bereits zuvor festgestellten Präklusion nicht berufen.
c) Obwohl es darauf im Ergebnis nicht mehr ankommt, kann die Antragsgegnerin den Angebotsausschluss jedoch nicht auf eine fehlende Zweifachmaximierung in der Versicherungsbescheinigung für das Bietergemeinschaftsmitglied C_____ stützen, da diese Anforderung nicht als Mindestanforderung in der Bekanntmachung gem. § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB i.V.m. § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A festgelegt wurde.
Die Forderung der Zweifachmaximierung ist ausschließlich in der Anlage 2.5 der Vergabeunterlagen ausgewiesen. Diese Konkretisierung – wie es die Antragsgegnerin nennt – in den Vergabeunterlagen ist für einen Angebotsausschluss jedoch nicht ausreichend, da der Zweck der gesetzlichen Regelungen des § 122 ABs. 4 Satz 2 GWB i.V.m. § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A, dass ein Bieter bereits anhand der Angaben in der Auftragsbekanntmachung entscheiden kann, an einer Ausschreibung teilnehmen zu können oder zu wollen, damit nicht erreicht wird,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – Verg 24/18, juris, Rdnr. 55.
d) Da es im Ergebnis auf die Frage der Vergleichbarkeit der Referenz der Firma C_____ für bereits erbrachte Sanierungsleistungen nicht mehr ankommt, musste die Kammer diesen Streitpunkt nicht entscheiden, da eine Rechtsverletzung der Antragstellerin selbst bei Durchgreifen ihrer Einwände ausgeschlossen ist.
6. Letztlich war auch das Angebot der Beigeladenen nicht auszuschließen.
a) Die Antragstellerin hat zunächst vorgetragen, das Angebot der Beigeladenen sei ebenfalls zwingend wegen Vorlage nicht einschränkungsloser Versicherungsbescheinigungen auszuschließen, da es schon wegen der gesetzlichen Vorgaben zwingende Einschränkungen im Versicherungsschutz gebe und damit bereits aus diesem Grund die geforderten Mindestanforderungen nicht erfüllt seien.
Diese Annahme ist nicht zutreffend. Wie bereits zuvor im Rahmen der Ausführungen zur Zulässigkeit und dort zur Präklusion dargestellt, meint die Forderung nach einer einschränkungslosen Versicherungsbescheinigung eindeutig eine Versicherungsbescheinigung, die abgesehen von den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen keine weiteren, vertraglich vereinbarten Einschränkungen enthält.
Die Kammer hat die entsprechende Versicherungsbescheinigungen der Beigeladenen in Augenschein genommen und festgestellt, dass der Versicherungsschutz jeweils ohne inhaltliche Einschränkungen gewährt wird. Diesbezüglich hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung zudem erläutert, dass bei ihr – im Gegensatz zur Antragstellerin – in Bezug auf das Sprengereignis auch Schäden durch Staubentwicklungen nicht pauschal vom Versicherungsschutz ausgenommen seien, dieses Ergebnis aber einiger Verhandlungen mit dem Versicherer erfordert hätte.
b) Das Angebot der Beigeladenen war auch nicht wegen im Übrigen mangelhafter Versicherungsbescheinigungen des Nachunternehmers R_____ oder der B_____ GmbH auszuschließen.
aa) In Bezug auf die Versicherungsbescheinigung der R_____ ist zunächst unstreitig, dass die von der Beigeladenen mit ihrem Angebot vorgelegte Versicherungsbestätigung für die allgemeine Betriebshaftpflichtversicherung dem Wortlaut nach lediglich Personen- und sonstige Sachschäden abdeckt und damit die Anforderungen aus Punkt III.1.2) aus der Bekanntmachung hinsichtlich der geforderten Abdeckung von Vermögensschäden nicht erfüllt. Die Firma R_____ wird allerdings vorliegend nicht als eignungsleihendes Unternehmen herangezogen, sondern soll als einfacher Nachunternehmer eingesetzt werden. Dies hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung und auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 8.4.19 mitgeteilt. Dass eine Eignungsleihe nicht vorliegt, ist auch aus den von der Beigeladenen mit dem Angebot vorgelegten und von der Kammer gesichteten Eignungsnachweisen erkennbar, da alle erforderlichen Eignungsanforderungen von der Beigeladenen selbst sowie dem als Eignungsleiher für die Sprengung herangezogenen Unternehmen B_____ GmbH erfüllt werden.
(a) Ein zwingender Ausschluss gemäß § 16 b EU VOB/A wegen nicht erfüllter Mindestanforderungen an die Eignung, wie es für das Angebot der Antragstellerin vorzunehmen war, scheidet unter diesen Umständen bereits aus dem Grund aus, dass in der Auftragsbekanntmachung kein Mindestkriterium aufgenommen wurde, das die Pflicht des Bieters zur Vorlage einer Versicherungsbescheinigung zum Nachweis der Eignung seines Nachunternehmers für das allgemeine Baustellengeschehen vorsieht.
Unter Punkt III.1.2) der Bekanntmachung ist ausführlich angegeben, welche Eignungsnachweise als Mindestkriterien entweder vom Bieter/Bietergemeinschaft selbst oder aber im Falle der Eignungsleihe vom eignungsleihenden Unternehmen erfüllt werden müssen. In der Auflistung finden sich jedoch keinerlei Vorgaben, die in Bezug auf die Eignung eines Nachunternehmers im Falle eines Nachunternehmereinsatzes erfüllt sein müssen. Diese finden sich erst in Anlage 2.8 der Vergabeunterlagen.
Damit ist ein Ausschluss wegen Nichterfüllens zwingender Eignungsanforderungen in Bezug auf den vorgesehenen Nachunternehmer ausgeschlossen, da die erforderlichen Angaben in der Auftragsbekanntmachung fehlen und die Anforderung damit nicht wirksam gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB aufgestellt und die Nachweise nicht wirksam gefordert sind,
Vergaberechtlich kann zudem nicht beanstandet werden, dass die Antragsgegnerin in der Auftragsbekanntmachung keinerlei Vorgaben in Bezug auf Eignungsanforderungen /-nachweise für Nachunternehmer aufgenommen hat. Für den Auftraggeber besteht keine Pflicht, die Eignungsprüfung auf die vom Bieter vorgesehenen Nachunternehmer zu erstrecken. Der Vergabestelle steht hinsichtlich der Tiefe der Eignungsprüfung ein Beurteilungsspielraum zu, der dazu führt, dass eine Verpflichtung zur umfassenden Eignungsprüfung von Nachunternehmern oder sogar einer Nachunternehmerkette nur besteht, wenn der Bieter die vom Auftraggeber aufgestellten Eignungsanforderung nicht ohne Rückgriff auf die von ihm vorgesehenen Unterauftragnehmer erfüllen kann, da es sich dann um den Fall der Eignungsleihe handelt,
siehe Opiz in: Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar, Band 1: GWB 4. Teil, beck-online, § 122, Rdnr. 40.
Im Übrigen gilt, dass wenn der Auftraggeber die Eignung von Nachunternehmern prüft, sich diese Prüfung lediglich auf die vom Nachunternehmer zu erbringenden Leistungsteile bezieht,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2011 – Verg 60/11, juris, Rdnr. 29; Opiz a.a.O.;
(b) Dass die Beigeladene eine inhaltlich unzulängliche Versicherungsbestätigung für ihren Nachunternehmer bereits mit Angebotsabgabe vorgelegt hat, ist im Übrigen unschädlich.
Die für den Nachunternehmereinsatz allein maßgeblichen Vorgaben finden sich in Anlage 2.8 der Vergabeunterlagen. Darin hat die Antragsgegnerin ausdrücklich festgelegt, dass Bieter mit Angebotsabgabe zwar anzugeben hatten, ob Nachunternehmer überhaupt zum Einsatz kommen sollen und wenn ja, welche Leistungen nach Art und Umfang von Nachunternehmern erbracht werden sollen. Diese Angaben hat die Beigeladene ordnungsgemäß gemacht.
Darüber hinaus war ausdrücklich vorgegeben, dass eine namentliche Benennung von Nachunternehmern ebenso wie die Vorlage der im Rahmen der Bekanntmachung geforderten Erklärungen/Nachweise nur auf gesonderte Nachforderung des Auftraggebers erfolgen sollte.
Ein Nachforderungsverlangen hat die Antragsgegnerin aber ausweislich der Vergabeakte und ihrem eigenen Vortrag nie gestellt. An der sozusagen in vorauseilendem Gehorsam übersandten Versicherungsbestätigung der R_____, die inhaltlich jedoch nicht ausreichend war, muss die Beigeladene sich nicht festhalten lassen. Da die Vorlage der Bescheinigung nicht zwingend mit Angebotsabgabe gefordert war (s.o.), hätte die Antragsgegnerin zur Prüfung der Eignung der Nachunternehmerin die entsprechende Erklärung - entsprechend ihrer Vorgaben in den Vergabeunterlagen – ohne weiteres nachfordern können. Die Kammer schließt sich insoweit der inhaltlich zutreffenden Rechtsprechung des OLG Düsseldorf an,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.2009 – Verg 41/09, juris, Rdnr. 34.
Zwar hat die Antragsgegnerin die Vorlage der Bescheinigung bis heute nicht gefordert, aber die Beigeladene hat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 8.4.19 unaufgefordert eine inhaltlich ausreichende Versicherungsbescheinigung für die Nachunternehmerin vorgelegt. Damit sind die diesbezüglichen Zweifel an der Eignung der Nachunternehmerin ausgeräumt.
Im Übrigen würde eine fehlende Eignung des einzusetzenden Nachunternehmers nicht zum Angebotsausschluss führen, sondern eine Pflicht zum Austausch des Nachunternehmers gemäß § 6 d EU Abs. 1 Satz 4 VOB/A begründen.
bb) Das Angebot der Beigeladenen war ferner nicht wegen Mängeln in der Versicherungsbescheinigung des eignungsleihenden Unternehmens B_____ GmbH auszuschließen.
(a) Die Bedenken der Antragstellerin, die Versicherungsbestätigung für die B_____ GmbH sei lediglich für ein „Bauvorhaben“ erstellt worden und nicht für die Sprengung des bezeichneten Gebäudes, sind unbegründet. Die Kammer hat Einsicht in die Vergabeakte genommen. In der Vergabeakte ist ein Schriftstück (Blatt 243 der Vergabeakte) enthalten, in dem die Versicherung ausdrücklich bestätigt, dass die Versicherungsbestätigung eine Sprengversicherung ist und für das Sprengunternehmen erteilt wird.
Der Antragstellerin wurde dieses Schriftstück wegen entgegenstehender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Rahmen der Akteneinsicht nicht zugänglich gemacht.
(b) Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass die Formulierung in der Bescheinigung „… sind wir im Falle der Auftragsvergabe vorbehaltlich der Einigung über Beitrag und Konditionen bereit, …“ keine, wie von der Antragstellerin in der Auftragsbekanntmachung geforderte, einschränkungslose Versicherungsbescheinigung darstelle, ist diese Annahme ebenfalls unberechtigt. Die Antragsgegnerin ist der aufgeworfenen Frage ausweislich der Anlage 9 zum Vergabevermerk nachgegangen. Der diesbezügliche Teil der Anlage 9 des Vergabevermerks wurde der Antragstellerin wegen entgegenstehender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Rahmen der Akteneinsicht ebenfalls nicht zugänglich gemacht.
Ausweislich des Vergabevermerks konnte die Antragsgegnerin anhand der vorgelegten Erklärung nicht – auch nicht im Wege der Auslegung - eindeutig feststellen, ob mit der in Rede stehenden Erklärung eine unzulässige Einschränkung des Versicherungsschutzes bescheinigt wurde. Aus diesem Grund hat die Antragsgegnerin im Wege der Aufklärung die Beigeladene dazu aufgefordert, mitzuteilen,
„dass die von uns (dem Sprengunternehmen, Anm. der Kammer) nachgewiesene Versicherung für das Sprengunternehmen und die Sprengversicherung im Auftragsfalle uneingeschränkt und unmittelbar zur Verfügung steht und von keinen weiteren Bedingungen abhängig ist. (Bitte ankreuzen)“
Diese Bestätigung wurde sowohl von dem Sprengunternehmen selbst als auch von dessen Versicherer gegeben (Blatt 207 und 243 der Vergabeakte).
Dieses Vorgehen der Antragstellerin ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
Einerseits hat die Versicherung mit der abgegebenen Erklärung bescheinigt, den geforderten Versicherungsschutz einschränkungslos mit den genannten Deckungssummen zu gewähren. Andererseits anderseits gibt es die Information, dass die Versicherung unter der Bedingung der Einigung über Prämien und Bedingungen steht. Ob und inwieweit die Einigung über Prämien und Bedingungen bereits erzielt ist, war nicht erkennbar.
Die Versicherung hat damit mitgeteilt, dass grundsätzlich ein einschränkungsloser Versicherungsschutz im Auftragsfall gewährt werden kann, wenn die entsprechende Einigung erzielt wird. Genau diese Form und dieser Inhalt war auch gemäß der Auftragsbekanntmachung, dort Ziffer III.1.2) gefordert, wenn es dort heißt:
Aufgrund dieser Formulierung war aus Sicht der Kammer noch nicht einmal erforderlich, dass die Antragsgegnerin sich bestätigen lässt, dass der Versicherungsschutz unbedingt, unmittelbar und einschränkungslos erfolgen wird.
Aus diesem Grund kann auch das Aufklärungsgesuch der Antragsgegnerin, das im Ergebnis auch nicht zu einer Nachbesserung des Angebots geführt hat, vergaberechtlich nicht beanstandet werden.
(c) Die Antragstellerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Angebot der Beigeladenen wegen einer fehlenden Zweifachmaximierung in der Versicherungsbestätigung der B_____ GmbH auszuschließen ist. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer 5 lit. c) verwiesen. Ein Ausschluss ist mangels wirksamer Festlegung der entsprechenden Eignungsanforderung als Mindestkriterium in der Auftragsbekanntmachung ausgeschlossen.
Im Übrigen hat die Antragsgegnerin in der Anlage 9 zum Vergabevermerk nachvollziehbar ausgeführt, dass die Bescheinigung trotz der ausdrücklichen Einfachmaximierung den durch die (nicht wirksam) geforderte Zweifachmaximierung gewünschten Zweck, dass gesichert ist, dass die Versicherungssumme für dieses Vorhaben zur Verfügung steht und nicht schon von einem anderen Schadensereignis „verbraucht“ wurde, erreicht wird, da die Versicherung objektbezogen bescheinigt wird.
(d) Auch das Argument der fehlenden Einschränkungslosigkeit in Bezug auf Schäden durch Asbest und die Vorlage der AVB 2010 der VHV führen zu keinem anderen Ergebnis.
In dem bereits zuvor zitierten Schriftstück in der Vergabeakte (Blatt 243 der Vergabeakte) bestätigt die VHV Versicherung ausdrücklich einen einschränkungslosen Versicherungsschutz. Noch ausdrücklicher kann die Einschränkungslosigkeit nicht mitgeteilt werden.
Im Übrigen dürften die von der Antragstellerin vorgelegten allgemeinen Versicherungsbedingungen der VHV veraltet sein. Jedenfalls hat eine Recherche der Kammer im Internet ergeben, dass die VHV Versicherung seit 2014 ausdrücklich eine Betriebshaftpflichtversicherung auch für Schäden durch Asbest anbietet. Ein Ausschluss für Schäden durch Asbest durch die AVB ist somit nicht zwingend.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
1. Die Antragstellerin trägt gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten des Nachprüfungsverfahrens, weil sie unterlegen ist.
Die Höhe der Gebühren für diesen Beschluss bestimmt sich gem. § 182 Abs. 2 GWB nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes der Nachprüfung. Der Gebührenrahmen wurde vom Gesetzgeber für den Regelfall auf 2.500,00 € bis 50.000,00 € festgesetzt. Die Vergabekammern des Bundes haben eine Gebührenstaffel erarbeitet, die die Vergabekammern der Länder im Interesse einer bundeseinheitlichen Handhabung übernommen haben. Danach orientiert sich die Gebühr der Vergabekammer an der Bruttoangebotssumme der Antragstellerin als dem für die Bewertung maßgeblichen wirtschaftlichen Interesse am Rechtsstreit. Ausgehend von einem Angebotspreis von … € ergibt sich eine Gebühr von … €.
2. Die Pflicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin folgt aus § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.
3. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind gemäß § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB erstattungsfähig, soweit die Vergabekammer sie aus Gründen der Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt.
Es entspricht billigem Ermessen, dass ein erfolgloser Antragsteller die notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen trägt, wenn dieser sich aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt und ein Interessengegensatz zum Antragsteller besteht, ohne dass es dabei auf eine förmliche Antragstellung des Beigeladenen ankommt,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2012, a.a.O., Rdnr. 7 f.
Vorliegend besteht hinsichtlich der Beigeladenen ein Interessengegensatz zur Antragstellerin, da die Antragstellerin behauptet, auch das Angebot der Beigeladenen sei vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
Die Beigeladene ist dieser Auffassung der Antragstellerin sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten und hat einen entsprechenden Antrag auf Zurückweisung des Nachprüfungsantrags gestellt.
Da die Antragstellerin insoweit im Nachprüfungsverfahren jedoch unterlegen ist, ist die Belastung der Antragstellerin mit den notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen gerechtfertigt,
siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 – Verg 16/11, juris, Rdnr. 71.
4. Die Hinzuziehung von Bevollmächtigten durch die Verfahrensbeteiligten war angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten in dem Verfahren notwendig.
V.
Gegen diese Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig.
Sie ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Absatz 4 ZPO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).
Hinweis: Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de sowie auf der Internetseite www.justiz.nrw.de.
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten.