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  • 18.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217418

    Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 08.07.2020 – 12 U 74/19

    Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis aller Umstände, die einen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB begründen, setzt voraus, dass der Ausgleichsberechtigte Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis von den Umständen hat, die einen Anspruch des Gläubigers gegen den Ausgleichsverpflichteten begründen, von denjenigen, die einen Anspruch des Gläubigers gegen ihn selbst begründen, von denjenigen, die das Gesamtschuldverhältnis begründen, und schließlich von den Umständen, die im Innenverhältnis eine Ausgleichspflicht begründen (vgl. BGH, NJW 2010, S. 60 ff. Rn. 21).

    Die Rüge von Mangelsymptomen allein begründet nicht die grob fahrlässige Unkenntnis eines Baubeteiligten von den eine Haftung begründenden Tatsachen. Dazu ist auch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Mangelursache erforderlich. Erst wenn bei einem Baubeteiligten die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Mangelursachen vorliegt, kann dieser erkennen, ob er selbst für den Mangel haftet und/oder ein anderer Baubeteiligter.


    Oberlandesgericht Hamm


    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 02.05.2019 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg teilweise abgeändert und neu gefasst.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 86.164,47 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2016 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 21 % der Klägerin und zu 79 % der Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Parteien dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 110.000,00 € festgesetzt.

    1

    Gründe:

    2

    A.

    3

    Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Gesamtschuldnerausgleich aus übergegangenem Recht.

    4

    Die bei der Klägerin versicherte Planungsgesellschaft (im Weiteren: Versicherungsnehmerin der Klägerin) wurde von der Stadt P - unter Einbeziehung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) - mit der Durchführung des Bauvorhabens „T-Bad P“ (später „Bad AquaP“) beauftragt. Die Beklagte erhielt im Rahmen dieses Bauvorhabens den Auftrag zur Durchführung sämtlicher Estrich- und Fliesenarbeiten. Hierzu beauftragte sie ihrerseits unter anderem den Streitverkündeten.

    5

    Im Zuge der Arbeiten wurden von der Versicherungsnehmerin der Klägerin gegenüber der Beklagten mehrere Mängel gerügt, die im Abnahmeprotokoll vom 25.07.2008 und im Begehungsprotokoll vom 10.07.2012 festgehalten wurden und von einem Vertreter der Beklagten unterschrieben worden sind. Im Anschluss daran fanden Erörterungen bezüglich eines Termins zur Mangelbeseitigung statt, zu dem es letztlich aber nicht mehr kam.

    6

    Aufgrund der Mängel wurde die Versicherungsnehmerin der Klägerin durch den Bauherrn in Anspruch genommen. Der Bauherr leitete zunächst beim Landgericht Arnsberg ein selbständiges Beweisverfahren ein. In diesem verkündete die Versicherungsnehmerin der Klägerin der Beklagten mit Schriftsatz vom 04.11.2013, zugestellt am 09.11.2013, den Streit. In der Folge trat die Beklagte dem selbständigen Beweisverfahren auf Seiten der Versicherungsnehmerin der Klägerin bei. In dem selbständigen Beweisverfahren wurde der Sachverständige M mit der Begutachtung der Mängel beauftragt. In dem sich anschließenden Klageverfahren trat die Beklagte dem Rechtsstreit auf Seiten des Bauherrn bei. Durch Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 10.11.2016 wurde die Versicherungsnehmerin der Klägerin zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 127.651,07 € nebst Zinsen verurteilt. Die Klägerin leistete eine entsprechende Schadensersatzzahlung an den Bauherrn.

    7

    Streitig ist zwischen den Parteien, ob und zu welcher Quote die Mängel auf Planungsfehlern der Architekten oder auf Ausführungsfehlern der Beklagten beruhen, sowie, ob potenzielle Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte verjährt sind. Die Klägerin geht von einer Haftung ihrer Versicherungsnehmerin von 20 % aus und forderte mit Schreiben vom 02.12.2016 erfolglos von der Beklagten die Zahlung von 80 % des geleisteten Schadensersatzes.

    8

    Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung von 102.120,86 € nebst Zinsen sowie die Feststellung geltend gemacht, dass die Beklagte verpflichtet sei, alle weiteren Schäden zu 80 % zu ersetzen, die der Klägerin aus dem Regressanspruch des Bauherrn betreffend das Bauvorhaben Bad AquaP aus der Sanierung der Fliesenschäden - mit Ausnahme des Bereichs am Sportbecken - noch entstehen werden, und die Klägerin von Ansprüchen des Bauherrn freizustellen.

    9

    Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Ansprüche gegenüber der Beklagten seien nicht verjährt. Die Verjährung sei durch die Streitverkündung gehemmt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährung noch nicht eingetreten gewesen, da die Mängel zum Teil im Abnahmeprotokoll vorbehalten und innerhalb der Verjährungsfrist gerügt worden seien. Erst durch das selbstständige Beweisverfahren habe die sichere Kenntnis von der gesamtschuldnerischen Haftung vorgelegen. Im Übrigen hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die Beklagte treffe das überwiegende Verschulden an den Mängeln, aufgrund derer sie gegenüber dem damaligen Bauherrn Regress geleistet habe. So habe die Beklagte auf etwaige Planungsmängel aufgrund ihrer besonderen Qualifikation als Fachunternehmen hinweisen müssen. Weiter beruhten einige der Mängel auf Ausführungsfehlern der Beklagten. Hinsichtlich dieser Ausführungsfehler sei der Klägerin kein Überwachungsfehler anzurechnen. Hierbei handele es sich um handwerklich einfachste Tätigkeiten, welche allein in die Sphäre der Beklagten als Bauunternehmerin fielen. Im Innenverhältnis zwischen den Architekten und der Beklagten hätten die Architekten keine Aufsicht geschuldet, etwaige Aufsichtsfehler könnten der Klägerin mithin nicht angerechnet werden. Selbst bei Zugrundelegung von Planungsmängeln, welche ausdrücklich nicht vorlägen, liege die Haftungsquote des ausführenden Unternehmens bei mindestens 50 %.

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    Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Dazu hat sie die Ansicht vertreten, die Verjährungsfrist habe bereits im Jahr 2008 mit der Abnahme zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt der Streitverkündung im Vorverfahren sei die Forderung des Bauherrn gegen sie bereits verjährt gewesen. Für die Mängel sei die Beklagte nicht verantwortlich, da diese im Bereich der Planung lägen und sich ihr Aufgabengebiet auf die Ausführung der nach den Plänen geschuldeten Tätigkeiten beschränkt habe.

    11

    In den Feststellungen des vorherigen Verfahrens vor dem Landgericht Arnsberg, das rechtskräftig und in diesem Verfahren bindend sei, sei die Ursache für die Mängel in Planungsfehlern gesehen worden und ihr somit nicht anzulasten. Die Pläne seien laut Angaben des Sachverständigen insbesondere nicht detailliert genug gewesen. So sei aufgrund der Komplexität und der Schwierigkeit des Bauvorhabens eine Detailplanung erforderlich gewesen, welche die Versicherungsnehmerin der Klägerin nicht geleistet habe. Dies betreffe vor allem die Fugenbreiten für vermeintliche Dehnungsfugen, die im Leistungsverzeichnis nicht aufgeführt worden seien. Ausführungsfehler hätten hingegen nicht vorgelegen. Eine Hinweispflicht auf die Ungeeignetheit der Pläne habe nicht bestanden, da die Beklagte diese Pläne zum einen nicht bekommen habe, zum anderen habe sie auch bei unterstellter Einsichtnahme in die Pläne nicht auf eine Mangelhaftigkeit hinweisen müssen; dies sei vielmehr Sache des Planungsbüros. In den erfolgten Mangelbeseitigungsarbeiten sei kein Anerkenntnis zu sehen, da die Mangelursachen gänzlich unbekannt gewesen seien und sich die Arbeiten auf die Beseitigung der gerügten Erscheinungen beschränkt hätten. Soweit hinsichtlich der Ausführungsfehler das Vorhandensein von Mörtelresten gerügt werde, werde bestritten, dass diese schadensursächlich gewesen seien. Hinsichtlich der Fugenbreiten und Fugenausbildung seien aussagefähige Angaben weder im Leistungsverzeichnis noch in den Plänen ersichtlich gewesen. Bezogen auf das Gefälle und den Estrich habe die Beklagte das Leistungsverzeichnis umgesetzt, das allerdings so nicht habe geplant werden dürfen. Die Profile seien von ihr nur wie ausgeschrieben geliefert und eingebaut worden, Mängelrügen des Bauherrn wegen der Profile habe es gegenüber der Beklagten nicht gegeben.

    12

    Die Beklagte hat im Übrigen gemeint, die Klägerin hafte zu 100 %. Sofern eine Verletzung der Hinweispflicht anzunehmen sei, wäre diese mit 5 bis 10 % anzusetzen.

    13

    Das Landgericht hat die Akten des selbständigen Beweisverfahrens und des Rechtsstreits zwischen dem Bauherrn und der Versicherungsnehmerin der Klägerin beigezogen. Sodann hat es die Klage abgewiesen. Unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen des von der Klägerin begehrten Anspruchs, sei die Beklagte wegen Eintritts der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Dies gelte sowohl hinsichtlich des eigenständigen Anspruchs aus § 426 Abs. 1 BGB als auch hinsichtlich des übergeleiteten Anspruchs aus § 426 Abs. 2 BGB. Die Klägerin habe gegen die Beklagte aufgrund der wirksam erhobenen Einrede der Verjährung keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung von 102.120,86 € aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG, § 426 Abs. 1 BGB.

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    Der Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB entstehe bereits mit der Begründung der Gesamtschuld, nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers. Die Begründung der Gesamtschuld erfolge mit der Entstehung von Schadensersatzansprüchen des Bauherrn gemäß § 634 f. BGB, welche mit der baulichen Verwirklichung der fehlerhaften Planung entstünden. Im Übrigen gelte für den Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren. Diese Frist beginne gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlange oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsse. Gemäß diesen Maßstäben sei der Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB im Jahr 2008 mit der Abnahme entstanden und mit dem Schluss des Jahres 2011 verjährt. Insoweit sei das Landgericht entgegen der Ansicht der Klägerin davon überzeugt, dass das Vorliegen der Umstände, welche das streitgegenständliche Gesamtschuldverhältnis begründet hätten, schon bei der Abnahme im Jahr 2008 mindestens ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erkannt werden müssen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei der Klägerin zur Sicherung ihrer Ansprüche die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar gewesen.

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    Das Landgericht gehe davon aus, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin schon bei der Abnahme im Jahr 2008 von potentiellen Regressansprüchen gegen die Beklagte hätte wissen müssen. Im Abnahmeprotokoll vom 10.07.2008 seien bereits erhebliche Teile der Mängel aufgenommen, wegen derer die Versicherungsnehmerin der Klägerin später in Anspruch genommen worden sei. So sei bemängelt worden, dass das Gefälle in weiten Teilen zu stark sei, Mängel an der Verfugung der Wandfliesen bestünden, Löcher in den Fugen hätten festgestellt werden können oder Silikonfugen teilweise fehlten. Insbesondere werte es das Landgericht als grob fahrlässig, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin nach eigenem Vortrag allein auf die Fachkenntnis der Beklagten und die fachgerechte Umsetzung des Auftrages vertraut habe. In diesem Sinne habe die Versicherungsnehmerin der Klägerin einfachste Kontrollüberlegungen außer Betracht gelassen und ihre Pflicht zur Überwachung, die ihr nicht nur im Außenverhältnis oblegen habe, in einer besonders groben Art und Weise verletzt. Dieser Verstoß gegen die Überwachungspflichten habe sich auch in der Mangelhaftigkeit des hergestellten Werkes in kausaler Weise ausgewirkt. Die Ursache der festgestellten Mängel habe laut dem Sachverständigengutachten zwar primär in einer mangelhaften Planung gelegen. Diese wäre bei einer ordnungsgemäßen Überwachung jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entdeckt worden, sodass ohne die Überwachungspflichtverletzung von einer mangelfreien Herstellung des Werkes auszugehen sei.

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    Soweit die Klägerin anführe, sichere Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Gewerkes habe erst mit dem Vorliegen des Sachverständigengutachtens im selbstständigen Beweisverfahren vorgelegen und erst ab diesem Zeitpunkt sei ihr die Erhebung einer Feststellungsklage zur Hemmung der Verjährung zumutbar gewesen, könne sie damit nicht durchdringen. Einerseits habe ihr die Pflicht zur Überwachung der Arbeiten bewusst gewesen sein müssen und bei ordnungsgemäßer Überwachung hätte sie die Mangelhaftigkeit der Arbeiten frühzeitig erkannt. Andererseits erscheine es mit den Geboten von Treu und Glauben schlechthin unvereinbar, dass ein Unternehmer, der sich dem Risiko der Mangelhaftigkeit seines Werkes verschließe und dessen Mangel deswegen erst später zutage trete, weil der Baumangel der Bauherrin lange Zeit verborgen geblieben sei, bessergestellt werden solle als ein seine Pflichten erfüllender Unternehmer, der die Mangelhaftigkeit im Rahmen ordnungsgemäßer Überwachung frühzeitig erkenne.

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    Auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 426 Abs. 2 Satz 1, §§ 631, 633, 280 BGB in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Satz 1 VVG sei verjährt. Insoweit sei das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Anspruch mit Ablauf des 10.07.2014 verjährt sei. Für diesen Anspruch gelte gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B, deren Geltung in dem Vertrag zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und dem damaligen Bauherrn vereinbart worden sei, eine Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei Bauwerken von vier Jahren. Diese Frist beginne gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 3 VOB/B mit der Abnahme der gesamten Leistung. Im Falle eines Verlangens nach Mangelbeseitigung verjähre der Anspruch nach § 13 Abs. 5 VOB/B zwei Jahre nach Abnahme der Mangelbeseitigungsleistung.

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    Der Geltung der vereinbarten Verjährungsregelung der VOB/B stehe nicht entgegen, dass diese nicht von der Klägerin vereinbart worden sei. Es handele sich hierbei nicht um einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter. Insoweit begründe § 426 Abs. 2 BGB einen gesetzlichen Forderungsübergang, sodass für die übergegangene Forderung die §§ 412, 404 BGB gelten würden. Insoweit laufe die Verjährungsfrist ohne Rücksicht auf die Abtretung weiter und der neue Gläubiger müsse sich dies entgegenhalten lassen.

    19

    Nach diesen Maßstäben habe die Verjährungsfrist von zwei Jahren gemäß § 13 Abs. 5 VOB/B aufgrund der Rüge von Mängeln bei der Begehung am 10.07.2012 begonnen und grundsätzlich mit Ablauf des 10.07.2014 geendet. Da die Klage erst am 05.01.2017 erhoben worden sei, sei die Forderung, selbst wenn man zugunsten der Klägerin von in der Klageschrift angedeuteten einjährigen verjährungshemmenden Verhandlungen über die Ansprüche gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB ausginge, unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten verjährt. Auch die Streitverkündung der Klägerin gegenüber der Beklagten vom 04.11.2013 im selbstständigen Beweisverfahren habe den Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB nicht hemmen können. Die Streitverkündung habe vom berechtigten Gläubiger ausgehen müssen. Da es sich bei § 426 Abs. 2 BGB aber um keinen eigenen Anspruch der Klägerin sondern um eine gesetzlich angeordnete Zession handele, habe eine Streitverkündung durch die Klägerin allenfalls den eigenen Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB hemmen können, der zum Zeitpunkt der Streitverkündung allerdings nach den oben dargelegten Grundsätzen bereits verjährt gewesen sei.

    20

    Die Zustellung des angefochtenen Urteils ist am 02.05.2019 verfügt worden. Ausweislich des Ab-Vermerks der Geschäftsstelle ist es am 06.05.2019 versandt worden. Mit Telefax vom 09.05.2019 ist das Empfangsbekenntnis der Klägervertreterin beim Landgericht eingegangen, welches bei der Unterschrift der Prozessbevollmächtigten einen Eingangsstempel mit dem Datum 07.05.2019 aufweist.

    21

    Mit Schriftsatz vom 11.06.2019 - eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag - hat die Klägerin Berufung eingelegt. Auf ihren Antrag vom 08.07.2019 ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.08.2019 verlängert worden. Mit der am 08.08.2019 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Klägerin eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit sowie Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung geltend. Darüber hinaus sei der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden, da Tatsachenvortrag ignoriert worden sei und das Gericht überraschend die Klage abgewiesen habe, ohne zuvor auf die geänderte Rechtsauffassung hinzuweisen und der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

    22

    Der geltend gemachte Anspruch sei nicht verjährt. Hiervon sei auch das Landgericht in der vorherigen Besetzung ausgegangen. Eine Änderung der Rechtsauffassung sei von dem Gericht in der letzten mündlichen Verhandlung nicht geäußert worden. Nach der letzten mündlichen Verhandlung sei eine Entscheidung über die Haftungsquote, gegebenenfalls durch ergänzende Beweiserhebung zu erwarten gewesen. Die Entscheidung, die Klage abzuweisen, sei für die Klägerin überraschend gekommen, ohne dass sie die Möglichkeit gehabt habe, hierzu noch einmal Stellung zu nehmen.

    23

    Bei der Verjährung des Anspruches aus § 426 BGB sei zwischen der Verjährung des Anspruches aus § 426 Abs. 1 BGB und der Verjährung des Anspruchs aus § 426 Abs. 2 BGB zu unterscheiden. Beide Ansprüche beständen grundsätzlich unabhängig voneinander und könnten unterschiedlich verjähren.

    24

    Das Landgericht verkenne in diesem Zusammenhang, dass der Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB noch nicht verjährt sei. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass zunächst einvernehmlich vereinbart worden sei, die weitergehenden Mängelbeseitigungen im Zuge einer Revisionsphase durchführen zu lassen. Die Revisionsphase sei sodann seitens des Betreibers für April 2013 festgelegt worden. Erst kurz vor Beginn der angedachten Revisionsphase sei diese von Seiten des Betreibers in den Herbst 2013 verschoben worden. Es sei sodann ein Termin vor Ort für Anfang August vereinbart worden. Auch dieser Termin sei indes vom Betreiber verschoben und stattdessen ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet worden. Eine Mangelbeseitigung sei ausdrücklich durch die Beklagte angeboten worden. Soweit das Landgericht ausführe, die Frist beginne gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 3 VOB/B mit der Abnahme der gesamten Leistung und würde im Jahr 2012 enden, bleibe unberücksichtigt, dass die Mangelbeseitigung im Jahr 2013 habe stattfinden sollen. Ein Ablauf der Verjährungsfrist bezüglich vorbehaltener Mängel zudem noch vor Ablauf der geführten Verhandlungen, komme nicht in Betracht.

    25

    Die Ausführungen des Landgerichtes berücksichtigten nicht, dass Mängel vorbehalten worden und diese damit nicht verjährt seien sowie dass die bei der Begehung vom 10.07.2012 festgestellten und gegenüber der Beklagten geltend gemachten Mängel nicht beseitigt worden seien. Mangels Mangelbeseitigung und Abnahme der gerügten Mängel habe zum Zeitpunkt der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens nach wie vor ein Gewährleistungsanspruch für die streitgegenständlichen Mängel bestanden. Die Verjährungsfrist gemäß § 13 Abs. 5 Satz 3 VOB/B beginne erst mit Beendigung und mit Abnahme der durch den Auftragnehmer erbrachten Mängelbeseitigungsarbeiten. Sie ende nicht, wenn keine Nachabnahme stattgefunden habe. Weil die neue Verjährungsfrist nach Mangelbeseitigung eine neue, selbständige Verjährungsfrist sei, könne sie auch nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B (Quasi-Neubeginn) verlängert werden, selbst dann, wenn der die neue Verjährungsfrist auslösenden Mängelbeseitigung bereits ein schriftliches Beseitigungsverlangen vorausgegangen sei. Außerdem könne die neue Verjährungsfrist nach Mangelbeseitigung neu beginnen und auch gehemmt werden. Auch bei mehrfachen Versuchen, denselben Mangel zu beseitigen, beginne mit jeder weiteren Abnahme auch jeweils eine neue Frist nach Satz 3. Die neue Verjährungsfrist des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 3 VOB/B gelte nur für die Mängelbeseitigungsleistung. Der Umfang der von dieser neuen Verjährungsfrist erfassten Mängelansprüche erstrecke sich nach den Grundsätzen der Symptom-Rechtsprechung bei einer unvollständigen und fehlerhaften Mängelbeseitigung auf alle Mängel, die für diese Mangelerscheinungen ursächlich gewesen seien.

    26

    Darüber hinaus seien die verjährungshemmenden Verhandlungen nicht berücksichtigt. Es sei in dem Begehungsprotokoll die Mangelbeseitigung vereinbart und hiernach noch über den Zeitraum hinaus verhandelt worden. Die Klage sei zudem nicht am 05.01.2017, sondern am 23.12.2016 erhoben worden.

    27

    Im Rahmen der Streitverkündung verkenne das Landgericht, dass der Anspruch zum Zeitpunkt der Streitverkündung nicht verjährt gewesen sei. In dem vorangegangenen Beweisverfahren sei mit Zustellung der Streitverkündung am 11.11.2013 der Streit verkündet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Stadt P noch berechtigt gewesen, die Leistung von jedem Gesamtschuldner nach seinem Belieben ganz oder teilweise zu fordern. Eine Verjährung gegenüber der Beklagten sei zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten gewesen. Die Mängel seien zum Teil in dem Abnahmeprotokoll vorbehalten und zudem innerhalb der Verjährungsfrist gerügt worden. Eine Nachabnahme der gerügten Mängel habe nicht stattgefunden. Darüber hinaus habe die Beklagte durch die Versuche der Beseitigung der Mängel diese anerkannt. Erst mit der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens sei die zuverlässige Kenntnis von der gesamtschuldnerischen Haftung gegeben gewesen. Hierdurch werde die Verjährung des Ausgleichsanspruchs gehemmt und der Bauunternehmer müsse sich das Ergebnis des Erstprozesses entgegenhalten lassen. Zu dem Zeitpunkt der Streitverkündung sei frühestens, eigentlich jedoch erst nach Vorlage des ersten Gutachtens, die erforderliche Kenntnis aller den Ausgleichsanspruch betreffenden Umstände, vorhanden gewesen.

    28

    Unabhängig von einer Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen sei der Ausgleichsanspruch durch die Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren im September 2013 sowie weiter durch die Streitverkündung in dem Ende 2015 bis zum Ende 2016 geführten Klageverfahren gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB gehemmt worden.

    29

    Auch der Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB, für den die regelmäßige Verjährungsfrist gelte, sei zum Zeitpunkt der Klage noch nicht verjährt gewesen. Die Ausführungen des Landgerichtes, der Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB sei im Jahr 2008 mit der Abnahme entstanden und mit dem Schluss des Jahres 2011 verjährt, lasse unberücksichtigt, dass der Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB frühestens im Zuge der Leistungsphase 9 im Jahr 2012 entstanden sein könne. Die Ansprüche der Stadt P seien aufgrund von Mangelvorbehalten, Hemmung der Verjährung durch Verhandlung sowie der Hemmung durch das selbständige Beweis- sowie das Klageverfahren nicht verjährt und durch das Urteil des Landgerichtes Arnsberg vom 10.11.2016 festgestellt worden.

    30

    Die Verjährung beginne zudem erst, wenn der Ausgleichsberechtigte Kenntnis aller Umstände habe. Erst dann könne ihm auch die Erhebung einer Feststellungsklage zugemutet werden. Neben der subjektiven und der objektiven Komponente komme es für die Zumutbarkeit darauf an, ob sich der Ausgleichsberechtigte noch vertretbar gegen seine Haftung zur Wehr setze. Für die erforderliche Kenntnis reiche es nicht aus, den im Bauwerk zu Tage getretenen Mangel zu kennen, weil daraus nicht ohne weiteres die Kenntnis der für einen Anspruch des Bestellers gegen die Baubeteiligten notwendigen weiteren Voraussetzungen abzuleiten sein müsse. Es gehe bei der Ausgleichsklage nicht um die Mangelerscheinungen, sondern um deren Ursachen. Auch müsse vor der Entscheidung über die eigene Haftung keine Ausgleichsklage gegenüber dem Ausgleichsverpflichteten erhoben werden. Die missliche Lage im Prozess gegen den Bauherrn die Haftung zu bestreiten und im Prozess gegen den Unternehmer die eigene Haftung darzulegen, sei unzumutbar. Zumutbar sei die Streitverkündung. Von dieser Möglichkeit sei Gebrauch gemacht und damit die Verjährung gehemmt worden. Zu der Kenntnis sei zudem erforderlich, dass auch eine Haftungsquote bestimmt werden könne. Es reiche nicht aus, dass Mängel vorlägen, die Ursachen, der Umfang und insbesondere die Verantwortlichkeiten und auch die Haftungsquote noch unklar seien. Selbst wenn diese objektiven Umstände festständen, sei die Frage nicht beantwortet, ob dem Ausgleichsberechtigten eine Freistellungsklage zuzumuten sei. Das sei nur der Fall, wenn diese hinreichende Erfolgsaussichten habe. Eine riskante Klage, mit der erst wesentliche Voraussetzungen des Anspruchs geklärt werden müssten, sei nicht zuzumuten. Eine Klage gegen einen möglichen Gesamtschuldner werde regelmäßig nicht zumutbar sein, solange der Ausgleichsberechtigte vertretbar seine eigene Haftung verneine, insbesondere während eines Prozesses mit dem Gläubiger. Dem Ausgleichsberechtigten sei es nicht zuzumuten, den Ausgleichsverpflichteten auf Ausgleich in Anspruch zu nehmen, solange nicht geklärt sei, ob der Ausgleichsberechtigte tatsächlich Schuldner sei. Andernfalls käme der Ausgleichsberechtigte in die missliche Lage, dass er in dem Prozess mit dem Gläubiger seine Verantwortung bestreiten, in dem Prozess mit dem Ausgleichsverpflichteten jedoch bejahen müsse. In gleicher Weise sei eine Freistellungs- oder Feststellungsklage gegen den anderen Gesamtschuldner nicht zumutbar, wenn dessen Haftung von noch ungeklärten Voraussetzungen abhänge, zum Beispiel die Frage einer Bauaufsichtspflichtverletzung zweifelhaft sei oder die Haftung von der nach den tatbestandlichen Voraussetzungen unklaren Frage abhänge, ob und inwieweit der andere Gesamtschuldner seine Bedenken- und Hinweispflicht verletzt habe.

    31

    Dies stehe der Ansicht der Kammer entgegen, dass bereits bei der Abnahme im Jahr 2008 ohne grobe Fahrlässigkeit zur Sicherung der Ansprüche die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar gewesen sei und nicht erst mit dem Vorliegen des Gutachtens seitens des Sachverständigen M im selbständigen Beweisverfahren. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin sei zudem im Jahr 2008 sowie noch bei der Begehung im Jahr 2012, ebenso wie die Stadt P, davon ausgegangen, dass die festgestellten Mängel, wie zwischen den Parteien abgestimmt, von der Beklagten beseitigt würden. Es sei nicht nachvollziehbar, worin das Landgericht das grobe Verschulden zu erkennen vermeine, wenn die Mängel von dem Architekten aufgelistet und erkannt würden und sodann im Einvernehmen mit der Stadt P erst später beseitigt werden sollten.

    32

    Die Versicherungsnehmerin der Klägerin sei auch ihren Bauüberwachungspflichten nachgekommen. Jede Fachfirma, somit auch die Beklagte, habe Gelegenheit gehabt, sich mit der Bauleitung in Verbindung zu setzten, um eventuell fehlende substanzielle Vorgaben nachzufragen, vermeintliche Widersprüche aufzudecken und zur Klärung zu bringen. Die Gelegenheit sei von der Beklagten auch dem Grunde nach wahrgenommen worden, wie sich jedoch zeige, nicht in dem erforderlichen Umfang. Die Beklagte habe entsprechende fachliche Planungsvorgaben erhalten und sich, da kein Bedenkenhinweis erfolgt sei, offenbar ausreichend informiert gesehen. Mit der Beklagten sei bei diversen Bauvorhaben zusammengearbeitet und die Beklagte bis dato als zuverlässiges Fachunternehmen angesehen worden. Ein Bedenkenhinweis wegen unzureichender Planungsunterlagen sei von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht worden.

    33

    Bei den festgestellten Mängeln der Bewegungsfugen handele es sich um handwerkliche Fehler. So seien die Vorgaben in dem Leistungsverzeichnis nicht eingehalten worden. Darüber hinaus habe der Sachverständige weitere handwerkliche Fehler festgestellt. Die Beklagte habe die Vorgaben für das Gefälle im Zuge der Ausführung nicht exakt eingehalten sowie entsprechend der planerischen Vorgabe ausgeführt. Somit sei in der Örtlichkeit ein höheres Gefälle als eigentlich geplant entstanden. Der Wert sei jedoch akzeptiert worden, was auch im Zuge der Abnahme bereits umfänglich diskutiert und überprüft worden sei. Der Mangel sei im Jahr 2012 nicht mehr geltend gemacht worden.

    34

    Hiernach sei die Klage am 23.12.2016 in unverjährter Zeit erhoben worden.

    35

    Die Klägerin beantragt,

    36

    unter Abänderung des am 02.05.2019 verkündeten Urteils des Landgerichtes Arnsberg, Az.: I-4 O 451/16,

    37

    1.              die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 102.120,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.04.2016 zu zahlen,

    38

    2.               festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Schäden zu 80 % zu ersetzen, die der Klägerin als Versicherer der H mbH aus dem Regressanspruch der Stadt P betreffend das Bauvorhaben Bad AquaP, A 1, 00000 P aus der Sanierung der Fliesenschäden — mit Ausnahme des Bereiches am Sportbecken — noch entstehen werden und die Klägerin von den Ansprüchen der Stadt P freizustellen.

    39

    Die Beklagte beantragt,

    40

    die Berufung zurückzuweisen;

    41

    hilfsweise die Zulassung der Revision.

    42

    Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Es treffe nicht zu, dass das Urteil der Kammer überraschend ergangen sei. Auch habe das Landgericht nicht die Behauptung der Klägerin unberücksichtigt gelassen, wonach vermeintliche Mängelbeseitigungsarbeiten im Zuge der Revisionswoche durchgeführt hätten werden sollen. Insoweit habe die Beklagte bereits umfassend ausgeführt, dass die Stadt P nach einer Mängelrüge vom 09.07.2012 zu keinem Zeitpunkt verjährungshemmende Maßnahmen gegenüber der Beklagten eingeleitet habe. Das Landgericht habe daher zurecht darauf verwiesen, dass etwaige Ansprüche gemäß § 426 Abs. 2 BGB schon deshalb nicht unverjährt an die Klägerin hätten übergehen können, weil seitens des vermeintlichen Gläubigers, Stadt P, keinerlei verjährungshemmende Maßnahmen eingeleitet worden seien. Mit diesen Fragen habe sich das Landgericht im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung noch nicht auseinandersetzen müssen.

    43

    Die Klägerin verkenne, dass gegen die Beklagte ein selbständiges Beweisverfahren durch die Stadt P nicht eingeleitet worden sei. Damit seien entgegen der Ansicht der Klägerin keine verjährungshemmenden Maßnahmen seitens der Stadt P gegen die Beklagte eingeleitet worden. Auch habe die Beklagte keine Mängel anerkannt, weswegen sie ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und Präjudiz sich in der Revisionswoche einen Überblick habe verschaffen wollen.

    44

    Insoweit die Klägerin weiter ausführe, dass eine Nachabnahme aufgrund einer Mängelrüge gemäß § 13 Abs. 5 VOB/B stattfinden müsse, treffe dies nicht zu. Vielmehr setze ein gemäß § 13 Abs. 5 VOB/B erteiltes Mängelbeseitigungsverlangen eine neue Frist von zwei Jahren in Gang, die ohne jegliche Handlung von selbst auslaufe.

    45

    Hinsichtlich der Ansprüche gemäß § 426 Abs. 1 BGB gehe das Landgericht rechtsfehlerfrei von einem Beginn der Verjährung mit Feststellung vermeintlicher Mängel bereits im Jahre 2008 aus. Dass darüber hinaus ganz überwiegend Planungsfehler und Bauüberwachungsfehler vom Sachverständigen M moniert werden und dies zu Lasten der Versicherungsnehmerin der Klägerin gehe, sei ausgeführt und werde auch richtig vom Landgericht subsumiert. Die Ausführungen der Klägerin zum vermeintlichen Neubeginn nach durchgeführter Mängelbeseitigung gingen an der Sache vorbei, da unstreitig gerade keine Mängelbeseitigungsmaßnahmen durchgeführt worden seien.

    46

    Zutreffend würdige das Landgericht, dass mit der Streitverkündung allenfalls eigene Ansprüche gehemmt werden könnten. Die von der Versicherungsnehmerin der Klägerin durchgeführte Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren sei am 04.11.2013 und damit zu spät erfolgt. Die Klägerin bestätige selbst, dass die Mängel bereits im Abnahmeprotokoll vorbehalten worden seien. Damit habe die Versicherungsnehmerin der Klägerin Kenntnis von einer möglichen Inanspruchnahme bereits mit der Abnahme in 2008 gehabt.

    47

    Die Klage des Bauherrn gegenüber der Versicherungsnehmerin der Klägerin habe keinen Ausgleichsanspruch gegenüber der Beklagten hemmen können. Eine Hemmung durch Verhandlung sei nicht eingetreten. Hierzu trage die Klägerin auch nichts Substantiiertes vor.

    48

    Falsch sei die Ansicht der Klägerin, dass ein Anspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB frühestens mit der Leistungsphase 9 im Jahr 2012 habe entstehen können. Die Leistungsphase 9 beinhalte lediglich die Dokumentationen und Begleitung während der Gewährleistungsfrist. Die Bauüberwachung gemäß Leistungsphase 8 hingegen erfasse auch sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Abnahme und etwaige bei Abnahme festgestellte Mangelpositionen. Der Mangel im Bauvorhaben verwirkliche sich aber bereits während der Ausführung und damit im Rahmen der Leistungsphase 8. Dass darüber hinaus die Klägerin auch Kenntnis von einem etwaigen Mangel gehabt habe, ergebe sich aus dem Abnahmeprotokoll selbst.

    49

    Die Ausführungen der Klägerin zur Kenntnis der Versicherungsnehmerin seien unbeachtlich. Zunächst sei darauf zu verweisen, dass es gerade die Versicherungsnehmerin der Klägerin gewesen sei, welche als Bauüberwacher beauftragt gewesen sei und die allgemein anerkannten Regeln der Technik kenne und kennen müsse. Die Überwachung der Leistungen im Rahmen der Leistungsphase 8 verlange die Überprüfung der anerkannten Regeln der Technik. Wenn die Klägerin hier ihre Bauüberwachungsaufgaben nicht ordnungsgemäß und fachgerecht erfüllt habe, könne sie dies nicht zu ihrem Vorteil ausnutzen. Es liege ein Fall grober Fahrlässigkeit vor. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin sei als Architekt Sachwalter des Bauherrn und daher verpflichtet, erhöhte Aktivitäten zu entfalten, damit alle anerkannten Regeln der Technik eingehalten würden, weil dies der Bauherr aufgrund eigener fachlicher Unkenntnis nicht leisten könne. Allein die Sachwalterstellung führe zu erhöhten Aufgabenverantwortungen der Versicherungsnehmerin, weshalb sie sich hier nicht auf etwaige Unkenntnis berufen könne. Auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25.05.2012 - 13 U 146/10 - werde verwiesen. Im vorliegenden Fall sei die Versicherungsnehmerin verpflichtet gewesen, die Ausführungspläne vor Beginn der Baumaßnahme auf Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zu überprüfen.

    50

    Das Landgericht Arnsberg habe bereits im Verfahren der Stadt P gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin in der Urteilsbegründung ausgeführt, dass eine nach DIN 18560-4.4.3 erforderliche Fugenplanung des Estrichs auf Trennlage nicht vorgelegen habe und die Planung der Bewegungsfugen im Bodenbelag beim Sockeldetail gefehlt habe. Zudem habe das Landgericht Arnsberg ausgeführt, dass Fehler in der Bauüberwachung festständen, da der Sachverständige hierzu festgestellt habe, dass schadensträchtige und daher besonders zu überwachende Arbeiten vorgelegen hätten und damit eine erhöhte Überwachungsverpflichtung in Bezug auf die Ausführung der Lastenverteilungsschichten in Verbindung mit Gefälle zu den Bodenabläufen, die Abdichtungsarbeiten im Verbund und die Bewegungsfugenausbildung sowie das Belagsbett bestanden habe. Weiter habe es festgestellt, dass im Rahmen der Bauausführung eine Überprüfung der mangelhaften Planung habe stattfinden und die Mangelhaftigkeit habe erkannt werden müssen. Bei fachgerechter Bauüberwachung infolge Überprüfung der Planungsunterlagen habe also der Bauüberwacher die fehlende Bewegungsfugenplanung und die fehlerhafte Ausführung des Estrichs erkannt gehabt. Damit komme es für den Verjährungsbeginn unter Berücksichtigung der grob fahrlässigen Unkenntnis auf den Zeitpunkt der Ausführung an. Als Zeitpunkt der grob fahrlässigen Unkenntnis könne kein anderer Zeitpunkt angesetzt werden, als derjenige, zu dem dem Unternehmer eine Hinweisverpflichtung zugeordnet werde. Der Bauüberwacher sei bereits bei Baubeginn verpflichtet, die Ausführungen auf die anerkannten Regeln der Technik zu überprüfen. Dazu gehört auch die Überprüfung der Planung.

    51

    Unzutreffend sei, dass es auf einen rechtskräftigen Abschluss einer möglichen Inanspruchnahme der Versicherungsnehmerin ankäme. Da der Anspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB bereits mit der baulichen Verwirklichung der fehlerhaften Planung entstehe, könne hier nur auf die Abnahme 2008 abgestellt werden als spätesten Zeitpunkt. Damit habe die Streitverkündung keine verjährungshemmenden Maßnahmen gegenüber der Beklagten auslösen können. Die Möglichkeiten, im Wege eines Feststellungsverfahrens vorzugehen, habe die Versicherungsnehmerin bereits seit den Feststellungen im Jahr 2008 gehabt. In diesem Zusammenhang werde auf die Ausführungen des Sachverständigen M verwiesen, dass die mangelhafte Planung der Versicherungsnehmerin bereits im Zuge der Bauüberwachung habe überprüft und erkannt werden müssen, was durch das Landgericht Arnsberg im vorgenannten Urteil ausgeführt werde.

    52

    Die Ausführungen der Klägerin, dass die Beklagte wegen der Mängel neben der Versicherungsnehmerin der Klägerin hafte, seien falsch. Der Sachverständige M verweise eindeutig auf mangelhafte Planung und Bauüberwachung. Hinsichtlich der Beklagten werde lediglich die Frage gestellt, ob insoweit Bedenken hätten geäußert werden müssen, da keine ausreichende Fugenplanung vorgelegen habe und die Estrichhöhen fehlerhaft geplant worden seien. Es handele sich hier nicht um einen Fall, in dem die Beklagte eine mangelhafte Leistung erbracht habe und die Versicherungsnehmerin der Klägerin lediglich wegen mangelhafter Bauüberwachung in Anspruch genommen worden sei. Es liege der genau umgekehrte Fall vor, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin falsche Estrichhöhen geplant und keinen Fugenplan erstellt habe, was planerische Mangelhaftigkeit beinhalte. Gerade im hiesigen Fall sei sachverständigenseits festgestellt, dass es Aufgabe der Versicherungsnehmerin der Klägerin gewesen sei, während der Entstehung des Bauvorhabens die Planungen auf fachliche Richtigkeit und anerkannte Regeln der Technik zu überprüfen. Hätte die Versicherungsnehmerin dies getan, hätte sie erkannt, dass sie entgegen den anerkannten Regeln der Technik falsche Estrichhöhen geplant und einen Fugenplan nicht erstellt habe. Die Nichteinhaltung der Überwachungsverpflichtung und damit das Unterlassen könne sich die Klägerin nicht zu einem Vorteil zu Eigen machen, um damit eine vermeintliche Kenntnislage zeitlich weit hinauszuschieben. Genau das Gegenteil sei der Fall. Bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung und Überprüfung der Planung wäre der bestehende Planungsmangel bereits erkannt worden. Führe die Versicherungsnehmerin der Klägerin diese nicht aus, sei ihr mindestens fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen und damit von einer unterstellten Kenntnislage mit der Verwirklichung des Bauvorhabens auszugehen. Entgegen der Ansicht der Klägerin müssten auch Haftungsquoten nicht feststehen, da die Klägerin in der Lage gewesen wäre, im Wege der Feststellungs- oder Stufenklage vorzugehen.

    53

    Es sei nicht um handwerkliche Selbstverständlichkeiten gegangen, sondern um Planungsfehler und Verstöße gegen anerkannten Regeln der Technik im Zuge der Planerstellung, was der Sachverständige M als kausale Ursache für die eingetretenen Schäden festgestellt habe und was auch rechtskräftig festgestellt worden sei. Die Klägerin ignoriere, dass ihre Versicherungsnehmerin selbst falsche Estrichhöhen vorgegeben habe. Die Klägerin mache den Versuch, die eigenen Planungsdefizite der Beklagten anzulasten. Die Klägerin ignoriere nicht nur die planerischen Unzulänglichkeiten der Versicherungsnehmerin, sie ignoriere auch die vom Sachverständigen M festgestellten etwaigen Haftungsquoten und meine, dass das Planungsverschulden selbst wohl eher zu vernachlässigen sei.

    54

    Die Klägerin übergehe die Feststellungen sowohl im Beweissicherungsverfahren als auch im Hauptsacheverfahren der Stadt P gegen ihre Versicherungsnehmerin, in dem gerade kein ursächlich von der Beklagten zu vertretender Mangel für das Schadensbild festgestellt worden sei. Vielmehr sei festgestellt worden, dass die Ursache in der fehlerhaften Gefällefestlegung der Versicherungsnehmerin gelegen habe, die Estrichplanung in der Höhe auf Trennlage fachlich falsch vorgenommen und dies durch die Versicherungsnehmerin auch in das Leistungsverzeichnis übertragen worden sei. Hinzu komme, dass es die Versicherungsnehmerin gewesen sei, die keine Dehnungsfugen entsprechend den anerkannten Regeln der Technik geplant und ausgeschrieben habe. Etwaige Mörtelreste im Randbereich seien durch den Sachverständigen nicht als ursächlich für das festgestellte Schadensbild festgestellt worden. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte von den Vorgaben des Gefälles abgewichen sei.

    55

    In Bezug auf eine mögliche Mithaftung des Bauüberwachers komme es nicht auf das Verhältnis des Bauüberwachers zum Unternehmer, sondern zum Bauherrn an. Lediglich in einem Rechtsstreit zwischen dem Bauherrn und dem Bauüberwacher einerseits und dem Bauunternehmer andererseits, in dem auf gesamtschuldnerische Haftung geklagt werde, könne sich der Unternehmer nicht auf mangelhafte Bauüberwachung berufen, um dem Bauherrn eine Mithaftung gegenüber zu begründen. Vielmehr gehe die Rechtsprechung davon aus, dass wenn ein überwiegender Planungsfehler, wie hier geschehen, verbunden mit Bauüberwachungsfehlern zum Schaden geführt habe, sogar eine vollständige Verneinung einer Haftung des Unternehmers in Betracht komme, jedenfalls aber eine ganz überwiegende Quotierung zu Lasten des Architekten. Daher treffe nicht zu, dass für Bauüberwachungsmängel eine alleinige Haftung des Unternehmers in Betracht komme. Im vorliegenden Fall werde sogar nur von Bedenken und Hinweisen der Beklagten gesprochen, die ohnehin gleichermaßen den Bauüberwacher träfen, der bei Überprüfung der Planungsunterlagen Fehler bei der Estrichplanung und der fehlenden Fugenplanung erkannt gehabt habe.

    56

    Infolge der mangelhaften Estrichplanung scheide auch ein Innenausgleichsanspruch aus, da infolge der notwendigen Estricherneuerung, wie aus der Kostenschätzung des Sachverständigen M zu entnehmen sei, der gesamte Oberbodenbelag zu erneuern sei und damit Schäden im Fliesenbereich als Folgekosten Sowieso-Kosten seien.

    57

    Die im streitgegenständlichen Schwimmbad verlegten Flächen und Anforderungen und Dimensionierungen der Bodenflächen hätten ganz andere technische kausale Zusammenhänge als die eines Einfamilienhauses, weshalb nicht die Erfahrung beim Einfamilienhausbau greifen könne, sondern die komplexe Betrachtung eines Schwimmbadbaus. Bei Spannweiten wie unter anderem im streitgegenständlichen Foyer seien daher konkrete Kenntnisse und Berechnungen erforderlich, die der Unternehmer nicht kennen könne. Insofern habe auch der Sachverständige M darauf verwiesen, dass es für einen Handwerksbetrieb nicht erkennbar sei, ob hier Bewegungsfugen zu planen oder auszubilden seien.

    58

    Soweit eine Mithaftung der Beklagten nicht ausscheide, sei die Haftungsquote und damit Haftungsverteilung auf den Einzelfall zurückzuführen. Vorliegend gehe der ganz überwiegende Pflichtverstoß auf die mangelhafte und fehlerhafte Planung sowohl des Estrichs- als auch des Bodenbelages bezüglich der fehlenden Fugenplanung zurück. Dies sei durch das Landgericht Arnsberg zweifelsfrei festgestellt worden. Auch hier sei zu beachten, dass im Rahmen der Bauüberwachung nicht nur die Planungen zu überprüfen gewesen seien, damit in einem frühen Stadium die Kenntnis des Verstoßes gegen anerkannte Regeln der Technik erkennbar gewesen sei, sondern dass es sich auch bei Estrich- und den Bodenbelagsarbeiten um besonders technisch anspruchsvolle und damit besonders zu überwachende Arbeiten gehandelt habe. Schon aus diesem Grund müsse sich die Klägerin die mangelhafte Objektüberwachung der Versicherungsnehmerin zurechnen lassen. Jedenfalls sei der Objektüberwacher nicht berechtigt, eine Inanspruchnahme überwiegend auf den Bauunternehmer abzuwälzen. Hilfsweise sei darauf zu verweisen, dass bei einem vom Unternehmer erkannten Mangel sogar nur eine 50 %-ige Haftung in Betracht komme. Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen M sei im hier streitgegenständlichen komplexen Bauvorhaben hinsichtlich der fehlerhaften Planung keine Erkennbarkeit gegeben, da es sich hier um spezielle Anforderungen handelte, die dem Unternehmer nicht zugemutet werden könnten.

    59

    Mit Beschluss vom 20.12.2019 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Berufung wegen Versäumung der Berufungseinlegungsfrist unzulässig sein dürfte.

    60

    Hierzu trägt die Klägerin vor, das angefochtene Urteil sei am 08.05.2015 zugestellt worden. Die Zeugin U habe am 02.05.2019 und 03.05.2019 sowie erneut am 08.05.2019 um 08:52 Uhr bei dem Landgericht Arnsberg angerufen und um Mitteilung der Entscheidung gebeten, da das Urteil bis dahin nicht zugestellt worden sei. Das Empfangsbekenntnis sei am 09.05.2019 gegengezeichnet worden, da die Klägervertreterin am 08.05.2019 ganztägig nicht im Büro gewesen sei. Die Zeugin N habe am 08.05.2019 die Post gestempelt und hierbei das Stempeldatum vom Vortag verwandt. Die gesamte Post vom 08.05.2019 sei über die Zeugin, die den Stempel nicht umgestellt gehabt habe, einheitlich auf den 07.05.2019 abgestempelt worden. Das EB sei sodann gegen 09.00 Uhr versandt worden. Die kontrollierende Zeugin U, welche die Fristen notiert habe, habe die Berufungsfristen zutreffend ab dem 08.05.2019 berechnet. Als das Empfangsbekenntnis am 09.05.2019 zur Unterschrift vorgelegt worden sei, sei übersehen worden, dass das unzutreffende Stempeldatum auf dem Empfangskenntnis nicht korrigiert worden sei. Die Klägervertreterin, welche am 09.05.2019 eine Vielzahl von Schriftstücken zu unterzeichnen gehabt habe, habe lediglich die zutreffende Eintragung der Fristläufe der am Vortag eingegangenen Postläufe geprüft und hierbei nicht noch einmal das Stempeldatum überprüft. Nachdem festgestellt worden sei, dass auf dem Empfangsbekenntnis das Datum des Eingangsstempels nicht nachträglich richtiggestellt worden sei, sei ein entsprechender Aktenvermerk verfasst worden. Die Klägervertreterin habe sich am 07.05.2019 kurz im Büro befunden, wodurch auch die am 07.05.2019 anliegende Post an diesem Tage verfügt worden sei.

    61

    Dagegen ist die Beklagte der Ansicht, die Darstellung der Klägerin zum Ablauf der Zustellung des Urteils und der Unterschriftsleistung sei widersprüchlich. Der Posteingang in der Kanzlei des unterzeichnenden Anwalts sei nicht maßgeblich. Demgemäß würden üblicherweise Empfangsbekenntnisse nicht durch das Sekretariat vorgestempelt, sondern durch Anwälte nach Kenntnis des zugestellten Urteils mit Ort und Datum sowie Unterschrift versehen, um den nach allgemeinen Grundsätzen definierten Beweiswert des Empfangsbekenntnisses zu dokumentieren. Es gehöre zu den Aufgaben des Anwalts, die Urkunde, die von ihm unterzeichnet werde, auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Wäre insoweit ein vermeintlich falsch gestempeltes Datum auf dem Empfangsbekenntnis gewesen, wäre dies vom Anwalt zu korrigieren gewesen. Vielmehr scheine eine fehlerhafte Fristnotierung erfolgt zu sein. Dies gehöre jedoch zu den Kontrollpflichten des Anwalts, sodass eine fehlerhaft notierte Frist nicht zur Entlastung führe. Nach den Darstellungen der Klägerin erscheine es eher dem tatsächlichen Verlauf zu entsprechen, dass das Urteil am 07.05.2019 zugestellt und während der kurzen Anwesenheit der Klägervertreterin das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und sodann an das Oberlandesgericht versandt worden sei. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Daten für Empfangsbekenntnisse vom Anwalt vorgegeben würden und nicht vom Sekretariat. Da das Empfangsbekenntnis für den Fristenlauf die außerordentliche Bedeutung habe, den tatsächlichen Empfang und damit das Beginnen von Fristen zu bestätigen, komme diesem Dokument auch der höhere Stellenwert zu als nachträglich abgegebenen Erklärungen von Mitarbeitern.

    62

    Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen N und U. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2020 Bezug genommen.

    63

    B.

    64

    Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

    65

    Die Einlegung der Berufung mit am 11.06.2019 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz erfolgte innerhalb der Monatsfrist des § 517 ZPO, die mit der Zustellung des angefochtenen Urteils am 09.05.2020 zu laufen begonnen hat. Da der 09.06.2020 der Pfingstsonntag war, hat sich das Ende der gemäß § 222 Abs. 1 ZPO nach § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 1 und 2 BGB zu berechnenden Frist auf den Dienstag nach Pfingstmontag, also den 11.06.2019 verschoben (§ 222 Abs. 2 ZPO).

    66

    Zwar weist das von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschriebene Empfangsbekenntnis zum angefochtenen Urteil das Datum 07.05.2020 aus. Die Klägerin hat indes den Beweis dafür erbracht, dass die Zustellung erst am 09.05.2020 als bewirkt anzusehen ist.

    67

    Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis ist als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. Zustellungsdatum ist also der Tag, an dem der Rechtsanwalt als Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegengenommen hat. (vgl. BGH, NJW 2012, S. 2117 f. Rn. 6)

    68

    Nach ständiger und verfassungsrechtlich unbedenklicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erbringt das datierte und unterschriebene Empfangsbekenntnis aber als öffentliche Urkunde (§ 418 ZPO) Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch dafür, dass der darin genannte Zustellungszeitpunkt der Wirklichkeit entspricht. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, das Empfangsbekenntnis mit dem Datum zu versehen, an dem er das zuzustellende Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es zu behalten. An den - grundsätzlich zulässigen -- Nachweis eines falschen Datums sind daher strenge Anforderungen zu stellen. Der Gegenbeweis ist vollständig erst dann erbracht, wenn die Beweiswirkungen des § 212a ZPO entkräftet sind und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angabe auf dem Empfangsbekenntnis richtig sein könnte. (vgl. BVerfG, NJW 2001, S. 1563 f., Rn. 19 f.)

    69

    Vorliegend hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Empfangsbekenntnis zwar nicht selbst mit einem Datum versehen. Auf dem Empfangsbekenntnis ist indes ein Datumsstempel angebracht, sodass sich das Bekenntnis der Klägervertreterin mangels anderweitigen Eintrags auf das gestempelte Datum bezieht.

    70

    Somit erbringt das vorliegende Empfangsbekenntnis grundsätzlich den Beweis, dass das Urteil der Klägerin am 07.05.2019 zugestellt worden ist. Diesen Beweis hat die Klägerin indes entkräftet, indem sie den Beweis dafür erbracht hat, dass ihre Prozessbevollmächtigte das Empfangsbekenntnis erst am 09.05.2019 unterschrieben hat. Hiervon ist der Senat nach der Vernehmung der Zeuginnen N und U überzeugt. Aus den nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien Bekundungen der Zeuginnen ergibt sich, dass die Zeugin N das Empfangsbekenntnis zum Urteil des Landgerichts am 08.05.2019 mit dem Datumsstempel des Vortages gestempelt und das Empfangsbekenntnis von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst am 09.05.2019 unterschrieben worden ist. Insbesondere folgt dies aus der - durch eine Telefonnotiz (Anlage KG4) bestätigte - Aussage der Zeugin U, dass diese noch am 08.05.2019 morgens beim Landgericht angerufen habe, um das Ergebnis des Rechtsstreits abzufragen, und dass zu diesem Zeitpunkt das Urteil nicht bei der anwaltlichen Akte gewesen ist, was bei einem Eingang bereits am 07.05.2019 der Fall gewesen wäre. Die Zeugin hat auch nachvollziehbar dargelegt, dass und warum sie derartige Anrufe nur bei Vorlage der Akte tätigt.

    71

    Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen bestehen nicht. Eine Begünstigungstendenz zugunsten der Klägerin beziehungsweise ihrer Prozessbevollmächtigten war - auch vor dem Hintergrund des Beschäftigungsverhältnisses der Zeugin U zur Prozessbevollmächtigten der Klägerin - nicht ersichtlich. Die Zeuginnen waren erkennbar um eine wahrheitsgemäße Aussage bemüht und haben Erinnerungslücken sowie Unsicherheiten von sich aus offengelegt.

    72

    Das Ergebnis der Beweisaufnahme steht zudem mit den weiteren sich aus der Akte ergebenden Umständen im Einklang. So ist die Abschrift des Urteils - ausweislich des Ab-Vermerks der Serviceeinheit - erst am 06.05.2019 versandt worden und die Prozessbevollmächtigte hat ihren Kanzleisitz nicht am Sitz des Landgerichts, sondern in Essen. Zudem ist auch dem Beklagtenvertreter das Urteil ‒ ausweislich seines Empfangsbekenntnisses ‒ erst am 09.05.2019 zugestellt worden.

    73

    C.

    74

    Die Berufung der Klägerin ist im Umfang des stattgebenden Tenors begründet.

    75

    I.

    76

    Der Klägerin steht aus § 426 Abs. 1 Satz 1, § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 86.164,47 € zu. Der Versicherungsnehmerin der Klägerin stand gegen die Beklagte ein entsprechender Ersatzanspruch gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, der gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Klägerin übergegangen ist.

    77

    1.

    78

    Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG geht der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin durch Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 10.11.2016, Aktenzeichen: I-1 O 258/15, verurteilt worden ist, an die Stadt P 127.651,07 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2015 zu zahlen, und die Klägerin eine entsprechende Zahlung an die Stadt P geleistet hat.

    79

    2.

    80

    Der Versicherungsnehmerin der Klägerin stand gegen die Beklagte aus § 426 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung von 86.164,47 € zu. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin und die Beklagte waren hinsichtlich des von der Klägerin für ihre Versicherungsnehmerin geleisteten Schadensersatzes im Verhältnis zur Stadt P Gesamtschuldner und die Beklagte war im Innenverhältnis zur Versicherungsnehmerin der Klägerin verpflichtet, 67,5 % des Schadensersatzes zu tragen.

    81

    a)

    82

    Die im Gesamtschuldverhältnis zu der Haftung der Versicherungsnehmerin der Klägerin stehende Forderung der Stadt P gegen die Beklagte folgt aus § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B 2002, § 631 BGB. Danach war die Beklagte hinsichtlich derjenigen Mängel, die dem Schadensersatzanspruch der Stadt P gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin zugrunde lagen, zur Mängelbeseitigung verpflichtet.

    83

    aa)

    84

    Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass zwischen der Stadt P und der Beklagten ein Vertrag über Estrich- und Fliesenarbeiten zustande gekommen ist. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beklagte entsprechend ihrem Angebot vom 21.08.2007 beauftragt worden ist. Dem entsprechenden Vortrag der Klägerin in der Klageschrift ist die Beklagte nicht entgegengetreten. In der Sache liegt ein erfolgsbezogener Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB vor.

    85

    Ausweislich des Leistungsverzeichnisses, dort Seite 2, welches vom Angebot der Beklagte umfasst war, war Vertragsgrundlage unter anderem die „VOB Ausgabe 2005“. Damit ist auch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B), wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Anwendbar ist die VOB/B in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.09.2002 (VOB/B 2002), die erst mit Wirkung vom 01.11.2006 aufgehoben worden ist.

    86

    Dieser Hinweis im Angebot der Beklagten genügte für eine wirksame Einbeziehung. Zwar werden Allgemeine Geschäftsbedingungen - und als solche ist die VOB anzusehen - nach § 305 Abs. 2 und 3 BGB abgesehen von weiteren Voraussetzungen grundsätzlich nur dann Vertragsinhalt, wenn der Verwender der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Bei einem auf dem Bausektor gewerblich tätigen Unternehmer kann aber angenommen werden, dass er die VOB/B kennt; in diesem Fall genügt die bloße Bezugnahme (Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 1242, 1247). Ein Hinweis auf die VOB/B genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshof auch dann, wenn - wie vorliegend - für die Vertragspartei des Verwenders ein mit den Bedingungen Vertrauter - etwa ein Architekt - auftritt; dann darf der Verwender davon ausgehen, dass sich dieser selbst ohne weiteres die nötigen Kenntnisse verschaffen kann. (vgl. OLG Bremen, BauR 2006, S. 1001 ff. Rn. 17, zitiert nach juris.de)

    87

    bb)

    88

    Es ist zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig, dass die Stadt P die Werkleistung der Beklagten abgenommen hat. Dies ergibt sich zudem aus dem Protokoll der „Bauabnahme nach § 12 VOB/B“ vom 10.07.2008 (Anlage K2), in dem ausdrücklich die Abnahme, wenn auch mit Mängeln, erklärt worden ist. Mithin findet § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B 2002 grundsätzlich Anwendung. Danach ist der Auftraggeber verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf eine vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Verjährungsfrist verlangt.

    89

    cc)

    90

    Derartige Mängel wies das Werk der Beklagten im Hinblick auf einen nicht fachgerechten Gefälle-Estrich sowie nicht ausreichend und nicht fachgerecht eingebrachte Bewegungs- und Abschlussfugen auf. Zwar hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung keine Feststellung zum Vorliegen von Mängeln getroffen. Die Mangelhaftigkeit ihres Werkes steht indes zu Lasten der Beklagten aufgrund der Interventionswirkung der Streitverkündungen im selbständigen Beweisverfahren I-1 OH 12/13 und des Rechtsstreits I-1 O 258/15 - jeweils vor dem Landgericht Arnsberg - fest. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Streitverkündung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

    91

    (1)

    92

    Zwar sieht § 66 Abs. 1 ZPO die Nebenintervention lediglich für den Rechtsstreit vor. Die §§ 66 ff. ZPO sind jedoch im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anwendbar, um eine umfassende Verwertung der dort erhobenen Beweise im Folgeprozess zu erreichen (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 66 Rn. 2a). Dies hat zur Folge, dass die Beklagte gemäß § 68 ZPO (entsprechend) im Verhältnis zur Versicherungsnehmerin der Klägerin grundsätzlich nicht mit der Behauptung gehört wird, diese habe das selbständige Beweisverfahren und den Rechtsstreit mangelhaft geführt. Dass die Beklagte durch die Erklärungen und Handlungen der Versicherungsnehmerin der Klägerin gehindert worden ist, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

    93

    Diese Interventionswirkung muss sich die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin entgegenhalten lassen. Für die Erstreckung der Interventionswirkung in subjektiver Hinsicht auf Rechtsnachfolger der Beteiligten gilt § 325 ZPO entsprechend (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 68 Rn. 7). Nach § 325 Abs. 1 ZPO wirkt das rechtskräftige Urteil unter anderem für und gegen die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Hierunter fällt auch der Übergang des materiellen Rechts kraft Gesetzes, wie im vorliegenden Fall nach § 86 VVG (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 325 Rn. 18).

    94

    (2)

    95

    In objektiver Hinsicht erfasst die Interventionswirkung zunächst die im Tenor der Entscheidung ausgesprochene Rechtsfolge. Weiter erstreckt sie sich auf die „Richtigkeit“ der Entscheidung und damit die Feststellung und rechtliche Beurteilung der Tatsachen („tragende Feststellungen“, „Entscheidungselemente“) einschließlich der präjudiziellen Rechtsverhältnisse. (Schultes in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage, § 68 Rn. 15).

    96

    Das Landgericht Arnsberg hat die Versicherungsnehmerin der Klägerin in dem Rechtsstreit I-1 O 258/15 wegen sich am Gebäude realisiert habender Planungsfehler zu Schadensersatz gemäß §§ 633, 634 Nr. 4, §§ 281, 280 BGB verurteilt. Damit gehören neben den Planungsfehlern auch die sich am Gebäude realisiert habenden Mängel zu den tragenden Feststellungen. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass es an Fliesen zu Hohllagen, Hochstellungen und Rissen gekommen sei, die ihren Grund in einer nicht fachgerechten Einbringung des Estrichs und in nicht ausreichenden und nicht fachgerecht eingebrachten Bewegungsfugen gehabt haben. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei der Estrich als einschichtiger Zementestrich im Gefälle auf Trennlage erstellt worden. Das erforderliche Gefälle zu den Bodenabläufen sei durch unterschiedliche Estrichdicken herbeigeführt worden. Dies sei nach den einschlägigen DIN-Vorschriften nicht fachgerecht. Um Spannungen und Formveränderungen auf ein unschädliches Maß zu begrenzen, sei hiernach auf zweilagiger Trennlage eine gleichbleibende Estrichdecke auszubilden und seien Trocknungsfristen einzuhalten. Der Estrich sei teils auf einlagiger Trennschicht verlegt. Die an den Bauteilöffnungen vorgefundenen Estrichdicken von 50 mm an den Bodeneinläufen und bis zu 110 mm an den Hochpunkten förderten eine ungleiche Trocknung, ein ungleiches Schwinden und ein ungleiches Formverhalten des Estrichs. Zudem seien die Belagsflächen durch angemessene und funktionierende Bewegungsfugen zu begrenzen, die mit Fugenmassen oder Fugenprofilen vor Verschmutzungen zu schützen seien. Diesen Anforderungen genügten die bei den Bauteilöffnungen vorgefundenen Bewegungsfugen nicht. Zum einen seien diese nicht scharfkantig und linear sowie ohne Dämmstreifen oder Fugenprofil eingebracht. Zum anderen seien sie an mehreren Bauteilöffnungen nicht deckungsgleich mit dem keramischen Belag ausgeführt. Sie seien nicht konsequent durchlaufend, an einer Stelle durch einen Bodenablauf geführt. Die Fugenprofile seien an vielen Stellen mit Mörtel in die Sockelflächen eingespannt, an Schnittpunkten teils entgegen der Vorgaben des Herstellers eingebaut und teilweise nicht mit der Fliesendicke abgestimmt worden. Die Anschlussfugen seien nicht in ausreichender Fugenbreite und nicht durchgängig ausgeführt. Sie seien nicht frei von Mörtelbrücken, Randstreifen von Estrichrändern seien über der Oberkante Estrich abgeschnitten worden und Mörtelbrücken lägen vor. Im Ergebnis steht damit zu Lasten der Beklagten fest, dass ihre Leistung Mängel aufweist. Feststellungen zu weiteren Mängeln, die der Sachverständige M festgestellt habe, insbesondere hinsichtlich des Gefälles, hat das Landgericht dagegen nicht getroffen, da deren (bestrittenes) Vorliegen nicht entscheidungserheblich sei.

    97

    Dem steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht insoweit Planungsfehler der Versicherungsnehmerin der Klägerin festgestellt hat. Denn die Herstellungspflicht des Auftragsnehmers beschränkt sich nicht auf die Einhaltung der vereinbarten Leistung beziehungsweise Ausführungsart, sondern das Werk ist auch dann mangelhaft, wenn die vereinbarte Leistung beziehungsweise Ausführungsart nicht - im Sinne des sogenannten funktionalen Herstellungsbegriffs - zu einer zweckentsprechenden und funktionstauglichen Leistung führt. Auch wenn Ausschreibungen, Planungsleistungen und sonstige Leistungsvorgaben des Auftraggebers oder Vorleistungen Dritter oder des Auftraggebers unzureichend sind und es deshalb zu einem Mangel kommt, ist der Auftragnehmer grundsätzlich haftbar; § 13 Nr. 3 VOB/B 2002. Er wird nur dann von der Mängelhaftung frei, wenn er seiner Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht nachgekommen ist. Der Auftragnehmer hat die verbindlichen Vorgaben des Auftraggebers (Leistungsbeschreibung, Anordnungen hinsichtlich Stoffen und Bauteilen) und auch die Vorleistungen Dritter beziehungsweise des Auftraggebers daraufhin zu untersuchen, ob sie geeignet sind, ein im obigen Sinne mängelfreies (das heißt zweckentsprechendes und funktionstaugliches Werk) entstehen zu lassen (Prüfungspflicht). Er hat dabei erkennbare Fehler solcher Vorgaben beziehungsweise Vorleistungen aufzudecken und die sich daraus ergebenden Bedenken dem Auftraggeber mitzuteilen, § 4 Nr. 3 VOB/B. Die Erfüllung dieser Prüfungs- und Hinweispflicht schafft einen Befreiungstatbestand, für den der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast trägt. Der Unternehmer wird indes von der Verpflichtung zu einer eigenen Prüfung der verbindlichen Vorgaben des Auftraggebers und der sich daraus ergebenden Mitteilung etwaiger Bedenken frei, wenn er auf die größere Fachkenntnis des ihn Anweisenden vertrauen darf. (vgl. Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage Rn. 2034 ff., mit weiteren Nachweisen)

    98

    Der Umfang der Prüfungspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Es kommt auf das von dem Unternehmer zu erwartende Fachwissen, die sonstigen Umstände der Vorgaben und Vorleistungen und die Möglichkeiten zur Untersuchung an. Bei einem Unternehmer werden die zur Herstellung des Werkes erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vorausgesetzt. Er muss für das dazu nötige Wissen und Können einstehen. Der Umstand, dass eine Fachplanung vorliegt, entlastet als solcher nicht. Das gilt auch für Anordnungen einer sachkundigen Bauleitung. Diese Anordnungen entbinden den Auftragnehmer nicht von einer eigenen Prüfung (Jurgeleit in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 5. Teil Rn. 65).

    99

    Vorliegend beruhen die Mängel des Beklagtenwerks bereits nur teilweise auf Ausschreibungen, Planungsleistungen und sonstige Leistungsvorgaben des Auftraggebers. Vielmehr hat das Landgericht eine Haftung der Versicherungsnehmerin der Klägerin unter anderem gerade deswegen angenommen, weil die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlichen Pläne nicht oder nicht in ausreichender Form vorgelegen haben. Die Beklagte hat mithin ohne, jedenfalls aber ohne ausreichende Planungsvorgaben gearbeitet. Wenn sie in diesem Fall Arbeiten vornimmt, kann sie sich nicht auf die Verursachung von Mängeln durch Leistungsvorgaben des Auftraggebers berufen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beklagte aufgrund der Besonderheiten des Bauvorhabens die erforderliche Fachkenntnis besaß oder hätte besitzen müssen.

    100

    Auch bei den erfolgten Planungsvorgaben behauptet die Beklagte nicht - jedenfalls nicht substantiiert -, eine entsprechende Prüfung vorgenommen und die Stadt P auf die dabei erkannten Planungsmängel hingewiesen zu haben. Auf eine fehlende Fachkenntnis im Zusammenhang mit dem Bau eines Schwimmbades kann sie sich nicht berufen, da die zur Herstellung des Werkes erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vorausgesetzt werden und die Beklagte für das dazu nötige Wissen und Können einzustehen hat. Dass die Beklagte auf die größere Fachkenntnis der Stadt P oder der für sie planenden Versicherungsnehmerin der Klägerin hätten Vertrauen dürfen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

    101

    (3)

    102

    Ebenfalls zu den tragenden Feststellungen des Urteils gehört die Feststellung der kausalen Mängelbeseitigungskosten. Diese hat das Landgericht unter Berücksichtigung von Sowiesokosten mit 127.651,07 € festgestellt.

    103

    cc)

    104

    Die Verpflichtung der Beklagten zur Mängelbeseitigung genügt zur Begründung einer gesamtschuldnerischen Haftung. Die Beklagte haftet zusammen mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin gegenüber der Stadt P für die Erfüllung sämtlicher Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit Mängeln des Estrichs und des Fliesenbelags grundsätzlich als Gesamtschuldner im Sinne des § 421 BGB.

    105

    Architekt und Bauunternehmer sind bezüglich der Primärleistung der Errichtung des Bauwerks zwar keine Gesamtschuldner, da ihnen gegenüber dem Bauherrn unterschiedliche Hauptleistungspflichten obliegen. Während der Architekt durch eine Vielzahl verschiedener Leistungen für die plangerechte und mängelfreie Vollendung des gesamten Werks zu sorgen hat, schuldet der Bauunternehmer lediglich die mängelfreie Errichtung des von ihm versprochenen körperlichen Werkgegenstandes. Erbringen Architekt oder Unternehmer die jeweils eigene Leistung, erfüllen sie hierdurch nicht die Verbindlichkeit des anderen. Der Gläubiger ist berechtigt, von jedem die geschuldete eigene Leistung zu fordern. Die Voraussetzungen des § 421 Satz 1 BGB sind daher hinsichtlich der Errichtung eines Bauwerks nicht erfüllt. Gleichwohl haften Architekt und Bauunternehmer wegen eines Mangels am Bauwerk nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich als Gesamtschuldner, wenn sie im Rahmen ihrer jeweiligen Leistungspflicht für die Entstehung des Mangels verantwortlich sind. (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 16.01.2008, Aktenzeichen: 1 U 1753/05, Rn. 27 ff.; zitiert nach juris.de)

    106

    Dem steht auch nicht entgegen, dass die Stadt P die Versicherungsnehmerin der Klägerin auf Schadenersatz in Geld in Anspruch genommen hat, während sie von der Beklagten zunächst lediglich Beseitigung des Mangels hätte verlangen können. Zwar ist die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses in diesen Fällen rechtsdogmatisch bedenklich, da der Bauunternehmer danach im Innenverhältnis Schadenersatz zu leisten hat, obwohl er bei alleiniger Haftung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 2002 hierzu verpflichtet wäre. Es könnte daher am Tatbestandsmerkmal der „einen Leistung“ im Sinne des § 421 Satz 1 BGB fehlen. Trotz der insoweit fehlenden völligen Leistungsidentität stehen jedoch beide Baubeteiligten zum Bauherrn in vergleichbarer vertraglicher Beziehung. Zwischen ihnen besteht bereits während der Erfüllungsphase eine rechtliche Zweckgemeinschaft, die nicht nur zufälligen, absichtslosen Charakter hat, sondern aus dem gemeinsamen Ziel der mangelfreien Werkerrichtung und der hierzu erforderlichen engen Zusammenarbeit resultiert. Im Rahmen der Gewährleistung verfolgt diese fortdauernde Gemeinschaft das Ziel, dass Architekt und Bauunternehmer - jeder im Rahmen seines Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs - für die Beseitigung desselben Schadens einzustehen haben, den der Bauherr dadurch erlitten hat, dass jeder von ihnen seine vertraglichen Pflichten mangelhaft erfüllt hat. Wesentliches Merkmal der Gesamtschuld im Sinne des § 421 BGB ist es, dass dem Gläubiger mehrere Schuldner in der Weise haften, dass er sich mit der Leistung eines von ihnen zufrieden geben muss. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Architekt Schadenersatz zu leisten hat und der Unternehmer zunächst (nur) zur Nachbesserung verpflichtet ist. Beseitigt der Unternehmer den Mangel im Wege der Nachbesserung, kann der Bauherr den Architekten nicht mehr auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, weil der Mangel dann behoben ist. Ebenso kommt die Befriedigung des Gläubigers durch den Architekten im Umkehrschluss auch dem Unternehmer zugute. Hat der Bauherr vom Architekten im Wege des Schadenersatzes die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Mittel erhalten, kann er nicht mehr zusätzlich Nachbesserung verlangen. Architekt und Bauherr sind somit in einer engen rechtlichen Zweckgemeinschaft verbunden und verfolgen im Rahmen der Gewährleistung dasselbe Leistungsinteresse. Auch ihre Leistungspflichten sind nicht völlig unterschiedlich, da die Pflicht zur Mangelbeseitigung zu einer Schadenersatzverpflichtung werden kann. Zum Schutz der Interessen des Gläubigers ist daher trotz dogmatischer Bedenken im Ergebnis zu Recht allgemein anerkannt, dass Architekt und Bauunternehmer hinsichtlich sämtlicher Gewährleistungsansprüche als Gesamtschuldner haften. (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 16.01.2008, Aktenzeichen: 1 U 1753/05, Rn. 40 ff., mit weiteren Nachweisen; zitiert nach juris.de)

    107

    c)

    108

    Das Maß der internen Beteiligung der Beklagten und der Versicherungsnehmerin der Klägerin bemisst sich entsprechend § 254 BGB nach den Umständen der Schadenszufügung, insbesondere danach, inwieweit der Schaden von den einzelnen Gesamtschuldner verursacht beziehungsweise verschuldet worden ist. Diese Abwägung führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin im Innenverhältnis zu 32,5 % haftet und die Beklagte zu 67,5 %.

    109

    aa)

    110

    Insoweit ist anerkannt, dass der Bauunternehmer in der Regel dann allein oder überwiegend haftet, wenn ein Baumangel auf einen Ausführungsfehler zurückzuführen ist, den der Architekt im Rahmen der Objektüberwachung lediglich nicht erkannt hat. Insoweit kann der Unternehmer weder dem Bauherrn noch dessen Architekten entgegenhalten, bei seinen Arbeiten nicht ausreichend beaufsichtigt worden zu sein. Dies folgt daraus, dass die Pflicht zur Bauaufsicht des Architekten nur im Verhältnis zum Bauherrn besteht. Der Unternehmer kann daher vom Bauherrn oder vom Architekten nicht verlangen, dass dieser ihn bei der Ausführung der Arbeiten überwacht oder überwachen lässt. Ein Unternehmer ist vielmehr für nicht erkannte Ausführungsmängel in der Regel allein verantwortlich. (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 16.01.2008, Aktenzeichen: 1 U 1753/05, Rn. 47, mit weiteren Nachweise, zitiert nach juris.de; Heinemeyer in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 426 Rn. 23). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 27.09.2019. Vielmehr führt auch das Oberlandesgericht Celle aus, dass die Überwachungspflicht des bauleitenden Architekten regelmäßig nicht dem Schutz des bauausführenden Unternehmens, sondern dem Schutz des Auftraggebers dient und deshalb Ausführungsfehler in den Verantwortungsbereich des bauausführenden Unternehmers fallen (vgl. OLG Celle, IBR 2020, S. 186 Rn. 41; zitiert nach juris.de).

    111

    Zwar kann es Fälle geben, in denen der Aufsichtspflichtverletzung des Architekten im Verhältnis zur Pflichtverletzung des Bauunternehmers eine solche Bedeutung zukommt, dass im Innenverhältnis zwischen Architekt und Bauunternehmer eine Verteilung des Schadens geboten ist (vgl. BGH, WM 1965, S. 427 ff. Rn. 21; zitiert nach juris.de). Die Berücksichtigung eines Überwachungsfehlers im Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Architekten und dem Bauausführenden muss gleichwohl auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben. So kommt insbesondere eine abweichende Beurteilung in Betracht, wenn der bauausführende Unternehmer gegen den bauaufsichtsführenden Architekten einen vertraglichen Anspruch auf Aufsicht oder Kontrolle hat. Auch kommt ausnahmsweise eine Mithaftung aus einer verletzten Aufsichtspflicht in Betracht, wenn eine Überwachung - namentlich wegen einer besonderen Schadensgeneigtheit der Arbeiten - in besonderem Maße geboten gewesen wäre, zusätzlich besondere Umstände im Verhältnis der Gesamtschuldner zueinander die wertende Zuordnung des Schadens nach Grund oder Höhe zum Architekten ausnahmsweise begründen und der Überwachungsfehler insoweit kausal geworden ist. (vgl. OLG Frankfurt, BauR 2004, S. 1329 ff. Rn. 17 ff.; OLG Stuttgart, IBR 2016, S. 464 ff. Rn. 41 f.; jeweils zitiert nach juris.de)

    112

    Planungsfehler fallen dagegen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Architekten. So kann der Architekt, der durch seinen Planungsfehler die eigentliche Schadensursache gesetzt hat, gegenüber dem Bauunternehmer voll beziehungsweise überwiegend ausgleichspflichtig sein. Führt ein Unternehmer einen fehlerhaften Plan oder eine mangelhafte Ausschreibung eines Architekten aus, obwohl er erkennt, dass der Planungs- oder Ausschreibungsfehler, der dem Architekten unterlaufen ist, mit Sicherheit zu einem Mangel des Bauwerks führen muss, ohne den Bauherrn selbst vorher darauf hingewiesen zu haben, kann in diesem besonderen Fall unter Umständen den Bauunternehmer im Innenverhältnis die alleinige oder zumindest die überwiegende Schadensersatzverpflichtung treffen. Erkennt der Unternehmer zwar die fehlerhafte Planung im Rahmen der Bauausführung nicht, hätte er sie aber pflichtgemäß erkennen können, trifft ihn zumindest ein Haftungsanteil, wenn auch der Architekt in der Regel den größeren Anteil zu tragen hat. Der Auftragnehmer ist daher nur entlastet, wenn er auf Planungen und Ausführungsunterlagen vertraut hat und auch vertrauen durfte. (Werner/Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 2493 ff.)

    113

    bb)

    114

    Vorliegend steht nach den Feststellungen im Rechtsstreit I-1 O 258/15 und den Beweiserhebungen im selbständigen Beweisverfahren fest, dass sowohl Planungsfehler der Versicherungsnehmerin der Klägerin als auch Ausführungsfehler der Beklagten vorliegen, die der gesamtschuldnerischen Haftung der Parteien zugrunde liegen. Dabei ist es gerechtfertigt, die Planungs- und Ausführungsmängel grundsätzlich jeweils zu 50 % in die Gewichtung der Verursachungsbeiträge einfließen zu lassen. Dass die Mängel und der daraus resultierende Schaden in einem größeren Umfang von den Planungsmängeln oder den Ausführungsmängeln verursacht worden ist, kann nicht festgestellt werden. Vielmehr hat der Sachverständige M bei seiner Anhörung durch das Landgericht ausgeführt, dass es sich um eine Fülle von Mängeln gehandelt habe, die letztlich zu dem Schadensbild geführt hätten.

    115

    cc)

    116

    Für ihre Ausführungsfehler, also für Abweichungen von bestehenden Planungen, Ausschreibungen und allgemeinen Regeln haftet die Beklagte nach den vorstehenden Grundsätzen zu 100 %. Etwas anderes folgt nicht aus einem Überwachungsverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Ein vertraglicher Anspruch der Beklagten gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin auf Aufsicht oder Kontrolle lässt sich weder dem Vortrag der Parteien noch dem sonstigen Akteninhalt entnehmen. Es kann dahinstehen bleiben, ob eine Überwachung der streitgegenständlichen Arbeiten wegen einer besonderen Schadensgeneigtheit geboten gewesen wäre, da dies allein keine Mithaftung der Versicherungsnehmerin der Klägerin begründen würde. Dass weitere besondere Umstände im Verhältnis der Beklagten zur Versicherungsnehmerin der Klägerin bestanden hätten, die ausnahmsweise eine wertende Zuordnung des Schadens nach Grund oder Höhe zur Versicherungsnehmerin der Klägerin gerechtfertigt hätten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich dem Vorbringen der Parteien nicht entnehmen, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin die Ausführungsfehler der Beklagten „sehenden Auges“ hingenommen hätte.

    117

    dd)

    118

    Im Hinblick auf die Planungsfehler ist zwischen den Bewegungs- und Anschlussfugen einerseits und den Estrichstärken andererseits zu differenzieren. Auch insoweit kann nicht festgestellt werden, dass einer der Planungsfehler in einem größeren Umfang zur Mängelentstehung beigetragen hat, sodass eine gleiche Gewichtung im Rahmen der Planungsfehler geboten ist.

    119

    Wegen der Bewegungs- und Anschlussfugen ist es gerechtfertigt, den Verursachungsbeitrag der Versicherungsnehmerin der Klägerin mit 60 % und den Verursachungsbeitrag der Beklagten mit 40 % zu bewerten. So liegt bezüglich der Bewegungs- und Anschlussfugen keine fehlerhafte Planung vor. Vielmehr ist der Versicherungsnehmerin der Klägerin insoweit eine fehlende beziehungsweise unzureichende Planung vorzuwerfen. Vor diesem Hintergrund hätte es der Beklagten oblegen, die fehlende beziehungsweise unzureichende Planung gegenüber dem Bauherrn zu rügen und eine hinreichende Planung anzufordern. Dies hat sie unstreitig nicht getan, sondern hat ihre Arbeiten ohne eine ausreichende Planung ausgeführt. Durch diese Ausführung ohne die erforderliche und von dem Bauherrn geschuldete Planung hat die Beklagten diesen Planungsanteil letztlich an sich gezogen und ebenfalls fehlerhaft „geplant“. Da es indes nach den Ausführungen des Sachverständigen M im Ausgangspunkt der Versicherungsnehmerin der Klägerin oblegen hätte, die Planung vorzunehmen, ist deren leicht überwiegende Haftung gerechtfertigt.

    120

    In Bezug auf die Estrichstärken lag zwar ebenfalls keine Planung im eigentlichen Sinne vor. Indes ergibt sich aus der Angabe einer Estrichdicke von 40 bis 110 mm und der Angabe „im Mittel 80 mm“ im Leistungsverzeichnis die Ausschreibung eines Estrichs mit unterschiedlicher Dicke. Auch wenn die Beklagte insoweit bei ordnungsgemäßer Prüfung einen Fehler hätte erkennen können, ist es angemessen, von einer Haftung zu 70 % auf Seiten der Versicherungsnehmerin der Klägerin und zu 30 % auf Seiten der Beklagten auszugehen.

    121

    ee)

    122

    Eine stärkere Gewichtung der Planungsdefizite zu Lasten der Versicherungsnehmerin der Klägerin folgt nicht daraus, dass diese zugleich als bauaufsichtsführende Architektin beauftragt gewesen ist.

    123

    Zwar schuldet auch der allein mit der Bauaufsicht betraute Architekt als werkvertraglichen Erfolg, dass das Bauwerk entsprechend den genehmigten Bauvorlagen und frei von Mängeln entsteht. Und zur Erfüllung dieser Verpflichtung muss er eigenverantwortlich prüfen, ob die ihm zur Verfügung gestellten Planunterlagen mit der Baugenehmigung und den Regeln der Baukunst vereinbar sind. Beruht der Mangel des Bauwerks darauf, dass der planende Architekt fehlerhaft gearbeitet und der bauaufsichtsführende Architekt dies unter Verletzung seiner Bauaufsichtspflicht nicht bemerkt hat, sind diese Umstände bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge im Rahmen von § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Der Verursachungsbeitrag eines bauaufsichtsführenden Architekten an dem Bauwerksschaden darf auch grundsätzlich nicht vernachlässigt, sondern muss unter Berücksichtigung seiner besonderen Aufgabenstellung gewichtet werden. (vgl. BGH, NJW 2009, S. 582 ff. Rn. 36 ff.; OLG Frankfurt am Main, BauR 2004, S. 1329 ff. Rn. 17 ff.; zitiert nach juris.de)

    124

    Diese Rechtsprechung betrifft indes das Verhältnis zwischen dem planenden und bauaufsichtsführenden Architekten bei getrennter Beauftragung durch den Bauherrn und führt im vorliegenden Fall nicht zu einer anderen Bewertung des Verursachungsbeitrags der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Der Verursachungsbeitrag der Versicherungsnehmerin der Klägerin liegt in fehlenden, unzureichenden und falschen Plänen, ohne dass es darauf ankommt, ob dies auf der fehlenden Planung selbst oder einer unzureichenden Überprüfung der Pläne im Rahmen der Bauüberwachungsverpflichtung beruhte.

    125

    ff)

    126

    Die Haftung der Beklagten ist ‒ entgegen der von ihr offensichtlich vertretenen Auffassung - nicht bereits deswegen ausgeschlossen, weil bereits die fehlerhafte Planung der Estrichdicke allein dazu geführt hätte, dass der gesamte Boden mitsamt des Fliesenbelags erneuert werden muss. Haben zwei Ereignisse den Schaden herbeigeführt, von denen jedes ihn auch allein verursacht hätte, sind vielmehr beide Ereignisse im Rechtssinne ursächlich (sogenannte konkurrierende Kausalität oder Doppelkausalität). Es ist auch nicht geboten, bei der Abwägung der Verantwortungsbeiträge hinsichtlich der Planungs- und Ausführungsfehler unterschiedliche Mängelbeseitigungskosten (mit/ohne Estricherneuerung) zugrunde zu legen, da beide Parteien für die mangelhafte Einbringung des Estrichs Verursachungsbeiträge geleistet haben.

    127

    gg)

    128

    Im Ergebnis ergibt sich im Innenverhältnis gerundet ein Mitverursachungsanteil von 67,5 % zu Lasten der Beklagten und zu 32,5 % zu Lasten der Versicherungsnehmerin der Klägerin.

    129

    4.

    130

    Dem Anspruch der Klägerin steht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht entgegen. Es kann nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich des auf die Klägerin übergegangenen Anspruchs aus § 426 Abs. 1 BGB bereits Verjährung eingetreten ist.

    131

    a)

    132

    Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwischen der Verjährung des Anspruchs aus § 426 Abs. 1 BGB und derjenigen des Anspruchs aus § 426 Abs. 2 BGB unterschieden. Der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs.1 BGB und die nach § 426 Abs. 2 BGB übergegangene Gläubigerforderung bestehen nebeneinander und die für den Gläubigeranspruch geltende Verjährungsfrist beeinflusst die Verjährung des Ausgleichsanspruchs nach § 426 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht. (Heinemeyer in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 426 Rn. 28)

    133

    Es kann dahinstehen bleiben, ob hinsichtlich des Anspruchs der Stadt P gegen die Beklagte bereits Verjährung eingetreten ist. Die Verjährung des Anspruchs gegen einen Gesamtschuldner hat keinen Einfluss auf den Ausgleichsanspruch des zahlenden Gesamtschuldners aus § 426 Abs. 1 BGB. Lässt der Gläubiger den Anspruch gegen einen Gesamtschuldner verjähren und hält er sich an den anderen, dessen Verpflichtung noch nicht verjährt ist, hat dies keinen Einfluss auf die Verjährung des Ausgleichsanspruchs des zahlenden und damit auf die Ausgleichspflicht des „verjährten“ Gesamtschuldners nach § 426 Abs. 1 BGB. § 425 Abs. 2 BGB sieht ausdrücklich nur die Einzelwirkung der Verjährung vor, was zur Folge hat, dass die Verjährung auch im Regress nicht zulasten des unverjährten Schuldners wirken darf. (Heinemeyer in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 426 Rn. 27)

    134

    b)

    135

    Der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB unterliegt grundsätzlich der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Für das konkret zugrunde liegende Innenverhältnis gilt keine hiervon abweichende Frist. Dass diese Frist vor dem 31.12.2010 zu laufen begonnen hat, kann nicht festgestellt werden.

    136

    Die Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und dem Ausgleichsberechtigten die anspruchsbegründenden Umstände und die Person des Schuldners bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt waren.

    137

    aa)

    138

    Zu Recht hat das Landgericht ein Entstehen des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs zum Zeitpunkt der Abnahme am 10.07.2008 angenommen.

    139

    Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, sobald der Berechtigte den Anspruch erstmals geltend machen und notfalls Klage erheben kann, um die Hemmung der Verjährung zu erreichen. Für die Entstehung eines Geldanspruchs ist es nicht erforderlich, dass der Zahlungsanspruch bereits - teilweise - beziffert werden und damit Gegenstand einer Leistungsklage sein kann. Es genügt die Möglichkeit, eine Feststellungs- oder Stufenklage zu erheben. (vgl. OLG Stuttgart, NJW 2019, S. 2621 ff. Rn. 51, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris.de)

    140

    Dabei entspricht es gefestigter Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofs, dass der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB bereits in dem Augenblick entsteht, in dem die mehreren Ersatzpflichtigen dem Geschädigten ersatzpflichtig werden, also mit der Begründung der Gesamtschuld. Er besteht zunächst als Mitwirkungs- und Befreiungsanspruch und wandelt sich nach Befriedigung des Gläubigers in einen Zahlungsanspruch um. Hieraus folgt, dass der Ausgleichsanspruch unabhängig von seiner Ausprägung als Mitwirkungs-, Befreiungs- oder Zahlungsanspruch einer einheitlichen Verjährung unterliegt. Auch soweit er auf Zahlung gerichtet ist, ist er mit der Begründung der Gesamtschuld im Sinne des § 199 BGB entstanden. (vgl. BGH, NJW 2010, S. 60 ff. Rn. 12 f.; Heinemeyer in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 426 Rn. 26)

    141

    Mit der Abnahme der Leistung durch die Stadt P sind deren Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagten entstanden und bestanden bereits Schadensersatzansprüche gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin jedenfalls aus allgemeinem Leistungsstörungsrecht, da sich deren Pflichtverletzungen bereits im Bauwerk verwirklicht hatten.

    142

    bb)

    143

    Weiter setzt der Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, dass dem Ausgleichsberechtigten die anspruchsbegründenden Umstände und die Person des Schuldners bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt waren. Für eine Kenntnis aller Umstände, die einen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB begründen, ist es erforderlich, dass der Ausgleichsberechtigte Kenntnisse von den Umständen hat, die einen Anspruch des Gläubigers gegen den Ausgleichsverpflichteten begründen, von denjenigen, die einen Anspruch des Gläubigers gegen ihn selbst begründen, sowie von denjenigen, die das Gesamtschuldverhältnis begründen, und schließlich von den Umständen, die im Innenverhältnis eine Ausgleichspflicht begründen. Hierfür reicht es nicht aus, den im Bauwerk zu Tage getretenen Mangel zu kennen, weil daraus nicht ohne weiteres die Kenntnis der für einen Anspruch des Bestellers gegen die Baubeteiligten notwendigen weiteren Voraussetzungen abzuleiten sein muss. (vgl. BGH, NJW 2010, S. 60 ff. Rn. 21)

    144

    Das Landgericht hat eine Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis der Versicherungsnehmerin der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Abnahme im Jahr 2008 angenommen. Das Vorliegen der Umstände, welche das streitgegenständliche Gesamtschuldverhältnis begründeten, habe schon bei der Abnahme im Jahr 2008 mindestens ohne grobe Fahrlässigkeit erkannt werden müssen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei der Klägerin zur Sicherung ihrer Ansprüche die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar und nicht erst mit dem Vorliegen des Gutachtens seitens des Sachverständigen M im selbstständigen Beweisverfahren. Das Gericht gehe davon aus, dass die Architekten schon bei der Abnahme im Jahr 2008 von potentiellen Regressansprüchen gegen die Beklagte hätten wissen müssen. Im Abnahmeprotokoll 10.07.2008 seien bereits erhebliche Teile der Mängel, wegen derer die Architekten später in Anspruch genommen wurden, aufgenommen. So sei bemängelt worden, dass das Gefälle in weiten Teilen zu stark sei, Mängel an der Verfugung der Wandfliesen bestünden, Löcher in den Fugen hätten festgestellt werden können oder Silikonfugen teilweise fehlten. Insbesondere werte es das Gericht als grob fahrlässig, dass die bei der Klägerin versicherten Architekten nach dem eigenen Vortrag allein auf die Fachkenntnis der Beklagten und die fachgerechte Umsetzung des Auftrages vertraut hätten. In diesem Sinne hätten die Architekten einfachste Kontrollüberlegungen außer Betracht gelassen und ihre Pflicht zur Überwachung, die ihnen nicht nur im Außenverhältnis obliege, in einer besonders groben Art und Weise verletzt. Dieser Verstoß gegen die Überwachungspflichten habe sich auch in der Mangelhaftigkeit des hergestellten Werkes in kausaler Weise ausgewirkt. Zwar habe die Ursache der festgestellten Mängel laut dem Sachverständigengutachten primär in einer mangelhaften Planung gelegen. Diese wäre bei einer ordnungsgemäßen Überwachung indes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entdeckt worden, sodass ohne die Überwachungspflichtverletzung von einer mangelfreien Herstellung des Werkes auszugehen sei. Die Pflicht zur Überwachung habe (der Versicherungsnehmerin) der Klägerin bekannt gewesen sein müssen. Zudem erscheine es mit den Geboten von Treu und Glauben schlechthin unvereinbar, dass ein Unternehmer eines Werkvertrages, der sich dem Risiko der Mangelhaftigkeit seines Werkes verschließe und der Mangel erst deswegen später zutage trete, weil der Baumangel der Bauherrin lange Zeit verborgen geblieben sei, besser gestellt werden soll als ein seine Pflichten erfüllender Unternehmer, der die Mangelhaftigkeit im Rahmen ordnungsgemäßer Überwachung frühzeitig erkennt. In diesem Sinne dürfe der eigene Sorgfaltspflichtverstoß der Klägerin ihr nicht zum Vorteil gereichen.

    145

    Dem vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Wie bereits ausgeführt, ist es für eine Kenntnis aller Umstände, die einen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB begründen, erforderlich, dass der Ausgleichsberechtigte Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) von den Umständen hat, die einen Anspruch des Gläubigers gegen den Ausgleichsverpflichteten begründen, von denjenigen, die einen Anspruch des Gläubigers gegen ihn selbst begründen, sowie von denjenigen, die das Gesamtschuldverhältnis begründen, und schließlich von den Umständen, die im Innenverhältnis eine Ausgleichspflicht begründen. Vor diesem Hintergrund erfordert ein Verjährungsbeginn zumindest die Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) der Versicherungsnehmerin der Klägerin, von den tatbestandlichen Voraussetzungen der eigenen Haftung, also des Planungs- und/oder Überwachungsmangels sowie des darauf beruhenden Mangels und den tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftung der Beklagten, also der mangelhaften Leistung. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Schuldner, hier also die Beklagte (vgl. BGH, NJW 2010, S. 3292 ff. Rn. 25, zitiert nach juris.de)

    146

    Eine positive Kenntnis der Versicherungsnehmerin der Klägerin beziehungsweise der für sie handelnden Personen hat das Landgericht nicht festgestellt. Eine solche ist auch weder hinreichend dargelegt noch ersichtlich. Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis der Versicherungsnehmerin der Klägerin beziehungsweise der für sie handelnden Personen zum Zeitpunkt der Abnahme kann nicht angenommen werden.

    147

    Grob fahrlässig handelt der Gläubiger, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in eigenen Angelegenheiten der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können. Dabei bezieht sich das Wissenselement auf Tatsachen, auf alle Merkmale der Anspruchsgrundlage und bei der Verschuldenshaftung auf das Vertretenmüssen des Schuldners, wobei es auf eine zutreffende rechtliche Würdigung nicht ankommt. Ausreichend ist es, wenn dem Gläubiger aufgrund der ihm grob fahrlässig unbekannt gebliebenen Tatsachen zugemutet werden könnte, zur Durchsetzung seines Anspruchs gegen eine bestimmte Person eine aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage - sei es auch in Form einer Feststellungsklage - zu erheben. Dabei besteht keine generelle Obliegenheit, im Interesse des Schädigers an einem möglichst frühen Beginn der Verjährungsfrist Initiative zur Klärung von Schadenshergang und der Person des Schädigers zu entfalten. (Ellenberger in: Palandt, BGB, 79. Auflage, § 199 Rn. 39)

    148

    Zwar ist es richtig, dass das Abnahmeprotokoll vom 10.07.2008 bereits eine Vielzahl von Mängeln ausweist. Allein die Rüge von Mängeln bei der Abnahme führt indes nicht dazu, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin von potentiellen Regressmöglichkeiten gegen die Beklagte ausgehen musste.

    149

    So ist überwiegend bereits nicht erkennbar, dass die gerügten Mängel mit denjenigen übereinstimmen, die Grundlage der Haftung der Versicherungsnehmerin der Klägerin sind. Insoweit geht es im Wesentlichen um fehlende beziehungsweise mangelhafte Fugen und Fliesen. Ein Zusammenhang mit den Mängeln des Estrichs und der Bewegungsfugen ist weder dargetan noch ersichtlich. Dass diese im Jahr 2008 gerügten Mängel und die im selbständigen Beweisverfahren sowie im nachfolgenden Rechtsstreit festgestellten Mängel identisch sind oder jedenfalls die im Jahr 2008 gerügten Mängel Symptome der später festgestellten Mängel waren, hat die Beklagte weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Dies ist auch nicht ersichtlich, da von den später festgestellten Hohllagen im Jahr 2008 noch keine Rede ist. Stehen aber die gerügten Mängel nicht im Zusammenhang mit denjenigen Mängeln, die der Haftung der Versicherungsnehmerin zugrunde liegen, ist bereits aus diesem Grund nicht ersichtlich, dass die gerügten Mängel auf Planungs- und/oder Überwachungsfehler der Versicherungsnehmerin der Klägerin zurückzuführen waren, sodass auch eine grob fahrlässige Unkenntnis von diesem Umstand ausscheidet.

    150

    Zudem vermittelt die Rüge von Symptomen von Mängeln allein nicht die grob fahrlässige Unkenntnis von den Tatsachen für eine eigene Haftung. Dazu ist auch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Mangelursache erforderlich. Erst wenn bei einem Baubeteiligten die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Mangelursachen vorliegt, kann dieser erkennen, ob er selbst und/oder ein anderer Baubeteiligter für den Mangel haftet beziehungsweise haften. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als im Hinblick auf die bei der Abnahme im Jahr 2008 gerügten Mängel nicht erkennbar ist, dass diese auf Arbeiten zurückzuführen sind, die einer besonderen Bauaufsicht durch die Versicherungsnehmerin der Klägerin unterlegen haben. Vielmehr sprechen die gerügten Mängel für Ausführungsfehler bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten. Um Planungs- und Überwachungsmängel beim Estrich und den Bewegungsfugen ging es jedenfalls zum Zeitpunkt der Abnahme nicht.

    151

    Etwas anderes könnte sich allein im Hinblick auf das Gefälle ergeben, welches bereits 2008 gerügt worden ist und welches auch Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens I-1 OH 12/13 und des Rechtsstreits I-1 O 258/15 gewesen ist. Insoweit hat das Landgericht im Rechtsstreit I-1 O 258/15 indes nicht einmal eine Pflichtverletzung der Versicherungsnehmerin der Klägerin festgestellt. Zwar hat der Sachverständige M in seinem Gutachten vom 13.02.2014 angenommen, dass die Planung der Versicherungsnehmerin der Klägerin zur Gefälleausbildung lückenhaft war. Es war aber sowohl im selbständigen Beweisverfahren I-1 OH 12/13 als auch im Rechtsstreits I-1 O 258/15 streitig, ob sich das tatsächlich erstellte Gefälle als mangelhaft darstellt. Dass und warum die Versicherungsnehmerin der Klägerin, die insoweit die Auffassung vertreten hat, das Gefälle sei insbesondere im Hinblick auf die verwendeten Bodenfliesen zulässig, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich groben Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen, ist nicht erkennbar.

    152

    Soweit das Landgericht im Übrigen offensichtlich darauf abstellt, dass die Versicherungsnehmerin ihrer Überwachungspflicht grob fahrlässig nicht nachgekommen sei, weil sie auf eine fachgerechte Ausführung der Arbeiten vertraut habe, folgt daraus nichts anderes. Insbesondere begründet dies allein keine grob fahrlässige Unkenntnis von dem Mangel des Gefälles oder den anderen Mängeln. Es liegen auch - anders als in dem vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall (Beschluss vom 25.02.2012, Aktenzeichen: 13 U 146/10) - keine besonderen Umstände vor, nach denen eine mangelhafte Überwachung durch die Versicherungsnehmerin bereits als grob fahrlässig zu bewerten wäre. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin einfachste Kontrollüberlegungen außer Betracht und selbst eingeplante Kontrollmechanismen außer Acht gelassen sowie die Augen vor der Möglichkeit einer Fehlleistung der Beklagten völlig verschlossen hätte.

    153

    (3)

    154

    Weitere Umstände, die für eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Versicherungsnehmerin der Klägerin von den maßgeblichen Tatsachen vor dem 31.12.2010 sprechen, hat die Beklagte nicht dargelegt.

    155

    c)

    156

    Hat die Verjährungsfrist des § 195 BGB mithin nicht vor dem 31.12.2010 zu laufen begonnen, wäre Verjährung ungehemmt am 31.12.2013 eingetreten. Durch die erfolgten Streitverkündungen und die Klageerhebung im hiesigen Verfahren ist die Verjährungsfrist vor Eintritt der Verjährung gehemmt worden und diese Hemmung dauert noch an. Dies hat zur Folge, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungszeit nicht eingerechnet wird.

    157

    aa)

    158

    So trat Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch die Zustellung der Streitverkündung an die Beklagte im selbständigen Beweisverfahren I-1 OH 12/13 am 09.11.2013 ein. Da die Zustellung demnächst erfolgt ist, wirkt die Zustellung auf die Einreichung der Streitverkündungsschrift am 07.11.2013 zurück. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Streitverkündung sind weder dargelegt noch ersichtlich. Die Hemmungswirkung der Streitverkündung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB am 24.02.2016.

    159

    Die Hemmungswirkung einer Streitverkündung endet nach dieser Vorschrift sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens, in dem der Streit verkündet wurde. Grundsätzlich endet ein selbständiges Beweisverfahren mit dem Schluss des Beweistermins, in dem die gemäß § 490 Abs. 1 ZPO beschlossene Beweisaufnahme durchgeführt und erledigt wird. Wird der Beweis im selbständigen Beweisverfahren durch einen Sachverständigen geführt und findet kein Termin zur Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen statt, endet das Verfahren mit der Übermittlung des Gutachtens an die Parteien, sofern weder das Gericht in Ausübung des ihm nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eingeräumten Ermessens eine Frist gesetzt hat, noch die Parteien dem Gericht nach Erhalt des Gutachtens innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitteilen. Werden mehrere Gutachten eingeholt, kommt es auf die Übermittlung bzw. die Erläuterung des letzten Gutachtens an. (Grothe in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 204 Rn. 98)

    160

    Nach diesen Grundsätzen endete das selbständige Beweisverfahren I-1 OH 12/13 Landgericht Arnsberg am 24.08.2015. Den Parteien des Verfahrens ist das eingeholte Ergänzungsgutachten III mit Beschluss vom 25.06.2015 zugesandt worden. Zugleich ist den Parteien eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme gesetzt worden. Die Frist ist für die hiesige Beklagte auf Antrag bis zum 24.08.2015 verlängert worden. An diesem Tag erfolgte auch eine entsprechende Stellungnahme.

    161

    bb)

    162

    Bereits vor Auslaufen der Hemmungswirkung der Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren war erneut Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB durch die Zustellung einer Streitverkündungsschrift an die Beklagte im Rechtsstreit I-1 O 258/15 Landgericht Arnsberg am 08.01.2016 eingetreten, die wegen der demnächst erfolgten Zustellung auf die Einreichung am 28.12.2015 zurückwirkt. Diese Hemmung endet sechs Monate nach dem rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits, mithin am 16.05.2017. Das am 10.11.2016 verkündete Urteil des Landgerichts ist den Parteien am 15. und 16.11.2016 zugestellt worden.

    163

    cc)

    164

    Durch die am 05.01.2017 zugestellte Klage im hiesigen Verfahren ist die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erneut gehemmt worden. Diese Hemmung dauert bis heute fort. Da die Zustellung demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt ist, wirkt die Zustellung auf die am 28.12.2016 erfolgte Einreichung der Klageschrift zurück.

    165

    II.

    166

    Darüber hinaus hat die Klägerin einen Anspruch auf Verzinsung des zuerkannten Betrages aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat mit der Klage unwidersprochen vorgetragen, die Beklagte mit Schreiben vom 09.10.2012 zum Ausgleich des Schadens aufgefordert zu haben. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

    167

    D.

    168

    Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

    169

    Wegen des weitergehend geltend gemachten Zahlungsanspruchs wird auf die Ausführungen zum stattgebenden Teil der Entscheidungsgründe verwiesen.

    170

    Der Feststellungsantrag ist zulässig aber unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass ein möglicher Anspruch der Versicherungsnehmerin der Klägerin nach § 86 Abs. 1 VVG auf die Klägerin übergegangen ist. Der Rechtsübergang nach § 86 Abs. 1 VVG, auf den sich die Klägerin stützt, findet nach dem Wortlaut des Gesetzes nur statt, „soweit der Versicherer den Schaden ersetzt". Das bedeutet, dass der Versicherer nur insoweit in die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers einrückt, als er Versicherungsleistungen tatsächlich erbracht hat (vgl. BGH, NJW-RR 1989, S. 918, 920). Dies ist hinsichtlich der zukünftigen Schäden, hinsichtlich derer die Klägerin die Feststellung der Ersatzpflicht begehrt, sowie wegen der Ansprüche der Stadt P, deren Freistellung durch die Beklagte die Klägerin erstrebt, offensichtlich nicht der Fall.

    171

    E.

    172

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 Satz 1 und 2 ZPO. Der Streitwert richtet sich nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.

    173

    F.

    174

    Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Rechtssache kommt weder eine grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts wegen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 ZPO. Insbesondere ist weder ersichtlich noch dargetan, dass der Senat im vorliegenden Fall von entscheidungserheblichen Rechtsauffassungen anderer Obergerichte abweicht. Dass der Senat im konkreten Einzelfall im Ergebnis zu anderen Bewertungen im Hinblick auf die grobe Fahrlässigkeit und die Haftungsquote kommt, beruht auf den Besonderheiten des Einzelfalles.

    RechtsgebieteBGB, VOB/B, VVGVorschriftenBGB § 426 Abs. 1, § 426 Abs. 2, § 254; VOB/B 2002 § 13 Nr. 3 und 5; VVG § 86 Abs. 1 Satz 1