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  • 23.11.2020 · IWW-Abrufnummer 219047

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 04.06.2019 – 10 U 1545/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 10 U 1545/14

    Landgericht Görlitz, Zweigstelle Außenkammern Bautzen, 5 O 225/08

    Verkündet am: 04.06.2019

    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL

    In dem Rechtsstreit

    T. K., …
    - Kläger und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt …

    gegen

    1.    c. …  mbH, …
    vertreten durch den Geschäftsführer …
    - Beklagte und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    2.    Dipl.-Ing. S. R., …
    - Beklagter und Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt …

    S. P. GmbH, …
    vertreten durch den Geschäftsführer …
    - Streithelferin der Beklagten zu 1 und 2 -

    Prozessbevollmächtigte:
    … Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, …
     
    S. AG, …
    vertreten durch den Vorstand
    - Streithelferin der Beklagten zu 1 und 2 und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    O. …  GmbH Betriebsgesellschaft, …
            vertreten durch den Geschäftsführer …       
    - Streithelferin für die S.  AG -

    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt …

    Unterbevollmächtigte:
    Rechtsanwältin …

    K.  GmbH & Co. KG …, …
    vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin
    K.  Verwaltungs-GmbH …, …
    diese vertreten durch die Geschäftsführerin …,
    - Streithelferin der Beklagten zu 1 und 2 -

    Prozessbevollmächtigte:
    … Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, …,
    Gz.: 00127-15

    wegen Schadensersatz

    hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K.,
    Richter am Oberlandesgericht F. und
    Richter am Oberlandesgericht F.

    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2019 und unter Berücksichtigung eines Schriftsatzrechts für die Beklagten bis zum 4. April 2019 und für den Kläger bis zum 18. April 2019

    für Recht erkannt:

    I.    Auf die Berufungen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. sowie der Streithelferin S.  AG wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz - Außenkammern Bautzen - vom 19.09.2014 - Az.: 5 O 225/08 - wie folgt abgeändert:

    Die Klage wird abgewiesen.

    II.    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits sämtlicher Instanzen, d.h einschließlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, der Kosten der Streithelferinnen der Beklagten sowie der den Beklagten und ihren Streithelferinnen im selbständigen Beweisverfahren beim Landgericht Bautzen - Az.: 2 OH 5/06 - entstandenen Kosten.

    III.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten bzw. ihrer Streithelferinnen wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 20% abwenden, wenn nicht die Beklagten bzw. ihre Streithelferinnen zuvor Sicherheit in Höhe des von ihnen jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20% leisten.

    IV.    Die Revision wird nicht zugelassen.

    und beschlossen:

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 320.000,00 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Kläger verlangt von den Beklagten in unterschiedlicher Höhe Schadensersatz im Umfang der Wiederaufbaukosten von insgesamt 301.284,36 € wegen des Teileinsturz eines historischen Gebäudes, der sich im Jahre 2006 im Zuge der Ausführung von Sanierungsarbeiten ereignet hat.

    Der Kläger beauftragte die Beklagte zu 1., mit der ihn damals eine bereits seit 15 Jahren bestehende geschäftliche Zusammenarbeit verband, mündlich mit der Erbringung von Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 - 7 HOAI (1996) für die Sanierung, Restaurierung sowie den Umbau und einen Teilabriss der historischen Wohn- und Geschäftshäuser auf der …straße … in X.. Der Beklagte zu 2. sollte gemäß schriftlichem Ingenieurvertrag (Anl. K2, GA 58 ff.) verschiedene statische Berechnungen vornehmen. Mit der Ausführung der Bauarbeiten beauftragte der Kläger die Streithelferin der Beklagten, die S.  AG (fortan: S. AG), als Generalunternehmerin.

    Die Planung der Beklagten zu 1. sah die Errichtung von zwei Garagenräumen im Kellergeschoss des Hinterhauses vor. Hierzu musste die Kelleraußenwand durchbrochen und unterfangen werden. Zur Herstellung der Unterfangung war die vorübergehende Abstützung der Kelleraußenwand mittels eines Baubehelfs erforderlich.

    In diesem Zusammenhang bohrte am 24.04.2006 eine Subunternehmerin der S. AG - mittels Kernbohrung - sechs Löcher mit einem Durchmesser von ca. 45 cm in einem Abstand von je etwa 1 m in einer waagerechten Reihe in die Gebäudeaußenwand oberhalb der über dem Keller befindlichen Geschossdecke. Mehrere Tage danach schob die S. AG jeweils einen Doppel-T-Träger durch die Bohrlöcher und legte diese an ihren Enden jeweils auf mehr als geschosshoch ausziehbare Baustützen auf.

    Der Errichtung des Baubehelfs lagen keine planerischen Vorgaben des Beklagten zu 1. zugrunde. Auf Bitte des Bauleiters der S. AG berechnete der Beklagte zu 2., welche Tragkraft die Doppel-T-Träger haben müssen, um das Gewicht der Gebäudeaußenwand zu tragen.

    Am Sonntag, dem 07.05.2006, stürzten die im Bereich des Baubehelfs befindliche Gebäudeaußenwand nebst einer sich daran anschließenden Außenwand des Seitenhauses sowie die Geschossdecken und der Dachstuhl ein.

    Zum unstreitigen Sachverhalt, dem streitigen Vortrag sowie den Anträgen der Parteien in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

    Das Landgericht hat - sachverständig beraten - die Beklagte zu 1. zur Zahlung von 197.603,07 € nebst Zinsen, sowie beide Beklagte als Gesamtschuldner zur Zahlung weiterer 98.801,53 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Beklagten für den Fall der Wiederherstellung des Bauwerks auch die vom Kläger zu zahlende Mehrwertsteuer zu erstatten haben. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

    Die Beklagte zu 1. hat gegen das am 29.09.2014 an ihren Prozessbevollmächtigten zugestellte Urteil mit am 28.10.2014 beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis zum 02.01.2015, mit an diesem Tag beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenem Schriftsatz begründet.

    Der Beklagte zu 2. hat gegen das am 30.09.2014 an seinen Prozessbevollmächtigten zugestellte Urteil mit am 23.10.2014 beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 27.11.2014 beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenem Schriftsatz begründet.

    Die S. AG hat mit Schriftsatz vom 29.10.2014 für den Beklagten zu 2. Berufung eingelegt und das Rechtsmittel, nach Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis zum 02.01.2015, mit am 31.12.2014 beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenem Schriftsatz begründet.

    Die Beklagte zu 1. rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Landgericht habe sich zu der Frage, was sie dem Kläger nach dem mündlichen Architektenvertrag geschuldet habe, zu Unrecht auf die angeblich „nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen“ des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. berufen. Nach dem Inhalt des mündlich geschlossenen Vertrages habe sie weder die Planung des Baubehelfs noch die Planung und/oder die Koordination der Arbeiten zur Herstellung des Mauerdurchbruchs und der Unterfangung der Kelleraußenwand geschuldet. Auch sei sie insoweit nicht mit der Bauüberwachung beauftragt gewesen und habe daher nicht kontrollieren müssen, ob die Bauausführung durch die S. AG entsprechend den anerkannten Regeln der Technik erfolgt.

    Auch der Beklagte zu 2. rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der Bauleiter der S. AG habe ihn ausschließlich gebeten, zu berechnen, wie die Doppel-T-Träger zu bemessen sind, damit sie über eine ausreichende Tragkraft verfügen, um das Gewicht der Kelleraußenwand zu tragen. Im Übrigen habe sich die S. AG bzw. deren Bauleiter die Planung und Ausführung des Baubehelfs vorbehalten und insoweit weder von ihm noch von der Beklagten zu 1. irgendwelche Zuarbeiten oder Planungsleistungen gefordert. Das Landgericht habe seine (Mit-)Haftung festgestellt, ohne in seinem Urteil die Grundlage für diese Haftung bzw. seine Pflichtenstellung aufzuzeigen. Er sei weder auf Grund schriftlichen Vertrages mit dem Kläger zur Planung des Baubehelfs verpflichtet gewesen noch sei er später mündlich hierzu aufgefordert worden. Die Planung und Umsetzung des Baubehelfs sei vielmehr allein Aufgabe der S. AG gewesen. Ferner habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass nach den Feststellungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. L. und Dipl.-Ing. K. bereits die durch die Bohrungen eingetretene „Schwächung der Querschnitte“ den Einsturz verursacht habe. Der - unterstellt - unzureichende Baubehelf habe damit keine positiven oder negativen Auswirkungen auf den Einsturz mehr haben können. Auf das konkrete Vorgehen der S. AG, also die Schwächung des Mauerwerks durch die Bohrungen und das anschließende Zuwarten mit dem Aufbau des Baubehelfs, habe er keinen Einfluss gehabt. Hierzu sei er weder befragt worden noch sei ihm dieses auf anderem Wege bekannt gemacht worden.

    Die S. AG rügt die Feststellungen des Landgerichts zum Anspruchsgrund sowie eine Vielzahl von Verletzungen formellen und materiellen Rechts. Sie stellt nicht in Abrede, dass die Herstellung der Bohrlöcher nicht im sog. „Pilgerschrittverfahren“ erfolgte, bestreitet aber, dass die von ihr ergriffenen Maßnahmen zur provisorischen Unterfangung der Außenwand für den Einsturz der Gebäudeteile ursächlich geworden sind. Vielmehr hätten sich die betreffenden Gebäudeteile schon zuvor in einem derart desolaten Zustand befunden, dass sowohl aus statischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen ein Abbruch geboten gewesen wäre. Dies habe ihr der Kläger bewusst verschwiegen.

    Die Beklagte zu 1. beantragt,

    das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz - Außenkammern Bautzen - vom 19.09.2014 - Az.: 5 O 225/08 - abzuändern und die gegen die Erstbeklagte gerichtete Klage insgesamt abzuweisen.

    Der Beklagte zu 2. und die S. AG beantragen,

    das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz - Außenkammern Bautzen - vom 19.09.2014 - Az.: 5 O 225/08 - abzuändern und die Klage gegen den Beklagten zu 2. abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufungen zurückzuweisen.

    Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte zu 1. die Planung des „streitbefangenen Baubehelfs“ geschuldet habe, da sie jedenfalls dessen Planung übernommen habe. Unstreitig habe sich die Beklagte zu 1. bzw. deren Geschäftsführer zur fraglichen Zeit um das Bauvorhaben gekümmert. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. sei regelmäßig vor Ort gewesen und habe diesbezüglich auch „Rückmeldungen“ an ihn - den Kläger - gegeben. Zu keinem Zeitpunkt habe er erklärt, lediglich unverbindliche Freundschaftsdienste zu erbringen, nur aus eigenem Interesse zu handeln oder hierzu gar nicht verpflichtet zu sein.

    Es sei zwar zutreffend, dass der Beklagte zu 2. als Statiker lediglich telefonisch auf Zuruf eine Berechnung vorgenommen habe. Es sei aber zu beachten, dass er kein Unbeteiligter gewesen sei, der, ohne die Hintergründe zu kennen, beauftragt wurde, eine isolierte Berechnung vorzunehmen.

    Nachdem der Senat das Urteil des Landgerichts Görlitz - Außenkammern Bautzen - mit Endurteil vom 29.12.2015 abgeändert und die Klage abgewiesen hatte, hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 18.07.2017 (Az.: VII ZR 30/16) aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

    Der Senat hat daraufhin den Sachverständigen Dipl.-Ing. K. am 14.03.2018 erneut angehört und den Parteien darüber hinaus Gelegenheit gegeben, auch Fragen an den Sachverständigen Dipl.-Ing. L. zu richten.

    II.

    Die Berufungen der Beklagten sowie der S. AG sind zulässig und begründet. Weder der Beklagte zu 2. (nachfolgend Ziff. 1) noch die Beklagte zu 1. (nachfolgend Ziff. 2) sind dem Kläger wegen des Teileinsturzes des historischen Gebäudes im Jahr 2006 zum Schadensersatz verpflichtet.

    1.    Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 2. ergibt sich weder aus der Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht noch aus einer unerlaubten Handlung wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB oder wegen fahrlässiger (nach-)vertraglicher Nebenpflichtverletzung gemäß §§ 241 Abs. 2, 280 BGB.

    1.1.    Der Kläger hat nicht den Beweis zu erbringen vermocht, dass der Teileinsturz des Gebäudes durch eine zu geringe Tragkraft der Doppel-T-Träger verursacht wurde, deren erforderliche Abmessungen der Beklagte zu 2. auf Bitte des Bauleiters des S. AG hin berechnet hatte.

    Das Landgericht hat in dem angegriffenen Urteil keine konkreten Feststellungen zur Ursache des Teileinsturzes getroffen. Vielmehr hat es ohne Differenzierung hinsichtlich der möglichen Ursachen ausgeführt, die Kammer sei davon überzeugt, „die mit dem Anbringen der gewählten ungeeigneten Abstützungskonstruktion einhergehenden Eingriffe in die Bausubstanz“ hätten den Einsturz verursacht (Buchst. B. Ziff. II 2 lit. a der Entscheidungsgründe).

    Der Sachverständige Dipl.-Ing. K. hat auf die Frage des Senats, ob der Teileinsturz des Gebäudes noch hätte verhindert werden können, nachdem die Gebäudeaußenwand zuvor bereits durchbohrt und mehrere Tage ohne Abstützung geblieben war, angegeben, dass er hierzu keine Aussage treffen könne. Bereits mit dem Anbringen der Bohrlöcher sei eine Lastumlagerung mit einer damit einhergehenden Störung des Mauerwerkgefüges eingetreten. Ob sich mehrere Tage nach Anbringen der Bohrlöcher der Einsturz noch hätte verhindern lassen, wenn zu diesem Zeitpunkt eine geeignete, d.h. eine ausreichend tragfähige, Abstützkonstruktion fachgerecht eingebaut worden wäre, lasse sich nicht sagen.

    Selbst wenn man demnach als zutreffend unterstellt, der Beklagte zu 2. habe die erforderliche Tragkraft der Doppel-T-Träger nicht korrekt berechnet, kann danach nicht angenommen werden, der Teileinsturz des Gebäudes sei hierdurch (mit-)verursacht worden.

    Eine erneute Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. zu dieser Frage war nicht geboten, da es insoweit um die Klärung von statischen Ursachen für den Gebäudeeinsturz geht und der Sachverständige Dipl.-Ing. K. auf Veranlassung des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. vom Landgericht gerade deshalb hinzugezogen wurde, weil Fragen zur Statik nicht in seinen Fachbereich fallen.

    Ungeachtet dessen wurde sämtlichen Verfahrensbeteiligten im Termin Gelegenheit gegeben, Fragen sowohl an den Sachverständigen Dipl.-Ing. K. als auch an den Sachverständigen Dipl.-Ing. L. zu stellen. Sie, d.h. auch der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter, erklärten, dass sie keine Fragen mehr an die Sachverständigen haben.

    Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, wie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 16.04.2019 innerhalb antragsgemäß verlängerter Frist beantragt, bestand kein Anlass. Davon, dass die Beweisaufnahme durch den Senat nicht „ergebnisoffen“ geführt worden sei, kann keine Rede sein. Es ist zwar zutreffend, dass der Senat im Rahmen der Beweisaufnahme eine von den Sachverständigen vorbereitete „allgemeine Erläuterung zur Problematik des Baubehelfs“ nicht zugelassen hat. Auf die Frage, wie ein Baubehelf fachgerecht herzustellen ist, kommt es aber nicht an, da der Kläger nicht bewiesen hat, dass eine fehlerhafte Leistung des Beklagten zu 2. in Bezug auf den Baubehelf für den Einsturz des Gebäudes (mit-)ursächlich war.

    1.2.    Der Beklagte zu 2. hat nicht durch ein pflichtwidriges Unterlassen eine (Mit-)Ursache für den Teileinsturz des Gebäudes gesetzt.

    1.2.1.    Aus dem am 29.11.2005 zwischen ihm und dem Kläger geschlossenen Ingenieurvertrag ergibt sich keine Pflicht des Beklagten zu 2., den Kläger und/oder sonstige Baubeteiligte vor den Gefahren, die mit dem Einbringen von Bohrlöchern in die Gebäudeaußenwand verbunden sind, zu warnen und darauf hinzuweisen, dass das Durchbrechen der Kelleraußenwand eine fachgerechte Ausführung, z.B. im Wege des sog. „Pilgerschrittverfahrens“, erfordert. Seine vertraglichen Pflichten erschöpften sich insoweit darin, vor Beginn der Bauausführung die statischen Berechnungen für die Tragwerksplanung zu erbringen und die Bewehrungspläne anzufertigen.

    1.2.2.    Für den Beklagten zu 2. bestand auch auf Grund seiner Bereitschaft, der S. AG die erforderlichen Maße für die Doppel-T-Träger mitzuteilen, kein Anlass, die S. AG, den Kläger oder einen sonstigen Baubeteiligten darauf hinzuweisen, dass das beabsichtigte Durchbrechen der Gebäudeaußenwand in Verbindung mit der Errichtung eines Baubehelfs mit Risiken verbunden ist. Insbesondere war er nicht gehalten, die S. AG oder einen sonstigen Baubeteiligten darauf hinzuweisen, dass die Bohrlöcher für die Doppel-T-Träger nicht in einem Zug hergestellt werden dürfen und die Gebäudeaußenwand danach nicht mehrere Tage ohne provisorische Abstützung durch einen geeigneten Baubehelf bleiben darf. Vielmehr durfte er davon ausgehen, dass die S. AG, immerhin ein überregional tätiges, renommiertes Bauunternehmen mit einschlägiger Erfahrung bei der Altbausanierung, mit den Arbeiten zur fachgerechten Herstellung des Mauerdurchbruchs vertraut ist und diese nicht in geradezu dilettantisch anmutender Art und Weise ausführt.

    1.3.    Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich eine Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 2. (auch) nicht aus dem Rechtsgrund der unerlaubten Handlung wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB.

    Dem Beklagten zu 2. kann nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe das Eigentum des Klägers dadurch verletzt, dass er es unterlassen habe, diesen auf die mit dem Durchbrechen der Außenwand verbundenen Risiken sowie die Notwendigkeit der fachgerechten Planung eines Baubehelfs hinzuweisen. Der Umstand, dass der Beklagte zu 2. als Statiker mit den Risiken der Baumaßnahmen vertraut sein müsste, reicht nicht aus, um eine Rechtspflicht zur Erteilung eines Hinweises zu begründen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Bauleiter der S. AG ihn um die Angaben zur Bemessung der Doppel-T-Träger gebeten hat.

    2.    Die Beklagte zu 1. ist dem Kläger weder wegen der Verletzung einer Bauüberwachungspflicht noch auf Grund einer sonstigen Pflichtverletzung nach den §§ 280 Abs. 1, 634 Nr. 4 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.

    2.1.    Der Kläger hat nicht dargetan, dass er die Beklagte zu 1. in Bezug auf das hier in Rede stehende Bauvorhaben mit der Durchführung der Bauüberwachung, d.h. dem Überwachen der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen sowie mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften, beauftragt hat. Aus dem Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. die Baustelle während der Bauausführung aufgesucht hat und unstreitig bei Baustellenberatungen zugegen war, lässt sich nicht der Schluss ziehen, sie habe damit faktisch und noch dazu umfassend die Bauüberwachung übernommen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der nicht näher konkretisierten Behauptung des Klägers, die Beklagte zu 1. habe „auch Pauschalbeträge für Maßnahmen der Bauleitung“ abgerechnet. Der mit Schriftsatz vom 16.04.2019 (GA 4014f), d.h. nach Schluss der mündlichen Verhandlung, erstmals gehaltene Vortrag des Klägers, der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. habe Kenntnis davon gehabt, dass die S. AG beim Durchbruch einer [Anm. des Senats: weiteren] Wand, die als Garagenzufahrt vorgesehen gewesen sei, eine „vollkommen unzureichende und falsche Abstützung (Baubehelf) angewendet“ habe, war gemäß §§ 525, 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Der dem Kläger im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 14.03.2019 bewilligte Schriftsatznachlass erfolgte ausschließlich zur Stellungnahme zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme.

    2.2.    Die Beklagte zu 1. war im Rahmen des ihr durch den Kläger mündlich erteilten Auftrags nicht verpflichtet, selbst planerische Vorgaben hinsichtlich der Herstellung des Wanddurchbruchs zu machen oder gar den Baubehelf, d.h. die Konstruktion zum provisorischen Abstützen der Außenwand, zu planen. Dies hätte gegebenenfalls durch einen Statiker erfolgen müssen.

    2.3.    Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte zu 1. ihre planerischen Pflichten auch nicht dadurch verletzt, dass sie es unterlassen hat, auf die Notwendigkeit einer fachgerechten Herstellung des Wanddurchbruchs sowie einer Planung des erforderlichen Baubehelfs durch einen Statiker hinzuweisen.

    Die Annahme einer solchen Hinweispflicht würde im konkreten Fall die Anforderungen an die von der Beklagten zu 1. geschuldete planerische Tätigkeit überspannen. Dass das Herstellen von 6 Bohrlöchern mit einem Durchmesser von jeweils 45 cm auf einer Wandbreite von ca. 7,70 m bei einem Altbau mit Mauerwerk, dessen Zusammensetzung ungeklärt ist, Auswirkungen auf die Standsicherheit des Gebäudes haben kann, war ohne Weiteres ersichtlich, zumal Bohrungen in dem statisch besonders relevanten Bereich der sog. „Mauerwerkspfeiler“ (aufgehendes Mauerwerk zwischen den Fensterreihen) eingebracht wurden. Unter diesen Umständen durfte die Beklagten zu 1. davon ausgehen, dass die S. AG als renommiertes und bei der Altbausanierung versiertes Bauunternehmen mit der grundlegenden Vorgehensweise bei der Herstellung eines Wanddurchbruchs mit provisorischer Abstützung durch einen Baubehelf vertraut ist, d.h. die Gebäudeaußenwand nicht „in einem Zug durchlöchert“ und das dadurch geschaffene Risiko eines Einsturzes auch noch dadurch vergrößert, dass sie den Baubehelf erst mehrere Tage danach errichtet. Der Gefahr, dass ein Bauunternehmen fehlerhaft arbeitet, kann ein Bauherr entgegenwirken, indem er einen Dritten, insbesondere einen Architekten, mit der Bauüberwachung beauftragt. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger aber - sei es um Kosten zu sparen oder aus anderen Gründen - gerade keinen Gebrauch gemacht. Es besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, dieses Versäumnis durch die Statuierung einer weit gefassten Hinweispflicht der Beklagten zu 1. zu kompensieren. Dabei ist nach Auffassung des Senats auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Kläger um einen sehr erfahrenen Bauherrn handelt, der mit der Beklagten zu 1. bereits mehrere Bauvorhaben realisiert hatte. Er musste sich daher der Risiken, die daraus entstehen können, dass sich der Generalübernehmer bei fehlender externer Bauüberwachung praktisch selbst überwachen soll, bewusst sein.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Revisionsgrund nach § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.