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  • 15.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220505

    Oberlandesgericht München: Urteil vom 20.01.2021 – 20 U 2534/20 Bau

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht München
        
    20 U 2534/20 Bau
    23 O 857/13 LG Landshut

    IM NAMEN DES VOLKES

    - Kläger, Berufungskläger u. Berufungsbeklagter -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    gegen

    1)    …
    - Beklagter, Berufungsbeklagter u. Berufungskläger -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt …

    2)    …
    - Beklagter, im Berufungsverfahren nicht beteiligt -

    Streithelfer zu 1:
    1)     …
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    2)     …
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    3)    …
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    wegen Schadensersatz

    erlässt das Oberlandesgericht München - 20. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2021 folgendes

    Endurteil

    1. Die Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 16.03.2020, Az. 23 O 857/13, werden zurückgewiesen.
    2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 20 % und der Beklagte zu 1) 80 % zu tragen.
      Von den Kosten der Nebenintervention der Streithelfer des Beklagten zu 1) im Berufungsverfahren trägt der Kläger jeweils 20 %.
    3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
    4. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Beschluss

    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 80.948,83 Euro festgesetzt.

    Gründe:

    I.

    Der Kläger begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen Baumängeln an dem Gebäude K. Straße 32 in E.  Gegen den Beklagten zu 1) werden Planungs- und Überwachungsfehler geltend gemacht, gegen den Beklagten zu 2) Mängel bei der Herstellung seines Gewerks.

    Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

    Gegen den Beklagten zu 2) ist am 07.12.2015 Versäumnisurteil ergangen, er hat die Verpflichtungen daraus erfüllt.

    Das Landgericht hat mit Endurteil vom 16.03.2020 der Klage weitgehend stattgegeben bzw. - wegen der Leistung des Beklagten zu 2) aufgrund des Versäumnisurteils - die Erledigung festgestellt. Das Landgericht hat eine Haftung des Beklagten zu 1) für Mängel im Bereich der Abdichtung bejaht sowie für eine Durchfeuchtung der Fassade als Folge der nicht ordnungsgemäßen Abdichtung. Abgewiesen hat es die Klage, soweit der Kläger Ansprüche wegen einer unzureichenden Isolierung der östlichen Kelleraußenwand geltend macht.
    Der Kläger und der Beklagte zu 1) haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.

    Der Kläger beantragt:

    1. Der Beklagte zu 1) wird in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 15.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als zweckgebundenen, im Rahmen der Sanierung des unter nachfolgendem Berufungsantrags genannten Mangels zu bezahlenden Schadensersatz zu bezahlen, über welchen nach Mangelbeseitigung abgerechnet wird.

    2. Es wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger den über 15.000,00 Euro netto hinausgehenden Schaden für die Beseitigung des Mangels am Gebäude K.-Straße 32, … E. zu ersetzen: die östliche Kelleraußenwand ist nicht mehr mit einer kunststoffmodifizierten Bitumenbeschichtung versehen.

    3. Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.

    Der Beklagte zu 1) beantragt:

    1. Das Urteil erster Instanz wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

    2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

    Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht aufgrund des E-Mail-Verkehrs zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter des Beklagten zu 1) unterstellt, dass der Kläger abweichend vom Leistungsverzeichnis der M. Bau GmbH eine Leistungsänderung, nämlich einen teilweisen Wegfall der Bitumenschicht entschieden habe. Seine Rüge, das Landgericht habe seinem Beweisangebot nachgehen müssen, hat er nicht aufrechterhalten und in der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2021 auf die Zeugin T. L. verzichtet.

    Der Beklagte zu 1) ist der Auffassung, dass die Feststellungen des Sachverständigen nicht ausreichen, um einen Fehler bei der Bauüberwachung anzunehmen. Außerdem liege ein überwiegendes Eigenverschulden des Klägers vor, weil sich durch dessen Zuwarten mit der Mängelbeseitigung die Schäden und Folgeschäden erheblich erhöht hätten. Ferner trägt er vor, er habe im Rahmen der Rechnungsprüfung rund 32.000 Euro für Mängel, insbesondere an Abdichtungsarbeiten, einbehalten. Der Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass der Kläger diesen Betrag zur Mängelbeseitigung hätte verwenden können. Jedenfalls aber hätte das Landgericht diese Beträge von dem geltend gemachten Schaden in Abzug bringen müssen.

    Wegen des weiteren Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungen des Klägers vom 03.09.2020 (Bd. IV Bl. 825/831) und des Beklagten zu 1) vom selben Tage (vgl. Bd. IV Bl. 832/836) sowie auf die Berufungserwiderungen des Beklagten zu 1) vom 11.12.2020 (Bd. IV Bl. 851/854 d.A.) und des Klägers vom 14.12.2020 (Bd. IV Bl. 855/861 d.A.) Bezug genommen. Ferner wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2021 Bezug genommen.

    II.

    Die Berufungen sind zulässig, jedoch unbegründet.

    A. Berufung des Klägers

    Das Landgericht hat zu Recht Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 1) wegen der fehlenden KMB-Beschichtung an der östlichen Kelleraußenwand abgewiesen.

    Unstreitig ist in dem Leistungsverzeichnis „Baumeisterarbeiten“ unter Ziffer 1.4.10 ein „Bitumenanstrich an Aussenwänden 2-lagig“ vorgesehen. Dieser wird beschrieben als „Schutzanstrich auf äußere, erdberührende Wandflächen auf trockenem Zementverputz oder Beton, 2-lagig in bituminöser Ausführung“ (vgl. Anlage K 7). Dieser Posten ist in der Schlussrechnung der Streithelferin, der M. Bau GmbH, unter Ziffer 1.4.10 aufgeführt und mit 1.574,88 Euro in Rechnung gestellt (vgl. Anlage K 40). Der Bitumenanstrich ist unstreitig erst auf Nachbesserungsaufforderung von der Streithelferin an der Nord-, West- und Südseite des Kellers angebracht worden, nicht aber an der Ostseite, am Kaltkeller.

    Die auf dem E-Mail-Verkehr des Klägers mit dem Zeugen E., einem Mitarbeiter des Beklagten zu 1), vom Mai 2012 beruhende Feststellung des Landgerichts, der Kläger habe im Rahmen der Vergabegespräche auf den Bitumenanstrich an der Ostseite des Kaltkellers verzichtet, ist nicht zu beanstanden. In der E-Mail des Klägers vom 14.05.2012 an den Zeugen E. heißt es: „Fa. M. - Folie/Bitumen: Zur Klärung der fehlerhaft verbauten Folie benötigen wir von Ihnen die Angabe, ob unser Keller als „weiße“ oder „schwarze“ Wanne geplant und ausgeführt ist. Weiterhin ist bei der Durchsicht der Rechnung aufgefallen, dass eine 2-Stufige Bitumenschicht abgerechnet ist. Hier hatten wir vereinbart, dass wir diese aus Kostengründen weglassen. Hierzu einige Fragen: warum wurde diese trotz anderweitiger Absprache durch die Fa. M. aufgebracht (Kostenposition ca. 2000 EUR)? Jetzt gibt es ja den Fall: Gemäß LV abgerechnet aber nicht aufgebracht.

    Insofern, ist die 2-Lagige Schicht „wirklich“ aufgebracht? Wir haben hierzu keine Fotos - bitte Fotos bereitstellen, aus dem dies ersichtlich wird. Wenn diese aufgebracht ist, warum befindet sich dann nicht auch an unserer unterkellerten Garage eine Bitumenschicht - dies hätte wohl nur einen geringen Mehraufwand erfordert, oder?“ (vgl. Anlage B 16). Hierauf antwortete der Zeuge E. mit E-Mail vom 16.05.2012: „(D)er Keller wurde von der Fa. M. sachgemäß wie bei der Vergabe gewünscht mit WU-Beton und 2-lagige Schwarzabdichtung erstellt. Da sie Wohnräume im Keller nutzen wollen haben Sie sich im Vergabegespräch mit Herrn J. M. jun. für diese Variante entschieden und es wurde so von der Fa. M. ausgeführt. Fotos zu genau diesem Arbeitsschritt sind nicht vorhanden. Eine Schwarzabdichtung im Kaltkeller aus WU-Beton wurde nicht aufgebracht, da dies keine Vorteile bringt und nur Kosten verursacht“ (vgl. Anlage B 16).

    Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung erneut darauf abstellt, dass er von den Begrifflichkeiten verwirrt gewesen sei und sich daher in der E-Mail falsch ausgedrückt habe, ist dies nicht überzeugend. Hierzu hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass dies nicht nachvollziehbar sei, da der Kläger ganz konkret zu einzelnen Punkten nachgefragt und auch nach unterschiedlichen Gebäudeteilen differenziert habe (vgl. Urteil S. 35, Bd. III Bl. 756 d.A.).

    Die nunmehr vom Kläger vorgetragene Erklärung, er könnte sich in der E-Mail auf Position 1.4.11 des Leistungsverzeichnisses (Anlage K 7) bezogen haben, die einen zusätzlichen Anstrich mit Dichtungsschlämme vorsehe, welcher wohl in der Tat weggefallen sei, da er auch in der Schlussrechnung der M. Bau GmbH (Anlage K 40) nicht abgerechnet worden sei, vermag nicht zu überzeugen. In seiner E-Mail vom 14.05.2012 nimmt der Kläger mehrfach auf die „Bitumenschicht“ Bezug (vgl. Anlage B 16). So stellt er seinen Ausführungen die Überschrift „Fa. M. ‒ Folie/Bitumen“ voran. Sodann spricht er ausdrücklich von der „2-Stufige(n) Bitumenschicht“, wiederholt dann den Begriff der „2-Lagige(n) Schicht“ und erwähnt die „Bitumenschicht“ erneut im Zusammenhang mit der Garage. Nachdem der Kläger in seiner E-Mail vom 14.05.2012 mehrfach ausdrücklich auf die „Bitumenschicht“ Bezug nimmt, ist nicht nachvollziehbar, dass er nunmehr rückblickend davon ausgeht, den „Anstrich mit Dichtungsschlämme“ gemeint zu haben.

    Auch die Auslegung der E-Mail des Zeugen E. vom 16.05.2012 (Anlage B 16), wonach der abschließende Satz, dass eine Schwarzabdichtung im Kaltkeller aus WU-Beton nicht aufgebracht worden sei, da dies keine Vorteile gebracht hätte, sich nicht auf die Vereinbarung des Klägers mit der M. Bau GmbH im Vergabegespräch bezogen habe, sondern lediglich eine technische Erläuterung darstelle, warum die Beschichtung der Ostseite des Kellers technisch nicht notwendig sei, überzeugt nicht. Vielmehr ist die E-Mail des Zeugen E.  so zu verstehen, dass er dem Kläger erläutert, weshalb dieser sich im Rahmen der Vergabe dafür entschieden hatte, lediglich den Bitumenanstrich bzw. die Schwarzabdichtung für die im Keller genutzten Wohnräume, nicht aber für den Kaltkeller zu beauftragen. Der Kläger selbst hat in seiner E-Mail vom 14.05.2012 (Anlage B 16) darauf hingewiesen, dass doch vereinbart gewesen sei, den Bitumenanstrich aus Kostengründen wegzulassen. Genau dies bestätigt der Zeuge E. im Hinblick auf den Kaltkeller, wenn er ausführt, dass im Kaltkeller eine Schwarzabdichtung nicht aufgebracht wurde, da dies keine Vorteile bringe und nur Kosten verursache.

    B. Berufung des Beklagten zu 1)

    1. Entgegen den Ausführungen des Beklagten zu 1) in der Berufungsbegründung hat das Landgericht zu Recht auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Sch. vom 29.04.2015 festgestellt, dass Mängel im Bereich der Abdichtung vorliegen.

    Die Nachprüfung der Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht muss sich wegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO darauf beschränken, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend, widerspruchsfrei, nachvollziehbar und zutreffend auseinandergesetzt hat. Nur wenn sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung nicht zu überzeugen vermag, so ist es an die erstinstanzlichen Feststellungen, die es auf Grund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält, nicht gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2005 - VIII ZR 266/03, juris Rn. 5, 14). Die Überzeugungsbildung durch das Landgericht ist unter Anwendung dieser Grundsätze nicht zu beanstanden.

    Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Landgericht die Anforderungen an seine richterliche Überzeugungsbildung nicht verkannt. Das Erstgericht hat zutreffend das Beweismaß des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugrunde gelegt und die insoweit geltenden Regeln beachtet. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Diese Überzeugung des Richters erfordert keine - ohnehin nicht erreichbare - absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 17.02.1970 - III ZR 139/67, juris Rn. 72).

    Vorliegend ist das Landgericht zu Recht aufgrund der nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des Gutachters zu dem Ergebnis gelangt, dass Mängel im Bereich der Abdichtung vorliegen. So hat der Gutachter in seinem Gutachten vom 29.04.2015 wörtlich ausgeführt: „Mithilfe eines Probewasseraufstaus von ca. 7 cm auf der Abdichtungsebene der Dachterrasse konnten nach mehreren Stunden Wassereintritte beobachtet werden, d.h. es lagen kleine Undichtigkeiten (z.B. an den Schweißnähten) vor, die von Fachleuten (z.B. Dachdecker, Privatgutachter, Gerichtsgutachter) augenscheinlich nicht erkennbar waren. Gravierende Mängel an Teilbereichen der Abdichtungshochzüge können mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, da das Fußholz an der Westfassade nicht bereichsweise, sondern über die gesamte Länge der Fassade extrem geschädigt war. Dies deutet eindeutig darauf hin, dass nicht lokal an Abdichtungshochzügen Schlagregen eingedrungen ist, sondern das anfallende Wasser auf der Abdichtungsebene über Leckagen in der Abdichtung in den Dachterrassenaufbau geflossen ist und sich dort flächig verteilt hat. Daher ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Ausführungsfehler zu kleinen Leckagen in der Abdichtungsebene (z.B. im Bereich der Schweißnähte) geführt haben und so die Feuchtigkeitsschäden aufgetreten sind“ (Gutachten vom 29.04.2015, S. 49). Dass das Landgericht auf Grundlage dieser Ausführungen des Sachverständigen gem. der oben dargestellten Grundsätze zu der Überzeugung gelangt ist, dass Mängel im Bereich der Abdichtung gegeben sind (vgl. Urteil S. 21), ist nicht zu beanstanden.

    2. Ferner hat das Landgericht zu Recht eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht des Beklagten zu 1) bejaht. Wie dargelegt, hat das Landgericht entgegen des Einwands des Beklagten zu 1) einen Ausführungsmangel bei den Abdichtungsarbeiten bejaht. Zu Recht hat es Abdichtungsarbeiten als besonders gefahrgeneigte Arbeiten eingeordnet (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 30.03.2017 - 12 U 71/16, juris Rn. 38 m.w.N.). Kommt es bei derartigen Arbeiten zu Ausführungsmängeln, spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Architekt seine Bauüberwachungspflicht verletzt hat (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 30.03.2017 - 12 U 71/16, juris 38; BGH, Urteil vom 16.05.2002 - VII ZR 81/00, juris Rn. 11).

    Daran ändert auch die Feststellung des Sachverständigen nichts, dass das Ausführen von Schweißnähten eine handwerkliche Selbstverständlichkeit darstellt (vgl. Gutachten vom 29.04.2015 S. 63). Denn wie das Landgericht zutreffend ausführt, handelt es sich bei Abdichtungsarbeiten insgesamt um gefahrträchtige Arbeiten, die auch für den Erfolg des Gesamtwerks mitentscheidend sind, so dass vom Architekten zumindest erwartet werden kann, dass er die Abdichtungsarbeiten, wozu auch die Verschweißung der Bahnen gehört, kontrolliert (vgl. Urteil S. 24).

    Auch der Einwand des Beklagten zu 1), dass nach dem Sachverständigengutachten die Undichtigkeit an einzelnen Schweißnähten der Abdichtungsebene selbst für Fachleute augenscheinlich nicht erkennbar waren (vgl. Gutachten vom 29.04.2015 S. 63), spricht nicht gegen die Annahme einer Verletzung der Bauüberwachungspflicht auf der Grundlage des Beweises des ersten Anscheins. Denn von einem Architekten kann zumindest erwartet werden, dass er diese gefahrträchtigen Abdichtungsarbeiten, nach Abschluss der Arbeiten und bevor diese zugebaut werden, kontrolliert. Denn bei typischen Gefahrenquellen, kritischen Bauabschnitten für den Gesamterfolg und nur kurzzeitig kontrollierbaren Gewerken muss im Rahmen der ordnungsgemäßen Bauaufsicht bereits rechtzeitig vor Verwirklichung von Mängel am Bauwerk das Entstehen von Mängeln verhindert bzw. rechtzeitig deren Behebung veranlasst werden (vgl. OLG München, Urteil vom 08.06.2010 - 28 U 2751/06, juris Rn. 51). Hierzu hat der Beklagte zu 1) nicht näher vorgetragen und ist daher dem Beweis des ersten Anscheins nicht entgegengetreten.

    3. Das Landgericht führt zu Recht aus, dass ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht durch das Unterlassen der umgehenden Sanierung dem Kläger nicht entgegengehalten werden kann.

    Wie das Landgericht zutreffend darstellt, hätte der Kläger durch die Beseitigung der vorhandenen Mängel an den Abdichtungsarbeiten seine Beweisposition erheblich geschwächt. Dieses Risiko musste der Kläger nach Treu und Glauben nicht eingehen (vgl. Urteil S. 26, vgl. allgemein zum Grundsatz von Treu und Glauben als Abgrenzungsmaßstab nur BGH, Urteil vom 18.02.2020 ‒ VI ZR 115/19, BeckRS 2020, 6754 Rn. 16). Darüber hinaus war der Schadensumfang und das Schädigungspotential, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, für den Kläger nicht sofort absehbar, sondern hat sich auch für den gerichtlichen Sachverständigen erst im Zuge von Probeöffnungen gezeigt (vgl. Urteil S. 33).

    Auch war der Kläger, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht zur Aufnahme eines Kredits verpflichtet, um die Beseitigung der Abdichtungsschäden vornehmen zu können (vgl. Urteil S. 33, BGH, Urteil vom 16. 11. 2005 - IV ZR 120/04, NJW-RR Rn. 37). Das Landgericht durfte aufgrund der Angaben der Zeugin L. annehmen, dass zur Finanzierung der Maßnahmen ein Kredit erforderlich gewesen wäre. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) musste der Kläger nicht die im Zuge der Rechnungsprüfung einbehaltenen Beträge - beim Gewerk des Beklagten zu 2) 17.531,63 Euro und beim Gewerk Putz 14.364,40 Euro - zur Durchführung von Sanierungsarbeiten verwenden. Diese Beträge waren nach Beseitigung der Mängel an den jeweiligen Gewerken an die entsprechenden Auftragnehmer auszuzahlen und können deshalb nicht mit vorhandenen Eigenmitteln gleichgesetzt werden.

    4. Fehl geht auch der Einwand des Beklagten zu 1), das Landgericht habe die einbehaltenen Beträge von dem geltend gemachten Schaden des Klägers in Abzug bringen müssen.

    Der gegenüber dem Beklagten zu 2) einbehaltene Betrag von ursprünglich 17.531,63 Euro ist unstreitig zwischenzeitlich bis auf einen Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 926,64 Euro ausbezahlt worden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist dieser Einbehalt noch nicht zur Auszahlung fällig. Abgesehen davon ist nicht dargelegt, dass dieser Einbehalt Mängel betrifft, für die der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) gesamtschuldnerisch haften.

    Der Einbehalt in Höhe von 14.364,40 Euro gegenüber dem Verputzer betrifft Mängel an dessen Gewerk, für die der Beklagte zu 1) nicht haftet; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen (vgl. Urteil S. 31).  

    III.

    1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Dem Kläger sind die Kosten der Nebeninterventionen insoweit aufzuerlegen, als er die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat. Der Beitritt der Streithelfer ist nicht beschränkt worden. Es ist auch kein eingeschränkter Antrag gestellt oder sonst zum Ausdruck gebracht worden, dass sich das Vorbringen auf das eigene Interesse (Regressrisiko) beschränken sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2016 - X ZR 109/12, juris Rn. 6; OLG München, Beschluss vom 23.12.2016 - 28 W 2118/16, BeckRS 2016, 121981 Rn. 33).

    2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711, 709 Satz 2, 713 ZPO.

    3. Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Es handelt sich um Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall.

    IV.

    Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO, 47 GKG. Der Streitwert für die Berufung des Klägers beträgt 16.500 Euro (Antrag 1: 15.000 Euro, Antrag 2: 1.500 Euro).

    Der Streitwert für die Berufung des Beklagten zu 1) beträgt 64.448,83 Euro und setzt sich wie folgt zusammen: Soweit sich der Beklagte gegen die Feststellung der Erledigung (Ziffer 1 und 4) wendet, entspricht der Streitwert dem Kosteninteresse; dieses beläuft sich auf 10.336,00 Euro. Die in Ziffer 2 und 5 zugesprochenen Zinsen - insgesamt 2.101,57 Euro, die sich auf die erledigten Klageanträge beziehen, erhöhen den Streitwert, nicht hingegen die zugesprochenen vorgerichtlichen Anwaltskosten und die darauf entfallenden Zinsen (Ziffer 6 und 7). Der Ausspruch zur Ersatzpflicht in Ziffer 3 ist mit 4.931,75 Euro zu bewerten (10 % des - erledigten - Zahlungsanspruchs), die Verurteilung zur Zahlung in Ziffer 8 mit 47.079,51 Euro.

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 254 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 631 Abs. 1, § 633 Abs. 1, Abs. 2, § 650p