11.09.2024 · IWW-Abrufnummer 243735
Vergabekammer Südbayern: Beschluss vom 18.07.2024 – 3194.Z3-3_01-24-27
1. Lädt der Auftraggeber zu Verhandlungsgesprächen ein, macht er damit aus Sicht eines verständigen Bieters deutlich, dass er von einem in der Bekanntmachung enthaltenen Vorbehalt nach § 17 Abs. 11 VgV keinen Gebrauch macht. Dies führt zu einer Verpflichtung des Auftraggebers zur Durchführung von Verhandlungen nach § 17 Abs. 10 VgV und zur Aufforderung zu einem finalen Angebot nach § 17 Abs. 14 VgV.
2. Ein Bieter ist auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn zwar die Bewertung seines eigenen Angebots vom Beurteilungsspielraum des Auftraggebers gedeckt ist, die Bewertung des Angebots des zum Zuschlag vorgesehenen Bieters aber derart fehlerhaft ist, dass sich eine andere Bieterreihenfolge ergeben könnte.
3. Bei der Umrechnung von Preisen in Bewertungspunkte muss der Auftraggeber eine mathematisch nachvollziehbare Methode vor Kenntnis der Angebote festgelegt haben und diese auch anwenden. Eine Preisbewertungsmethode darf wegen der hohen Manipulationsgefahr nicht nachträglich in Kenntnis der Angebote festgelegt werden.
4. Auch bei der Preisbewertung von Honorarangeboten von Architekten und Ingenieuren, die in Anlehnung an die Vorschriften der HOAI erstellt werden, dürfen nur solche Methoden eingesetzt werden, die zum einen rechnerisch nachvollziehbar sind und zum anderen die relativen Preisabstände zwischen den Angeboten wiederspiegeln können.
5. Die Angebotswertung ist ureigene Aufgabe des Antragsgegners und darf nicht vollständig an einen Verfahrensbetreuer delegiert werden. Aus diesem Grund darf der Verfahrensbetreuer auch nicht nach Befassung des zuständigen Gremiums des Auftraggebers die diesem vorgelegte Benotung eines Angebots eigenmächtig ändern.
6. Nimmt der Antragsgegner bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen Formulierungen wie „es werden keine Planungsleistungen erwartet“ in die Vergabeunterlagen auf, die dafür sorgen sollen, dass die Bieter keine Ansprüche auf eine angemessene Vergütung für Lösungsvorschläge nach § 77 Abs. 2 VgV geltend machen können, darf er nicht gleichzeitig für eine gute Bewertung des Angebots voraussetzen, dass die Bieter überobligatorisch und ohne Vergütung fundierte Lösungsvorschläge i.S.d. § 77 Abs. 2 VgV einreichen.
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