30.10.2014 · IWW-Abrufnummer 143136
Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 27.06.2014 – 17 U 5/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urt. v. 27.06.2014
Az.: I-17 U 5/14
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S., die Richterin am Oberlandesgericht Dr. A.-S. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. U.
für R e c h t erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Januar 2013 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Der Streithelfer der Beklagten trägt seine Kosten selbst. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Mit Zuwendungsbescheid Nr. 72/12/012 vom 18. Dezember 2001 (Bl. 7 ff. GA) erhielt die Klägerin vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) aufgrund der damals geltenden Verordnung über die Förderung von Investitionen von Tages- Nacht- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen und von vollstationären Pflegeeinrichtungen (StatPflVO) eine Zuwendung in Höhe von 4.247.701,00 DM für den Umbau und die Erweiterung eines Altersheims nebst Einrichtung in Bonn. Nach 3.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P), die Anlage des Zuwendungsbescheids war, waren die Vorschriften der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) zu beachten. Unter "8. Bedingungen und Auflagen" des Zuwendungsbescheids hieß es u.a.:
Bei Verstößen gegen die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) und die Verdingungsordnung für Leistungen, ausgenommen Bauleistungen (VOL) kann der Zuwendungsbescheid widerrufen und die Zuwendung widerrufen werden.
Bereits im Oktober/November 2001 hatte die Klägerin mit der Beklagten einen Projektsteuerungsvertrag geschlossen (Bl. 15 - 18 GA).
Unter dem 11. August 2011 teilte der LVR der Klägerin mit (Bl. 20 ff.), sie habe bei der Baumaßnahme Verstöße gegen die VOB festgestellt. Für einzelne Gewerke fehlten die Submissionsprotokolle. Teilweise seien die Prüfung der Angebote und die Vergabeentscheidung nicht dokumentiert, so dass nicht nachgeprüft werden könne, weshalb nicht immer der Mindestbieter den Zuschlag erhalten habe. Bei einigen Gewerken seien Nachverhandlungen erfolgt. Die Gewerke Kunststofffenster seien nicht öffentlich ausgeschrieben worden. Sie beabsichtige daher, den Zuwendungsbescheid in Höhe von 492.726,78 € zu widerrufen. Die davon benachrichtigte Beklagte erklärte, für die beanstandeten Mängel sei sie nicht verantwortlich. Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat der LVR den Zuwendungsbescheid unter dem 03. Mai 2012 (Anlage K 10) teilweise widerrufen, und zwar wegen Verstoßes gegen das Vergaberecht (keine öffentliche Ausschreibung der Gewerke Kunststofffenster, nicht dokumentierte Prüfung der Angebote bei den Gewerken Dachdecker, Malerarbeiten, Sanitär, Zimmererarbeiten und dadurch folgende Unklarheit, wieso Mindestbieter nicht beauftragt worden seien); dieser Bescheid ist mangels Anfechtung bestandskräftig geworden.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz mit der Begründung, die Beklagte habe ihre Pflicht verletzt, für eine der Auflage entsprechende ordnungsgemäße Ausschreibung und Dokumentation Sorge zu tragen, jedenfalls deren Durchführung zu kontrollieren. Dies habe dazu geführt, dass der Zuwendungsbescheid teilweise widerrufen und sie Zinsen in Höhe von 103.226,18 € habe zahlen müssen.
Sie hat daher - nachdem sie zunächst mit der Klageschrift die Feststellung zur Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz infolge der Rückforderung von Zuwendungen begehrt hatte - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 103.266,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, der Projektsteuerungsvertrag umfasse die von der Klägerin genannten Pflichten nicht. Der Architekt der Klägerin, der als Streithelfer der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten ist, habe lediglich an der Vergabe mitwirken müssen, im Übrigen sei allein die Klägerin als Bauherrin verantwortlich gewesen. Der Widerruf des Zuwendungsbescheides durch den Landschaftsverband sei im Übrigen rechtswidrig gewesen. Hilfsweise könne sie von der Klägerin gemäß § 255 BGB Abtretung der Ansprüche gegen den Architekten verlangen.
Der Streithelfer der Beklagten hat sich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Es ist davon ausgegangen, dass die Beklagte die Pflicht traf, bei der Vergabe durch geeignete Auswahl der Vergabeverfahren und hinreichende Dokumentation für die Einhaltung der Auflagen des Zuwendungsbescheides zu sorgen. Diese Pflicht sei verletzt worden, dies habe zum Teilwiderruf des Zuwendungsbescheides geführt. § 255 BGB sei nicht einschlägig.
Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten - unterstützt durch ihren Streithelfer -, mit der sie ihre erstinstanzlich erhobenen Einwände weiter verfolgt und vertieft. Insbesondere machen sie geltend, die vermissten Unterlagen seien der Klägerin übergeben worden. Sie beantragen daher,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Verweis auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
1.
Es kann offen bleiben, ob es sich bei dem Projektsteuerungsvertrag der Parteien um einen Werk- oder um einen Dienstleistungsvertrag handelt (s. dazu Locher/Koeble, HOAI, 10. Aufl., Rdnrn. 420 ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rdnrn. 1929 ff..; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auf., Rdnr. 12/346). In jedem Falle stehen der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten zu. Da die Schäden auch durch eine Nachholung nicht mehr beseitigt werden können, bedarf es einer Fristsetzung nicht.
2.
Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Beklagte die Pflicht traf, für eine ordnungsgemäße Vergabe einschließlich der Erfüllung aller damit zusammenhängenden Pflichten zur ordnungsgemäßen Dokumentation zu sorgen.
a)
Gegenstand eines Projektsteuerungsvertrages sind typischerweise Aufgaben, die an sich - auch im Verhältnis zu einem eingeschalteten Architekten - dem Bauherrn obliegen, die dieser aber - z.B. wegen des Umfangs und der Komplexität des Vorhabens - nicht wahrnehmen will oder kann (vgl. Locher/Koeble, a.a.O., Rdnrn. 398, 399); von daher geht der Einwand der Beklagten, es habe sich um die Klägerin als Bauherrin treffende Pflichten gehandelt, von vornherein fehl. Gegenstand eines Projektsteuerungsvertrages kann damit auch die Organisation der - an sich dem Bauherrn obliegenden - Vergabe einschließlich der damit verbundenen Aufgaben sein; bei an die VOB/A gebundenen Bauherrn kann dazu auch die Pflicht gehören, die zu deren Einhaltung notwendigen Schritte durchzuführen (vgl. Eschenbruch, Recht der Projektsteuerung, 2. Aufl., Rdnrn. 590 ff.).
Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht den zwischen den Parteien geschlossenen - zugegebenermaßen sehr allgemein gehaltenen und ersichtlich nicht auf den konkreten Sachverhalt zugeschnittenen - Projektsteuerungsvertrag zutreffend ausgelegt. Nach 3.1 des Projektsteuerungsvertrages gehörte zu den Pflichten der Beklagten u.a. die Dokumentation, nach 3.3. die "Koordinierung und Kontrolle von Finanzierungs- und Förderungsverfahren", nach 5.5 "Entscheidungen über die zu beauftragenden Unternehmen nach den vom Auftragnehmer .... vorbereiteten Unterlagen ...". Damit gehörte es auch zu den Pflichten der Beklagten, für eine Erfüllung der Auflagen des Zuwendungsbescheides insbesondere bei der Vergabe von Aufträgen zu sorgen. So hat die Beklagte ihren Auftrag in der fraglichen Zeit auch verstanden. Die Beklagte hat - auf ihr Logo aufweisenden Unterlagen - Besprechungen u.ä. umfangreich dokumentiert. Soweit es den Zuwendungsbescheid geht, hat es die Beklagte insbesondere übernommen, die Unterlagen geordnet dem Landschaftsverband zu übergeben, um den Auflagen des Zuwendungsbescheides Genüge zu tun (vgl. Schreiben vom 29.11.2006, Anlage K 3, Bl. 19 GA). Die Beklagte hat keine Erklärung zu letztgenanntem Schreiben abgegeben, die erforderlich wäre, wenn sie diese Pflichten nicht übernommen hätte.
b)
Zu Unrecht wendet die Beklagte ein, der Klägerin sei keine wirksame Auflage zur Einhaltung des Vergaberechts gestellt worden, die Klägerin sei sowieso kraft Gesetzes zur Einhaltung des Vergaberechts verpflichtet gewesen. Mit dieser Argumentation hat die Beklagte - unabhängig von der Frage, ob dies überhaupt Auswirkungen auf den Pflichtenkreis der Beklagten haben kann und ob dies nicht allenfalls bei der Frage des Mitverschuldens der Klägerin eine Rolle spielen könnte - keinen Erfolg.
War die Klägerin öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 5 GWB (was nicht ganz klar ist; das hängt davon ab, ob es sich bei einem Altenheim um ein "Krankenhaus" bzw. um eine "Erholungseinrichtung" im Sinne des § 98 Nr. 5 GWB bzw. der zugrunde liegenden Richtlinie handelt, zum Begriff der "Erholungseinrichtung" in anderem Zusammenhang zuletzt EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-115/12P), wie die Beklagte geltend macht, und war der Schwellenwert überschritten, so traf die Klägerin bereits kraft Gesetzes die Pflicht zur Einhaltung des Vergaberechts; wieso dies die Beklagte entlasten könnte, ist dann von vornherein nicht nachvollziehbar.
Sollte die Beklagte der Auffassung sein, jedenfalls habe dann die Klägerin keine Pflicht zur Einhaltung des Vergaberechts gerade gegenüber dem Landschaftsverband getroffen, aus deren Nichteinhaltung der Landschaftsverband mithin keine Folgen habe ziehen können, trifft dies nicht zu. Selbst wenn die Klägerin öffentliche Auftraggeberin gemäß § 98 Nr. 5 GWB gewesen sein sollte, kann die Einhaltung bereits sich aus dem Gesetz ergebender Pflichten Nebenbestimmung eines Verwaltungsaktes sein. Das gilt auch für das Vergaberecht. Die Regelungen des 4. Abschnitts des GWB regeln die materiell-rechtlichen Pflichten sowie die Durchsetzung der Pflichten durch konkurrierende Unternehmen sowie die Kartellbehörden. Sie schließen es aber nicht aus, dass an die Verletzung vergaberechtlicher Pflichten darüber hinaus Folgen, insbesondere im Subventionsrecht, geknüpft werden (vgl. nur die Fallgestaltung EuGH, a.a.O., bei der gleichfalls aus der Nichteinhaltung des Vergaberechts subventionsrechtliche Schlussfolgerungen gezogen wurden). Die ANBest-P unterscheidet in 3.1 zwischen der Auflage "sind anzuwenden" und unter 3.2 in einem Hinweis auf Verpflichtungen des Auftraggebers aus dem 4. Abschnitt des GWB, die "unberührt" bleiben. Damit handelt es sich bei 3.1 der ANBest -P nicht um einen bloßen Hinweis auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, was für eine Auflage nicht ausreichen würde (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rdnr. 33).
Die Auflage war auch nicht deswegen unwirksam, weil sie mit - unterstellten - Pflichten der Klägerin aus dem 4. Abschnitt des GWB nicht in Einklang zu bringen gewesen wäre. Die Pflichten aus dem Abschnitt 1 der VOB/A, die aufgrund der Auflage einzuhalten waren, waren mit den Pflichten aus dem Abschnitt 2 der VOB/A, der nach § 1 VgV im Falle anzuwenden gewesen wäre, dass es sich bei der Klägerin um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 5 GWB gehandelt haben sollte, nicht unvereinbar. Die Pflichten waren weitgehend identisch, die Vorschriften des 1. Abschnitts galten weitgehend auch für Aufträge nach Abschnitt 2, teilweise gingen die Pflichten aus dem Abschnitt 2 weiter, die Pflichten aus dem Abschnitt 1 gingen insoweit weiter, als sie nicht die Überschreitung von Schwellenwerten voraussetzten. Insoweit ist die vorliegende Fallgestaltung nicht vergleichbar mit derjenigen, die dem Verwaltungsgericht Köln (Bl. 210 ff. GA) vorlag. Dort war Zuwendungsempfänger ein Sektorenauftraggeber, wobei der von ihm anzuwendende Abschnitt 4 der VOB/A mit dem Abschnitt 1 nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Köln inkompatibel gewesen sein soll; für das Verhältnis zwischen Abschnitt 1 und Abschnitt 2 der VOB/A ist aber auch das Verwaltungsgericht Köln anderer Ansicht.
c)
Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang Pflichtverletzungen der Beklagten festgestellt.
aa)
Es stellte einen Vergabefehler dar, das Gewerk "Kunststofffenster" nicht öffentlich auszuschreiben. Nach § 3 Nr. 2 VOB/A musste das Gewerk - von Ausnahmefällen abgesehen - öffentlich ausgeschrieben werden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte nicht nach § 2 VgV von einer öffentlichen Ausschreibung abgesehen werden. Zum einen setzt die Zuordnung eines Loses zum "freien" (d.h. nicht ausschreibungspflichten) 20 %-Kontingent voraus, dass der Auftraggeber bewusst rechtzeitig eine Zuordnung des Loses zu diesem Kontingent vornimmt; eine nachträgliche Zuordnung ist nicht möglich (vgl. Reider, in Münchener Kommentar, Beihilferecht Vergaberecht, § 2 VgV Rdnr. 9; Kühnen, in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 3. Aufl., § 2 VgV Rdnr. 15/16). Eine solche Zuordnung hat die Klägerin vor der Vergabe nicht vorgenommen. Zum anderen änderte dies nichts an der weitergehenden Auflage des Landschaftsverbandes, wonach Aufträge (und Lose), die die Schwellenwerte nicht erreichten, nach Maßgabe der VOB/A zu vergeben waren. Die Tatsache, dass die Schwellenwerte des § 2 VgV nicht erreicht sind, ändert auch im Übrigen nichts daran, dass gegebenenfalls der Abschnitt 1 der VOB/A einzuhalten ist.
Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 4 lit. b) VOB/A liegen ersichtlich nicht vor. Sowohl die Menge als auch die Art der Fenster waren, wenn auch noch nicht im Planungsstadium, bekannt. Als sich die Klägerin entschloss, statt Aluminiumfenster Kunststofffenster oder zusätzliche Kunststofffenster (vgl. Anlage CBH 5) einbauen zu lassen, waren Art und Menge bekannt. Die Ausschreibung von Aluminiumfenstern ersetzte nicht die Ausschreibung von Kunststofffenstern. Dass ein sonstiger Grund zum Absehen von einer öffentlichen Ausschreibung vorlag, macht auch die Beklagte nicht geltend. Im Übrigen musste dokumentiert werden, weshalb nach Ansicht des Auftraggebers ein Ausnahmefall vorlag; auch daran fehlt es.
bb)
Des Weiteren hat es die Beklagte unterlassen, in den von dem Landschaftsverband angesprochenen Fällen für eine ordnungsgemäße Dokumentation zu sorgen. Selbst wenn die Entscheidung materiell-rechtlich ordnungsgemäß gewesen sein sollte - wofür die Beklagte im Übrigen im Verwaltungsverfahren des Landschaftsverbandes nichts vortrug -, mussten die Entscheidungen dokumentiert sein. Der Vergabevermerk musste umfassen, aus welchen Gründen gegebenenfalls von einer öffentlichen Ausschreibung abgesehen wurde, welche Angebote mit welchen Angebotssummen eingegangen waren, was die Prüfung der Angebote im Hinblick auf formale Vollständigkeit des Angebots, formale und materielle Eignung der Bieter, auffällige Preise und die Positionierung der Angebote unter Zugrundelegung der Zuschlagskriterien ergeben hatte. Dieser Vermerk musste zwar nicht in zusammenhängender Form erstellt werden. Er musste jedoch nachvollziehbar und geordnet sein, gegebenenfalls durch Verweis auf Unterlagen, die die notwendigen Prüfungen sowie die darauf fußenden Entscheidungen erkennen lassen. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die von ihr mit Schreiben vom 29.11.2006 dem Landschaftsverband übersandten Ordner (u.a. zur Vergabeart, s. Punkt 13; Anlage K 3 = Bl. 19 GA) die vom Landschaftsverband vermissten Unterlagen nicht enthielten - und auch während des Verwaltungsverfahrens nicht beigebracht wurden. Von daher konnte nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gründen bestimmte Vergabeentscheidungen getroffen worden. Der Vergabevermerk dient jedoch gerade dazu, eine solche Transparenz herzustellen.
cc)
Soweit die Beklagte schriftsätzlich und im Termin vom 23. Mai 2014 darauf verweist, es hätten Unterlagen vorgelegen, diese seien entsprechend dem zwischen der Klägerin und ihrem Architekten (dem Streithelfer der Beklagten) geschlossenen Architektenvertrag der Klägerin als Bauherrin übersandt worden, schließt dies eine Pflichtverletzung nicht aus.
Der Architektenvertrag betraf nur das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Architekten. Davon unabhängig konnte die Klägerin die sie in ihrer Eigenschaft als Bauherrin treffenden Aufgaben und Pflichten im Verhältnis zur Beklagten auf diese übertragen (vgl. oben unter a)). Von daher besagt der Architektenvertrag nichts dazu, wem im Verhältnis der Parteien untereinander die Pflicht zur Sammlung und Aufbewahrung der Unterlagen oblag.
Davon unabhängig gelten folgende Überlegungen: Selbst wenn der Klägerin die fraglichen Unterlagen übersandt wurden, traf die Beklagte zumindest die Pflicht, die Klägerin auf die Bedeutung der Unterlagen und die Notwendigkeit einer Sammlung und Aufbewahrung im Hinblick auf die Auflagen des Zuwendungsbescheides hinzuweisen. Da die Beklagte - wie bereits dargelegt - den Schriftverkehr mit dem LVR im Zusammenhang mit dem Zuwendungsbescheid übernommen hatte (wozu - jedenfalls in gewissem Umfange - auch Angaben zu den Ausschreibungen gehörten, vgl. Unterlage Nr. 13 gemäß Schriftsatz vom 29.11.2006), durfte die Klägerin davon ausgehen, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang alle Pflichten übernahm, die an sich sie - die Klägerin - in ihrer Eigenschaft als Bauherrin und Zuwendungsempfängerin im Verhältnis zum LVR trafen. Wie bereits ausgeführt, dienen Projektsteuerungsverträge gerade der Entlastung des Bauherrn.
3.
Diese Pflichtverletzungen sind für den Teilwiderruf kausal geworden. Wäre die Beklagte ihren Pflichten nachgekommen, wäre es nicht zu einem Teilwiderruf gekommen.
Ob der Teilwiderruf rechtmäßig war, ist keine Frage der Kausalität, sondern eine Frage eines auf einer Nichteinlegung von Rechtsbehelfen fußenden Mitverschuldens der Klägerin (vgl. Grüneberg, in Palandt, BGB, 73. Aufl., § 254 Rdnr. 45).
4.
Die Klägerin trifft kein Mitverschulden. Entgegen der Auffassung der Beklagten war sie nicht gehalten, gegen den Widerrufsbescheid Widerspruch (§§ 68 ff. VwGO) bzw. Anfechtungsklage einzulegen. Aus damaliger Sicht versprach ein solches Vorgehen keinen Erfolg.
a)
Soweit die Beklagte grundsätzlich in Abrede stellt, dass festgestellte Vergabeverstöße zum Widerruf der Zuwendung berechtigen und das Ermessen des Landschaftsverbandes zutreffend ausgeübt worden ist, trifft das nicht zu. Das BVerwG (NZBau 2013, 391 [BVerwG 13.02.2013 - BVerwG 3 B 58.12]) hat die entsprechende Rechtsprechung des OVG NRW, welche das Vorgehen des Landes NRW in entsprechenden Fällen gestützt hat, gebilligt.
b)
Soweit die Beklagte darauf verweist, es seien weitere Unterlagen vorgelegt worden, die den Gründen des Teilwiderrufsbescheides entgegen stünden, ist dies unerheblich. Aus der Sicht der Klägerin lagen bei Ablauf der Anfechtungsfrist keine erfolgversprechenden Anfechtungsgründe vor. Die Klägerin hatte im Verwaltungsverfahren der Beklagten sowie ihrem Architekten Gelegenheit gegeben, dem drohenden Teilwiderruf entgegen zu treten. Später vorgelegte Unterlagen sind unerheblich.
5.
Der Schaden der Klägerin besteht u.a. in ihrer Verpflichtung, Zinsen zu zahlen. Gegen die Wirksamkeit der Zinsverpflichtung als solche werden keine Einwände erhoben. Nachdem die Klägerin der Verpflichtung nachgekommen ist, ist die Beklagte zum Ausgleich in Geld verpflichtet.
6.
Die Beklagte kann auch nicht aus etwaigen Pflichtverletzungen des Architekten der Klägerin Einwände herleiten.
a)
Im Verhältnis zur Klägerin kommt es nur darauf an, ob die Beklagte die von der Klägerin geltend gemachten Pflichten trafen. Ob entsprechende Pflichten auch für den Architekten der Klägerin (Streithelfer der Beklagten) galten, ist unerheblich, da beide gegebenenfalls gesamtschuldnerisch der Klägerin haften. Es ist allein Sache der Beklagten, gegebenenfalls Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB gegen ihren Streithelfer geltend zu machen. Einen etwaigen Anspruch nach § 426 Abs. 1 BGB kann die Beklagte aus eigenem Recht geltend machen, ein Anspruch der Klägerin gegen den Architekten ginge kraft Gesetzes nach Zahlung der Beklagten an die Klägerin auf die Beklagte über, § 426 Abs. 2 BGB; für eine Mitwirkung der Klägerin entsprechend § 255 BGB, hinsichtlich deren die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen könnte, ist von vornherein kein Raum.
Ob die "Schiedsvereinbarung" vom 18. März 2009 (Bl. 260 GA) zwischen dem C. für die Stadt Bonn und dem Architekten der Klägerin einen Vergleich auch über etwaige aus dem fraglichen Sachverhalt herzuleitende Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen ihren Architekten umfasst, ist bereits fraglich; dagegen spricht, dass die fraglichen Schadensersatzansprüche der Klägerin erstmals im Jahre 2011 infolge der Eröffnung des Anhörungsverfahrens durch den Landschaftsverband Rheinland zu Bewusstsein kamen. Einer näheren Erörterung bedarf dies ebenso wenig wie die Frage, ob die "Schiedsvereinbarung" die Klägerin bindet. Selbst wenn diese Fragen zugunsten der Beklagten zu beantworten wären, ist jedoch nichts für eine Gesamtwirkung zugunsten der Beklagten im Sinne des § 423 BGB ersichtlich (vgl. dazu Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 423 Rn. 2). Das Gleiche gilt für eine beschränkte Gesamtwirkung (Grüneberg, a.a.O., Rn. 4). Eine Einzelwirkung der "Schiedsvereinbarung" stünde einem Rückgriff der Beklagten nicht entgegen (Grüneberg, a.a.O., Rn. 3).
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 101, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich.
Der Streitwert beträgt 103.266,18 €