12.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209329
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 13.03.2015 – 10 U 82/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 13.03.2015
Az.: 10 U 82/14
Der mit der Bauaufsicht betraute Architekt darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass die am Bau beteiligten Unternehmen ihre Verkehrssicherungspflichten erfüllen. Selbst verkehrssicherungspflichtig wird er ausnahmsweise dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein am Bau beteiligtes Unternehmen in dieser Hinsicht nicht ausreichend sachkundig oder zuverlässig ist, wenn er Gefahrquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Teilversäumnisurteil und Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.04.2014 (Az.: 2-14 O 134/12) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das Teilversäumnisurteil und Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.04.2014 (Az.: 2-14 O 134/12) ist gleichfalls ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Von einer Darstellung des Tatbestands wird nach den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Teilversäumnisurteil und Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.04.2014 (Az.: 2-14 O 134/12) ist nicht begründet.
Soweit der Kläger von den Beklagten zu 1. und 2. noch eine Zahlung in Höhe von 3.380,94 € verlangt, ist die Klage unbegründet. Ein dahin gehender Anspruch steht dem Kläger weder gegen die Beklagte zu 1. noch gegen die Beklagte zu 2. zu.
Den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ist nur wenig hinzuzufügen.
Was die Beklagte zu 1. betrifft, hat das Landgericht zutreffend erkannt, dass diese gegenüber dem Kläger nicht nach § 823 Abs. 1 BGB haftet. Auch wenn diese von der Bauherrin mit der Bauüberwachung im Sinne der "Leistungsphase 8" der HOAI betraut wurde, trifft diese mitnichten eine Gefährdungshaftung für sämtliche von der Baustelle für Dritte ausgehende Gefahren. Sie haftet vielmehr alleine für eine vom Kläger darzulegende und zu beweisende schuldhafte Verletzung eigener Verkehrssicherungspflichten, auf welcher die Verletzung des Eigentums des Klägers beruht. In erster Linie sind jedoch unmittelbar die am Bau beteiligten Unternehmen selbst verkehrssicherungspflichtig. Diese haben für die Sicherheit der Baustelle zu sorgen. Die Unfallverhütungsvorschriften wenden sich ausschließlich an diese. Der mit der Bauaufsicht betraute Architekt darf sich auch grundsätzlich darauf verlassen, dass die am Bau beteiligten Unternehmen ihre Verkehrssicherungspflichten erfüllen (vgl. nur BGHZ 68, 169).
Selbst verkehrssicherungspflichtig wird der mit der Bauaufsicht betraute Architekt deshalb lediglich ausnahmsweise, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein am Bau beteiligtes Unternehmen in dieser Hinsicht nicht ausreichend sachkundig oder zuverlässig ist, wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können (vgl. hierzu BGHZ 68, 169). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war vorliegend aber keine dieser Voraussetzungen gegeben. Eine mangelnde Sachkunde oder Zuverlässigkeit der Beklagten zu 3. im Hinblick auf die Lagerung von Baumaterial - die statische Mangelhaftigkeit der Containeranlage ist insofern ohne Bedeutung - hat der Kläger ebenso wenig substantiiert dargelegt und unter geeigneten Beweis gestellt wie eine positive Kenntnis der Beklagten zu 1. - etwa durch ihren vor Ort als Bauleiter tätigen Mitarbeiter, den Zeugen A - von der Art und Weise der Lagerung der streitgegenständlichen Metallplatten. Entgegen der Ansicht des Klägers schloss die Pflicht der Beklagten zu 1. zur gewissenhaften Beobachtung der ihr obliegenden Sorgfalt auch nicht - zumindest nicht ohne einen bestimmten Anlass hierfür - eine Kontrolle der Baustelle im Hinblick auf die etwaige Lagerung von Gegenständen ein (vgl. hierzu BGHZ 68, 169). Einen solchen Anlass gab es hier aber nicht. Insbesondere hat der Kläger weder substantiiert vorgetragen noch unter tauglichen Beweis gestellt, dass die streitgegenständlichen Metallplatten ohne Weiteres, zumal ohne eine Ersteigung der Containeranlage objektiv erkennbar in gefährlicher Weise auf dem Dach des Erdgeschosses derselben gelagert waren, oder bereits vor dem Unfallzeitpunkt konkrete Windverhältnisse herrschten, die eine Kontrolle erfordert hätten. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren - ohnehin nur - rügt, das Landgericht habe eine Haftung der Beklagten zu 1. ihm gegenüber gemäß § 831 BGB verkannt, bleibt festzuhalten, dass etwaige Verkehrssicherungspflichten des Zeugen A als Bauleiter der Beklagten zu 1. jedenfalls nicht über diejenigen der ihrerseits von der Bauherrin mit der Bauüberwachung betrauten Beklagten zu 1. hinaus gingen und daher aus den genannten Gründen ebenso wenig bestanden wie diese.
Im Hinblick auf eine mögliche Haftung der Beklagten zu 2. gegenüber dem Kläger ist den Ausführungen des Landgerichts dazu, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 831 BGB bereits deswegen nicht gegeben sind, weil die Beklagte zu 3. als selbständiges Montageunternehmen nicht deren Verrichtungsgehilfin war, nichts hinzuzufügen. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren - ohnehin alleine - rügt, das Landgericht habe eine Haftung der Beklagten zu 2. ihm gegenüber gemäß § 823 Abs. 1 BGB verkannt, ist ergänzend zu diesen lediglich festzustellen, dass es keine Rechtsgrundlage für eine allgemeine Verantwortlichkeit des Eigentümers für den Zustand einer Sache - und zumal für eine verschuldensunabhängige Haftung - gibt. Ohnehin ging eine Gefahr hier nicht von der Containeranlage als solcher aus, sondern von der Art und Weise der auf dieser gelagerten Metallplatten. Eine Pflicht der Beklagten zu 2. zur Kontrolle des Aufbaus der Containeranlage und/oder der im Zusammenhang mit diesem erfolgten Maßnahmen bestand - zumindest ohne einen konkreten Anlass hierfür - nicht. Wie bereits ausgeführt, fehlt es an einem solchen.
Soweit der Kläger den Rechtsstreit am 24.02.2015 in Höhe einer bis dahin mit der Klage geforderten Zahlung von 5.949,97 € nebst entsprechenden Zinsen hieraus gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. einseitig für erledigt erklärt hat, ist die Klage schon deswegen unbegründet, weil nicht von einer Erledigung der Klageforderung nach Eintritt der Rechtshängigkeit ausgegangen werden kann. Die Klage wurde der Beklagten zu 1. am 08.12.2012 und der Beklagten zu 2. am 16.08.2013 zugestellt. Nachdem die Streitverkündete bereits mit Schreiben vom 20.04.2012 erklärt hatte, den genannten Betrag an den Kläger zu überweisen, und der für die Schlüssigkeit seiner Klage darlegungs- und beweisbelastete Kläger weder eine Vornahme dieser Überweisung erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit behauptet noch für eine solche Beweis angetreten hat, ist vom Erlöschen der Klageforderung vor diesem Zeitpunkt auszugehen. Unter diesen Umständen hätte die Klage vom Kläger zur Vermeidung der Auferlegung der entsprechenden Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 ZPO zurückgenommen werden müssen. Die ausdrückliche Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits durch den Kläger lässt sich, nachdem dieser zuvor auf die Notwendigkeit der Erklärung der Klagerücknahme hingewiesen worden war, vorliegend auch nicht als solche auslegen. Davon abgesehen ist der der für erledigt erklärte Teil der Klage jedoch aus denselben Gründen unbegründet wie der mit dem Leistungsantrag weiter verfolgte Teil der Klage.
Mangels Hauptforderung stehen dem Kläger gegen die Beklagten zu 1. und 2. auch keine Ansprüche auf Zahlung von Zinsen oder vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen zu.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision war nicht nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen. Das Urteil beruht auf den Umständen des Einzelfalls. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert ebenfalls nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts.