23.09.2019 · IWW-Abrufnummer 211289
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 20.05.2019 – 10 A 1998/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der zulässige Antrag ist unbegründet.
2Aus den innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
3Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art, die er mit seinem Antrag angreifen will, bezeichnen und mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellen. Daran fehlt es hier.
4Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die der Beigeladenen von der Beklagten unter dem Datum vom 5. April 2017 erteilte Baugenehmigung für den „Neubau einer unterirdischen Tiefgarage (nachträgliche Genehmigung)“ auf den Grundstücken in V., Gemarkung V., Flur 28, Flurstücke 798 bis 805 abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Baugenehmigung sei nicht deswegen rechtswidrig, weil die Kläger als Miteigentümer der Einreichung des Bauantrags nicht zugestimmt hätten. Die Baugenehmigung werde nach § 75 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW (in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt und verleihe dem Bauherrn daher auch nicht die zivilrechtliche Befugnis, ein Bauvorhaben gegen den Willen des Grundstückseigentümers zu verwirklichen. Die Baugenehmigungsbehörde sei dementsprechend nicht verpflichtet zu prüfen, ob der Bauherr zivilrechtlich befugt sei, den Bau herzustellen. Die Behörde könne zwar nach pflichtgemäßem Ermessen die Vorlage einer Zustimmung des Grundstückseigentümers verlangen (§ 69 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW a.F.). Wenn sie dies tue, geschehe es aber nicht im Interesse des Grundstückseigentümers, sondern um das Sachbescheidungsinteresse des Bauherrn zu prüfen. § 69 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW a.F. verleihe dem Grundstückseigentümer keine subjektiven Rechte. Auch bei den Regelungen in § 123 Abs. 4 SBauVO NRW zu getrennten Fahrbahnen für Zu- und Abfahrten sowie in § 123 Abs. 3 SBauVO NRW zur Gehwegbreite handele es sich nicht um drittschützende Normen, auf deren etwaige Verletzung die Kläger ihre Anfechtungsklage stützen könnten.
5Soweit die Kläger weiterhin rügen, die Baugenehmigung hätte nicht ohne ihre Zustimmung erteilt werden dürfen, ergeben sich hieraus keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass § 69 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW a.F. (siehe jetzt § 70 Abs. 3 Satz 2 BauO NRW) keine drittschützende Wirkung hat.
6Vgl. zur jeweiligen landesrechtlichen Regelung Schl.-H. OVG, Urteil vom 19. Januar 1994 – 1 L 41/92 –, juris, Rn. 26 f.; Hamb. OVG, Urteil vom 15. Oktober 1981 – Bf II 73/80 –, BRS 38 Nr. 176.
7Dies gilt entgegen der Auffassung der Kläger auch dann, wenn es um die „nachträgliche“ Erteilung einer Baugenehmigung geht.
8Die Kläger zeigen mit dem Zulassungsvorbringen auch nicht auf, dass sie wegen der vermeintlich fehlenden Erschließung des Vorhabens in eigenen Rechten verletzt sein könnten. Sie tragen vor, eine Zufahrt zur Tiefgarage sei aktuell nur über das Flurstück 865 möglich, das sich seit dem 28. August 2018 in ihrem Eigentum befinde. Es seien weder eine Baulast noch ein Wegerecht zugunsten des Vorhabengrundstücks eingetragen.
9Ungeachtet dessen, ob eine fehlende Erschließung des Vorhabens hier überhaupt einen subjektiv-rechtlichen Abwehranspruch der Kläger begründen könnte,
10vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2005 – 7 A 3644/04 –, juris, Rn. 70 ff., mit weiteren Nachweisen,
11waren die Kläger jedenfalls zu dem für das Bestehen eines solchen Abwehranspruchs maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung,
12vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 B 40.98 –, juris, Rn. 3,
13noch nicht Eigentümer des Flurstücks 865. Auch legen sie nicht dar, dass sie bezogen auf dieses Flurstück im fraglichen Zeitpunkt bereits eine dem Eigentum gleich zu stellende Rechtsstellung innegehabt hätten.
14Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1982 – 4 C 51.79 –, juris, Rn. 22.
15Unabhängig davon spricht nach Lage der Akten alles dafür, dass es sich bei dem Flurstück 865 um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt. Das Flurstück ist ein Teil des früheren, im Eigentum der Beklagten stehenden Flurstücks 335, auf dem die C.‑Straße verläuft. Im Grundbuch war sowohl für das Flurstück 335 und ist auch für das Flurstück 865 in der Spalte „Wirtschaftsart und Lage“ „Verkehrsfläche C.‑Straße“ eingetragen. Dafür, dass die Eigenschaft des Flurstücks 865 als öffentliche Verkehrsfläche gleichwohl ernstlich zweifelhaft sein könnte, finden sich auch im Vorbringen der Kläger keine greifbaren Anhaltspunkte.
16Soweit sie meinen, die Baugenehmigung sei inzwischen nach § 77 BauO NRW erloschen, vermag dies dem mit der Klage verfolgten Anfechtungsbegehren ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.
17Dass die Einfahrtsrampe zur Tiefgarage keine ausreichende Breite für die gleichzeitige Nutzung durch Kraftfahrzeuge und Fußgänger aufweise, haben die Kläger schon nicht innerhalb der zur Begründung des Zulassungsantrags vorgegebenen Frist vorgetragen. Davon abgesehen, ist auch insoweit – wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend angenommen hat – eine Verletzung von Vorschriften, die auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, nicht dargetan.
18Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
20Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Sätze 1 und 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
21Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).