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  • 16.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211706

    Landgericht Bonn: Urteil vom 18.09.2019 – 20 O 299/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bonn


    Tenor:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.570,00 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2016 zu zahlen.

    ( 1* )

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 413,64 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2019 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 72 % und der Beklagten zu 28 % auferlegt.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    1

    T a t b e s t a n d :

    2

    Die Klägerin ist ein beratendes Ingenieurbüro und wurde von der Beklagten auf der Grundlage des Honorarangebotes vom 17.11.2014 telefonisch mit Planungsleistungen für einen Parkplatz als Verkehrsfläche und deren Entwässerung im Rahmen der Baumaßnahme „Neubau eines Lebensmittelmarktes“ in A zu einem Pauschalhonorar von 10.000,00 EUR beauftragt. Nach Ausführung ihrer Planungsleistungen übergab die Klägerin am 09.03.2015 die Planungsunterlagen an das mit dem Bauherstellung beauftragte Unternehmen X GmbH. Eine Abnahme der klägerischen Leistungen erfolgte - wegen eines angeblich fehlerhaft geplanten Parkplatzgefälles - jedoch nicht. Das Grundstück wurde mit notariellem Kaufvertrag vom 19.12.2016 sodann an die S eG veräußert. Da der GbR A in § 14 des notariellen Kaufvertrages eine Grunddienstbarkeit für die Nutzung des streitgegenständlichen Parkplatzes eingeräumt wurde, übernahm diese vertraglich ein Drittel der anfallenden Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten.

    3

    Die Beklagte zahlte auf die klägerischen Planungsleistungen lediglich einen Betrag von 8.330,00 EUR. Mit Schreiben vom 15.10.2015 und 22.12.2015 forderte die Klägerin sie daraufhin zur Zahlung des aus der Honorarschlussrechnung vom 22.04.2015 über 11.900,00 € brutto (10.000,00 € netto) noch offenen Restbetrages i.H.v. 3.570,00 € bis zum 31.10.2015 bzw. 13.01.2016 auf. Sodann erstellte die Klägerin unter dem 02.05.2016 eine neue Schlussrechnung nach HOAI über eine Honorarforderung von insgesamt 23.537,27 €, aus der sie nach Abzug der Zahlung der Beklagten noch einen Restbetrag i.H.v. 15.207,27 € mit der vorliegenden Klage geltend macht. Mit Anwaltsschreiben vom 11.05.2016 forderte die Klägerin die Beklagte erneut erfolglos zur Zahlung ihres restlichen Architektenhonorars auf.

    4

    Die Klägerin behauptet dazu, die Beklagte habe die Planung der Außenanlage als Entwurfs- und Ausführungsplanung inklusive der Erstellung eines Deckenhöhenplans, die Kanalplanung als Entwurfs- und Ausführungsplanung sowie die Vorbereitung und die Mitwirkung bei der Vergabe bei ihr beauftragt. Insoweit seien die Leistungsphasen 1, 3 und 5-7 beauftragt worden. Bei der Planungsleistung des Parkplatzes sei von der Beklagten keine bestimmte Beschaffenheit beauftragt worden. Sie selbst habe die Planung dann nach den anerkannten Regeln der Technik (DIN 18318 Nr. 3.3.4) erstellt. Diese sähen bei einer Verkehrsfläche ein Gefälle von 2,5 % vor, um deren Entwässerung zu sichern. Die Ausführungsplanung sei inklusive der Gefällesituation aufgrund der schwierigen Topographie des Objekts zwischen den Parteien in zwei Terminen am 11.11.2014 und am 05.03.2015 detailliert besprochen worden.

    5

    Weiter behauptet die Klägerin sie habe im Rahmen der erfolgten Schlussabrechnung festgestellt, dass die mündlich getroffene Pauschalpreisvereinbarung deutlich unterhalb der gesetzlichen Mindestsätze der HOAI liege. Für die Planung des Parkplatzes, der anrechenbare Kosten von 221.802,59 EUR netto und die Honorarzone II zu Grunde zu legen sei, ergebe sich nämlich ein Honorarsatz von 23.210,69 EUR mit der Folge, dass sich für die Leistungsphasen 1, 3, 5, 6 und 7 insgesamt ein Honorar i.H.v. 13.647,88 EUR netto ergebe. Bei der Kanalplanung handele es sich um ein Ingenieurbauwerk im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 2 HOAI, da ein Kanal ein Bauwerk der Abwasserentsorgung sei. Für deren Planung, der anrechenbare Kosten von 53.197,41 EUR netto und die Honorarzone II zu Grunde zu legen seien, sei ein Honorarsatz von 7.354,87 EUR netto anzusetzen, so dass auf die Leistungsphasen 1, 3, 5, 6 und 7 ein Honorar in Höhe von 6.131,34 EUR netto entfalle.

    6

    Mit ihrer der Beklagten am 27.08.2016 zugestellten Klage hat die Klägerin im Klageantrag zu 1) zunächst  die Zahlung von 8.777,27 € beantragt.  Nachdem sie ihre Klage mit der Beklagten am 01.03.2017 zugestellten Schriftsatz vom 08.02.2017 erweitert hat, beantragt die Klägerin nunmehr,

    7

    1)        die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.207,27 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    8

    2)        festzustellen, dass die Planungsleistung des Parkplatzes mit einem Gefälle von 2,5 % den anerkannten Regeln der Technik entspricht und daher mangelfrei ist sowie

    9

    3)        die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 808,13 € nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    10

    Die Beklagte beantragt,

    11

    die Klage abzuweisen.

    12

    Die Beklagte hält den Feststellungsantrag der Klägerin mangels Feststellungsinteresses für unzulässig und behauptet, die Klägerin sei lediglich mit Teilleistungen beauftragt worden, da sie - die Beklagte - selbst eine Entwurfsplanung erstellt und der Klägerin zur Verfügung gestellt habe. Leistungen der Leistungsphase 1 seien jeweils ausdrücklich nicht beauftragt worden. Zudem sei vereinbart worden, dass die Beklagte die Leistungen der Leistungsphasen 5, 6 und 7 für folgende Objekte des Parkplatzes selbst erbringen würde: Parkplatzbeleuchtung einschließlich der Lage der Stromzuleitungen, Werbeanlagen und Fahnenmaste, Behindertenparkplätze und Parkplätze für Eltern mit Kind, Zebrastreifen, Parkplatzbeschilderung, Standorte für Fahrräder, Einkaufswagen, Mülleimer und Anfahrschutze für Hinweisschilder und Gebäudeecken. Hinsichtlich dieser Objekte habe die Beklagte die erforderlichen Detailplanungen erstellt, die erforderlichen Massen ermittelt, die Vergabe vorbereitet und an dieser mitgewirkt. Für den Kanal habe die Beklagte nicht nur die Entwurfsplanung erstellt, sondern hinsichtlich des Objektes Zisterne/Regenwasseranlage auch alle Leistungen der Leistungsphasen 5-7 erbracht. Die im Anlagenkonvolut K 12 vorgelegten Unterlagen seien schon Teil der Leistungserbringung der Klägerin gegenüber der Ortsgemeinde A gewesen, die die Klägerin für die Erschließungsstraße unmittelbar beauftragt und dafür auch bezahlt habe. Die von der Klägerin erstellte Schlussrechnung sei unrichtig und entspreche nicht den Vorgaben der HOAI. Insbesondere handele es sich bei dem Kanal nicht um ein Ingenieurbauwerk, sondern vielmehr um eine Entwässerungsanlage im Sinne von § 46 Abs. 1 S. 2 HOAI.

    13

    Bei Beauftragung sei zudem zwischen den Parteien vereinbart worden, dass die Planungsleistung der Klägerin auf der Grundlage der S-Musterbaubeschreibung zu erstellen gewesen sei, die unter Ziffer 5.1.3 unstreitig vorsieht, dass das Gefälle der Fahrgassen und Stellplätze 2 % in allen Richtungen nicht überschreiten darf. Tatsächlich weise die Planung der Klägerin und in der Folge auch der Parkplatz teilweise aber ein Gefälle von 2,66 % bis sogar 3,4 % auf. Durch das Überschreiten des vorgegebenen Gefälles verselbstständigten sich die Einkaufswagen auf dem Parkplatz, wodurch die Gefahr erheblicher Sach- und Personenschäden bestehe. Die von der Klägerin zitierte Vorgabe von 2,5 % Gefälle in der DIN 18318 Nr. 3.3.4 sei keine verbindliche Vorgabe. Auch bei einem Gefälle von 2,0 % sei eine ausreichende Entwässerung der Parkplatzfläche gegeben.

    14

    Hilfsweise rechnet die Beklagte mit einem Gegenanspruch auf Erstattung von Mehrkosten bei der Parkplatzerstellung für 550 Tonnen Basaltgemisch i.H.v. 7.012,50 € netto gegen die Klageforderung auf. Die mit der Herstellung der Tragschicht für die Parkplatzanlage beauftragte Fa. Q2 GmbH habe insgesamt 5.963,54 Tonnen Basaltgemisch zum Einzelpreis von 12,75 € netto abgerechnet, so dass bezogen auf die Parkplatzfläche von 6.500 m² aufgrund des mangelhaften und durchschnittlich mit 1,0 % Mehrgefälle als vertraglich vereinbart hergestellten Gefälles von ca. 325 m³ 550 Tonnen Basaltgemisch mehr verwendet worden seien, als es bei einem Gefälle von 2,0 % nötig gewesen sei.

    15

    Schließlich beruft sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines ihr gegen die Klägerin zustehenden Freistellungsanspruchs aufgrund drohender Schadensersatzansprüche der GbR A. Diese sehe sich selbst wegen des unrichtigen Gefälles zum einen Gewährleistungsansprüchen aus dem Kaufvertrag und zum anderen einer Kostenbeteiligung an der Instandhaltung des Parkplatzes aus der in § 14 des notariellen Kaufvertrages eingeräumten Dienstbarkeit ausgesetzt, die sie dann gegenüber der Beklagten geltend machen könnte.

    16

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe der Beweisbeschlüsse vom 22.02.2017, vom 25.07.2018 und vom 09.01.2019. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. I vom 10.07.2017, vom 08.11.2017 und vom 02.08.2018 sowie – hinsichtlich seiner Anhörung im Termin vom 09.01.2019 und hinsichtlich der Vernehmung der Zeugen Q und L – auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 09.01.2019 verwiesen.

    17

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    18

    Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

    19

    1)  Anders als die Beklagte meint, fehlt dem Klageantrag zu 2) nicht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Angesichts der von der Beklagten wegen der von ihr behaupteten Mangelhaftigkeit der klägerischen Planungsleistungen in den Raum gestellten Gegenrechte droht der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit.

    20

    2) Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Resthonorar für ihre Planungsleistungen für den streitgegenständlichen Parkplatz als Verkehrsfläche und deren Entwässerung im Rahmen der Baumaßnahme „Neubau eines Lebensmittelmarktes“ in A i.H.v. 3.570,00 € nebst Zinsen (Klageantrag zu 1). Wegen des weitergehenden Honoraranspruchs wird die Klage dagegen abgewiesen.

    21

    a)  Die Klägerin kann zunächst nicht länger nach den Mindestsätzen der HOAI 2013 abrechnen, sondern ist an die ursprüngliche telefonische Honorarvereinbarung der Parteien über 10.000,00 € gebunden.

    22

    Nachdem der EuGH mit Urteil vom 04.07.2019 (C-377/17) festgestellt hat, dass die Anforderungen der HOAI, soweit sie Mindest- und Höchstsätze für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren festlegen, unter Art. 15 Abs. 2 g der RL 2006/123 fallen und dass die in der HOAI vorgesehenen Mindestsätze nicht nachweislich geeignet sind, den Verbraucherschutz sicherzustellen, kann nicht länger davon ausgegangen werden, dass der Preisrahmen der HOAI mit den Zielen der sog. Dienstleistungsrichtlinie vereinbar ist. Aufgrund dieser Unvereinbarkeit der Mindestsätze der HOAI mit dem höherrangigen EU-Recht können diese von den nationalen Gerichten nicht mehr angewendet werden. Das führt im Ergebnis dazu, dass die Parteien nicht länger an die Mindest- oder Höchstsätze der HOAI gebunden sind und selber wirksam vereinbaren können, welches Honorar der Architekt bzw. Ingenieur für seine Leistungen erhalten soll. Bei § 7 Abs. 5 HOAI, der die jeweiligen Mindestsätze gemäß § 7 Abs. 1 HOAI als unwiderleglich vereinbart definiert, wenn nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist, liegt eine untrennbare systematische Verknüpfung zur Mindestsatzregelung in § 7 Abs. 1 HOAI vor, die ebenfalls zu der vom EuGH festgestellten Unionsrechtswidrigkeit und damit zur Unwirksamkeit führt. Denn mit dieser gesetzlichen Vermutung hat der Verordnungsgeber der Geltendmachung des Mindestsatz-Edikts als verbindliches Regel-Vergütungssystem gerade zur Durchsetzung verholfen, also dem Vergütungssystem, das der EuGH gerade für europarechtswidrig erklärt hat (vgl. Lederer, jurisPR-PrivBauR 8/2019, Anm. 1).

    23

    Für den vorliegenden Fall bedeutet die Nichtanwendbarkeit des § 7 Abs. 1 und 5 HOAI, dass die Parteien nunmehr an ihre ursprüngliche telefonische Honorarvereinbarung der Parteien über 10.000,00 € netto gebunden sind. Da es sich insoweit lediglich um eine Rechtsfrage handelt, musste die Kammer aufgrund der beiden nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 10.07.2019 und der Klägerin vom 24.07.2019 die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnen.

    24

    Nachdem die Beklagte auf das für die von der Klägerin erbrachten Planungsleistungen vereinbarte Honorar von 10.000,00 € netto bzw. 11.900,00 € brutto unstreitig einen Betrag i.H.v. 8.330,00 € gezahlt hat, besteht die klägerische Restwerklohnforderung nur noch in Höhe der zuerkannten 3.570,00 €.

    25

    b)  Die Klägerin hat ihre vertraglich übernommenen Planungsleistungen für den streitgegenständlichen Parkplatz als Verkehrsfläche und deren Entwässerung im Rahmen der Baumaßnahme „Neubau eines Lebensmittelmarktes“ in A vollständig erbracht.

    26

    Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr.-Ing. I hat dazu in seinem Gutachten vom 10.07.2017 sehr anschaulich ausgeführt, dass die Klägerin die restliche - nach Zurverfügungstellung der bereits beklagtenseits gefertigten Grundlagenermittlung für die Entwurfs- und Ausführungsplanung – noch erforderliche Entwurfsplanung sowie die Ausführungsplanung erbracht hat. Aufgrund der gut nachvollziehbaren Erläuterungen des Sachverständigen in seinem ersten Ergänzungsgutachten vom 08.11.2017 ist die Kammer zudem davon überzeugt, dass die Klägerin auch die Vergabe der Bauleistungen vorbereitet und dabei mitgewirkt hat. Anhaltspunkte, dass die Klägerin nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien noch weitergehende Leistungen zu erbringen hatte, sind nicht ersichtlich.

    27

    c)  Das Honorar für die in den Honorarschlussrechnungen vom 22.04.2015 bzw. vom 02.05.2016 abgerechneten Leistungen der Klägerin ist auch fällig. Zwar hat die Beklagte die Planungsleistungen nicht abgenommen. Es ist aber von dem Vorliegen von Abnahmesurrogaten auszugehen. Mit Verweigerung der Abnahme und der Geltendmachung ihrer Hilfsaufrechnung gegenüber dem klägerischen Honoraranspruch hat die Beklagte nämlich zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Erfüllung des Architektenvertrages mehr verlangt und stattdessen in ein Abrechnungsverhältnis übergehen möchte.

    28

    d)  Soweit die Beklagte hilfsweise mit einem Gegenanspruch auf Erstattung von Mehrkosten bei der Parkplatzerstellung für 550 Tonnen Basaltgemisch i.H.v. 7.012,50 € netto aufrechnet, ist die Klageforderung dadurch nicht nach § 389 BGB erloschen. Die Beklagte hat den ihr angeblich zustehenden Gegenanspruch nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Vielmehr bleibt unklar, wo genau mehr Basaltgemisch verbaut worden sein soll. Da das Parkplatzgefälle unstreitig auf der Parkplatzfläche von 6.500 m² nicht gleichmäßig überall mit 2,5 % statt mit 2,0 % geplant und ausgeführt worden ist, ist nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte ein mangelhaftes Gefälle von 325 m³ und 550 Tonnen mehr verwendetes Basaltgemisch überhaupt ermittelt hat. Auch auf den Hinweis der Kammer im Termin vom 09.01.2019 hat die Beklagte dies nicht weiter erläutert.

    29

    e)  Soweit sich die Beklagte gegenüber der Klageforderung auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines ihr gegen die Klägerin zustehenden Freistellungsanspruchs aufgrund drohender Schadensersatzansprüche der GbR A beruft, kann sie auf dieses Vorbringen nicht wirksam die Einrede des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 Abs. 1 BGB stützen. Denn solche drohenden, nicht bezifferten Forderungen stellen schon keine fälligen Ansprüche i.S.v. § 273 Abs. 1 BGB dar (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.07.1974 – 2 U 151/73, zitiert nach juris und Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage/2015, Rn. 2982).

    30

    f)  Der Zinsanspruch ist schließlich begründet aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB, nachdem der Beklagten die Klageschrift mit dem zunächst über 8.777,27 € lautenden Klageantrag zu 1) am 27.08.2016 zugestellt worden ist.

    31

    3)  Der Feststellungantrag zu 2) ist dagegen als unbegründet abzuweisen, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Planungsleistung des Parkplatzes mit einem Gefälle von 2,5 % mangelfrei ist.

    32

    a)  Nach § 633 Abs. 2 S. 1 BGB ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Werkvertrages. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05, zitiert nach juris, Rn. 15).

    33

    (1)  Vorliegend haben die Parteien bei Abschluss ihres Vertrages zunächst vereinbart, dass die Klägerin ihre Planungsleistungen für einen Parkplatz als Verkehrsfläche und deren Entwässerung im Rahmen der Baumaßnahme „Neubau eines Lebensmittelmarktes“ in A auf der Grundlage der S-Musterbaubeschreibung erbringen sollte. Diese sah unter Ziffer 5.1.3 vor, dass das Gefälle der Fahrgassen und Stellplätze 2 % in allen Richtungen nicht überschreiten durfte. Vereinbart war damit zunächst ein Parkplatzgefälle von 2,0 % und gerade nicht die von der Klägerin geplanten 2,5 %.

    34

    Sowohl der Mitarbeiter der Klägerin L, als auch der Geschäftsführer der Beklagten Q haben in der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2019 übereinstimmend ausgesagt, dass die S-Musterbaubeschreibung zunächst Grundlage der Parkplatzplanung sein sollte und der Klägerin auch zur Verfügung gestellt worden war. Gleiches hat der Geschäftsführer der Klägerin M im Rahmen seiner Anhörung im Termin vom 10.07.2019 geschildert.

    35

    (2)  Dass die Parteien diese Beschaffenheitsvereinbarung dann später dahingehend abgeändert hätten, dass die Klägerin den Parkplatz mit einem Gefälle von 2,5 % planen sollte, hat die Klägerin nicht zur Überzeugung der Kammer beweisen können.

    36

    Zwar hat der Mitarbeiter der Klägerin L im Rahmen seiner Vernehmung dazu bekundet, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten Q am 11.11.2014 im klägerischen Büro mit einem von der S-Musterbaubeschreibung abweichenden resultierenden Parkplatzgefälle von 2,5 % einverstanden erklärt habe. Nachdem Herrn Q die Planung erläutert und dieser darauf hingewiesen worden sei, dass aufgrund der Höhensituation des streitgegenständlichen Parkplatzes eine Entwässerung nur über eine Pendelrinne erfolgen könne, habe der Geschäftsführer der Beklagten einer Abweichung von der S-Musterbaubeschreibung zugestimmt, um das Ablaufen des Wassers zu gewährleisten. Diese Schilderung des Zeugen L, die der Geschäftsführer der Klägerin M in seiner Anhörung im Termin vom 10.07.2019 so bestätigt hat, hat der zunächst als Zeuge vernommene und später dann noch einmal als Partei angehörte Geschäftsführer der Beklagten Q dagegen als wahrheitswidrig von sich gewiesen. Vielmehr hat Herr Q sowohl in seiner Zeugenaussage, als auch in seiner Anhörung als Partei betont, dass er ohne Rücksprache mit S gar nicht von der Musterbaubeschreibung hätte abweichen können. Bei Würdigung dieser Aussagen und in einer Gesamtschau mit den vorgelegten Unterlagen kann die Kammer aber nicht mit der für eine Überzeugungsbildung notwendigen Gewissheit davon ausgehen, dass die Parteien am 11.11.2014 abgesprochen hätten, dass die Planung des Parkplatzgefälles nunmehr mit 2,5 % statt – wie zunächst vereinbart - mit 2,0 % vorgenommen werden sollte.

    37

    b)  Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich jedoch nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der BGH hat deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllen kann. Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05, zitiert nach juris, Rn. 15).

    38

    Vorliegend ist indes anzunehmen, dass bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben ein Parkplatzgefälle von 2,0 % - anders als von der Klägerin behauptet - funktionstauglich gewesen wäre mit der Folge, dass die klägerische Planung mit ihrer Abweichung von dem vertraglich vereinbarten Gefälle aus der S-Musterbaubeschreibung nicht mangelfrei i.S.v. § 633 Abs. 2 S. 1 BGB ist. Denn der erfahrene Sachverständige Prof. Dr.-Ing. I hat im Rahmen seiner Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.01.2019 zur vollen Überzeugung der Kammer dargelegt, dass ein resultierendes Gefälle der Pflasteroberfläche von 2 %, welches aus dem Längs- und dem Quergefälle errechnet wird, dem derzeitigen Stand der Wissenschaft und Technik entspricht und künftig in die Regelwerke übernommen werden wird. Auch wenn nach der derzeit noch gültigen DIN 18318 das Mindestgefälle eines Pflasterbelags noch 2,5 % betragen muss, ist man zwischenzeitlich zu der Erkenntnis gelangt, dass bei Einhaltung strengerer Ebenheitsanforderungen bei der späteren Ausführung der Pflasterarbeiten der erforderliche Wasserablauf auf einer Pflasterfläche bei einem Gefälle von nur 2,0 % gewährleistet ist. Ein solches Gefälle von 2,0 % ist – nach den sehr anschaulichen Ausführungen des Sachverständigen – damit funktionierend und ausreichend und wird von Bauherren auch jetzt schon häufig vereinbart, um einem Wegrollen der Einkaufswagen auf einer Parkplatzfläche entgegenzuwirken.

    39

    Nach alledem kann die Kammer die Mangelfreiheit der streitgegenständlichen klägerischen Parkplatzplanung nicht feststellen.

    40

    4)  Der Klageantrag zu 3) ist schließlich – allerdings nur mit Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und in Höhe der zuerkannten 413,64 €  - begründet aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB.

    41

    Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 15.10.2015 zur Zahlung des aus der Honorarschlussrechnung vom 22.04.2015 noch offenen Restbetrages i.H.v. 3.570,00 € bis zum 31.10.2015 aufgefordert hatte, befand sich die Beklagte danach in Verzug, so dass die Klägerin den ihr durch die vorprozessuale Beauftragung ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten entstandenen Schaden ersetzt verlangen kann. Insoweit sind ihr – basierend auf dem zuerkannten Resthonoraranspruch von 3.507,00 € - vorgerichtliche Kosten i.H.v. 413,64 € (eine 1,3 Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG i.H.v. 327,60 €, eine Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV RVG i.H.v. 20,00 € sowie 19 % MWSt. i.H.v. 66,04 €) entstanden.

    42

    Zinsen auf diesen Betrag kann die Klägerin nach §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB jedoch nur i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28.08.2016 verlangen, da es sich um keine Entgeltforderung nach § 288 Abs. 2 BGB handelt.

    43

    5)  Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO bzw. § 709 S. 1 und 2 ZPO.

    44

    Streitwert:              bis 40.000,00 €              Klageantrag zu 1):  15.207,27 €

    45

                                Klageantrag zu 2):  15.000,00 €

    46

                                   Hilfsaufrechnung:     7.012,50 €

    47

    Es erging am 19.11.2019 der nachfolgende Berichtigungsbeschluss:

    48

    wird der Tenor des Urteils der 20. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 18.09.2019 gemäß § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass der 2. Satz des Tenors im Zinsausspruch wie folgt lautet:

    49

    ( 1* )

    50

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 413,64 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2016 zu zahlen.

    51

    Gründe:

    52

    Der Tenor des Urteils vom 18.09.2019 ist nach § 319 Abs. 1 ZPO wie erfolgt zu berichtigen. Dass dort Zinsen fälschlicherweise erst ab dem 28.08.2019 tenoriert worden sind, ist offenbar unrichtig. Aus den Urteilsgründen (dort Seite 12 - vorletzter Absatz) ergibt sich auch für den Außenstehenden ohne weiteres, dass die Klägerin Zinsen auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erst ab dem 28.08.2016 beanspruchen kann und ihr die Kammer auch nur diese zusprechen wollte.

    RechtsgebietHOAIVorschriften§ 7 Abs. 5 HOAI