16.12.2020 · IWW-Abrufnummer 219491
Landgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 15.11.2019 – 20 O 355/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LG Frankfurt 20. Zivilkammer
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche aus einem Architektenvertrag.
Die Klägerin beauftragte für die schlüsselfertige Herstellung eines Bürogebäudes nebst Tiefgarage in der ….. in Frankfurt am Main die …………. (nachfolgend „……), vertreten durch die ……………. und die ………….. Die ……….. war auch beauftragt mit dem Neuaufbau einer denkmalgeschützten, mehr als 1.000 m² großen Natursteinfassade in der benachbarten …… (nachfolgend „Fassade“) nach dem Generalunternehmervertrag vom 29. April 2003 (im Einzelnen: Anlage K 1). Konkretisiert wurde der Leistungsumfang in der Anlage 1 zu jenem Vertrag, der Leistungsbeschreibung vom 10. Juli 2002 (Anlage K 2). In jener lautet es unter Ziff. 5.3.2: „Die Steine sind vollfugig mit Trasszementmörtel zu versetzen. Die Fugenklötze sind später zu entfernen.“
Für jenes Bauvorhaben beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1), die Beklagten zu 2) bis 7) sind deren Gesellschafter, mit Architektenvertrag vom 28. Juni 2001 mitunter mit der Bauüberwachung (Anlage K 3), welche diese Aufgabe an das Büro ………. (nachhfolgend ………..) mit Architektenvertrag vom 3. Mai 2002 (Anlage B 1) delegierte. Im Jahr 2002 wurde der Vertrag um die Leistungsphasen 4-7 (Anlage K 39), im Jahr 2003 um die Leistungsphase 8 (Anlage K 40), im Jahr 2006 hinsichtlich der Leistungsphase 9a (Anlage K 41) und im Jahr 2008 hinsichtlich des Mieterausbaus (Anlagen K 42-44) erweitert, wobei die Leistungen des Mieterausbaus am 15. März 2011 von der Klägerin gegenüber den ausführenden Bauunternehmen abgenommen wurden. Sämtliche Honorarforderungen der Beklagten zu 1) glich die Klägerin vollständig am 3. Dezember 2010 aus.
Unter dem 1. Dezember 2005 fand eine Abnahme in Bezug auf das Bauvorhaben statt, wobei das Abnahmeprotokoll mit „Schlussabnahme“ überschrieben ist (Anlage B 14, Bl. 249-261 d.A.).
Die Klägerin behauptet, dass sich im Juni 2013 von der Fassade ein etwa faustgroßes Gesteinsteil gelöst und herabgefallen sei. Sie habe daraufhin mit der Untersuchung der Fassade beauftragt die …………….., welche einen Prüfbericht unter dem 11. Juli 2013 erstellt habe (Anlage K 4), und das ……………… Architekten GbR (Aktennotizen Nr. 1 und 2; Anlagen K 5 und 6). Hieraus würde insbesondere hervorgehen (nachfolgend „Mangelvorwurf 1“), dass die Fassadensteine an keiner Stelle vollfugig mit Trasszementmörtel versetzt worden seien und Fugenklötze generell nicht entfernt worden seien, wodurch die statische Sicherheit der Fassade gefährdet gewesen sei. Die mangelnde Versetzung mit Trasszementmörtel ergebe sich auch aus dem Bedarf des entsprechenden Materials im Rahmen der Sanierungsarbeiten. Die Beklagte zu 1) hätte während der Montage der Werkstücke fortlaufend und intensiv die Arbeitsausführung überwachen und vor dem Aufbringen der Deckfugen eine Prüfung und technische Zustandsfeststellung der Fassade durchführen müssen, um eine Mangelbeseitigung im Rahmen der Bauausführung zu ermöglichen. Zudem bestünden weitere Mängel, die bei einer erforderlichen Begehung aufgefallen wären und sämtlich ein Verstoß gegen die allgemein anerkennten Regeln der Technik darstellen würden. Im Einzelnen seien dies: (Mangelvorwurf 2) Bei der Fassade sei an Gewändeaufständen, Säulen oder ähnlichen Bauteilen aus Naturstein, die unmittelbar an die Verwahrung der Fensterbänke aus Zinkblech anschließen, keine Maßnahmen getroffen worden, um seitlich aufgehende Zinkblechanschlüsse zu verwahren. Sämtliche Abdeckungen seien nur stumpf an die begrenzenden Natursteinflächen angeschlossen und dauerelastisch versiegelt worden. Die dauerelastische Versiegelung sei an vielen Stellen abgerissen gewesen. Ferner (Mangelvorwurf 3) sei entgegen den allgemein anerkannten Regeln der Technik vor Auflage der Blechabdeckungen keine diffusionsoffene Trennlage auf den Naturstein aufgelegt worden, (Mangelvorwurf 4) sei entgegen den allgemein anerkannten Regeln der Technik ein Anschluss der Verwahrbleche auf dem umlaufenden Balkonsims im 4. Obergeschoss der Fassade nicht vorhanden gewesen, (Mangelvorwurf 5) habe am Anschlussbereich der Balkonbrüstungsabdeckung zum aufgehenden Quadermauerwerk eine Fugenabdichtung gefehlt, (Mangelvorwurf 6) das Quadermauerwerk sei durch ablaufenden Beton verschmutzt gewesen, „alte Gerüstanker“ und „abgefallene Fehlstellen“ seien im Steinmaterial vorhanden gewesen, (Mangelvorwurf 7) sei eine Nachpflege der Deckfugen nicht erfolgt, und (Mangelvorwurf 8) sei die Fassade unvollständig hydrophobiert worden; insofern seien zwei von drei Proben negativ ausgefallen.
Diese vorgeblich bewusst lückenhafte Bauüberwachung habe die Beklagte zu 1) arglistig gegenüber der Klägerin verschwiegen. Größtenteils aus der sich anschließenden Sanierung sei ihr ein Schaden in Höhe der eingeklagten Hauptforderung (sogleich Klageantrag zu 1) entstanden.
Mit Schriftsatz vom 7. November 2019 ‒ taggleich bei Gericht eingegangen ‒ stellte sie weitere Mangelbehauptungen auf, hinsichtlich derer sie schon in der Klageschrift auf Anlagen verwiesen hatte.
Die Klägerin beantragt,
(1) die Beklagten ‒ die Beklagten zu 2 bis 7 als Gesamtschuldner und diese wie Gesamtschuldner zusammen mit der Beklagten zu 1 ‒ zu verurteilen, an sie EUR 333.667,89 nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2014 zu zahlen,
(2) die Beklagten ‒ die Beklagten zu 2 bis 7 als Gesamtschuldner und diese wie Gesamtschuldner zusammen mit der Beklagten zu 1 ‒ zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 4.066,11 nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu erstatten.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten erheben die Verjährungseinrede. Die Beklagten behaupten, ….. mit der Bauüberwachung sorgfältig ausgesucht und eingesetzt zu haben; ……. sei ein im Bereich der Bauüberwachung ein Büro mit langjähriger Erfahrung und fundierter Expertise. Jenes habe mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen die Bauüberwachung durchgeführt; deren Mitarbeiter seien davon überzeugt gewesen, sich in jeder Hinsicht korrekt verhalten zu haben. Nach Abschluss der baulichen Herstellung der Fassade sei diese von jenen begangen und auf Mängel kontrolliert worden.
Die Streitverkündete trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …….,, ………., ………., …………., ……….., ………… und ………, sowie Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ……….., unter Mitwirkung des Untersachverständigen ……., und Anhörung der beiden Sachverständigen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 15. November 2017 (Bl. 539-546 d.A.), 25. April 2018 (nach Bl. 639 d.A.) und 4. September 2019 (Bl. 907-911b d.A.), sowie das Gutachten des Sachverständigen ……… vom 24. Mai 2019 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat in der Hauptsache aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen die Beklagten einen durchsetzbaren Zahlungsanspruch, insbesondere nicht aus § 280 Abs. 1 BGB, da jedenfalls etwaige Ansprüche verjährt sind, § 214 Abs. 1 BGB.
I. Relevanz der behaupteten Mängel
Ausgangspunkt ist für die Kammer, dass sämtliche von der Klägerin vorgebrachten Mängel, abseits des klägerseitigen Hauptvorwurfs hinsichtlich der Verfugung der Fassadensteine, mithin Mangelvorwürfe 2-8, an sich schon nicht erheblich sind. Der Vortrag zu den Mangelvorwürfen 2), 3), 5) und 6) ist unsubstantiiert. Inwiefern darüber hinaus tatsächlich jeweils Bauausführungsfehler vorliegen, ergibt sich nicht aus dem Klagevorbringen, worauf die Beklagtenseite schon in ihrer Klageerwiderung hingewiesen hatte. Selbst wenn die ‒ später aufgestellte ‒ zugrundliegende klägerische Beweisbehauptung eines Verstoßes gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik eine Verletzung des Pflichtenprogramms der ……. begründen würde, dringt das Vorbringen im Ergebnis nicht durch. Es ergibt sich nicht hieraus per se eine Verletzung der Bauüberwachungspflichten der Beklagten zu 1). Nicht jeder Mangel lässt auf eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht schließen. Im Gegenteil sind etwa handwerkliche Selbstverständlichkeiten gerade nicht von der Beklagten zu 1) zu überwachen gewesen, solange sich eben keine besonderen Hinweise auf Schwierigkeiten, Besonderheiten etc. verdichtet hätten, vgl. Werner/Frechen, in: Pastor, Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 2015 m.w.N. Vor allem verdeckte Mängel, etwa eine etwaige mangelnde Hydrophobierung der Fassade, lassen gerade nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht zu. Wenn etwa die gerügte mangelnde Hydrophobierung nur durch Laborproben habe festgestellt werden können, wobei eine Beprobung schon nach dem Klägervortrag auf eine regelkonforme Hydrophobierung schließen ließ, ist nicht erkennbar, welchen Vorwurf die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) im Einzelnen erheben mag. Zu einer anlasslosen Beprobung war die Beklagte zu 1) jedenfalls nicht verpflichtet, vgl. Werner/Frechen, a.a.O., Rn. 2016. Davon abgesehen wäre selbst bei Wahrstellung sämtlicher vorgetragener Mangelvorwürfe zu 2) ff. jedenfalls keine Schadenersatzansprüche gegenüber der Beklagtenseite durchsetzbar, da etwaige Ansprüche verjährt wären (dazu sogleich). Um ausnahmsweise eine die Rechtssicherheit beschneidende Verjährungsverlängerung zu rechtfertigen, können allein Mängel von gewisser Schwere herangezogen werden, wobei sich dies für die Mangelvorwürfe 2 ff. nicht erschließt, da nur für diese zum Einen eine Bauüberwachungspflichtverletzung ableitbar wäre und nur für diese zum Anderen ein arglistiges Verschweigen der nicht-erfolgten Bauüberwachung gegenüber der Klägerin in Betracht käme.
Soweit die Klägerin mit ‒ nicht nachgelassenem ‒ Schriftsatz vom 7. November 2019 über die bisherigen Mängel hinausgehend Mängel behauptet, etwa „aus einer Fuge herausstehendes Versetzstück aus Hartplastik“, bleibt der Vortrag unsubstantiiert ‒ es ist nicht einmal die Belegenheit der angeblichen Mängel erkennbar. Die Verweise in der Klageschrift unter III. 1) und 2) insoweit auf Anlagen unter Vorbringen von bloßen Stichworten war gleichsam nicht hinreichend; die weiteren Mängel wurden nicht hinreichend konkretisiert dargestellt. Selbst wenn der Vortrag aus dem Schriftsatz vom 7. November 2019 hinreichend konkret wäre, wäre der Vortrag nicht geeignet, nach § 156 ZPO die Wiedereröffnung der am 4. September 2019 geschlossenen Verhandlung zu begründen. Er ist folglich unberücksichtigt zu lassen. Davon abgesehen gilt das oben zu den übrigen Mängelvorwürfen (2 ff.) Ausgeführte entsprechend: Eine hinreichende Erheblichkeit der Mängel, etwa das Vorhandensein eines Hartplastikstückes bei einer großflächigen Fassade, ergibt sich nicht.
II. Eintritt ordentliche Verjährung
Der Architektenvertrag vom 28. Juni 2001 (Anlage K 3) bestimmt unter Ziff. 10 eine fünfjährige Verjährungsfrist beginnend mit „Abnahme des Bauwerkes durch den Bauherrn. Für Leistungen, die nach der Abnahme noch zu erbringen sind, (…) Fertigstellung und Abnahme der letzten Leistung.“
Mit der Bauwerksabnahme ist im Sinne des Architektenvertrags ist nicht die letzte Abnahme eines etwa nachträglich noch zu erbringenden (einzelnen) Gewerks gemeint, da für jene eine gesonderte Frist nach dem nachfolgenden Satz gilt. Vielmehr ist hierunter die Abnahme nach § 640 BGB zu verstehen. Das Schlussabnahmeprotokoll vom 1. Dezember 2005 weist die taggleiche Abnahme des Bauwerkes nach.
Das Schlussabnahmeprotokoll von jenem Tag betont diesen umfassenden Charakter schon durch seinen Wortlaut („Schlussabnahme“) und bezieht sich die Abnahme ausweislich S. 3 des Protokolls auf das „Gesamtbauwerk“. Eingangs ist festgehalten, dass die Leistung „abgenommen und dem AG übergeben werde“, wobei sich lediglich bestimmte Mängel ausdrücklich vorbehalten werden. Insofern wird aber lediglich auf das Vorhandensein von „unwesentlichen“ Mängel verwiesen. Jene Bestimmung stimmt mit der handschriftlichen Ergänzung auf S. 1 des Protokolls überein, wonach eben nur die Mängel nach Anlage 1 „vorbehalten“ bleiben. In Übereinstimmung hierzu lautet es zudem auf S. 4, Ziff. 2 des Protokolls, dass die „bei diesen noch durchzuführenden Begehungen festgestellten Mängel und/oder ausstehenden Leistungen“ daher „als bei der Abnahme vorbehalten“ gelten. Im Protokoll ist unter „Allgemeines“ (S. 4, Ziff. 3) insofern vertiefend festgehalten, dass die Abnahme der „Leistungen in den noch nicht begangenen Bereichen, insbesondere die sich aus den fehlenden Mängelaufnahmen gem. Anlage 1 ergeben,“ (…) vorbehalten bleibt. Schon die Wortlautverwendung „Vorbehalt“ und nicht „Bedingung“ der rechtserfahrenen Parteien spricht dafür, dass lediglich eine Erklärung nach § 640 Abs. 2 BGB a.F. gemeint ist und nicht eine Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB. Anlage 1 betrifft zudem nicht die Fassade in den streitgegenständlichen Punkten. Soweit in Anlage 4 „Restleistungen bis zur Abnahme“ aufgeführt werden, sind die dort angeführten Punkte ebenfalls nach dem Vorherigen nicht im Sinne einer aufschiebenden Bedingung zu verstehen, zumal die Auflistung hierunter „ohne Anspruch auf Vollständigkeit“ erfolgt. Sie ergibt mithin nur Sinn, wenn die Abnahme insoweit bedingungslos, nicht aber etwaig vorbehaltlos erklärt wird, da anderenfalls das Regel-Ausnahme-Verhältnis ins Unbestimmte umgekehrt würde.
Das Schlussabnahmeprotokoll kann folglich kohärent dahingehend verstanden werden, dass die Abnahme erklärt, aber gewisse Mängel noch durch Restarbeiten abzuarbeiten gewesen sein sollten und etwaige Mängel, die bei den noch anstehenden Begehungen auftreten sollten, gleichermaßen vorbehalten werden sollten, um einen Ausschluss der Mangelgeltendmachung zu verhindern. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hinsichtlich des Verjährungsbeginns insofern nicht auf die spätere Abnahme des Mieterausbaus abzustellen, da insoweit die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) keine klagebegründenden Bauüberwachungsfehler vorwirft.
Mithin ist die ordentliche Verjährung längst eingetreten. Verjährungshemmende Maßnahmen sind bis zur Klageerhebung im Jahr 2015 weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.
III. Kein Eingreifen einer Verjährungsverlängerung
Dem Eintritt der Verjährung steht auch nicht § 643a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. entgegen. Sollte jene Norm eingreifen, wäre auf die Regelverjährung abzustellen. Die Verjährungsfrist würde erst mit Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen einsetzen, § 199 BGB. Mithin würde die Verjährungsfrist erst im Jahr 2013 beginnen, sodass eine Verjährung im Ergebnis nicht vorliegen würde.
Die Norm wurde zwar nicht von den Parteien im Rahmen des § 202 BGB abbedungen. Gleichwohl greift sie nicht ein. Nach der Norm tritt die Verjährung erst nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist ein, wenn der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Der Beklagten zu 1) entsprechend § 166 BGB zurechenbare Personen, etwaig einschließlich der Mitarbeiter von …….., hatten keine positive Kenntnis von etwaigen Mängeln bei der Bauüberwachung. Insoweit kann grundsätzlich nur noch einerseits ein Organisationsversagen und andererseits eine bewusst unterlassene Bauüberwachung in Betracht bleiben.
1. Kein Organisationsversagen
Der Arglist nach genannter Norm gleichgestellt ist es, wenn der Architekt seine Organisation darauf angelegt hat, eine Arglisthaftung zu vermeiden, BGH NJW-RR 2010, 1604 ff. Die Beklagte zu 1) müsste mithin Personal eingesetzt haben, von dem sie zumindest hätte annehmen können, dass jenes seiner Pflicht zur Mangelanzeige nicht nachkommen kann oder wird, vgl. stellvertretend BGH NJW 2009, 582 ff. Folglich liegt bei einer sorgfältigen Auswahl der zur Erfüllung herangezogenen Personen kein Organisationsversagen vor, vgl. BGH a.a.O.
Nach diesem Maßstab ist kein Organisationsversagen der Beklagten zu 1) vorzuwerfen; sie hat sich nicht bewusst unwissend gestellt.
Zum Einen ergibt sich aus der Vernehmung der für die …….. tätigen Personen ……., ………, sowie der Zeugen ……….. und ……. keine für die Auswahlentscheidung ableitbaren Anhaltspunkte für eine strukturell mangelnde Qualifizierung oder grundsätzlich fehlende Sorgfalt des seitens der ……… eingesetzten Personals, für welches die Beklagte zu 1) nach § 278 BGB auch einzustehen hätte. Das Ingenieurbüro ……. pp. aus Frankfurt am Main war mit der Prüfung der Standsicherheit der Fassade beauftragt gewesen. Nach den Aussagen der für dieses Büro tätigen Zeugen …… und ……., beides Bauingenieure, nahmen diese auch mehrere Ortstermine wahr. Aus dem vom Zeugen ………..überreichten Bauüberwachungsberichten (Anlage 4 zum Sitzungsprotokoll vom 25. April 2018) geht eine engmaschige Bauüberwachung der Fassadenarbeiten für den Zeitraum März bis Juli 2005 hervor.
Der Zeuge ……., Mitarbeiter bei der ………, und von Beruf ebenfalls Bauingenieur, hat widerspruchsfrei bezeugt, dass er auch für die Überwachung der Fassadenarbeiten zuständig gewesen sei. Er habe die Fassade komplett abgegangen und habe in regelmäßigen Abständen die Tätigkeiten insoweit überwacht. Der vom Büro ……… eingesetzte Zeuge ……., studierter Architekt, war nach seinen Angaben ebenfalls mit der Überwachung der Fassadenarbeiten betraut. Das Büro ……….. habe mindestens wöchentlich Bauzustandsberichte gegenüber dem Generalunternehmer abgeliefert.
Das Gericht hat insofern auch nach dem persönlichen Eindruck von den jeweiligen Zeugen keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der genannten Zeugen, welche freimütig Erinnerungslücken angesichts des erheblichen Zeitablaufs einräumten und nicht erkennbar interessensgeleitet aussagten, sondern vielmehr nüchtern und ausgewogen berichteten.
Zum Anderen war das Büro……. vor dem streitgegenständlichen Unterfangen mit großvolumigen Bauüberwachungsaufgaben betraut gewesen (Anlagenkonvolut B 5-6). Es sind keine ‒ selbst nach dem Klagevorbringen ‒ Anzeichen gegeben, dass mit der Entscheidung für das Büro ……… ein nicht-qualifiziertes Büro von der Beklagten zu 1) installiert worden ist.
2. Kein Arglistiges Verschweigen mangelnder Bauüberwachung
Ein mit der Bauüberwachung befasster Architekt verschweigt einen Mangel seiner Leistung arglistig, wenn er bei Abnahme seiner Architektenleistung nicht offenbart, dass er keine Bauüberwachung vorgenommen hat oder dass er einzelne überwachungspflichtige Gewerke nicht überwacht hat, vgl. BGH NJW-RR 2010, 1604. Die Beklagte zu 1) bediente sich hinsichtlich der Bauüberwachung des Büros …….. deren Wissen sie sich entsprechend § 166 BGB anzurechnen hat.
Ausgangspunkt insofern ist, dass das Leistungssoll der …… ‒ unbesehen technischer Anforderungen ‒ eine Vollverfugung der Fassadensteine ‒ und damit einhergehend eine Entfernung sämtlicher Klötzchen ‒ war. Die vollflächige Verfugung ist darüberhinaus aber auch aus technischer Sicht von übergeordneter Bedeutung für die Fassade. Mit den vollständig nachvollziehbaren und widerspruchsfreien, mithin insgesamt überzeugenden, schriftlichen wie mündlichen Ausführungen der Sachverständigen ……… und ………. muss das Mauerwerk zwar keine Lasten anderer Bauteile abtragen, gleichwohl müsse zur (vertikalen) Lastabtragung gerade angesichts der unregelmäßigen und großvolumigen Fassadensteine eine vollflächige Verfugung hergestellt sein, da anderenfalls insbesondere eine bereichsweise Überlastung des Mauerwerks eintreten könne. Soweit jedoch zumindest teilweise vermörtelt worden sei, sei ein Herabfallen ganzer Steine auszuschließen.
Mithin ist nach alledem die Verfugung der Fassadensteine ein von der Beklagten zu 1) im Besonderen zu überwachendes Gewerk gewesen.
Die angeblich mangelhafte vollflächige Verfugung der Fassadensteine zum Zeitpunkt der Abnahme im Dezember 2005 ist ein Umstand, für den die Klägerin beweisbelastet ist. Dem kam sie nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) hinlänglich nach. Im Gegenteil: Die Beweisaufnahme ergab, dass jedenfalls eine teilweise Vermörtelung der Fugen zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden war.
Der Zeuge ………., der als Architekt mit der Sanierung beauftragt war, konnte nur für den Zustand der Fassade im Jahr 2013 Angaben machen. Gleiches gilt für den mit der Bauleitung im Rahmen der Sanierung beauftragten Zeugen ………. Die Aussage des Zeugen …….. zum Zustand der Fassade im Dezember 2005 war unergiebig. Sofern der Zeuge ……. zwar bloß zum Zustand Mitte des Jahres 2005 Angaben machen konnte, ergibt sich hieraus gleichwohl, dass nach ihm Mörtelmasse teils vorhanden war, teils erforderliche Mörtelmasse fehlend war. Dass eine Entfernung von Mörtelmasse zwischen dem Zeitpunkt der Fassadensichtung und der Abnahme im Dezember 2005 stattfand, ist nicht anzunehmen. Soweit im Bauzustandsbericht Nr. 74 vom 30. September 2005 (Anlage K 9), den der Zeuge …….. erstellte, ausführlich auch das Fugenbild der Fassade dokumentiert wird, und insofern etwa (S. 6) auf eine erforderliche Entfernung der Abstandsplättchen hingewiesen wird, sowie zusammenfassend konstatiert wurde: „Wiederaufbau: ca. 90% erfolgt“ (…) „Verfugung: ca. 5% erfolgt (nur teilweise im Sockelgeschoss!), ist gleichwohl einzustellen, dass mehr als zwei Monate Zeit bis zur Abnahme im Dezember 2005 waren, eine nicht hinreichende Verfugung, die Fassade war nach dem Bericht auch noch nicht vollständig erstellt, noch herzustellen.
Zwar mag das von den Zeugen ………. und ………. in ihren jeweiligen Vernehmungen nachgezeichnete Fugenbild tatsächlich im Jahr 2013 fehlerbehaftet gewesen sein. Einen zwingenden Rückschluss lässt sich aus ihren vagen Angaben, der Zeuge ………. etwa berichtete, dass es bei zehn von zehn Proben keine vollfugige Versetzung gegeben habe, anderseits aber unregelmäßige Mörtelmassen vorhanden gewesen seien, auf den Zustand sämtlicher Fugen etwa acht Jahre zuvor nicht ziehen. Soweit der Kammer von der Klägerin Lichtbildaufnahmen die angeblich mangelnde Verfugung ‒ wobei auch diese erst Jahre nach der Abnahme entstanden sind ‒ abbildend vorgelegt wurden, wurden diese insbesondere vom Sachverständigen ……… bewertet. Nach dessen, auch in seiner Anhörung verteidigten Position, lässt sich an Hand sämtlicher klägerseitig eingereichter Lichtbildaufnahmen nicht verifizieren, dass eine vollflächige Vermörtelung nicht vorhanden war. Nach seinen Ausführungen ist vielmehr Mörtelmasse erkennbar. Soweit teils auf Lichtbildaufnahmen vordergründig Mörtelmasse zu fehlen scheint, beziehe sich dies allein auf die Deckfuge, mithin eine nicht Masse abtragende Fuge, sondern eine Fuge, die vor allem Wassereintritt vorbeugen soll. Auch der Sachverständige ……… gab in der Anhörung und nach nochmaliger Durchsicht der klägerseitigen Lichtbilddokumentation zu Protokoll, die Frage, ob vollflächig verfugt wurde oder nicht, nicht sicher beurteilen zu können. Diese verbleibende Unsicherheit geht zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin. Weitere zielführende Aufklärungsmöglichkeiten bestehen auf Grund der klägerseitig vorgebrachten Nachverfugung nicht, da bei Ortsbegehung nicht der ursprüngliche Zustand aufzufinden ist. Soweit die Klägerin beantragt hat, eine Bauteilöffnung vorzunehmen, um eine Beprobung der Mörtelmassen vorzunehmen, war dem nicht nachzugehen. Abgesehen davon, dass eine Beprobung nicht bloß stichprobenhaft, sondern umfangreich erfolgen müsste, trug die Klägerin selbst vor, dass ‒ von der ………. eingebrachte ‒ Mörtelmasse im Rahmen der Sanierung teils entfernt worden sei, wie sich zudem auch aus Anlage K 13 ergibt, wonach mehrfach in der Schlussrechnung des Sanierungsunternehmens die Position „Ausbau Mörtelfugen“ oder „Ausbau alter elastischer Fugen“ enthalten ist. Wie viel Mörtelmasse, gleichviel ob Deck- oder Lugerfuge, entfernt wurde, wird hingegen nicht dargelegt (und wird sich wohl auch nicht mehr rekonstruieren lassen). Der Umstand der Entfernung von vorhandenem Mörtel beeinflusst jedenfalls das Verhältnis der Mörtelmassen zueinander, weswegen auch über eine Beprobung ‒ ebenso wie über die klägerischen Angaben zum angeblich eingebrachten Mörtel im Rahmen der Sanierung ‒ keine sichere Beweisführung möglich wäre.
Selbst wenn aber die Beweisaufnahme ergeben hätte, dass teils eine vollflächige Verfugung bei Bauwerksabnahme nicht vorhanden gewesen wäre, ergäbe sich hieraus keine Einstandspflicht der Beklagtenseite. Die Beklagte zu 1) hat nicht gänzlich die Überwachung eines überwachungspflichtigen Gewerks, die Verfugung der Fassadensteine, unterlassen. Insofern zeigen allein schon die dokumentierten Berichte über den Zustand der Verfugung auf (Anlage K 8 und B 7), dass eine Überwachung der Tätigkeit der ……. stattfand und die ….. über Mängel von ….. informiert wurde (Anlage B 7: etwa Protokolle von Besprechung dieser vom 7. Juni und 19. Juli 2005, je S. 7: „Die Verfugung ist teilweise unsauber“ (…). Zudem hat auch der mit der Projektleitung seitens ….. beauftragte Architekt ………… in seiner Vernehmung glaubhaft angegeben, die ……. über sämtliche Mängel, es dürften projektweit etwa 20.000 gewesen sein, vollumfänglich unterrichtet zu haben. Ferner hat der Zeuge ……, der in persona mit der Bauüberwachung an der Fassade beauftragt war, eine tägliche Präsenz auf der Baustelle angegeben und etwa auch den dies abbildenden Bauzustandsbericht vom 30. September 2005 (Anlage K 9) erstellt. Nach Auffassung der Kammer gilt zwar im Sinne der eingangs zu diesem Unterteil zitierten BGH-Rechtsprechung, dass nach Kenntnis des Architekten von einem mangelhaften Gewerk und hernach unterlassener weiterer Bauüberwachung erst recht der Architekt arglistig handelt, wenn er bei Abnahme seiner Leistung nicht offenbart, eine weitere Überwachung des von ihm als mangelhaft erkannten Gewerks nicht vorgenommen zu haben. Dass nach dem 30. September 2005 eine Überwachung der erkannt mangelnden Verfugung durchgeführt wurde, ist nicht ersichtlich. Diese hätte, besonders, weil durch das Anbringen der Deckfuge sich im Rahmen der Abnahme das Nachholen einer vollflächigen Verfugung nicht mehr auf Sicht hätte kontrolliert lassen und ein bloßes Vertrauen, die ARGE werde ihrer Pflicht schon nachkommen, nicht ausreicht, stattfinden müssen. Die für die Beklagte zu 1) tätigen Personen hätten jedoch bewusst die weitere Bauüberwachung nach dem September 2005 unterlassen müssen (vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 2016, 1115 f.), wofür die Klägerin den Beweis zu führen hat. Die Zeugeneinvernahme, insbesondere der für ……. tätigen Zeugen ……….., ………, ………… und ………., ergab dies jedoch nicht. Im Gegenteil hat der Zeuge ………. sachlich, ruhig und ohne Be-/ Entlastungseifer, mithin insgesamt überzeugend ausgeführt, dass er als Bauingenieur bis zur Abnahme mit der Objektüberwachung befasst gewesen sei, die Fassade regelmäßig inspiziert habe und etwaig fehlende Mörtelmasse beanstandet hätte. Ähnlich hat auch der Zeuge ………….. ausgesagt. Insoweit hatten die Zeugen ……. und ……. trotz ihres eigenen Interesses, ein etwaig eigenes Fehlverhalten nicht einräumen zu wollen, durchaus glaubhaft bekundet, im Falle einer mangelhaften Verfugung dies gerügt zu haben. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen ein Interesse gehabt haben könnten, eine Rüge nicht auszusprechen. Eine etwaige fahrlässig unterlassene weitere Bauüberwachung respektive Mängelanzeige begründet aber nicht den für die Arglist erforderlichen Vorsatzwurf.
Mangels Bestehens einer Hauptforderung unterliegen auch die Nebenforderungen der Klageabweisung.
Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 2 ZPO.
15.11.2019
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche aus einem Architektenvertrag.
Die Klägerin beauftragte für die schlüsselfertige Herstellung eines Bürogebäudes nebst Tiefgarage in der ….. in Frankfurt am Main die …………. (nachfolgend „……), vertreten durch die ……………. und die ………….. Die ……….. war auch beauftragt mit dem Neuaufbau einer denkmalgeschützten, mehr als 1.000 m² großen Natursteinfassade in der benachbarten …… (nachfolgend „Fassade“) nach dem Generalunternehmervertrag vom 29. April 2003 (im Einzelnen: Anlage K 1). Konkretisiert wurde der Leistungsumfang in der Anlage 1 zu jenem Vertrag, der Leistungsbeschreibung vom 10. Juli 2002 (Anlage K 2). In jener lautet es unter Ziff. 5.3.2: „Die Steine sind vollfugig mit Trasszementmörtel zu versetzen. Die Fugenklötze sind später zu entfernen.“
Für jenes Bauvorhaben beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1), die Beklagten zu 2) bis 7) sind deren Gesellschafter, mit Architektenvertrag vom 28. Juni 2001 mitunter mit der Bauüberwachung (Anlage K 3), welche diese Aufgabe an das Büro ………. (nachhfolgend ………..) mit Architektenvertrag vom 3. Mai 2002 (Anlage B 1) delegierte. Im Jahr 2002 wurde der Vertrag um die Leistungsphasen 4-7 (Anlage K 39), im Jahr 2003 um die Leistungsphase 8 (Anlage K 40), im Jahr 2006 hinsichtlich der Leistungsphase 9a (Anlage K 41) und im Jahr 2008 hinsichtlich des Mieterausbaus (Anlagen K 42-44) erweitert, wobei die Leistungen des Mieterausbaus am 15. März 2011 von der Klägerin gegenüber den ausführenden Bauunternehmen abgenommen wurden. Sämtliche Honorarforderungen der Beklagten zu 1) glich die Klägerin vollständig am 3. Dezember 2010 aus.
Unter dem 1. Dezember 2005 fand eine Abnahme in Bezug auf das Bauvorhaben statt, wobei das Abnahmeprotokoll mit „Schlussabnahme“ überschrieben ist (Anlage B 14, Bl. 249-261 d.A.).
Die Klägerin behauptet, dass sich im Juni 2013 von der Fassade ein etwa faustgroßes Gesteinsteil gelöst und herabgefallen sei. Sie habe daraufhin mit der Untersuchung der Fassade beauftragt die …………….., welche einen Prüfbericht unter dem 11. Juli 2013 erstellt habe (Anlage K 4), und das ……………… Architekten GbR (Aktennotizen Nr. 1 und 2; Anlagen K 5 und 6). Hieraus würde insbesondere hervorgehen (nachfolgend „Mangelvorwurf 1“), dass die Fassadensteine an keiner Stelle vollfugig mit Trasszementmörtel versetzt worden seien und Fugenklötze generell nicht entfernt worden seien, wodurch die statische Sicherheit der Fassade gefährdet gewesen sei. Die mangelnde Versetzung mit Trasszementmörtel ergebe sich auch aus dem Bedarf des entsprechenden Materials im Rahmen der Sanierungsarbeiten. Die Beklagte zu 1) hätte während der Montage der Werkstücke fortlaufend und intensiv die Arbeitsausführung überwachen und vor dem Aufbringen der Deckfugen eine Prüfung und technische Zustandsfeststellung der Fassade durchführen müssen, um eine Mangelbeseitigung im Rahmen der Bauausführung zu ermöglichen. Zudem bestünden weitere Mängel, die bei einer erforderlichen Begehung aufgefallen wären und sämtlich ein Verstoß gegen die allgemein anerkennten Regeln der Technik darstellen würden. Im Einzelnen seien dies: (Mangelvorwurf 2) Bei der Fassade sei an Gewändeaufständen, Säulen oder ähnlichen Bauteilen aus Naturstein, die unmittelbar an die Verwahrung der Fensterbänke aus Zinkblech anschließen, keine Maßnahmen getroffen worden, um seitlich aufgehende Zinkblechanschlüsse zu verwahren. Sämtliche Abdeckungen seien nur stumpf an die begrenzenden Natursteinflächen angeschlossen und dauerelastisch versiegelt worden. Die dauerelastische Versiegelung sei an vielen Stellen abgerissen gewesen. Ferner (Mangelvorwurf 3) sei entgegen den allgemein anerkannten Regeln der Technik vor Auflage der Blechabdeckungen keine diffusionsoffene Trennlage auf den Naturstein aufgelegt worden, (Mangelvorwurf 4) sei entgegen den allgemein anerkannten Regeln der Technik ein Anschluss der Verwahrbleche auf dem umlaufenden Balkonsims im 4. Obergeschoss der Fassade nicht vorhanden gewesen, (Mangelvorwurf 5) habe am Anschlussbereich der Balkonbrüstungsabdeckung zum aufgehenden Quadermauerwerk eine Fugenabdichtung gefehlt, (Mangelvorwurf 6) das Quadermauerwerk sei durch ablaufenden Beton verschmutzt gewesen, „alte Gerüstanker“ und „abgefallene Fehlstellen“ seien im Steinmaterial vorhanden gewesen, (Mangelvorwurf 7) sei eine Nachpflege der Deckfugen nicht erfolgt, und (Mangelvorwurf 8) sei die Fassade unvollständig hydrophobiert worden; insofern seien zwei von drei Proben negativ ausgefallen.
Diese vorgeblich bewusst lückenhafte Bauüberwachung habe die Beklagte zu 1) arglistig gegenüber der Klägerin verschwiegen. Größtenteils aus der sich anschließenden Sanierung sei ihr ein Schaden in Höhe der eingeklagten Hauptforderung (sogleich Klageantrag zu 1) entstanden.
Mit Schriftsatz vom 7. November 2019 ‒ taggleich bei Gericht eingegangen ‒ stellte sie weitere Mangelbehauptungen auf, hinsichtlich derer sie schon in der Klageschrift auf Anlagen verwiesen hatte.
Die Klägerin beantragt,
(1) die Beklagten ‒ die Beklagten zu 2 bis 7 als Gesamtschuldner und diese wie Gesamtschuldner zusammen mit der Beklagten zu 1 ‒ zu verurteilen, an sie EUR 333.667,89 nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2014 zu zahlen,
(2) die Beklagten ‒ die Beklagten zu 2 bis 7 als Gesamtschuldner und diese wie Gesamtschuldner zusammen mit der Beklagten zu 1 ‒ zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 4.066,11 nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu erstatten.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten erheben die Verjährungseinrede. Die Beklagten behaupten, ….. mit der Bauüberwachung sorgfältig ausgesucht und eingesetzt zu haben; ……. sei ein im Bereich der Bauüberwachung ein Büro mit langjähriger Erfahrung und fundierter Expertise. Jenes habe mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen die Bauüberwachung durchgeführt; deren Mitarbeiter seien davon überzeugt gewesen, sich in jeder Hinsicht korrekt verhalten zu haben. Nach Abschluss der baulichen Herstellung der Fassade sei diese von jenen begangen und auf Mängel kontrolliert worden.
Die Streitverkündete trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …….,, ………., ………., …………., ……….., ………… und ………, sowie Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ……….., unter Mitwirkung des Untersachverständigen ……., und Anhörung der beiden Sachverständigen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 15. November 2017 (Bl. 539-546 d.A.), 25. April 2018 (nach Bl. 639 d.A.) und 4. September 2019 (Bl. 907-911b d.A.), sowie das Gutachten des Sachverständigen ……… vom 24. Mai 2019 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat in der Hauptsache aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen die Beklagten einen durchsetzbaren Zahlungsanspruch, insbesondere nicht aus § 280 Abs. 1 BGB, da jedenfalls etwaige Ansprüche verjährt sind, § 214 Abs. 1 BGB.
I. Relevanz der behaupteten Mängel
Ausgangspunkt ist für die Kammer, dass sämtliche von der Klägerin vorgebrachten Mängel, abseits des klägerseitigen Hauptvorwurfs hinsichtlich der Verfugung der Fassadensteine, mithin Mangelvorwürfe 2-8, an sich schon nicht erheblich sind. Der Vortrag zu den Mangelvorwürfen 2), 3), 5) und 6) ist unsubstantiiert. Inwiefern darüber hinaus tatsächlich jeweils Bauausführungsfehler vorliegen, ergibt sich nicht aus dem Klagevorbringen, worauf die Beklagtenseite schon in ihrer Klageerwiderung hingewiesen hatte. Selbst wenn die ‒ später aufgestellte ‒ zugrundliegende klägerische Beweisbehauptung eines Verstoßes gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik eine Verletzung des Pflichtenprogramms der ……. begründen würde, dringt das Vorbringen im Ergebnis nicht durch. Es ergibt sich nicht hieraus per se eine Verletzung der Bauüberwachungspflichten der Beklagten zu 1). Nicht jeder Mangel lässt auf eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht schließen. Im Gegenteil sind etwa handwerkliche Selbstverständlichkeiten gerade nicht von der Beklagten zu 1) zu überwachen gewesen, solange sich eben keine besonderen Hinweise auf Schwierigkeiten, Besonderheiten etc. verdichtet hätten, vgl. Werner/Frechen, in: Pastor, Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 2015 m.w.N. Vor allem verdeckte Mängel, etwa eine etwaige mangelnde Hydrophobierung der Fassade, lassen gerade nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht zu. Wenn etwa die gerügte mangelnde Hydrophobierung nur durch Laborproben habe festgestellt werden können, wobei eine Beprobung schon nach dem Klägervortrag auf eine regelkonforme Hydrophobierung schließen ließ, ist nicht erkennbar, welchen Vorwurf die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) im Einzelnen erheben mag. Zu einer anlasslosen Beprobung war die Beklagte zu 1) jedenfalls nicht verpflichtet, vgl. Werner/Frechen, a.a.O., Rn. 2016. Davon abgesehen wäre selbst bei Wahrstellung sämtlicher vorgetragener Mangelvorwürfe zu 2) ff. jedenfalls keine Schadenersatzansprüche gegenüber der Beklagtenseite durchsetzbar, da etwaige Ansprüche verjährt wären (dazu sogleich). Um ausnahmsweise eine die Rechtssicherheit beschneidende Verjährungsverlängerung zu rechtfertigen, können allein Mängel von gewisser Schwere herangezogen werden, wobei sich dies für die Mangelvorwürfe 2 ff. nicht erschließt, da nur für diese zum Einen eine Bauüberwachungspflichtverletzung ableitbar wäre und nur für diese zum Anderen ein arglistiges Verschweigen der nicht-erfolgten Bauüberwachung gegenüber der Klägerin in Betracht käme.
Soweit die Klägerin mit ‒ nicht nachgelassenem ‒ Schriftsatz vom 7. November 2019 über die bisherigen Mängel hinausgehend Mängel behauptet, etwa „aus einer Fuge herausstehendes Versetzstück aus Hartplastik“, bleibt der Vortrag unsubstantiiert ‒ es ist nicht einmal die Belegenheit der angeblichen Mängel erkennbar. Die Verweise in der Klageschrift unter III. 1) und 2) insoweit auf Anlagen unter Vorbringen von bloßen Stichworten war gleichsam nicht hinreichend; die weiteren Mängel wurden nicht hinreichend konkretisiert dargestellt. Selbst wenn der Vortrag aus dem Schriftsatz vom 7. November 2019 hinreichend konkret wäre, wäre der Vortrag nicht geeignet, nach § 156 ZPO die Wiedereröffnung der am 4. September 2019 geschlossenen Verhandlung zu begründen. Er ist folglich unberücksichtigt zu lassen. Davon abgesehen gilt das oben zu den übrigen Mängelvorwürfen (2 ff.) Ausgeführte entsprechend: Eine hinreichende Erheblichkeit der Mängel, etwa das Vorhandensein eines Hartplastikstückes bei einer großflächigen Fassade, ergibt sich nicht.
II. Eintritt ordentliche Verjährung
Der Architektenvertrag vom 28. Juni 2001 (Anlage K 3) bestimmt unter Ziff. 10 eine fünfjährige Verjährungsfrist beginnend mit „Abnahme des Bauwerkes durch den Bauherrn. Für Leistungen, die nach der Abnahme noch zu erbringen sind, (…) Fertigstellung und Abnahme der letzten Leistung.“
Mit der Bauwerksabnahme ist im Sinne des Architektenvertrags ist nicht die letzte Abnahme eines etwa nachträglich noch zu erbringenden (einzelnen) Gewerks gemeint, da für jene eine gesonderte Frist nach dem nachfolgenden Satz gilt. Vielmehr ist hierunter die Abnahme nach § 640 BGB zu verstehen. Das Schlussabnahmeprotokoll vom 1. Dezember 2005 weist die taggleiche Abnahme des Bauwerkes nach.
Das Schlussabnahmeprotokoll von jenem Tag betont diesen umfassenden Charakter schon durch seinen Wortlaut („Schlussabnahme“) und bezieht sich die Abnahme ausweislich S. 3 des Protokolls auf das „Gesamtbauwerk“. Eingangs ist festgehalten, dass die Leistung „abgenommen und dem AG übergeben werde“, wobei sich lediglich bestimmte Mängel ausdrücklich vorbehalten werden. Insofern wird aber lediglich auf das Vorhandensein von „unwesentlichen“ Mängel verwiesen. Jene Bestimmung stimmt mit der handschriftlichen Ergänzung auf S. 1 des Protokolls überein, wonach eben nur die Mängel nach Anlage 1 „vorbehalten“ bleiben. In Übereinstimmung hierzu lautet es zudem auf S. 4, Ziff. 2 des Protokolls, dass die „bei diesen noch durchzuführenden Begehungen festgestellten Mängel und/oder ausstehenden Leistungen“ daher „als bei der Abnahme vorbehalten“ gelten. Im Protokoll ist unter „Allgemeines“ (S. 4, Ziff. 3) insofern vertiefend festgehalten, dass die Abnahme der „Leistungen in den noch nicht begangenen Bereichen, insbesondere die sich aus den fehlenden Mängelaufnahmen gem. Anlage 1 ergeben,“ (…) vorbehalten bleibt. Schon die Wortlautverwendung „Vorbehalt“ und nicht „Bedingung“ der rechtserfahrenen Parteien spricht dafür, dass lediglich eine Erklärung nach § 640 Abs. 2 BGB a.F. gemeint ist und nicht eine Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB. Anlage 1 betrifft zudem nicht die Fassade in den streitgegenständlichen Punkten. Soweit in Anlage 4 „Restleistungen bis zur Abnahme“ aufgeführt werden, sind die dort angeführten Punkte ebenfalls nach dem Vorherigen nicht im Sinne einer aufschiebenden Bedingung zu verstehen, zumal die Auflistung hierunter „ohne Anspruch auf Vollständigkeit“ erfolgt. Sie ergibt mithin nur Sinn, wenn die Abnahme insoweit bedingungslos, nicht aber etwaig vorbehaltlos erklärt wird, da anderenfalls das Regel-Ausnahme-Verhältnis ins Unbestimmte umgekehrt würde.
Das Schlussabnahmeprotokoll kann folglich kohärent dahingehend verstanden werden, dass die Abnahme erklärt, aber gewisse Mängel noch durch Restarbeiten abzuarbeiten gewesen sein sollten und etwaige Mängel, die bei den noch anstehenden Begehungen auftreten sollten, gleichermaßen vorbehalten werden sollten, um einen Ausschluss der Mangelgeltendmachung zu verhindern. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hinsichtlich des Verjährungsbeginns insofern nicht auf die spätere Abnahme des Mieterausbaus abzustellen, da insoweit die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) keine klagebegründenden Bauüberwachungsfehler vorwirft.
Mithin ist die ordentliche Verjährung längst eingetreten. Verjährungshemmende Maßnahmen sind bis zur Klageerhebung im Jahr 2015 weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.
III. Kein Eingreifen einer Verjährungsverlängerung
Dem Eintritt der Verjährung steht auch nicht § 643a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. entgegen. Sollte jene Norm eingreifen, wäre auf die Regelverjährung abzustellen. Die Verjährungsfrist würde erst mit Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen einsetzen, § 199 BGB. Mithin würde die Verjährungsfrist erst im Jahr 2013 beginnen, sodass eine Verjährung im Ergebnis nicht vorliegen würde.
Die Norm wurde zwar nicht von den Parteien im Rahmen des § 202 BGB abbedungen. Gleichwohl greift sie nicht ein. Nach der Norm tritt die Verjährung erst nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist ein, wenn der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Der Beklagten zu 1) entsprechend § 166 BGB zurechenbare Personen, etwaig einschließlich der Mitarbeiter von …….., hatten keine positive Kenntnis von etwaigen Mängeln bei der Bauüberwachung. Insoweit kann grundsätzlich nur noch einerseits ein Organisationsversagen und andererseits eine bewusst unterlassene Bauüberwachung in Betracht bleiben.
1. Kein Organisationsversagen
Der Arglist nach genannter Norm gleichgestellt ist es, wenn der Architekt seine Organisation darauf angelegt hat, eine Arglisthaftung zu vermeiden, BGH NJW-RR 2010, 1604 ff. Die Beklagte zu 1) müsste mithin Personal eingesetzt haben, von dem sie zumindest hätte annehmen können, dass jenes seiner Pflicht zur Mangelanzeige nicht nachkommen kann oder wird, vgl. stellvertretend BGH NJW 2009, 582 ff. Folglich liegt bei einer sorgfältigen Auswahl der zur Erfüllung herangezogenen Personen kein Organisationsversagen vor, vgl. BGH a.a.O.
Nach diesem Maßstab ist kein Organisationsversagen der Beklagten zu 1) vorzuwerfen; sie hat sich nicht bewusst unwissend gestellt.
Zum Einen ergibt sich aus der Vernehmung der für die …….. tätigen Personen ……., ………, sowie der Zeugen ……….. und ……. keine für die Auswahlentscheidung ableitbaren Anhaltspunkte für eine strukturell mangelnde Qualifizierung oder grundsätzlich fehlende Sorgfalt des seitens der ……… eingesetzten Personals, für welches die Beklagte zu 1) nach § 278 BGB auch einzustehen hätte. Das Ingenieurbüro ……. pp. aus Frankfurt am Main war mit der Prüfung der Standsicherheit der Fassade beauftragt gewesen. Nach den Aussagen der für dieses Büro tätigen Zeugen …… und ……., beides Bauingenieure, nahmen diese auch mehrere Ortstermine wahr. Aus dem vom Zeugen ………..überreichten Bauüberwachungsberichten (Anlage 4 zum Sitzungsprotokoll vom 25. April 2018) geht eine engmaschige Bauüberwachung der Fassadenarbeiten für den Zeitraum März bis Juli 2005 hervor.
Der Zeuge ……., Mitarbeiter bei der ………, und von Beruf ebenfalls Bauingenieur, hat widerspruchsfrei bezeugt, dass er auch für die Überwachung der Fassadenarbeiten zuständig gewesen sei. Er habe die Fassade komplett abgegangen und habe in regelmäßigen Abständen die Tätigkeiten insoweit überwacht. Der vom Büro ……… eingesetzte Zeuge ……., studierter Architekt, war nach seinen Angaben ebenfalls mit der Überwachung der Fassadenarbeiten betraut. Das Büro ……….. habe mindestens wöchentlich Bauzustandsberichte gegenüber dem Generalunternehmer abgeliefert.
Das Gericht hat insofern auch nach dem persönlichen Eindruck von den jeweiligen Zeugen keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der genannten Zeugen, welche freimütig Erinnerungslücken angesichts des erheblichen Zeitablaufs einräumten und nicht erkennbar interessensgeleitet aussagten, sondern vielmehr nüchtern und ausgewogen berichteten.
Zum Anderen war das Büro……. vor dem streitgegenständlichen Unterfangen mit großvolumigen Bauüberwachungsaufgaben betraut gewesen (Anlagenkonvolut B 5-6). Es sind keine ‒ selbst nach dem Klagevorbringen ‒ Anzeichen gegeben, dass mit der Entscheidung für das Büro ……… ein nicht-qualifiziertes Büro von der Beklagten zu 1) installiert worden ist.
2. Kein Arglistiges Verschweigen mangelnder Bauüberwachung
Ein mit der Bauüberwachung befasster Architekt verschweigt einen Mangel seiner Leistung arglistig, wenn er bei Abnahme seiner Architektenleistung nicht offenbart, dass er keine Bauüberwachung vorgenommen hat oder dass er einzelne überwachungspflichtige Gewerke nicht überwacht hat, vgl. BGH NJW-RR 2010, 1604. Die Beklagte zu 1) bediente sich hinsichtlich der Bauüberwachung des Büros …….. deren Wissen sie sich entsprechend § 166 BGB anzurechnen hat.
Ausgangspunkt insofern ist, dass das Leistungssoll der …… ‒ unbesehen technischer Anforderungen ‒ eine Vollverfugung der Fassadensteine ‒ und damit einhergehend eine Entfernung sämtlicher Klötzchen ‒ war. Die vollflächige Verfugung ist darüberhinaus aber auch aus technischer Sicht von übergeordneter Bedeutung für die Fassade. Mit den vollständig nachvollziehbaren und widerspruchsfreien, mithin insgesamt überzeugenden, schriftlichen wie mündlichen Ausführungen der Sachverständigen ……… und ………. muss das Mauerwerk zwar keine Lasten anderer Bauteile abtragen, gleichwohl müsse zur (vertikalen) Lastabtragung gerade angesichts der unregelmäßigen und großvolumigen Fassadensteine eine vollflächige Verfugung hergestellt sein, da anderenfalls insbesondere eine bereichsweise Überlastung des Mauerwerks eintreten könne. Soweit jedoch zumindest teilweise vermörtelt worden sei, sei ein Herabfallen ganzer Steine auszuschließen.
Mithin ist nach alledem die Verfugung der Fassadensteine ein von der Beklagten zu 1) im Besonderen zu überwachendes Gewerk gewesen.
Die angeblich mangelhafte vollflächige Verfugung der Fassadensteine zum Zeitpunkt der Abnahme im Dezember 2005 ist ein Umstand, für den die Klägerin beweisbelastet ist. Dem kam sie nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) hinlänglich nach. Im Gegenteil: Die Beweisaufnahme ergab, dass jedenfalls eine teilweise Vermörtelung der Fugen zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden war.
Der Zeuge ………., der als Architekt mit der Sanierung beauftragt war, konnte nur für den Zustand der Fassade im Jahr 2013 Angaben machen. Gleiches gilt für den mit der Bauleitung im Rahmen der Sanierung beauftragten Zeugen ………. Die Aussage des Zeugen …….. zum Zustand der Fassade im Dezember 2005 war unergiebig. Sofern der Zeuge ……. zwar bloß zum Zustand Mitte des Jahres 2005 Angaben machen konnte, ergibt sich hieraus gleichwohl, dass nach ihm Mörtelmasse teils vorhanden war, teils erforderliche Mörtelmasse fehlend war. Dass eine Entfernung von Mörtelmasse zwischen dem Zeitpunkt der Fassadensichtung und der Abnahme im Dezember 2005 stattfand, ist nicht anzunehmen. Soweit im Bauzustandsbericht Nr. 74 vom 30. September 2005 (Anlage K 9), den der Zeuge …….. erstellte, ausführlich auch das Fugenbild der Fassade dokumentiert wird, und insofern etwa (S. 6) auf eine erforderliche Entfernung der Abstandsplättchen hingewiesen wird, sowie zusammenfassend konstatiert wurde: „Wiederaufbau: ca. 90% erfolgt“ (…) „Verfugung: ca. 5% erfolgt (nur teilweise im Sockelgeschoss!), ist gleichwohl einzustellen, dass mehr als zwei Monate Zeit bis zur Abnahme im Dezember 2005 waren, eine nicht hinreichende Verfugung, die Fassade war nach dem Bericht auch noch nicht vollständig erstellt, noch herzustellen.
Zwar mag das von den Zeugen ………. und ………. in ihren jeweiligen Vernehmungen nachgezeichnete Fugenbild tatsächlich im Jahr 2013 fehlerbehaftet gewesen sein. Einen zwingenden Rückschluss lässt sich aus ihren vagen Angaben, der Zeuge ………. etwa berichtete, dass es bei zehn von zehn Proben keine vollfugige Versetzung gegeben habe, anderseits aber unregelmäßige Mörtelmassen vorhanden gewesen seien, auf den Zustand sämtlicher Fugen etwa acht Jahre zuvor nicht ziehen. Soweit der Kammer von der Klägerin Lichtbildaufnahmen die angeblich mangelnde Verfugung ‒ wobei auch diese erst Jahre nach der Abnahme entstanden sind ‒ abbildend vorgelegt wurden, wurden diese insbesondere vom Sachverständigen ……… bewertet. Nach dessen, auch in seiner Anhörung verteidigten Position, lässt sich an Hand sämtlicher klägerseitig eingereichter Lichtbildaufnahmen nicht verifizieren, dass eine vollflächige Vermörtelung nicht vorhanden war. Nach seinen Ausführungen ist vielmehr Mörtelmasse erkennbar. Soweit teils auf Lichtbildaufnahmen vordergründig Mörtelmasse zu fehlen scheint, beziehe sich dies allein auf die Deckfuge, mithin eine nicht Masse abtragende Fuge, sondern eine Fuge, die vor allem Wassereintritt vorbeugen soll. Auch der Sachverständige ……… gab in der Anhörung und nach nochmaliger Durchsicht der klägerseitigen Lichtbilddokumentation zu Protokoll, die Frage, ob vollflächig verfugt wurde oder nicht, nicht sicher beurteilen zu können. Diese verbleibende Unsicherheit geht zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin. Weitere zielführende Aufklärungsmöglichkeiten bestehen auf Grund der klägerseitig vorgebrachten Nachverfugung nicht, da bei Ortsbegehung nicht der ursprüngliche Zustand aufzufinden ist. Soweit die Klägerin beantragt hat, eine Bauteilöffnung vorzunehmen, um eine Beprobung der Mörtelmassen vorzunehmen, war dem nicht nachzugehen. Abgesehen davon, dass eine Beprobung nicht bloß stichprobenhaft, sondern umfangreich erfolgen müsste, trug die Klägerin selbst vor, dass ‒ von der ………. eingebrachte ‒ Mörtelmasse im Rahmen der Sanierung teils entfernt worden sei, wie sich zudem auch aus Anlage K 13 ergibt, wonach mehrfach in der Schlussrechnung des Sanierungsunternehmens die Position „Ausbau Mörtelfugen“ oder „Ausbau alter elastischer Fugen“ enthalten ist. Wie viel Mörtelmasse, gleichviel ob Deck- oder Lugerfuge, entfernt wurde, wird hingegen nicht dargelegt (und wird sich wohl auch nicht mehr rekonstruieren lassen). Der Umstand der Entfernung von vorhandenem Mörtel beeinflusst jedenfalls das Verhältnis der Mörtelmassen zueinander, weswegen auch über eine Beprobung ‒ ebenso wie über die klägerischen Angaben zum angeblich eingebrachten Mörtel im Rahmen der Sanierung ‒ keine sichere Beweisführung möglich wäre.
Selbst wenn aber die Beweisaufnahme ergeben hätte, dass teils eine vollflächige Verfugung bei Bauwerksabnahme nicht vorhanden gewesen wäre, ergäbe sich hieraus keine Einstandspflicht der Beklagtenseite. Die Beklagte zu 1) hat nicht gänzlich die Überwachung eines überwachungspflichtigen Gewerks, die Verfugung der Fassadensteine, unterlassen. Insofern zeigen allein schon die dokumentierten Berichte über den Zustand der Verfugung auf (Anlage K 8 und B 7), dass eine Überwachung der Tätigkeit der ……. stattfand und die ….. über Mängel von ….. informiert wurde (Anlage B 7: etwa Protokolle von Besprechung dieser vom 7. Juni und 19. Juli 2005, je S. 7: „Die Verfugung ist teilweise unsauber“ (…). Zudem hat auch der mit der Projektleitung seitens ….. beauftragte Architekt ………… in seiner Vernehmung glaubhaft angegeben, die ……. über sämtliche Mängel, es dürften projektweit etwa 20.000 gewesen sein, vollumfänglich unterrichtet zu haben. Ferner hat der Zeuge ……, der in persona mit der Bauüberwachung an der Fassade beauftragt war, eine tägliche Präsenz auf der Baustelle angegeben und etwa auch den dies abbildenden Bauzustandsbericht vom 30. September 2005 (Anlage K 9) erstellt. Nach Auffassung der Kammer gilt zwar im Sinne der eingangs zu diesem Unterteil zitierten BGH-Rechtsprechung, dass nach Kenntnis des Architekten von einem mangelhaften Gewerk und hernach unterlassener weiterer Bauüberwachung erst recht der Architekt arglistig handelt, wenn er bei Abnahme seiner Leistung nicht offenbart, eine weitere Überwachung des von ihm als mangelhaft erkannten Gewerks nicht vorgenommen zu haben. Dass nach dem 30. September 2005 eine Überwachung der erkannt mangelnden Verfugung durchgeführt wurde, ist nicht ersichtlich. Diese hätte, besonders, weil durch das Anbringen der Deckfuge sich im Rahmen der Abnahme das Nachholen einer vollflächigen Verfugung nicht mehr auf Sicht hätte kontrolliert lassen und ein bloßes Vertrauen, die ARGE werde ihrer Pflicht schon nachkommen, nicht ausreicht, stattfinden müssen. Die für die Beklagte zu 1) tätigen Personen hätten jedoch bewusst die weitere Bauüberwachung nach dem September 2005 unterlassen müssen (vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 2016, 1115 f.), wofür die Klägerin den Beweis zu führen hat. Die Zeugeneinvernahme, insbesondere der für ……. tätigen Zeugen ……….., ………, ………… und ………., ergab dies jedoch nicht. Im Gegenteil hat der Zeuge ………. sachlich, ruhig und ohne Be-/ Entlastungseifer, mithin insgesamt überzeugend ausgeführt, dass er als Bauingenieur bis zur Abnahme mit der Objektüberwachung befasst gewesen sei, die Fassade regelmäßig inspiziert habe und etwaig fehlende Mörtelmasse beanstandet hätte. Ähnlich hat auch der Zeuge ………….. ausgesagt. Insoweit hatten die Zeugen ……. und ……. trotz ihres eigenen Interesses, ein etwaig eigenes Fehlverhalten nicht einräumen zu wollen, durchaus glaubhaft bekundet, im Falle einer mangelhaften Verfugung dies gerügt zu haben. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen ein Interesse gehabt haben könnten, eine Rüge nicht auszusprechen. Eine etwaige fahrlässig unterlassene weitere Bauüberwachung respektive Mängelanzeige begründet aber nicht den für die Arglist erforderlichen Vorsatzwurf.
Mangels Bestehens einer Hauptforderung unterliegen auch die Nebenforderungen der Klageabweisung.
Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 2 ZPO.