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  • 20.01.2021 · IWW-Abrufnummer 220011

    Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 08.02.2000 – 11 U 116/99

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Brandenburg

    Urteil vom 08.02.2000


    In dem Rechtsstreit
    hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
    auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2000
    durch
    xxx
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 31. März 1999 - Az.: 6 O 252/98 - wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Wert der Beschwer für die Beklagte: 22.053,59 DM.

    Tatbestand

    1

    Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

    Entscheidungsgründe

    2

    Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist jedoch nicht begründet.

    3

    Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte zur Bezahlung des restlichen Architektenhonorars verurteilt.

    4

    Die Forderung der Klägerin aus der Schlußrechnung vom 26. November 1998 ist fällig, § 8 Abs. 1 HOAI. Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Schlußrechnung der Klägerin prüfbar. Die Prüfbarkeit der Schlußrechnung ist kein Selbstzweck. Für die Kostenermittlung bei der Rechnungsstellung ist vielmehr für den konkreten Fall entscheidend, was die berechtigten Kontroll- und Informationsinteressen des Auftraggebers an Umfang und Differenzierung erfordern (vgl. BGH. BauR 1999, 63 f.). Der Auftraggeber soll in die Lage versetzt werden, die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu beurteilen. Es genügt daher eine Aufstellung, aus der ersichtlich ist, ob und gegebenenfalls welche Kosten gemäß § 10 HOAI voll, gemindert oder gar nicht Grundlage der Honorarberechnung sein sollen. Diesem Erfordernis entspricht die Abrechnung der Klägerin; die Beklagte hat die Schlußrechnung nämlich tatsächlich überprüft. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Frage der Fälligkeit Bezug genommen.

    5

    Dabei bedurfte es der Angabe der genauen Bezeichnung der einzelnen Leistungsphasen vorliegend zur Prüffähigkeit, da die Klägerin alle Arbeiten der entsprechenden Leistungsphasen abschließend erbracht hat und weitere Leistungen nicht schuldet, entgegen der Ansicht der Beklagten nicht (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 7. Auflage, § 8 Rn. 27). Auch eine genaue Angabe der Paragraphen der HOAI war vorliegend entbehrlich. Zwar ist grundsätzlich umstritten, ob im Regelfall die Paragraphen angegeben sein müssen, weil ohne deren Angabe es dem durchschnittlichen Bauherrn nicht möglich ist, zu prüfen, ob die anrechenbaren Kosten zutreffend zugrundegelegt sind und ob die richtige Honorarzone angewandt würde. Einem Wohnungsbauunternehmen als Vertragspartner - wie es die Beklagte ist - müssen diese Angaben aber nicht gemacht werden (vgl. Locher, aaO, § 8 Rn. 29 und 19). Darüber hinaus hat die Klägerin sogar, worauf sie zutreffend hinweist, in den Einzelberechnungen ihrer Schlußrechnung die anzuwendenden Normen genau angegeben. Auch in der Berufung hat die Beklagte im übrigen nicht in Abrede gestellt, daß ihr die Höhe der anrechenbaren Kosten bekannt war.

    6

    Die Klägerin war vorliegend auch ausnahmsweise berechtigt, die ihrem Honoraranspruch für die Leistungsphasen 1 und 2 zugrundeliegenden anrechenbaren Kosten nach der Kostenschätzung zu ermitteln, obwohl im Regelfall gemäß § 10 Abs. 2 HOAI die Kostenberechnung maßgebend ist (vgl. für den Fall der Abrechnung nach Kostenanschlag/Kostenfeststellung BGH BauR 1999, 1467 f.). Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, wird der vorliegende Sachverhalt von § 10 Abs. 2 HOAI nicht erfaßt. Auch insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    7

    Entgegen der Behauptung der Beklagten umfaßte ausweislich der Aufgabenstellung vom 10.01.1994 der ursprüngliche Planungsauftrag für die Leistungsphasen 1 und 2 u.a. auch Grundrißlösungsvorschläge für einen Dachgeschoßausbau. Ein "einheitlicher Auftrag für ein und dasselbe Bauvorhaben. Planungsleistungen bis zur Leistungsphase 6 des § 15 HOAI" zu erbringen, ist der Klägerin dabei gerade nicht erteilt worden; vielmehr erfolgte eine einschneidende Zäsur nach Erbringung der Leistungsphase 2. Diese Zäsur war vertraglich vereinbart. So heißt es im Architektenvertrag unter Ziffer 3.1. ausdrücklich, daß dem Auftragnehmer die Leistungen nach Ziffer 3.2. übertragen werden und der Auftraggeber beabsichtige, dem Auftragnehmer bei Fortsetzung der Planung und Durchführung der Baumaßnahme weitere Leistungen nach Ziffer 3.3. bis 3.9. zu übertragen. Der Auftragnehmer war danach verpflichtet, diese weiteren Leistungen zu erbringen, wenn ihm vom Auftraggeber nach Fertigstellung der Leistungen nach 3.2. weitere Leistungen übertragen werden. Unter Ziffer 3.2. heißt es, daß der Leistungsumfang vorerst begrenzt ist auf die Ziffern 3.2.1 bis 3.2.3. Bereits dem Wortlaut des Architektenvertrages nach ist deutlich zu entnehmen, daß der Planungsauftrag an die Klägerin zunächst ausschließlich auf die Erbringung der Leistungsphasen 1 und 2 begrenzt war. Es bestand lediglich eine weitergehende einseitige Option seitens der Beklagten, sofern sie die Baumaßnahme sodann weiter- und durchführen, wollte, die Klägerin - die sich insoweit verpflichtet hatte, im Auftragsfall weitere Leistungen für die Beklagte zu erbringen - mit weitergehenden Tätigkeiten zu beauftragen. De facto umfaßte der ursprüngliche Architektenvertrag aber zunächst nur die Leistungsphasen 1 und 2. Hätte die Beklagte den Auftrag nach Erbringung der Leistungsphasen 1 und 2 beendet, wäre die Klägerin unzweifelhaft berechtigt gewesen, auf der Grundlage der Kostenschätzung (anrechenbare Kosten rund 1,5 Mio. DM) abzurechnen. Dies kann sich nicht dadurch ändern, daß die Beklagte der Klägerin aufgrund eines neuen Entschlusses weitergehende Leistungsphasen für ein lediglich reduziertes Bauvolumen überträgt. Denn die weitergehende Beauftragung der Klägerin beruht nicht in dem Verwerten einer von ihr entworfenen Lösungsvariante, vielmehr hatte sich durch die Verringerung des Bauvolumens die Zielvorgabe verändert.

    8

    Ziffer 2 der Aufgabenstellung vom 10.01.1994 ist nämlich nicht zu entnehmen, daß ein Dachgeschoß nur bei positivem Bescheid einer Bauvoranfrage zu konzipieren war; vielmehr waren die Lösungsvorschläge für Grundrisse und haustechnische Anlagen bereits vorher zu erbringen. Lediglich die endgültige Entscheidung über den Dachgeschoßausbau sollte von einer positiven Bescheidung der Bauvoranfrage abhängen. Die Klägerin hat insoweit in den Phasen 1 und 2 Leistungen erbracht, die ihr später bei der weiteren Beauftragung mit den Leistungen der Phasen 3 bis 6 nicht mehr in Auftrag gegeben wurden.

    9

    Mit der Frage eines etwaigen Vertrauenstatbestandes dahingehend, daß der Architekt sich nicht darauf verlassen dürfe, daß sein Kunde seine Wünsche und damit das Bauvolumen nicht ständig ändert, hat dies aber nichts zu tun. Zwar ist es grundsätzlich richtig, daß der Architekt die Wünsche des Bauherrn ermitteln und beachten und Lösungsvarianten erarbeiten muß (vgl. BGH BauR 1998, 356). Es ist dabei Aufgabe des Architekten, eine kostengünstige Planung zu erstellen. Die Beachtung von Wünschen bezieht sich aber grundsätzlich nur auf Varianten von Lösungsvorschlägen, beispielsweise auf andere Gestaltungs- oder technische Ausführungsarten einer vorgeschlagenen Lösung.

    10

    In diesem Zusammenhang soll die Kostenberechnung die Kostenschätzung auch nicht ersetzen, sondern vielmehr nur konkretisieren und präzisieren, um dem Bauherren weitere Bauentscheidungen zu ermöglichen; dagegen soll sie aber nicht die beliebige Abänderung des Bauvolumens zugunsten des Bauherrn absichern. Vorliegend beruht die Kostenreduzierung im Verhältnis von Kostenschätzung und Kostenberechnung aber nicht auf einer insgesamt kostengünstigeren Sanierungsvariante oder -maßnahme, sondern auf einer Einschränkung des Leistungsumfanges. Nicht als kostenloser Änderungswunsch ist es aber anzusehen, wenn der Bauherr weitere Bauplanung bzw. -ausführung gänzlich aufgibt und so das Bauvolumen der Kostenschätzung von unstreitig rund 1.500.000,00 DM über 578.000,00 DM anrechenbare Kosten auf der Grundlage der Kostenberechnung auf letztlich, unter Zugrundelegung der Kostenfeststellung, rund 463.000,00 DM reduziert.

    11

    Es kann dahinstehen, ob dem Protokoll vom 05.05.1995 zu entnehmen ist, daß sich der Auftragsumfang bezüglich der LP 3 bis 6 nicht auf die bloße Außenhülle des Gebäudes beschränkt hat. Denn jedenfalls war, wie das Protokoll zeigt, der Auftrag gegenüber der ursprünglichen Aufgabenstellung vom 10.01.1994 (umfassende Gebäudesanierung) jedenfalls durch den vollständigen Wegfall des Dachgeschoßaushaus ganz erheblich reduziert. Dies stellt auch die Berufung nicht substantiiert in Abrede. Soweit die Beklagte behauptet, der Dachgeschoßausbau sei nur deshalb nicht erfolgt, weil die Klägerin keine - insgesamt sechs - Variante vorlegen konnte, die den Ansprüchen des Denkmalschutzes genügt hätten, ist ihr Vortrag unsubstantiiert, so daß der von ihr angebotene Zeugenbeweis eine unzulässige Ausforschung dargestellt hätte. Es ist nicht ansatzweise dargelegt, inwiefern die von der Klägerin vorgelegten Varianten den Anforderungen des Denkmalschutzes nicht genügt hätten.

    12

    Es kann auch dahinstehen, ob die Ausführungen der Beklagten zu Ziffer 4.10 des Architektenvertrages i.V.m. § 20 HOAI grundsätzlich zutreffend sind. Denn weder hat die Klägerin auf dieser Abrechnungsbasis Forderungen gestellt, noch hat das Landgericht § 20 HOAI als Grundlage zur Begründung eines Forderungsteils der Klägerin herangezogen.

    13

    Die Klägerin ist schließlich berechtigt, die geltend gemachten 4 % Nebenkosten pauschal abzurechnen. Dies war in § 7.4 des Vertrages ausdrücklich so vorgesehen. Daß der Vertrag seitens der Klägerin erst ca. 6 Wochen nach der Unterschrift der Beklagten unterzeichnet worden ist, ist bei Architektenverträgen weder unüblich noch sonstwie ersichtlich schädlich. Der Vertrag ist zustandegekommen, was auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht. Auch die Verknüpfung der vertragsbezogenen Unterschriftsleistung der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 30.09.1994 macht die Nebenkostenvereinbarung nicht unwirksam, § 150 Abs. 2 BGB. Die Beklagte hat die Änderungen - über den Vertrag hinausgehende Mehrleistungen die Nebenkosten betreffend - nämlich ihrerseits mit Schreiben vom 02.11.1994 ausdrücklich anerkannt und dieses Schreiben zum Vertragsbestandteil erklärt. Einer erneuten Unterschrift unter den so ergänzten bzw. geänderten Vertrag bedurfte es nicht. Es reicht aus, wenn der Auftragnehmer ein schriftlich unterschriebenes Angebot über die Honorarvereinbarung vorlegt und der Auftraggeber dieses - auch räumlich getrennt und zu einem späteren Zeitpunkt - unterzeichnet (vgl. Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI. 5. Auflage, § 4. Rn. 13). Die Schriftform ist auch dann eingehalten, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Vertragsurkunde unterzeichnet. Es muß also nicht eine Vertragsurkunde mit zwei Unterschriften vorliegen (vgl. Locher, aaO, § 4, Rn. 27).

    14

    Die Widerklage hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht. Soweit die Beklagte lediglich meint, sie habe bereits erstinstanzlich mitgeteilt, von welchen Kostenansätzen auszugehen sei, genügt dies nicht. Einen konkreter Angriff gegen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hinsichtlich des der Klägerin noch zustehenden Restanspruches ist nicht erkennbar. Angesichts des vom Landgericht errechneten Honoraranspruchs der Klägerin ist eine Überzahlung der Beklagten nicht ersichtlich.

    15

    Es besteht kein Anlaß, die Revision zuzulassen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Soweit der Senat davon ausgeht, daß der vorliegende Fall von § 10 Abs. 2 HOAI nicht erfaßt wird und deshalb eine ausnahmsweise Abrechnung nach der Kostenschätzung zulässig ist, beruht das auf der individuellen Ausgestaltung des hier vorliegenden Falles. Eine klärungsbedürftige Frage allgemeiner Bedeutung liegt daher nicht vor.

    16

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

    17

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10.713 ZPO.

    Streitwertbeschluss:

    Streitwert: 22.053,59 DM (davon 10.000,00 DM für die Widerklage; § 19 Abs. 1 GKG).

    RechtsgebietHOAIVorschriften§ 8 Abs. 1 HOAI § 10 HOAI; § 20 HOAI