17.08.2021 · IWW-Abrufnummer 224122
Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 16.06.2021 – 11 U 16/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Brandenburg
In dem Rechtsstreit
...
Klägerin und Berufungsklägerin,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
...
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
Tenor:
Tatbestand
Hierfür legte sie für die von ihr geltend gemachten Honorare 7 Rechnungen in dem Zeitraum vom 12.05.2013 bis 21.03.2014, nämlich im Einzelnen die ersten 5 Rechnungen in Höhe von jeweils 29.750 €, die Rechnung vom 16.02.2014 in Höhe von 16.660 € (Brandschutzkonzept) sowie die letzte Rechnung vom 21.03.2014 in Höhe von 37.032,80 €. Die Beklagte zahlte nur für die ersten 3 Rechnungen Teilbeträge in Höhe von einmal 17.850 € (April 2014) sowie zweimal 26.775 € (Mai u. Juni 2014). Auf die übrigen Rechnungen entrichtete sie keine weiteren Zahlungen. Diesen Rechnungen lag folgender Ablauf der Ereignisse zu Grunde:
Die Klägerin war ursprünglich von der damals auf dem Flughafen ... zuständigen Planungsfirma "p..." schon als Koordinatorin beauftragt worden, wobei die vertragliche Ausgestaltung dieser Beauftragung von den Parteien nicht näher in den Prozess eingeführt worden ist. Die Beklagte kündigte jedoch im Jahr 2012 das Vertragsverhältnis mit der Planungsfirma p... fristlos und trat in Vertragsverhandlungen mit der Klägerin zur Fortführung ihrer Tätigkeit auf der Baustelle des Flughafens ... als Koordinatorin für den Bereich, in dem sie schon durch die Planungsfirma beauftragt worden war, ein. Eine (europaweite) Ausschreibung der Leistungen durch die Beklagte unterblieb unstreitig. Die Klägerin unterbreitete der Beklagten unter dem 25.05.2012 ein "Angebot Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Koordination nach Baustellenverordnung ...", wobei sie für die Leistungen in dem Zeitraum Juni 2012 bis Juli 2013 jeweils unterschiedliche nicht weiter aufgeschlüsselte Beträge unter Berücksichtigung der Eröffnung des Flughafens im Frühjahr 2013 ansetzte und erläuterte. Ferner enthielt das Angebot eine grobe Aufschlüsselung der einzelnen Tätigkeiten, für die sie die Vergütung verlangte und deren Anfall zeitlich nicht weiter aufgegliedert wurde. Zudem finden sich noch Regelungen über Zusatzarbeiten in dem Angebot. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorgenannte Angebot vom 25.05.2012 Bezug genommen (K 1; GA I, 14-16).
Mit Antwortschreiben vom 29.05.2012 (K 2; GA I, 17) teilte die Beklagte mit, dass sie mit den wesentlichen Bestandteilen im Angebot einverstanden sei, und bat um den sofortigen Beginn der angebotenen Leistungen. Ferner erklärte die Beklagte, "dass für die sofortige Leistungsaufnahme und -erbringung bis zur abschließenden Fixierung des Vertragswerkes selbstverständlich Honoraransprüche entsprechend ihrem oben genannten Angebot entstehen." Mit weiterem Schreiben der Beklagten vom 26.06.2012 (K 3; GA I, 18) mit dem Betreff "Unser Vorabbeauftragungsschreiben für Leistungen im Rahmen der Ersatzvornahme p..." teilte die Beklagte mit, dass die Erstellung des Vertragswerkes noch einige Zeit in Anspruch nehme, die Klägerin aber für die im Monat Juni erbrachten Leistungen Rechnung legen sollte. Unter dem 17.07.2012 fertigten Mitarbeiter der Klägerin den Entwurf eines Vergabevermerkes für die von der Klägerin angebotenen Leistungen an, wobei sie zu dem Schluss kamen, dass die Leistungen an die Klägerin zu vergeben seien (Bf 1; GA III, 536-543). Für das bauzeitliche Brandschutzkonzept erstellte die Klägerin unter dem 14.08.2012 ein Angebot mit einer einmaligen Erstellung des Konzeptes in Höhe von 9.000 €, monatlichen Fortschreibungen von jeweils 2.250 € und für die Durchführung wöchentlicher Besprechungen im Bereich des Brandschutzes pauschal jeweils 500 € (K 31 a). Sie behauptet hierzu, ihre Tätigkeit habe 28 - unstreitig stattgefundene -Brandschutzbesprechungen umfasst, wobei pro Brandschutzsitzung ein Honorar von 500 € netto vereinbart worden sei (Schriftsatz vom 15.07.2015, Seite 17 unten sowie die Anlagen K 31b nebst Anlagenkonvolut K 32, sämtliche Brandschutzprotokolle).
Mit Schreiben vom 10.07.2012 (GA II, 321) ersuchte die Klägerin die Beklagte um Überweisung eines ausstehenden Betrages in Höhe von 143.254,58 €. Mit Schreiben vom 27.08.2012 (B 13 GA II, 320) bestätigte der ehemalige Planer die in dem Schreiben angegebenen an ihn gerichteten Rechnungen der Klägerin mit den jeweiligen Zahlbeträgen aus der Zeit vor ihrer Beauftragung durch die Beklagte. Ferner erklärte der Planer sich damit einverstanden, dass die Rechnungen direkt an die Klägerin durch die Beklagte gezahlt würden. Im Rahmen der weiteren Vertragsverhandlungen schlossen die hiesigen Prozessparteien über die vorgenannten Ansprüche der Klägerin gegenüber dem Planer unter dem 05.09./07.09.2012 eine Vereinbarung, mit der sich die Beklagte verpflichtete, an die Klägerin eine Einstiegshonorierung in Höhe von 143.254,58 € bis zum 14.09.2012 zu zahlen, was sie auch tat, wobei die Klägerin selbst wiederum verpflichtet war, der Beklagten Honoraransprüche in gleicher Höhe abzutreten, die ihr ihrerseits für die bereits erbrachten Leistungen aus dem Altvertrag mit der Planungsgesellschaft p... zustanden und weder anderweitig abgetreten noch verpfändet waren. Die Zahlung bzw. das Behaltendürfen der Leistung war jedoch gemäß Ziffer 1.2 und 1.3 an die Beibringung von Unterlagen und Erklärungen durch die Klägerin bis zum 31.08.2012 geknüpft. Die Ziffer 1.8 regelt weiter die Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin für den Fall der nicht rechtzeitigen Beibringung der Unterlagen nach Ziffer 1 sowie der Abtretungserklärung innerhalb der dort benannten Fristen. Ferner ist in der Regelung auch ausdrücklich die Haftung der Klägerin für den Bestand und Durchsetzbarkeit der abgetretenen Forderung geregelt. Wegen der Einzelheiten der vorgenannten Vereinbarung wird auf die zur Akte gereichte Anlage B 12 verwiesen (B 12; GA II, 315-319 = B 3).
Von der Beklagten wurden für die Monate Juni 2012 bis März 2013 die im Angebot vom 29.05.2012 genannten jeweiligen Beträge an die Klägerin gezahlt. Mit Schreiben vom 11.11.2012 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein neues Angebot für die Sicherheit- und Gesundheitsschutz-Koordination im Hinblick auf die Verschiebung der Eröffnung des Flughafens ..., wobei sie insbesondere für die Monate April bis September 2013 einen Pauschalbetrag in Höhe von 25.000 € ansetzte (Anlage K 34 großer Leitzordner).
Unter dem 01.02.2013 fertigten Mitarbeiter der Klägerin den weiteren Entwurf eines Vergabevermerks zugunsten der Klägerin hinsichtlich des bauzeitlichen Brandschutzes. Mit weiterem Schreiben vom 22.02.2013 (K 4; GA I, 19) erstellte die Klägerin ein Nachtragsangebot 01 für die Monate November 2012, Dezember 2012 und Januar 2013. Für die nachfolgenden Monate gab die Klägerin in dem Schreiben noch eine Kosteneinschätzung ab. Hintergrund des Nachtrages war die ständige Verschiebung des Eröffnungszeitpunktes des Flughafens ..., was mit einer Verschiebung der bei ihr in Auftrag gegebenen Leistungen einherging. Mit Schreiben vom 03.05.2013 (K 5; GA I, 21-24) erfolgte die Nachtragsbeauftragung durch die Beklagte unter Beifügung eines Vermerkes vom 12.04.2013 zur Berechnung mit einem Nachtragsvolumen in Höhe von 17.000 €. Auch dieser Betrag wurde von der Beklagten gezahlt.
Unter dem 08.04.2013 gab die Klägerin ihr Nachtragsangebot 02 für die Leistungen April 2013 bis August 2013 unter Gegenüberstellung der ursprünglichen Kosten aus dem Angebot Mai 2012 ab (Anlage K8 des Anlagenbandes zum Schriftsatz vom 15.07.2015).
In der Folgezeit leistete die Beklagte Teilbeträge für den Monat April 2013 in Höhe von 17.850 € (ursprünglicher Betrag aus dem Angebot Mai 2012 für den Monat April 2013) gemäß Rechnung vom 12.05.2013 (K 6a; GA I, 25) sowie für die Monate Mai und Juni gemäß den Rechnungen vom 29.06.2013 (K 6b; GA I, 26, 27) jeweils in Höhe von 26.775 € (90 % der geltend gemachten Forderung).
Im Monat Mai 2013 übermittelte die Klägerin der Beklagten die Tagesnachweise für die Monate November 2012 bis Januar 2013 (Anlage K 35). Die Beklagte schickte die Rechnung vom 29.06.2013 für den Monat Mai 2013 mit dem handschriftlichen Vermerk zurück: "bis Beauftragg. Nt.02 formell vorliegt, erfolgt Abschlag auf 90 % (gem. Abstimmung mit H. Z... am 17.07.13) ...". Mit E-Mail vom 08.07.2013 (Anlage K 9) schickte die Klägerin das modifizierte Nachtragsangebot 02 vom 08.04.2013 mit weiterer Begründung (Anlage K 10) im Vorfeld zu der Baubesprechung vom 11.07.2013 der Beklagten zu. Gegenstand der Besprechung war unter anderem das von der Klägerin gefertigte Nachtragsangebot vom 08.04.2013, wobei der Inhalt dieses Gespräches und des nachfolgenden am 23.07.2013 zwischen den Parteien streitig ist.
Mit Schreiben vom 12.07.2013 (Anlage K 11) legte die Klägerin gegenüber der Beklagten "Einspruch zur Rechnungskürzung der Aprilrechnung" ein. Des Weiteren legte sie in diesem Rechnungsschreiben ihre Monatskalkulation von 25.000 € netto offen.
Mit E-Mail vom 17.07.2013 teilte der Mitarbeiter der Beklagten, Herr S..., der Klägerin im Nachgang zu der Baubesprechung am 12.07.2013 mit, dass die Vertragslaufzeit auch nach dem 31.07.2013 fortgesetzt werden solle. Grundlage der Berechnungen sollte das Ursprungsangebot der Klägerin vom 25.05.2012 sein. Ferner sollte die Klägerin ihre Kalkulation zum Aufwand sowie in Kurzform ihre Tätigkeiten einschließlich der ihrer Mitarbeiter weiter darlegen (Anlage K 15). In der nachfolgenden E-Mail der Klägerin am selben Tag (Anlage K 14) teilte diese wiederum mit, dass sie die Begründung in den Einspruch zur Rechnungskürzung eingearbeitet habe.
Im Anschluss an die Baubesprechung vom 23.07.2013 übergab die Klägerin den Mitarbeitern der Beklagten das sogenannte Nachtragsangebot 03 für die Zeit nach Juli 2013 (Anlage K 12). Mit weiterem Schreiben vom 26.07.2013 übergab sie ein überarbeitetes Nachtragsangebot (Anlage K 13). In der Folgezeit entwickelte sich noch eine E-Mail-Korrespondenz über die Zahlung der geforderten Beträge zwischen der Klägerin und verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten (Anlagen K 21-27), wobei die Beklagte immer weitere Anforderungen zur Darlegung der klägerischen Ansprüche stellte. Im Rahmen dieser Korrespondenz übergab die Klägerin per E-Mail vom 03.03.2014 (Anlage K 29 h) eine Aufschlüsselung der von ihr geleisteten Stunden für den Zeitraum April bis September 2013 mit einer einzelnen Darlegung der Anzahl der geleisteten Stunden an den jeweiligen Tagen (vergleiche insoweit Anlage K 28 i.V.m. Anlagen K 29 a bis 29 g ohne f).
Mit ihrer der Beklagten am 19.05.2015 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Betrages in Höhe von 131.042,80 € nebst jeweils anteiliger Zinsen geltend gemacht. Sie hat behauptet, eine zeitliche Begrenzung des Vertrages vom 25.05.2012 sei nicht vereinbart worden. Die von ihr angebotenen und abgerechneten Leistungen habe sie tatsächlich erbracht. Da sich die Eröffnung des Flughafens ... immer wieder verzögert habe, seien auch ihre Leistungen immer wieder fortzuschreiben bzw. anzupassen gewesen. Insbesondere sei die Beklagte ihrerseits von einer Leistungszeit bis zum 31.10.2014 ausgegangen. Die offizielle Beendigung für ihre SiGeKo-Leistungen sei zum 30.04.2014 erfolgt. Mit dem Personalleiter der Beklagten sie sie übereingekommen, dass ihre SiGeKo-Tätigkeit an den Nachfolger zu übergeben sei. Hierfür seien die abgerechneten Stunden angefallen.
Nachdem die Beklagte die Abrechnung nach Stunden abgelehnt habe, rechne sie nunmehr teilweise auf der Basis von Einzelnachweisen ab, was sie zu einem Stundensatz von 80,00 € berechtige.
Die Beklagte ist der Berechtigung der klägerischen Forderungen entgegengetreten und hat sich hierbei auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Vergaberechts berufen. Zudem hat die Beklagte die Hilfsaufrechnung in Höhe von 143.254,58 € mit einer Rückzahlungsforderung erklärt, die aus der Vereinbarung vom 05.09./07.09.2012 resultiere.
Das Landgericht hat die Klage mit einem der Klägerin am 02.01.2018 zugestellten Urteil insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die gegenständlichen Vertragsverhältnisse würden eine bewusste Umgehung des Vergaberechts darstellen. Demgemäß seien sie wegen des vorsätzlichen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Gesetzes über Wettbewerbsbedingungen (GWB) und der Sektorenverordnung nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig. Ein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB sei dann gegeben, wenn der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handle und überdies mit dem Auftraggeber kollusiv zusammenwirke. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Die Beklagte als öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB und nach § 99 GWB habe die Verpflichtung, Aufträge mit einem bestimmten Schwellenwert auf der Grundlage der vorgenannten Vorschriften zu beschaffen bzw. auszuschreiben. Der Schwellenwert nach § 2 Abs. 7 Sektorenverordnung (2009) für Teilleistungen von 80.000 € sei hier überschritten worden. Bereits nach dem Angebot vom 25.05.2012 betrage die angebotene Leistung der Klägerin 272.500 €. Der Nachtragsauftrag vom 03.05.2013 verhalte sich über insgesamt 300.334,50 €. Ein Ausnahmetatbestand zur europaweiten Ausschreibung gemäß § 6 Abs. 2 Sektorenverordnung sei nicht gegeben. Demgemäß sei die Vergabe an die Klägerin vergaberechtswidrig. Unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Saarbrücken (Urt. v. 17.08.2016, Az.: 1 U 159/14) sei Sittenwidrigkeit dann anzunehmen, wenn durch die Geschäfte Dritte gefährdet oder geschädigt würden oder sie im krassen Widerspruch zum Gemeinwohl stünden. Dies sei gegeben, wenn potenziell andere Anbieter keine Möglichkeit gehabt hätten, sich im Rahmen des fairen Wettbewerbs um den Zuschlag zu bemühen und der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts gehandelt und der Vertragspartner hiervon Kenntnis gehabt habe. Die Beklagte habe dieses Wissen ihrer maßgeblichen Mitarbeiter unstreitig gestellt, indem sie selbst diese Sittenwidrigkeit und diese Umstände angesprochen und sich auf die Sittenwidrigkeit berufen habe. Aber auch der Klägerin seien diese Umstände bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus der E-Mail vom 29.01.2013 (Anlage B 10 GA II, 306), aus der hervorgehe, dass sie die Problematik gekannt, aber Gründe angegeben habe, weshalb ihrer Person in der freihändigen Vergabe der Vorzug zu geben sein solle. Dies gelte insbesondere für den Passus über das deutsche Arbeitsschutzregelwerk. In dem Schreiben komme deutlich zum Ausdruck, dass die Klägerin Kenntnis von dem Vergaberechtsverstoß der Beklagten gehabt habe. Eine Schädigungsabsicht oder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit bei der Klägerin seien nicht erforderlich. Auf die Vorschrift des § 242 BGB könne sich die Klägerin nicht berufen. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung sei bei § 138 BGB nicht anzuwenden. Ferner komme auch die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB zur Anwendung. Insofern bestehe eine Parallele zu den sogenannten Schwarzarbeit-Fällen. Da sich beide Parteien außerhalb der Rechtsordnung bewegen würden, seien diese nicht durch die Rechtsordnung zu schützen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 17.01.2018 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingelegten und am 13.03.2018 (innerhalb bis zum 18.03.2018 nachgelassener Frist) begründeten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Sie führt zur Begründung aus, der Vertrag über das Erstellen des bauzeitlichen Brandschutzkonzeptes (Rechnung (a...) vom 16.02.2014) sei nicht vergaberechtsrelevant, da der Auftragswert in Höhe von 16.600 € unterhalb der Schwellenwerte des § 2 Sektorenverordnung gelegen habe. Hinsichtlich des Vertrages betreffend die SiGeKo-Leistungen habe keine Verpflichtung zur europaweiten Bekanntmachung bestanden. Der Schwellenwert von 400.000 € netto, der sich aus der Festlegung in der Verordnung 1251/2011/EU vom 30.11.2011 ergebe, sei nicht erreicht. Gemäß § 2 Abs. 10 Sektorenverordnung (2009) sei der maßgebliche Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet worden sei, oder die sonstige Einleitung des Vergabeverfahrens. Weder das Angebot der Klägerin vom 25.05.2012 über 272.500 € noch der Nachtragsauftrag vom 03.05.2013 in Höhe von 300.334,50 € würden diesen Wert erreichen. Der Abrechnungsbetrag der Klägerin sei indes nicht maßgeblich. Zu Unrecht sei das Landgericht von einem Gesamtauftrag "Errichtung und Inbetriebnahme des Vorhabens B..." ausgegangen. Die Beklagte habe bei der Klägerin lediglich Dienstleistungen als Koordinatorin für Sicherheit und Gesundheit nachgefragt. Ein Leistungsverzeichnis habe nicht existiert, ebenso wenig ein sogenanntes Los der Gesamtbaumaßnahme. Sie habe lediglich die SiGeKo-Ingenieurleistungen für die in Rede stehenden Objekte beauftragen wollen. Um Generalplanung oder Objektüberwachung sei es nicht gegangen. Bei der Schätzung des Auftragswertes sei daher zu fragen, ob die Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweisen würden. Entscheidend sei daher, ob die einzelnen Abschnitte ohne die anderen keine sinnvollen Funktionen erfüllen könnten. Dies sei hier nicht der Fall. Die Aufgaben des Koordinators würden weder in wirtschaftlicher noch technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und funktionelle Kontinuität mit den Gesamtplanungsleistungen für die Errichtung des Flughafens ... aufweisen. Die Baustellenverordnung (Regelungen zu den Aufgaben des Koordinators) diene gemäß § 1 der wesentlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen. Eine funktionelle Kontinuität zwischen den Tätigkeiten des Generalplaners und des Koordinators würde nicht bestehen. Würden die fraglichen Dienstleistungen nicht dem Auftragnehmer der Bauleistungen zur Verfügung gestellt, sondern würden sie alleine dem öffentlichen Auftraggeber zugutekommen, sei § 2 Abs. 5 Sektorenverordnung (2009) nicht anzuwenden (VK Bund, Beschluss vom 01.06.2007, Az. VK 1-47/17). So läge der Fall auch hier, da die Tätigkeit des Koordinators allein der Beklagten zugutekäme. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 Baustellenverordnung verpflichte den Bauherrn oder den von ihm nach § 4 beauftragten Dritten. Die nach Baustellenverordnung erforderlichen Maßnahmen habe der Bauherr zu treffen. Die Beklagte als Bauherrin sei Empfängerin der Leistungen des Koordinators und nicht der Bauunternehmer. Demgemäß sei § 2 Abs. 5 Sektorenverordnung nicht anzuwenden und der Wert des Bauauftrags und der Wert der Leistungen des Koordinators nicht zu addieren. Zudem seien die Leistungen des Koordinators nicht für die Ausführung des Bauvorhabens Flughafen ... erforderlich, da dieses Bauvorhaben auch ohne diese Leistungen verwirklicht werden könne. Wenn Architektenleistungen nicht zwangsläufig Teil eines Bauauftrages seien (EuGH, Urteil vom 15.03.2012, Az.: C-574/10), dann erst recht nicht die Leistungen des Koordinators.
Das Landgericht habe auch die Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 3 und 4 Sektorenverordnung nicht richtig angewendet. Diese Vorschrift gelte nur für Beschaffungsvorhaben aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben werde. Eine losweise Vergabe sei hier nicht gegeben.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass nur wesentliche Vertragsänderungen einer erneuten Ausschreibung bedürfen würden (Pressetext-Entscheidung des EuGH, Urteil vom 19.06.2008, Az.: C-454/06). Die Heranziehung eines Nachunternehmers anstelle eines anderen Nachunternehmers stelle kein ausschlaggebendes Element für den Abschluss des Vertrages der Beklagten mit der p... da. Gehe es um eine Reduzierung von Leistung und Preis, sei grundsätzlich nicht von einer vergaberechtlichen Wesentlichkeit auszugehen. Dies ergebe sich mittlerweile aus § 132 Abs. 3 Satz 1 GWB. Eine Bekanntmachungspflicht aufgrund EU-Primärrecht (AEUV-Vertrag) oder Landesrecht sei ebenfalls nicht gegeben. Ein Interesse an einer grenzüberschreitenden Vergabe sei nicht gegeben. Aus § 112 Absatz 3 LHO Brandenburg ergebe sich, dass auf die Beklagte die Ausschreibungspflicht nach § 55 LHO nicht anwendbar sei. Auch das brandenburgische Vergabegesetz vom 21.09.2011 enthalte keine Verpflichtung der Beklagten zur Bekanntmachung eines Auftrags. Die Vergabe ohne EU-Bekanntmachung sei zulässig gewesen. Die Ausnahmeregel des § 6 Abs. 2 Nr. 4 Sektorenverordnung sei einschlägig gewesen. Die stichhaltigen Belege für diese Ausnahme ergäben sich aus dem Entwurf des Vergabevermerks der Beklagten vom 17.07.2012 auf den Seiten 2-6 in den Ziffern 2.1-2.2 (Blatt 536-543 der Akte).
Demgemäß bestehe auch ein Anspruch auf Vorlage des endgültigen Vergabevermerks gemäß § 142 ZPO, wonach die Ausführungen in dem Entwurf bestätigt worden seien. Die äußerste Dringlichkeit der Beauftragung ergebe sich aus der E-Mail des Mitarbeiters der Beklagten Herrn S... an Herrn Z... vom 01.03.2013 unter Bezugnahme auf die drohende Nichtvorlage des Brandschutzkonzeptes (E-Mail v. 07.02.2015; GA III, 548-549). Aus dem Vergabevermerk vom 01.02.2013 ergebe sich die Vergabe des Brandschutzkonzeptes für die Bauphase (Bf 4; GA III, 550 ff.). Eine Unwirksamkeit des Vertrages gemäß § 138 BGB sei nicht gegeben. Die Beklagte habe noch nicht einmal ansatzweise dargelegt, welcher Mitarbeiter der Beklagten zu welchem Zeitpunkt aufgrund welcher vergaberechtlichen Überlegungen die Auffassung vertreten haben soll, eine EU-Bekanntmachung der Beauftragung mit den Leistungen des Koordinators sei erforderlich gewesen. Insbesondere sei die Auffassung des Landgerichts nicht haltbar, dass die maßgeblichen Mitarbeiter Kenntnis von irgendwelchen Vergaberechtsverstößen gehabt hätten. Es sei noch nicht einmal zu ersehen, zu welchem Zeitpunkt vor dem Zuschlag an die Klägerin am 29.05.2012 von einer Sittenwidrigkeit ausgegangen sei. Die Mitarbeiter der Beklagten, die den Entwurf des Vergabevermerks vom 17.07.2012 erstellt hätten, hätten jedenfalls diese Kenntnis nicht gehabt. Eine Kehrtwendung in ihrer Vergabedokumentation hätte die Beklagte hinreichend begründen müssen. Die Dokumentation müsse so erstellt werden, dass der Auftraggeber jederzeit in der Lage sei, eine infrage gestellte Entscheidung oder Maßnahme allein mithilfe des Vergabevermerks zu rechtfertigen (OLG Celle, Beschl. v. 12.05.2016, Az.: 13 Verg 10/15).
Der prozessuale Vortrag der Beklagten lasse sich auch nicht mit dem Entwurf des Vergabevermerks vom 17.07.2012 in Einklang bringen. In diesem Vergabevermerk sei detailliert ausgeführt worden, warum sie berechtigt gewesen sei, ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 Sektorenverordnung durchzuführen. Zudem hätte ein weiterer Mitarbeiter, wie es sich aus der Mailkorrespondenz an den damaligen Geschäftsführer H... M... vom 28.03.2013 und 27.06.2013 ergebe, die Auffassung vertreten, dass die weiterführenden Leistungen der Koordinatorin ohne Wettbewerb als Nachtragsleistungen hätten ausgeführt werden können.
Es könne nicht unterstellt werden, dass ein öffentlicher Auftraggeber prinzipiell gegen das Vergaberecht verstieße (E-Mail Bf 5; GA III 554-555 der Akte). Vielmehr liege hier ein widersprüchliches Verhalten vor. Der Sachverhalt, den das OLG Saarbrücken zu entscheiden gehabt habe (o.g. Urteil vom 17.08.2016), sei mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar. Ein kollusives Zusammenwirken habe es nicht gegeben. Allein ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur EU-Bekanntmachung rechtfertige nicht das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit. Aus der Mail der Klägerin vom 29.01.2013 lasse sich nicht herleiten, sie habe bewusst gemeinsam mit der Beklagten versucht, das Vergaberecht zu umgehen. In der vorgenannten E-Mail sei die Rede von einer freihändigen Vergabe gewesen. Die freihändige Vergabe sei in dem Jahr 2012 ein in § 3 Abs. 1 Satz 3 VOL/A rechtlich anerkanntes Vergabeverfahren für den Unterschwellenbereich gewesen. Freihändige Vergaben könnten sowohl mit als auch ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden. Aus der E-Mail der Klägerin vom 29.01.2013 könne allenfalls entnommen werden, dass für die Tätigkeit des Koordinators kein eindeutiges europaweites Interesse bestanden habe. Zudem sei die E-Mail wegen des Zeitpunkts ihres Versendens nach Beginn des Vergabeverfahrens auch nicht relevant.
Auch für das bauzeitliche Brandschutzkonzept sei die Vergabedokumentation vorzulegen. Damit könne die Tatsache bewiesen werden, dass sich die Beklagte nicht bewusst und gewollt über das Vergaberecht habe hinwegsetzen wollen. Daraus ergebe sich auch, dass beide Leistungen der Klägerin nicht Teil eines mehrere Millionen umfassenden Gesamtplanungs- und Objektüberwachungsauftrags gewesen seien. Die Vergabedokumente im Sinne von § 32 Abs. 1 Sektorenverordnung würden keine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse darstellen. Um ein transparentes Vergabeverfahren zu gewährleisten und etwaige Manipulationsmöglichkeiten vorzubeugen, sei es geboten, den öffentlichen Auftraggeber am Inhalt seines Vergabevermerks festzuhalten (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.08.2013, Az.: Verg 46/03). Für das Brandschutzkonzept Bauphase habe die Beklagte den Auftragswert in ihrem Vergabevermerk vom 01.01.2013 mit 32.500 € netto geschätzt. Die Anforderung zur Erstellung eines bauzeitlichen Brandschutzkonzept sei erst im Zuge der Bauausführung durch die Bauaufsicht gefordert worden. Dies habe mit dem ganzheitlichen Brandschutzkonzept, welches an die h... vergeben worden sei, nichts zu tun, zumal dieses auch zeitlich danach erfolgt sei. Maßgeblich für die Kostenschätzung sei gemäß §§ 3 Abs. 1 S. 1, 1 Abs. 1 Vergabeverordnung von der geschätzten Gesamtvergütung ohne Mehrwertsteuer für die vorgesehene Leistung auszugehen. Daraus ergebe sich ein Wert, der sich nach dem Entgelt bestimme, welches der Auftragnehmer vom Auftraggeber für die Ausführung des Auftrags erhalten solle. Die Beklagte habe im Übrigen auf Seite 7 ihrer Berufungserwiderung die Aufgabe des übergeordneten Koordinators für Sicherheit und Gesundheit wie folgt beschrieben: Der übergeordnete Koordinator D... habe wiederum die Aufgabe der Koordination aller übrigen Koordinatoren auf dem Baufeld und insbesondere auch innerhalb des Terminalgebäudes durchzuführen. Die Beklagte habe die Klägerin nicht mit dieser Leistung beauftragen wollen. Es habe hier lediglich für das Teilprojekt Hochbau eine Beauftragung der Klägerin erfolgen sollen. Es werde ausdrücklich bestritten, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen lediglich ein untergeordneter Teil der insgesamt erbrachten Leistungen gewesen sein sollen. Anhaltspunkte hierfür würden sich nicht finden lassen. Ein Leistungsverzeichnis zu einer EU-weiten Bauausschreibung, die die Koordinatorenleistungen umfassen würden, existiere nicht.
Die Beklagte habe im Übrigen auch nicht dargelegt, welcher ihrer Mitarbeiter wann bei welcher Gelegenheit mit welchen Ausführungen erklärt haben solle, ihnen sei eine Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung zwar bekannt, jedoch solle der Auftrag an die Klägerin ohne eine EU-weite Ausschreibung vergeben werden. Die Benennung des Zeugen B... als Zeugen für die vermeintlich positive Kenntnis davon, dass eine freihändige de-facto-Vergabe nicht zulässig gewesen sei, sei unerheblich. Unter Beweisangebot (GA III, 709) hätten die Mitarbeiter nicht bewusst das Vergaberecht umgehen wollen.
Hinsichtlich der geltend gemachten Anspruchshöhe habe sie insgesamt schlüssig vorgetragen. Es sei eine Gesamtpauschale zu errichten gewesen, zu der die berechtigten Nachträge hinzuzusetzen gewesen seien.
Auch für die SiGeKo-Übergabe an ihren Nachfolger bei der Beklagten seien die entsprechenden Stunden, die sie berechnet habe, angefallen und von der Beklagten zu vergüten.
Die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung greife nicht durch. Sie, die Klägerin, habe alle erforderlichen Unterlagen für die Durchführung des aus der Anlage B 12 ersichtlichen Vertrages an die Sekretärin des Leitungsmitarbeiters N... der Beklagten am 07.09.2012 übergeben. Dies ergebe sich insbesondere aus der dokumentierten E-Mail-Korrespondenz zwischen Ende August und Anfang September 2012. Jedenfalls sei das Verhalten des Beklagten hierzu als treuwidrig zu bezeichnen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung (4 O 167/14) die Beklagte zur Zahlung von 131.042,80 nebst anteiliger Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.900,00 € seit dem 25.05.2013, aus 2.975,00 € seit dem 12.07.2013, aus 2.975,00 € seit dem 12.07.2013 aus 29.750,00 € seit dem 30.08.2013 aus 29.750,00 € seit dem 18.10.2013, aus 16.660,00 € seit dem 15.03.2014 und aus 37.032,80 € seit dem 18.04.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung, Vertiefung und Erweiterung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die landgerichtliche Entscheidung. Im Wesentlichen macht sie Folgendes geltend:
Die Klägerin habe erstmals im Berufungsverfahren offensichtlich rechtswidrig erlangte Unterlagen wie die (zudem nicht unterschriebenen) Entwürfe zu den Vergabevermerken in den Prozess eingeführt. Diese seien daher nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen seien diese neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es sei nämlich ausnahmslos der Nachlässigkeit der Klägerin geschuldet, dass sie diese erst jetzt eingeführt habe.
Ungeachtet dessen wäre auch unter Berücksichtigung des verspäteten Vortrages das landgerichtliche Urteil zutreffend. Zunächst sei davon auszugehen, dass die voraussichtliche Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Sektorenverordnung weit über die von Klägerin und Landgericht angenommenen Werte von 80.000 bzw. 400.000 € hinausgehe. Bei der Schätzung des Auftragswertes gemäß § 2 Abs. 7 Sektorenverordnung sei von der voraussichtlichen Gesamtvergütung für die gesamte vorgesehene Leistung auszugehen, was nichts anderes bedeute, als dass alle Leistungen der Koordinatoren für Sicherheit und Gesundheit für das Projekt Flughafen ... bzw. alle Leistungen für das Brandschutzkonzept zu berücksichtigen gewesen seien. Dies sei jedoch nicht nur in die Zukunft gerichtet, sondern auch rückwirkend. Als übergeordneter SiGeKo sei bereits im Januar 2007 im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung durch Erteilung des Zuschlags die P... GmbH (nachfolgend D...) beauftragt worden. Diese Leistungen seien auf der Baustelle des Flughafens ... so konstruiert gewesen, dass die notwendigen Leistungen in den nach europaweiter Ausschreibung vertraglich beim Generalplaner p... gebundenen Leistungsphasen 1-7 der HOAI enthalten gewesen seien. Sie habe auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, zu Beginn der ersten Beschaffungsmaßnahme das Freiloskontingent festzulegen. Eine spätere Inanspruchnahme von Freiloskontingenten sei daher nicht mehr möglich gewesen. Aus dem nunmehr im Berufungsverfahren vorgelegten Vertrag mit der P... GmbH aus der Ausschreibung im Jahre 2006 sei zu entnehmen, dass der Schwellenwert von 400.000 überschritten worden sei (vergleiche insoweit Vertrag über die Ausführung von übergeordneten Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinationsleistungen: BB 1; GA III 609 ff.).
Der von der Klägerin vorgelegte Entwurf des Vergabevermerks vom 17.07.2012 habe auch deshalb keinen Beweiswert, weil er Leerstellen enthalte und zudem nicht unterzeichnet sei. Es habe sich ganz offensichtlich um einen Entwurf gehandelt, der auf einer ersten Einschätzung nach Kündigung des Vertrages mit der p... im Mai 2012 beruht habe. Nachdem man sich jedoch intern näher mit dieser Thematik beschäftigt habe, sei man zu dem Schluss gekommen, dass die dort auf Entwurfsbasis verfassten Inhalte nicht zugetroffen hätten. Deswegen sei der Vermerk nie unterzeichnet worden. Grundlage sei ein Musterentwurf, der von externen Rechtsanwälten für die Rechtsabteilung der Beklagten erstellt worden sei. Dieser Musterentwurf aus dem Mai 2012 habe die Annahme enthalten, dass die bauliche Fertigstellung des Flughafen ... im Dezember 2012 erfolgen könne. Dies ergebe sich auch aus dem Textteil des Entwurfes. Die Annahme sei jedoch schon im Sommer 2012 zweifelhaft gewesen. Die Möglichkeit einer Fertigstellung des Flughafens ... im Dezember 2012 habe jedoch bereits im Herbst 2012 als nicht mehr realistisch angesehen werden können. Bei den an die Klägerin vergebenen Leistungen handele es sich nicht um einen von allen übrigen Planungs- und übrigen Koordination-Leistungen völlig losgelösten Einzelauftrag. Die übergeordnete Firma D... habe auch die untergeordneten Leistungen der Klägerin koordiniert. Zudem seien die Leistungen der Klägerin ursprünglich Gegenstand eines umfassenden Generalplanervertrages mit der p... gewesen. Dieser sei jedoch außerordentlich gekündigt worden. Die Klägerin übersehe, dass nach Beendigung des Generalplanervertrages mit der p... die Klägerin von der Nach- zur Hauptunternehmerin im Hinblick auf die Koordinatorenleistungen habe aufsteigen sollen. Eine Reduzierung von Leistung und Preis sei hier nicht dergestalt gegeben, dass eine Ausschreibungspflicht nicht vorgelegen habe. Es habe auch kein Ausnahmetatbestand vorgelegen, insbesondere nicht jener der Dringlichkeit gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 Sektorenverordnung. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift wäre lediglich ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung zulässig gewesen. Auch in diesem Fall hätte die Beklagte mindestens drei denkbare Auftragnehmer in Betracht ziehen und mit diesen verhandeln müssen. Dies sei jedoch unstreitig nicht erfolgt.
Darüber hinaus seien auch die übrigen Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nicht gegeben. Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung sei es nämlich zulässig, den Zuschlag nach Ablauf der Angebotsfrist von 52 Tagen zu erteilen. Es hätte allenfalls für diesen Zeitraum eine interimsweise Vergabe der dringend notwendigen Koordinatorenleistungen unmittelbar an die Klägerin erfolgen dürfen. Es erschließe sich nicht, wie mit der Anlage Bf3 der Klägerin (E-Mail des Projektsteuerers) der Nachweis der äußersten Dringlichkeit zu erbringen sei. Abgesehen davon sei die Einführung in den Prozess rechtswidrig. Gegenstand dieses Verfahrens könne lediglich eine Vergütung für die mit ihren Nachtragsangeboten der Beklagten angetragenen Leistungen seien. Die anderen Leistungen seien von ihr vollständig vergütet worden. Gegenstand des Rechtsstreits sei daher nicht die Vergütung, die der Klägerin für den mit den Anlagen K1 und K2 erteilten Auftrag zugestanden habe. Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Nachtragsleistungen im Jahr 2013 sei die Dringlichkeit nicht mehr gegeben gewesen. Allenfalls als Nachtragsleistungen der Klägerin sei es im Übrigen denkbar gewesen, die gegenständlichen Leistungen ohne europaweite Ausschreibung zu vergeben. Auch bei der als Anlage B5 vorgelegten E-Mail der Projektsteuerung an die Rechtsabteilung der Beklagten handele es sich um ein Geschäftsgeheimnis der Beklagten. Daher sei die Verwendung durch die Klägerin rechtswidrig. Die Klägerin habe nicht nur Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß der Beklagten gehabt, sondern sie habe ihn auch aktiv gefördert und sogar initiiert. Dies ergebe sich aus ihrer E-Mail vom 29.01.2013. Die E-Mail könne man nur so verstehen, dass sie die Beklagte dazu angestiftet habe, eine de-facto-Vergabe vorzunehmen, um sich nicht einem für sie lästigen Wettbewerb stellen zu müssen.
Auch die Leistungen zum Brandschutzkonzept seien solche, die europaweit hätten ausgeschrieben werden müssen. Bei den hier gegenständlichen Leistungen habe es sich nicht um einen Einzelauftrag gehandelt. Die Beklagte habe vielmehr mit Vertrag vom 08.12.2004 die h... GmbH mit Vertrag vom 08.12.2004 mit der Entwicklung eines einheitlichen Brandschutzkonzeptes für den Flughafen ... beauftragt. Dies ergebe sich aus der Leistungsbeschreibung (Anlage BB4 (GA III, 657 ff.). Aus der beigefügten Übersicht (Anlage BB5, GA 678 ff.) ergebe sich, dass allein bis Januar 2012 ein Nachtragsvolumen von ca. 1,7 Millionen € netto beauftragt worden sei. Im Übrigen seien die Ansprüche auch in zweiter Instanz nicht schlüssig begründet worden. Die Tatsache, dass es den Entwurf eines Vergabevermerkes gebe, bedeute nicht, dass es solch eine finale und von der Beklagten unterzeichnete Fassung dieses Vermerks geben müsse.
Weiterhin erhält sie die hilfsweise Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe von 143.254,58 € aufrecht. Hierzu bestreitet sie, dass die Klägerin im September 2012 die in Ziffer 1.2. des Vertrages genannten Unterlagen vorgelegt habe. Die Unvollständigkeit der Unterlagen habe - wie sie mit Schriftsatz vom 05.05.2020 geltend macht - dazu geführt, dass die Geltendmachung ihrer Forderungen gegenüber der p... nicht möglich gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat die Berufungsrechtssache am 22.05.2019 mündlich verhandelt und sowohl im Termin als auch im Verkündungstermin am 19.06.2019 umfangreiche Hinweise erteilt und zunächst die Durchführung einer Beweisaufnahme zu folgenden drei Punkten angeordnet: Umstände der Vertragsgespräche zur Erweiterung des SiGeKo-Auftrags zwischen den Parteien im Juli 2013; Beauftragung der Klägerin mit einem bauzeitlichen Brandschutzkonzept und Übergabe der unter Ziffer 1.2 der Vereinbarung über die Einstiegshonorierung aufgeführten Unterlagen. Mit Beschluss vom 24.03.2021 hat der Senat den vorgenannten Beweisbeschluss aufgehoben und mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet. Schriftsätze im Sinne von § 128 Abs. 2 ZPO konnten nach jeweils verlängerter Frist bis zum 28.05.2021 (vgl. Beschl. v. 28.04.2021; GA V, 1177) eingereicht werden.
Entscheidungsgründe
II. In der Sache hat die Berufung teilweise, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, Erfolg. Sie führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils durch den Senat.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 94.010,00 €. Der Anspruch ist nach Maßgabe des Klageantrags gem. § 286 Abs. 1, 2 Nr. 2, 4 BGB mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht, so dass die Klage und mithin auch die Berufung insofern unbegründet sind. Hierzu im Einzelnen:
A. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zunächst einen Anspruch auf Zahlung von 11.900,00 € (Rechnungsnummer (b...) v. 12.05.2013) nebst geltend gemachter Zinsen. Der Anspruch folgt aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag vom 25.05./29.05.2012 in Höhe der Differenz der geschuldeten Monatspauschale und der bereits für den Monat April 2013 geleisteten Zahlung in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB.
1. Die Parteien haben unter dem 25.05./29.05.2012 einen Vertrag über die Tätigkeiten der Klägerin als SiGEKo-Beauftragte auf der Baustelle des Flughafens ... abgeschlossen.
a) Die Klägerin hat der Beklagten mit dem aus der Anlage K 1 ersichtlichen Schreiben vom 25.05.2012 ihre Leistungen als SiGeKo angeboten. Die Beklagte, die die Klägerin unstreitig zur Abgabe eines solchen Angebots aufgefordert hatte, hat dieses Angebot mit Schreiben vom 29.05.2012, das nochmals durch Schreiben vom 26.06.2012 (K 3) bestätigt worden war, angenommen. Dass das "abschließende Vertragswerk" noch nicht erstellt war, ändert daran nichts, da an der Verbindlichkeit der wechselseitigen Willenserklärungen kein Zweifel bestand (vgl. §§ 145, 147, 133 BGB). Im Übrigen nahm die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beklagte unstreitig (jedenfalls) ab Juni 2012 auf und die Beklagte nahm die SiGeKo-Leistungen der Klägerin unstreitig entgegen.
b) Der zwischen den Parteien abgeschlossene SiGeKo-Vertrag ist gem. § 611 Abs. 1 BGB als Dienstvertrag mit werkrechtlichen Elementen zu qualifizieren. Ein SiGeKo übernimmt Bauherrenaufgaben betreffend den Arbeitsschutz der auf der Baustelle Tätigen. Die Leistungspflichten ergeben sich aus der vertraglichen Vereinbarung in Verbindung mit den Regelungen der Baustellenverordnung, insbesondere mit § 3. Nach § 3 Abs. 1 BaustVO sind für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, ein oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen. Während der Ausführung des Bauvorhabens hat der Koordinator gem. § 3 Abs. 3 BaustVO die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des § 4 des Arbeitsschutzgesetzes zu koordinieren, darauf zu achten, dass die Arbeitgeber und die Unternehmer ohne Beschäftigte ihre Pflichten nach der BaustVO erfüllen und den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan bei erheblichen Änderungen in der Ausführung des Bauvorhabens anzupassen oder anpassen zu lassen. Er berät also den Bauherrn im Bereich seiner Zuständigkeiten. Nach altem Recht war die einhellige Rechtsauffassung, dass es sich hierbei um einen Dienstvertrag handele (vgl. hierzu insgesamt Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Komp. des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 11 Rn. 23, m.w.N.). Insbesondere die Fragen nach Haftung, Kündigung und Verjährung bestimmen sich dann im Grundsatz nach den §§ 611ff. BGB (Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. 2016, 3. Teil., § 17, Rn. 54). Dementsprechend findet für die Vergütung des SiGeKo die HOAI keine Anwendung (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O.).
c) Der Vertrag ist wirksam zustandegekommen.
aa) Der Vertrag ist nicht wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, das die Beklagte im Streitfall in den Vorschriften des Vergaberechts sieht, gem. § 134 BGB nichtig. Das Vergaberecht verpflichtet öffentliche Auftraggeber, zu denen die Beklagte gem. § 99 GWB zählt, nicht aber private Unternehmen (BGH, Urt. v. 08.12.2020 - KZR 124/18, Rn. 16, juris). Die Vorschriften des Vergaberechts stellen nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, keine Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB dar, die zur Nichtigkeit des Vertrages führen (KG, Beschl. v. 19.04.2012 - Verg 7/11, Rn. 89, juris; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.02.2007 - 17 Verg 7/06, Tz. 96 m.w.N., juris). Maßgebend ist insoweit, dass das Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte verfahrensrechtliche Regelungen zur Verhinderung des vergaberechtswidrigen Zustandekommens von Verträgen vorsieht und den von Vergaberechtsverstößen Betroffenen primär einen Anspruch auf Korrektur im Vergabeverfahren und ggf. ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Weitergehende Sanktionen von Vergaberechtsverstößen fordert auch das Unionsrecht nicht (vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, Rn. 29 juris). Soweit das Vergabeverfahrensrecht Verstöße mit der Nichtigkeitsfolge sanktioniert, hat es dabei sein Bewenden (vgl. Nassall in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 134 BGB, Stand: 18.05.2020, Rn. 255).
bb) Entgegen der vom Landgericht geäußerten Rechtsauffassung verstieß der Vertragsschluss zwischen den Parteien auch nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB, dessen Voraussetzungen weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht erfüllt sind. Erforderlich ist für einen Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB, dass ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt. Ein solcher Sittenverstoß kann sich entweder bereits aus dem Inhalt oder erst aus dem Gesamtcharakter unter Berücksichtigung sowohl von Inhalt, Beweggrund und Zweck des konkreten Geschäfts ergeben (BeckOK BGB/Wendtland, 58. Ed. 1.5.2021 Rn. 19, BGB § 138 Rn. 19). Rechtsgeschäfte, die schon nach ihrem objektiven Inhalt sittlich-rechtlichen Grundsätzen widersprechen, sind ohne Rücksicht auf die Vorstellungen der das Rechtsgeschäft vornehmenden Personen nichtig (BGH, NJW 1985, 2405 [BGH 08.05.1985 - IVa ZR 138/83], beck-online). Abgesehen davon, dass für die Beantwortung der Frage eines sittenwidrigen Vertragsschlusses die vorgenannten Wertungen des Vergaberechts, die bereits zur Verneinung einer Nichtigkeit nach § 134 BGB herangezogen wurden, auch insoweit gelten, sind die vom Landgericht herangezogenen Entscheidungen des OLG Saarbrücken und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.12.2016 (4 U 77/14, juris) nicht einschlägig.
aaa) In der vom Landgericht angeführten Entscheidung des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts wies ein Vergabeverfahren mehrere Verstöße gegen Grundwerte und -prinzipien des einschlägigen Vergaberechts auf, die mit ihren Auswirkungen auf Dritte sowie die Allgemeinheit zur Sittenwidrigkeit des daraufhin abgeschlossenen Vertrages führten, weil sie ein solches Gewicht erreichten, das für den zugeschlagenen Vertrag die Nichtigkeitsfolge im Einzelfall zeitigte (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 16.12.2015 - 4 U 77/14, Rn. 39, juris). Um solche Verstöße geht es bei der zwischen den Parteien ohnehin umstrittenen Frage, ob für die beauftragten Leistungen der Klägerin überhaupt der Schwellenwert erreicht sei, nicht. Zu Recht beanstandet die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung, dass eine E-Mail aus dem Jahre 2013 für die sittenwidrige Absicht der Klägerin aus dem Jahre 2012 nicht herhalten kann. Auch insgesamt gibt es keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der Klägerin gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen haben könnte.
bbb) Nichts anderes folgt aus der eingehend von den Parteien diskutierten Entscheidung des OLG Saarbrücken. Nach der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken müssen besondere Umstände dahingehend vorliegen, dass der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handelt und er überdies mit dem Auftragnehmer kollusiv zusammenwirkt (Saarländisches Oberlandesgericht, Urt. v. 17.08.2016 - 1 U 159/14, Rn. 81, juris). Da sich § 138 BGB jedoch in erster Linie auf das - hier nicht zu beanstandende - Rechtsgeschäft und nicht auf das Handeln der Beteiligten oder die Umstände beim Abschluss des Rechtsgeschäfts bezieht, können die Umstände nur dann zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen, wenn sie diesem trotz indifferenten Inhalts ein sittenwidriges Gesamtgepräge geben (BGH, Urt. v. 17.10.2003 - V ZR 429/02 - NJW 2003, 3692, 3693 Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O.).
Solche Umstände sind im Streitfall allerdings offensichtlich nicht gegeben. Zu Unrecht ist das Landgericht in diesem Zusammenhang bereits davon ausgegangen, dass die Schwellenwerte überschritten worden seien. Weder sind die Kosten für den Flughafen ... insgesamt noch die des Planers heranzuziehen. Die Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung sind richtig. Die Tätigkeit des SiGeKo besteht in der Erfüllung originärer Bauherrnpflichten gegenüber den Bautätigen. Sie ist von den Planungsleistungen zu trennen. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Beklagte diese wohl ursprünglich auch mit den Planungsleistungen zusammen ausgeschrieben und vergeben hat.
Hier ist - was das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht getan hat - zudem zwischen einer freihändigen Vergabe mit und ohne Wettbewerb zu differenzieren. Aufgrund der gesamten Umstände war die freihändige Vergabe der SiGeKo-Leistungen ohne Wettbewerb jedenfalls zum Zeitpunkt Mai 2012 nicht zu beanstanden. Hierfür spricht bereits der Umstand der (außerordentlichen) Kündigung des Planers durch die Beklagte. Eine erneute Ausschreibung der Leistungen des SiGeKo hätte einen sofortigen Baustopp nach sich gezogen. Auch hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass etwa für den Nachfolger der Klägerin (Herr I...) ein Vergabeverfahren durchgeführt worden sei und dass insoweit Unterschiede zur Auftragsvergabe an die Klägerin bestanden hätten. Auf die weiteren Tätigkeiten der anderen Sicherheits-Koordinatoren, auf die sich die Beklagte bezieht, kommt es zur Bemessung des Schwellenwertes ebenfalls nicht an, denn diese haben nichts mit der Tätigkeit der Klägerin zu tun.
Gegen eine Sittenwidrigkeit im Sinne eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen der Klägerin und der auftragsvergebenden Beklagten spricht zudem der Entwurf des Vergabevermerks der Beklagten zur Ersatzvornahme der Leistungen "Koordination Sicherheit und Gesundheit" vom 17.07.2012 (Bf 1). Die Beklagte macht gegen dessen Verwertung ohne Erfolg geltend, dass es sich um ein Betriebsgeheimnis handele, denn es ist kein prozessualer Grund dafür gegeben, dass die Klägerin Kenntnisse, die sie in dem Zusammenhang ihrer Tätigkeit bei der Beklagten erlangt hat und die in tatsächlicher Hinsicht unstreitig sind, im Prozess nicht verwerten dürfte. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte, hinter der zwei Länder und der Bund als Gesellschafter stehen, insoweit selbst ein kollusives Verhalten attestieren will und sich in grobem Maße widersprüchlich verhält.
Das Gleiche gilt im Ergebnis für die von der Beklagten hierzu vorgebrachte Rechtsauffassung, wonach dieser (interne) Vergabevermerk überhaupt keine Rolle spielen solle, da es an einer finalen Version fehle. Darauf kommt es ebenfalls nicht an. Die Mitarbeiter der Beklagten, die den Vermerk gefertigt haben, haben darin ausführlich und sachlich begründet dargelegt, weshalb eine freihändigen Vergabe ohne Wettbewerb an die Klägerin möglich sei. Des Weiteren hatte die Beklagte eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Begutachtung beauftragt. Auch diese ist zu einem positiven Ergebnis gekommen. Inwieweit die Beklagte im Rahmen eines der größten Bauprojekte des Landes sittenwidrig gehandelt haben soll, erschließt sich dem Senat ebenso wenig, wie die dadurch zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, die Beklagte könne sich mit Erfolg auf ein eigenes vermeintlich sittenwidriges Verhalten berufen, um sich der Ansprüche zu entledigen. Ein solches Verhalten ist einem öffentlichen Auftraggeber, der besonderen Bindungen unterliegt, verwehrt.
Daher bedarf es auch der von der Klägerin ersuchten Vorlageverpflichtung bzgl. der Vergabedokumentation der Beklagten nach § 142 ZPO nicht, zumal nicht die Klägerin, sondern die Beklagte die Beweislast für die ihr günstige Tatsache des eigenen sittenwidrigen Verhaltens trägt.
2. Die Klägerin konnte nach den vertraglichen Abreden für den Monat April 2013 eine Pauschale von 25.000,00 € zzgl. MwSt beanspruchen.
Dies ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung in Verbindung mit § 315 Abs. 1 BGB.
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung kann die Klägerin für die von ihr zu beanspruchende Vergütungshöhe in Bezug auf ihre SiGeKo-Tätigkeit im April 2013 nicht auf den im Angebotsschreiben vom 25.05.2012 für April 2012 genannten Betrag in Höhe von 15.000 € verwiesen werden.
aa) Der Senat hat in diesem Zusammenhang bereits durchgreifende Zweifel daran, ob es sich bei den im Angebot vom 25.05.2012 genannten Pauschalwerten überhaupt um eine hinreichend konkrete Vereinbarung der klägerischen Vergütung für den jeweiligen Bezugszeitpunkt gehandelt hat. Die Klägerin hatte nämlich in dem genannten Angebotsschreiben in der Preisaufstellung lediglich stark gerundete und variierende Monatspauschalen für den Zeitraum Juni 2012 bis Juli 2013 aufgestellt. In den Pauschalen waren Nebenkosten enthalten und im Übrigen hatte die Klägerin ihren Aufwand unter Berücksichtigung des damaligen Planungsstandes zur Eröffnung des Flughafens ... monatlich grob geschätzt. Eine endgültige Honorarfestsetzung stand zu diesem Zeitpunkt auch aus der Sicht der Beklagten noch aus, denn das abschließende Vertragswerk sollte noch erstellt werden (vgl. Schreiben vom 29.05.2012; K 2). Allerdings wurde eine Grundverbindlichkeit der Beauftragung der Klägerin mit den SiGeKo-Tätigkeiten dadurch erzeugt, dass die Klägerin ihre Tätigkeit unbedingt "umgehend" aufnehmen solle (vgl. K 2). Auch die von der Klägerin vorgesehene Größenordnung des Honorars hat die Beklagte bereits durch das Schreiben vom 29.05.2012 bestätigt ("Es ist selbstverständlich, dass Sie bis zur abschließenden Fixierung des Vertragswerkes Honoraransprüche entsprechend Ihrem Angebotsschreiben erhalten"). Statt eines Vertragswerkes blieb es dann allerdings bei der nochmaligen Bestätigung ausweislich der Anlage K 3. Aufgrund dessen wurde im Mai 2012 bei sachgerechtem Verständnis der Vertragserklärungen der Parteien eine Vergütungsvereinbarung lediglich der Größenordnung nach auf der Grundlage der Kalkulation der Klägerin getroffen. Die konkrete Ausgestaltung sollte dann durch eine entsprechende Rechnungslegung der Klägerin erfolgen. Hierfür spricht - wie bereits dargelegt - insbesondere auch der Inhalt des Bestätigungsschreibens der Beklagten vom 26.06.2012 (K 3).
bb) Da es zwischen den Parteien ein "abschließendes Vertragswerk" auch in der Folge nicht gegeben hat, ergibt sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, nach welchen Grundsätzen die Klägerin für ihre SiGEKo-Tätigkeit zu vergüten sein sollte, wenn sich auf der Baustelle des Flughafens ... Verzögerungen ergeben würden, die die Kalkulationen der Klägerin aus dem Angebotsschreiben obsolet werden ließen. Für die Beklagte war bei Annahme des klägerischen Angebots vom 25.05.2012 ersichtlich, dass die Klägerin ihre Kalkulation unter der Annahme einer Betriebsaufnahme des Flughafens ... im Frühjahr 2013 erstellt hatte. Dies ist insbesondere daraus ersichtlich, dass die Klägerin ihre Honorarkalkulation mit Blick auf den Zeitpunkt der präsumtiven Inbetriebnahme des Flughafens im Juni 2013 ab April 2013 kontinuierlich verringert hatte, weil sie offensichtlich im Mai 2012 (noch) davon ausging, dass die zu leistenden Koordinierungsangaben abnähmen. Der nämliche Baufortschritt des Flughafens ... wurde dadurch für beide Vertragsparteien zur ersichtlichen und auch maßgeblichen Geschäftsgrundlage. Für den zunächst in Rede stehenden Monat April 2013 war eine kalkulationsentsprechende SiGeKo-Tätigkeit der Klägerin nicht mehr möglich, weil der ursprünglich avisierte Betriebsstart des Flughafens ... im Juni 2013 sich offensichtlich um zumindest (zunächst) mehrere Monate verzögern würde. Hierbei handelt es sich um eine von den Parteien im Rahmen der Korrespondenz im Mai/Juni 2012 nicht berücksichtigte Vertragslücke.
b) Die ergänzende Vertragsauslegung führt zu einem einseitigen Bestimmungsrecht der Klägerin, das sie mit dem aus der Anlage K 8 ersichtlichen Nachtragsangebot 02 und der darauf beruhenden Rechnungen, die Gegenstand der Klageforderung sind, angemessen im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ausgeübt hat.
aa) Haben die Parteien eines Vertrages einen Punkt übersehen oder ihn offengelassen, weil sie - aus welchen Gründen auch immer - eine Regelung dieses Punkts für nicht erforderlich hielten, ist diese Lücke vorrangig durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen (BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 43). Bei der für die Schließung einer Vertragslücke maßgeblichen objektiven Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens ist in erster Linie an den schon vorhandenen Vertragsinhalt anzuknüpfen. Die bereits in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung, die sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten ergeben muss, so dass das Ergebnis ohne sie in offensichtlichem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages tatsächlich Vereinbarten stehen würde (vgl. BeckOK BGB/Wendtland, 56. Ed. 01.11.2020, BGB § 157 Rn. 40 m.w.N aus der Rspr. des BGH). Bei einer erforderlichen Ergänzung des Vertragsinhalts ist darauf abzustellen, was die Parteien nach angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte unter Anknüpfung an die im Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bedacht hätten (BeckOK BGB/Wendtland, 56. Ed. 1.11.2020 Rn. 41, BGB § 157 Rn. 41). Die ergänzende Auslegung ist als Teil der rechtlichen Würdigung vom Richter selbst durchzuführen, der die für die Auslegung bedeutsamen Tatsachen klären kann (BGH, Urt. v. 14.03.2017 - XI ZR 508/15, NJW-RR 2017, 942 Rn. 27).
bb) Die ergänzende Vertragsauslegung führt dazu, dass der Klägerin bei einer verzögerten Inbetriebnahme des Flughafens ... unter Fortsetzung ihrer SiGeKo-Tätigkeit im April 2013 ein einseitiges Bestimmungsrecht für das ihr zustehende Honorar im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB zustehen sollte, dessen Höhe unter Fortschreibung der im Angebot vom 25.05.2012 genannten Vergütungen ihr oblegen hat.
aaa) Das Recht zur Leistungsbestimmung nach § 315 BGB setzt voraus, dass ein Vertrag zustande gekommen ist und sich die Vertragsschließenden darüber einig sind, dass die Leistungsbestimmung einseitig erfolgen soll (BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 41). § 315 Abs. 1 BGB setzt für seine Anwendbarkeit eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Vertragspartei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann (BGH, Urt. v. 25.11.2015 - VIII ZR 360/14, NJW 2016, 936 Rn. 20). Dementsprechend ist auch Voraussetzung für eine Überprüfung der Preisgestaltung nach § 315 Abs. 3 BGB stets, dass der Bestimmungsberechtigte die Leistung einseitig bestimmen darf und ihm hierbei ein gewisser Ermessensspielraum zustehen soll (BGH, a.a.O.). Grundlagen der ergänzenden Vertragsauslegung kommen auch bei § 315 Abs. 1 BGB zur Anwendung (BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 43).
bbb) Hätten die Parteien die Entwicklung des Flughafens ... und die fortlaufende Beauftragung der Klägerin bei Vertragsschluss im Mai 2012 bedacht und hätten sie für diesen Fall eine ausdrückliche Regelung treffen wollen, so hätten sie unter Berücksichtigung der beidseitigen Interessenlage und einer vernünftigen, für beide Seiten sachgerechten Vertragsgestaltung der Klägerin zugestanden, unter Berücksichtigung der Baufortschritts auf dem Flughafen ... einseitig die monatlichen Pauschalen - auf der Grundlage der im Angebotsschreiben enthaltenen Kalkulationen - ihrem tatsächlichen Aufwand entsprechend anzupassen und fortzuschreiben. Dieser hypothetische Parteiwille ergibt sich schon retrospektiv aus dem Umstand, dass ein solches Vorgehen in den Vormonaten vertraglich praktiziert wurde, was bereits auf der Grundlage der unstreitigen Tatsachen feststeht. Die Klägerin hat danach stets Monatspauschalen in Rechnung gestellt, die zunächst in dem Umfang, wie sie im Angebot vom 25.05.2012 vorgesehen waren, auch beanstandungsfrei von der Beklagten beglichen wurde. Die Vergütung auf der Basis pro Monat wurde für die erste Rechnung (Juni 2012) sogar ausdrücklich von der Beklagten erbeten (vgl. K 3). Als sich abzeichnete, dass die Beklagte den avisierten Eröffnungstermin nicht würde halten können, hat sich die Klägerin zunächst mit ihrem Nachtragsangebot 01 vom 22.02.2013 (GA I, 19) an die Beklagte gewandt und dargelegt, dass und weshalb die ursprüngliche Kostenpauschale gegenwärtig und zukünftig entsprechend ihrem Aufwand zu modifizieren sei. Über die Anpassung der darin vorgeschlagenen Pauschalen wurde dann auch für die Monate November 2012, Dezember 2012 und Januar 2013 unstreitig Einigkeit erzielt und ausdrücklich festgeschrieben. Unter dem 08.04.2013 (K 8) hat die Klägerin das Nachtragsangebot 02 unterbreitet, in dem die höheren Pauschalen u.a. für den hier in Rede stehenden Monat April 2013 und weitere Pauschalüberlegungen bis August 2013 enthalten waren. Diese wurden von den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten nicht beanstandet. Auch wurden insoweit für den Monat April 90 % des Rechnungsbetrags beglichen und eine Kürzung um 10 % wurde nur deshalb vorgenommen, weil seitens der Beklagten eine endgültige vertragliche Bestätigung noch nicht schriftlich vorlag.
Für eine anderslautende Vergütungsabrede bestehen keinerlei greifbare Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass die Klägerin in ihren Angeboten selbst hin und wieder einzelne Positionen angeführt und im Ausgangsangebot auch für Sonn- und Feiertagsarbeit einen anderen Preis kalkuliert hat, führt weder zu der Annahme, dass nach konkretem Aufwand stundengenau abzurechnen gewesen wäre, noch dazu, dass überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen worden sein soll und allenfalls die übliche Vergütung geschuldet gewesen wäre.
Gegen die Rechtsauffassung der Beklagten spricht zudem sehr deutlich, dass es nach Vorstellung beider Parteien im Mai 2012 für die Höhe des an die Klägerin zu zahlenden Honorars - zwar pauschaliert, aber doch zumindest grob - auf den von ihr geschätzten Personalaufwand unter Berücksichtigung des Baufortschritts des Flughafens ... ankommen sollte. Maßgeblich war danach nicht eine allgemein übliche Vergütung, für die es angesichts der Einzigartigkeit des zu koordinierenden Projektes in der zudem politisch brisanten Situation des bereits zum Vertragsschlusszeitpunkt offensichtlich verzögerten (ersten) Eröffnungstermins für den Flughafen ..., ohnehin kaum eine Vergleichsmöglichkeit gab, sondern eine individuell ausgestaltete Vergütung für eine hochspezialisierte Tätigkeit, die erhebliche Vorkenntnisse erforderte. Der Klägerin kam es auch aus der Sicht des verobjektivierten Empfängerhorizonts bei der Beklagten auch bei all ihren folgenden Honorarvorschlägen stets darauf an, dass die Vergütung zwar pauschal "glattgezogen", also möglichst unbürokratisch gehandhabt wird, der anfallende Aufwand aber stets in Bezug auf den Baufortschritt am Flughafen ... zu bemessen ist.
Der Rechtsauffassung der Beklagten ist auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz vom 02.06.2021, die sich auf eine E-Mail der Klägerin vom 11.05.2021 beziehen, mit der die Klägerin (persönlich) dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag entgegengetreten ist, zu folgen. Insoweit kann dahinstehen, ob dieser Vortrag, der nach dem vom Senat festgesetzten Termin, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung gem. § 128 Abs. 2 ZPO entspricht, prozessual zu berücksichtigen ist und Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt. Denn auch eine etwaig anderslautende Rechtsauffassung, die die Klägerin nunmehr in ihrer E-Mail 11.05.2021 (BB 9; GA V, 1196 f.) zum Ausdruck bringen will, und wonach sie ggf. höhere Stundensätze abrechnen kann, stellt nur eine nachträgliche, fast 9 Jahre spätere Betrachtung dar, die ganz offensichtlich vom zu erzielenden Ergebnis einer nachweisgebundenen Abrechnung getragen ist. Das Gleiche gilt für die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 09.06.2021, die auf die E-Mail der Klägerin vom 07.06.2021 (BB10) verweisen.
cc) Das gem. § 315 Abs. 1 BGB auszuübende Ermessen hat die Klägerin zutreffend ausgeübt.
aaa) Die Bestimmung der Leistung im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ist gegenüber dem anderen Vertragspartner zu erklären. Die Erklärung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung mit rechtsgestaltendem Charakter. Sie unterliegt den allgemeinen Vorschriften zum Zugang und der Wirksamkeit von Willenserklärungen. Sie kann auch konkludent erfolgen, muss jedoch die geforderte Leistung genau angegeben. Sie bedarf keiner Begründung (vgl. BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 65, 66).
Diesen Anforderungen wird das Schreiben der Klägerin vom 08.04.2013 (K 8) gerecht. Hierin hat sie für den Monat April 2013 eine Vergütung von 25.000 € festgelegt.
bbb) Die Klägerin hat ihr Ermessen auf der Grundlage der vereinbarten Kriterien ausgeübt. Maßgeblich war demnach der anfallende SiGeKo-Aufwand, der sich maßgeblich nach dem Baufortschritt richtete. Bei der Festlegung auf den Betrag in Höhe von 25.000 € (netto) hat sich die Klägerin offensichtlich an den Beträgen aus dem Angebot vom 25.05.2012 orientiert, die sie für eine Koordinierung beim Vollbetrieb der Baustelle des Flughafens ... angesetzt hatte. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensausübung durch die Klägerin sind weder von der Beklagten aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Auf die späteren Konkretisierungen der Klägerin, mit denen sie ihre Leistungen weiter aufgeschlüsselt hat und die Gegenstand der Erörterungen im Rahmen der Baubesprechungen am 11.07.2013 und am 23.07.2013 waren, kommt es danach nicht an. Es bedurfte daher - entgegen der nach wie vor von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung - einer weiteren Sachaufklärung über die Absprachen der Parteien nach den Vorgaben des Senatsbeschlusses vom 19.06.2019 nicht, da der Inhalt der Gespräche im Juli 2013 für die im April 2013 zu zahlende Vergütung nicht maßgeblich sein konnte. Nichts anderes ergibt sich aus dem weiteren Sachvortrag der Parteien, den der Senat gewürdigt und insoweit berücksichtigt hat.
3. Die Forderung der Klägerin ist gem. § 614 S. 1 BGB fällig.
a) Die Klägerin hat ihre Dienste als SiGeKo des Flughafens ... im April 2013 unstreitig und unbeanstandet erbracht. Hierbei kommt es aufgrund der getroffenen pauschalen Vergütungsregelung nicht darauf an, welche Leistungen im Einzelnen der Abrechnung für diesen Monat zugrunde lagen.
b) Maßgeblich ist insoweit allein, dass die Beklagte die Koordinierungsleistungen der Klägerin, was auch immer die Klägerin und ihre Mitarbeiter im Einzelnen konkret gemacht haben mögen, unbeanstandet entgegengenommen hat.
4. Für den Monat April 2013 hat die Klägerin abzüglich bereits geleisteter Zahlungen einen Anspruch in Höhe von 11.900 €. Unter Berücksichtigung der USt i.H.v. 19 % ergab sich für April 2013 zunächst ein Gesamtanspruch in Höhe von 29.750,00 € (brutto). Hierauf hat die Beklagte unstreitig 17.800 € gezahlt, so dass ein Restanspruch in Höhe von 11.900 € resultiert.
Dieser Anspruch ist hier, wie auch im Folgenden nach § 286 Abs. 1, 2 Nr. 2, 4 BGB zu verzinsen. Die Beklagte befand sich ausweislich des in den Rechnungen der Klägerin genannten Zahlungsziels, das inhaltlich unstreitig ist, im Zahlungsverzug. Unstreitig ist auch die Verzugshöhe, die sich nach § 288 Abs. 2 BGB (a.F.) richtet.
B. Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.975,00 € (Rechnungsnummer (c...) v. 29.06.2013) nebst geltend gemachter Zinsen. Bei der vorgenannten Rechnungsnummer geht es um die noch ausstehenden Honorarforderungen für die SiGeKo-Leistungen der Klägerin im Monat Mai 2013. Auf der Grundlage der Ausführungen zu A., auf die uneingeschränkt verwiesen werden kann, besteht auch dieser Anspruch in voller Höhe. Die Bestimmung der Klägerin im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ist auch hier hinreichend in dem Nachtragsangebot 02 (K 8) zu sehen. Bei dieser Position kommt hinzu, dass die Beklagte an die Klägerin 90 % der für den Mai 2013 geltend gemachten Pauschale bereits unstreitig gezahlt hat und die letzten 10 % nur deshalb noch offen sind, weil eine "endgültige vertragliche Regelung" noch nicht getroffen werden konnte.
C. Darüber hinaus steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung weiterer 2.975,00 € (Rechnungsnummer (d...) v. 29.06.2013) nebst Zinsen zu. Auch dieser Anspruch besteht auf der Grundlage der vorangegangenen Ausführungen in voller Höhe. Maßgeblich ist auch insoweit die Vergütungsfestlegung der Klägerin vom 08.04.2013 (K 8). Auch für den Monat Juni 2013 hat die Beklagte bereits 90 % der bestehenden Forderung beglichen.
D. Auch ist ein Anspruch in Höhe von 29.750,00 € (Rechnungsnummer (e...) v. 18.08.2013) für den Monat Juli 2013 gegeben. Für den Senat ist insoweit kein Unterschied zu den Vormonaten erkennbar. Die Klägerin hat die Leistungen als SiGeKo erbracht und die Vergütung gem. § 315 Abs. 1 BGB im Nachtragsangebot vom 08.04.2013 (K 8) festgesetzt und die Beklagte hat die Leistungen in Anspruch genommen.
E. Ein weiterer Anspruch ergibt sich zugunsten der Klägerin in Höhe von 29.750,00 € (Rechnungsnummer (f...) v. 22.09.2013) nebst geltend gemachter Zinsen. Im August 2013 war die Klägerin noch in vollem Umfang als SiGeKo der Beklagten tätig. Ob Herr S... berechtigt war, gegenüber der Klägerin die Fortsetzung des SiGeKo-Vertrages über den 31.07.2013 hinaus zu verlängern (vgl. E-Mail v. 17.07.2013 K 15), kann im Ergebnis dahinstehen, denn unstreitig hat die Klägerin über den 31.07.2013 hinaus die Leistungen erbracht und die Beklagte diese Leistungen entgegengenommen. Ihr Beschäftigungsverhältnis als Bereichsleiterin der Beklagten begann erst zum 01.09.2013. Auch für den August 2013 war die Vergütungshöhe im Nachtragsangebot 02 vom 08.04.2013 bestimmt worden.
F. Schließlich steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 16.660,00 € (Rechnungsnummer (a...) v. 16.02.2014, K 6f) nebst Zinsen zu. Auch dieser Anspruch folgt aus einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag. Wirksamkeitsbedenken bestehen hier nach den vorgenannten Ausführungen unter A.1.c) ebenfalls nicht.
Bei dieser Position geht es um die Berechnung eines gesonderten bauzeitlichen Brandschutzkonzeptes und die von der Klägerin durchgeführten Sitzungen. Auch diese Position ist ohne Durchführung der von der Beklagten beantragten und auch bis zuletzt für richtig erachteten Beweisaufnahme in vollem Umfang berechtigt.
1. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass es eine Vereinbarung zwischen den Parteien gegeben habe, wonach sie hierfür gesondert auf der Grundlage der Anlagen K 31a und K 31b beauftragt worden sei. Ausgehend von 28 abgehaltenen Sitzungen seien insoweit 16.660 € (28x500 € zzgl. 19 %) berechtigt.
2. Die Beklagte hat die Beauftragung als solche nicht bestritten, sondern eine insoweit gesonderte Beauftragung ausdrücklich zugestanden (Schriftsatz vom 08.02.2016; GA I, 174).
3. Insoweit konnte sich die Beklagte zur Frage der vereinbarten Vertragsumstände, insbesondere zur Vergütungshöhe, nicht auf ein einfaches Bestreiten nach § 138 Abs. 3 ZPO (unter Hinweis auf eine fehlende Vertretungsmacht des Herrn H...) beschränken, zumal die Anlage K 31a durch Herrn H... und die Anlage K 31b durch Herrn S... unterschrieben ist. Die Beklagte trägt insoweit nicht einmal vor, dass die Unterschriften unrichtig seien, so dass ihr Bestreiten völlig in der Luft hängt. Zudem ist es völlig fernliegend, dass die Parteien - und das wäre die Konsequenz der Behauptung der Beklagten - trotz eines entsprechenden Angebots der Klägerin an die Leitungsebene vom 14.08.2012 (Hr. K... ppa.) hier die übliche Vergütung zugrundlegen wollen. Da die 28 Sitzungen unstreitig stattgefunden haben und zudem von der Klägerin durch Vorlage von 28 Brandschutzprotokollen der Anlage K 32 substanziiert worden sind, kann der Senat gem. § 287 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 ZPO die übliche Taxe auf 500 € (netto) pro Sitzung zu schätzen. Plausibilisiert wird diese Annahme von der Klägerin durch Vorlage des Vergabevermerks vom 01.02.2013 (Bf 4; GA III, 550), wonach für das Brandschutzkonzept auf der Grundlage des Angebots der Klägerin ein Betrag in Höhe von 32.500 € angesetzt wurde und aus dem sich ergibt, dass dem Grunde nach eine Beauftragung durch die Beklagte mit E-Mail v. 16.10.2012 bereits ergangen sei.
4. Ohne Erfolg macht die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend, die 28 Sitzungen seien nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte hat die Leistungen in Anspruch genommen, ihre Mitarbeiter waren bei allen Brandschutzsitzungen dabei. Sie hatte dadurch Kenntnis vom Wochenrhythmus der Besprechungen und hat diese weder unterbunden noch irgendwelche Beanstandungen hieran geäußert.
G. Weitergehende Ansprüche bestehen zugunsten der Klägerin indessen nicht. Insbesondere kann die Klägerin nicht weitere 37.032,80 € (Rechnungsnummer (g...) v. 21.03.2014, K 6g) beanspruchen. Mit der vorgenannten Rechnung hat die Klägerin weitere Nachträge bis einschließlich August 2013 geltend gemacht sowie Kosten für die Übergabe des SiGeKo an den Nachfolger abgerechnet.
Der Senat bleibt auch unter Berücksichtigung der klägerischen Ausführungen im Schriftsatz vom 26.05.2021 bei der im Beschluss vom 24.03.2021 hierzu geäußerten Rechtsauffassung.
1. Hinsichtlich der Abrechnungen bis einschließlich August 2013 hatte die Klägerin - wie bereits eingehend dargetan - ihr Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB ausgeübt. Für eine nochmalige (zweite) Nachberechnung gibt es keinen Anlass, zumal die Klägerin auch insoweit keine vertragliche Einigung behauptet, sondern lediglich eine (zudem bestrittene) Abstimmung auf Arbeitsebene.
2. Für September 2013 ist ein Anspruch ebenfalls nicht gegeben. Insoweit fehlt es an einer (auch konkludenten) Fortsetzung des Vertrags, denn durch die Anstellung der Klägerin bei der Beklagten als Bereichsleiterin und die arbeitsvertragliche Klausel zum Tätigkeitsverbot in § 9 (Bl. 59 d.A.), scheidet eine entgeltpflichtige Tätigkeit im Rahmen des SiGeKo insoweit aus. Zwar mögen hier Übergabetätigkeiten an den Nachfolger als SiGeKo A... I... in einem Aufwand, den die Klägerin nochmals im Schriftsatz vom 26.05.2021 auf 117 Stunden taxiert, stattgefunden haben. Diese Übergabetätigkeit war jedoch mit in die Übernahme der Klägerin aufgrund des Anstellungsvertrages vom 28.08.2013 eingepreist und die Klägerin hatte ihre Leistungen insoweit im Rahmen ihrer Anstellung bei der Beklagten erledigt.
H. Der Anspruch der Klägerin in Höhe von 94.010,00 € ist auch nicht durch eine Hilfsaufrechnung gem. §§ 389, 387 BGB erloschen. Die Aufrechnungsvoraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
1. Durch rechtsgestaltende Willenserklärung kann der (jeweilige) Schuldner nach den §§ 387, 389 BGB die wechselseitige Tilgung von gegenseitigen Forderungen bewirken (Erfüllungssurrogat der Aufrechnung).
2. Die Beklagte hat zwar gem. § 388 BGB mit der Klageerwiderung die Hilfsaufrechnung mit einem erststelligen Teilbetrag aus einer von ihr beanspruchten Gesamtforderung in Höhe von 143.254,58 € erklärt. Jedoch fehlt es im vorliegenden Fall an einer Aufrechnungslage. Die Aufrechnungslage setzt voraus, dass dem Schuldner einer erfüllbaren (Haupt-) Forderung eine gleichartige, voll wirksame, durchsetzbare und fällige (Gegen-)Forderung zusteht (vgl. BeckOK BGB/Dennhardt, 58. Ed. 01.05.2021, § 387). Entgegen der von ihr vertretenen Rechtsauffassung besteht zugunsten der Beklagten bereits keine Aufrechnungsforderung.
a) Die Beklagte hat ihre Hilfsaufrechnung zunächst darauf gestützt, dass die Klägerin auf der Grundlage der Vereinbarung über die Zahlung einer Einstiegshonorierung vom 05./07.09.2012 (B 12) eine Einstiegshonorierung in Höhe eines Gesamtbetrages in Höhe von 143.254,58 € erhalten habe, obwohl sie nicht bis zum 31.08.2012 die in Ziffer 1.2 genannten Unterlagen vollständig übergeben habe und deshalb gem. Ziffer 1.8 zur Rückzahlung verpflichtet sei. Die Argumentation der Beklagten greift jedoch hinsichtlich der Geltendmachung fehlender Unterlagen aus mehreren - jeweils für sich tragenden Überlegungen - nicht durch:
aa) Für den Senat ist bereits nicht feststellbar, dass die Klägerin etwaige Unterlagen an die Beklagte - bevor diese die Einstiegshonorierung an sie angewiesen hat - nicht ordnungsgemäß übergeben haben soll.
aaa) Die Klägerin hat die Umstände der Übergabe hinreichend substanziiert vorgetragen. Insbesondere im Schriftsatz vom 17.02.2020 hat sie im Einzelnen dargetan, wann an wen welche Unterlagen übergeben worden seien. Dies betrifft insbesondere die Abtretungserklärung, deren Erhalt die Beklagte in Abrede gestellt hat. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, dass sie die von ihr unterzeichnete Abtretungsvereinbarung am 07.09.2012 bei der Sekretärin des Mitarbeiters der Beklagten; O... N..., abgegeben habe. Die von der Beklagten unterzeichnete Abtretungserklärung sei mit Schreiben vom 06.09.2012 mit der Bitte um Gegenzeichnung an sie weitergereicht worden (Bf 7; GA IV, 905). Die darin enthaltene E-Mail-Korrespondenz zwischen der Klägerin und den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten vom 27.08.2012 bis 03.09.2012 (Bf 8; GA IV, 906 f.) stützt die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens. Auch die erstinstanzlich von der Beklagten vorgelegte Anlage B 11 (GA II, 310), die eine interne E-Mail der Beklagte enthält, bestätigt die Vollständigkeit der von der Klägerin übergebenen Unterlagen. Schließlich hat die Beklagte mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag der Anlage B 12 den Erhalt der Originalunterlagen bestätigt.
bbb) Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht hinreichend im Sinne von § 138 Abs. 2, 3 ZPO bestritten. Die Substantiierungslast des Bestreitenden hängt nach dieser Vorschrift grundsätzlich davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat: Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substanziieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen (BeckOK ZPO/von Selle, 39. Ed. 01.12.2020, § 138 Rn. 18). Dabei obliegt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, zunächst der darlegungsbelasteten Partei, ihr Vorbringen zu konkretisieren und zu detaillieren (statt vieler BGH, Urt. v. 03.02.1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404 f.). Je detaillierter ihr Vorbringen ist, desto höher sind die Substantiierungsanforderungen gem. § 138 Abs. 2 und 3 ZPO (BeckOK ZPO/von Selle, a.a.O.). Die erklärungsbelastete Partei hat daher - soll ihr Vortrag beachtlich sein - auf die Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich "substanziiert", d.h. mit näheren positiven Angaben, zu erwidern. Ein substanziiertes Vorbringen kann grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden (BGH, Urt. v. 21.07.2020 - II ZR 175/19, NZG 2020, 1149, Rn. 15). Gemessen daran ist das Bestreiten der Beklagten prozessual unerheblich. Erstinstanzlich hat sich die Beklagte lediglich pauschal darauf bezogen, dass Originale nicht vorgelegt worden seien und sie solche nicht mehr auffinde (vgl. etwa ab S. 13 des Schriftsatzes v. 05.07.2017 (GA II, 285 ff.). Aber auch im Schriftsatz vom 05.05.2020, der in Erwiderung des Vortrags der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 27.01.2020 ergangen ist, findet sich hierzu ein substanziierter Gegenvortrag der Beklagten insbesondere zu der im Kern unstreitigen E-Mail-Korrespondenz, nicht (vgl. ab S. 11 ff; GA V, 1023 ff.).
bb) Selbst wenn der Beklagten gegen die Klägerin ein Rückzahlungsanspruch nach Ziffer 1.8 des Vertrages vom 05./07.09.2012 zustehen sollte, weil ihr bestimmte Unterlagen nicht übergeben worden seien, steht einer Geltendmachung § 242 BGB entgegen, denn die Beklagte verhält sich insoweit widersprüchlich.
aaa) Die Rechtsordnung missbilligt widersprüchliches Verhalten einer Partei zwar im Grundsatz nicht. Eine Partei kann sich daher grundsätzlich auf die Nichtigkeit einer von ihr abgegebenen Erklärung berufen oder ein unter ihrer Beteiligung zu Stande gekommenes Rechtsgeschäft aus sonstigen Gründen angreifen. Widersprüchliches Verhalten ist gem. § 242 BGB jedoch dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, kann eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (vgl. hierzu insgesamt BGH, NJW-RR 2013, 757 [BGH 15.11.2012 - IX ZR 103/11] Rn. 12, m.w.N.).
bbb) Gemessen daran hat sich die Beklagte mit Blick auf die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung schon deshalb (grob) widersprüchlich verhalten, weil sie die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen eingehend geprüft und nach abgeschlossener Prüfung die Auszahlung des vertraglich vereinbarten Betrages veranlasst hat. Dies ergibt sich aus der zur Akte gereichten E-Mail-Korrespondenz der Anlage Bf 8 (GA IV, 915 f.), in der die Mitarbeiter der Beklagten den Erhalt der von der Klägerin übergebenen Unterlagen ebenso wie eine Prüfung bestätigt und anschließend den vereinbarten Betrag überwiesen haben. Insoweit ist es für den Senat prozessual nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass die Beklagte (der Staat), die die Vollständigkeit gegenüber der Klägerin nicht nur bestätigt hat, sondern die pauschal behauptete Unvollständigkeit der Unterlagen zu keinem Zeitpunkt initiativ gegenüber der Klägerin geltend gemacht hat, nunmehr mehrere Jahre später im Prozess, der völlig anders gelagerte Ansprüche der Klägerin betrifft, einführt, um sich ihrer berechtigten Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin zu entziehen.
b) Auch soweit die Beklagte im Laufe des Prozesses - nach hiesigem Verständnis erstmals ab S. 12 des Schriftsatzes vom 05.05.2020 (GA V, 1024 f.) ihren Vortrag dahingehend weiterentwickelt hat, dass Teile der abgetretenen Forderung uneinbringlich gewesen seien, rechtfertigt dies die geltend gemachte Rückzahlungsforderung nicht. Der dahingehende Vortrag einer fehlenden Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche gegenüber der p..., für den sie nach allgemeinen Grundätzen darlegungs- und beweispflichtig wäre, ist insoweit schon im Ansatz nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat weder dargetan, dass und wie sie versucht haben will, ihre Ansprüche gegenüber der p... geltend zu machen, noch, weshalb dies misslungen sei.
Insoweit genügte das einfache Bestreiten der Klägerin hierzu.
Im Übrigen wäre ein Anspruch der Beklagten gem. § 242 BGB ausgeschlossen, denn auch insoweit verhält sie sich widersprüchlich und kann trotz unbeanstandeter Erfüllung der Pflichten aus der Vereinbarung über die Zahlung einer Einstiegshonorierung vom 05./07.09.2012 sich nicht im Jahr 2020 in einem völlig andersgelagerten Prozess auf die Nichtdurchsetzbarkeit dieser Ansprüche berufen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, wobei vom Senat für die vorgenommene Kostenquotelung der unter V. angegebene Gebührenstreitwert für die jeweilige Instanz zugrundegelegt wurde. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV. Die Revision war durch den Senat - in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG - nicht zugelassen. Denn die vorliegende Rechtssache hat weder grundsätzliche - über den Streitfall hinausgehende - Bedeutung (für eine unbestimmte Vielzahl zu erwartender Streitigkeiten, in denen sich gleiche Fragen als klärungsbedürftig erweisen) noch erfordert die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Judikatur eine Befassung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht damit. Das Urteil des erkennenden Senates beruht im Wesentlichen auf der Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall und auf der Würdigung von dessen tatsächlichen Umständen. Divergenzen zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, die höchstrichterlich noch ungeklärte Fragen mit Relevanz für den Ausgang des hiesigen Streitfalles betreffen, sind nicht gegeben.
V. Der Gebührenstreitwert war für das erstinstanzliche Verfahren durch den Senat gem. § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG festzusetzen. Da erstinstanzlich keine Entscheidung in der Sache über die geltend gemachte Hilfsaufrechnung gem. § 45 Abs. 3 GKG ergangen ist, war insoweit die einfache Höhe des geltend gemachten Leistungsanspruchs in Höhe von 131.042,80 € anzusetzen. Bei der Bemessung des Gebührenstreitwerts für das Berufungsverfahren wirkte sich die vom Senat beschiedene Hilfsaufrechnung gerichtsgebührenerhöhend aus, und zwar in Höhe des mit der Hauptforderung zugesprochenen Betrags von 94.010,00. Hieraus ergibt sich somit ein Gebührenstreitwert von 225.052,80 €.
Urteil vom 16.06.2021
In dem Rechtsstreit
...
Klägerin und Berufungsklägerin,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
...
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
hat das Brandenburgische Oberlandesgericht - 11. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx sowie die Richter am Oberlandesgericht xxx und Dr. xxx im schriftlichen Verfahren mit einer Stellungnahmefrist bis zum 28.05.2021 gem. § 128 Abs. 2 ZPO am 16.06.2021
für R e c h t erkannt:Tenor:
- Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.12.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, 4 O 167/14, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 94.010,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.900,00 € seit dem 25.05.2013, aus 2.975,00 € seit dem 12.07.2013, aus 2.975,00 € seit dem 12.07.2013 aus 29.750,00 € seit dem 30.08.2013 aus 29.750,00 € seit dem 18.10.2013 und aus 16.660,00 € seit dem 15.03.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. - Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 28 % und die Beklagte 72 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 16 % und die Beklagte 84 %. - Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
- Der Gebührenstreitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf der Gebührenstufe von bis zu 140.000,00 € und für das Berufungsverfahren auf der Gebührenstufe bis zu 230.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt eine Vergütung in Höhe von 131.042,80 € für die Beauftragung als Sicherheits- und Gesundheitskoordinatorin (im Folgenden auch SiGeKo) des Flughafens ... (im Folgenden auch Flughafen ...) gemäß der Baustellenverordnung in dem Zeitraum April 2013 bis September 2013 sowie für die Erstellung eines bauzeitlichen Brandschutzkonzeptes.
Hierfür legte sie für die von ihr geltend gemachten Honorare 7 Rechnungen in dem Zeitraum vom 12.05.2013 bis 21.03.2014, nämlich im Einzelnen die ersten 5 Rechnungen in Höhe von jeweils 29.750 €, die Rechnung vom 16.02.2014 in Höhe von 16.660 € (Brandschutzkonzept) sowie die letzte Rechnung vom 21.03.2014 in Höhe von 37.032,80 €. Die Beklagte zahlte nur für die ersten 3 Rechnungen Teilbeträge in Höhe von einmal 17.850 € (April 2014) sowie zweimal 26.775 € (Mai u. Juni 2014). Auf die übrigen Rechnungen entrichtete sie keine weiteren Zahlungen. Diesen Rechnungen lag folgender Ablauf der Ereignisse zu Grunde:
Die Klägerin war ursprünglich von der damals auf dem Flughafen ... zuständigen Planungsfirma "p..." schon als Koordinatorin beauftragt worden, wobei die vertragliche Ausgestaltung dieser Beauftragung von den Parteien nicht näher in den Prozess eingeführt worden ist. Die Beklagte kündigte jedoch im Jahr 2012 das Vertragsverhältnis mit der Planungsfirma p... fristlos und trat in Vertragsverhandlungen mit der Klägerin zur Fortführung ihrer Tätigkeit auf der Baustelle des Flughafens ... als Koordinatorin für den Bereich, in dem sie schon durch die Planungsfirma beauftragt worden war, ein. Eine (europaweite) Ausschreibung der Leistungen durch die Beklagte unterblieb unstreitig. Die Klägerin unterbreitete der Beklagten unter dem 25.05.2012 ein "Angebot Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Koordination nach Baustellenverordnung ...", wobei sie für die Leistungen in dem Zeitraum Juni 2012 bis Juli 2013 jeweils unterschiedliche nicht weiter aufgeschlüsselte Beträge unter Berücksichtigung der Eröffnung des Flughafens im Frühjahr 2013 ansetzte und erläuterte. Ferner enthielt das Angebot eine grobe Aufschlüsselung der einzelnen Tätigkeiten, für die sie die Vergütung verlangte und deren Anfall zeitlich nicht weiter aufgegliedert wurde. Zudem finden sich noch Regelungen über Zusatzarbeiten in dem Angebot. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorgenannte Angebot vom 25.05.2012 Bezug genommen (K 1; GA I, 14-16).
Mit Antwortschreiben vom 29.05.2012 (K 2; GA I, 17) teilte die Beklagte mit, dass sie mit den wesentlichen Bestandteilen im Angebot einverstanden sei, und bat um den sofortigen Beginn der angebotenen Leistungen. Ferner erklärte die Beklagte, "dass für die sofortige Leistungsaufnahme und -erbringung bis zur abschließenden Fixierung des Vertragswerkes selbstverständlich Honoraransprüche entsprechend ihrem oben genannten Angebot entstehen." Mit weiterem Schreiben der Beklagten vom 26.06.2012 (K 3; GA I, 18) mit dem Betreff "Unser Vorabbeauftragungsschreiben für Leistungen im Rahmen der Ersatzvornahme p..." teilte die Beklagte mit, dass die Erstellung des Vertragswerkes noch einige Zeit in Anspruch nehme, die Klägerin aber für die im Monat Juni erbrachten Leistungen Rechnung legen sollte. Unter dem 17.07.2012 fertigten Mitarbeiter der Klägerin den Entwurf eines Vergabevermerkes für die von der Klägerin angebotenen Leistungen an, wobei sie zu dem Schluss kamen, dass die Leistungen an die Klägerin zu vergeben seien (Bf 1; GA III, 536-543). Für das bauzeitliche Brandschutzkonzept erstellte die Klägerin unter dem 14.08.2012 ein Angebot mit einer einmaligen Erstellung des Konzeptes in Höhe von 9.000 €, monatlichen Fortschreibungen von jeweils 2.250 € und für die Durchführung wöchentlicher Besprechungen im Bereich des Brandschutzes pauschal jeweils 500 € (K 31 a). Sie behauptet hierzu, ihre Tätigkeit habe 28 - unstreitig stattgefundene -Brandschutzbesprechungen umfasst, wobei pro Brandschutzsitzung ein Honorar von 500 € netto vereinbart worden sei (Schriftsatz vom 15.07.2015, Seite 17 unten sowie die Anlagen K 31b nebst Anlagenkonvolut K 32, sämtliche Brandschutzprotokolle).
Mit Schreiben vom 10.07.2012 (GA II, 321) ersuchte die Klägerin die Beklagte um Überweisung eines ausstehenden Betrages in Höhe von 143.254,58 €. Mit Schreiben vom 27.08.2012 (B 13 GA II, 320) bestätigte der ehemalige Planer die in dem Schreiben angegebenen an ihn gerichteten Rechnungen der Klägerin mit den jeweiligen Zahlbeträgen aus der Zeit vor ihrer Beauftragung durch die Beklagte. Ferner erklärte der Planer sich damit einverstanden, dass die Rechnungen direkt an die Klägerin durch die Beklagte gezahlt würden. Im Rahmen der weiteren Vertragsverhandlungen schlossen die hiesigen Prozessparteien über die vorgenannten Ansprüche der Klägerin gegenüber dem Planer unter dem 05.09./07.09.2012 eine Vereinbarung, mit der sich die Beklagte verpflichtete, an die Klägerin eine Einstiegshonorierung in Höhe von 143.254,58 € bis zum 14.09.2012 zu zahlen, was sie auch tat, wobei die Klägerin selbst wiederum verpflichtet war, der Beklagten Honoraransprüche in gleicher Höhe abzutreten, die ihr ihrerseits für die bereits erbrachten Leistungen aus dem Altvertrag mit der Planungsgesellschaft p... zustanden und weder anderweitig abgetreten noch verpfändet waren. Die Zahlung bzw. das Behaltendürfen der Leistung war jedoch gemäß Ziffer 1.2 und 1.3 an die Beibringung von Unterlagen und Erklärungen durch die Klägerin bis zum 31.08.2012 geknüpft. Die Ziffer 1.8 regelt weiter die Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin für den Fall der nicht rechtzeitigen Beibringung der Unterlagen nach Ziffer 1 sowie der Abtretungserklärung innerhalb der dort benannten Fristen. Ferner ist in der Regelung auch ausdrücklich die Haftung der Klägerin für den Bestand und Durchsetzbarkeit der abgetretenen Forderung geregelt. Wegen der Einzelheiten der vorgenannten Vereinbarung wird auf die zur Akte gereichte Anlage B 12 verwiesen (B 12; GA II, 315-319 = B 3).
Von der Beklagten wurden für die Monate Juni 2012 bis März 2013 die im Angebot vom 29.05.2012 genannten jeweiligen Beträge an die Klägerin gezahlt. Mit Schreiben vom 11.11.2012 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein neues Angebot für die Sicherheit- und Gesundheitsschutz-Koordination im Hinblick auf die Verschiebung der Eröffnung des Flughafens ..., wobei sie insbesondere für die Monate April bis September 2013 einen Pauschalbetrag in Höhe von 25.000 € ansetzte (Anlage K 34 großer Leitzordner).
Unter dem 01.02.2013 fertigten Mitarbeiter der Klägerin den weiteren Entwurf eines Vergabevermerks zugunsten der Klägerin hinsichtlich des bauzeitlichen Brandschutzes. Mit weiterem Schreiben vom 22.02.2013 (K 4; GA I, 19) erstellte die Klägerin ein Nachtragsangebot 01 für die Monate November 2012, Dezember 2012 und Januar 2013. Für die nachfolgenden Monate gab die Klägerin in dem Schreiben noch eine Kosteneinschätzung ab. Hintergrund des Nachtrages war die ständige Verschiebung des Eröffnungszeitpunktes des Flughafens ..., was mit einer Verschiebung der bei ihr in Auftrag gegebenen Leistungen einherging. Mit Schreiben vom 03.05.2013 (K 5; GA I, 21-24) erfolgte die Nachtragsbeauftragung durch die Beklagte unter Beifügung eines Vermerkes vom 12.04.2013 zur Berechnung mit einem Nachtragsvolumen in Höhe von 17.000 €. Auch dieser Betrag wurde von der Beklagten gezahlt.
Unter dem 08.04.2013 gab die Klägerin ihr Nachtragsangebot 02 für die Leistungen April 2013 bis August 2013 unter Gegenüberstellung der ursprünglichen Kosten aus dem Angebot Mai 2012 ab (Anlage K8 des Anlagenbandes zum Schriftsatz vom 15.07.2015).
In der Folgezeit leistete die Beklagte Teilbeträge für den Monat April 2013 in Höhe von 17.850 € (ursprünglicher Betrag aus dem Angebot Mai 2012 für den Monat April 2013) gemäß Rechnung vom 12.05.2013 (K 6a; GA I, 25) sowie für die Monate Mai und Juni gemäß den Rechnungen vom 29.06.2013 (K 6b; GA I, 26, 27) jeweils in Höhe von 26.775 € (90 % der geltend gemachten Forderung).
Im Monat Mai 2013 übermittelte die Klägerin der Beklagten die Tagesnachweise für die Monate November 2012 bis Januar 2013 (Anlage K 35). Die Beklagte schickte die Rechnung vom 29.06.2013 für den Monat Mai 2013 mit dem handschriftlichen Vermerk zurück: "bis Beauftragg. Nt.02 formell vorliegt, erfolgt Abschlag auf 90 % (gem. Abstimmung mit H. Z... am 17.07.13) ...". Mit E-Mail vom 08.07.2013 (Anlage K 9) schickte die Klägerin das modifizierte Nachtragsangebot 02 vom 08.04.2013 mit weiterer Begründung (Anlage K 10) im Vorfeld zu der Baubesprechung vom 11.07.2013 der Beklagten zu. Gegenstand der Besprechung war unter anderem das von der Klägerin gefertigte Nachtragsangebot vom 08.04.2013, wobei der Inhalt dieses Gespräches und des nachfolgenden am 23.07.2013 zwischen den Parteien streitig ist.
Mit Schreiben vom 12.07.2013 (Anlage K 11) legte die Klägerin gegenüber der Beklagten "Einspruch zur Rechnungskürzung der Aprilrechnung" ein. Des Weiteren legte sie in diesem Rechnungsschreiben ihre Monatskalkulation von 25.000 € netto offen.
Mit E-Mail vom 17.07.2013 teilte der Mitarbeiter der Beklagten, Herr S..., der Klägerin im Nachgang zu der Baubesprechung am 12.07.2013 mit, dass die Vertragslaufzeit auch nach dem 31.07.2013 fortgesetzt werden solle. Grundlage der Berechnungen sollte das Ursprungsangebot der Klägerin vom 25.05.2012 sein. Ferner sollte die Klägerin ihre Kalkulation zum Aufwand sowie in Kurzform ihre Tätigkeiten einschließlich der ihrer Mitarbeiter weiter darlegen (Anlage K 15). In der nachfolgenden E-Mail der Klägerin am selben Tag (Anlage K 14) teilte diese wiederum mit, dass sie die Begründung in den Einspruch zur Rechnungskürzung eingearbeitet habe.
Im Anschluss an die Baubesprechung vom 23.07.2013 übergab die Klägerin den Mitarbeitern der Beklagten das sogenannte Nachtragsangebot 03 für die Zeit nach Juli 2013 (Anlage K 12). Mit weiterem Schreiben vom 26.07.2013 übergab sie ein überarbeitetes Nachtragsangebot (Anlage K 13). In der Folgezeit entwickelte sich noch eine E-Mail-Korrespondenz über die Zahlung der geforderten Beträge zwischen der Klägerin und verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten (Anlagen K 21-27), wobei die Beklagte immer weitere Anforderungen zur Darlegung der klägerischen Ansprüche stellte. Im Rahmen dieser Korrespondenz übergab die Klägerin per E-Mail vom 03.03.2014 (Anlage K 29 h) eine Aufschlüsselung der von ihr geleisteten Stunden für den Zeitraum April bis September 2013 mit einer einzelnen Darlegung der Anzahl der geleisteten Stunden an den jeweiligen Tagen (vergleiche insoweit Anlage K 28 i.V.m. Anlagen K 29 a bis 29 g ohne f).
Mit ihrer der Beklagten am 19.05.2015 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Betrages in Höhe von 131.042,80 € nebst jeweils anteiliger Zinsen geltend gemacht. Sie hat behauptet, eine zeitliche Begrenzung des Vertrages vom 25.05.2012 sei nicht vereinbart worden. Die von ihr angebotenen und abgerechneten Leistungen habe sie tatsächlich erbracht. Da sich die Eröffnung des Flughafens ... immer wieder verzögert habe, seien auch ihre Leistungen immer wieder fortzuschreiben bzw. anzupassen gewesen. Insbesondere sei die Beklagte ihrerseits von einer Leistungszeit bis zum 31.10.2014 ausgegangen. Die offizielle Beendigung für ihre SiGeKo-Leistungen sei zum 30.04.2014 erfolgt. Mit dem Personalleiter der Beklagten sie sie übereingekommen, dass ihre SiGeKo-Tätigkeit an den Nachfolger zu übergeben sei. Hierfür seien die abgerechneten Stunden angefallen.
Nachdem die Beklagte die Abrechnung nach Stunden abgelehnt habe, rechne sie nunmehr teilweise auf der Basis von Einzelnachweisen ab, was sie zu einem Stundensatz von 80,00 € berechtige.
Die Beklagte ist der Berechtigung der klägerischen Forderungen entgegengetreten und hat sich hierbei auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Vergaberechts berufen. Zudem hat die Beklagte die Hilfsaufrechnung in Höhe von 143.254,58 € mit einer Rückzahlungsforderung erklärt, die aus der Vereinbarung vom 05.09./07.09.2012 resultiere.
Das Landgericht hat die Klage mit einem der Klägerin am 02.01.2018 zugestellten Urteil insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die gegenständlichen Vertragsverhältnisse würden eine bewusste Umgehung des Vergaberechts darstellen. Demgemäß seien sie wegen des vorsätzlichen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Gesetzes über Wettbewerbsbedingungen (GWB) und der Sektorenverordnung nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig. Ein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB sei dann gegeben, wenn der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handle und überdies mit dem Auftraggeber kollusiv zusammenwirke. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Die Beklagte als öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB und nach § 99 GWB habe die Verpflichtung, Aufträge mit einem bestimmten Schwellenwert auf der Grundlage der vorgenannten Vorschriften zu beschaffen bzw. auszuschreiben. Der Schwellenwert nach § 2 Abs. 7 Sektorenverordnung (2009) für Teilleistungen von 80.000 € sei hier überschritten worden. Bereits nach dem Angebot vom 25.05.2012 betrage die angebotene Leistung der Klägerin 272.500 €. Der Nachtragsauftrag vom 03.05.2013 verhalte sich über insgesamt 300.334,50 €. Ein Ausnahmetatbestand zur europaweiten Ausschreibung gemäß § 6 Abs. 2 Sektorenverordnung sei nicht gegeben. Demgemäß sei die Vergabe an die Klägerin vergaberechtswidrig. Unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Saarbrücken (Urt. v. 17.08.2016, Az.: 1 U 159/14) sei Sittenwidrigkeit dann anzunehmen, wenn durch die Geschäfte Dritte gefährdet oder geschädigt würden oder sie im krassen Widerspruch zum Gemeinwohl stünden. Dies sei gegeben, wenn potenziell andere Anbieter keine Möglichkeit gehabt hätten, sich im Rahmen des fairen Wettbewerbs um den Zuschlag zu bemühen und der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts gehandelt und der Vertragspartner hiervon Kenntnis gehabt habe. Die Beklagte habe dieses Wissen ihrer maßgeblichen Mitarbeiter unstreitig gestellt, indem sie selbst diese Sittenwidrigkeit und diese Umstände angesprochen und sich auf die Sittenwidrigkeit berufen habe. Aber auch der Klägerin seien diese Umstände bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus der E-Mail vom 29.01.2013 (Anlage B 10 GA II, 306), aus der hervorgehe, dass sie die Problematik gekannt, aber Gründe angegeben habe, weshalb ihrer Person in der freihändigen Vergabe der Vorzug zu geben sein solle. Dies gelte insbesondere für den Passus über das deutsche Arbeitsschutzregelwerk. In dem Schreiben komme deutlich zum Ausdruck, dass die Klägerin Kenntnis von dem Vergaberechtsverstoß der Beklagten gehabt habe. Eine Schädigungsabsicht oder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit bei der Klägerin seien nicht erforderlich. Auf die Vorschrift des § 242 BGB könne sich die Klägerin nicht berufen. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung sei bei § 138 BGB nicht anzuwenden. Ferner komme auch die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB zur Anwendung. Insofern bestehe eine Parallele zu den sogenannten Schwarzarbeit-Fällen. Da sich beide Parteien außerhalb der Rechtsordnung bewegen würden, seien diese nicht durch die Rechtsordnung zu schützen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 17.01.2018 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingelegten und am 13.03.2018 (innerhalb bis zum 18.03.2018 nachgelassener Frist) begründeten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Sie führt zur Begründung aus, der Vertrag über das Erstellen des bauzeitlichen Brandschutzkonzeptes (Rechnung (a...) vom 16.02.2014) sei nicht vergaberechtsrelevant, da der Auftragswert in Höhe von 16.600 € unterhalb der Schwellenwerte des § 2 Sektorenverordnung gelegen habe. Hinsichtlich des Vertrages betreffend die SiGeKo-Leistungen habe keine Verpflichtung zur europaweiten Bekanntmachung bestanden. Der Schwellenwert von 400.000 € netto, der sich aus der Festlegung in der Verordnung 1251/2011/EU vom 30.11.2011 ergebe, sei nicht erreicht. Gemäß § 2 Abs. 10 Sektorenverordnung (2009) sei der maßgebliche Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet worden sei, oder die sonstige Einleitung des Vergabeverfahrens. Weder das Angebot der Klägerin vom 25.05.2012 über 272.500 € noch der Nachtragsauftrag vom 03.05.2013 in Höhe von 300.334,50 € würden diesen Wert erreichen. Der Abrechnungsbetrag der Klägerin sei indes nicht maßgeblich. Zu Unrecht sei das Landgericht von einem Gesamtauftrag "Errichtung und Inbetriebnahme des Vorhabens B..." ausgegangen. Die Beklagte habe bei der Klägerin lediglich Dienstleistungen als Koordinatorin für Sicherheit und Gesundheit nachgefragt. Ein Leistungsverzeichnis habe nicht existiert, ebenso wenig ein sogenanntes Los der Gesamtbaumaßnahme. Sie habe lediglich die SiGeKo-Ingenieurleistungen für die in Rede stehenden Objekte beauftragen wollen. Um Generalplanung oder Objektüberwachung sei es nicht gegangen. Bei der Schätzung des Auftragswertes sei daher zu fragen, ob die Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweisen würden. Entscheidend sei daher, ob die einzelnen Abschnitte ohne die anderen keine sinnvollen Funktionen erfüllen könnten. Dies sei hier nicht der Fall. Die Aufgaben des Koordinators würden weder in wirtschaftlicher noch technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und funktionelle Kontinuität mit den Gesamtplanungsleistungen für die Errichtung des Flughafens ... aufweisen. Die Baustellenverordnung (Regelungen zu den Aufgaben des Koordinators) diene gemäß § 1 der wesentlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen. Eine funktionelle Kontinuität zwischen den Tätigkeiten des Generalplaners und des Koordinators würde nicht bestehen. Würden die fraglichen Dienstleistungen nicht dem Auftragnehmer der Bauleistungen zur Verfügung gestellt, sondern würden sie alleine dem öffentlichen Auftraggeber zugutekommen, sei § 2 Abs. 5 Sektorenverordnung (2009) nicht anzuwenden (VK Bund, Beschluss vom 01.06.2007, Az. VK 1-47/17). So läge der Fall auch hier, da die Tätigkeit des Koordinators allein der Beklagten zugutekäme. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 Baustellenverordnung verpflichte den Bauherrn oder den von ihm nach § 4 beauftragten Dritten. Die nach Baustellenverordnung erforderlichen Maßnahmen habe der Bauherr zu treffen. Die Beklagte als Bauherrin sei Empfängerin der Leistungen des Koordinators und nicht der Bauunternehmer. Demgemäß sei § 2 Abs. 5 Sektorenverordnung nicht anzuwenden und der Wert des Bauauftrags und der Wert der Leistungen des Koordinators nicht zu addieren. Zudem seien die Leistungen des Koordinators nicht für die Ausführung des Bauvorhabens Flughafen ... erforderlich, da dieses Bauvorhaben auch ohne diese Leistungen verwirklicht werden könne. Wenn Architektenleistungen nicht zwangsläufig Teil eines Bauauftrages seien (EuGH, Urteil vom 15.03.2012, Az.: C-574/10), dann erst recht nicht die Leistungen des Koordinators.
Das Landgericht habe auch die Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 3 und 4 Sektorenverordnung nicht richtig angewendet. Diese Vorschrift gelte nur für Beschaffungsvorhaben aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben werde. Eine losweise Vergabe sei hier nicht gegeben.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass nur wesentliche Vertragsänderungen einer erneuten Ausschreibung bedürfen würden (Pressetext-Entscheidung des EuGH, Urteil vom 19.06.2008, Az.: C-454/06). Die Heranziehung eines Nachunternehmers anstelle eines anderen Nachunternehmers stelle kein ausschlaggebendes Element für den Abschluss des Vertrages der Beklagten mit der p... da. Gehe es um eine Reduzierung von Leistung und Preis, sei grundsätzlich nicht von einer vergaberechtlichen Wesentlichkeit auszugehen. Dies ergebe sich mittlerweile aus § 132 Abs. 3 Satz 1 GWB. Eine Bekanntmachungspflicht aufgrund EU-Primärrecht (AEUV-Vertrag) oder Landesrecht sei ebenfalls nicht gegeben. Ein Interesse an einer grenzüberschreitenden Vergabe sei nicht gegeben. Aus § 112 Absatz 3 LHO Brandenburg ergebe sich, dass auf die Beklagte die Ausschreibungspflicht nach § 55 LHO nicht anwendbar sei. Auch das brandenburgische Vergabegesetz vom 21.09.2011 enthalte keine Verpflichtung der Beklagten zur Bekanntmachung eines Auftrags. Die Vergabe ohne EU-Bekanntmachung sei zulässig gewesen. Die Ausnahmeregel des § 6 Abs. 2 Nr. 4 Sektorenverordnung sei einschlägig gewesen. Die stichhaltigen Belege für diese Ausnahme ergäben sich aus dem Entwurf des Vergabevermerks der Beklagten vom 17.07.2012 auf den Seiten 2-6 in den Ziffern 2.1-2.2 (Blatt 536-543 der Akte).
Demgemäß bestehe auch ein Anspruch auf Vorlage des endgültigen Vergabevermerks gemäß § 142 ZPO, wonach die Ausführungen in dem Entwurf bestätigt worden seien. Die äußerste Dringlichkeit der Beauftragung ergebe sich aus der E-Mail des Mitarbeiters der Beklagten Herrn S... an Herrn Z... vom 01.03.2013 unter Bezugnahme auf die drohende Nichtvorlage des Brandschutzkonzeptes (E-Mail v. 07.02.2015; GA III, 548-549). Aus dem Vergabevermerk vom 01.02.2013 ergebe sich die Vergabe des Brandschutzkonzeptes für die Bauphase (Bf 4; GA III, 550 ff.). Eine Unwirksamkeit des Vertrages gemäß § 138 BGB sei nicht gegeben. Die Beklagte habe noch nicht einmal ansatzweise dargelegt, welcher Mitarbeiter der Beklagten zu welchem Zeitpunkt aufgrund welcher vergaberechtlichen Überlegungen die Auffassung vertreten haben soll, eine EU-Bekanntmachung der Beauftragung mit den Leistungen des Koordinators sei erforderlich gewesen. Insbesondere sei die Auffassung des Landgerichts nicht haltbar, dass die maßgeblichen Mitarbeiter Kenntnis von irgendwelchen Vergaberechtsverstößen gehabt hätten. Es sei noch nicht einmal zu ersehen, zu welchem Zeitpunkt vor dem Zuschlag an die Klägerin am 29.05.2012 von einer Sittenwidrigkeit ausgegangen sei. Die Mitarbeiter der Beklagten, die den Entwurf des Vergabevermerks vom 17.07.2012 erstellt hätten, hätten jedenfalls diese Kenntnis nicht gehabt. Eine Kehrtwendung in ihrer Vergabedokumentation hätte die Beklagte hinreichend begründen müssen. Die Dokumentation müsse so erstellt werden, dass der Auftraggeber jederzeit in der Lage sei, eine infrage gestellte Entscheidung oder Maßnahme allein mithilfe des Vergabevermerks zu rechtfertigen (OLG Celle, Beschl. v. 12.05.2016, Az.: 13 Verg 10/15).
Der prozessuale Vortrag der Beklagten lasse sich auch nicht mit dem Entwurf des Vergabevermerks vom 17.07.2012 in Einklang bringen. In diesem Vergabevermerk sei detailliert ausgeführt worden, warum sie berechtigt gewesen sei, ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 Sektorenverordnung durchzuführen. Zudem hätte ein weiterer Mitarbeiter, wie es sich aus der Mailkorrespondenz an den damaligen Geschäftsführer H... M... vom 28.03.2013 und 27.06.2013 ergebe, die Auffassung vertreten, dass die weiterführenden Leistungen der Koordinatorin ohne Wettbewerb als Nachtragsleistungen hätten ausgeführt werden können.
Es könne nicht unterstellt werden, dass ein öffentlicher Auftraggeber prinzipiell gegen das Vergaberecht verstieße (E-Mail Bf 5; GA III 554-555 der Akte). Vielmehr liege hier ein widersprüchliches Verhalten vor. Der Sachverhalt, den das OLG Saarbrücken zu entscheiden gehabt habe (o.g. Urteil vom 17.08.2016), sei mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar. Ein kollusives Zusammenwirken habe es nicht gegeben. Allein ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur EU-Bekanntmachung rechtfertige nicht das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit. Aus der Mail der Klägerin vom 29.01.2013 lasse sich nicht herleiten, sie habe bewusst gemeinsam mit der Beklagten versucht, das Vergaberecht zu umgehen. In der vorgenannten E-Mail sei die Rede von einer freihändigen Vergabe gewesen. Die freihändige Vergabe sei in dem Jahr 2012 ein in § 3 Abs. 1 Satz 3 VOL/A rechtlich anerkanntes Vergabeverfahren für den Unterschwellenbereich gewesen. Freihändige Vergaben könnten sowohl mit als auch ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden. Aus der E-Mail der Klägerin vom 29.01.2013 könne allenfalls entnommen werden, dass für die Tätigkeit des Koordinators kein eindeutiges europaweites Interesse bestanden habe. Zudem sei die E-Mail wegen des Zeitpunkts ihres Versendens nach Beginn des Vergabeverfahrens auch nicht relevant.
Auch für das bauzeitliche Brandschutzkonzept sei die Vergabedokumentation vorzulegen. Damit könne die Tatsache bewiesen werden, dass sich die Beklagte nicht bewusst und gewollt über das Vergaberecht habe hinwegsetzen wollen. Daraus ergebe sich auch, dass beide Leistungen der Klägerin nicht Teil eines mehrere Millionen umfassenden Gesamtplanungs- und Objektüberwachungsauftrags gewesen seien. Die Vergabedokumente im Sinne von § 32 Abs. 1 Sektorenverordnung würden keine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse darstellen. Um ein transparentes Vergabeverfahren zu gewährleisten und etwaige Manipulationsmöglichkeiten vorzubeugen, sei es geboten, den öffentlichen Auftraggeber am Inhalt seines Vergabevermerks festzuhalten (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.08.2013, Az.: Verg 46/03). Für das Brandschutzkonzept Bauphase habe die Beklagte den Auftragswert in ihrem Vergabevermerk vom 01.01.2013 mit 32.500 € netto geschätzt. Die Anforderung zur Erstellung eines bauzeitlichen Brandschutzkonzept sei erst im Zuge der Bauausführung durch die Bauaufsicht gefordert worden. Dies habe mit dem ganzheitlichen Brandschutzkonzept, welches an die h... vergeben worden sei, nichts zu tun, zumal dieses auch zeitlich danach erfolgt sei. Maßgeblich für die Kostenschätzung sei gemäß §§ 3 Abs. 1 S. 1, 1 Abs. 1 Vergabeverordnung von der geschätzten Gesamtvergütung ohne Mehrwertsteuer für die vorgesehene Leistung auszugehen. Daraus ergebe sich ein Wert, der sich nach dem Entgelt bestimme, welches der Auftragnehmer vom Auftraggeber für die Ausführung des Auftrags erhalten solle. Die Beklagte habe im Übrigen auf Seite 7 ihrer Berufungserwiderung die Aufgabe des übergeordneten Koordinators für Sicherheit und Gesundheit wie folgt beschrieben: Der übergeordnete Koordinator D... habe wiederum die Aufgabe der Koordination aller übrigen Koordinatoren auf dem Baufeld und insbesondere auch innerhalb des Terminalgebäudes durchzuführen. Die Beklagte habe die Klägerin nicht mit dieser Leistung beauftragen wollen. Es habe hier lediglich für das Teilprojekt Hochbau eine Beauftragung der Klägerin erfolgen sollen. Es werde ausdrücklich bestritten, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen lediglich ein untergeordneter Teil der insgesamt erbrachten Leistungen gewesen sein sollen. Anhaltspunkte hierfür würden sich nicht finden lassen. Ein Leistungsverzeichnis zu einer EU-weiten Bauausschreibung, die die Koordinatorenleistungen umfassen würden, existiere nicht.
Die Beklagte habe im Übrigen auch nicht dargelegt, welcher ihrer Mitarbeiter wann bei welcher Gelegenheit mit welchen Ausführungen erklärt haben solle, ihnen sei eine Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung zwar bekannt, jedoch solle der Auftrag an die Klägerin ohne eine EU-weite Ausschreibung vergeben werden. Die Benennung des Zeugen B... als Zeugen für die vermeintlich positive Kenntnis davon, dass eine freihändige de-facto-Vergabe nicht zulässig gewesen sei, sei unerheblich. Unter Beweisangebot (GA III, 709) hätten die Mitarbeiter nicht bewusst das Vergaberecht umgehen wollen.
Hinsichtlich der geltend gemachten Anspruchshöhe habe sie insgesamt schlüssig vorgetragen. Es sei eine Gesamtpauschale zu errichten gewesen, zu der die berechtigten Nachträge hinzuzusetzen gewesen seien.
Auch für die SiGeKo-Übergabe an ihren Nachfolger bei der Beklagten seien die entsprechenden Stunden, die sie berechnet habe, angefallen und von der Beklagten zu vergüten.
Die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung greife nicht durch. Sie, die Klägerin, habe alle erforderlichen Unterlagen für die Durchführung des aus der Anlage B 12 ersichtlichen Vertrages an die Sekretärin des Leitungsmitarbeiters N... der Beklagten am 07.09.2012 übergeben. Dies ergebe sich insbesondere aus der dokumentierten E-Mail-Korrespondenz zwischen Ende August und Anfang September 2012. Jedenfalls sei das Verhalten des Beklagten hierzu als treuwidrig zu bezeichnen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung (4 O 167/14) die Beklagte zur Zahlung von 131.042,80 nebst anteiliger Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.900,00 € seit dem 25.05.2013, aus 2.975,00 € seit dem 12.07.2013, aus 2.975,00 € seit dem 12.07.2013 aus 29.750,00 € seit dem 30.08.2013 aus 29.750,00 € seit dem 18.10.2013, aus 16.660,00 € seit dem 15.03.2014 und aus 37.032,80 € seit dem 18.04.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung, Vertiefung und Erweiterung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die landgerichtliche Entscheidung. Im Wesentlichen macht sie Folgendes geltend:
Die Klägerin habe erstmals im Berufungsverfahren offensichtlich rechtswidrig erlangte Unterlagen wie die (zudem nicht unterschriebenen) Entwürfe zu den Vergabevermerken in den Prozess eingeführt. Diese seien daher nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen seien diese neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es sei nämlich ausnahmslos der Nachlässigkeit der Klägerin geschuldet, dass sie diese erst jetzt eingeführt habe.
Ungeachtet dessen wäre auch unter Berücksichtigung des verspäteten Vortrages das landgerichtliche Urteil zutreffend. Zunächst sei davon auszugehen, dass die voraussichtliche Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Sektorenverordnung weit über die von Klägerin und Landgericht angenommenen Werte von 80.000 bzw. 400.000 € hinausgehe. Bei der Schätzung des Auftragswertes gemäß § 2 Abs. 7 Sektorenverordnung sei von der voraussichtlichen Gesamtvergütung für die gesamte vorgesehene Leistung auszugehen, was nichts anderes bedeute, als dass alle Leistungen der Koordinatoren für Sicherheit und Gesundheit für das Projekt Flughafen ... bzw. alle Leistungen für das Brandschutzkonzept zu berücksichtigen gewesen seien. Dies sei jedoch nicht nur in die Zukunft gerichtet, sondern auch rückwirkend. Als übergeordneter SiGeKo sei bereits im Januar 2007 im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung durch Erteilung des Zuschlags die P... GmbH (nachfolgend D...) beauftragt worden. Diese Leistungen seien auf der Baustelle des Flughafens ... so konstruiert gewesen, dass die notwendigen Leistungen in den nach europaweiter Ausschreibung vertraglich beim Generalplaner p... gebundenen Leistungsphasen 1-7 der HOAI enthalten gewesen seien. Sie habe auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, zu Beginn der ersten Beschaffungsmaßnahme das Freiloskontingent festzulegen. Eine spätere Inanspruchnahme von Freiloskontingenten sei daher nicht mehr möglich gewesen. Aus dem nunmehr im Berufungsverfahren vorgelegten Vertrag mit der P... GmbH aus der Ausschreibung im Jahre 2006 sei zu entnehmen, dass der Schwellenwert von 400.000 überschritten worden sei (vergleiche insoweit Vertrag über die Ausführung von übergeordneten Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinationsleistungen: BB 1; GA III 609 ff.).
Der von der Klägerin vorgelegte Entwurf des Vergabevermerks vom 17.07.2012 habe auch deshalb keinen Beweiswert, weil er Leerstellen enthalte und zudem nicht unterzeichnet sei. Es habe sich ganz offensichtlich um einen Entwurf gehandelt, der auf einer ersten Einschätzung nach Kündigung des Vertrages mit der p... im Mai 2012 beruht habe. Nachdem man sich jedoch intern näher mit dieser Thematik beschäftigt habe, sei man zu dem Schluss gekommen, dass die dort auf Entwurfsbasis verfassten Inhalte nicht zugetroffen hätten. Deswegen sei der Vermerk nie unterzeichnet worden. Grundlage sei ein Musterentwurf, der von externen Rechtsanwälten für die Rechtsabteilung der Beklagten erstellt worden sei. Dieser Musterentwurf aus dem Mai 2012 habe die Annahme enthalten, dass die bauliche Fertigstellung des Flughafen ... im Dezember 2012 erfolgen könne. Dies ergebe sich auch aus dem Textteil des Entwurfes. Die Annahme sei jedoch schon im Sommer 2012 zweifelhaft gewesen. Die Möglichkeit einer Fertigstellung des Flughafens ... im Dezember 2012 habe jedoch bereits im Herbst 2012 als nicht mehr realistisch angesehen werden können. Bei den an die Klägerin vergebenen Leistungen handele es sich nicht um einen von allen übrigen Planungs- und übrigen Koordination-Leistungen völlig losgelösten Einzelauftrag. Die übergeordnete Firma D... habe auch die untergeordneten Leistungen der Klägerin koordiniert. Zudem seien die Leistungen der Klägerin ursprünglich Gegenstand eines umfassenden Generalplanervertrages mit der p... gewesen. Dieser sei jedoch außerordentlich gekündigt worden. Die Klägerin übersehe, dass nach Beendigung des Generalplanervertrages mit der p... die Klägerin von der Nach- zur Hauptunternehmerin im Hinblick auf die Koordinatorenleistungen habe aufsteigen sollen. Eine Reduzierung von Leistung und Preis sei hier nicht dergestalt gegeben, dass eine Ausschreibungspflicht nicht vorgelegen habe. Es habe auch kein Ausnahmetatbestand vorgelegen, insbesondere nicht jener der Dringlichkeit gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 Sektorenverordnung. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift wäre lediglich ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung zulässig gewesen. Auch in diesem Fall hätte die Beklagte mindestens drei denkbare Auftragnehmer in Betracht ziehen und mit diesen verhandeln müssen. Dies sei jedoch unstreitig nicht erfolgt.
Darüber hinaus seien auch die übrigen Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nicht gegeben. Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung sei es nämlich zulässig, den Zuschlag nach Ablauf der Angebotsfrist von 52 Tagen zu erteilen. Es hätte allenfalls für diesen Zeitraum eine interimsweise Vergabe der dringend notwendigen Koordinatorenleistungen unmittelbar an die Klägerin erfolgen dürfen. Es erschließe sich nicht, wie mit der Anlage Bf3 der Klägerin (E-Mail des Projektsteuerers) der Nachweis der äußersten Dringlichkeit zu erbringen sei. Abgesehen davon sei die Einführung in den Prozess rechtswidrig. Gegenstand dieses Verfahrens könne lediglich eine Vergütung für die mit ihren Nachtragsangeboten der Beklagten angetragenen Leistungen seien. Die anderen Leistungen seien von ihr vollständig vergütet worden. Gegenstand des Rechtsstreits sei daher nicht die Vergütung, die der Klägerin für den mit den Anlagen K1 und K2 erteilten Auftrag zugestanden habe. Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Nachtragsleistungen im Jahr 2013 sei die Dringlichkeit nicht mehr gegeben gewesen. Allenfalls als Nachtragsleistungen der Klägerin sei es im Übrigen denkbar gewesen, die gegenständlichen Leistungen ohne europaweite Ausschreibung zu vergeben. Auch bei der als Anlage B5 vorgelegten E-Mail der Projektsteuerung an die Rechtsabteilung der Beklagten handele es sich um ein Geschäftsgeheimnis der Beklagten. Daher sei die Verwendung durch die Klägerin rechtswidrig. Die Klägerin habe nicht nur Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß der Beklagten gehabt, sondern sie habe ihn auch aktiv gefördert und sogar initiiert. Dies ergebe sich aus ihrer E-Mail vom 29.01.2013. Die E-Mail könne man nur so verstehen, dass sie die Beklagte dazu angestiftet habe, eine de-facto-Vergabe vorzunehmen, um sich nicht einem für sie lästigen Wettbewerb stellen zu müssen.
Auch die Leistungen zum Brandschutzkonzept seien solche, die europaweit hätten ausgeschrieben werden müssen. Bei den hier gegenständlichen Leistungen habe es sich nicht um einen Einzelauftrag gehandelt. Die Beklagte habe vielmehr mit Vertrag vom 08.12.2004 die h... GmbH mit Vertrag vom 08.12.2004 mit der Entwicklung eines einheitlichen Brandschutzkonzeptes für den Flughafen ... beauftragt. Dies ergebe sich aus der Leistungsbeschreibung (Anlage BB4 (GA III, 657 ff.). Aus der beigefügten Übersicht (Anlage BB5, GA 678 ff.) ergebe sich, dass allein bis Januar 2012 ein Nachtragsvolumen von ca. 1,7 Millionen € netto beauftragt worden sei. Im Übrigen seien die Ansprüche auch in zweiter Instanz nicht schlüssig begründet worden. Die Tatsache, dass es den Entwurf eines Vergabevermerkes gebe, bedeute nicht, dass es solch eine finale und von der Beklagten unterzeichnete Fassung dieses Vermerks geben müsse.
Weiterhin erhält sie die hilfsweise Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe von 143.254,58 € aufrecht. Hierzu bestreitet sie, dass die Klägerin im September 2012 die in Ziffer 1.2. des Vertrages genannten Unterlagen vorgelegt habe. Die Unvollständigkeit der Unterlagen habe - wie sie mit Schriftsatz vom 05.05.2020 geltend macht - dazu geführt, dass die Geltendmachung ihrer Forderungen gegenüber der p... nicht möglich gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat die Berufungsrechtssache am 22.05.2019 mündlich verhandelt und sowohl im Termin als auch im Verkündungstermin am 19.06.2019 umfangreiche Hinweise erteilt und zunächst die Durchführung einer Beweisaufnahme zu folgenden drei Punkten angeordnet: Umstände der Vertragsgespräche zur Erweiterung des SiGeKo-Auftrags zwischen den Parteien im Juli 2013; Beauftragung der Klägerin mit einem bauzeitlichen Brandschutzkonzept und Übergabe der unter Ziffer 1.2 der Vereinbarung über die Einstiegshonorierung aufgeführten Unterlagen. Mit Beschluss vom 24.03.2021 hat der Senat den vorgenannten Beweisbeschluss aufgehoben und mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet. Schriftsätze im Sinne von § 128 Abs. 2 ZPO konnten nach jeweils verlängerter Frist bis zum 28.05.2021 (vgl. Beschl. v. 28.04.2021; GA V, 1177) eingereicht werden.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung durch das Landgericht und Fehler in der Rechtsanwendung. Sie macht mithin Berufungsgründe gem. § 513 Abs. 1 ZPO geltend.
II. In der Sache hat die Berufung teilweise, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, Erfolg. Sie führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils durch den Senat.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 94.010,00 €. Der Anspruch ist nach Maßgabe des Klageantrags gem. § 286 Abs. 1, 2 Nr. 2, 4 BGB mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht, so dass die Klage und mithin auch die Berufung insofern unbegründet sind. Hierzu im Einzelnen:
A. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zunächst einen Anspruch auf Zahlung von 11.900,00 € (Rechnungsnummer (b...) v. 12.05.2013) nebst geltend gemachter Zinsen. Der Anspruch folgt aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag vom 25.05./29.05.2012 in Höhe der Differenz der geschuldeten Monatspauschale und der bereits für den Monat April 2013 geleisteten Zahlung in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB.
1. Die Parteien haben unter dem 25.05./29.05.2012 einen Vertrag über die Tätigkeiten der Klägerin als SiGEKo-Beauftragte auf der Baustelle des Flughafens ... abgeschlossen.
a) Die Klägerin hat der Beklagten mit dem aus der Anlage K 1 ersichtlichen Schreiben vom 25.05.2012 ihre Leistungen als SiGeKo angeboten. Die Beklagte, die die Klägerin unstreitig zur Abgabe eines solchen Angebots aufgefordert hatte, hat dieses Angebot mit Schreiben vom 29.05.2012, das nochmals durch Schreiben vom 26.06.2012 (K 3) bestätigt worden war, angenommen. Dass das "abschließende Vertragswerk" noch nicht erstellt war, ändert daran nichts, da an der Verbindlichkeit der wechselseitigen Willenserklärungen kein Zweifel bestand (vgl. §§ 145, 147, 133 BGB). Im Übrigen nahm die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beklagte unstreitig (jedenfalls) ab Juni 2012 auf und die Beklagte nahm die SiGeKo-Leistungen der Klägerin unstreitig entgegen.
b) Der zwischen den Parteien abgeschlossene SiGeKo-Vertrag ist gem. § 611 Abs. 1 BGB als Dienstvertrag mit werkrechtlichen Elementen zu qualifizieren. Ein SiGeKo übernimmt Bauherrenaufgaben betreffend den Arbeitsschutz der auf der Baustelle Tätigen. Die Leistungspflichten ergeben sich aus der vertraglichen Vereinbarung in Verbindung mit den Regelungen der Baustellenverordnung, insbesondere mit § 3. Nach § 3 Abs. 1 BaustVO sind für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, ein oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen. Während der Ausführung des Bauvorhabens hat der Koordinator gem. § 3 Abs. 3 BaustVO die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des § 4 des Arbeitsschutzgesetzes zu koordinieren, darauf zu achten, dass die Arbeitgeber und die Unternehmer ohne Beschäftigte ihre Pflichten nach der BaustVO erfüllen und den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan bei erheblichen Änderungen in der Ausführung des Bauvorhabens anzupassen oder anpassen zu lassen. Er berät also den Bauherrn im Bereich seiner Zuständigkeiten. Nach altem Recht war die einhellige Rechtsauffassung, dass es sich hierbei um einen Dienstvertrag handele (vgl. hierzu insgesamt Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Komp. des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 11 Rn. 23, m.w.N.). Insbesondere die Fragen nach Haftung, Kündigung und Verjährung bestimmen sich dann im Grundsatz nach den §§ 611ff. BGB (Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. 2016, 3. Teil., § 17, Rn. 54). Dementsprechend findet für die Vergütung des SiGeKo die HOAI keine Anwendung (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, a.a.O.).
c) Der Vertrag ist wirksam zustandegekommen.
aa) Der Vertrag ist nicht wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, das die Beklagte im Streitfall in den Vorschriften des Vergaberechts sieht, gem. § 134 BGB nichtig. Das Vergaberecht verpflichtet öffentliche Auftraggeber, zu denen die Beklagte gem. § 99 GWB zählt, nicht aber private Unternehmen (BGH, Urt. v. 08.12.2020 - KZR 124/18, Rn. 16, juris). Die Vorschriften des Vergaberechts stellen nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, keine Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB dar, die zur Nichtigkeit des Vertrages führen (KG, Beschl. v. 19.04.2012 - Verg 7/11, Rn. 89, juris; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.02.2007 - 17 Verg 7/06, Tz. 96 m.w.N., juris). Maßgebend ist insoweit, dass das Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte verfahrensrechtliche Regelungen zur Verhinderung des vergaberechtswidrigen Zustandekommens von Verträgen vorsieht und den von Vergaberechtsverstößen Betroffenen primär einen Anspruch auf Korrektur im Vergabeverfahren und ggf. ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Weitergehende Sanktionen von Vergaberechtsverstößen fordert auch das Unionsrecht nicht (vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, Rn. 29 juris). Soweit das Vergabeverfahrensrecht Verstöße mit der Nichtigkeitsfolge sanktioniert, hat es dabei sein Bewenden (vgl. Nassall in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 134 BGB, Stand: 18.05.2020, Rn. 255).
bb) Entgegen der vom Landgericht geäußerten Rechtsauffassung verstieß der Vertragsschluss zwischen den Parteien auch nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB, dessen Voraussetzungen weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht erfüllt sind. Erforderlich ist für einen Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB, dass ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt. Ein solcher Sittenverstoß kann sich entweder bereits aus dem Inhalt oder erst aus dem Gesamtcharakter unter Berücksichtigung sowohl von Inhalt, Beweggrund und Zweck des konkreten Geschäfts ergeben (BeckOK BGB/Wendtland, 58. Ed. 1.5.2021 Rn. 19, BGB § 138 Rn. 19). Rechtsgeschäfte, die schon nach ihrem objektiven Inhalt sittlich-rechtlichen Grundsätzen widersprechen, sind ohne Rücksicht auf die Vorstellungen der das Rechtsgeschäft vornehmenden Personen nichtig (BGH, NJW 1985, 2405 [BGH 08.05.1985 - IVa ZR 138/83], beck-online). Abgesehen davon, dass für die Beantwortung der Frage eines sittenwidrigen Vertragsschlusses die vorgenannten Wertungen des Vergaberechts, die bereits zur Verneinung einer Nichtigkeit nach § 134 BGB herangezogen wurden, auch insoweit gelten, sind die vom Landgericht herangezogenen Entscheidungen des OLG Saarbrücken und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.12.2016 (4 U 77/14, juris) nicht einschlägig.
aaa) In der vom Landgericht angeführten Entscheidung des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts wies ein Vergabeverfahren mehrere Verstöße gegen Grundwerte und -prinzipien des einschlägigen Vergaberechts auf, die mit ihren Auswirkungen auf Dritte sowie die Allgemeinheit zur Sittenwidrigkeit des daraufhin abgeschlossenen Vertrages führten, weil sie ein solches Gewicht erreichten, das für den zugeschlagenen Vertrag die Nichtigkeitsfolge im Einzelfall zeitigte (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 16.12.2015 - 4 U 77/14, Rn. 39, juris). Um solche Verstöße geht es bei der zwischen den Parteien ohnehin umstrittenen Frage, ob für die beauftragten Leistungen der Klägerin überhaupt der Schwellenwert erreicht sei, nicht. Zu Recht beanstandet die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung, dass eine E-Mail aus dem Jahre 2013 für die sittenwidrige Absicht der Klägerin aus dem Jahre 2012 nicht herhalten kann. Auch insgesamt gibt es keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der Klägerin gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen haben könnte.
bbb) Nichts anderes folgt aus der eingehend von den Parteien diskutierten Entscheidung des OLG Saarbrücken. Nach der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken müssen besondere Umstände dahingehend vorliegen, dass der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handelt und er überdies mit dem Auftragnehmer kollusiv zusammenwirkt (Saarländisches Oberlandesgericht, Urt. v. 17.08.2016 - 1 U 159/14, Rn. 81, juris). Da sich § 138 BGB jedoch in erster Linie auf das - hier nicht zu beanstandende - Rechtsgeschäft und nicht auf das Handeln der Beteiligten oder die Umstände beim Abschluss des Rechtsgeschäfts bezieht, können die Umstände nur dann zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen, wenn sie diesem trotz indifferenten Inhalts ein sittenwidriges Gesamtgepräge geben (BGH, Urt. v. 17.10.2003 - V ZR 429/02 - NJW 2003, 3692, 3693 Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O.).
Solche Umstände sind im Streitfall allerdings offensichtlich nicht gegeben. Zu Unrecht ist das Landgericht in diesem Zusammenhang bereits davon ausgegangen, dass die Schwellenwerte überschritten worden seien. Weder sind die Kosten für den Flughafen ... insgesamt noch die des Planers heranzuziehen. Die Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung sind richtig. Die Tätigkeit des SiGeKo besteht in der Erfüllung originärer Bauherrnpflichten gegenüber den Bautätigen. Sie ist von den Planungsleistungen zu trennen. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Beklagte diese wohl ursprünglich auch mit den Planungsleistungen zusammen ausgeschrieben und vergeben hat.
Hier ist - was das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht getan hat - zudem zwischen einer freihändigen Vergabe mit und ohne Wettbewerb zu differenzieren. Aufgrund der gesamten Umstände war die freihändige Vergabe der SiGeKo-Leistungen ohne Wettbewerb jedenfalls zum Zeitpunkt Mai 2012 nicht zu beanstanden. Hierfür spricht bereits der Umstand der (außerordentlichen) Kündigung des Planers durch die Beklagte. Eine erneute Ausschreibung der Leistungen des SiGeKo hätte einen sofortigen Baustopp nach sich gezogen. Auch hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass etwa für den Nachfolger der Klägerin (Herr I...) ein Vergabeverfahren durchgeführt worden sei und dass insoweit Unterschiede zur Auftragsvergabe an die Klägerin bestanden hätten. Auf die weiteren Tätigkeiten der anderen Sicherheits-Koordinatoren, auf die sich die Beklagte bezieht, kommt es zur Bemessung des Schwellenwertes ebenfalls nicht an, denn diese haben nichts mit der Tätigkeit der Klägerin zu tun.
Gegen eine Sittenwidrigkeit im Sinne eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen der Klägerin und der auftragsvergebenden Beklagten spricht zudem der Entwurf des Vergabevermerks der Beklagten zur Ersatzvornahme der Leistungen "Koordination Sicherheit und Gesundheit" vom 17.07.2012 (Bf 1). Die Beklagte macht gegen dessen Verwertung ohne Erfolg geltend, dass es sich um ein Betriebsgeheimnis handele, denn es ist kein prozessualer Grund dafür gegeben, dass die Klägerin Kenntnisse, die sie in dem Zusammenhang ihrer Tätigkeit bei der Beklagten erlangt hat und die in tatsächlicher Hinsicht unstreitig sind, im Prozess nicht verwerten dürfte. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte, hinter der zwei Länder und der Bund als Gesellschafter stehen, insoweit selbst ein kollusives Verhalten attestieren will und sich in grobem Maße widersprüchlich verhält.
Das Gleiche gilt im Ergebnis für die von der Beklagten hierzu vorgebrachte Rechtsauffassung, wonach dieser (interne) Vergabevermerk überhaupt keine Rolle spielen solle, da es an einer finalen Version fehle. Darauf kommt es ebenfalls nicht an. Die Mitarbeiter der Beklagten, die den Vermerk gefertigt haben, haben darin ausführlich und sachlich begründet dargelegt, weshalb eine freihändigen Vergabe ohne Wettbewerb an die Klägerin möglich sei. Des Weiteren hatte die Beklagte eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Begutachtung beauftragt. Auch diese ist zu einem positiven Ergebnis gekommen. Inwieweit die Beklagte im Rahmen eines der größten Bauprojekte des Landes sittenwidrig gehandelt haben soll, erschließt sich dem Senat ebenso wenig, wie die dadurch zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, die Beklagte könne sich mit Erfolg auf ein eigenes vermeintlich sittenwidriges Verhalten berufen, um sich der Ansprüche zu entledigen. Ein solches Verhalten ist einem öffentlichen Auftraggeber, der besonderen Bindungen unterliegt, verwehrt.
Daher bedarf es auch der von der Klägerin ersuchten Vorlageverpflichtung bzgl. der Vergabedokumentation der Beklagten nach § 142 ZPO nicht, zumal nicht die Klägerin, sondern die Beklagte die Beweislast für die ihr günstige Tatsache des eigenen sittenwidrigen Verhaltens trägt.
2. Die Klägerin konnte nach den vertraglichen Abreden für den Monat April 2013 eine Pauschale von 25.000,00 € zzgl. MwSt beanspruchen.
Dies ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung in Verbindung mit § 315 Abs. 1 BGB.
a) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung kann die Klägerin für die von ihr zu beanspruchende Vergütungshöhe in Bezug auf ihre SiGeKo-Tätigkeit im April 2013 nicht auf den im Angebotsschreiben vom 25.05.2012 für April 2012 genannten Betrag in Höhe von 15.000 € verwiesen werden.
aa) Der Senat hat in diesem Zusammenhang bereits durchgreifende Zweifel daran, ob es sich bei den im Angebot vom 25.05.2012 genannten Pauschalwerten überhaupt um eine hinreichend konkrete Vereinbarung der klägerischen Vergütung für den jeweiligen Bezugszeitpunkt gehandelt hat. Die Klägerin hatte nämlich in dem genannten Angebotsschreiben in der Preisaufstellung lediglich stark gerundete und variierende Monatspauschalen für den Zeitraum Juni 2012 bis Juli 2013 aufgestellt. In den Pauschalen waren Nebenkosten enthalten und im Übrigen hatte die Klägerin ihren Aufwand unter Berücksichtigung des damaligen Planungsstandes zur Eröffnung des Flughafens ... monatlich grob geschätzt. Eine endgültige Honorarfestsetzung stand zu diesem Zeitpunkt auch aus der Sicht der Beklagten noch aus, denn das abschließende Vertragswerk sollte noch erstellt werden (vgl. Schreiben vom 29.05.2012; K 2). Allerdings wurde eine Grundverbindlichkeit der Beauftragung der Klägerin mit den SiGeKo-Tätigkeiten dadurch erzeugt, dass die Klägerin ihre Tätigkeit unbedingt "umgehend" aufnehmen solle (vgl. K 2). Auch die von der Klägerin vorgesehene Größenordnung des Honorars hat die Beklagte bereits durch das Schreiben vom 29.05.2012 bestätigt ("Es ist selbstverständlich, dass Sie bis zur abschließenden Fixierung des Vertragswerkes Honoraransprüche entsprechend Ihrem Angebotsschreiben erhalten"). Statt eines Vertragswerkes blieb es dann allerdings bei der nochmaligen Bestätigung ausweislich der Anlage K 3. Aufgrund dessen wurde im Mai 2012 bei sachgerechtem Verständnis der Vertragserklärungen der Parteien eine Vergütungsvereinbarung lediglich der Größenordnung nach auf der Grundlage der Kalkulation der Klägerin getroffen. Die konkrete Ausgestaltung sollte dann durch eine entsprechende Rechnungslegung der Klägerin erfolgen. Hierfür spricht - wie bereits dargelegt - insbesondere auch der Inhalt des Bestätigungsschreibens der Beklagten vom 26.06.2012 (K 3).
bb) Da es zwischen den Parteien ein "abschließendes Vertragswerk" auch in der Folge nicht gegeben hat, ergibt sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, nach welchen Grundsätzen die Klägerin für ihre SiGEKo-Tätigkeit zu vergüten sein sollte, wenn sich auf der Baustelle des Flughafens ... Verzögerungen ergeben würden, die die Kalkulationen der Klägerin aus dem Angebotsschreiben obsolet werden ließen. Für die Beklagte war bei Annahme des klägerischen Angebots vom 25.05.2012 ersichtlich, dass die Klägerin ihre Kalkulation unter der Annahme einer Betriebsaufnahme des Flughafens ... im Frühjahr 2013 erstellt hatte. Dies ist insbesondere daraus ersichtlich, dass die Klägerin ihre Honorarkalkulation mit Blick auf den Zeitpunkt der präsumtiven Inbetriebnahme des Flughafens im Juni 2013 ab April 2013 kontinuierlich verringert hatte, weil sie offensichtlich im Mai 2012 (noch) davon ausging, dass die zu leistenden Koordinierungsangaben abnähmen. Der nämliche Baufortschritt des Flughafens ... wurde dadurch für beide Vertragsparteien zur ersichtlichen und auch maßgeblichen Geschäftsgrundlage. Für den zunächst in Rede stehenden Monat April 2013 war eine kalkulationsentsprechende SiGeKo-Tätigkeit der Klägerin nicht mehr möglich, weil der ursprünglich avisierte Betriebsstart des Flughafens ... im Juni 2013 sich offensichtlich um zumindest (zunächst) mehrere Monate verzögern würde. Hierbei handelt es sich um eine von den Parteien im Rahmen der Korrespondenz im Mai/Juni 2012 nicht berücksichtigte Vertragslücke.
b) Die ergänzende Vertragsauslegung führt zu einem einseitigen Bestimmungsrecht der Klägerin, das sie mit dem aus der Anlage K 8 ersichtlichen Nachtragsangebot 02 und der darauf beruhenden Rechnungen, die Gegenstand der Klageforderung sind, angemessen im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ausgeübt hat.
aa) Haben die Parteien eines Vertrages einen Punkt übersehen oder ihn offengelassen, weil sie - aus welchen Gründen auch immer - eine Regelung dieses Punkts für nicht erforderlich hielten, ist diese Lücke vorrangig durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen (BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 43). Bei der für die Schließung einer Vertragslücke maßgeblichen objektiven Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens ist in erster Linie an den schon vorhandenen Vertragsinhalt anzuknüpfen. Die bereits in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung, die sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten ergeben muss, so dass das Ergebnis ohne sie in offensichtlichem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages tatsächlich Vereinbarten stehen würde (vgl. BeckOK BGB/Wendtland, 56. Ed. 01.11.2020, BGB § 157 Rn. 40 m.w.N aus der Rspr. des BGH). Bei einer erforderlichen Ergänzung des Vertragsinhalts ist darauf abzustellen, was die Parteien nach angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte unter Anknüpfung an die im Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bedacht hätten (BeckOK BGB/Wendtland, 56. Ed. 1.11.2020 Rn. 41, BGB § 157 Rn. 41). Die ergänzende Auslegung ist als Teil der rechtlichen Würdigung vom Richter selbst durchzuführen, der die für die Auslegung bedeutsamen Tatsachen klären kann (BGH, Urt. v. 14.03.2017 - XI ZR 508/15, NJW-RR 2017, 942 Rn. 27).
bb) Die ergänzende Vertragsauslegung führt dazu, dass der Klägerin bei einer verzögerten Inbetriebnahme des Flughafens ... unter Fortsetzung ihrer SiGeKo-Tätigkeit im April 2013 ein einseitiges Bestimmungsrecht für das ihr zustehende Honorar im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB zustehen sollte, dessen Höhe unter Fortschreibung der im Angebot vom 25.05.2012 genannten Vergütungen ihr oblegen hat.
aaa) Das Recht zur Leistungsbestimmung nach § 315 BGB setzt voraus, dass ein Vertrag zustande gekommen ist und sich die Vertragsschließenden darüber einig sind, dass die Leistungsbestimmung einseitig erfolgen soll (BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 41). § 315 Abs. 1 BGB setzt für seine Anwendbarkeit eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Vertragspartei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann (BGH, Urt. v. 25.11.2015 - VIII ZR 360/14, NJW 2016, 936 Rn. 20). Dementsprechend ist auch Voraussetzung für eine Überprüfung der Preisgestaltung nach § 315 Abs. 3 BGB stets, dass der Bestimmungsberechtigte die Leistung einseitig bestimmen darf und ihm hierbei ein gewisser Ermessensspielraum zustehen soll (BGH, a.a.O.). Grundlagen der ergänzenden Vertragsauslegung kommen auch bei § 315 Abs. 1 BGB zur Anwendung (BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 43).
bbb) Hätten die Parteien die Entwicklung des Flughafens ... und die fortlaufende Beauftragung der Klägerin bei Vertragsschluss im Mai 2012 bedacht und hätten sie für diesen Fall eine ausdrückliche Regelung treffen wollen, so hätten sie unter Berücksichtigung der beidseitigen Interessenlage und einer vernünftigen, für beide Seiten sachgerechten Vertragsgestaltung der Klägerin zugestanden, unter Berücksichtigung der Baufortschritts auf dem Flughafen ... einseitig die monatlichen Pauschalen - auf der Grundlage der im Angebotsschreiben enthaltenen Kalkulationen - ihrem tatsächlichen Aufwand entsprechend anzupassen und fortzuschreiben. Dieser hypothetische Parteiwille ergibt sich schon retrospektiv aus dem Umstand, dass ein solches Vorgehen in den Vormonaten vertraglich praktiziert wurde, was bereits auf der Grundlage der unstreitigen Tatsachen feststeht. Die Klägerin hat danach stets Monatspauschalen in Rechnung gestellt, die zunächst in dem Umfang, wie sie im Angebot vom 25.05.2012 vorgesehen waren, auch beanstandungsfrei von der Beklagten beglichen wurde. Die Vergütung auf der Basis pro Monat wurde für die erste Rechnung (Juni 2012) sogar ausdrücklich von der Beklagten erbeten (vgl. K 3). Als sich abzeichnete, dass die Beklagte den avisierten Eröffnungstermin nicht würde halten können, hat sich die Klägerin zunächst mit ihrem Nachtragsangebot 01 vom 22.02.2013 (GA I, 19) an die Beklagte gewandt und dargelegt, dass und weshalb die ursprüngliche Kostenpauschale gegenwärtig und zukünftig entsprechend ihrem Aufwand zu modifizieren sei. Über die Anpassung der darin vorgeschlagenen Pauschalen wurde dann auch für die Monate November 2012, Dezember 2012 und Januar 2013 unstreitig Einigkeit erzielt und ausdrücklich festgeschrieben. Unter dem 08.04.2013 (K 8) hat die Klägerin das Nachtragsangebot 02 unterbreitet, in dem die höheren Pauschalen u.a. für den hier in Rede stehenden Monat April 2013 und weitere Pauschalüberlegungen bis August 2013 enthalten waren. Diese wurden von den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten nicht beanstandet. Auch wurden insoweit für den Monat April 90 % des Rechnungsbetrags beglichen und eine Kürzung um 10 % wurde nur deshalb vorgenommen, weil seitens der Beklagten eine endgültige vertragliche Bestätigung noch nicht schriftlich vorlag.
Für eine anderslautende Vergütungsabrede bestehen keinerlei greifbare Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass die Klägerin in ihren Angeboten selbst hin und wieder einzelne Positionen angeführt und im Ausgangsangebot auch für Sonn- und Feiertagsarbeit einen anderen Preis kalkuliert hat, führt weder zu der Annahme, dass nach konkretem Aufwand stundengenau abzurechnen gewesen wäre, noch dazu, dass überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen worden sein soll und allenfalls die übliche Vergütung geschuldet gewesen wäre.
Gegen die Rechtsauffassung der Beklagten spricht zudem sehr deutlich, dass es nach Vorstellung beider Parteien im Mai 2012 für die Höhe des an die Klägerin zu zahlenden Honorars - zwar pauschaliert, aber doch zumindest grob - auf den von ihr geschätzten Personalaufwand unter Berücksichtigung des Baufortschritts des Flughafens ... ankommen sollte. Maßgeblich war danach nicht eine allgemein übliche Vergütung, für die es angesichts der Einzigartigkeit des zu koordinierenden Projektes in der zudem politisch brisanten Situation des bereits zum Vertragsschlusszeitpunkt offensichtlich verzögerten (ersten) Eröffnungstermins für den Flughafen ..., ohnehin kaum eine Vergleichsmöglichkeit gab, sondern eine individuell ausgestaltete Vergütung für eine hochspezialisierte Tätigkeit, die erhebliche Vorkenntnisse erforderte. Der Klägerin kam es auch aus der Sicht des verobjektivierten Empfängerhorizonts bei der Beklagten auch bei all ihren folgenden Honorarvorschlägen stets darauf an, dass die Vergütung zwar pauschal "glattgezogen", also möglichst unbürokratisch gehandhabt wird, der anfallende Aufwand aber stets in Bezug auf den Baufortschritt am Flughafen ... zu bemessen ist.
Der Rechtsauffassung der Beklagten ist auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz vom 02.06.2021, die sich auf eine E-Mail der Klägerin vom 11.05.2021 beziehen, mit der die Klägerin (persönlich) dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag entgegengetreten ist, zu folgen. Insoweit kann dahinstehen, ob dieser Vortrag, der nach dem vom Senat festgesetzten Termin, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung gem. § 128 Abs. 2 ZPO entspricht, prozessual zu berücksichtigen ist und Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt. Denn auch eine etwaig anderslautende Rechtsauffassung, die die Klägerin nunmehr in ihrer E-Mail 11.05.2021 (BB 9; GA V, 1196 f.) zum Ausdruck bringen will, und wonach sie ggf. höhere Stundensätze abrechnen kann, stellt nur eine nachträgliche, fast 9 Jahre spätere Betrachtung dar, die ganz offensichtlich vom zu erzielenden Ergebnis einer nachweisgebundenen Abrechnung getragen ist. Das Gleiche gilt für die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 09.06.2021, die auf die E-Mail der Klägerin vom 07.06.2021 (BB10) verweisen.
cc) Das gem. § 315 Abs. 1 BGB auszuübende Ermessen hat die Klägerin zutreffend ausgeübt.
aaa) Die Bestimmung der Leistung im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ist gegenüber dem anderen Vertragspartner zu erklären. Die Erklärung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung mit rechtsgestaltendem Charakter. Sie unterliegt den allgemeinen Vorschriften zum Zugang und der Wirksamkeit von Willenserklärungen. Sie kann auch konkludent erfolgen, muss jedoch die geforderte Leistung genau angegeben. Sie bedarf keiner Begründung (vgl. BeckOGK/Netzer, a.a.O., § 315 Rn. 65, 66).
Diesen Anforderungen wird das Schreiben der Klägerin vom 08.04.2013 (K 8) gerecht. Hierin hat sie für den Monat April 2013 eine Vergütung von 25.000 € festgelegt.
bbb) Die Klägerin hat ihr Ermessen auf der Grundlage der vereinbarten Kriterien ausgeübt. Maßgeblich war demnach der anfallende SiGeKo-Aufwand, der sich maßgeblich nach dem Baufortschritt richtete. Bei der Festlegung auf den Betrag in Höhe von 25.000 € (netto) hat sich die Klägerin offensichtlich an den Beträgen aus dem Angebot vom 25.05.2012 orientiert, die sie für eine Koordinierung beim Vollbetrieb der Baustelle des Flughafens ... angesetzt hatte. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensausübung durch die Klägerin sind weder von der Beklagten aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Auf die späteren Konkretisierungen der Klägerin, mit denen sie ihre Leistungen weiter aufgeschlüsselt hat und die Gegenstand der Erörterungen im Rahmen der Baubesprechungen am 11.07.2013 und am 23.07.2013 waren, kommt es danach nicht an. Es bedurfte daher - entgegen der nach wie vor von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung - einer weiteren Sachaufklärung über die Absprachen der Parteien nach den Vorgaben des Senatsbeschlusses vom 19.06.2019 nicht, da der Inhalt der Gespräche im Juli 2013 für die im April 2013 zu zahlende Vergütung nicht maßgeblich sein konnte. Nichts anderes ergibt sich aus dem weiteren Sachvortrag der Parteien, den der Senat gewürdigt und insoweit berücksichtigt hat.
3. Die Forderung der Klägerin ist gem. § 614 S. 1 BGB fällig.
a) Die Klägerin hat ihre Dienste als SiGeKo des Flughafens ... im April 2013 unstreitig und unbeanstandet erbracht. Hierbei kommt es aufgrund der getroffenen pauschalen Vergütungsregelung nicht darauf an, welche Leistungen im Einzelnen der Abrechnung für diesen Monat zugrunde lagen.
b) Maßgeblich ist insoweit allein, dass die Beklagte die Koordinierungsleistungen der Klägerin, was auch immer die Klägerin und ihre Mitarbeiter im Einzelnen konkret gemacht haben mögen, unbeanstandet entgegengenommen hat.
4. Für den Monat April 2013 hat die Klägerin abzüglich bereits geleisteter Zahlungen einen Anspruch in Höhe von 11.900 €. Unter Berücksichtigung der USt i.H.v. 19 % ergab sich für April 2013 zunächst ein Gesamtanspruch in Höhe von 29.750,00 € (brutto). Hierauf hat die Beklagte unstreitig 17.800 € gezahlt, so dass ein Restanspruch in Höhe von 11.900 € resultiert.
Dieser Anspruch ist hier, wie auch im Folgenden nach § 286 Abs. 1, 2 Nr. 2, 4 BGB zu verzinsen. Die Beklagte befand sich ausweislich des in den Rechnungen der Klägerin genannten Zahlungsziels, das inhaltlich unstreitig ist, im Zahlungsverzug. Unstreitig ist auch die Verzugshöhe, die sich nach § 288 Abs. 2 BGB (a.F.) richtet.
B. Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.975,00 € (Rechnungsnummer (c...) v. 29.06.2013) nebst geltend gemachter Zinsen. Bei der vorgenannten Rechnungsnummer geht es um die noch ausstehenden Honorarforderungen für die SiGeKo-Leistungen der Klägerin im Monat Mai 2013. Auf der Grundlage der Ausführungen zu A., auf die uneingeschränkt verwiesen werden kann, besteht auch dieser Anspruch in voller Höhe. Die Bestimmung der Klägerin im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ist auch hier hinreichend in dem Nachtragsangebot 02 (K 8) zu sehen. Bei dieser Position kommt hinzu, dass die Beklagte an die Klägerin 90 % der für den Mai 2013 geltend gemachten Pauschale bereits unstreitig gezahlt hat und die letzten 10 % nur deshalb noch offen sind, weil eine "endgültige vertragliche Regelung" noch nicht getroffen werden konnte.
C. Darüber hinaus steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung weiterer 2.975,00 € (Rechnungsnummer (d...) v. 29.06.2013) nebst Zinsen zu. Auch dieser Anspruch besteht auf der Grundlage der vorangegangenen Ausführungen in voller Höhe. Maßgeblich ist auch insoweit die Vergütungsfestlegung der Klägerin vom 08.04.2013 (K 8). Auch für den Monat Juni 2013 hat die Beklagte bereits 90 % der bestehenden Forderung beglichen.
D. Auch ist ein Anspruch in Höhe von 29.750,00 € (Rechnungsnummer (e...) v. 18.08.2013) für den Monat Juli 2013 gegeben. Für den Senat ist insoweit kein Unterschied zu den Vormonaten erkennbar. Die Klägerin hat die Leistungen als SiGeKo erbracht und die Vergütung gem. § 315 Abs. 1 BGB im Nachtragsangebot vom 08.04.2013 (K 8) festgesetzt und die Beklagte hat die Leistungen in Anspruch genommen.
E. Ein weiterer Anspruch ergibt sich zugunsten der Klägerin in Höhe von 29.750,00 € (Rechnungsnummer (f...) v. 22.09.2013) nebst geltend gemachter Zinsen. Im August 2013 war die Klägerin noch in vollem Umfang als SiGeKo der Beklagten tätig. Ob Herr S... berechtigt war, gegenüber der Klägerin die Fortsetzung des SiGeKo-Vertrages über den 31.07.2013 hinaus zu verlängern (vgl. E-Mail v. 17.07.2013 K 15), kann im Ergebnis dahinstehen, denn unstreitig hat die Klägerin über den 31.07.2013 hinaus die Leistungen erbracht und die Beklagte diese Leistungen entgegengenommen. Ihr Beschäftigungsverhältnis als Bereichsleiterin der Beklagten begann erst zum 01.09.2013. Auch für den August 2013 war die Vergütungshöhe im Nachtragsangebot 02 vom 08.04.2013 bestimmt worden.
F. Schließlich steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 16.660,00 € (Rechnungsnummer (a...) v. 16.02.2014, K 6f) nebst Zinsen zu. Auch dieser Anspruch folgt aus einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag. Wirksamkeitsbedenken bestehen hier nach den vorgenannten Ausführungen unter A.1.c) ebenfalls nicht.
Bei dieser Position geht es um die Berechnung eines gesonderten bauzeitlichen Brandschutzkonzeptes und die von der Klägerin durchgeführten Sitzungen. Auch diese Position ist ohne Durchführung der von der Beklagten beantragten und auch bis zuletzt für richtig erachteten Beweisaufnahme in vollem Umfang berechtigt.
1. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass es eine Vereinbarung zwischen den Parteien gegeben habe, wonach sie hierfür gesondert auf der Grundlage der Anlagen K 31a und K 31b beauftragt worden sei. Ausgehend von 28 abgehaltenen Sitzungen seien insoweit 16.660 € (28x500 € zzgl. 19 %) berechtigt.
2. Die Beklagte hat die Beauftragung als solche nicht bestritten, sondern eine insoweit gesonderte Beauftragung ausdrücklich zugestanden (Schriftsatz vom 08.02.2016; GA I, 174).
3. Insoweit konnte sich die Beklagte zur Frage der vereinbarten Vertragsumstände, insbesondere zur Vergütungshöhe, nicht auf ein einfaches Bestreiten nach § 138 Abs. 3 ZPO (unter Hinweis auf eine fehlende Vertretungsmacht des Herrn H...) beschränken, zumal die Anlage K 31a durch Herrn H... und die Anlage K 31b durch Herrn S... unterschrieben ist. Die Beklagte trägt insoweit nicht einmal vor, dass die Unterschriften unrichtig seien, so dass ihr Bestreiten völlig in der Luft hängt. Zudem ist es völlig fernliegend, dass die Parteien - und das wäre die Konsequenz der Behauptung der Beklagten - trotz eines entsprechenden Angebots der Klägerin an die Leitungsebene vom 14.08.2012 (Hr. K... ppa.) hier die übliche Vergütung zugrundlegen wollen. Da die 28 Sitzungen unstreitig stattgefunden haben und zudem von der Klägerin durch Vorlage von 28 Brandschutzprotokollen der Anlage K 32 substanziiert worden sind, kann der Senat gem. § 287 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 ZPO die übliche Taxe auf 500 € (netto) pro Sitzung zu schätzen. Plausibilisiert wird diese Annahme von der Klägerin durch Vorlage des Vergabevermerks vom 01.02.2013 (Bf 4; GA III, 550), wonach für das Brandschutzkonzept auf der Grundlage des Angebots der Klägerin ein Betrag in Höhe von 32.500 € angesetzt wurde und aus dem sich ergibt, dass dem Grunde nach eine Beauftragung durch die Beklagte mit E-Mail v. 16.10.2012 bereits ergangen sei.
4. Ohne Erfolg macht die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend, die 28 Sitzungen seien nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte hat die Leistungen in Anspruch genommen, ihre Mitarbeiter waren bei allen Brandschutzsitzungen dabei. Sie hatte dadurch Kenntnis vom Wochenrhythmus der Besprechungen und hat diese weder unterbunden noch irgendwelche Beanstandungen hieran geäußert.
G. Weitergehende Ansprüche bestehen zugunsten der Klägerin indessen nicht. Insbesondere kann die Klägerin nicht weitere 37.032,80 € (Rechnungsnummer (g...) v. 21.03.2014, K 6g) beanspruchen. Mit der vorgenannten Rechnung hat die Klägerin weitere Nachträge bis einschließlich August 2013 geltend gemacht sowie Kosten für die Übergabe des SiGeKo an den Nachfolger abgerechnet.
Der Senat bleibt auch unter Berücksichtigung der klägerischen Ausführungen im Schriftsatz vom 26.05.2021 bei der im Beschluss vom 24.03.2021 hierzu geäußerten Rechtsauffassung.
1. Hinsichtlich der Abrechnungen bis einschließlich August 2013 hatte die Klägerin - wie bereits eingehend dargetan - ihr Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB ausgeübt. Für eine nochmalige (zweite) Nachberechnung gibt es keinen Anlass, zumal die Klägerin auch insoweit keine vertragliche Einigung behauptet, sondern lediglich eine (zudem bestrittene) Abstimmung auf Arbeitsebene.
2. Für September 2013 ist ein Anspruch ebenfalls nicht gegeben. Insoweit fehlt es an einer (auch konkludenten) Fortsetzung des Vertrags, denn durch die Anstellung der Klägerin bei der Beklagten als Bereichsleiterin und die arbeitsvertragliche Klausel zum Tätigkeitsverbot in § 9 (Bl. 59 d.A.), scheidet eine entgeltpflichtige Tätigkeit im Rahmen des SiGeKo insoweit aus. Zwar mögen hier Übergabetätigkeiten an den Nachfolger als SiGeKo A... I... in einem Aufwand, den die Klägerin nochmals im Schriftsatz vom 26.05.2021 auf 117 Stunden taxiert, stattgefunden haben. Diese Übergabetätigkeit war jedoch mit in die Übernahme der Klägerin aufgrund des Anstellungsvertrages vom 28.08.2013 eingepreist und die Klägerin hatte ihre Leistungen insoweit im Rahmen ihrer Anstellung bei der Beklagten erledigt.
H. Der Anspruch der Klägerin in Höhe von 94.010,00 € ist auch nicht durch eine Hilfsaufrechnung gem. §§ 389, 387 BGB erloschen. Die Aufrechnungsvoraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
1. Durch rechtsgestaltende Willenserklärung kann der (jeweilige) Schuldner nach den §§ 387, 389 BGB die wechselseitige Tilgung von gegenseitigen Forderungen bewirken (Erfüllungssurrogat der Aufrechnung).
2. Die Beklagte hat zwar gem. § 388 BGB mit der Klageerwiderung die Hilfsaufrechnung mit einem erststelligen Teilbetrag aus einer von ihr beanspruchten Gesamtforderung in Höhe von 143.254,58 € erklärt. Jedoch fehlt es im vorliegenden Fall an einer Aufrechnungslage. Die Aufrechnungslage setzt voraus, dass dem Schuldner einer erfüllbaren (Haupt-) Forderung eine gleichartige, voll wirksame, durchsetzbare und fällige (Gegen-)Forderung zusteht (vgl. BeckOK BGB/Dennhardt, 58. Ed. 01.05.2021, § 387). Entgegen der von ihr vertretenen Rechtsauffassung besteht zugunsten der Beklagten bereits keine Aufrechnungsforderung.
a) Die Beklagte hat ihre Hilfsaufrechnung zunächst darauf gestützt, dass die Klägerin auf der Grundlage der Vereinbarung über die Zahlung einer Einstiegshonorierung vom 05./07.09.2012 (B 12) eine Einstiegshonorierung in Höhe eines Gesamtbetrages in Höhe von 143.254,58 € erhalten habe, obwohl sie nicht bis zum 31.08.2012 die in Ziffer 1.2 genannten Unterlagen vollständig übergeben habe und deshalb gem. Ziffer 1.8 zur Rückzahlung verpflichtet sei. Die Argumentation der Beklagten greift jedoch hinsichtlich der Geltendmachung fehlender Unterlagen aus mehreren - jeweils für sich tragenden Überlegungen - nicht durch:
aa) Für den Senat ist bereits nicht feststellbar, dass die Klägerin etwaige Unterlagen an die Beklagte - bevor diese die Einstiegshonorierung an sie angewiesen hat - nicht ordnungsgemäß übergeben haben soll.
aaa) Die Klägerin hat die Umstände der Übergabe hinreichend substanziiert vorgetragen. Insbesondere im Schriftsatz vom 17.02.2020 hat sie im Einzelnen dargetan, wann an wen welche Unterlagen übergeben worden seien. Dies betrifft insbesondere die Abtretungserklärung, deren Erhalt die Beklagte in Abrede gestellt hat. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, dass sie die von ihr unterzeichnete Abtretungsvereinbarung am 07.09.2012 bei der Sekretärin des Mitarbeiters der Beklagten; O... N..., abgegeben habe. Die von der Beklagten unterzeichnete Abtretungserklärung sei mit Schreiben vom 06.09.2012 mit der Bitte um Gegenzeichnung an sie weitergereicht worden (Bf 7; GA IV, 905). Die darin enthaltene E-Mail-Korrespondenz zwischen der Klägerin und den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten vom 27.08.2012 bis 03.09.2012 (Bf 8; GA IV, 906 f.) stützt die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens. Auch die erstinstanzlich von der Beklagten vorgelegte Anlage B 11 (GA II, 310), die eine interne E-Mail der Beklagte enthält, bestätigt die Vollständigkeit der von der Klägerin übergebenen Unterlagen. Schließlich hat die Beklagte mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag der Anlage B 12 den Erhalt der Originalunterlagen bestätigt.
bbb) Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht hinreichend im Sinne von § 138 Abs. 2, 3 ZPO bestritten. Die Substantiierungslast des Bestreitenden hängt nach dieser Vorschrift grundsätzlich davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat: Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substanziieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen (BeckOK ZPO/von Selle, 39. Ed. 01.12.2020, § 138 Rn. 18). Dabei obliegt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, zunächst der darlegungsbelasteten Partei, ihr Vorbringen zu konkretisieren und zu detaillieren (statt vieler BGH, Urt. v. 03.02.1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404 f.). Je detaillierter ihr Vorbringen ist, desto höher sind die Substantiierungsanforderungen gem. § 138 Abs. 2 und 3 ZPO (BeckOK ZPO/von Selle, a.a.O.). Die erklärungsbelastete Partei hat daher - soll ihr Vortrag beachtlich sein - auf die Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich "substanziiert", d.h. mit näheren positiven Angaben, zu erwidern. Ein substanziiertes Vorbringen kann grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden (BGH, Urt. v. 21.07.2020 - II ZR 175/19, NZG 2020, 1149, Rn. 15). Gemessen daran ist das Bestreiten der Beklagten prozessual unerheblich. Erstinstanzlich hat sich die Beklagte lediglich pauschal darauf bezogen, dass Originale nicht vorgelegt worden seien und sie solche nicht mehr auffinde (vgl. etwa ab S. 13 des Schriftsatzes v. 05.07.2017 (GA II, 285 ff.). Aber auch im Schriftsatz vom 05.05.2020, der in Erwiderung des Vortrags der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 27.01.2020 ergangen ist, findet sich hierzu ein substanziierter Gegenvortrag der Beklagten insbesondere zu der im Kern unstreitigen E-Mail-Korrespondenz, nicht (vgl. ab S. 11 ff; GA V, 1023 ff.).
bb) Selbst wenn der Beklagten gegen die Klägerin ein Rückzahlungsanspruch nach Ziffer 1.8 des Vertrages vom 05./07.09.2012 zustehen sollte, weil ihr bestimmte Unterlagen nicht übergeben worden seien, steht einer Geltendmachung § 242 BGB entgegen, denn die Beklagte verhält sich insoweit widersprüchlich.
aaa) Die Rechtsordnung missbilligt widersprüchliches Verhalten einer Partei zwar im Grundsatz nicht. Eine Partei kann sich daher grundsätzlich auf die Nichtigkeit einer von ihr abgegebenen Erklärung berufen oder ein unter ihrer Beteiligung zu Stande gekommenes Rechtsgeschäft aus sonstigen Gründen angreifen. Widersprüchliches Verhalten ist gem. § 242 BGB jedoch dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, kann eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (vgl. hierzu insgesamt BGH, NJW-RR 2013, 757 [BGH 15.11.2012 - IX ZR 103/11] Rn. 12, m.w.N.).
bbb) Gemessen daran hat sich die Beklagte mit Blick auf die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung schon deshalb (grob) widersprüchlich verhalten, weil sie die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen eingehend geprüft und nach abgeschlossener Prüfung die Auszahlung des vertraglich vereinbarten Betrages veranlasst hat. Dies ergibt sich aus der zur Akte gereichten E-Mail-Korrespondenz der Anlage Bf 8 (GA IV, 915 f.), in der die Mitarbeiter der Beklagten den Erhalt der von der Klägerin übergebenen Unterlagen ebenso wie eine Prüfung bestätigt und anschließend den vereinbarten Betrag überwiesen haben. Insoweit ist es für den Senat prozessual nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass die Beklagte (der Staat), die die Vollständigkeit gegenüber der Klägerin nicht nur bestätigt hat, sondern die pauschal behauptete Unvollständigkeit der Unterlagen zu keinem Zeitpunkt initiativ gegenüber der Klägerin geltend gemacht hat, nunmehr mehrere Jahre später im Prozess, der völlig anders gelagerte Ansprüche der Klägerin betrifft, einführt, um sich ihrer berechtigten Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin zu entziehen.
b) Auch soweit die Beklagte im Laufe des Prozesses - nach hiesigem Verständnis erstmals ab S. 12 des Schriftsatzes vom 05.05.2020 (GA V, 1024 f.) ihren Vortrag dahingehend weiterentwickelt hat, dass Teile der abgetretenen Forderung uneinbringlich gewesen seien, rechtfertigt dies die geltend gemachte Rückzahlungsforderung nicht. Der dahingehende Vortrag einer fehlenden Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche gegenüber der p..., für den sie nach allgemeinen Grundätzen darlegungs- und beweispflichtig wäre, ist insoweit schon im Ansatz nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat weder dargetan, dass und wie sie versucht haben will, ihre Ansprüche gegenüber der p... geltend zu machen, noch, weshalb dies misslungen sei.
Insoweit genügte das einfache Bestreiten der Klägerin hierzu.
Im Übrigen wäre ein Anspruch der Beklagten gem. § 242 BGB ausgeschlossen, denn auch insoweit verhält sie sich widersprüchlich und kann trotz unbeanstandeter Erfüllung der Pflichten aus der Vereinbarung über die Zahlung einer Einstiegshonorierung vom 05./07.09.2012 sich nicht im Jahr 2020 in einem völlig andersgelagerten Prozess auf die Nichtdurchsetzbarkeit dieser Ansprüche berufen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, wobei vom Senat für die vorgenommene Kostenquotelung der unter V. angegebene Gebührenstreitwert für die jeweilige Instanz zugrundegelegt wurde. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV. Die Revision war durch den Senat - in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG - nicht zugelassen. Denn die vorliegende Rechtssache hat weder grundsätzliche - über den Streitfall hinausgehende - Bedeutung (für eine unbestimmte Vielzahl zu erwartender Streitigkeiten, in denen sich gleiche Fragen als klärungsbedürftig erweisen) noch erfordert die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Judikatur eine Befassung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht damit. Das Urteil des erkennenden Senates beruht im Wesentlichen auf der Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall und auf der Würdigung von dessen tatsächlichen Umständen. Divergenzen zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, die höchstrichterlich noch ungeklärte Fragen mit Relevanz für den Ausgang des hiesigen Streitfalles betreffen, sind nicht gegeben.
V. Der Gebührenstreitwert war für das erstinstanzliche Verfahren durch den Senat gem. § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG festzusetzen. Da erstinstanzlich keine Entscheidung in der Sache über die geltend gemachte Hilfsaufrechnung gem. § 45 Abs. 3 GKG ergangen ist, war insoweit die einfache Höhe des geltend gemachten Leistungsanspruchs in Höhe von 131.042,80 € anzusetzen. Bei der Bemessung des Gebührenstreitwerts für das Berufungsverfahren wirkte sich die vom Senat beschiedene Hilfsaufrechnung gerichtsgebührenerhöhend aus, und zwar in Höhe des mit der Hauptforderung zugesprochenen Betrags von 94.010,00. Hieraus ergibt sich somit ein Gebührenstreitwert von 225.052,80 €.
RechtsgebietBGBVorschriften§ 611 Abs. 1 BGB