Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 18.07.2022 · IWW-Abrufnummer 230284

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 16.05.2022 – 29 U 94/21

    1. Der Auftragnehmer eines nach dem 1.1.2018 geschlossenen, die Zielfindungsphase ausdrücklich aufnehmenden Architektenvertrages kann Honorar für darüber hinausgehende Leistungen nur unter der Voraussetzung beanspruchen, dass er die mindestens erforderlichen Ergebnisse jener Phase dem Auftraggeber zur Prüfung vorgelegt und hierzu eine klare Billigungserklärung erhalten hat.

    2. Mindestens erforderlich ist eine Kosteneinschätzung, die erkennen lässt, worauf sie sich bezieht und woraus sie hergeleitet ist.

    3. Eine formnichtige Kündigung des Architektenvertrages durch den Auftraggeber und die anschließende Schlussabrechnung des Auftragnehmers können als einverständliche Vertragsaufhebung zu werten sein.


    OLG Frankfurt 29. Zivilsenat

    16.05.2022


    Tenor

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.4.2021 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als (endgültig) unbegründet abgewiesen wird.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

    Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des aus beiden Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Der Kläger begehrt Zahlung von weiterem Architektenhonorar in Höhe von 35.944,77 €. 3.500 € netto zzgl. Umsatzsteuer hat der Beklagte bereits als Abschlag gezahlt.

    Der Beklagte beauftragte den Kläger zunächst am 12.4.2019 schriftlich mit dem Aufmaß einer auf seinem Grundstück vorhandenen Scheune (Anl. K1 im Anlagenband). Am 15.4.2019 schlossen die Parteien einen schriftlichen Architektenvertrag (Anl. K11 Bl. 51 ff.). Planungsziel war gemäß § 1 die Umwandlung der Scheune in ein Mehrfamilienhaus einschließlich Bauantrag.

    Der schriftliche Vertrag der Parteien sieht in § 3.1 zunächst eine Zielfindungsphase vor. Die vertragliche Regelung verweist auf § 650p Abs. 2 BGB. Es heißt dort weiter, „die Erarbeitung der Planungsgrundlage enthält keine Planungsleistungen gemäß § 3.2. Diese Leistungen werden nach Erteilung der Zustimmung gemäß § 650p Abs. 2 BGB erbracht“. Gemäß § 3.1.1 sollten in der Zielfindungsphase die gesamte Leistungsphase 1 und Teile der Leistungsphase 2 erbracht werden einschließlich einer Kosteneinschätzung gemäß „§ 650 Abs. 2 BGB“ (gemeint: § 650p Abs. 2 BGB). Für die Zielfindungsphase sieht der Vertrag ein Honorar von 2,6 % der Vergütung nach HOAI vor. § 3.2 des Vertrages enthält eine detaillierte Leistungsbeschreibung anhand der Leistungsphasen der HOAI ab Leistungsphase 2 bis einschließlich zur Baugenehmigung. Ferner waren vereinbart Honorarermittlung nach HOAI, Honorarzone III Mitte, 20 % Umbauzuschlag (§ 6 Abs. 2). Regelungen zur Kündigung enthält der Vertrag nicht.

    Zur Grundlagenermittlung schätzte der Kläger beim Aufmaßtermin am 3.5.2019 in Rücksprache mit dem beklagten Auftraggeber voraussichtliche Baukosten vorab in einer Größenordnung von 950.000 € und dokumentierte die Leistungen der Phase 1 (Anl. K3 im Anlagenband). Dort heißt es unter Z. 1e) weiter, der Kläger habe mündlich den Auftrag für die Bauplanung Leistungsphasen 1-4 erhalten und werde diese nach schriftlicher Bestätigung ausführen.

    Der Kläger fertigte Vorentwürfe vom 7.6.2019 (Anlagenband) mit Grundrissen im Maßstab 1:100, einen zweiten Vorentwurf vom 28.6.2019 (Anlagenband) mit geänderten Grundrissen und Isometrie und einen weiteren Vorentwurf vom 9.8.2019 (Anlagenband) mit abermaligen Änderungen. Zum Beweis dafür, dass diese Planungen den Anforderungen der Leistungsphasen 2 und 3 entsprächen, bezieht sich der Kläger auf Sachverständigengutachten.

    Eine erste Kostenschätzung erstellte der Kläger am 30.8.2019 (Anlagenband) in Höhe von 1.243.635,86 € netto. Darin sind unter anderem enthalten 813.191,31 € für Baukonstruktion, 179.720,14 € für technische Anlagen, 32.858,10 € für Architekt und 98.466,- € für Finanzierung. Außerdem erstellte der Kläger einen Bauzeitenplan. Mit Kostenberechnung vom 6.11.2019 (im Anlagenband) in Höhe von 1.250.803,06 € netto wies der Kläger voraussichtliche Baukosten aus. Für deren Richtigkeit bezieht sich der Kläger zum Beweis auf Sachverständigengutachten.

    Am 3.1.2020 teilte der Beklagte dem Kläger nach Gesprächen mit seiner Bank per E-Mail mit, mangels Finanzierbarkeit des Objekts werde das Projekt bis auf weiteres nicht realisiert (Anl. K4 im Anlagenband).

    Der Kläger legte Honorarschlussrechnung vom 21.2.2020 über restliche 35.944,77 € brutto auf der Basis anrechenbarer Kosten gemäß DIN 276 in Höhe von 977.636,16 € für die Leistungsphasen 1-3 (Anl. K7). Die anrechenbaren Kosten sind auf der Grundlage der Kostenberechnung vom 6.11.2019 eingesetzt, das Honorar ist mittels Programm berechnet.

    Mit Anschreiben vom 25.2.2020 (Anl. K6 im Anlagenband) zur Schlussrechnung begründete der Kläger die abgerechneten Teilleistungen. Bis auf Verhandlungen mit der Gemeinde, die der Beklagte habe übernehmen wollen, und den fehlenden Terminplan seien die Leistungen vollständig. Die vorgenommenen Abzüge berücksichtigten dies. Der Beklagte habe seine Zustimmung gemäß § 650p Abs. 2 BGB konkludent durch Anforderung weiterer Leistungen erteilt.

    Der Beklagte persönlich rügte eine nicht prüfbare Schlussrechnung zunächst am 3.3.2020 (Anl. B3, Bl. 84) mit Beanstandungen nach „§ 14 VOB/B“. Mit Schreiben vom 29.4.2020 (Anl. B1, Bl. 34) beanstandete sein Prozessbevollmächtigter unzureichende Darlegungen zu den erbrachten Teilleistungen. Diese habe der Kläger auch nicht in vollem Umfang erbracht. Es fehle insbesondere an einer Entwurfsplanung für die Leistungsphase 3. Die vorgelegten Vorentwürfe reichten dafür nicht aus; sie erfüllten nicht einmal die Anforderungen an eine Vorplanung (Beweis Sachverständigengutachten). Die Kostenberechnung sei grob fehlerhaft und vertragswidrig.

    Der Beklagte hat behauptet, es sei eine Baukostenobergrenze von 500.000 € vereinbart worden. Die Gespräche darüber seien vor Abschluss des schriftlichen Architektenvertrages geführt worden.

    Das Landgericht hat Beweis erhoben zur Vereinbarung einer Baukostenobergrenze (Protokoll vom 16.4.2021, Bl. 99 ff.).

    Mit Urteil vom 26.4.2021 (Bl. 100 ff.) hat das Landgericht Frankfurt am Main die Klage sodann wegen nicht prüffähiger Rechnung als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Der Beklagte habe fehlende Prüffähigkeit am 3.3.2020 rechtzeitig gerügt. Diese Rüge wird vom Landgericht mit dem Inhalt der späteren Rüge vom 29.4.2020 aufgefüllt. Die Schlussrechnung sei nicht prüfbar, weil sie nicht nach erbrachten und nicht erbrachten Teilen der Leistungsphasen differenziere und die einzelnen Leistungsteile nicht gegeneinander abgrenze. Ausführungen zur Bedeutung der durchgeführten Beweisaufnahme finden sich nicht. Auf die erstinstanzlichen Anträge und die weitere Begründung wird Bezug genommen.

    Das Urteil wurde dem Kläger zugestellt am 3.5.2021, Bl. 118.

    Er legte hiergegen Berufung ein am 27.5.2021, Bl. 128.

    Die Berufungsbegründung ging am 21.6.2021 bei dem Berufungsgericht ein, Bl. 139 ff.

    Mit der Berufungsbegründung vom 21.6.2021 (Bl. 139 ff.) rügt der Kläger einen falschen rechtlichen Maßstab zur Prüfbarkeit einer Architektenrechnung im angefochtenen Urteil. Die Entscheidung sei unter Verletzung von § 139 ZPO überraschend ergangen. Infolge der Beweisaufnahme habe nicht mit einer Abweisung als zur Zeit unbegründet gerechnet werden müssen. Die vom Landgericht vermisste Angabe von Prozentsätzen sei für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung nicht erforderlich. Die Schlussrechnung vom 21.2.2020 enthalte i. V. m. dem Anschreiben vom 25.2.2020 die notwendigen Angaben. Im Übrigen enthalte § 14 Abs. 4 des Architektenvertrages reduzierte Anforderungen an die Schlussrechnung. Eine Kostenobergrenze sei nicht vereinbart gewesen. Eine solche ergebe sich auch aus den Aussagen der Zeugen nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 21.6.2021 Bezug genommen.

    Der Berufungskläger beantragt,

    1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 35.944,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.5.2020 zu zahlen,

    2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 678,45 € außergerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.9.2020 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Berufungserwiderung vom 23.8.2021 (Bl. 150 ff.) verteidigt das angefochtene Urteil, weil die Schlussrechnung nicht prüfbar sei. Hilfsweise sei das Rechtsmittel auch unbegründet, weil eine Baukostenobergrenze vereinbart gewesen sei, die der Kläger unbeachtet gelassen habe. Auf den Schriftsatz vom 23.8.2021 wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

    Das Berufungsgericht hat die Parteien darauf hingewiesen, dass es die Honorarabrechnung für prüfbar halte. Es sei aber nicht ausreichend dargelegt, mit welchem Ergebnis der Kläger die Zielfindungsphase abgeschlossen und was er dem Beklagten wann zur Zustimmung vorgelegt habe. Ebenso wenig sei eine Zustimmung des Beklagten zu den Ergebnissen der Zielfindungsphase vorgetragen (Hinweis vom 28.2.2022, Bl. 176 f.).

    Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf den Hinweis und weiteren Vortrag der Parteien mit deren Einverständnis des schriftliche Verfahren angeordnet.

    Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 17.3.2022 (Bl. 177 ff.) weiteren Vortrag gehalten und weitere Abrechnungen vorgelegt. Einer Zielfindungsphase habe es nicht bedurft, weil das Planungsziel in § 1 des Vertrages bereits definiert gewesen sei. Dies sei in einer Besprechung vom 30.3.2019 erfolgt. Spätestens am 14.6.2019 habe er dem Beklagten mitgeteilt, dass die geschätzten Baukosten ca. 950.000 € betragen würden. Durch Anforderung weiterer Planungsleistungen habe der Beklagte seine Zustimmung konkludent erteilt. Diese abgeforderten Leistungen habe der Beklagte zumindest nach Stundensätzen auszugleichen.

    Der Beklagte hat hierauf mit Schriftsatz vom 11.4.2022 (Bl. 195 ff.) erwidert, der Kläger habe ihm zu keinem Zeitpunkt das Ergebnis seiner Zielfindungsphase vorgelegt, und der Beklagte habe dem folglich auch nicht zugestimmt. Die weiteren Planungen des Klägers seien unvollständig und für den Beklagten unbrauchbar, weil sie weit über dessen mehrfach mitgeteilte Baukostenobergrenze von 500.000 € hinausgingen. Der Beklagte habe keine weiteren Leistungen abgefordert, sondern den Kläger lediglich aufgefordert, eine für ihn umsetzbare Planungsgrundlage zu entwickeln. Für die neu vorgelegten Abrechnungen nach Zeitaufwand fehle eine vertragliche Grundlage.

    II.

    A. Zulässigkeit

    Die Berufung ist rechtzeitig eingelegt und wurde fristgerecht ausreichend begründet, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO. Der Kläger ist durch die Abweisung der Klage mit rund 36.000 € beschwert. Das Rechtsmittel ist daher unbedenklich zulässig.

    B. Begründetheit

    Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht der mit der Berufung weiterhin geltend gemachte Vergütungsanspruch aus dem Architektenvertrag vom 15.4.2019 nicht zu.

    Das angefochtene Urteil war im Sinne einer endgültigen Klageabweisung abzuändern, weil es verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich fehlerhaft ergangen ist im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO.Das Verbot der Reformatio in peius ist auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar, da der Kläger durch das angefochtene Urteil insoweit noch keine schutzwürdige Position erlangt hat (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. März 2022 - 24 U 194/20 -, juris Rdnr. 66 m.w.N.>

    1. Verfahrensfehler

    Ein Verfahrensfehler des Landgerichts liegt darin, dass es die Klage mangels prüfbarer Rechnung als zur Zeit unbegründet abgewiesen hat, ohne dazu vorher einen rechtlichen Hinweis gem. § 139 ZPO zu erteilen. Durch die Beweisaufnahme hat das Landgericht bei dem Kläger den Eindruck erweckt, die Klage sei schlüssig. Der Hinweis in der Sitzung vom 16.4.2021 (Bl. 100) ließ nicht erkennen, ob das Landgericht hiervon Abstand nehmen wollte. Insoweit ist das Urteil auch überraschend ergangen - was die Berufung zu Recht rügt - und verletzt damit den Anspruch des Klägers auf sein rechtliches Gehör. Ob die Entscheidung auf diesem Verfahrensfehler beruht, mag dahinstehen, da die Sache aufgrund des im Berufungsverfahren ergänzten Parteivortrags entscheidungsreif ist.

    2. Materiell-rechtlicher Fehler

    Die Abweisung der Klage als zur Zeit unbegründet, da die Schlussrechnung nicht prüfbar sei, ist materiell-rechtlich unzutreffend ergangen.

    Gleichwohl bleibt die Berufung des Klägers erfolglos, weil die vertraglichen Anspruchsvoraussetzungen für eine über die Zielfindungsphase hinausgehende Vergütung nicht vorliegen. Der Vergütungsanspruch für die Zielfindungsphase ist durch die Abschlagszahlung des Beklagten erfüllt und damit erloschen.

    a) Keine rechtzeitige ausreichende Rüge der Prüfbarkeit, § 650g Abs. 4 BGB

    Es handelt sich um einen Anspruch nach neuem Architekten- und Ingenieur-Recht auf der Grundlage des BGB in der Fassung ab 2018, weil der Vertrag nach dem 1.1.2018 geschlossen wurde, und um eine vorzeitige Beendigung eines Architektenvertrages. Der schriftliche Vertragsschluss erfolgte am 15.4.2019 (Anlage K11). Anwendbar sind daher die §§ 650p ff. BGB. Durch die Verweisung in § 650q Abs. 1 BGB ist auch für den Architektenvertrag die Regelung über die Prüfbarkeit der Abrechnung in § 650g Abs. 4 BGB anwendbar.

    Die Fälligkeit der Honorarforderung bestimmt sich gemäß § 15 Abs. 1 HOAI 2013 nach § 650g Abs. 4 BGB. Dazu bedarf es einer prüfbaren Abrechnung und einer Abnahme oder eines Abnahmesurrogats. Feststellungen des Landgerichts zur Abnahme der Leistungen fehlen. Solche sind allerdings entbehrlich im Fall der Kündigung durch den Auftraggeber ohne Nachbesserungsverlangen - Abrechnungsverhältnis - (vgl. Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 11 Rn. 755 m.w.N.) oder im Fall einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung. Davon kann vorliegend ausgegangen werden. Denn auf die gemäß § 650q Abs. 1, 650h BGB formnichtige Kündigung des Beklagten durch einfache E-Mail vom 3.1.2020 hat der Kläger am 4.1.2020 geantwortet, er werde das Projekt schließen und abrechnen (Anl. K5 im Anlagenband).

    Nach § 650g Abs. 4 S. 2 BGB gilt die Schlussrechnung als prüfbar, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach ihrem Zugang begründete Einwendungen gegen ihre Prüfbarkeit erhoben hat.

    Der Gesetzgeber des Baurechtsreformgesetzes von 2017 (BT-Drs. 18/11437 Seite 43) fordert zu § 650 g Abs. 4 BGB n.F. eine konkrete Begründung von Einwendungen:

    „Durch das Erfordernis begründeter Einwendungen wird erreicht, dass der Zweck der Vorschrift nicht dadurch umgangen werden kann, dass der Zahlungsschuldner sich lediglich pauschal auf die fehlende Prüffähigkeit beruft und für den Unternehmer nicht erkennbar ist, welche Posten der Rechnung aus welchen Gründen beanstandet werden.“

    Koeble (a. a. O., Rn. 595) leitet daraus her, der Auftraggeber müsse das Fehlen oder die nicht ordnungsgemäße Aufstellung von Kostenermittlungen, Honorarzone und erbrachten Leistungen beanstanden, wenn er diese beachtlich rügen wolle. Dies überzeugt den Senat im Hinblick auf die Gesetzesbegründung.

    Das Schreiben des Beklagten persönlich vom 3.3.2020 (Anl. B3, Bl. 84) entspricht diesen Anforderungen nicht. Die Bezugnahme dort auf § 14 VOB/B zeigt, dass der Beklagte nicht die einschlägigen Rügen gegen Abrechnungen von Architekten, sondern solche gegen die Abrechnung von Bauleistungen erhoben hat. Dem entspricht der nachfolgende Textabschnitt der Rüge unter Hinweis auf Mengenberechnungen, Abrechnungsbedingungen und überdeckte Leistungen. Das hat mit Leistungen von Architekten gar nichts zu tun. Die weitere Rüge, es sei „nicht nachvollziehbar, wie sich die Forderung für die von ihnen erbrachten Leistungen der Leistungsphasen gemäß den Positionen 2. Vorplanung sowie 3. Entwurfsplanung herleiten. Es fehlt die Herleitung und der Nachweis“ ist lediglich eine formelhafte Begründung, die sich auf den Kern „nicht nachvollziehbar“ reduzieren lässt. Darin liegt keine ausreichend begründete, sondern eine unzureichende pauschale Rüge.

    Die anwaltliche Rüge vom 29.4.2020 (Anl. B1, Bl. 34 ff.) ist zwar inhaltlich ausreichend begründet, aber nicht binnen 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung bei dem Kläger eingegangen. Dies ergibt sich aus den Daten der Schlussrechnung vom 25.2.2020 einerseits, die dem Beklagten gemäß der Anlage B3 (Bl. 84) spätestens am 3.3.2020 vorgelegen haben muss, und dem Datum der der anwaltlichen Rüge andererseits, die erst Ende April 2020 gefertigt wurde. Die Frist von 30 Tagen war bereits am 3.4.2020 abgelaufen.

    Das Landgericht hat die Inhalte beider Rügen vermengt und die zeitlich noch rechtzeitige Rüge des Beklagten quasi mit dem Inhalt der verspäteten Rüge seines Prozessbevollmächtigten aufgefüllt. Im Hinblick auf den gesetzlichen Regelungszweck, dem Unternehmer sehr schnell Klarheit über die Berechtigung der Beanstandung zu verschaffen, ist es nicht zulässig, substantielle Rügen erst nach Ablauf der Rügefrist noch nachzuschieben.

    Damit greift die gesetzliche Fiktion der Prüfbarkeit der Rechnung gemäß § 650g Abs. 4 S. 3 BGB ein mit der Folge, dass der Beklagte damit an beachtlichen Rügen zur Prüfbarkeit der Rechnung gehindert ist.

    Die Abweisung der Klage durch das Landgericht als zur Zeit unbegründet mangels Prüfbarkeit der Rechnung entspricht daher nicht der Rechtslage.

    Das Landgericht hat - von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus zu Recht - von einer weiteren Sachprüfung abgesehen. Diese ist auf die Berufungsrügen des Klägers nachzuholen.

    b) Anforderungen an eine prüfbare Rechnung

    Auch wenn der Beklagte aufgrund § 650g Abs. 4 S. 3 BGB mit Rügen gegen die Prüfbarkeit der Rechnung ausgeschlossen ist, muss diese prüfbar sein, um die Klageforderung damit schlüssig begründen zu können (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.3.2014 - 21 U 90/13, BauR 2015, 283 ff.). Denn anderenfalls wäre die Klage endgültig als unbegründet abzuweisen.

    Die Schlussrechnung ist prüfbar und die Klageforderung damit insoweit schlüssig zu begründen.

    Maßgeblich für die Prüfbarkeit sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers; der Umfang der erforderlichen Aufschlüsselung ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 8.10.1998 - VII ZR 296/97, NJW-RR 1999, 95; BGH, Urteil vom 18.6.1998 - VII ZR 189/97, NJW 1998, 3123). Dafür genügt eine Aufstellung der anrechenbaren Kosten; das Abrechnungssystem der HOAI (alternativ der vereinbarten Abrechnungsweise) muss eingehalten werden (vgl. Koeble, a. a. O., Rn. 594).

    Diesen Anforderungen entspricht die vorgelegte Schlussrechnung vom 21.2.2020 i. V. m. dem Anschreiben zur Erläuterung vom 25.2.2020 inhaltlich. Ihr liegen die anrechenbaren Kosten nach der Kostenberechnung zu Grunde. Diese werden in voll anrechenbare Kosten von 789.484 € und in teilweise anrechenbare Kosten in Höhe von 188.152 € differenziert. Die Kostenberechnung (Anlagenkonvolut K3 im Anlagenband) nennt auch nicht lediglich Beträge, sondern lässt deren Ermittlung erkennen. Der Ansatz der Honorarzone III Mitte und ein Umbauzuschlag von 20 % entsprechen der schriftlichen vertraglichen Vereinbarung. Die Frage, ob der Kläger bei der von ihm vorgetragenen mündlichen Auftragserteilung gemäß § 7 Abs. 1 und Abs. 5 HOAI nur den Mindestsatz beanspruchen könnte, ist keine Frage der Prüfbarkeit, sondern der Begründetheit der Abrechnung. Das interpolierte Honorar für das Vollbild ist errechnet, und hiervon werden 21 % für erbrachte Leistungen geltend gemacht. Der Abzug von einem Prozentpunkt für die Leistungsphase 2 und zwei Prozentpunkten in der Leistungsphase 3 werden im Anschreiben erläutert.

    c) Anspruchsgrundlage §§ 650q Abs. 1, 631 Abs.1 i. V. m mit dem Vertrag vom 15.4.2019

    Es handelt sich - wie dargelegt - um eine Sache nach neuem Architekten- und Ingenieur-Recht, für das das BGB in der ab 2018 geltenden Fassung maßgebend ist. Anwendbar sind daher die §§ 650p ff. BGB.

    Im Vertrag der Parteien ist formularmäßig eine Zielfindungsphase im Sinne von § 650p Abs. 2 BGB vereinbart. Erst nach Durchführung dieser Leistung und Zustimmung des beklagten Auftraggebers sollte der Kläger die weiter vereinbarten späteren Planungsleistungen erbringen. Diese Vertragsregelung ist zunächst weder von den Parteien noch vom erstinstanzlichen Gericht thematisiert worden. Der Hinweis des Landgerichts vom 7.12.2020 (Bl. 59) verhält sich dazu nicht.

    Der Senat hat hierauf und auf den fehlenden Vortrag dazu hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

    Die Auffassung des Klägers, eine Zielfindungsphase sei nicht erforderlich gewesen, weil das Planungsziel mit der Angabe Umbau einer Scheune zu Wohnzwecken bereits ausreichend definiert gewesen sei, steht in diametralem Gegensatz zu § 3 Z. 1) des Architektenvertrages und lässt ferner außer Betracht, dass die Realisierbarkeit für den Bauherren regelmäßig auch von der Höhe der zu erwartenden Baukosten abhängt, worüber der hier geschlossene Vertrag keinerlei Angaben enthält.

    Die neue Zielfindungsphase gemäß § 650p Abs. 2 BGB dient in den Fällen der unklaren Planungs- und Realisierungsmöglichkeiten zur Klärung der Aufgabenstellung, insbesondere dazu, ob das beabsichtigte Projekt unter den örtlichen Bedingungen nach den Vorstellungen des Auftraggebers mit dem vorgesehenen Finanzrahmen realisiert werden kann oder nicht. Dazu bedarf es einer Planungsgrundlage und einer Kosteneinschätzung. Einzelheiten zum Inhalt der Planungsgrundlage sind umstritten (siehe Koeble, a. a. O., Rn. 93). Hinsichtlich der Planungsgrundlage schließt sich der hier geschlossene Architektenvertrag mit § 3 an die Auffassung von Kniffka, BauR 2017, 857ff. an, wonach zur Erfüllung der neuen gesetzlichen Vorgaben die Leistungsphase 1 und die Leistungsphasen 2 a) und b) ausgeführt werden müssen. Auch die Aufstellung einer Kosteneinschätzung ist in Z. 1.3 des Architektenvertrages ausdrücklich vereinbart.

    Daher schuldete der Kläger in der Zielfindungsphase eine Kosteneinschätzung, die nicht gleichbedeutend ist mit einer Kostenschätzung nach DIN 276. Deswegen geht die überwiegende Auffassung in der Literatur zu Recht davon aus, dass eine überschlägige Kostenschätzung ausreichend ist (vgl. Koeble, a.a.O. Rn. 96).

    Da vorliegend die Leistungsphase 1) vollständig in die Zielfindungsphase integriert wurde, schuldete der Kläger im Rahmen der Grundlagenermittlung auch die Klärung des wirtschaftlichen Rahmens des Bauherrn (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11.11.2004 - VII ZR 128/03, BauR 2005, 400 ff.; BGH, Urteil vom 7.2.2013 - VII ZR 3/12, BauR 2013, 982 ff.). Deswegen hat sich der Auftragnehmer bereits in dieser Phase nach dem Budget des Auftraggebers zu erkundigen.

    Dass der Kläger dieser Verpflichtung nachgekommen wäre, ist nicht erkennbar. Denn er negiert, dass der Beklagte von einem Budget von 500.000 € gesprochen haben will und legt nicht dar, welches Budget er demgegenüber mit dem Auftraggeber geklärt hat. Seine Angabe in der Anlage K3 (Ergebnis der Grundlagenermittlung) von geschätzten Kosten in Höhe von 950.000 € enthält keine Feststellungen zu den Vorstellungen des Beklagten über die Kosten.

    Im Übrigen ist diese Zahl frei gegriffen. Weder ihre Herleitung noch die Einordnung als Bruttobetrag oder Nettobetrag sind erkennbar. Dies genügt auch den herabgesetzten Anforderungen an eine Kosteneinschätzung nach § 650p Abs. 2 BGB gemäß den obigen Darlegungen nicht. Die vertraglich in Z. 1.3 der Zielfindungsphase vereinbarte Kosteneinschätzung in der Gliederung eines Kostenrahmens gemäß DIN 276 (1. Gliederungsebene) ist mit der bloßen Angabe einer Summe nicht erbracht. Denn die Summe lässt weder erkennen, wie sie sich zusammensetzt, noch worauf sie sich bezieht.

    Auf die spätere Kostenschätzung vom 30.8.2019 (Anlagenkonvolut K3 im Anlagenband) kann hierfür nicht zurückgegriffen werden. Denn diese wurde nach DIN 276 teilweise bis in die 3. Gliederungsebene erstellt und gehört zur Leistungsphase 2 g) des Vertrages und damit nicht mehr zur Zielfindungsphase. Insbesondere ist auch nach dem nachgereichten Vortrag der Parteien nicht erkennbar, dass der Kläger diese Kostenschätzung noch innerhalb der Zielfindungsphase erstellt und übermittelt hat.

    Die Zielfindungsphase, in der die Kosteneinschätzung zu erbringen war, war nach Vortrag des Klägers gemäß Anlage K3 bereits am 3.5.2019 mit der behaupteten Erteilung des Auftrags für die Leistungsphasen 1-4 abgeschlossen. Gerade bei Vergabe der Zielfindungsphase zur Vorklärung der Realisierbarkeit des Bauvorhabens ist es von besonderer Bedeutung, dass die geschuldete Kosteneinschätzung rechtzeitig erstellt wird, um dem Besteller eine qualifizierte Entscheidung über die Fortsetzung des Planungsvorhabens zu ermöglichen.

    Die Zielfindungsphase ist auch hinsichtlich der übrigen planerischen Leistungen unvollständig durchgeführt. Denn aus der Anlage K3 ergibt sich lediglich die Durchführung der Leistungsphase 1, nicht aber wie vereinbart der Leistungsphasen 2 a) und 2 b). Es fehlen also die Teilleistungen „Analysieren der Grundlagen, Abstimmen der Leistungen und der Zielvorstellungen“. Die im Vertrag unter Z. 1.2 vorgesehene Erarbeitung der Planungsgrundlage zum Raumbedarf einschließlich Ermittlung der Grundflächen und der Kubatur (Bruttorauminhalt) fehlen ebenso.

    Auch nach dem Hinweis des Senats und dem ergänzenden Vortrag der Parteien ist ungeklärt, ob der Kläger dem Beklagten die (unzulänglichen) Ergebnisse der Zielfindungsphase vorgelegt hat im Sinne von § 650p Abs. 2 S. 2 BGB. Der Kläger bezieht sich hierfür auf die Anlage K3 (Grundlagenermittlung). Dass er diese dem Beklagten auch übermittelt hat, behauptet er nicht. Er geht vielmehr von fortlaufender Planungstätigkeit aus.

    Ebenso wenig ist feststellbar, dass der Beklagte den (unzulänglichen) Ergebnissen der Zielfindungsphase zugestimmt hat im Sinne von § 650p Abs. 2 S. 2 BGB i. V. m. § 3 Z. 1 des Architektenvertrages, der weitere Leistungen nach § 3 Z. 2 erst nach Erteilung der Zustimmung vorsieht. Insoweit fehlt es auch nach dem Hinweis des Senats und der ergänzenden Stellungnahme des Klägers an verwertbarem Vortrag.

    Die Auffassung des Klägers, die Zustimmung liege in dem Abruf weiterer Planungsleistungen, ist von Rechtsirrtum beeinflusst und verkennt die Bedeutung der gesetzlichen Neuregelung zur Zielfindungsphase, die Eingang in den Vertrag der Parteien gefunden hat, grundlegend.

    Die Zustimmung kann zwar - wie jede Willenserklärung - auch konkludent erteilt werden. Das war hier aber schon deshalb nicht möglich, weil der Kläger dem Beklagten das vollständige Ergebnis der Zielfindungsphase zu keinem Zeitpunkt zur Zustimmung vorgelegt hat. Dies ist aber die gesetzlich vorgesehene Voraussetzung für eine wirksame Zustimmung und damit für einen Übergang von der Zielfindungsphase gemäß § 650p Abs. 2 BGB zum nachfolgenden Planungsauftrag bis zur Baugenehmigung. Diese Zäsur sieht auch der vorliegende Vertrag in § 3 Z. 1) ausdrücklich vor, indem er das Erbringen von Planungsleistungen gemäß § 3 Abs. 2 von der erteilten Zustimmung gemäß § 650p Abs. 2 BGB abhängig macht. Die Ansicht des Klägers, das Abrufen weiterer Planungsleistungen durch den Beklagten sei die Zustimmung zum Ergebnis der Zielfindungsphase, negiert die gesetzlich und hier auch vertraglich vorgesehene Zäsur. Sie läuft auch der gesetzgeberischen Zielsetzung zuwider, dem Besteller einer noch weitgehend unbestimmten Planungsleistung in einer frühen Phase des Projekts die Möglichkeit zur Kündigung gemäß § 650r BGB einzuräumen, wenn die Zielfindungsphase keine den Vorstellungen und Möglichkeiten des Bestellers entsprechende Umsetzung erwarten lässt. Um diese Entscheidung qualifiziert treffen zu können, ist eine Vorlage der Ergebnisse der Zielfindungsphase unerlässlich, an der es vorliegend fehlt.

    Davon abgesehen, dass die mit der Anlage K3 vorgelegte Dokumentation zu den Grundleistungen der Baumaßnahme zur Leistungsphase 1 und Leistungsphase 2 nicht erkennbar an den Beklagten übersandt wurden, erfüllen diese auch inhaltlich die gemäß § 3 Z. 1.1-1.3 des Architektenvertrages konkret vereinbarten Pflichten des Klägers nicht. Der Kläger sollte nach dieser Regelung die Leistungsphase 1 vollständig und die Leistungsphase 2 hinsichtlich der Grundleistungen a) und b) erbringen, die Kubatur ermitteln und eine Kosteneinschätzung erstellen. Demgegenüber betrifft die 1. Dokumentation der Anlage K3 die vollständige Leistungsphase 1 und die 2. Dokumentation der Anlage K3 - beide undatiert - die vollständige Leistungsphase 2 unter Hinweis auf die Kostenschätzung gemäß DIN 276 vom 30.8.2019. Eine Ermittlung der Kubatur fehlt ebenso wie eine den Anforderungen von § 650p Abs. 2 BGB in der Gliederung eines Kostenrahmens gemäß DIN 276 (1. Gliederungsebene) erstellte Kosteneinschätzung gemäß § 3 1.3) des Architektenvertrages.

    Die E-Mail des Beklagten vom 3.1.2020 ist nach den §§ 133, 157 BGB aus der Sicht des objektivierten Empfängerhorizonts zwar als Kündigung auszulegen, hat aber nicht zur Beendigung des Vertrages geführt, weil sie formunwirksam ist. Denn eine E-Mail erfüllt die Anforderungen der Schriftform gemäß der §§ 650q Abs. 1, 650h BGB nicht.

    Im Falle einer formgerechten Kündigung durch den Beklagten gemäß § 650r BGB, der mangels abweichender vertraglicher Regelung anwendbar ist, wäre der Architektenvertrag nach Abschluss der Zielfindungsphase beendet gewesen. Denn der Kläger hat es unterlassen, den Beklagten als Verbraucher über das Kündigungsrecht in Textform zu belehren, wie dies § 650r Abs. 1 S. 2 BGB vorsieht. Deswegen bestand das Sonderkündigungsrecht des Beklagten ohne Bindung an die Frist weiter (vgl. Koeble, a. a. O., Rn. 89 am Ende). Der Beklagte war Verbraucher im Sinne von § 13 BGB, weil er das Projekt für seine private Vermögensverwaltung initiiert hat.

    Allerdings haben die Parteien den Architektenvertrag nach Ausspruch der formunwirksamen Kündigung durch den Beklagten einvernehmlich aufgehoben. Denn sie waren sich ausweislich der Antwort des Klägers auf die Kündigung des Beklagten darüber einig, dass die Planung nicht fortgesetzt wird.

    Der Kläger hat nur Anspruch auf Vergütung für die Leistungen der Zielfindungsphase, weil er die weiteren Planungsleistungen nach § 650p Abs. 2 BGB in Verbindung mit der vertraglichen Regelung in § 3 Z. 1 des Architektenvertrages erst nach der Zustimmung des Beklagten zu den Ergebnissen der Zielfindungsphase erbringen sollte. Soweit er sie zuvor gleichwohl teilweise erbracht hat, ist er vorgeprescht. Für solche Leistungen besteht kein Vergütungsanspruch (vgl. Koeble, a. a. O., Rn. 72 ff.). Nicht vergütet werden auch überobligationsmäßige Leistungen in der Zielfindungsphase, z. B. Teile der Entwurfsplanung (vgl. Koeble, a. a. O., Rn. 99).

    Unter dem Vorpreschen wird eine vorzeitige Erbringung von Leistungen durch den Architekten aus nachfolgenden Leistungsphasen ohne eine Einigung der Parteien über das Vorziehen bestimmter Leistungsteile verstanden. Hierfür kann es ein vom Bauablauf bestimmtes Bedürfnis geben, um z. B. in Verträgen mit Vollbild bereits vor Erteilung der Baugenehmigung (Leistungsphase 4) Ausschreibungen (Leistungsphase 6) durchzuführen, damit die Fertigstellung beschleunigt wird. Nur im Fall einer Einigung über das Vorziehen bestimmter Leistungsteile entsteht dafür auch ein Vergütungsanspruch (vgl. BGH, Urteil vom 26.7.2007 - VII ZR 42/05).

    Nach den hiesigen Feststellungen hat der Kläger dem Beklagten die Ergebnisse der Zielfindungsphase nicht zur Zustimmung vorgelegt, bevor er mit der Erarbeitung der späteren Teilleistungen begonnen hat. Dafür spricht unter anderem die E-Mail des Beklagten vom 7.6.2019 an den Kläger, in der er sich für die Übersendung der Entwürfe bedankt und um die Anfertigung einer groben Aufstellung der Kosten und die Wohnfläche nach Quadratmetern bittet (Anlagenkonvolut K3 im Anlagenband). Zu diesem Zeitpunkt lag dem Beklagten weder eine Kosteneinschätzung noch eine Kostenschätzung vor; letztere wurde erst am 30.8.2019 erstellt. Gleichwohl hat der Kläger bereits am 7.6.2019 und am 27.6.2019 verschiedene Varianten von Vorentwürfen gefertigt. Ein Einverständnis des Beklagten hiermit ergibt sich aus seinen E-Mails vom 7.6.2019 und 11.6.2019 nicht. Darin bedankt er sich für die Zusendung der Entwürfe und meldet Gesprächsbedarf zur Klärung an. Diese Erklärungen lassen kein Bewusstsein erkennen, dass er damit weitere vergütungspflichtige Leistungen auslösen wolle.

    Daher ist die Forderung aus der Schlussrechnung vom 21.2.2020 unbegründet, soweit sie über die Zielfindungsphase hinausgeht.

    Das vollständige Honorar für die Zielfindungsphase beträgt gemäß § 3 Z. 1.1 des Architektenvertrages 2,6 % des Gesamthonorars. Auf der Grundlage der vom Kläger streitig vorgetragenen anrechenbaren Kosten ergibt sich ein Honorar von 127.383,56 € für sämtliche Leistungsphasen 1-9 (Seite 3 der Anl. K7). 2,6 % hiervon entsprechen 3.311,97 € netto. Da der Beklagte bereits 3.500 € netto als Abschlag bezahlt hat, ist der Kläger für die beauftragten und erbrachten Leistungen geringfügig überzahlt.

    Selbst wenn der Beklagte den Ergebnissen der Zielfindungsphase zugestimmt und der Kläger deswegen vertraglich berechtigt gewesen wäre, die weiteren Planungsschritte einzuleiten, ergibt sich nichts Anderes.

    Denn dem Beklagten stünde in diesem Fall gemäß der §§ 650q Abs. 1, 634 Nr. 4, 280, 281 BGB ein Anspruch auf Freistellung von den weiteren Honorarforderungen zu, weil die Leistung des Klägers mangelhaft ist.

    Für die Mangelfreiheit der Leistung ist aufgrund fehlender ausdrücklicher oder konkludenter Abnahme der Architektenleistung der Kläger darlegungs- und beweispflichtig.

    Der Kläger kann weder darlegen, dass er die für die Zielfindungsphase ausdrücklich vereinbarte Kosteneinschätzung in ausreichend qualifizierter Form vorgelegt hat (siehe oben), noch, dass er sich beim Beklagten in der gebotenen Art und Weise nach dem Budget für das Projekt erkundigt hat. Dies betrifft nicht die vom Beklagten vorgetragene sogenannte Baukostenobergrenze als vereinbarte Beschaffenheit, sondern die Grundverpflichtung des Architekten zur Klärung des Budgets durch Rückfrage beim Bauherrn im Rahmen der Grundlagenermittlung in der Leistungsphase 1, hier vertraglich während der Zielfindungsphase gesetzt. Der Kläger trägt schon nicht vor, welche Kostenvorstellung der Beklagte geäußert haben soll, sondern negiert schlicht das vorgetragene Budget von 500.000 €. Wenn er den Beklagten gefragt hätte, müsste er auch ein Ergebnis nennen können.

    Die weiteren Planungsschritte des Klägers, für die er hier Vergütung verlangt, waren für den Beklagten wertlos, weil er diese nicht finanzieren konnte. Daraus, dass der Beklagte auf der Grundlage der Kostenberechnung vom 6.11.2019 in Höhe von 1.488.556 € versucht hat, eine Bankfinanzierung zu erlangen, folgt nichts Anderes. Hätte der Kläger die voraussichtlichen Projektkosten rechtzeitig ermittelt, so wäre eine Finanzierung frühzeitig gescheitert; entsprechend der anerkannten Vermutung zum aufklärungsgerechten Verhalten ist anzunehmen, dass der Beklagte dann entsprechend früher Gespräche mit seiner Bank geführt hätte. Dafür spricht auch seine E-Mail vom 7.6.2019, mit der er den Kläger bereits nach einer groben Aufstellung der Kosten gefragt hatte. Aufgrund des negativen Ergebnisses der Finanzierbarkeit wären die weiteren Leistungen des Klägers obsolet gewesen.

    Sie sind von dem Beklagten daher nicht zu vergüten. Denn er hat insoweit im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf Freistellung von weiteren Honorarforderungen für Leistungen außerhalb der Zielfindungsphase.

    Die mit den nachgereichten Schriftsätzen vorgelegten weiteren Rechnungen nach Aufwand und Stundensätzen sind ebenso ohne rechtliche Grundlage und deswegen unbegründet. Eine Abrechnung nach Stundenaufwand war nicht vereinbart.

    3. Nebenentscheidungen:

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Zulassung der Revision hält der Senat gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts in Bezug auf die Anwendung von § 650p Abs. 2 BGB für geboten.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 650p Abs. 2 BGB