10.05.2023 · IWW-Abrufnummer 235199
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 20.02.2023 – 14 U 202/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OLG Frankfurt 14. Zivilsenat
Tenor
Auf die Anschlussberufungen der Kläger wird das am 14. September 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Kassel (9 O 1614/09) - über das teilweise rechtskräftige Senatsurteil vom 25. März 2014 hinausgehend - wie folgt abgeändert:
Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1 a an die Kläger als Gesamtgläubiger 134.513,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 50.000 Euro seit dem 23. Oktober 2009 sowie aus 84.513,32 Euro seit dem 5. August 2010 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2 verpflichtet ist, als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1 a den Klägern als Gesamtgläubigern sämtliche über 134.513,32 Euro hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die deswegen entstanden sind oder entstehen, weil horizontale Querdruckkräfte des - auf die hintere hangseitige und auf die seitlichen Kellermauern drückenden - Hang-Erdreichs das gesamte Bauwerk verschoben haben.
Die Berufung des Beklagten zu 2 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens haben die Parteien wie folgt zu tragen:
Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zwei Drittel und die Kläger ein Drittel. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 b tragen die Kläger. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zwei Drittel, ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst. Eine weitergehende Kostenausgleichung findet nicht statt.
Das angefochtene Urteil ist, soweit die Berufung des Beklagten zu 2 zurückgewiesen wurde, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 1 a und zu 2 dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.
Gründe
I.
Die Kläger verlangen nach dem Bau eines Einfamilienhauses von der mit der Erstellung des Kellers beauftragten Werkunternehmerin - einer inzwischen aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts -, von einem Gesellschafter dieser Werkunternehmerin und von dem beauftragten Prüfingenieur als Gesamtschuldnern Schadensersatz.
Den Klägern wurde am 14. Oktober 2005 im vereinfachten Verfahren gemäß § 57 der Hessischen Bauordnung in der Fassung vom 18. Juni 2002 (HBO 2002) eine Genehmigung für den Bau ihres Einfamilienhauses erteilt, unter anderem mit der Auflage, die bautechnischen Nachweise vor Baubeginn bei der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme teilweise abgewiesen und ihr im Übrigen stattgegeben:
Der von der Beklagten zu 1 b gegen das Teilversäumnisurteil vom 9. November 2009 erhobene Einspruch sei zulässig und begründet. Die gegen sie gerichtete Klage sei unzulässig, weil die Beklagte zu 1 b seit September 2008 nicht mehr existiere und daher nicht parteifähig im Sinne des § 50 ZPO sei. Eine bereits gelöschte Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei in einem auf Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen gerichteten Passivrechtsstreit nur dann parteifähig, wenn sie noch über Haftungsmasse verfüge und ein gegen sie zu erstreitender Titel damit Aussicht auf Durchsetzung habe. Dass bei der Beklagten zu 1 b noch Vollstreckungsmasse vorhanden sei, hätten die Kläger nicht dargelegt. Daher sei die gegen die Beklagte zu 1 b gerichtete Klage unzulässig. Für die Austragung des Streits um ihre Prozessfähigkeit müsse die Beklagte zu 1 b allerdings als parteifähig und ihr Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil als zulässig angesehen werden. Nach allem sei auf ihren Einspruch hin das Teilversäumnisurteil aufzuheben und die gegen die Beklagte zu 1 b gerichtete Klage als unzulässig abzuweisen gewesen.
Die gegen die Beklagten zu 1 a und zu 2 gerichteten Klagen seien im tenorierten Umfang begründet.
Der Beklagte zu 1 a schulde den Klägern als Gesellschafter der Beklagten zu 1 b und als für ihr Gewerk zuständiger Bauleiter wegen Verletzung ihrer werkvertraglichen Pflichten gemäß §§ 634 Nr. 4, 636, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz.
Auch der Beklagte zu 2 hafte den Klägern nach werkvertraglichen Grundsätzen.
Die von ihm gemäß §§ 59 Abs. 3 Nr. 1, 73 Abs. 2 HBO für die Kläger ausgeübte
Prüfungstätigkeit sei privatrechtlich zu qualifizieren. Mit der Änderung der Hessischen Bauordnung zum 1. Oktober 2002 habe sich das Land Hessen aus der präventiven Baukontrolle zurückgezogen. Zum Ausgleich für die entfallene präventive hoheitliche Prüfung der bautechnischen Nachweise sehe § 59 Abs. 1 Satz 1 HBO neben der Bauvorlageberechtigung auch eine bautechnische Nachweisberechtigung vor. § 48 Abs. 4 Satz 1 HBO verpflichte die Bauherrschaft dazu, Nachweisberechtigte und Sachverständige zu beauftragen. Diese müssten anstelle der Bauaufsichtsbehörde Prüfungen durchführen und hierüber Bescheinigungen ausstellen; eine Prüfung der Nachweise durch die Bauaufsichtsbehörde entfalle, § 59 Abs. 1 Satz 2, 1. Teilsatz HBO. Gemäß § 73 Abs. 2 HBO seien die Sachverständigen, die anstelle der Bauaufsichtsbehörde Prüfungen durchgeführt hätten, insoweit auch für die ordnungsgemäße Bauausführung verantwortlich. Damit werde insgesamt die Eigenverantwortlichkeit des Bauherrn in den Vordergrund gestellt. Dementsprechend sei dessen vertragliche Beziehung zu dem von ihm beauftragten Prüfstatiker nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich zu beurteilen:
Werde ein Prüfingenieur - wie hier - unmittelbar von den Bauherren beauftragt, dann übernehme er ihnen gegenüber werkvertragliche Pflichten. Der Bauherr habe die berechtigte Erwartung, dass der Prüfingenieur die Standsicherheitsnachweise, die Tragwerksplanung und andere für die Statik relevante Planungen nur dann freigebe, wenn diese zur Errichtung eines standsicheren Bauwerks führen könnten. Gebe der Prüfingenieur eine Planung frei, die im Falle ihrer Verwirklichung nicht zu einem standsicheren Bauwerk führe, so sei sein Werk mangelhaft. Dieses Werk erbringe er nicht nur im Allgemeininteresse, sondern gerade auch im Interesse des Bauherrn; diesem könne nicht im Wege der Vertragsauslegung unterstellt werden, er sei damit einverstanden, dass der Prüfingenieur eine Haftung ihm gegenüber ausschließe. Das Risiko des Prüfingenieurs, gegenüber dem Bauherrn zu haften, werde durch seine Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und dadurch abgemildert, dass er in der Regel gemeinsam mit dem Tragwerksplaner und dem planenden Architekten hafte.
Dass die von den Beklagten erbrachten Werkleistungen mangelhaft seien, ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 vom 19. Januar 2012. Danach weise der Keller des Hauses der Kläger zahlreiche Risse auf, die darauf zurückzuführen seien, dass die bergseitige Kelleraußenwand durch Erddruck einer Schub- und Biegebeanspruchung ausgesetzt sei.
Der Standsicherheitsnachweis für die unmittelbare Erddruckbelastung der bergseitigen Kelleraußenwand und die Nachweise gegen Materialversagen und Gleiten für die Kellergeschosskonstruktion seien bei der Planung des Gebäudes (statische Berechnung) und bei Prüfung des Beklagten zu 2 nicht beachtet worden. Die gesamte statisch-konstruktive Planung des Gebäudes und der Freiflächen sei mangelhaft; sie berücksichtige die Erddruckbelastung der Kelleraußenwände unzureichend: Die 2,31 m hohe Mauerwerkswand mit der nur geringen Auflast aus dem Fertighaus sei nicht hinreichend standsicher.
Das Kellergeschoss hätte wegen der einseitigen Erddruckbelastung auf der Bergseite - wie ein Stützbauwerk - an den einwirkenden Belastungen ausgerichtet und entsprechend konstruiert werden müssen. Bei einer Kontrolle des Kräfteverlaufes wäre die Notwendigkeit erkannt worden, einen formstabilen Baukörper zu entwerfen, der in der Lage wäre, den Kräftefluss verformungsfrei und unter Einhaltung der statischen Anforderungen des vorgesehenen Baustoffes aufzunehmen und bis in den Baugrund abzuleiten. Dies hätte nur eine Kellerkonstruktion aus Stahlbeton leisten können.
Daher hätten die Beklagten zu 1 a und 1 b keine Ausführung des Kellers in Mauerwerk anbieten dürfen, weil dieses nicht in der Lage sei, die Schubkraft aus der einseitigen Erdruckbelastung in die Bodenfuge abzuleiten. Der Keller hätte unbedingt wie ein Stützbauwerk konstruiert werden müssen, d. h. aus Stahlbeton.
Diesen Fehler bei der Planung des Kellergeschosses habe der Tragwerksplaner nicht erkannt; auch der beklagte Prüfingenieur hätte ihn bei der Prüfung der Planungsunterlagen feststellen müssen und die Standsicherheit nicht bescheinigen dürfen.
Auch bei der Planung der Freiflächengestaltung sei von Anfang an erkennbar gewesen, dass die Verwirklichung des Bauvorhabens erhebliche Eingriffe in das Hanggelände erfordere. Dabei sei die alleineige Anordnung von Abgrabungen mit Böschungsneigungen von 45° völlig unzureichend, um damit die Standsicherheit des Bodens oberhalb des vorgesehenen Hauses herstellen zu können. Erforderliche Stützbauwerke zur Abfangung der Geländeversprünge seien nicht einbezogen worden. Auch sei keine zutreffende Ermittlung der Hangneigung erfolgt. Diese für die Freiflächenplanung entscheidenden Umstände seien von dem Tragwerksplaner nicht berücksichtigt und von dem Prüfingenieur nicht als änderungsbedürftig erkannt worden.
Der Einbau einer Erdwärmeanlage sei nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Nachname1 nicht ursächlich für die streitgegenständlichen Gebäudeschäden, auch nicht die von der Planung des Architekten abweichende Geländemodellierung. Diese habe keinen Einfluss auf die schadensursächliche örtliche einseitige Erddruckbelastung der nördlichen Kelleraußenwand; die Schäden wären auch dann entstanden, wenn das Gelände an der Nordseite wie geplant terrassiert worden wäre.
Die Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Nachname1 seien nachvollziehbar und überzeugend; auch die Parteien hätten sie nicht in Zweifel gezogen. Nach allem hafteten die Beklagten zu 1 a und zu 2 den Klägern als Gesamtschuldner.
Der Höhe nach belaufe sich ihre Zahlungspflicht auf 114.192,32 Euro.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 habe in seinem Gutachten vom 19. Januar 2012 die zuvor von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 beschriebenen Schadensbeseitigungsmaßnahmen als erforderlich und die dafür angesetzten Beträge als zutreffend erachtet, ebenso die Annahme eines merkantilen Minderwerts des Hauses von 25.000 Euro. Ein hiernach in Betracht kommender höherer Schadensersatzbetrag sei aber nicht geltend gemacht (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Allerdings sei die in dem eingeklagten Betrag enthaltene Umsatzsteuer von den Beklagten nicht geschuldet, soweit sie nicht angefallen sei. Ein vor der Mängelbeseitigung geltend gemachter Anspruch auf Schadensersatz wegen Bauwerkmängeln umfasse keine Umsatzsteuer (Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Juli 2010, BGHZ 186, S. 330 f., juris Rn. 12 ff.).
Auch hinsichtlich des klageerweiternd geltend gemachten Betrages von 4.760 Euro brutto (4.000 Euro netto) sei die Klage unbegründet. Aus dem von den Klägern für ihre Schadensberechnung in Bezug genommenen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 (dort Seiten 15 und 17 oben) ergebe sich zweifelsfrei, dass für die Sanierung der Kellerräume insgesamt netto ca. 4.000 Euro anzusetzen seien, nicht zusätzlich zu den aufgeführten Einzelpositionen von 2.800 Euro und 1.200 Euro.
Der Feststellungsantrag sei begründet. Die Kläger hätten angesichts der drohenden Verjährung ein Interesse an der begehrten Feststellung. Der Antrag sei auch begründet, da den Klägern nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Nachname1 weitergehende Schadensbeseitigungskosten entstehen könnten.
Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom
14. September 2012 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben der Beklagte zu 1 a und der Beklagte zu 2 Berufung eingelegt, mit der sie jeweils eine Abweisung der gegen sie gerichteten Klagen erstrebt haben; sie haben unzutreffende Tatsachenfeststellungen und eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht gerügt. Die Kläger haben gegen das Urteil vom 14. September 2012 Anschlussberufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge gegenüber dem Beklagten zu 1 a und gegenüber dem Beklagten zu 2 weiterverfolgen; auch sie rügen fehlerhafte Tatsachenfeststellungen des Landgerichts.
Der Beklagte zu 1 a hat die Ansicht vertreten, das Landgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger kein Laie, sondern als Baumaschinenführer für Tiefbauarbeiten mit Druckverhältnissen an Erdhängen vertraut sei. Nur die Kläger hätten in der Planungs- und Bauphase stets Zugang zu allen relevanten Unterlagen gehabt, ihm diese aber nur in dem von ihnen selbst für erforderlich gehaltenen Umfang zukommen lassen. Daher habe er seinem Angebot die Planung des Architekten Nachname3 zugrunde gelegt, für die er nicht hafte. Das Baugrundgutachten habe ihm nicht vorgelegen. Außerdem hätten die Kläger quasi die Bauleitung selbst übernommen, indem sie wesentliche Entscheidungen ohne fachliche Beratung durch einen Architekten getroffen und maßgebliche Arbeiten in Eigenregie ausgeführt hätten. Auch die Ausführung des Kellers in Mauerwerk sei zwar dem Architekten zugeleitet, von diesem aber „nach Genehmigung durch die Bauherren“ bestätigt worden; dies zeige, dass die Kläger sämtliche baurelevanten Fragen in Eigenverantwortung entschieden hätten.
Bei der Beweiswürdigung habe das Landgericht fälschlich angenommen, er, der Beklagte zu 1 a, habe die Gefahren des Hangdrucks auf einen Mörtelmauerwerkskeller erkannt und davor gewarnt. Tatsächlich habe er die Kläger nur grundsätzlich vor einer Bebauung des Grundstücks gewarnt. Im Übrigen sei in den Plänen des Architekten ein Carport mit Stützwand vorgesehen. Die Drainage, die Hangabsicherung und die Verfüllung hätten die Kläger selbst ausführen wollen, weshalb er hierzu nicht habe Stellung nehmen müssen. Hätten die Kläger diese Arbeiten sachgerecht ausgeführt, wären die Schäden nicht entstanden. Er, der Beklagte zu 1 a, habe sich den Klägern gegenüber nicht dazu verpflichtet, die Haftung für das gesamte Bauvorhaben zu übernehmen.
Schließlich habe es das Landgericht versäumt, ein Gutachten für Geothermie einzuholen, obwohl der Sachverständige Nachname4 die Erdwärmeanlage der Kläger als Schadensursache angenommen habe und dem Sachverständigen Nachname1 insoweit die Fachkenntnis fehle.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung des Beklagten zu 1 a wird auf die Schriftsätze vom 19. November 2012 und vom 25. März 2014 (Band III Blatt 318 ff. und Band IV Blatt 435 ff. der Akten) verwiesen.
Der Beklagte zu 2 verweist darauf, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27. Mai 1963 (BGHZ 39, S. 358 ff.) die Tätigkeit des Prüfingenieurs unter der Geltung früherer Landesbauordnungen als Ausübung eines öffentlichen Amtes und die ihm insoweit obliegende Amtspflicht als nicht individualschützend eingeordnet habe. Diese Einordnung sei auch nach der derzeit geltenden Hessischen Bauordnung zutreffend. Denn die Aufgabe des Prüfingenieurs bestehe nach wie vor darin, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften der HBO zu sorgen, die nicht dem Schutz individueller Integritätsinteressen einzelner Bauherren, sondern der allgemeinen Gefahrenabwehr dienten. Dies gelte auch für die in § 47 HBO geregelten Grundpflichten der am Bau Beteiligten. Soweit nach der Änderung der HBO nunmehr der Bauherr den Prüfingenieur beauftrage, begründe dies keine werkvertragliche Einstandspflicht des Prüfingenieurs gegenüber dem Bauherrn. So habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22. März 2001 (BGHZ 147, S. 169 ff.) die Tätigkeit des nach § 2 des Luftverkehrsgesetzes - ebenfalls in unmittelbarem Auftrag des Antragstellers - tätig werdenden Sachverständigen als Ausübung eines öffentlichen Amtes gewertet. Auch die in der Straßenverkehrszulassungsordnung vorgesehene Fahrzeugüberprüfung durch technische Überwachungsvereine erfolge jeweils im Auftrag des Fahrzeughalters, werde aber gleichwohl als Amtsausübung eingeordnet (BGHZ 122, S. 85 ff.). Entsprechendes gelte für die sachverständige Überwachung und Überprüfung von Heizungsanlagen (Oberlandesgericht Oldenburg, 12 U 76/90) und für die Erstellung von Wertgutachten durch Ortsgerichte (BGHZ 113, S. 71 ff.). Hiernach komme es für die Einordnung der Tätigkeit eines Sachverständigen als hoheitlich nicht darauf an, ob dieser von der Behörde oder vom Bürger beauftragt sei, sondern welche Aufgabe er erfülle. Die Aufgabe des Prüfingenieurs nach der Hessischen Bauordnung ergebe sich aus § 53 Abs. 1 HBO, der die Bauaufsichtsbehörde verpflichte, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften der HBO zu sorgen. Dementsprechend sei Gegenstand der Beauftragung des Prüfingenieurs durch den Bauherrn auch nur die Einhaltung dieser öffentlich-rechtlichen Vorschriften, nicht etwa die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Planung oder Ausführung des Bauvorhabens zum Schutz des Bauherrn vor Baumängeln. Daher könnte, selbst wenn man die Beauftragung des Prüfingenieurs nach der HBO als Werkvertrag einordnen wollte, der geschuldete Erfolg nur die Erbringung der dem Bauherrn obliegenden Nachweise über die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zwecks Erlangung einer Baugenehmigung sein. Dieser Erfolg sei hier mit der Erteilung der von den Klägern beantragten Baugenehmigung eingetreten. Insoweit seien seine Leistungen auch nicht fehlerhaft gewesen.
Der Beweiserhebung des Landgerichts und den Feststellungen des Sachverständigen Nachname1 liege die irrige Annahme zugrunde, der Prüfingenieur habe die Aufgabe, die Planungsleistungen anderer am Bau Beteiligter zu kontrollieren; dies sei nicht der Fall.
Zudem habe das Landgericht den Schaden zu hoch angesetzt. Von dem Sachverständigen Nachname2 angegebene Schätzungstoleranzen von bis zu 30 % (hier: 34.000 Euro) seien inakzeptabel. Ferner habe das Landgericht seine Einwendungen zu den SowiesoKosten nicht berücksichtigt; diese machten mindestens 75 % aus. Schließlich verbleibe nach Durchführung der von dem Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen kein merkantiler Minderwert des Hauses.
Der Beklagte zu 1 a hat beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und
die gegen ihn gerichteten Klagen abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des angegriffenen Urteils zu erneuter Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte zu 2 hat beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und
die gegen ihn gerichteten Klagen abzuweisen.
Die Kläger haben beantragt,
die Berufungen der Beklagten zu 1 a und zu 2 zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, soweit ihren Klagen stattgegeben worden ist.
Mit ihren Anschlussberufungen haben sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge gegenüber dem Beklagten zu 1 a und gegenüber dem Beklagten zu 2 weiterverfolgt und eine gesamtschuldnerische Verurteilung dieser Beklagten zur Zahlung von insgesamt 134.513,32 Euro nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe sowie die Feststellung seiner Verpflichtung zum Ersatz weitergehender Schäden erstrebt.
Insoweit haben die Kläger beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und
1. die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 50.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2009 zu zahlen;
2. die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger weitere 84.513,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. August 2010 zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen als Gesamtgläubigern sämtliche über 134.513,32 Euro hinausgehende Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die deswegen entstanden sind oder entstehen, weil horizontale Querdruckkräfte des - auf die hintere hang- seitige und auf die seitlichen Kellermauern drückenden - Hang-Erdreichs das gesamte Bauwerk verschoben haben.
Sie haben das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt, soweit die gegen sie gerichteten Klagen abgewiesen worden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf ihre bereits genannten Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat das Urteil des Landgerichts auf die Berufung des Beklagten zu 2 durch Urteil vom 25. März 2014 teilweise abgeändert und die gegen ihn erhobene Klage abgewiesen. Die von dem Beklagten zu 1 a gegen das Urteil eingelegte Berufung und die gegen die Beklagten zu 1 a und zu 2 gerichteten Anschlussberufungen der Kläger hat er zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 25. März 2014 Bezug genommen.
Auf eine Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der Bundesgerichtshof das Urteil vom 25. März 2014 durch Urteil vom 31. März 2016 (III ZR 70/15, juris) aufgehoben, soweit die gegen den Beklagten zu 2 (dort: Beklagter zu 3) gerichtete Klage unter Zurückweisung der von den Klägern eingelegten Anschlussberufungen abgewiesen worden ist.
Nach der Zurückverweisung der Sache verfolgen die Kläger die oben wiedergegebenen Klageanträge gegenüber dem Beklagten zu 2 mit ihren Anschlussberufungen weiter.
Wegen weiterer Einzelheiten ihres Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze vom 10. und 30. Januar 2013 (Band III Blatt 375 f. und 377 ff. der Akten), vom 30. Juni 2016 und vom 13. September 2022 (Band VI Blatt 11 und 202 der Akten) verwiesen.
Der Beklagte zu 2 verfolgt seinen auf Klageabweisung gerichteten Berufungsantrag weiter.
Er verweist auf seinen Vortrag zur Schadenshöhe und zu den seines Erachtens in dem geltend gemachten Betrag enthaltenen Sowieso-Kosten. Ergänzend führt er aus, eine neue Bodenplatte sei - mangels statischer Funktion - nicht erforderlich, ebenso wenig ein neuer Terrassenbelag (Betonplatte), da dieser auch bei anfänglich anderer Lösung hätte errichtet werden müssen. Die vorgeschlagene Hangsicherung mit Winkelstützwand würde - wie von ihm bereits dargelegt - die ursprünglich geplante Hangmodellierung und den dafür erforderlichen Aufwand ersetzen. Die Minderkosten bei den Erdarbeiten beliefen sich auf (ca. 128 cbm x 50 Euro/cbm =) 6.400 Euro (vgl. die Zeichnung Band VI Blatt 8 der Akten), die Mehrkosten eines Betonkellers gegenüber einem Mauerwerkskeller auf ca. 8.000 Euro.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung des Beklagten zu 2 wird auf die Schriftsätze vom 30. November 2012 und vom 27. Mai 2013 (Band III Blatt 329 ff. und 402 ff. der Akten) sowie vom 30. Juni 2016 (Band VI Blatt 6 f. der Akten) Bezug genommen.
Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens ... vor Landgericht Stadt1 sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Der Senat hat weitergehend Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Höhe des Schadens. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 10. Juli 2022 (in gesondertem Aktenordner) verwiesen.
II.
Die Berufung des Beklagten zu 2 bleibt erfolglos, während die Anschlussberufungen der Kläger zu einer - über das teilweise rechtskräftige Senatsurteil vom 25. März 2014 hinausgehenden - Abänderung des angegriffenen Urteils führen.
1. Die Klagen sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen weitergehenden Umfang begründet.
a. Der Bundesgerichtshof meint, die von dem zweitbeklagten Prüfingenieur durch den Vertrag der Parteien vom 8./9. Dezember 2005 übernommene Aufgabe, gemäß §§ 59 Abs. 3 Satz 1 und 2 HBO 2002 die Nachweise für die Standsicherheit zu bescheinigen und nach § 73 Abs. 2 HBO 2002 die mit den von ihm zuvor bescheinigten Unterlagen übereinstimmende Bauausführung zu bescheinigen, sei eine werkvertragliche Leistung im Sinne des Privatrechts (vgl. Urteil vom 31. März 2016, III ZR 70/15, juris Rn. 28 ff., dort wird der beklagte Prüfingenieur als Beklagter zu 3 bezeichnet): Der Prüfingenieur habe die bautechnischen Nachweise in Bezug auf die statische Berechnung prüfen und die für die Standsicherheit bedeutsamen Konstruktionsteile stichprobenartig kontrollieren müssen, um statische Mängel zu erkennen, eine statisch fehlerhafte Bauausführung zu verhindern und hierdurch drohende Schäden zu verhindern. Auch wenn der Ingenieur am Maßstab öffentlich-rechtlicher, vorrangig allgemeinschützender Normen zu prüfen und hierüber eine der Bauaufsichtsbehörde vorzulegende Bescheinigung zu erstellen habe, schütze sein Prüfauftrag auch das Interesse des Auftraggebers (Bauherrn) an der Sicherheit seiner selbst und der Hausbewohner sowie das vermögensmäßige Interesse des Bauherrn an einer uneingeschränkten Nutzbarkeit (Schadensfreiheit) des zu errichtenden Bauwerks, da statische Mängel Leib, Leben und Vermögen des Bauherrn erheblich gefährden könnten (§§ 133, 157 BGB).
Damit komme eine vertragliche Haftung des Prüfingenieurs in Betracht.
b. Nach dieser den Senat - aus den in seinem Urteil vom 25. März 2014 (14 U 202/12, juris) ausgeführten Gründen - nicht überzeugenden, aber gemäß § 563 Abs. 2 ZPO bindenden rechtlichen Beurteilung schuldete der beklagte Prüfingenieur den Klägern als werkvertraglichen Erfolg eine Prüfung, die eine den öffentlichen Bauvorschriften über die Standsicherheit entsprechende Ausführung ihres Bauvorhabens gewährleistet.
c. Diese Werkleistung hat der Beklagte zu 2 mangelhaft erbracht (§ 633 Abs. 2 BGB).
aa. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der Hessischen Bauordnung vom 18. Juni 2002 (HBO a. F.) muss jede bauliche Anlage, auch unter Berücksichtigung der Baugrundverhältnisse, im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein.
bb. Diesen Anforderungen genügt das von den Klägern errichtete Bauwerk nicht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 in seinem schriftlichen Gutachten vom 19. Januar 2012 weist der Keller des Hauses der Kläger zahlreiche Risse auf, die darauf zurückzuführen sind, dass die bergseitige Kelleraußenwand durch Erddruck einer Schub- und Biegebeanspruchung ausgesetzt ist.
Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, der Standsicherheitsnachweis für die unmittelbare Erddruckbelastung der bergseitigen Kelleraußenwand und die Nachweise gegen Materialversagen und Gleiten für die Kellergeschosskonstruktion seien bei der Planung des Gebäudes (statische Berechnung) und bei Prüfung des Beklagten zu 2 nicht beachtet worden. Die gesamte statisch-konstruktive Planung des Gebäudes und der Freiflächen sei mangelhaft; sie berücksichtige die Erddruckbelastung der Kelleraußenwände nicht ausreichend: Die 2,31 m hohe Mauerwerkswand mit der nur geringen Auflast aus dem Fertighaus sei nicht hinreichend standsicher (vgl. Seiten 38, 39 und 48 des Gutachtens vom 19. Januar 2012).
Der beklagte Prüfingenieur hätte bei der Prüfung der Planungsunterlagen feststellen müssen, dass eine Ausführung des Kellers in Mauerwerk nicht in der Lage sei, die Schubkraft aus der einseitigen Erdruckbelastung in die Bodenfuge abzuleiten, und die Standsicherheit des geplanten Kellers nicht bescheinigen dürfen.
cc. Hiernach hat der Beklagte zu 2 den von ihm nach Ansicht des Bundesgerichtshofs werkvertraglich geschuldeten Erfolg - eine die Standsicherheit des von den Klägern geplanten Bauwerks gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 HBO a. F. gewährleistende Prüfung der Tragwerksplanung - nicht erbracht, d. h. seine werkvertragliche Verpflichtung im Sinne der §§ 633 Abs. 1 und 2, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB verletzt.
d. Diese Pflichtverletzung hat der Beklagte zu 2 zu vertreten, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn nach den zitierten Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hätte er die fehlende Standsicherheit des Kellerbauwerks erkennen müssen.
e. Gemäß §§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB können die Kläger von dem Beklagten zu 2 den ihnen aufgrund der Pflichtverletzung entstandenen Schaden ersetzt verlangen. Der Beklagte zu 2 hat sie gemäß § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn er seine werkvertragliche Verpflichtung - eine die Einhaltung des § 11 Abs. 1 Satz 1 HBO a. F. gewährleistende Prüfung - ordnungsgemäß erbracht hätte. In diesem Fall hätten sie die Kosten einer den statischen Erfordernissen entsprechenden Planung und Ausführung ihres Bauvorhabens tragen müssen, während Kosten für eine nachträgliche Mängelbeseitigung nicht angefallen wären:
aa. Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat ausgeführt, das Kellergeschoss hätte wegen der einseitigen Erddruckbelastung auf der Bergseite - gleich einem Stützbauwerk - an den einwirkenden Belastungen ausgerichtet und entsprechend konstruiert werden müssen. Es wäre ein formstabiler Baukörper erforderlich gewesen, der den Kräftefluss verformungsfrei und unter Einhaltung der statischen Anforderungen des vorgesehenen Baustoffes aufnehmen und bis in den Baugrund ableiten könne, d. h. eine Kellerkonstruktion aus Stahlbeton (vgl. Seite 39 des Gutachtens vom 19. Januar 2012), wobei nach überschlägiger Beurteilung eine Stahlbetonkonstruktion mit nur 15 cm Wanddicke nicht ausreichend gewesen wäre (vgl. ebenda).
Außerdem hätten bei der Planung der Freiflächengestaltung Stützbauwerke zur Abfangung der Geländeversprünge vorgesehen werden müssen, um die Standsicherheit des Bodens oberhalb des vorgesehenen Hauses herzustellen (vgl. Seite 40 des vorgenannten Gutachtens).
Welche (Mehr-) Kosten seinerzeit für diese zur Gewährleistung der Standsicherheit erforderlichen Maßnahmen angefallen wären, wenn sie auf entsprechenden Hinweis des Beklagten zu 2 von vornherein geplant und durchgeführt worden wären (SowiesoKosten), hatte der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 dabei nicht festgestellt.
bb. Das Landgericht hat den Beklagten zu 2 neben dem Beklagten zu 1 a, dem Gesellschafter der mit der Erstellung des Kellers beauftragten Werkunternehmerin, zum Ersatz von Schadensbeseitigungskosten in Höhe von 114.192,32 Euro verurteilt.
cc. Hiergegen hat der Beklagte zu 2 mit seiner Berufung eingewandt, das Landgericht habe unzureichende Feststellungen zur Schadenshöhe getroffen: Zum einen seien von dem Sachverständigen Nachname2 angegebene Schätzungstoleranzen von bis zu 30 % (hier: 34.000 Euro) inakzeptabel. Zum anderen habe das Landgericht seine Einwendungen zu den Sowieso-Kosten nicht berücksichtigt; diese machten mindestens 75 % aus. Schließlich verbleibe nach Durchführung der von dem Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen kein merkantiler Minderwert des Hauses.
Diese Einwände sind zutreffend (Art. 103 Abs. 1 GG):
(1) Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 hat in seinem in dem selbständigen Beweisverfahrens ... vor dem Landgericht Stadt1 unter dem 20. April 2010 erstellten Gutachten (dort Seite 19) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zur genauen Bestimmung der Schadensbeseitigungskosten in einem Schadensersatzprozess zu den von ihm grob geschätzten Einzelpositionen eine entsprechende Werk- oder Detailplanung zu erstellen, hierzu ggf. im Einzelfall weitere Bauteilöffnungen und umfangreichere Voruntersuchungen vorzunehmen wären und auf der Grundlage einer solchen Detailplanung, etwa über ein Ausschreibungsverfahren mit exakter Leistungsbeschreibung für die einzelnen Mangelbeseitigungspositionen der verschiedenen Gewerke, die Kosten nochmals - unter Hinzuzuziehung eines ÖBUV- Sachverständigen für Baupreisermittlung und Abrechnung im Hoch- und Ingenieurbau oder eines fachkundigen Architekten - detaillierter zu ermitteln wären.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 grob geschätzten Beträge keiner detaillierten Überprüfung unterzogen, sondern jeweils als „pauschale“ Positionen übernommen (vgl. Seiten 43 ff. des Gutachtens vom 19. Januar 2012).
(2) Die von dem Beklagten zu 2 wiederholt angeführten (Mehr-) Kosten einer von Anfang an den statischen Erfordernissen entsprechenden Planung und Ausführung des Bauvorhabens der Kläger sind von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 ebenfalls nicht in der vorgenannten Weise, d. h. durch Erstellung einer Werk- oder Detailplanung mit exakter Leistungsbeschreibung und Kostenermittlung, festgestellt worden.
(3) Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 hat in seinem Gutachten vom 20. April 2010 (dort Seite 17) einen nach der von ihm vorgeschlagenen Sanierung verbleibenden merkantilen Minderwert des Hausgrundstücks der Kläger von 10 % des Verkehrswerts geschätzt und insoweit einen Wert von 250.000 Euro zugrunde gelegt. Zugleich hat er darauf hingewiesen, dass für eine genaue Schadensbemessung eine Ermittlung des Verkehrswerts des (hypothetisch) mängelfrei erstellten Objekts sowie eine Maklerbefragung mit statistischer Auswertung durchzuführen wäre (ebenda). Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat den von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 auf 25.000 Euro geschätzten Betrag mit der Begründung übernommen, „die völlige Fehleinschätzung der statischen Anforderungen“ bei der Planung und Prüfung des Bauvorhabens rechtfertigten diesen Minderungsbetrag (vgl. Seiten 49 des Gutachtens vom 19. Januar 2012).
dd. Da die Einwände des Beklagten zu 2 zur Schadenshöhe vom Landgericht übergangen wurden, hat der Senat zur Gewährung rechtlichen Gehörs ergänzend Sachverständigenbeweis über die Schadenshöhe erhoben.
(1) Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 10. Juli 2022 (in gesondertem Aktenordner) auf der Grundlage geotechnischer Untersuchungen des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen Dipl.-Geologe Vorname5 Nachname5 und umfangreicher Kostenermittlungen festgestellt, dass sich die Mängelbeseitigungskosten unter Berücksichtigung der Teuerungsrate bis zum Jahr 2023 auf netto 177.000 Euro (brutto 211.500 Euro) belaufen (vgl. Seiten 27 ff., 53 des vorgenannten Gutachtens).
(2) Die Mehrkosten einer von Anfang an den statischen Erfordernissen entsprechenden Planung und Ausführung des Bauvorhabens, d. h. die tatsächliche Ersparnis der Kläger, hat der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 auf brutto 14.400 Euro beziffert (vgl. Seiten 54 ff., 53 des schriftlichen Gutachtens vom 10. Juli 2022).
(3) Ein merkantiler Minderwert des Hausgrundstücks der Kläger wird nach Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 nach der Mängelbeseitigung nicht verbleiben (vgl. Seiten 52 und 57 des schriftlichen Gutachtens vom 10. Juli 2022).
(4) Eine Wertverbesserung wird das Hausgrundstück der Kläger durch die Mängelbeseitigung nach Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 nicht erfahren (vgl. Seiten 52 und 57 f. des schriftlichen Gutachtens vom 10. Juli 2022).
ee. Der Senat schließt sich insoweit der fachlichen Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 an; diese beruht ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen auf zutreffenden Tatsachenannahmen, ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und bietet auch sonst keine Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer Richtigkeit.
Die Parteien sind ihr nicht entgegengetreten. In Bezug auf die unter dd. wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 bestehen auch keine Unvollständigkeiten, Unklarheiten oder Zweifel, die nach der - vom Senat geteilten - Auffassung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 6. März 1986, NJW 1986, S. 1928 ff., juris Rn. 40) eine Ergänzung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen, dessen Anhörung oder die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens eines anderen Sachverständigen gemäß § 412 Abs. 1 ZPO gebieten könnten.
ff. Auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 erweisen sich die mit den Anschlussberufungen der Kläger weiterverfolgten, gegen den Beklagten zu 2 gerichteten Klageanträge als begründet.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 ZPO.
3. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.
20.02.2023
Tenor
Auf die Anschlussberufungen der Kläger wird das am 14. September 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Kassel (9 O 1614/09) - über das teilweise rechtskräftige Senatsurteil vom 25. März 2014 hinausgehend - wie folgt abgeändert:
Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1 a an die Kläger als Gesamtgläubiger 134.513,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 50.000 Euro seit dem 23. Oktober 2009 sowie aus 84.513,32 Euro seit dem 5. August 2010 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2 verpflichtet ist, als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1 a den Klägern als Gesamtgläubigern sämtliche über 134.513,32 Euro hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die deswegen entstanden sind oder entstehen, weil horizontale Querdruckkräfte des - auf die hintere hangseitige und auf die seitlichen Kellermauern drückenden - Hang-Erdreichs das gesamte Bauwerk verschoben haben.
Die Berufung des Beklagten zu 2 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens haben die Parteien wie folgt zu tragen:
Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zwei Drittel und die Kläger ein Drittel. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 b tragen die Kläger. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zwei Drittel, ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst. Eine weitergehende Kostenausgleichung findet nicht statt.
Das angefochtene Urteil ist, soweit die Berufung des Beklagten zu 2 zurückgewiesen wurde, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 1 a und zu 2 dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger verlangen nach dem Bau eines Einfamilienhauses von der mit der Erstellung des Kellers beauftragten Werkunternehmerin - einer inzwischen aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts -, von einem Gesellschafter dieser Werkunternehmerin und von dem beauftragten Prüfingenieur als Gesamtschuldnern Schadensersatz.
Den Klägern wurde am 14. Oktober 2005 im vereinfachten Verfahren gemäß § 57 der Hessischen Bauordnung in der Fassung vom 18. Juni 2002 (HBO 2002) eine Genehmigung für den Bau ihres Einfamilienhauses erteilt, unter anderem mit der Auflage, die bautechnischen Nachweise vor Baubeginn bei der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme teilweise abgewiesen und ihr im Übrigen stattgegeben:
Der von der Beklagten zu 1 b gegen das Teilversäumnisurteil vom 9. November 2009 erhobene Einspruch sei zulässig und begründet. Die gegen sie gerichtete Klage sei unzulässig, weil die Beklagte zu 1 b seit September 2008 nicht mehr existiere und daher nicht parteifähig im Sinne des § 50 ZPO sei. Eine bereits gelöschte Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei in einem auf Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen gerichteten Passivrechtsstreit nur dann parteifähig, wenn sie noch über Haftungsmasse verfüge und ein gegen sie zu erstreitender Titel damit Aussicht auf Durchsetzung habe. Dass bei der Beklagten zu 1 b noch Vollstreckungsmasse vorhanden sei, hätten die Kläger nicht dargelegt. Daher sei die gegen die Beklagte zu 1 b gerichtete Klage unzulässig. Für die Austragung des Streits um ihre Prozessfähigkeit müsse die Beklagte zu 1 b allerdings als parteifähig und ihr Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil als zulässig angesehen werden. Nach allem sei auf ihren Einspruch hin das Teilversäumnisurteil aufzuheben und die gegen die Beklagte zu 1 b gerichtete Klage als unzulässig abzuweisen gewesen.
Die gegen die Beklagten zu 1 a und zu 2 gerichteten Klagen seien im tenorierten Umfang begründet.
Der Beklagte zu 1 a schulde den Klägern als Gesellschafter der Beklagten zu 1 b und als für ihr Gewerk zuständiger Bauleiter wegen Verletzung ihrer werkvertraglichen Pflichten gemäß §§ 634 Nr. 4, 636, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz.
Auch der Beklagte zu 2 hafte den Klägern nach werkvertraglichen Grundsätzen.
Die von ihm gemäß §§ 59 Abs. 3 Nr. 1, 73 Abs. 2 HBO für die Kläger ausgeübte
Prüfungstätigkeit sei privatrechtlich zu qualifizieren. Mit der Änderung der Hessischen Bauordnung zum 1. Oktober 2002 habe sich das Land Hessen aus der präventiven Baukontrolle zurückgezogen. Zum Ausgleich für die entfallene präventive hoheitliche Prüfung der bautechnischen Nachweise sehe § 59 Abs. 1 Satz 1 HBO neben der Bauvorlageberechtigung auch eine bautechnische Nachweisberechtigung vor. § 48 Abs. 4 Satz 1 HBO verpflichte die Bauherrschaft dazu, Nachweisberechtigte und Sachverständige zu beauftragen. Diese müssten anstelle der Bauaufsichtsbehörde Prüfungen durchführen und hierüber Bescheinigungen ausstellen; eine Prüfung der Nachweise durch die Bauaufsichtsbehörde entfalle, § 59 Abs. 1 Satz 2, 1. Teilsatz HBO. Gemäß § 73 Abs. 2 HBO seien die Sachverständigen, die anstelle der Bauaufsichtsbehörde Prüfungen durchgeführt hätten, insoweit auch für die ordnungsgemäße Bauausführung verantwortlich. Damit werde insgesamt die Eigenverantwortlichkeit des Bauherrn in den Vordergrund gestellt. Dementsprechend sei dessen vertragliche Beziehung zu dem von ihm beauftragten Prüfstatiker nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich zu beurteilen:
Werde ein Prüfingenieur - wie hier - unmittelbar von den Bauherren beauftragt, dann übernehme er ihnen gegenüber werkvertragliche Pflichten. Der Bauherr habe die berechtigte Erwartung, dass der Prüfingenieur die Standsicherheitsnachweise, die Tragwerksplanung und andere für die Statik relevante Planungen nur dann freigebe, wenn diese zur Errichtung eines standsicheren Bauwerks führen könnten. Gebe der Prüfingenieur eine Planung frei, die im Falle ihrer Verwirklichung nicht zu einem standsicheren Bauwerk führe, so sei sein Werk mangelhaft. Dieses Werk erbringe er nicht nur im Allgemeininteresse, sondern gerade auch im Interesse des Bauherrn; diesem könne nicht im Wege der Vertragsauslegung unterstellt werden, er sei damit einverstanden, dass der Prüfingenieur eine Haftung ihm gegenüber ausschließe. Das Risiko des Prüfingenieurs, gegenüber dem Bauherrn zu haften, werde durch seine Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und dadurch abgemildert, dass er in der Regel gemeinsam mit dem Tragwerksplaner und dem planenden Architekten hafte.
Dass die von den Beklagten erbrachten Werkleistungen mangelhaft seien, ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 vom 19. Januar 2012. Danach weise der Keller des Hauses der Kläger zahlreiche Risse auf, die darauf zurückzuführen seien, dass die bergseitige Kelleraußenwand durch Erddruck einer Schub- und Biegebeanspruchung ausgesetzt sei.
Der Standsicherheitsnachweis für die unmittelbare Erddruckbelastung der bergseitigen Kelleraußenwand und die Nachweise gegen Materialversagen und Gleiten für die Kellergeschosskonstruktion seien bei der Planung des Gebäudes (statische Berechnung) und bei Prüfung des Beklagten zu 2 nicht beachtet worden. Die gesamte statisch-konstruktive Planung des Gebäudes und der Freiflächen sei mangelhaft; sie berücksichtige die Erddruckbelastung der Kelleraußenwände unzureichend: Die 2,31 m hohe Mauerwerkswand mit der nur geringen Auflast aus dem Fertighaus sei nicht hinreichend standsicher.
Das Kellergeschoss hätte wegen der einseitigen Erddruckbelastung auf der Bergseite - wie ein Stützbauwerk - an den einwirkenden Belastungen ausgerichtet und entsprechend konstruiert werden müssen. Bei einer Kontrolle des Kräfteverlaufes wäre die Notwendigkeit erkannt worden, einen formstabilen Baukörper zu entwerfen, der in der Lage wäre, den Kräftefluss verformungsfrei und unter Einhaltung der statischen Anforderungen des vorgesehenen Baustoffes aufzunehmen und bis in den Baugrund abzuleiten. Dies hätte nur eine Kellerkonstruktion aus Stahlbeton leisten können.
Daher hätten die Beklagten zu 1 a und 1 b keine Ausführung des Kellers in Mauerwerk anbieten dürfen, weil dieses nicht in der Lage sei, die Schubkraft aus der einseitigen Erdruckbelastung in die Bodenfuge abzuleiten. Der Keller hätte unbedingt wie ein Stützbauwerk konstruiert werden müssen, d. h. aus Stahlbeton.
Diesen Fehler bei der Planung des Kellergeschosses habe der Tragwerksplaner nicht erkannt; auch der beklagte Prüfingenieur hätte ihn bei der Prüfung der Planungsunterlagen feststellen müssen und die Standsicherheit nicht bescheinigen dürfen.
Auch bei der Planung der Freiflächengestaltung sei von Anfang an erkennbar gewesen, dass die Verwirklichung des Bauvorhabens erhebliche Eingriffe in das Hanggelände erfordere. Dabei sei die alleineige Anordnung von Abgrabungen mit Böschungsneigungen von 45° völlig unzureichend, um damit die Standsicherheit des Bodens oberhalb des vorgesehenen Hauses herstellen zu können. Erforderliche Stützbauwerke zur Abfangung der Geländeversprünge seien nicht einbezogen worden. Auch sei keine zutreffende Ermittlung der Hangneigung erfolgt. Diese für die Freiflächenplanung entscheidenden Umstände seien von dem Tragwerksplaner nicht berücksichtigt und von dem Prüfingenieur nicht als änderungsbedürftig erkannt worden.
Der Einbau einer Erdwärmeanlage sei nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Nachname1 nicht ursächlich für die streitgegenständlichen Gebäudeschäden, auch nicht die von der Planung des Architekten abweichende Geländemodellierung. Diese habe keinen Einfluss auf die schadensursächliche örtliche einseitige Erddruckbelastung der nördlichen Kelleraußenwand; die Schäden wären auch dann entstanden, wenn das Gelände an der Nordseite wie geplant terrassiert worden wäre.
Die Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Nachname1 seien nachvollziehbar und überzeugend; auch die Parteien hätten sie nicht in Zweifel gezogen. Nach allem hafteten die Beklagten zu 1 a und zu 2 den Klägern als Gesamtschuldner.
Der Höhe nach belaufe sich ihre Zahlungspflicht auf 114.192,32 Euro.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 habe in seinem Gutachten vom 19. Januar 2012 die zuvor von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 beschriebenen Schadensbeseitigungsmaßnahmen als erforderlich und die dafür angesetzten Beträge als zutreffend erachtet, ebenso die Annahme eines merkantilen Minderwerts des Hauses von 25.000 Euro. Ein hiernach in Betracht kommender höherer Schadensersatzbetrag sei aber nicht geltend gemacht (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Allerdings sei die in dem eingeklagten Betrag enthaltene Umsatzsteuer von den Beklagten nicht geschuldet, soweit sie nicht angefallen sei. Ein vor der Mängelbeseitigung geltend gemachter Anspruch auf Schadensersatz wegen Bauwerkmängeln umfasse keine Umsatzsteuer (Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Juli 2010, BGHZ 186, S. 330 f., juris Rn. 12 ff.).
Auch hinsichtlich des klageerweiternd geltend gemachten Betrages von 4.760 Euro brutto (4.000 Euro netto) sei die Klage unbegründet. Aus dem von den Klägern für ihre Schadensberechnung in Bezug genommenen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 (dort Seiten 15 und 17 oben) ergebe sich zweifelsfrei, dass für die Sanierung der Kellerräume insgesamt netto ca. 4.000 Euro anzusetzen seien, nicht zusätzlich zu den aufgeführten Einzelpositionen von 2.800 Euro und 1.200 Euro.
Der Feststellungsantrag sei begründet. Die Kläger hätten angesichts der drohenden Verjährung ein Interesse an der begehrten Feststellung. Der Antrag sei auch begründet, da den Klägern nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Nachname1 weitergehende Schadensbeseitigungskosten entstehen könnten.
Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom
14. September 2012 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben der Beklagte zu 1 a und der Beklagte zu 2 Berufung eingelegt, mit der sie jeweils eine Abweisung der gegen sie gerichteten Klagen erstrebt haben; sie haben unzutreffende Tatsachenfeststellungen und eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht gerügt. Die Kläger haben gegen das Urteil vom 14. September 2012 Anschlussberufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge gegenüber dem Beklagten zu 1 a und gegenüber dem Beklagten zu 2 weiterverfolgen; auch sie rügen fehlerhafte Tatsachenfeststellungen des Landgerichts.
Der Beklagte zu 1 a hat die Ansicht vertreten, das Landgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger kein Laie, sondern als Baumaschinenführer für Tiefbauarbeiten mit Druckverhältnissen an Erdhängen vertraut sei. Nur die Kläger hätten in der Planungs- und Bauphase stets Zugang zu allen relevanten Unterlagen gehabt, ihm diese aber nur in dem von ihnen selbst für erforderlich gehaltenen Umfang zukommen lassen. Daher habe er seinem Angebot die Planung des Architekten Nachname3 zugrunde gelegt, für die er nicht hafte. Das Baugrundgutachten habe ihm nicht vorgelegen. Außerdem hätten die Kläger quasi die Bauleitung selbst übernommen, indem sie wesentliche Entscheidungen ohne fachliche Beratung durch einen Architekten getroffen und maßgebliche Arbeiten in Eigenregie ausgeführt hätten. Auch die Ausführung des Kellers in Mauerwerk sei zwar dem Architekten zugeleitet, von diesem aber „nach Genehmigung durch die Bauherren“ bestätigt worden; dies zeige, dass die Kläger sämtliche baurelevanten Fragen in Eigenverantwortung entschieden hätten.
Bei der Beweiswürdigung habe das Landgericht fälschlich angenommen, er, der Beklagte zu 1 a, habe die Gefahren des Hangdrucks auf einen Mörtelmauerwerkskeller erkannt und davor gewarnt. Tatsächlich habe er die Kläger nur grundsätzlich vor einer Bebauung des Grundstücks gewarnt. Im Übrigen sei in den Plänen des Architekten ein Carport mit Stützwand vorgesehen. Die Drainage, die Hangabsicherung und die Verfüllung hätten die Kläger selbst ausführen wollen, weshalb er hierzu nicht habe Stellung nehmen müssen. Hätten die Kläger diese Arbeiten sachgerecht ausgeführt, wären die Schäden nicht entstanden. Er, der Beklagte zu 1 a, habe sich den Klägern gegenüber nicht dazu verpflichtet, die Haftung für das gesamte Bauvorhaben zu übernehmen.
Schließlich habe es das Landgericht versäumt, ein Gutachten für Geothermie einzuholen, obwohl der Sachverständige Nachname4 die Erdwärmeanlage der Kläger als Schadensursache angenommen habe und dem Sachverständigen Nachname1 insoweit die Fachkenntnis fehle.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung des Beklagten zu 1 a wird auf die Schriftsätze vom 19. November 2012 und vom 25. März 2014 (Band III Blatt 318 ff. und Band IV Blatt 435 ff. der Akten) verwiesen.
Der Beklagte zu 2 verweist darauf, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27. Mai 1963 (BGHZ 39, S. 358 ff.) die Tätigkeit des Prüfingenieurs unter der Geltung früherer Landesbauordnungen als Ausübung eines öffentlichen Amtes und die ihm insoweit obliegende Amtspflicht als nicht individualschützend eingeordnet habe. Diese Einordnung sei auch nach der derzeit geltenden Hessischen Bauordnung zutreffend. Denn die Aufgabe des Prüfingenieurs bestehe nach wie vor darin, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften der HBO zu sorgen, die nicht dem Schutz individueller Integritätsinteressen einzelner Bauherren, sondern der allgemeinen Gefahrenabwehr dienten. Dies gelte auch für die in § 47 HBO geregelten Grundpflichten der am Bau Beteiligten. Soweit nach der Änderung der HBO nunmehr der Bauherr den Prüfingenieur beauftrage, begründe dies keine werkvertragliche Einstandspflicht des Prüfingenieurs gegenüber dem Bauherrn. So habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22. März 2001 (BGHZ 147, S. 169 ff.) die Tätigkeit des nach § 2 des Luftverkehrsgesetzes - ebenfalls in unmittelbarem Auftrag des Antragstellers - tätig werdenden Sachverständigen als Ausübung eines öffentlichen Amtes gewertet. Auch die in der Straßenverkehrszulassungsordnung vorgesehene Fahrzeugüberprüfung durch technische Überwachungsvereine erfolge jeweils im Auftrag des Fahrzeughalters, werde aber gleichwohl als Amtsausübung eingeordnet (BGHZ 122, S. 85 ff.). Entsprechendes gelte für die sachverständige Überwachung und Überprüfung von Heizungsanlagen (Oberlandesgericht Oldenburg, 12 U 76/90) und für die Erstellung von Wertgutachten durch Ortsgerichte (BGHZ 113, S. 71 ff.). Hiernach komme es für die Einordnung der Tätigkeit eines Sachverständigen als hoheitlich nicht darauf an, ob dieser von der Behörde oder vom Bürger beauftragt sei, sondern welche Aufgabe er erfülle. Die Aufgabe des Prüfingenieurs nach der Hessischen Bauordnung ergebe sich aus § 53 Abs. 1 HBO, der die Bauaufsichtsbehörde verpflichte, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften der HBO zu sorgen. Dementsprechend sei Gegenstand der Beauftragung des Prüfingenieurs durch den Bauherrn auch nur die Einhaltung dieser öffentlich-rechtlichen Vorschriften, nicht etwa die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Planung oder Ausführung des Bauvorhabens zum Schutz des Bauherrn vor Baumängeln. Daher könnte, selbst wenn man die Beauftragung des Prüfingenieurs nach der HBO als Werkvertrag einordnen wollte, der geschuldete Erfolg nur die Erbringung der dem Bauherrn obliegenden Nachweise über die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zwecks Erlangung einer Baugenehmigung sein. Dieser Erfolg sei hier mit der Erteilung der von den Klägern beantragten Baugenehmigung eingetreten. Insoweit seien seine Leistungen auch nicht fehlerhaft gewesen.
Der Beweiserhebung des Landgerichts und den Feststellungen des Sachverständigen Nachname1 liege die irrige Annahme zugrunde, der Prüfingenieur habe die Aufgabe, die Planungsleistungen anderer am Bau Beteiligter zu kontrollieren; dies sei nicht der Fall.
Zudem habe das Landgericht den Schaden zu hoch angesetzt. Von dem Sachverständigen Nachname2 angegebene Schätzungstoleranzen von bis zu 30 % (hier: 34.000 Euro) seien inakzeptabel. Ferner habe das Landgericht seine Einwendungen zu den SowiesoKosten nicht berücksichtigt; diese machten mindestens 75 % aus. Schließlich verbleibe nach Durchführung der von dem Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen kein merkantiler Minderwert des Hauses.
Der Beklagte zu 1 a hat beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und
die gegen ihn gerichteten Klagen abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des angegriffenen Urteils zu erneuter Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte zu 2 hat beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und
die gegen ihn gerichteten Klagen abzuweisen.
Die Kläger haben beantragt,
die Berufungen der Beklagten zu 1 a und zu 2 zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, soweit ihren Klagen stattgegeben worden ist.
Mit ihren Anschlussberufungen haben sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge gegenüber dem Beklagten zu 1 a und gegenüber dem Beklagten zu 2 weiterverfolgt und eine gesamtschuldnerische Verurteilung dieser Beklagten zur Zahlung von insgesamt 134.513,32 Euro nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe sowie die Feststellung seiner Verpflichtung zum Ersatz weitergehender Schäden erstrebt.
Insoweit haben die Kläger beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und
1. die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 50.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2009 zu zahlen;
2. die Beklagten zu 1 a und zu 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger weitere 84.513,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. August 2010 zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen als Gesamtgläubigern sämtliche über 134.513,32 Euro hinausgehende Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die deswegen entstanden sind oder entstehen, weil horizontale Querdruckkräfte des - auf die hintere hang- seitige und auf die seitlichen Kellermauern drückenden - Hang-Erdreichs das gesamte Bauwerk verschoben haben.
Der Beklagte zu 1 a und der Beklagte zu 2 haben beantragt,
die Anschlussberufungen der Kläger zurückzuweisen.
Sie haben das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt, soweit die gegen sie gerichteten Klagen abgewiesen worden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf ihre bereits genannten Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat das Urteil des Landgerichts auf die Berufung des Beklagten zu 2 durch Urteil vom 25. März 2014 teilweise abgeändert und die gegen ihn erhobene Klage abgewiesen. Die von dem Beklagten zu 1 a gegen das Urteil eingelegte Berufung und die gegen die Beklagten zu 1 a und zu 2 gerichteten Anschlussberufungen der Kläger hat er zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 25. März 2014 Bezug genommen.
Auf eine Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der Bundesgerichtshof das Urteil vom 25. März 2014 durch Urteil vom 31. März 2016 (III ZR 70/15, juris) aufgehoben, soweit die gegen den Beklagten zu 2 (dort: Beklagter zu 3) gerichtete Klage unter Zurückweisung der von den Klägern eingelegten Anschlussberufungen abgewiesen worden ist.
Nach der Zurückverweisung der Sache verfolgen die Kläger die oben wiedergegebenen Klageanträge gegenüber dem Beklagten zu 2 mit ihren Anschlussberufungen weiter.
Wegen weiterer Einzelheiten ihres Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze vom 10. und 30. Januar 2013 (Band III Blatt 375 f. und 377 ff. der Akten), vom 30. Juni 2016 und vom 13. September 2022 (Band VI Blatt 11 und 202 der Akten) verwiesen.
Der Beklagte zu 2 verfolgt seinen auf Klageabweisung gerichteten Berufungsantrag weiter.
Er verweist auf seinen Vortrag zur Schadenshöhe und zu den seines Erachtens in dem geltend gemachten Betrag enthaltenen Sowieso-Kosten. Ergänzend führt er aus, eine neue Bodenplatte sei - mangels statischer Funktion - nicht erforderlich, ebenso wenig ein neuer Terrassenbelag (Betonplatte), da dieser auch bei anfänglich anderer Lösung hätte errichtet werden müssen. Die vorgeschlagene Hangsicherung mit Winkelstützwand würde - wie von ihm bereits dargelegt - die ursprünglich geplante Hangmodellierung und den dafür erforderlichen Aufwand ersetzen. Die Minderkosten bei den Erdarbeiten beliefen sich auf (ca. 128 cbm x 50 Euro/cbm =) 6.400 Euro (vgl. die Zeichnung Band VI Blatt 8 der Akten), die Mehrkosten eines Betonkellers gegenüber einem Mauerwerkskeller auf ca. 8.000 Euro.
Da die von dem Sachverständigen Nachname2 vorgeschlagene Lösung statisch einwandfrei und sogar dauerhafter und wartungsärmer als ein geböschter Hang sei, führe sie zu einem Wertvorteil und nicht etwa zu einem merkantilen Minderwert.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung des Beklagten zu 2 wird auf die Schriftsätze vom 30. November 2012 und vom 27. Mai 2013 (Band III Blatt 329 ff. und 402 ff. der Akten) sowie vom 30. Juni 2016 (Band VI Blatt 6 f. der Akten) Bezug genommen.
Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens ... vor Landgericht Stadt1 sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Der Senat hat weitergehend Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Höhe des Schadens. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 10. Juli 2022 (in gesondertem Aktenordner) verwiesen.
II.
Die Berufung des Beklagten zu 2 bleibt erfolglos, während die Anschlussberufungen der Kläger zu einer - über das teilweise rechtskräftige Senatsurteil vom 25. März 2014 hinausgehenden - Abänderung des angegriffenen Urteils führen.
1. Die Klagen sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen weitergehenden Umfang begründet.
a. Der Bundesgerichtshof meint, die von dem zweitbeklagten Prüfingenieur durch den Vertrag der Parteien vom 8./9. Dezember 2005 übernommene Aufgabe, gemäß §§ 59 Abs. 3 Satz 1 und 2 HBO 2002 die Nachweise für die Standsicherheit zu bescheinigen und nach § 73 Abs. 2 HBO 2002 die mit den von ihm zuvor bescheinigten Unterlagen übereinstimmende Bauausführung zu bescheinigen, sei eine werkvertragliche Leistung im Sinne des Privatrechts (vgl. Urteil vom 31. März 2016, III ZR 70/15, juris Rn. 28 ff., dort wird der beklagte Prüfingenieur als Beklagter zu 3 bezeichnet): Der Prüfingenieur habe die bautechnischen Nachweise in Bezug auf die statische Berechnung prüfen und die für die Standsicherheit bedeutsamen Konstruktionsteile stichprobenartig kontrollieren müssen, um statische Mängel zu erkennen, eine statisch fehlerhafte Bauausführung zu verhindern und hierdurch drohende Schäden zu verhindern. Auch wenn der Ingenieur am Maßstab öffentlich-rechtlicher, vorrangig allgemeinschützender Normen zu prüfen und hierüber eine der Bauaufsichtsbehörde vorzulegende Bescheinigung zu erstellen habe, schütze sein Prüfauftrag auch das Interesse des Auftraggebers (Bauherrn) an der Sicherheit seiner selbst und der Hausbewohner sowie das vermögensmäßige Interesse des Bauherrn an einer uneingeschränkten Nutzbarkeit (Schadensfreiheit) des zu errichtenden Bauwerks, da statische Mängel Leib, Leben und Vermögen des Bauherrn erheblich gefährden könnten (§§ 133, 157 BGB).
Damit komme eine vertragliche Haftung des Prüfingenieurs in Betracht.
b. Nach dieser den Senat - aus den in seinem Urteil vom 25. März 2014 (14 U 202/12, juris) ausgeführten Gründen - nicht überzeugenden, aber gemäß § 563 Abs. 2 ZPO bindenden rechtlichen Beurteilung schuldete der beklagte Prüfingenieur den Klägern als werkvertraglichen Erfolg eine Prüfung, die eine den öffentlichen Bauvorschriften über die Standsicherheit entsprechende Ausführung ihres Bauvorhabens gewährleistet.
c. Diese Werkleistung hat der Beklagte zu 2 mangelhaft erbracht (§ 633 Abs. 2 BGB).
aa. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der Hessischen Bauordnung vom 18. Juni 2002 (HBO a. F.) muss jede bauliche Anlage, auch unter Berücksichtigung der Baugrundverhältnisse, im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein.
bb. Diesen Anforderungen genügt das von den Klägern errichtete Bauwerk nicht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 in seinem schriftlichen Gutachten vom 19. Januar 2012 weist der Keller des Hauses der Kläger zahlreiche Risse auf, die darauf zurückzuführen sind, dass die bergseitige Kelleraußenwand durch Erddruck einer Schub- und Biegebeanspruchung ausgesetzt ist.
Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, der Standsicherheitsnachweis für die unmittelbare Erddruckbelastung der bergseitigen Kelleraußenwand und die Nachweise gegen Materialversagen und Gleiten für die Kellergeschosskonstruktion seien bei der Planung des Gebäudes (statische Berechnung) und bei Prüfung des Beklagten zu 2 nicht beachtet worden. Die gesamte statisch-konstruktive Planung des Gebäudes und der Freiflächen sei mangelhaft; sie berücksichtige die Erddruckbelastung der Kelleraußenwände nicht ausreichend: Die 2,31 m hohe Mauerwerkswand mit der nur geringen Auflast aus dem Fertighaus sei nicht hinreichend standsicher (vgl. Seiten 38, 39 und 48 des Gutachtens vom 19. Januar 2012).
Der beklagte Prüfingenieur hätte bei der Prüfung der Planungsunterlagen feststellen müssen, dass eine Ausführung des Kellers in Mauerwerk nicht in der Lage sei, die Schubkraft aus der einseitigen Erdruckbelastung in die Bodenfuge abzuleiten, und die Standsicherheit des geplanten Kellers nicht bescheinigen dürfen.
cc. Hiernach hat der Beklagte zu 2 den von ihm nach Ansicht des Bundesgerichtshofs werkvertraglich geschuldeten Erfolg - eine die Standsicherheit des von den Klägern geplanten Bauwerks gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 HBO a. F. gewährleistende Prüfung der Tragwerksplanung - nicht erbracht, d. h. seine werkvertragliche Verpflichtung im Sinne der §§ 633 Abs. 1 und 2, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB verletzt.
d. Diese Pflichtverletzung hat der Beklagte zu 2 zu vertreten, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn nach den zitierten Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hätte er die fehlende Standsicherheit des Kellerbauwerks erkennen müssen.
e. Gemäß §§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB können die Kläger von dem Beklagten zu 2 den ihnen aufgrund der Pflichtverletzung entstandenen Schaden ersetzt verlangen. Der Beklagte zu 2 hat sie gemäß § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn er seine werkvertragliche Verpflichtung - eine die Einhaltung des § 11 Abs. 1 Satz 1 HBO a. F. gewährleistende Prüfung - ordnungsgemäß erbracht hätte. In diesem Fall hätten sie die Kosten einer den statischen Erfordernissen entsprechenden Planung und Ausführung ihres Bauvorhabens tragen müssen, während Kosten für eine nachträgliche Mängelbeseitigung nicht angefallen wären:
aa. Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat ausgeführt, das Kellergeschoss hätte wegen der einseitigen Erddruckbelastung auf der Bergseite - gleich einem Stützbauwerk - an den einwirkenden Belastungen ausgerichtet und entsprechend konstruiert werden müssen. Es wäre ein formstabiler Baukörper erforderlich gewesen, der den Kräftefluss verformungsfrei und unter Einhaltung der statischen Anforderungen des vorgesehenen Baustoffes aufnehmen und bis in den Baugrund ableiten könne, d. h. eine Kellerkonstruktion aus Stahlbeton (vgl. Seite 39 des Gutachtens vom 19. Januar 2012), wobei nach überschlägiger Beurteilung eine Stahlbetonkonstruktion mit nur 15 cm Wanddicke nicht ausreichend gewesen wäre (vgl. ebenda).
Außerdem hätten bei der Planung der Freiflächengestaltung Stützbauwerke zur Abfangung der Geländeversprünge vorgesehen werden müssen, um die Standsicherheit des Bodens oberhalb des vorgesehenen Hauses herzustellen (vgl. Seite 40 des vorgenannten Gutachtens).
Welche (Mehr-) Kosten seinerzeit für diese zur Gewährleistung der Standsicherheit erforderlichen Maßnahmen angefallen wären, wenn sie auf entsprechenden Hinweis des Beklagten zu 2 von vornherein geplant und durchgeführt worden wären (SowiesoKosten), hatte der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 dabei nicht festgestellt.
bb. Das Landgericht hat den Beklagten zu 2 neben dem Beklagten zu 1 a, dem Gesellschafter der mit der Erstellung des Kellers beauftragten Werkunternehmerin, zum Ersatz von Schadensbeseitigungskosten in Höhe von 114.192,32 Euro verurteilt.
cc. Hiergegen hat der Beklagte zu 2 mit seiner Berufung eingewandt, das Landgericht habe unzureichende Feststellungen zur Schadenshöhe getroffen: Zum einen seien von dem Sachverständigen Nachname2 angegebene Schätzungstoleranzen von bis zu 30 % (hier: 34.000 Euro) inakzeptabel. Zum anderen habe das Landgericht seine Einwendungen zu den Sowieso-Kosten nicht berücksichtigt; diese machten mindestens 75 % aus. Schließlich verbleibe nach Durchführung der von dem Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen kein merkantiler Minderwert des Hauses.
Diese Einwände sind zutreffend (Art. 103 Abs. 1 GG):
(1) Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 hat in seinem in dem selbständigen Beweisverfahrens ... vor dem Landgericht Stadt1 unter dem 20. April 2010 erstellten Gutachten (dort Seite 19) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zur genauen Bestimmung der Schadensbeseitigungskosten in einem Schadensersatzprozess zu den von ihm grob geschätzten Einzelpositionen eine entsprechende Werk- oder Detailplanung zu erstellen, hierzu ggf. im Einzelfall weitere Bauteilöffnungen und umfangreichere Voruntersuchungen vorzunehmen wären und auf der Grundlage einer solchen Detailplanung, etwa über ein Ausschreibungsverfahren mit exakter Leistungsbeschreibung für die einzelnen Mangelbeseitigungspositionen der verschiedenen Gewerke, die Kosten nochmals - unter Hinzuzuziehung eines ÖBUV- Sachverständigen für Baupreisermittlung und Abrechnung im Hoch- und Ingenieurbau oder eines fachkundigen Architekten - detaillierter zu ermitteln wären.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 grob geschätzten Beträge keiner detaillierten Überprüfung unterzogen, sondern jeweils als „pauschale“ Positionen übernommen (vgl. Seiten 43 ff. des Gutachtens vom 19. Januar 2012).
(2) Die von dem Beklagten zu 2 wiederholt angeführten (Mehr-) Kosten einer von Anfang an den statischen Erfordernissen entsprechenden Planung und Ausführung des Bauvorhabens der Kläger sind von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 ebenfalls nicht in der vorgenannten Weise, d. h. durch Erstellung einer Werk- oder Detailplanung mit exakter Leistungsbeschreibung und Kostenermittlung, festgestellt worden.
(3) Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 hat in seinem Gutachten vom 20. April 2010 (dort Seite 17) einen nach der von ihm vorgeschlagenen Sanierung verbleibenden merkantilen Minderwert des Hausgrundstücks der Kläger von 10 % des Verkehrswerts geschätzt und insoweit einen Wert von 250.000 Euro zugrunde gelegt. Zugleich hat er darauf hingewiesen, dass für eine genaue Schadensbemessung eine Ermittlung des Verkehrswerts des (hypothetisch) mängelfrei erstellten Objekts sowie eine Maklerbefragung mit statistischer Auswertung durchzuführen wäre (ebenda). Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat den von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname2 Nachname2 auf 25.000 Euro geschätzten Betrag mit der Begründung übernommen, „die völlige Fehleinschätzung der statischen Anforderungen“ bei der Planung und Prüfung des Bauvorhabens rechtfertigten diesen Minderungsbetrag (vgl. Seiten 49 des Gutachtens vom 19. Januar 2012).
dd. Da die Einwände des Beklagten zu 2 zur Schadenshöhe vom Landgericht übergangen wurden, hat der Senat zur Gewährung rechtlichen Gehörs ergänzend Sachverständigenbeweis über die Schadenshöhe erhoben.
(1) Der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 10. Juli 2022 (in gesondertem Aktenordner) auf der Grundlage geotechnischer Untersuchungen des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen Dipl.-Geologe Vorname5 Nachname5 und umfangreicher Kostenermittlungen festgestellt, dass sich die Mängelbeseitigungskosten unter Berücksichtigung der Teuerungsrate bis zum Jahr 2023 auf netto 177.000 Euro (brutto 211.500 Euro) belaufen (vgl. Seiten 27 ff., 53 des vorgenannten Gutachtens).
(2) Die Mehrkosten einer von Anfang an den statischen Erfordernissen entsprechenden Planung und Ausführung des Bauvorhabens, d. h. die tatsächliche Ersparnis der Kläger, hat der Sachverständige Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 auf brutto 14.400 Euro beziffert (vgl. Seiten 54 ff., 53 des schriftlichen Gutachtens vom 10. Juli 2022).
(3) Ein merkantiler Minderwert des Hausgrundstücks der Kläger wird nach Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 nach der Mängelbeseitigung nicht verbleiben (vgl. Seiten 52 und 57 des schriftlichen Gutachtens vom 10. Juli 2022).
(4) Eine Wertverbesserung wird das Hausgrundstück der Kläger durch die Mängelbeseitigung nach Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 nicht erfahren (vgl. Seiten 52 und 57 f. des schriftlichen Gutachtens vom 10. Juli 2022).
ee. Der Senat schließt sich insoweit der fachlichen Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 an; diese beruht ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen auf zutreffenden Tatsachenannahmen, ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und bietet auch sonst keine Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer Richtigkeit.
Die Parteien sind ihr nicht entgegengetreten. In Bezug auf die unter dd. wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 bestehen auch keine Unvollständigkeiten, Unklarheiten oder Zweifel, die nach der - vom Senat geteilten - Auffassung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 6. März 1986, NJW 1986, S. 1928 ff., juris Rn. 40) eine Ergänzung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen, dessen Anhörung oder die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens eines anderen Sachverständigen gemäß § 412 Abs. 1 ZPO gebieten könnten.
ff. Auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Vorname1 Nachname1 erweisen sich die mit den Anschlussberufungen der Kläger weiterverfolgten, gegen den Beklagten zu 2 gerichteten Klageanträge als begründet.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 ZPO.
3. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.