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  • 03.04.2024 · IWW-Abrufnummer 240670

    Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 20.12.2022 – 12 U 289/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Stuttgart 

    Urteil vom 20.12.2022


    In dem Rechtsstreit
    wegen Forderung

    hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 12. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx, den Richter am Landgericht Dr. xxx und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. xxx aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2022 für Recht erkannt:

    Tenor:
    1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.09.2021, Az. 9 O 196/19, in Ziff. 1 wie folgt abgeändert:
      Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 42.286,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.11.2018 zu zahlen.
      Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
    2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
    3. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die der Streithelferin des Klägers im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten. Die der Streithelferin der Beklagten im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt diese selbst.
    4. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart, soweit es aufrechterhalten bleibt, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger bzw. die Streithelferin des Klägers vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Beschluss

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 45.000,00 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Kläger nimmt die Beklagten wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Architektenvertrag aus abgetretenem Recht auf Zahlung von Schadensersatz in Form eines Vorschusses für die Beseitigung angeblicher Mängel in Anspruch.

    1. Der Kläger hatte die I. AG (künftig: I. AG), vormals G. AG, durch Vertrag ("erweiterter Bauleitungsvertrag") vom 02.04.2009 (Anl. K1, Bl. 12 d.A.) mit der Durchführung energetischer Maßnahmen an einem Gebäude in O.-R. beauftragt. Dazu zählte die Installation einer Photovoltaik- sowie einer Geothermie-Anlage und die Sanierung der Dachflächen. Mit der Planung der Sanierungsarbeiten am Dach beauftragte die I. AG die Beklagten, wobei zunächst die Errichtung eines Sandwich-Daches vorgesehen war. Von dieser Konstruktion wurde später Abstand genommen; die Gründe hierfür sind streitig. Letztendlich wurde das bestehende Dach im Hinblick auf die erfolgte Wandverstärkung am Gebäude durch Dämmung verlängert, indem dem bestehenden Trapezdach eine Winkelstehfalzdeckung angefügt wurde.

    Als später Wasserschäden im Gebäude festgestellt wurden, initiierte die I. AG (als Antragstellerin) ein selbständiges Beweissicherungsverfahren gegen die Streithelferin der Beklagten und gegen die Beklagten, das unter dem Az. 9 OH 2/13 beim Landgericht Stuttgart geführt wurde. Während des selbständigen Beweissicherungsverfahrens wurde über das Vermögen der I. AG das Insolvenzverfahren eröffnet, das auf Seiten der Antragstellerin durch den Insolvenzverwalter weitergeführt wurde. In diesem selbständigen Beweissicherungsverfahren erstattete der Sachverständige S. mit Datum vom 17.06.2014 ein schriftliches Gutachten, das er schriftlich am 01.10.2014, am 16.01.2015 und am 09.11.2015 ergänzte. Am 06.09.2016 erfolgte eine mündliche Erläuterung des Gutachtens. Der Sachverständige hat sein Gutachten in vorliegendem Verfahren in 1. Instanz nach einem entsprechenden Beweisbeschluss schriftlich mit Datum vom 06.07.2020 ergänzt.

    Der Insolvenzverwalter der I. AG trat mit Vereinbarung vom 26.10.2016/16.11.2018 etwaige Schadensersatzansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagten an den Kläger ab. Der Kläger behauptet, die Beklagten hätten ihnen obliegende Pflichten bei der Planung der Dach" verlängerung" verletzt, weshalb es zum Eindringen von Wasser gekommen sei.

    Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhaltes, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

    2. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung und Einholung einer schriftlichen Ergänzung des Sachverständigengutachtens. Daraufhin hat es der Klage mit Urteil vom 14.09.2021 stattgegeben.

    Zur Begründung hat es ausgeführt, zwischen der I. AG und der Beklagten zu 1 sei ein Architektenvertrag zustande gekommen. Die Beklagten hätten die ihnen hieraus obliegenden Überwachungs- und Hinweispflichten im Rahmen der Dachsanierung schuldhaft verletzt, da die Sanierungsarbeiten sowohl mangelhaft geplant als auch mangelhaft ausgeführt worden seien. Der Anspruch sei weder durch ein Mitverschulden des Klägers erloschen, noch sei er verjährt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

    3. Gegen das ihnen am 06.10.2021 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit am 08.11.2021, einem Montag, bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung für die Berufungsbegründung bis zum 07.01.2022 rechtzeitig mit Schriftsatz vom 05.01.2022 begründet.

    Sie tragen vor, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Werkvertrag hinsichtlich der Planung der schließlich vorgenommenen Dachverlängerung abgeschlossen worden sei. Jedenfalls greife aber die "Leistungskettenrechtsprechung" des Bundesgerichtshofs, wonach Ansprüche gegen einen Subunternehmer dann nicht geltend gemacht werden könnten, wenn der Hauptunternehmer selbst nicht (mehr) in Anspruch genommen werden könne. Schließlich erhalte der Kläger ein auf Kosten der Beklagten saniertes Dach, das er selbst so nie in Auftrag gegeben habe.

    Die Beklagten beantragen:

    Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.09.2021, Az. 9 O 196/19 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

    Er ist der Auffassung, zwischen der I. AG und den Beklagten sei ein Architektenvertrag hinsichtlich der Sanierung des Daches zustande gekommen. Die Leistungskettenrechtsprechung sei nicht einschlägig und die geltend gemachten Mangelbeseitigungskosten enthielten keine Sowieso-Kosten.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf deren Schriftsätze sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2022 (Bl. 92 BA) und vom 19.12.2022 (Bl. 142 Ba) verwiesen.

    II.

    Die zulässige Berufung ist in der Sache unbegründet.

    Dem Kläger steht gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht der vom Landgericht ausgeurteilte Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Mängelbeseitigung zu.

    A. Ansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagten

    Anwendbar sind die Bestimmungen des BGB in der bis zum 01.01.2018 geltenden Fassung, Art. 229 § 39 EGBGB (s. auch Stelzner in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, juris PK-BGB, 9. Aufl., § 650p BGB (Stand. 04.01.2021), Rn. 116). Die Geltung der VOB/B wurde nicht vereinbart.

    1. Anspruchsgrundlage

    Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz als Vorschuss in Höhe der geschätzten Nachbesserungskosten. Es kommt allein ein Schadensersatzanspruch in Betracht, weil der Planungsmangel sich bereits im Bauwerk verwirklicht hat, so dass ein Nachbesserungsanspruch nicht mehr besteht (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2000 - VII ZR 242/99, beck-online; BGH, Urteil vom 17.6.2004 - VII ZR 25/03, NJW-RR 2004, 1247, beck-online - ausdrücklich erhobene Klage auf Vorschuss wurde als Klage auf Schadensersatz ausgelegt).

    Nach §§ 634 Nr. 2, 637 BGB werden dem Besteller im Verhältnis zu dem mangelhaft leistenden Bauunternehmer die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung durch die Gewährung eines Vorschussanspruchs abgenommen. Diese für das Werkvertragsrecht getroffene Wertung des Gesetzgebers ist auch für Planungs- oder Überwachungsfehler des Architekten, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, zu berücksichtigen. Ein umfassender Ausgleich des verletzten Interesses des Bestellers im Rahmen des Schadensersatzanspruchs gem. §§ 634 Nr. 4, 280 BGB wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, erfordert danach auch die Überwälzung der Vorfinanzierung auf den Architekten in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags an den Besteller (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 -, BGHZ 218, 1-22, Rn. 48; nachfolgend auch BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20 -, juris; BGH, Urteil vom 8. November 2018 - VII ZR 100/16 -, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. Juni 2019 - 13 U 161/17 -, Rn. 31, juris).

    Damit ist die Anspruchsgrundlage vorliegend §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1, 249 BGB.

    2. Zustandekommen eines Werkvertrags

    a. Grundsätzlich ist der Architektenvertrag, der die Bauplanung und örtliche Bauaufsicht umfasst, ein Werkvertrag (BGH, Urteil vom 26. November 1959 - VII ZR 120/58 -, BGHZ 31, 224-229, zitiert nach juris). Zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten Ziff. 1 bestand unstreitig ein Werkvertrag betreffend die Planung eines Sandwichdaches, zu dessen Ausführung es aber nicht kam. Ein schriftlicher Vertrag zur Sanierung des Daches, wie sie dann tatsächlich erfolgte, liegt nicht vor.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aber jedenfalls konkludent ein Vertrag hinsichtlich der Planung der letztendlich erfolgten Dachsanierung abgeschlossen worden:

    Unstreitig war der Beklagte Ziff. 3 an Gesprächen betreffend Vorschlägen zur Verlängerung der Dacheindeckung beteiligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat er hierzu erklärt: "Wir sollten die Kastenrinne nach außen legen, weil es Probleme gab. Das wurde dann gelöst mit der vorgelegten Rinne." ... "Wir waren schon selbst auf die Lösung mit der vorgehängten Rinne gekommen, bevor der Gutachter Sy. das auch so sagte" (Bl. 124 d.A.). Im selbständigen Beweisverfahren hat er eine Frage gestellt und diese damit eingeleitet, dass "er den Ablauf des Trapezbleches verlängern wollte nach Überlegungen mit der Firma H."... (Bl. 221 d.A.). In der Folge war der Beklagte Ziff. 3 auch unstreitig behilflich, die Ursachen für die Wassereintritte aufzuspüren. Nach Angaben des Geschäftsführers der Streithelferin auf Klägerseite, Herrn G., beteiligte sich der Beklagte Ziff. 3 auf der Baustelle auch an Gesprächen zur Lösung des zu kurzen Trapezblechdaches (Bl. 358 d.A.). Dass dieses Gespräch so stattgefunden hat, bestreiten die Beklagten auch nicht; sie messen ihm nur keine Bedeutung bei (Bl. 39 BA). Herr G. hat allerdings ausdrücklich gesagt, die Lösung sei vom Architekten gekommen: "Der Architekt W. sollte uns sagen, was man macht." (Bl. 358 d.A.). Er selbst sei als Zimmermann nur für das Holz verantwortlich gewesen; planerische Leistungen "könne er nicht".

    Für das Zustandekommen eines entsprechenden Architektenvertrages sprechen auch verschiedene Schreiben der Beklagten. So hat diese der I. AG am 27.02.2012 (Anl. K2, Bl. 13 d.A.) mitgeteilt: "Wir wurden von der G. AG / I. AG beauftragt, die bestehenden Dächer der G. R. zu sanieren, einschließlich der Ausschreibung und Bauleitung der betreffenden Gewerke". Am 08.05.2010 haben die Beklagten eine Rechnung sowie weitere Teilrechnungen betreffend das Projekt "Dachsanierung der G. R." gestellt (Anl. K3, Bl. 15 ff. d.A.). Schließlich gibt es auch eine von den Beklagten erstellte Adressliste der Handwerker (Anl. K8, Bl. 94 d.A.) für das Projekt 2009/02 "Dach- und Fassadensanierung G. R.".

    Unschädlich ist insoweit, dass zwischen der G. AG (später I. AG) und dem Flaschnerteam H. GmbH (Streithelferin der Beklagten, vgl. Anl. Ast2) ein Bauvertrag unter Einbeziehung der VOB/B betreffend "Dachsanierungsarbeiten der G. R." geschlossen wurde. Dies schließt eine zusätzliche Beauftragung der Beklagten für die Planungsleistungen nicht aus. Dass der Zeuge K. einen solchen Auftrag nicht bestätigt hat, steht dem deswegen nicht entgegen, weil sich der Zeuge an die Arbeiten an dem streitgegenständlichen Dach insgesamt nicht mehr erinnern konnte. Der Zeuge Sch. meinte hingegen, dass die Lösung, nur das Blechdach zu sanieren, mit dem Beklagten Ziff. 3 besprochen wurde (Bl. 358 d.A.). Das Landgericht ist allerdings zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Zeuge Sch. (glaubwürdig) ausgesagt habe, der Beklagte Ziff. 3 habe eine Skizze auf der Baustelle angefertigt, die detaillierte Zahlen und Anweisungen enthalten habe (UA Seite 11). Hierzu hat der Zeuge Sch. indessen nichts gesagt.

    Dies alles spricht in seiner Gesamtheit dafür, dass sich an der ursprünglich durch Vertrag begründeten Zuständigkeit der Beklagten für die Sanierung des Daches nichts dadurch änderte, dass von der anfänglichen Sandwichdach-Planung Abstand genommen und die Entscheidung für die Sanierung/Verlängerung des Blechdaches getroffen wurde.

    b. Für Ansprüche aus dem Werkvertrag haften auch die Beklagten Ziff. 2 und 3 als Gesellschafter akzessorisch analog § 128 HGB (Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 714 Rn. 11).

    3. Sachmangel i.S.d. § 633 Abs. 2 BGB

    Sowohl die Planung der Dachverlängerung als auch die Überwachung der Durchführung durch die Beklagten waren mangelhaft:

    a. Grundsätzliches

    Auch für Fehler von Architekten gilt der dreigliedrige Mangelbegriff des § 633 Abs. 2 BGB (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl, 11. Teil, Rn. 712; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. April 2018 - I-22 U 93/17 -, Rn. 158, juris). Dies betrifft die Planung und die Überwachung. Hat sich der Architekt gegenüber dem Besteller zur Bauplanung verpflichtet, schuldet er auf der Grundlage der Bauwünsche des Auftraggebers eine mangelfreie und funktionstaugliche Planung (MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2020, BGB § 650p Rn. 25). Bildet die Bauüberwachung den Gegenstand des Vertrages, schuldet der Architekt auch insoweit die Verwirklichung eines plangerechten und mangelfreien Werkes. Auch der bauüberwachende Architekt leistet neben dem planenden Architekten einen Beitrag zur Verwirklichung des Bauwerks oder der Außenanlage. Dieser Beitrag schlägt sich im Bauwerk oder der Außenanlage nicht weniger nieder als der des bauplanenden Architekten. Nach zutreffender Auffassung dienen die planende und bauleitende Tätigkeit des Architekten daher der Herbeiführung desselben Erfolges. Der Architekt ist verpflichtet, die Mangelfreiheit des Baus zu überwachen, die Ursachen erkennbar gewordener Mängel aufzuklären und den Bauherrn entsprechend zu unterrichten. Das gilt nicht nur hinsichtlich solcher Mängel, die ihre Ursache in eigenen Aufsichtsfehlern des Architekten haben, sondern auch im Hinblick auf Fehlleistungen Dritter (MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2020, BGB § 650p Rn. 28).

    b. Verwertbarkeit der Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens

    Vorliegend wurde das selbständige Beweisverfahren auf Veranlassung der Insolvenzschuldnerin als Antragstellerin betrieben, in dem zu etwaigen Mängeln am Dach und deren Ursache (nicht-fachgerechte Ausführung der Flaschnerarbeiten / Planungsfehler) ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde.

    Die in einem selbständigen Beweisverfahren erhobenen Beweise sind grundsätzlich im Prozess verwertbar, § 493 ZPO. Die selbständige Beweiserhebung steht einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich; die dort erhobenen Beweise sind mithin so zu behandeln, als wären sie erst im Hauptsacheprozess erhoben worden (BeckOK ZPO/Kratz, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 493 Rn. 6). Voraussetzung ist allerdings die Identität der Beteiligten (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - VII ZR 92/89 -, Rn. 13, juris).

    Das selbständige Beweisverfahren wurde zwar von der Insolvenzschuldnerin und nicht vom hiesigen Kläger geführt. Es diente aber (auch) der Sicherung von Ansprüchen der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagten im Hinblick auf Mängel des Daches am streitgegenständlichen Objekt (Bl. 2 in 9 OH 2/13). Diesen Anspruch gegen die Beklagten hat der Insolvenzverwalter an den Kläger abgetreten, der ihn vorliegend geltend macht; die Identität der Beteiligten liegt mithin vor: Auf die Rechtsnachfolge nach Anhängigkeit des selbständigen Beweisverfahrens ist der Rechtsgedanke aus § 325 Abs. 1 ZPO entsprechend anzuwenden, so dass die Ergebnisse der Beweisaufnahme auch im Verhältnis zu dem Rechtsnachfolger gelten (BGH, Beschluss vom 27.10.2011 ? VII ZB 126/09, zitiert nach beck-online; BeckOK ZPO/Kratz, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 493 Rn. 1.1; KG Berlin, Beschluss vom 19.06.1981, 1 W 5362/80, MDR 1981, 940, zitiert nach juris). Rechtsnachfolger i.S.d. § 325 Abs. 1 ZPO ist auch derjenige, der eine Forderung im Wege der Abtretung erworben hat (Vollkommer in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 325 Rn. 18; MüKoZPO/Schreiber, 6. Aufl. 2020, ZPO § 493 Rn. 2).

    Allerdings muss die Verwertung des selbständigen Beweisverfahrens im Protokoll festgestellt werden, § 160 Abs. 3 ZPO (Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., § 493 Rn. 1). Dies ist vorliegend zwar nicht geschehen. Der Sachverständige S. ist aber vom Landgericht im vorliegenden Verfahren durch Beweisbeschluss vom 21.04.2020 (Bl. 196 d.A.) damit beauftragt worden, sein im selbständigen Beweisverfahren erstattetes Gutachten schriftlich zu ergänzend. In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 06.07.2020 (Bl. 228 d.A.) hat er sich auf sein im selbständigen Beweisverfahren erstattetes Gutachten bezogen und erneut ausdrücklich festgestellt, dass ein Planungsfehler vorlag. Damit ist das Ergebnis der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren gem. § 285 ZPO ordnungsgemäß in den hiesigen Prozess eingeführt worden (vgl. Musielak/Voit/Huber, 19. Aufl. 2022, ZPO § 493 Rn. 2).

    Grundsätzlich können die Parteien Einwendungen gegen ein im selbständigen Beweisverfahren erhobenes Gutachten auch noch im Hauptverfahren erheben (MüKoZPO/Schreiber, 6. Aufl. 2020, ZPO § 493 Rn. 3). Die Einwendungen der Beklagten sind jedoch nicht geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen; ihre Berufungsangriffe gegen die Beweiswürdigung bleiben ohne Erfolg:

    c. Der Sachverständige hat festgestellt, dass das Blechdach nach der Sanierung nicht vollständig wasserdicht war; dies sei darauf zurückzuführen, dass die Traufe sowohl falsch geplant als auch falsch ausgeführt worden sei (Seite 14 des Gutachtens): Grundsätzlich könne ein Trapezdach nicht mit einer Winkelfalzbedachung verlängert werden; im Übrigen ließen sich "mit Winkelfalzen (...) keine Dächer decken." Auch reiche eine Abbörtelung von 1 cm als Abtropfkante nicht aus. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen unter Bezugnahme auf die Fotos des streitgegenständlichen Daches hätte die Traufe ganz anders gebaut werden müssen (Gutachten Seite 16). In seiner mündlichen Ergänzung des Gutachtens am 06.09.2016 (Bl. 221 d.A.) hatte er eindrücklich bestätigt, dass die Traufe in der ganzen Länge fehlerhaft ausgeführt worden sei: "Der hauptsächliche Mangel ist die fehlende Überlappung der Bleche im Längssturz. Das ist der Übergang des Bestandsdaches zum neuen Dach...". Weiter hat der Sachverständige ganz deutlich gesagt, dass der Wassereintritt kausal durch den Mangel an der Traufe verursacht wurde (Bl. 224 des selbständigen Beweisverfahrens).

    Ein Mangel der Werkleistung liegt im Übrigen auch dann vor, wenn der Auftragnehmer nicht auf Bedenken hinsichtlich einer vom Besteller gewählten Ausführungsvariante hinweist, die ihm aufgrund seiner Fachkunde kommen mussten (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11, juris, Rn. 14). Selbst wenn die Insolvenzschuldnerin die schließlich durchgeführte Dachverlängerung wollten, hätten die Beklagten auch insoweit eine ihnen obliegende Pflicht verletzt.

    Es handelt sich vorliegend damit in erster Linie um einen Planungsfehler der Beklagten. Allerdings blieben die Beklagten auch für die gesamte Ausführungsplanung verantwortlich und waren daher auch gehalten, die von der Streithelferin gefertigte Montage zu überprüfen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. Dezember 2020 - 8 U 5/19 -, Rn. 81, juris).

    Die Beklagten wenden sich insgesamt gegen die Feststellungen des Sachverständigen und vertreten die Auffassung, das Dach habe mehrere Sachmängel (Bl. 40 BA). Eine unsachgemäße Anbringung der Photovoltaik-Anlage (Verursachung von Leckagen durch fehlerhafte Verschraubungen), wie von Beklagtenseite behauptet, konnte der Sachverständige allerdings gerade nicht feststellen (Seite 7 des letzten Gutachtens, Bl. 228 d.A.). Der Sachverständige hat im Übrigen zu sämtlichen Einwänden der Beklagtenseite bereits Stellung genommen und blieb bei seiner Feststellung, dass "die Traufe falsch ist" (Bl. 223 d.A.). Dies gilt auch im Hinblick auf die im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 07.11.2022 erneut vorgetragene Behauptung, "Winddruck- und Windsog" seien im Gutachten unberücksichtigt geblieben; hierauf ist der Sachverständige insbesondere im Ergänzungsgutachten vom 01.10.2014 eingegangen.

    4. Fristsetzung

    Auch bei einem Planungsfehler besteht grundsätzlich ein Nacherfüllungsrecht des Architekten, solange noch nicht nach den Plänen gebaut ist. Allerdings ist eine Fristsetzung vorliegend nach § 281 Abs. 2 2. Alt. BGB entbehrlich. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Fehler bereits im Bauwerk niedergeschlagen hat. In solchen Fällen ist die eigentliche Architektenleistung nicht mehr reparabel, das heißt sie kann durch eine Nachbesserung nicht beseitigt werden (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl, 11. Teil, Rn. 726; OLG Hamm, Urteil vom 8. Mai 2008 - 12 U 124/06 -, Rn. 30, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. April 2018 - I-22 U 93/17 -, Rn. 368, juris).

    Dies ist vorliegend der Fall, da der durch die Undichtigkeiten verursachte Wassereintritt erst nach Fertigstellung der Sanierungsarbeiten auftrat. Insoweit erhebt die Berufung auch keinen Angriff.

    5. Verschulden

    Gem. § 280 Abs. 1 BGB wird das Verschulden des Auftragnehmers vermutet; einen ihnen obliegenden Entlastungsbeweis i.S.v. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB haben die Beklagten nicht geführt. Der Beklagtenvertreter beschränkt sich insoweit darauf zu wiederholen, dass eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten nicht bestanden habe (Bl. 42 BA).

    6. Schaden

    a. Bestehen eines Schadens bei der Insolvenzschuldnerin?

    Die Beklagten verneinen das Vorliegen eines Schadens und argumentieren mit der sog. Leistungskettenrechtsprechung, wonach Ansprüche gegen einen Subunternehmer nicht geltend gemacht werden können, wenn der Hauptunternehmer selbst nicht (mehr) in Anspruch genommen werden könne. Die Rechtsprechung zur Leistungskette beruht auf der normativen, von Treu und Glauben geprägten schadensrechtlichen Wertung, dass dem Hauptunternehmer, jedenfalls dann, wenn er wegen des Mangels nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, ungerechtfertigte, ihn bereichernde Vorteile zufließen, wenn er gleichwohl als Schadensersatz die Mängelbeseitigungskosten vom Nachunternehmer fordern kann (BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - VII ZR 266/14 -, BGHZ 208, 372-384, Rn. 35). Insoweit kommen damit die Grundsätze der Vorteilsausgleichung zur Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 8/06 -, Rn. 15, juris). Die Beklagten tragen vor, Ansprüche des Klägers gegen die Insolvenzschuldnerin seien verjährt; die Insolvenzschuldnerin habe sich auf die Verjährung berufen können und dann keinen Schaden gehabt. Die verjährte Forderung sei wie eine nicht bestehende Forderung zu behandeln (BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - VII ZR 266/14 -, BGHZ 208, 372-384, Rn. 29) und könne deshalb nicht abgetreten werden. Es stelle zumindest ein Mitverschulden der Insolvenzschuldnerin dar, sich nicht auf die Verjährung berufen zu haben (im Einzelnen: Bl. 36 BA bzw. Seite 4 BB). Jedenfalls habe der Kläger aber die Werkleistungen der Insolvenzschuldnerin abgenommen und von dieser keinen Schadensersatz verlangt (Bl. 120 d.A.). Wenn die Insolvenzschuldnerin selbst keinen Schaden gehabt habe und ihr trotzdem Ansprüche gegen die Beklagten zustünden, trete bei ihr eine Überkompensation ein, da sie selber ja nicht mehr in Anspruch genommen werden könne. Dies werde durch die Abtretung an den Kläger umgangen.

    aa. Allerdings hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die Ansprüche des Klägers gegen die Insolvenzschuldnerin mangels Abnahme gerade nicht verjährt waren: Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit der Abnahme der Leistung, § 634a Abs. 2 BGB. Der Kläger bestreitet, dass eine Abnahme stattgefunden habe. Das Landgericht hat hierzu unter anderem drei Zeugen vernommen (vgl. Verfügung vom 22.12.2020, Bl. 340 d.A. und mündliche Verhandlung vom 18.05.2021, Bl. 354 d.A.) und aufgrund der Beweiswürdigung eine Abnahme verneint (UA S. 14). Dies beruhte darauf, dass keiner der Zeugen eine Abnahme bestätigen bzw. sich an eine solche erinnern konnte. An dieser landgerichtlichen Würdigung ist nichts auszusetzen. Daran ändert auch der Vortrag der Beklagten, dem Kläger würden seit 01.01.2010 "hohe Stromerlöse" aus der Photovoltaikanlage zufließen, nichts.

    Eine konkludente Abnahme könnte zwar grundsätzlich in der unstreitig erfolgten Bezahlung der Rechnung (am 08.08.2010) zu sehen sein, s. hierzu auch unten B1. Allerdings erfolgte diese Bezahlung im Verhältnis Insolvenzschuldnerin - Beklagte. Prinzipiell ist aber jedes Vertragsverhältnis gesondert zu betrachten und folglich die Abnahme auch bei Kettenverträgen vom jeweiligen Auftraggeber gegenüber seinem Auftragnehmer zu erklären. So ist die Abnahme der Leistung des Subunternehmers von dessen Besteller, also dem Hauptunternehmer, zu erklären und nicht vom Bauherrn als Hauptauftraggeber (BeckOGK/Kögl, 1.7.2022, BGB § 640 Rn. 24; aA OLG Köln, Urteil vom 23. Februar 1996 - 19 U 231/95 -, juris).

    Der Kläger hat gegenüber der Insolvenzschuldnerin auch ausdrücklich Mängelrügen erhoben (vgl. Anlagenkonvolut K 22) und somit zum Ausdruck gebracht, dass er auf entsprechende Ansprüche gerade nicht verzichte.

    bb. Die Beklagten berufen sich darüber hinaus auf die absolute Verjährung der Ansprüche gem. § 199 Abs. 4 BGB (BB Seite 5). Allerdings wäre für einen Schadensersatzanspruch wie den vorliegenden § 199 Abs. 3 BGB einschlägig. Dessen Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt: Ausgehend davon, dass der Vertrag zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin am 02.04.2009 (Anl. K1, Bl. 12 d.A.) geschlossen wurde, die Architektenleistungen danach erbracht wurden und die Klage am 13.02.2019 erhoben wurde, kann die Zehn-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen sein.

    b. Höhe

    Das Landgericht hat einen Schaden in Höhe des ausgeurteilten Betrages von 42.286,65 € angenommen (UA Seite 13) und ist damit den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen (Gutachten im OH-Verfahren, Seite 15ff.) gefolgt. Zu den einzelnen Schadenspositionen hat letzterer auf Nachfrage des Beklagtenvertreters im Ergänzungsgutachten vom 10.10.2014 ausführlich Stellung genommen (dort z. B. Seite 12). Der Sachverständige hat den Schaden auch auf die Fehler in Planung und Ausführung zurückgeführt (vgl. z. B. Seite 7 des Ergänzungsgutachtens vom 16.01.2015: "Weil das Dach falsch gebaut ist, kann bei Wind Wasser eindringen. Wäre es richtig gebaut, wäre es auch bei Wind regensicher. Das ist das Ergebnis meines Gutachtens"). Der Schaden liege darin, dass die Traufe ganz anders gebaut werden müsse (Seite 15 des Gutachtens). Die Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 07.11.2022, in der Hauptforderung seien bereits 12.168 € Zinsen enthalten (Bl. 113 BA), trifft nicht zu.

    Die Beklagten wenden ein, dem Kläger sei deswegen kein Schaden entstanden, weil es sich hierbei um Sowieso-Kosten handele (BB Seite 2), die grundsätzlich abzuziehen sind (Kniffka/Koeble, a.a.O., 11. Teil, Rn. 733). Danach ist der Schadensersatzanspruch eines Bestellers stets um diejenigen (Mehr-)Kosten zu kürzen, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1989 - VII ZR 140/88 -, Rn. 18, juris). Anknüpfungspunkt ist dabei, dass der Auftragnehmer nicht mit den Kosten solcher Maßnahmen belastet werden darf, die er nach dem Vertrag gar nicht zu erbringen hatte. Andererseits ist es dem Auftragnehmer nicht gestattet, sich durch Geltendmachung von Sowiesokosten der werkvertraglichen Erfolgshaftung zu entziehen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. März 2018 - 8 U 51/15 -, Rn. 35, juris).

    Der Sachverständige wurde schriftlich befragt und hat hierzu Stellung genommen (Seite 8 des Ergänzungsgutachtens vom 16.01.2015, 6.2): "Die Mehrkosten von ordnungsgemäßen Arbeiten können tatsächlich als Sowiesokosten infrage kommen. Allerdings war die fehlerhafte Winkelstehfalzdeckung teurer als eine richtige Trapezblechdeckung. Daraus ergeben sich Schwierigkeiten, die Sowiesokosten abzugrenzen." Bei seinen mündlichen Ausführungen (Bl. 222 d.A. des selbständigen Beweisverfahrens) hat der Sachverständige differenziert: Die Gerüst- und Arbeitskosten seien keine Sowieso-Kosten, Sowiesokosten seien nur Materialkosten für das Blech, das von Anfang an hätte etwas größer sein sollen. Der Sachverständige hat überdies ausdrücklich festgestellt, dass die "fehlerhafte Winkelstehfalzdeckung teurer als eine richtige Trapezblechdeckung" sei.

    Nach dem oben Gesagten stellen sämtliche Kosten für Maßnahmen, die notwendig sind, um eine ordnungsgemäße Verlängerung des Daches infolge der Wandverstärkung herzustellen, keine Sowiesokosten dar (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. März 2018 - 8 U 51/15 -, Rn. 36, juris).

    7. Kein Mitverschulden

    Eine Kürzung des bestehenden Schadensersatzanspruchs unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB ist nicht vorzunehmen. Zwar muss sich der Besteller in entsprechender Anwendung des § 254 BGB an der Mängelbeseitigung beteiligen, wenn ihn selbst ebenfalls eine kausale Verantwortung an dem Mangel trifft. Der Sachverständige hat die Undichtigkeit des Daches darauf zurückgeführt, dass Regenwasser an den Traufen in das Gebäude dringt (Seite 7 des Ergänzungsgutachtens vom 01.10.2014: es "regnet ... rein"). Bei der Annahme, die Undichtigkeit sei auf die angeblich fehlerhaft montierte Photovoltaik-Anlage zurückzuführen, handelt es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen aber um eine "reine Spekulation" (Seite 9 des Ergänzungsgutachtens vom 01.10.2014, siehe mündliche Ausführungen im selbständigen Beweisverfahren Bl. 224 d.A.).

    8. Erlöschen der Ansprüche durch Verzicht?

    Das Landgericht hat ein Erlöschen der Ansprüche durch einen Verzicht verneint (UA Seite 13); hiergegen wendet sich die Berufung auch nicht mehr.

    B. Wirksame Abtretung der Ansprüche von der Insolvenzschuldnerin an den Kläger

    Mit Vereinbarung vom 26.10.2016/16.11.2018 trat der Insolvenzverwalter sämtliche Ansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen die Antragsgegner des vor dem Landgericht Stuttgart geführten selbständigen Beweisverfahrens an den Kläger ab (Anl. K 6, Bl. 46 d.A.). Diese Abtretung war wirksam:

    1. Keine Verjährung

    a. Die Schlussrechnung der Beklagten wurde von der Insolvenzschuldnerin unstreitig am 03.08.2010 vollständig beglichen (Bl. 61, 91 d.A.). Danach wäre die fünfjährige Verjährungsfrist mit Ablauf des 03.08.2015 abgelaufen, § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB.

    Die Verjährung wurde jedoch durch Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB. Die Hemmung tritt gem. § 167 ZPO bereits mit Einreichung des Antrags ein, die vorliegend am 21.01.2013 erfolgte. Gem. § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung 6 Monate nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens; dies wäre der 06.03.2017. Danach lief die Verjährungfrist weiter und wäre am 06.10.2019 abgelaufen. Klage wurde aber bereits im Februar 2019 erhoben.

    b. Die Beklagten wenden ein, die Insolvenzschuldnerin sei nicht berechtigt gewesen, das selbständige Beweisverfahren durchzuführen, weil sie zum damaligen Zeitpunkt hätte sanieren können (Bl. 123 d.A.). Allerdings war das selbständige Beweisverfahren zulässig: Fehler, die zur Unzulässigkeit des Antrages führen können, stehen der Hemmung nicht entgegen, wenn der Antrag nicht als unstatthaft zurückgewiesen worden ist (Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 204 Rn. 22; BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 204/96 -, Rn. 5, juris; BGH, Urteil vom 4. März 1993 - VII ZR 148/92 -, Rn. 13, juris).

    Den Beklagten ist insoweit zuzustimmen, als alle zur Unterbrechung der Verjährung kraft Gesetzes geeigneten Handlungen voraussetzen, dass der Berechtigte gegen einen bestimmten Verpflichteten einen bestimmten Anspruch erhebt. Es muss der Berechtigte, nicht ein Dritter sein, welcher die Durchsetzung dieses Anspruchs aktiv betreibt (BGH, Urteil vom 4. März 1993 - VII ZR 148/92 -, Rn. 11, juris; BGH, Versäumnisurteil vom 20. Juni 2013 - VII ZR 71/11 -, Rn. 12, juris). Allerdings war die Insolvenzschuldnerin zum damaligen Zeitpunkt Inhaberin des Anspruchs und damit berechtigt; ob der Anspruch tatsächlich wegen eines möglichen Schadens bestand, spielt keine Rolle, da dies erst im anschließenden Hauptsacheverfahren Gegenstand der Prüfung war.

    2. Wirksame Abtretung in unverjährter Zeit

    Die Insolvenzschuldnerin hat mit Vereinbarung vom 16.11.2016 / 26.10.2018 (Anl. K6, Bl. 46 d.A.) ihre Ansprüche gegen "die Antragsgegner in dem Beweissicherungsverfahren..." an den Kläger abgetreten, der die Abtretung angenommen hat.

    C. Feststellungsanspruch

    Das Landgericht hat auch der Feststellungsklage mit zutreffenden Erwägungen stattgegeben. Grundsätzlich kann ein Geschädigter bezüglich des bereits bezifferbaren Teils eines Schadens Leistungsklage und im Übrigen Feststellungsklage erheben (Greger in Zöller, a.a.O., § 256 Rn. 7a). Ein rechtliches Interesse für eine neben einer Leistungsklage erhobene Feststellungsklage ist immer dann gegeben, wenn der entstandene oder noch entstehende Schaden nicht bereits in vollem Umfang durch den Zahlungsantrag erfasst wird. Ein Besteller, der nicht zu überblicken vermag, ob der von ihm geltend gemachte Vorschuss für die Mängelbeseitigung ausreicht, kann deshalb nicht gehindert werden, ergänzend eine den Vorschuss übersteigende Kostentragungspflicht des Unternehmers feststellen zu lassen (BGH, Urteil vom 20. Februar 1986 - VII ZR 318/84 -, Rn. 19, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Juli 2019 - 13 U 230/18 -, Rn. 125, juris OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. April 2015 - 13 U 12/14 -, Rn. 32, juris). Dies gilt auch in Fällen, in denen - wie hier - der Vorschuss im Rahmen des Schadensersatzes geltend gemacht wird.

    D. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten

    Diese sind Teil des Schadens gem. § 249 BGB. Gegen die Höhe wenden sich die Beklagten nicht.

    E. Zinsen

    Das Urteil wurde vom Landgericht hinsichtlich des Zinsanspruchs dahin berichtigt, dass Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.11.2018 zu zahlen sind. Dies greifen die Beklagten pauschal nach Grund und Höhe an. Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.10.2018 (Anl. K 7) hat der Kläger die Beklagten ab 01.11.2018 in Verzug gesetzt. Der Zinsanspruch ist daher grundsätzlich gegeben. Zinsen sind allerdings nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zuzusprechen, weil der Schadensersatzanspruch des Klägers keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB darstellt (BGH, Urteil vom 24. Januar 2018 - XII ZR 120/16 -, Rn. 26, juris; Grüneberg in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 288 Rn. 8, § 286 Rn. 27). Die Höhe des Verzugszinses richtet sich vielmehr nach § 288 Abs. 1 BGB.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 101 ZPO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB, § 634 Nr. 4 BGB