08.05.2024 · IWW-Abrufnummer 241400
Verwaltungsgericht Magdeburg: Urteil vom 25.03.2024 – 3 A 155/21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Verwaltungsgericht Magdeburg
Urteil vom 25.03.2024
3 A 155/21 MD
In der Verwaltungsrechtssache
der A.,
vertreten durch den Geschäftsführer,
A-Straße, A-Stadt,
Klägerin,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. B.,
B-Straße, B-Stadt
(- -)
gegen
die C. ,
C-Straße, B-Stadt, (- -),
Beklagte,
wegen Rücknahme von Subventionen; barrierereduzierter Zugang (AufzugsRL)
Tenor:
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Mit Schreiben vom 21.5.2019 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Zuwendung in Höhe von 240.000,- € aus dem Aufzugsprogramm Sachsen-Anhalt (Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Herstellung des barrierefreien Zugangs zu Wohngebäuden und Wohnungen, Aufzugsprogramm - AufzugsRL). Geplant waren Maßnahmen der Barrierereduzierung zur Verbesserung des Zugangs zu Wohngebäuden mit 24 Wohnungen in A-Stadt, P. 31-33. Mit Ziff. 5. b) des vorgegebenen Antragsformulars versicherte die Klägerin: "Mit dem im Antrag dargestellten Vorhaben habe(n) ich/wir noch nicht begonnen und werden auch nicht vor Erhalt des Zuwendungsbescheides beginnen. Mir/Uns ist bekannt, dass als Vorhabensbeginn grundsätzlich bereits der verbindliche Abschluss von Lieferungs- oder Leistungsverträgen - dazu gehören auch Darlehensverträge -, die der Ausführung zuzurechnen sind, anzusehen ist. Der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen steht der Förderung dann nicht entgegen, wenn dem Antragsteller nach diesem Vertrag ein Rücktrittsvorbehalt eingeräumt ist und ihm im Fall des Rücktritts - außer den Kosten für Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb - keine weiteren Lasten entstehen. Mir/Uns ist bekannt, dass dagegen mit der Ausführung der Leistungen aus den Verträgen auch bei Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts nicht begonnen werden darf." Beigefügt und unterzeichnet wurde auch die Erklärung zur Vergabe von Aufträgen vom 21.5.2019 mit dem Passus: "Ich versichere/Wir versichern, dass mir/uns die einschlägigen vergaberechtlichen Vorschriften bekannt sind und dass die Vergabe von Aufträgen für das beantragte Vorhaben gemäß diesen Regelungen erfolgt. Sofern bereits vor Auftragserteilung bzw. vor Abgabe dieser Erklärung Aufträge vergeben worden sind (z.B. für Planungsleistungen) versichere(n) ich/wir, dass die Vergabe gemäß diesen Regelungen erfolgt ist. Die im jeweiligen Förderprogramm geltenden Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines vorzeitigen Vorhabenbeginns (Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen) bleiben hiervon unberührt."
Mit Bescheid vom 26.7.2019 bewilligte die Beklagte der Klägerin für ihr Vorhaben eine Zuwendung in Höhe von bis zu 240.000,- € als nicht rückzahlbaren Zuschuss im Wege der Projektförderung. Als rechtliche Grundlagen und Bestandteile des Bescheides wurden der Antrag der Klägerin, die Förderrichtlinie, die §§ 23, 44 LHO nebst dazu ergangener Verwaltungsvorschriften und ANBest-P genannt. Der vorgelegte Ausgaben- und Finanzierungsplan mit Gesamtausgaben des Vorhabens von 538.576,15 € wurde für verbindlich erklärt. Der Projektzeitraum wurde mit dem Projektbeginn 26.7.2019 und Projektschluss 25.2.2021 festgesetzt. Der Bewilligungszeitraum wurde vom 26.7.2019 (Beginn) bis zum 25.8.2021 (Ende) festgelegt. In den beigefügten Nebenbestimmungen wurden u.a. die vergaberechtlichen Bestimmungen der VOB/A, VOL/A einbezogen. Weiter heißt es in Ziff. 7.2.1: Weitere Pflichten nach Nr. 3 der ANBest-P bleiben unberührt. Beigefügt waren des weiteren Rücknahme- und Widerrufsvorbehalte (Ziff. 9), etwa für den Fall, dass mit dem Projekt vor Projektbeginn (Ziff. 3) begonnen wurde. Der Klägerin wurde die Führung eines Verwendungsnachweises auferlegt. Der Bescheid wurde aufgrund Rechtsbehelfsverzichts bestandskräftig.
Unter dem 11.12.2020 legte die Klägerin den Verwendungsnachweis vor. Sie gab hierbei an, es seien auch Ausgaben abgerechnet, für die Verträge vor dem bewilligten Projektbeginn abgeschlossen bzw. Aufträge ausgelöst worden seien. Es handele sich dabei ausschließlich um Verträge für Planung/Bodenuntersuchung/Grunderwerb. Vorgelegt wurden auch Rechnungen des Ingenieurbüros W. vom 28.5.2019 und 26.10.2020 über den Leistungszeitraum ab 17.12.2018 und einer Vergütung von 2 % für die Leistungsphase 7.
Unter dem 3.3.2021 hörte die Beklagte die Klägerin infolgedessen zur Frage der Rücknahme der Förderung wegen vorzeitigen Beginns an. Hierzu nahm die Klägerin mit e-mail vom 9.3.2021 wie folgt Stellung: Die Planungsphase 8 sei erst beauftragt worden, nachdem der Zuwendungsbescheid eingegangen sei. "Was allerdings definitiv beauftragt war, ist die Planungsphase 7, welche in den Förderrichtlinien keine Erwähnung findet".
Mit Bescheid vom 26.5.2021 nahm die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 26.7.2019 - gestützt auf § 48 VwVfG - mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und forderte die Erstattung bereits ausgezahlter 216.000,- € nebst Verzinsung. Zur Begründung wurde unter Ausübung von Ermessen ausgeführt, die Klägerin habe mit dem Vorhaben vorzeitig begonnen.
Am 24.6.2021 hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin trägt vor: Der Zuwendungsbescheid enthalte weder im Tenor noch in der Begründung einen Hinweis auf die Schädlichkeit eines vorzeitigen Maßnahmebeginns. Er enthalte dafür auch keine Definition. Die ANBest-P seien auch nicht Inhalt des Bescheides. Gem. §§ 133, 157 BGB sei bei der Vorzeitigkeit auf den unmittelbaren Baubeginn abzustellen. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Die Förderrichtlinie lasse sich auch zu Gunsten der Klägerin auslegen. Sie, die Klägerin, habe die bauausführenden Firmen erst am 30.7.2019 und später beauftragt. Leistungen aus der Planungsphase 8 seien erst nach Ergehen des Zuwendungsbescheides erbracht worden. Zugegebenermaßen seien Teile der Planungsphase 7 gegenüber dem Ingenieurbüro W. schon am 17.12.2018 beauftragt worden. Sie habe bei Erstellung und Versand der Leistungsverzeichnisse, Auswertung und Vergleich der Angebote der Mithilfe des Planers/Architekten bedurft, da es an eigenem know-how fehle. Es handele sich um die Sondierung von Angeboten nach Ausschreibung. Dies sei der Planung und Vorbereitung des Vorhabens zuzurechnen, nicht aber der Phase der Ausführung. Die Leistungsphase 7 sei auch nicht vollständig beauftragt worden, sondern nur zu 2 % statt 4 %. Die eingegangenen Angebote seien technisch und kaufmännisch zu klären gewesen. Mitwirkung bei der Auftragserteilung sei keine Leistung, die vor der Förderzusage erbracht worden sei. Die Beklagte habe die Leistungen innerhalb der Leistungsphase 7 nicht differenziert. Aus dem Auftrag an das Ingenieurbüro vom 17.12.2018 sei nicht auf einen unbedingten Willen zur Durchführung des Bauvorhabens auch ohne Förderung zu schließen. Wäre die Förderung abgelehnt worden, hätte sie das Projekt nicht durchgeführt. Eine Förderschädlichkeit der Leistungsphase 7 sei der Förderrichtlinie nicht zu entnehmen, so dass eine differenzierende und einzelfallbezogene Betrachtung geboten sei. Der Richtliniengeber hätte sonst klarstellend regeln können, als Vorhabenbeginn seien sämtliche Leistungen anzusehen und damit nicht förderfähig. Der Fragenkatalog der FAQ sei nicht Bestandteil des Bescheides und daher unerheblich. Auch beziehe sich Frage 14. der FAQ auf vollständige Leistungsphasen und nicht etwa auf Teile der Leistungsphase 7. Das VG Lüneburg habe mit Urt. v. 8.12.2010 - 5 A 163/09 - entschieden, dass die Planungsphase bis in die Leistungsphase 7 hineinreiche. Die gegenteilige Auffassung des OVG Nds. (Urt. v. 13.9.2012 - 8 LB 58/12 -) überzeuge nicht. Für die Leistungsphasen 5-7 sei offen, ob sie noch der Planung oder bereits der Ausführung zuzurechnen seien (Sächs. OVG, Urt. v. 5.8.2020 - 6 A 1165/17 -). Auch in Bayern gälten Planungsaufträge bis einschließlich Leistungsphase 7 nicht als Beginn des Bauvorhabens. Sie, die Klägerin, habe die Ausschreibung jederzeit aufheben können mit der Folge, dass der Bieter auf einen Schadensersatzanspruch gerichtet auf das negative Interesse beschränkt sei. Die Ausschreibung selbst begründe noch keinen Leistungsvertrag, sondern nur ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis. Sie, die Klägerin, habe nach bestem Wissen und Gewissen angegeben, mit dem Vorhaben noch nicht begonnen zu haben. Sie genieße daher Vertrauensschutz, der der Rücknahme des Zuwendungsbescheides entgegenstehe. Dem Erstattungsanspruch stehe entgegen, dass sie sich auf den Einwand der Entreicherung berufe
Die Klägerin beantragt,
den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 26.5.2021 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte erwidert: Es liege ein förderschädlicher vorzeitiger Vorhabenbeginn vor. Das ergebe sich aus Ziff. 4.1 der Förderrichtlinie und Ziff. 14. der dazu im Internet veröffentlichten FAQ ("Planungsleistungen sind nur förderfähig, sofern sie nach Bewilligung anfallen. Vor Bewilligung sind sie bis einschließlich Leistungsphase 6 aber nicht förderschädlich."). Die Klägerin habe bereits am 17.12.2018 das Ingenieurbüro W. mit der Planung und Ausführung des Bauvorhabens beauftragt. Dies gehe aus deren Rechnung vom 28.5.2019 (Bl. 429 der Beiakte C) hervor, in der auch die Leistungsphasen 5-8 ausgewiesen seien. Am 20.12.2018 sei die Ausschreibung in der Mitteldeutschen Zeitung mit Datum der Zuschlagsfrist 31.5.2019 veröffentlicht worden (Rechnung hierfür Bl. 435 der Beiakte C). Die Ausschreibung sei nicht unter dem Vorbehalt der Bewilligung der Fördermittel erfolgt. Solle das Vergabeverfahren unter den echten Vorbehalt der Bewilligung einer Förderung gestellt werden, so müsse dies in der Ausschreibung deutlich gemacht werden. Geschehe dies - wie hier - nicht, werde also vorbehaltlos ausgeschrieben, verhalte sich der Auftraggeber vergaberechtswidrig, wenn die Finanzierung noch nicht gesichert sei. Die Durchführung von Vergabeverfahren zum Zweck der bloßen Markterkundung sei unzulässig (§ 2 Abs. 7 S. 2 VOB/A). Bei der Ausschreibung müsse eine konkrete Vergabeabsicht und die tatsächliche Möglichkeit der Zuschlagserteilung bestehen, andernfalls sei die Ausschreibung unzulässig. Der Umstand, dass die Anzeige in der MZ gerade einmal 3 Tage nach Beauftragung des Ingenieurbüros erfolgt sei, lasse die Darstellung der Klägerin zweifelhaft erscheinen. Spätestens mit Mitteilung der Zuschlagsfrist 31.5.2019 sei eine vertragliche Bindung eingetreten, da der Zuwendungsbescheid erst später ergangen sei. Voraussetzung für die Veranlassung der Ausschreibung sei die Ausschreibungsreife nach § 2 Abs. 8 VOB/A. Die streitgegenständlichen Maßnahmen seien bereits Teil der Ausführung und seien nicht der bloßen Planungs- und Vorbereitungsphase zuzuordnen. Der Abschluss des Honorarvertrags eines derartigen Umfangs lasse darauf schließen, dass sich die Klägerin bereits zur Ausführung des Vorhabens entschlossen hatte, bevor der Zuwendungsbescheid ergangen sei. Das Planungsstadium sei mit der Leistungsphase 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) überschritten. Die bereits in Anspruch genommenen Leistungen des Ingenieurbüros hätten die Entscheidung über die Vergabe vorgezeichnet, wie sich aus dessen e-mail vom 9.3.2021 (Bl. 135 der Beiakte A) ergebe. Bei den Kosten handele es sich daher um solche der Ausführung des Vorhabens.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Der Bescheid der Beklagten vom 26.5.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die in dem Bescheid verfügte Rücknahme des Zuwendungsbescheides vom 26.7.2019 ist § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfG LSA. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der eine Geldleistung gewährt, darf dabei nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der Abs. 2-4 des § 48 VwVfG zurückgenommen werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind im vorliegenden Fall gegeben.
Bei der Gewährung eines Zuschusses für Maßnahmen zur Barrierefreiheit von Wohnungen der Klägerin handelte es sich um eine haushaltsrechtlich zweckgebundene Geldleistung i.S.v. §§ 23, 44 LHO. Da die Bewilligung derartiger Zuwendungen im Ermessen der zuständigen Behörde liegt und das Gesetz selbst Umfang und Voraussetzungen der Subventionierung nicht abschließend regelt, sind aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) für die Beurteilung, ob ein Zuschuss gewährt und aufrechterhalten werden kann, die jeweils gültigen Verwaltungsrichtlinien maßgebend. Diese sind in der im Zeitpunkt des Vorliegens eines vollständigen Antrags der Klägerin geltenden Förderrichtlinie des Landes enthalten - hier der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Herstellung des barrierefreien Zugangs zu Wohngebäuden und Wohnungen (Aufzugsprogramm - AufzugsRL) -, RdErl. des MLV vom 7.7.2017 - (MBl. LSA S. 443 ff.), im Folgenden: Förderrichtlinie. Diese Vorschriften sind auch in den in Bestandskraft erwachsenen Bewilligungsbescheid vom 26.7.2019 einbezogen und bereits aufgrund des zwingend zu verwendenden Antragsformulars (Ziff. 8 der Förderrichtlinie) wirksam zum Inhalt der Förderung gemacht worden.
Nach Maßgabe der Förderrichtlinie wird die Förderung u.a. aufgrund von Rechtsgrundlagen des Landeshaushaltsrechts, des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) und des BGB (Ziff. 1.1) gegenüber Eigentümern von in Sachsen-Anhalt gelegenem Wohnraum (Ziff. 3.1) erbracht. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsstelle der Beklagten (Ziff. 9.1) auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Ziff. 1.2). Zu den Zuwendungsvoraussetzungen gehört, dass Bauvorhaben, mit deren Ausführung bereits vor Erteilung der Förderzusage begonnen worden ist, nicht gefördert werden dürfen (Ziff. 4., 4.1 S. 1). Als Vorhabenbeginn ist der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen anzusehen, die der Ausführung zuzurechnen sind; Planung bis einschließlich Leistungsphase 6 des § 34 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), Bodenuntersuchung, das Herrichten des Grundstücks und der Grunderwerb gelten nicht als Beginn des Bauvorhabens. Der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen steht der Förderung dann nicht entgegen, wenn dem Antragsteller nach diesen Verträgen ein Rücktrittsvorbehalt eingeräumt ist und ihm im Falle des Rücktritts - außer den Kosten für Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb - keine weiteren Lasten entstehen. Mit der Ausführung der Leistungen darf im Sinne von Satz 1 auch bei Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts nicht begonnen werden (Ziff. 4.1).
Bei der Rechtmäßigkeitsprüfung des angefochtenen Bescheides ist es dem Gericht allerdings verwehrt, die Bestimmungen der Förderrichtlinie wie ein Gesetz auszulegen und an dieser Interpretation gemessen die Entscheidung der Beklagten zu überprüfen. Denn Subventionsrichtlinien sind keine Rechtsnormen. Vielmehr lenken sie das Ermessen der für die Bewilligung der Subventionen zuständigen Behörde und sind insoweit gem. § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob bei der Anwendung der Richtlinien im Einzelfall, in dem die beantragte Leistung (teilweise) versagt bzw. nicht aufrechterhalten worden ist, der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (std. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 26.4.1979, BVerwGE 58, 45, 51).
Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG), im Einklang mit §§ 23, 44 LHO LSA, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Das Verwaltungsgericht hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ggf. ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 -, zit. nach juris, Rn. 24; BayVGH, Beschl. v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689, zit. nach juris, Rn. 19; Urt. v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 -, zit. nach juris, Rn 26; VG Cottbus, Urt. v. 31.5.2021 - 3 K 2082/18 (Förderung des Abbaus von Barrieren bei vorhandenem Wohnraum) -, zit. nach juris, Rn. 19). Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden.
Die rechtliche Prüfung im vorliegenden Fall hat demnach entgegen der klägerischen Auffassung nicht daran anzusetzen, wie die für den Zuwendungsbescheid vom 26.7.2019 maßgebliche Förderrichtlinie nach natürlichem Sprachgebrauch oder gem. §§ 133, 157 BGB und ggf. auch zu Gunsten der Klägerin auszulegen wäre, sondern daran, welche Förderpraxis der Beklagten dem Zuwendungsbescheid zugrunde lag. Diese Förderpraxis indes war vorliegend nach den unwiderlegten Ausführungen der Beklagten dergestalt, dass die vor Erlass des Zuwendungsbescheides erfolgte Beauftragung von Leistungen eines Ingenieurbüros über Leistungen der Mitwirkung bei der Vergabe nach Leistungsphase 7 der HOAI v. 10.7.2013 (BGBl. I S. 2276) - wie vorliegend - als vorzeitiger Beginn des Vorhabens gilt und damit eine Förderfähigkeit ausscheidet. Dies ist bereits deshalb sachgerecht und willkürfrei, weil die Förderrichtlinie in Ziff. 4.1 deutlich vorgibt, was als förderunschädlich gilt, nämlich die "Planung bis einschließlich Leistungsphase 6".
Mit dem Antrag vorzulegen war eine Erklärung, dass mit der Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Zu den Erklärungen der Klägerin gehörte Ziff. 5. b) des formgebundenen Antrags (Ziff. 8 der Förderrichtlinie), die lautet: "Mit dem im Antrag dargestellten Vorhaben habe(n) ich/wir noch nicht begonnen und werden auch nicht vor Erhalt des Zuwendungsbescheides beginnen. Mir/Uns ist bekannt, dass als Vorhabenbeginn grundsätzlich bereits der verbindliche Abschluss von Lieferungs- oder Leistungsverträgen - dazu gehören auch Darlehensverträge -, die der Ausführung zuzurechnen sind, anzusehen ist. Der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen steht der Förderung dann nicht entgegen, wenn dem Antragsteller nach diesem Vertrag ein Rücktrittsvorbehalt eingeräumt ist und ihm im Fall des Rücktritts - außer den Kosten für Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb - keine weiteren Lasten entstehen. Mir/Uns ist bekannt, dass dagegen mit der Ausführung der Leistungen aus den Verträgen auch bei Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts nicht begonnen werden darf."
Diese Erklärung im Subventionsantrag steht im Einklang mit Ziff. 4.1 sowie 1.1. a) der Förderrichtlinie i.V.m. Ziff. 1.3 VV-LHO, denn die Gewährung der Zuwendungen und ggf. deren Rückabwicklung erfolgt auf der Grundlage der §§ 23, 44 LHO sowie der VV-LHO zu § 44 LHO (Ziff. 1.1 a, 7. der Förderrichtlinie).
In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen erklärte die Klägerin in ihrem Antrag vom 21.5.2019, sie habe vom Inhalt der geltenden Richtlinien Kenntnis genommen. Die in der Förderrichtlinie genannten Rechtsgrundlagen einschließlich der haushaltsrechtlichen Bestimmungen sind damit ordnungsgemäß zum Bestandteil des Antrags und auch durch den Bescheid vom 26.7.2019 zum Bestandteil der Zuwendungsentscheidung gemacht worden.
Nach den Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) - RdErl. des MF vom 1.2.2001 - (MBl. LSA S. 241 ff.), zuletzt geändert durch RdErl. v. 21.12.2017 (MBl. LSA 2018 S. 211), dürfen Zuwendungen zur Projektförderung nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind (Ziff. 1.3 Satz 1 VV-LHO zu § 44 LHO). Es ist im maßgeblichen Förderzeitraum auch weder im Einzelfall der Klägerin noch generell für Vorhaben der hier streitigen Art ein vorzeitiger Maßnahmebeginn von der obersten Landesbehörde über die Leistungsphase 6 hinaus zugelassen worden (Ziff. 1.3 Satz 2 VV-LHO zu § 44 LHO). Diese Vorschriften dienen der Verhinderung von Mitnahmeeffekten, denn die aus öffentlichen Steuermitteln stammenden Subventionen sollen neue, zusätzliche Wirtschaftsimpulse (hier: Baumaßnahmen für barrierefreie Wohnungen) auslösen und nicht bereits bestehende Strukturentscheidungen nachfinanzieren.
Die Klägerin vermag sich für ihr Vorbringen, sie habe "zugegebenermaßen" "Teile" der Leistungsphase 7 am 17.12.2018 (vor Ergehen des Zuwendungsbescheides vom 26.7.2019) beauftragt, nicht auf die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern (Niedersachsen, Sachsen, Bayern) zu berufen. So muss etwa die Förderung nicht ausgeschlossen sein, wenn nur ein Ingenieurvertrag über die Vorhabenplanung unter Einschluss einer der Leistungsphasen 7-9 HOAI abgeschlossen worden ist, der Vertragsschluss über die eigentlichen Bauleistungen aber noch aussteht, wenn es an einer ausdrücklichen Vorgabe in den Förderrichtlinien fehlt, die sich auf den Umgang mit Ingenieur-Honorarverträgen beziehen, welche vor einer Bewilligungsentscheidung abgeschlossen sind (so OVG NRW, Urt. v. 8.9.2023 - 4 A 3042/19 -, zit. nach juris, Rn. 107, 108). Das ist im vorliegenden Fall ausdrücklich anders. Gerade zum Ausschluss von Missverständnissen, wann die Planungs- und Vorbereitungsphase endet und ein förderschädlicher Beginn anfängt (vgl. OVG Nds., Urt. v. 13.9.2012 - 8 LB 58/12 -, zit. nach juris, Rn. 36-38; Sächs. OVG, Urt. v. 5.8.2020 - 6 A 1175/17 -: "...verhalten sich die sächsischen Verwaltungsvorschriften nicht dazu, bis zu welcher Leistungsphase der Gegenstand eines Ingenieurleistungsvertrages nicht mehr der förderunschädlichen Planung zugerechnet wird", zit. nach juris, Rn. 26; kritisch hierzu Häberer, Vorzeitiger Maßnahmebeginn - Nichts geht mehr?, in: NVwZ 2019, 1230, 1232 m.w.N., jedoch mit der Empfehlung "...sollten in der Praxis auch die Leistungsphasen 6 und 7 der HOAI bei geförderten Projekten vorsorglich nicht beauftragt werden, solange noch keine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorliegt oder der Zuwendungsbescheid erlassen wurde"), hat die hier einschlägige Förderrichtlinie eine klare Linie bei Leistungsphase 6 gezogen und damit der Beklagten als Bewilligungsstelle (Ziff. 9.1) deutliche ermessenslenkende Vorgaben gemacht. Entsprechend waren Subventionsinteressierte darüber informiert, dass sie im Rahmen einer Ausschreibung eingeschaltete Ingenieurbüros oder Architekten vor Erhalt der Förderzusage zur Wahrung der Förderfähigkeit nur mit Planungs- und Vorbereitungsleistungen bis einschließlich Leistungsphase 6 beauftragen sollten, denn nur dann galt dies nicht als Beginn des Vorhabens. Dies hat die Klägerin, wie aus den Rechnungen des Ingenieurbüros W. vom 28.5.2019 und 26.10.2020 ersichtlich, nicht beachtet. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob ein "Ausstieg" aus der Ausschreibung unter Inkaufnahme, Schadensersatz leisten zu müssen, möglich gewesen wäre, sondern allein darauf, ob ein Rücktrittsvorbehalt schriftlich vereinbart wurde. Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich. Geeignete Nebenbestimmungen, welche es der Klägerin ermöglicht hätten, im Fall der Versagung der Fördermittel vom Vertrag kostenfrei Abstand zu nehmen, hat die Klägerin nicht dargetan. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin in der Ausschreibung in der Mitteldeutschen Zeitung deutlich gemacht habe, dass die Vergabe unter den Vorbehalt der Bewilligung von Fördermitteln gestellt werde (vgl. Thür. OVG, Urt. v. 27.4.2004 - 2 KO 433/03 -, zit. nach juris).
Gegen die Rücknahme der Zuwendungsentscheidung im Fall des vorzeitigen Beginns bestehen keine rechtlich durchgreifenden Bedenken. Bei der Gewährung von Subventionen kann der Subventionsgeber die Einhaltung strenger Form- und Fristerfordernisse zur Voraussetzung machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.5.1973, NJW 1973, 2172). Durch den Ausschluss des vorzeitigen Beginns soll die Entscheidungsfreiheit sowohl der Bewilligungsbehörde als auch des Antragstellers gewährleistet werden (vgl. OVG NRW, Urt. v. 7.2.1977, OVGE 32 Nr. 48; VG München, Urt. v. 2.6.2016 - M 15 K 13.5005 -, zit. nach juris, Rn. 50). D.h., auch der Subventionsbewerber selbst soll durch den grundsätzlichen Ausschluss des vorzeitigen Beginns vor finanziellen Nachteilen geschützt werden, denn er muss sich des Risikos bewusst sein, dass auch durch Schaffung vollendeter Tatsachen (Beginn der ggf. förderungswürdigen Maßnahme) vor Erlass des Zuwendungsbescheides kein Rechtsanspruch auf eine spätere Förderung abgeleitet werden kann und dass er die volle Verantwortung für die Finanzierung zunächst selbst trägt. Hinzu kommt, dass der grundsätzliche Ausschluss des vorzeitigen Beginns auch dazu dient, den wirksamen Einsatz der Haushaltsmittel zu sichern. Denn es ist nicht Sinn der Subventionierung, solche Vorhaben zu fördern, zu deren Ausführung und Finanzierung der Antragsteller ohnehin bereits entschlossen und/oder auch ohne staatliche Hilfe in der Lage ist (vgl. OVG RhPf., Urt. v. 4.9.1981, DVBl. 1982, 219 [OVG Rheinland-Pfalz 04.09.1981 - 8 A 31/80]).
Die Klägerin hatte daher frühzeitig Kenntnis von der Förderschädlichkeit des vorzeitigen Maßnahmebeginns durch einen Vertragsschluss mit dem Ingenieurbüro über die Leistungsphase 6 hinaus, bevor ihr die Förderentscheidung der Beklagten vorliegt.
Aufgrund des vorliegenden Verstoßes gegen das Verbot des vorzeitigen Beginns i.V.m. dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und der - gerichtsbekannten - ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten (vgl. zuletzt VG Magdeburg, Urt. v. 23.1.2024 - 3 A 141/21 MD -) ist die Rechtswidrigkeit des Zuwendungsbescheides gegeben.
Ermessensfehler i.S.v. § 114 VwGO sind im Bescheid der Beklagten vom 26.5.2021 nicht ersichtlich. Insbesondere ist die rückwirkende und vollständige Aufhebung des Zuwendungsbescheides mangels besonderer Umstände nicht unverhältnismäßig. Zutreffend hat die Beklagte insoweit ausgeführt, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Rücknahme des Zuwendungsbescheides infolge der Verpflichtung zum wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln gegenüber dem privaten Interesse der Klägerin, die bewilligte Zuwendung zur Auszahlung zu erhalten, überwiegt. Diese Erwägungen entsprechen den Grundsätzen des sog. intendierten Ermessens, wonach mit Rücksicht auf die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung (vgl. § 7 LHO) das Ermessen in der Regel nur durch die Aufhebung des Zuwendungsbescheides fehlerfrei ausgeübt werden kann (BVerwG, Urt. v. 16.6.1997, BayVBl. 1998, 27; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 2.12.1999 - A 1 S 89/99 -). Es liegt allein im Verantwortungsbereich des Maßnahmenträgers, rechtzeitig die Voraussetzungen für die Förderfähigkeit seines Projekts zu schaffen und dies gegenüber dem Subventionsgeber darzulegen. Aufgrund der Angaben im Subventionsantrag kann sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Folgerichtig ergibt sich der Rückzahlungsanspruch sodann aus § 49 a Abs. 1 S. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA und die Zinsregelung aus § 49 a Abs. 3 S. 1 VwVfG. Auch die Zinshöhe ist nicht zu beanstanden (vgl. nur: VG Magdeburg, Urt. v. 25.3.2021 - 3 A 284/19 -, zit. nach juris), zumal die Klägerin nichts dazu vorträgt.
Ergänzend und zur Vermeidung von Wiederholungen stellt das Gericht fest, dass es den Feststellungen und der Begründung des ergangenen Bescheides der Beklagten vom 26.5.2021 folgt, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 117 Abs. 5 VwGO ab.
Die Klage war nach alldem abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.