20.08.2009 · IWW-Abrufnummer 092826
Bundesgerichtshof: Urteil vom 14.07.2009 – XI ZR 18/08
a) Eine durch ernsthafte Verhandlungen des Hauptschuldners mit dem Gläubiger gemäß § 203 Satz 1 BGB bewirkte Hemmung der Verjährung ist auch gegenüber dem Bürgen wirksam.
b) Eine gegen den Bürgen erhobene Klage hemmt auch bei einem späteren Untergang des Hauptschuldners als Rechtsperson gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung der Hauptschuld (Fortführung von BGHZ 153, 337, 342 f.) .
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres,
die Richterin Mayen und
die Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Dezember 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
Die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts München I, 29. Zivilkammer, vom 10. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagte zu 2) auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten im Wege der Teilklage aus Bürgschaften in Anspruch.
Die Beklagten übernahmen am 15. Mai 2001 gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin (nachfolgend: Klägerin) auf je 1 Mio. DM beschränkte unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaften zur Sicherung aller Forderungen der Klägerin aus einem Bauträgerkredit über 6.040.000 DM und einem Avalkredit über 8.330.000 DM. Beide Kredite, die auch grundpfandrechtlich gesichert waren, hatte die Klägerin der B. GmbH (nachfolgend: Hauptschuldnerin) zur Finanzierung eines Wohnungsbauvorhabens gewährt. Der Beklagte zu 1) war Geschäftsführer der Hauptschuldnerin, die Beklagte zu 2) deren Mehrheitsgesellschafterin.
Am 25. Juli/4. August 2002 vereinbarten die Klägerin und die Hauptschuldnerin mit Zustimmung der Beklagten eine Prolongation der Kredite bis zum 30. Oktober 2002. Zugleich wurde vereinbart, dass die Darlehen zu diesem Termin zurückzuzahlen waren, wenn nicht 40% der Wohnflächen, Tiefgaragenund Stellplätze des Vorhabens verkauft sein würden, was durch Vorlage notarieller Verträge nebst Finanzierungsbestätigungen nachzuweisen war. Bis zum 30. Oktober 2002 legte die Hauptschuldnerin zwar mehrere Notarverträge, jedoch keine Finanzierungsbestätigungen vor. Am 13. und 15. November 2002 lehnte die Klägerin unter Hinweis auf die fehlenden Bestätigungen die Bitte der Hauptschuldnerin um weitere Prolongation ab. Diese teilte am 29. November 2002 mit, sie habe eine Bank gefunden, die zur Übernahme der Kredite bereit sei. Am 6. Dezember 2002 forderte die Klägerin die Kreditrückzahlung bis zum 31. Dezember 2002 und bot für diesen Fall einen Verzicht auf die Berechnung von Überziehungszinsen an. Nachdem die Umschuldung auf eine andere Bank gescheitert war, forderte die Klägerin die Hauptschuldnerin am 28. Januar 2003 erneut zur Rückzahlung bis zum 28. Februar 2003 auf und kündigte an, ihre Forderung andernfalls zwangsweise durchsetzen zu wollen. Am 12. August 2003 teilte sie der Hauptschuldnerin mit, die Zwangsversteigerung aus den Grundpfandrechten in das finanzierte Bauvorhaben betreiben zu wollen.
Zugleich bat sie darum, über Gespräche mit potentiellen Käufern unterrichtet zu werden. Die Hauptschuldnerin informierte am 29. August 2003 darüber, dass sie einen Interessenten gefunden habe, der seinerseits auf eine Finanzierungsbestätigung warte. Am 3. Oktober 2003 teilte sie mit, dass sie trotz der fast einjährigen Verhandlungen und Erörterungen verschiedener Konzepte Insolvenz werde anmelden müssen, wenn nicht bis zum 15. Oktober 2003 eine Regelung über die Projektfertigstellung gefunden werde.
Die Hauptschuldnerin stellte am 21. Oktober 2003 Insolvenzantrag. Daraufhin nahm die Klägerin am 2. Dezember 2003 die Beklagten aus den Bürgschaften in Höhe von je 511.291,88 EUR in Anspruch. Da keine Zahlung erfolgte, betrieb sie die Zwangsversteigerung und schrieb den Versteigerungserlös der Hauptschuldnerin gut. Der Insolvenzantrag der Hauptschuldnerin wurde am 22. März 2004 mangels Masse abgewiesen. Am 13. April 2006 wurde sie wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.
Mit der seit dem 10. November 2005 rechtshängigen Klage begehrt die Klägerin von den Beklagten als Bürgen gesamtschuldnerisch die Zahlung eines Teilbetrages von 330.000 EUR nebst Zinsen. Die Beklagten haben geltend gemacht, die Klägerin sei zu einer weiteren Prolongation der Darlehen verpflichtet gewesen. Außerdem haben sie sich auf die Verjährung der Hauptschuld berufen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu 1) zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) hat es die Klage gegen diese abgewiesen und insoweit die Revision zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zu 1) hat der Senat zurückgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin in Bezug auf die Beklagte zu 2) die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat seine in [...] (= BeckRS 2008, 00482) veröffentlichte Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Hauptschuld sei mit Ende der Prolongation am 30. Oktober 2002 fällig geworden. Die dreijährige Verjährungsfrist habe am 1. Januar 2003 begonnen, jedoch nicht am 31. Dezember 2005 geendet, da die Verjährung gemäß § 203 BGB mindestens 13 Monate gehemmt worden sei. Durch ihren bis Ende Oktober 2003 geführten Schriftwechsel hätten die Hauptschuldnerin und die Klägerin Verhandlungen im Sinne von § 203 Satz 1 BGB geführt. Die Verjährung der Hauptschuld sei deshalb bei Löschung der Hauptschuldnerin im Handelsregister am 13. April 2006 noch nicht eingetreten gewesen. Die Beklagte zu 2) könne sich jedoch im Gegensatz zu dem Beklagten zu 1) erfolgreich auf die Verjährung der Hauptforderung berufen. Als Bürgin müsse sie nach Sinn und Zweck des § 768 Abs. 2 BGB vor einer nachträglichen Haftungsverschärfung in Form einer Verlängerung der Verjährungsfrist geschützt werden. Dies müsse auch gelten, wenn die Hauptschuldnerin durch Verhandlungen die Verjährung hemme, denn hierdurch werde die Bürgin ähnlich stark wie bei einem Verzicht der Hauptschuldnerin auf die Einrede der Verjährung belastet. Die Rechtshängigkeit der Bürgschaftsverbindlichkeit am 10. November 2005 habe der Beklagten zu 2) gegenüber keine Verjährungshemmung hinsichtlich der Hauptschuld bewirkt, da eine solche zu diesem Zeitpunkt gegen die noch parteifähige Hauptschuldnerin zu erreichen gewesen wäre. Da die Beklagte zu 2) lediglich Gesellschafterin der Hauptschuldnerin gewesen sei und für diese keine Verhandlungen mit der Klägerin geführt habe, könne ihr nicht wie dem Beklagten zu 1) vorgehalten werden, selbst für eine Verjährungshemmung gesorgt zu haben.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) aus deren Bürgschaft vom 15. Mai 2001 gemäß § 765 Abs. 1 BGB geltend gemachten Zahlungsanspruch in der nicht mehr streitigen Höhe von 330.000 EUR verneint, weil sich die Beklagte zu 2) erfolgreich auf die Verjährung der Hauptschuld berufen könne.
1.
Soweit die Revision allerdings geltend macht, die Beklagten hätten sich im Berufungsrechtszug nicht mehr auf die Einrede der Verjährung berufen, vermag sie damit nicht durchzudringen. Das Berufungsgericht hat das Gegenteil im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich festgestellt. Eine etwaige Unrichtigkeit dieser tatbestandlichen Feststellung hätte nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden können. Verfahrensrügen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO kommen insofern nicht in Betracht (BGH, Urteile vom 7. Dezember 1993 - VI ZR 74/93, WM 1994, 462, 465 und vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, Tz. 11). Einen Berichtigungsantrag hat die Klägerin jedoch nicht gestellt. Der erkennende Senat ist damit an die tatbestandliche Feststellung des Berufungsgerichts gebunden (§ 559 ZPO).
2.
Was die Berechtigung der Verjährungseinrede anbetrifft, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Hauptschuld mit Ablauf der Prolongation am 30. Oktober 2002 fällig geworden ist. Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung darauf, die Klägerin sei zu einer Fortsetzung der Darlehensverträge verpflichtet gewesen. Wie sich bereits aus dem vom Berufungsgericht gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Bezug genommenen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ergibt, hat die Hauptschuldnerin die Voraussetzungen für eine erneute Prolongation nicht erfüllt, da sie entgegen der Vereinbarung vom 25. Juli/4. August 2002 zwar bis zum 30. Oktober 2002 weitere notarielle Kaufverträge, jedoch keine Finanzierungsbestätigungen vorgelegt hat.
3.
Weiter hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB für die Hauptforderung am 1. Januar 2003 begonnen hat (§ 199 Abs. 1 BGB), und dass diese am 31. Dezember 2005 abgelaufen wäre, wenn sie nicht vorher gehemmt worden wäre.
a)
Die Verjährung der Hauptforderung ist nicht bereits durch die Erhebung der vorliegenden Bürgschaftsklage am 10. November 2005 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Zwar kann die Bürgschaftsklage die Verjährung der Hauptforderung ausnahmsweise hemmen, wenn der Hauptschuldner vorher - etwa wegen Löschung im Handelsregister infolge Vermögenslosigkeit - als Rechtsperson untergegangen ist und der Gläubiger deswegen keine Möglichkeit mehr hat, die Verjährung der Hauptforderung durch Erhebung der Klage gegen den Hauptschuldner selbst zu verhindern (Senat, BGHZ 153, 337, 342 f.) . Das ist hier jedoch erst am 13. April 2006 geschehen. Bis dahin hätte die Klägerin noch eine die Verjährung der Hauptforderung hemmende Klage gegen die Hauptschuldnerin erheben können.
b)
Die Verjährung ist jedoch über den 31. Dezember 2005 hinaus durch Verhandlungen im Sinne von § 203 Satz 1 BGB zwischen der Hauptschuldnerin und der Klägerin gehemmt worden.
aa)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Begriff "Verhandlungen" im Sinne von § 203 Satz 1 BGB weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruches oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (vgl. BGH, Urteile vom 17. Februar 2004 - VI ZR 429/02, NJW 2004, 1654 , vom 26. Oktober 2006 - VII ZR 194/05, NJW 2007, 587, Tz. 10 und vom 1. Februar 2007 - IX ZR 180/04, NJW-RR 2007, 1358, Tz. 32).
bb)
Dass die Klägerin mit der Hauptschuldnerin im Zeitraum vom 1. Januar bis Ende Oktober 2003 Verhandlungen im vorstehenden Sinne geführt hat, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dem von den Parteien vorgelegten Schriftwechsel entnommen. So weist die Hauptschuldnerin in ihrem Schreiben vom 3. Oktober 2003 darauf hin, dass man seit fast einem Jahr verhandelt und verschiedene Konzepte für eine Fertigstellung des finanzierten Vorhabens diskutiert habe. In Übereinstimmung damit nimmt die Klägerin in ihrem Schreiben vom 12. August 2003 Bezug darauf, dass die Hauptschuldnerin ihr wenige Wochen zuvor Mitteilung von Gesprächen mit potentiellen Kaufinteressenten gemacht habe und bittet darum, über den aktuellen Stand dieser Gespräche unterrichtet zu werden sowie vorliegende Kaufangebote übermittelt zu bekommen. Die Hauptschuldnerin durfte angesichts dessen die Überzeugung gewinnen, die Klägerin werde die Kredite zwar ohne Erfüllung der vereinbarten Voraussetzungen nicht weiter prolongieren, jedoch mit deren Übernahme durch eine andere Bank einverstanden sein, zumindest aber auf die angedrohte Zwangsvollstreckung verzichten, um der Hauptschuldnerin eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung zu ermöglichen. Dies erfüllt den Tatbestand des § 203 Satz 1 BGB.
cc)
Die von der Hauptschuldnerin mit der Klägerin geführten Verhandlungen haben die Verjährung der Hauptschuld deshalb im Zeitraum von 1. Januar bis zum 31. Oktober 2003, mithin für mindestens zehn Monate gehemmt (§ 209 BGB), so dass Verjährung gemäß § 203 Satz 2 BGB frühestens am 31. Januar 2007 eintreten konnte.
4.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hingegen angenommen, die Beklagte zu 2) könne sich auf die Verjährung der Hauptforderung berufen, obwohl die Verjährung durch die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin gehemmt worden sei, weil die Beklagte zu 2) durch die Hemmung der Verjährung ähnlich stark belastet werde wie durch einen Verzicht der Hauptschuldnerin auf die Einrede der Verjährung, durch den sie diese Einrede nach § 768 Abs. 2 BGB nicht verliere.
a)
Richtig ist, dass der Bürge nach § 768 Abs. 2 BGB eine Einrede nicht dadurch verliert, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet, und dass dies auch für die Einrede der Verjährung gilt, und zwar unabhängig davon, ob die Verjährung im Zeitpunkt des Verzichts bereits eingetreten war oder nicht (Senat , Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230, Tz. 18 m.w.N.).
b)
Anders liegen die Dinge jedoch, soweit der Hauptschuldner mit dem Gläubiger ernsthaft über den Bestand der Hauptschuld verhandelt und hierdurch eine Hemmung der Verjährung gemäß § 203 Satz 1 BGB herbeiführt. Diese Hemmung wirkt auch gegenüber dem Bürgen, da dies vom Gesetzgeber erkennbar so gewollt und dem Verjährungsverzicht durch den Hauptschuldner nicht vergleichbar ist.
aa)
Die Vorschrift des § 768 Abs. 2 BGB bezweckt den Schutz des Bürgen in Fällen, in denen der Hauptschuldner durch sein rechtsgeschäftliches Handeln ohne Mitwirkung des Bürgen eine neue Verjährungsfrist schafft oder die bestehende Verjährungsfrist verlängert (Senat , Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230, Tz. 18; Grothe, WuB IV A § 202 BGB 1.08). Ein Verhandeln im Sinne von § 203 Satz 1 BGB erfüllt diesen Tatbestand nur scheinbar. Dabei handelt es sich - anders als beim Verzicht auf die Einrede der Verjährung - nicht um eine Verfügung des Hauptschuldners über die Einrede. Vielmehr tritt die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen von Gesetzes wegen ein. Die den früheren Rechtsgedanken der § 639 Abs. 2, § 651g Abs. 2 Satz 3 und § 852 Abs. 2 BGB aF verallgemeinernde Regelung in § 203 BGB (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 203 Rn. 1) verfolgt den Zweck, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Verhandlungen zwischen Gläubiger und Hauptschuldner sollen deshalb nicht unter den Druck einer ablaufenden Verjährungsfrist gestellt werden. Zugleich soll dem verhandlungsbereiten Hauptschuldner die Einrede der Verjährung vorbehalten bleiben, während der Gläubiger von der Verwirklichung anderer verjährungshemmender Tatbestände, insbesondere von der Einleitung gerichtlicher Verfahren, abgehalten werden soll (BT-Drucks 14/6040, S. 111; Staudinger/Peters, BGB (2004), § 203 Rn. 1). Dieses Ziel würde verfehlt, würde der Gläubiger durch die Anwendung von § 768 Abs. 2 BGB auch auf den Hemmungstatbestand des § 203 Satz 1 BGB gezwungen, die Verjährung gegenüber dem Hauptschuldner anderweitig zu hemmen, um eine spätere Berufung des Bürgen auf die Verjährung der Hauptforderung zu verhindern (Dingler, BauR 2008, 1379, 1381).
bb)
In diesem Sinne hat der erkennende Senat bereits für das bis zum 31. Dezember 2000 geltende Verjährungsrecht ausgeführt, dass ein Bürge nur insoweit schutzwürdig ist, als er die Bürgschaft für eine bestimmte Forderung übernimmt und ein Interesse daran hat, dass sich seine Haftung nicht in einer Weise erweitert, mit der er nicht zu rechnen braucht. Ein Bürge muss sich jedoch, wenn er die Haftung für eine in kurzer Frist verjährende Forderung übernimmt, von vornherein darauf einrichten, dass die Forderung nur dann bereits innerhalb dieses Zeitraums gegenüber dem Hauptschuldner geltend gemacht werden muss, wenn keine Hemmungs-, oder Unterbrechungstatbestände vorliegen (vgl. Senat, BGHZ 153, 337, 342) . Anders als ein Einredeverzicht des Hauptschuldners bedroht dessen Verhandeln mit dem Gläubiger den Bürgen nicht mit einem vollständigen Einredeverlust. Es führt lediglich dazu, dass der Bürge die Einrede der Verjährung der Hauptschuld erst später geltend machen kann, und ist daher - anders als das Berufungsgericht meint - für den Bürgen weit weniger nachteilig.
cc)
Zudem sind Verhandlungen zwischen Hauptschuldner und Gläubiger - anders als ein Verzicht des Hauptschuldners auf die Verjährungseinrede - für den Bürgen nicht per se nachteilig. Sie können zu einer erheblichen Reduzierung der Hauptschuld führen, die im Falle seiner späteren Inanspruchnahme auch dem Bürgen zugute kommt. Zu seinem Nachteil geführte Scheinverhandlungen muss er sich nicht entgegenhalten lassen.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere ist die Verjährung der Hauptforderung unter Berücksichtigung der Hemmung durch die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin nicht mit Ablauf des 31. Januar 2007 eingetreten.
Die von der Klägerin erhobene Bürgschaftsklage hat zwar im Zeitpunkt ihrer Erhebung am 10. November 2005 die Verjährung der Hauptforderung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen können, da seinerzeit noch die Erhebung einer die Verjährung der Hauptforderung hemmenden Klage gegen die erst später untergegangene Hauptschuldnerin möglich war (vgl. oben unter II. 3. a). Sie hat aber eine Hemmung der Verjährung der Hauptforderung im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB bewirkt, als die Hauptschuldnerin am 13. April 2006 im Handelsregister gelöscht worden ist, da von diesem Zeitpunkt an eine die Verjährung der Hauptforderung hemmende Klage gegen die Hauptschuldnerin nicht mehr möglich war. Dazu bedurfte es nicht der Erhebung einer neuen Bürgschaftsklage. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass andernfalls ein Gläubiger bei Löschung der Hauptschuldnerin im Handelsregister eine bereits erhobene Bürgschaftsklage zurücknehmen müsste, um sie - nunmehr verjährungshemmend - sogleich erneut zu erheben. Abgesehen davon, dass er dazu gemäß § 269 Abs. 1 ZPO nach durchgeführter mündlicher Verhandlung im Bürgschaftsprozess auf die Einwilligung des Bürgen angewiesen wäre, der daran kein Interesse haben kann, würde eine solche Verfahrensweise auch unnötige Kosten verursachen und im Hinblick auf den Schutzzweck von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB reine Förmelei sein. Voraussetzung dafür, dass eine bereits erhobene Bürgschaftsklage die Verjährung der Hauptforderung im Zeitpunkt des späteren Untergangs des Hauptschuldners hemmt, ist allerdings, dass der Prozess gegen den Bürgen bis zu diesem Zeitpunkt durch die Vornahme der zur Förderung des Verfahrens notwendigen Handlungen betrieben worden, also nicht ohne triftigen Grund zum Stillstand gekommen ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 204 Rn. 47; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 12. Aufl., § 204 Rn. 54 f.). Geschieht dies nicht und gerät der Bürgschaftsprozess dadurch in Stillstand, führt dies zum Ende der Hemmung der Verjährung der Hauptschuld gemäß § 204 Abs. 2 BGB. Dies ist hier indessen nicht der Fall.
IV.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache folglich zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das landgerichtliche Urteil zurückweisen.