Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 31.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120200

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 01.12.2011 – 12 U 99/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    12 U 99/09

    Tenor:
    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 6. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

    Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Streitwert für beide Instanzen: 11.267,55 EUR

    Gründe
    Der vorliegende Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Zur Begründung dieses Beschlusses wird auf die Senatshinweise in dem Beschluss vom 27.Oktober 2010 Bezug genommen. Die Frage der gebotenen Auslegung der Regelung in Ziffer V. Nr. 2 BBR-ARCHIPROTECT 99 gibt der Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist unbegründet.
    1
    Die Stellungnahme der Klägerin gibt Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen.
    2
    1.

    Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Zurückweisung das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit aus § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Bei diesem Tatbestandsmerkmal handelt es sich um ein vom Gesetzgeber ohne eigenen Inhalt gebrauchtes, das allgemeine Beschleunigungsprinzip in Bezug nehmendes und verstärkendes Adverb, aus dem eine Fristanforderung an die Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht hergeleitet werden kann (BVerfG, NJW 2004, 3696; OLG Frankfurt, 9. ZS., OLGR 2006, 86).
    3
    2.

    Die Architekten A und B waren alleinige und jeweils vertretungsberechtigte Gesellschafter der Klägerin. Die Grundbesitz Gebr. Y-GbR (Bauherrin) beauftragte die Klägerin Anfang 2002 mündlich mit den streitgegenständlichen Planungsleistungen, die nach ihrem neuen Vortrag ausschließlich von ihrem Gesellschafter B erbracht worden seien. Im Fall einer falschen Planung des Gesellschafters B könnte die Beklagte nach Begleichung eines etwaigen Haftpflichtschadens, wie im Hinweisbeschluss vom 27. Oktober 2010 ausgeführt, nicht den Gesellschafter B als Versicherten in Regress nehmen. Da der Planungsauftrag der Klägerin als Personengesellschaft erteilt worden war, muss sich die Klägerin aber auch zurechnen lassen, wenn in der Person ihrer zweiten Gesellschafterin A die Voraussetzungen des nach Ziffer V. Nr. 2. BBR-ARCHIPROTECT 99 (BBR) nicht versicherten Risikos erfüllt waren. Es bestand eine maßgebliche Beteiligung der Gesellschafterin A an der Bauherrin, die es rechtfertigt, von einer wirtschaftlichen Verflechtung und dem damit verbundenen Risiko der Interessenkollision für den beklagten Versicherer auszugehen.
    4
    3.

    Die in Ziffer V. Nr. 2. BBR enthaltene Klausel ist als Vereinbarung eines Versicherungsausschlusses zu verstehen, wenn eine der drei genannten drei Alternativformen der Beziehung zum Unternehmen (leiten oder gehören oder beteiligt sein) gegeben ist, die jeweils gleiches Gewicht haben.
    5
    Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht davon auszugehen, dass bei der Auslegung an dem Bedeutungsgehalt der Klausel maßgebliche Zweifel bestehen bleiben und der Kunde der Beklagten einen Versicherungsausschluss nur für die zwei Alternativfälle "Leiten und Gehören" einerseits sowie "beteiligt Sein" andererseits annehmen könnte.
    6
    Die BBR sind nach ihrem objektiven Inhalt einheitlich so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss (Palandt-Grüneberg, 69. Aufl., § 305c BGB, Rn. 16).
    7
    Nur wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel verbleiben und mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar sind, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Weist die Klausel bei objektiver Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf, ist für die Anwendung der Unklarheitenregel kein Raum (Palandt-Grüneberg, a.a.O., RN. 18). Letzteres ist hier der Fall.
    8
    Selbst wenn der Wortlaut von Ziffer V. Nr. 2 BBR "...oder bei Unternehmen gegeben sind, die vom...oder...geleitet werden, die ihnen gehören oder an denen sie beteiligt sind" auf den ersten Blick nicht eindeutig erscheinen mag, ob damit eine additive Koordinierung im Sinne von "geleitet werden und die ihnen gehören" oder eine alternative Koordinierung gemeint ist, bei der nur einer der drei Sachverhalte (leiten oder gehören oder sich beteiligen) vorliegen muss, damit die Berufshaftpflicht nicht versichert ist, ist unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze und des weiteren Vertragsinhalts von einer alternativen Koordinierung auszugehen. Auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 27. Oktober 2010, dort Ziffer 2.3., wird verwiesen. Demgegenüber ist die Annahme, der Versicherer wolle die Berufshaftpflicht seines Kunden nur dann ausschließen, wenn "Leiten" und "Gehören" zusammenfallen, fern liegend, denn auch nach dem Verständnis der Klägerin soll die Versicherung der Berufshaftpflicht bei der weiteren Sachverhaltsvariante "beteiligt Sein" ausgeschlossen sein, ohne dass additiv die Unternehmensleitung hinzu kommen muss. Dagegen spricht auch, dass in der vorangestellten generalklauselartigen Bestimmung in Ziffer V. Nr. 1 die Berufshaftpflicht nicht versichert ist, wenn Tätigkeiten übernommen werden, die über das Berufsbild eines "Architekten/Bauingenieurs/Beratenden Ingenieurs" hinausgehen, und nach dem Verständnis des Versicherten in der sich anschließenden Nr. 2 typische Fälle einer berufsbildfremden Verflechtung geregelt sind.
    9
    4.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
    10
    Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für die erste Instanz hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin in der Klageschrift nur vorläufig den Streitwert mit 30.000,00 EUR angegeben hatte und mit nachgelassenem Schriftsatz vom 14.04.2009 erstinstanzlich den Schaden, der von der Bauherrin ihr gegenüber geltend gemacht werde, mit "mindestens 11.000,00 EUR" beziffert hat.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 305c Abs. 2 BGB