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  • 27.09.2012 · IWW-Abrufnummer 122947

    Oberlandesgericht Bremen: Urteil vom 05.05.2011 – 5 U 41/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    5 U 41/10

    In dem Rechtsstreit
    N.
    Klägerin,
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte
    gegen
    T
    Beklagte,
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte
    hat der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 14.04.2011 durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Röfer, den Richter am Amtsgericht Dr. Helberg und den Richter am Oberlandesgericht Hoffmann
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 19.11.2010 werden zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 67 % und die Beklagte 33% zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Seite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe

    I.

    Die Klägerin begehrt als Bauherrin von der Beklagten als beauftragter Architektin die Rückzahlung bereits bezahlten Honorars in Höhe von 50.000,00 €. Geplant war der Neubau eines Wohnhauses mit Schwimmhalle. Die Beklagte verlangt mit der Widerklage die Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 30.160,00 €.

    Durch das der Klägerin am 29.11.2010 zugestellte Urteil vom 19.11.2010 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klägerin zur Zahlung von 3.360,00 € restlichen Werklohns nebst Zinsen verurteilt; im Übrigen hat es die Widerklage abgewiesen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

    Gegen dieses Urteil richten sich die am 27.01.2011 eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt, sowie die bei Gericht am 28.02.2011 eingelegte Anschlussberufung der Beklagten, die ihren erstinstanzlichen Widerklageantrag weiterverfolgt.

    In ihrer Berufungsbegründung wiederholt die Klägerin im Wesentlichen die Ausführungen, die sie in erster Instanz gemacht hat. Insbesondere meint sie, das Landgericht habe zu Unrecht einen Kündigungsgrund für die Klägerin verneint. Die Beklagte habe keine genehmigungsfähige Planung erarbeitet; die Planung sei daher auch nicht brauchbar gewesen und habe völlig umgeplant werden müssen. Ein Großteil der Pläne habe nicht vorgelegen. Der Ehemann der Klägerin habe der Beklagten am 16.09.2002 telefonisch eine Frist von einer Woche gesetzt, um eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen. Die Planung der Beklagten sei auch nicht nachbesserungsfähig gewesen. Zudem berechtigten die Nichtherausgabe der Planunterlagen und die Weitergabe der Unterlagen an die G GmbH die Klägerin zur Kündigung aus wichtigem Grund, ebenso die extrem verzögerte Fertigstellung der Planung. Ohnehin sei die Fristsetzung entbehrlich gewesen, weil die Beklagte am 24.09.2002 mitgeteilt habe, die Planung sei abgeschlossen. Die Klägerin wiederholt ferner ihren Vortrag, durch die Beklagte genötigt worden zu sein.

    Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Klageabweisung und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Insbesondere bestreitet sie, dass der Ehemann der Klägerin in dem Telefonat am 16.09.2002 Mitarbeitern der Beklagten eine Frist zur Fertigstellung einer genehmigungsfähigen Planung oder zur Herausgabe der Planungsunterlagen gesetzt habe. Zur Begründung der Widerklage führt die Beklagte an, das Landgericht habe den Anspruch der Beklagten falsch berechnet. Es habe nur den Teil für die erbrachten Leistungen in Ansatz gebracht, aber nicht das vertraglich vereinbarte Honorar, das auf die nicht erbrachten Leistungen - abzüglich ersparter Aufwendungen - entfalle.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Klägerin vom 27.01.2011 (Bl. 814 ff. d.A.), 16.03.2011 (Bl. 850 f. d.A.) und 13.04.2011 (Bl. 852 d.A.) sowie der Beklagten vom 25.02.2011 (Bl. 838 ff. d.A.) Bezug genommen.

    Der Senat hat die Akten des Landgerichts Bremen zum Az. 3 OH 113/02 und des Bauordnungsamtes des Landkreises Osterholz zu den Az. 63-2055-01, 63-2943-01, 63-2939-01 sowie 63-53-03 beigezogen und zum Gegenstand der Berufungsverhandlung gemacht.

    II.

    Die Berufung und die Anschlussberufung sind statthaft, form- und fristgerecht eingelegt, aber jeweils unbegründet.

    1. Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Bremen hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung des bereits geleisteten Honorars in Höhe von 50.000,00 € zusteht.

    a) Ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Honorars ergibt sich nicht aus der von der Klägerin behaupteten einvernehmlichen Vertragsauflösung mit der Beklagten am 29.10.2002. Hierzu hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass aufgrund der Beweisaufnahme nicht sicher festgestellt werden konnte, ob am 29.10.2002 eine Vereinbarung des behaupteten Inhalts getroffen worden ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts (Seite 7 des Urteils vom 19.11.2010) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

    b) Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung der Vorauszahlungen könnte danach allein die vertragliche Abrede sein. Aus § 8 Satz 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages vom 24.02.2002 ergibt sich für den Fall einer Kündigung durch die Klägerin aus wichtigem Grund, dass sie einen vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Vorschusszahlung besitzt, wenn die Beklagte die Kündigung zu vertreten hat und ihre bis dahin erbrachten Leistungen nicht brauchbar waren bzw. keinen selbstständigen Wert besaßen.

    Der Vertrag ist hier indes nicht gemäß § 8 durch eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund aufgrund des allein maßgeblichen Schreibens vom 25.09.2002 beendet worden. Soweit die Klägerin eine weitere Kündigung aus wichtigem Grund nach dem 07.11.2002 behauptet hat, wird diese nicht näher dargelegt und hat daher außer Betracht zu bleiben.

    Ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund nach § 8 des Vertrages stand der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung nicht zu. Das Landgericht hat insoweit unter Berücksichtigung der Instanzrechtsprechung und im Lichte der Umstände des Einzelfalls zu Recht angenommen, dass für alle von der Klägerin ins Feld geführten Gründe jedenfalls eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung erforderlich war und diese in keinem Fall festgestellt werden kann. Auch in der Gesamtschau ergibt sich kein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund.

    aa) Die Klägerin konnte den Vertrag nicht etwa wegen "Schlechtleistung" infolge der Planung eines nicht genehmigungsfähigen Bauvorhabens aus wichtigem Grund kündigen.

    (1) Zwar steht aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen R aus dem selbständigen Beweisverfahren 3 OH 113/02 fest, dass die Planung der Beklagten nicht genehmigungsfähig war. Dies wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Sie hat damit eine mangelhafte Leistung erbracht. Daraus folgte für die Klägerin allerdings nicht das Recht, den Vertrag mit der Beklagten aus wichtigem Grund zu kündigen, ohne sie zuvor zur Nachbesserung unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung aufzufordern.

    Eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen Mängeln des Werks kann anzuerkennen sein, wenn dem Besteller ein Festhalten an dem Vertrag wegen grober Mängel der bisherigen Teilleistungen nicht zuzumuten ist (Palandt-Sprau, BGB, 70. Auflage, 2011, § 649, Rn. 14). Dabei muss allerdings stets geprüft werden, ob es dem Auftraggeber zumutbar ist, dem Auftragnehmer eine Frist zur Nachbesserung mit Ablehnungsandrohung zu setzen. Dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Alleine der Umstand, dass die Planung des Architekten in der vorgelegten Form nicht zu einer Baugenehmigung führen kann, rechtfertigt für sich genommen kein Absehen von der Nachfristsetzung. Denn als Folge von Mängeln der Planungsleistungen ergeben sich zunächst die gesetzlichen Gewährleistungsrechte, so dass vor einer Lösung vom Vertrag dem Auftragnehmer Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden muss. Diese gesetzliche Regelung darf im Regelfall nicht durch Ausübung eines außerordentlichen Kündigungsrechts umgangen werden (vgl. OLG Naumburg, BauR 2002, 1878). Etwas anderes mag gelten, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien aufgrund der konkreten Umstände derart beschädigt ist, dass von dieser generell notwendigen Aufforderung zur Nachbesserung abgesehen werden kann. Das ist in aller Regel bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art erst dann der Fall, wenn die Genehmigungsfähigkeit einer Planung durch Umplanungen innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens nicht erreicht werden kann, die Nachbesserung scheitert oder der Architekt sich weigert, das Werk nachzubessern (vgl. OLG Braunschweig, BauR 2002, 333; OLG Düsseldorf, Urt. vom 11.06.1992, Az.: 5 U 233/91 - zitiert nach [...]; OLG Köln, Urt. v. 15.05.1998, Az.: 20 U 91/97 - zitiert nach [...]). Diese Voraussetzungen lagen nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts nicht vor.

    (aa) Der Umstand, dass nach der Kündigung eine genehmigungsfähige Planung innerhalb von 14 Tagen fertig gestellt werden konnte, spricht bereits dafür, dass die Planung der Beklagten jedenfalls nach Umplanung ohne größeren Aufwand nachbesserungsfähig gewesen wäre. Insoweit sprach auch der Zeuge J in seinem Schreiben an die Klägerin vom 14.11.2002 (Anlage K 3, Bl. 14 d.A.) lediglich von einer "Anpassung" der Planung der Architektin Sch durch Reduzierung auf planerische Eingeschossigkeit. Aus seiner Zeugenaussage vom 10.12.2004 (Bl. 68 f. d.A.) sowie aus dem Vorbringen der Klägerin selbst im Schriftsatz vom 29.06.2005 (dort Seite 9) ergibt sich ferner, dass der Zeuge J selbst diese Anpassung durch Änderung der Geschossflächen vorgenommen hat. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies - wie sie für sich reklamiert - nicht auch der Beklagten hätte gelingen können und ein entsprechender Nachbesserungsversuch für die Klägerin unzumutbar gewesen wäre.

    Die Klägerin selbst trägt im Übrigen zu der Frage der angeblichen Unmöglichkeit der Nachbesserung wie zur behaupteten Unzumutbarkeit widersprüchlich vor. Denn in ihrem Schriftsatz vom 10.03.2005 erwähnt sie, dass erhebliche Umplanungen erforderlich (damit aber auch möglich) gewesen seien. Überdies erklärt sie, dass im November 2002 - also nachdem die Klägerin (spätestens) von der fehlenden Genehmigungsfähigkeit erfahren haben will - weder die Beklagte noch die Zeugin Sch bereit gewesen seien, die Pläne genehmigungsfähig zu machen. Die Feststellung, dass eine solche Bereitschaft fehlt, setzt allerdings die Aufforderung zur Nachbesserung und die Bereitschaft auf Bestellerseite, diese auch zuzulassen, voraus. Damit widerlegt die Klägerin aber ihren eigenen Vortrag, ein Festhalten an dem Vertrag sei ihr nicht zumutbar gewesen, wobei insoweit allein auf den vor den Gesprächen über eine eventuelle Nachbesserung liegenden Zeitpunkt der Kündigung abzustellen ist.

    An der schlüssigen Darlegung der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses fehlt es darüber hinaus auch deshalb, weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag im selbstständigen Beweisverfahren die Honorarzahlung erst am 08.10.2002 und damit lange nach der Kündigung gezahlt hat. Die Rückforderung diese Betrages läuft damit ihrem eigenen Verhalten zuwider (Venire contra factum proprium).

    (bb) Die Klägerin kann sich für die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte - wie die Klägerin zunächst behauptet hat - tatsächlich in der Zeit zwischen Auftragserteilung am 24.02.2002 und Kündigung am 25.09.2002 untätig geblieben wäre. Das ist nicht der Fall. Vielmehr hat der Sachverständige K Leistungen der Beklagten im Umfang von 49.000,00 € festgestellt. Die Entwurfsplanung ist danach zweifelsfrei erbracht worden. Im Laufe des Prozesses ist die Klägerin überdies von ihrer ursprünglichen Behauptung wieder abgerückt und hat praktisch das Gegenteil - die weitgehende Vollständigkeit der Planung - behauptet.

    (cc) Dass die erbrachten Leistungen für die Klägerin völlig unbrauchbar gewesen sein sollten, wie sie ebenfalls behauptet, hat sie nicht beweisen können. Die Einholung eines diese Behauptung stützenden Gutachtens, die das Landgericht bereits beschlossen hatte, hat die Klägerin dadurch vereitelt, dass sie den Kostenvorschuss nicht eingezahlt hat. Das geht zu ihren Lasten.

    (dd) Schließlich ist bei der Frage der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch zu berücksichtigen, dass die beauftragte Entwurfsplanung auf Vorarbeiten eines anderen Architekten aufbauen sollte. Insoweit gab es klare vertragliche Vorgaben (Ziff. 1.2.1.4): "Erarbeiten der endgültigen Lösung der Planungsaufgabe auf der Grundlage vorliegender Planung des Büro PGV und der erteilten Baugenehmigung." Mit der Grundlagenermittlung, der Vorplanung und der Genehmigungsplanung war die Beklagte im Hinblick auf die Architektenleistungen vertraglich nicht beauftragt, sondern allein mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung sowie der Vorbereitung der Vergabe.

    Beide Parteien gingen dabei zunächst ersichtlich von der Genehmigungsfähigkeit der Vorplanung aus. Das war sie indes nicht. Insoweit hat der Sachverständige R zu der Vorplanung der PGV deren Zweigeschossigkeit und damit die baurechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens festgestellt (Bl. 93/94 der Beiakte 3 OH 113/02). Zwar muss auch Ziel der von der Beklagten übernommenen Entwurfsplanung letztlich eine genehmigungsfähige Planung sein. Da die Beklagte bereits vertraglich verpflichtet wurde, an eine nicht genehmigungsfähige Planung anzuknüpfen, wiegt der berechtigte Vorwurf, ebenfalls eine nicht genehmigungsfähige Planung angefertigt zu haben, aber nicht gleich schwer, als wenn sie von vornherein mit der Gesamtplanung beauftragt worden wäre.

    Insoweit ist ihr auch zugute zu halten, dass sie zunächst auf der Grundlage der Vorplanung der PGV von der Genehmigungsfähigkeit dieser Planung ausgehen durfte, zumal die Zeugin Sch unstreitig von einem Mitarbeiter der Bauaufsicht am 04.04.2002 die telefonische Auskunft erhalten hatte, dass bei der Berechnung der Wohnflächen die Fläche des bereits genehmigten Schwimmbadgebäudes miteinbezogen werden könne. Damit wären die Schwierigkeiten der Genehmigung weitgehend ausgeräumt gewesen. Allerdings erfuhr die Zeugin Sch dann bereits im Juni 2002 davon, dass das Bauamt Osterholz-Scharmbeck beabsichtige, die bereits erteilten Dispense und die erteilte Baugenehmigung zurückzunehmen. Danach vergingen bis zu der Besprechung am 13.09.2002 zwischen Frau Sp vom Bauamt und der Zeugin Sch, in der ihr Frau Sp riet, einen Bauantrag zu stellen (vgl. Besprechungsprotokoll J, Bl. 75 in BA 3 OH 113/02), etwa drei Monate. Den Rat zur Antragstellung hätte die Beklagte bei entsprechender Nachfrage möglicherweise schon früher erhalten oder in Gesprächen mit der Bauaufsichtsbehörde auf eine Genehmigungsfähigkeit hinwirken können. Angesichts der geschilderten Umstände der Beauftragung wiegt ein sich daraus möglicherweise ergebendes Versäumnis allerdings nicht derart schwer, dass die Klägerin der Beklagten hier keine Gelegenheit zur Nachbesserung geben musste.

    (2) Die erforderliche Fristsetzung zur Nachbesserung der nicht-genehmigungsfähigen Planung mit Ablehnungsandrohung hat die Klägerin gegenüber der Beklagten vor der Kündigung am 25.09.2002 nicht ausgesprochen. Der Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung, ihr Ehemann habe der Beklagten am 16.09.2002 telefonisch eine Frist von einer Woche gesetzt, um eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen, ist neues streitiges Vorbringen. Denn in erster Instanz hat die Klägerin lediglich behauptet, ihr Ehemann habe bei jenem Telefonat eine Frist zur Herausgabe von Planungsunterlagen gesetzt. Das neue Vorbringen der Klägerin ist nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

    In der Mitteilung der Beklagten vom 24.09.2002 ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht etwa eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu sehen, die eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich macht. Das gilt schon deshalb, weil die Beklagte dort ausdrücklich ihre Bereitschaft erklärte, die beauftragten Leistungen zu erbringen.

    bb) Der Klägerin stand hier auch kein Kündigungsgrund wegen der angeblichen Nichtherausgabe der Planungsunterlagen bzw. der behaupteten unerlaubten Weitergabe der Unterlagen an die G GmbH zu.

    (1) Grundsätzlich kann die Nichtherausgabe von angeforderten Architektenunterlagen ein außerordentliches Kündigungsrecht des Bauherrn begründen. Insoweit ist es auch unschädlich, dass die Klägerin diesen Grund erst im Gerichtsverfahren geltend macht. Denn bei einer Kündigung aus wichtigem Grund ist ein Nachschieben von Gründen grundsätzlich möglich. Allerdings müssen diese Gründe zum Zeitpunkt der Kündigung objektiv vorgelegen haben.

    Insoweit ist für die angeblich unterlassene Übergabe der Planunterlagen die Klägerin beweispflichtig. Da es sich um eine negative Tatsache handelt, sind an die sekundäre Darlegungslast der Beklagten erhöhte Anforderungen zu stellen. Dieser ist sie aber durch ihre Schilderungen der Übergaben nachgekommen. Insoweit geht es nicht zu Lasten der Beklagten, dass nicht mehr genau aufzuklären war, welche Unterlagen genau an die Klägerin übergeben wurden. Denn dass Unterlagen - etwa zwei Wochen vor der Kündigung - an den Ehemann der Klägerin übergeben wurden, steht außer Frage. Über den Umfang konnten weder der Zeuge Bo noch der Zeugen Ba konkrete Angaben machen. Soweit der Zeuge N aussagte, es habe sich nur um Unterlagen im Umfang von einem halben Leitzordner gehandelt, steht dem die Aussage der Zeugin Sch gegenüber, wonach die Klägerin Pläne in einem Volumen von zwei bis drei Leitzordnern erhalten habe. Der Zeuge St hat ebenfalls bestätigt, dass bei einem Treffen mit dem Zeugen N jedenfalls mehrere Ordner auf dem Tisch gelegen hätten. Damit hat die Klägerin jedenfalls den ihr obliegenden Beweis einer unvollständigen Übergabe von Unterlagen nicht erbracht, so dass schon die Pflichtverletzung der Beklagten nicht festgestellt werden kann.

    Unabhängig davon ist der Einschätzung des Landgerichts beizupflichten, dass vor einer Kündigung aus wichtigem Grund auch bei verweigerter Herausgabe von Planunterlagen wiederum eine rechtswirksame Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung erforderlich ist (vgl. OLG München, Urt. v. 12.09.2007, Az.: 27 U 154/07 - zitiert nach [...]). Soweit die Klägerin vorträgt, ihr Ehemann, der Zeuge N, habe der Beklagten in Person von Herrn Bo und Herrn Wa am 16.09.2002 unter Androhung der Kündigung eine Frist von höchstens einer Woche zur Herausgabe der Planunterlagen gesetzt, konnte das durch die Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung so nicht bestätigt werden. Wie das Landgericht bereits zutreffend festgestellt hat, konnte der Zeuge N keine konkreten Angaben über die Umstände der behaupteten Fristsetzung machen.

    Auch das von der Klägerin ins Feld geführte Schreiben der Beklagten vom 19.09.2002 gibt für die behauptete Aufforderung zur Herausgabe der Planunterlagen mit Fristsetzung nichts her. Denn darin bestätigt die Beklagte lediglich zwei Telefonate, in denen der Ehemann der Klägerin telefonisch gekündigt habe. Von einer Androhung mit Fristsetzung oder gar einem Kündigungsgrund ist dort aber nicht die Rede.

    (2) Die angebliche Weitergabe von Planungsunterlagen an die Firma G begründet, selbst wenn sie erfolgt sein sollte, ebenfalls keinen derartigen Vertrauensbruch, dass von einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung abzusehen war. Schließlich war es im Interesse der Klägerin, schnellstmöglich ein Angebot zur Bauausführung zu erhalten. Die Mitwirkung bei der Vergabe war überdies nach Ziff. 1.2.3.3 des Vertrages Aufgabe der Beklagten.

    cc) Zutreffend ist ferner die Einschätzung des Landgerichts, der zufolge der Klägerin kein Kündigungsgrund wegen verzögerter Fertigstellung durch die Beklagte zusteht. Zwar kann ein wichtiger Grund zur Kündigung auch dann gegeben sein, wenn der Auftragnehmer eine Vertragsfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht eingehalten hat. Dass hier eine Fertigstellungsfrist vereinbart gewesen ist, etwa bis zum 29.07.2002, wie die Klägerin meint, lässt sich dem Vertrag jedoch nicht entnehmen, ebenso wenig dem zur Akte nachgereichten Bauzeitenplan (Anlage K 9).

    Bei einem Architektenvertrag kann gleichwohl auch ohne vertragliche Frist ein wichtiger Kündigungsgrund bestehen, sofern der Architekt seine Leistungen nur schleppend und unzureichend erbringt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 29.07.2003, Az.: 24 U 129/02 - zitiert nach [...]). Allerdings ist insoweit wiederum zu berücksichtigen, dass auch bei einer zögerlichen Ausführung des Auftrags eine Beendigung des Vertragsverhältnisses aus den schon erwähnten Gründen grundsätzlich nur nach vorangegangener Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zulässig ist (vgl. OLG Köln, aaO, sowie OLG Köln, Urt. v. 15.05.1998, Az.: 20 U 91/97 - zitiert nach [...]). Eine solche hat die Klägerin insoweit aber nicht einmal behauptet.

    dd) Was die behauptete Nötigung der Klägerin durch das Schreiben der Beklagten vom 24.09.2002 betrifft, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (Urteil Seite 10 f.).

    c) Die Voraussetzungen für eine Rückzahlung aufgrund § 8 Satz 3 des Vertrages lagen damit nicht vor.

    Die unwirksame außerordentliche Kündigung ist in eine freie Kündigung entsprechend § 649 BGB umzudeuten. Zwar haben die Parteien in § 8 Satz 1 des Vertrages vom 22.02.2002 das Recht zur Kündigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes normiert. Gleichwohl muss auch der Fall, in dem eine Partei vertragswidrig eine "freie Kündigung" ausspricht und die andere Partei den Vertrag damit auch als beendet ansieht, ein Abwicklungsmodus gefunden werden. Insoweit bietet es sich im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung an, auf die Regelung des § 649 Satz 2 BGB über die Abrechnung nach freier Kündigung zurückzugreifen, zumal die dort gebrauchte Formulierung auch wörtlich in § 8 Satz 4 des Vertrages vom 24.02.2002 für den Fall einer nicht vom Auftragnehmer zu vertretenden Kündigung aufgegriffen ist.

    Die Kündigung des Architektenvertrages belässt dem Architekten den Vergütungsanspruch für die bereits erbrachten Leistungen und gibt ihm einen Anspruch auf die volle Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen nach Abzug seiner ersparten Aufwendungen. Die Klägerin hat danach nur Anspruch auf Rückzahlung einer sich im Rahmen der Abrechnung des Architektenvertrages ergebenden etwaigen Überzahlung. Eine solche Überzahlung ist hier nicht festzustellen. Vielmehr hat der Sachverständige K beanstandungsfrei festgestellt, dass der Wert der von der Beklagten erbrachten Leistungen bei netto 46.000,00 €, d.h. brutto 53.360,00 € lag.

    2. Zu Recht hat das Landgericht die Widerklage nur in Höhe eines Betrages von 3.360,00 € für begründet erachtet.

    Soweit die Beklagte einen Restzahlungsbetrag in Höhe von 30.160,00 € geltend macht, ergibt sich dieser Betrag aus ihrem Vortrag, wonach in dem Gespräch am 29.10.2002 eine Einigung dahingehend erzielt worden sei, dass die Klägerin insgesamt 80% der Vertragssumme zahlen solle (Rechnung der Beklagten Anlage K 2, Bl. 13 d.A.). Die Beklagte hat im Laufe des Prozesses allerdings im Hinblick auf eine Abrechnung nach den Grundsätzen von § 649 BGB auch vorgebracht, lediglich 10.571,44 € an ersparten Aufwendungen gehabt zu haben (Bl. 116 d.A.). Dementsprechend stünde ihr nach ihrer eigenen Berechnung sogar eine höhere Forderung als 30.160,00 € zu, die sie allerdings nicht beansprucht.

    Beiden Ansätzen kann indes nicht gefolgt werden.

    Soweit die Beklagte auf der Grundlage der angeblichen Vereinbarung über die Zahlung von 80% der Auftragssumme mit der Klägerin eine Restzahlung von 30.160,00 € fordert, ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass eine solche Vereinbarung nicht bewiesen ist. Insoweit wird vollumfänglich auf die Ausführungen in dem Urteil des Landgerichts verwiesen (dort Seite 7 Ziff. I.1).

    Soweit die Beklagte ersparte Aufwendungen in Höhe von 10.571,44 € behauptet, begründet sie diesen Betrag durch eine Aufstellung über nicht erbrachte Leistungen (Bl. 116 und Anlage B 7, Bl. 120). Damit gibt die Beklagte zum Ausdruck, dass für sie die ersparten Aufwendungen deckungsgleich mit der geschuldeten Vergütung für die aus ihrer Sicht nicht erbrachten Leistungen sind oder - anders gesagt - nur Vergütung für die erbrachten Leistungen verlangt wird. An diesem Vorbringen muss sich die Beklagte festhalten lassen. Ihr stehen infolgedessen aufgrund der nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen K zum Bearbeitungsstand lediglich 53.360,00 € zu. Die Differenz zu den 50.000,00 € Vorauszahlung hat das Landgericht der Beklagten zutreffend zugesprochen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

    4. Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Senat hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung bezogen auf die verschiedenen streitgegenständlichen Forderungen eine Einzelfallentscheidung getroffen.

    5. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 80.160,00 € festgesetzt (Klage: 50.000,00 € + Widerklage: 30.160,00 €).

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 649 BGB