27.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131970
Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 06.11.2012 – 23 U 156/11
1. Die Bauüberwachung durch den Architekten darf sich auch bei einfachen, gängigen Tätigkeiten nicht darauf beschränken, die von den jeweiligen Auftragnehmern vorgelegten Papiere zur vorgesehenen Bauausführung (hinsichtlich Materialien bzw. Arbeitsweisen) einer bloßen Durchsicht vom Büroschreibtisch aus zu unterziehen, ob sie mit den Vorgaben der Planung vollständig übereinstimmen. Vielmehr muss der wegen seiner besonderen Fachkunde mit der Bauüberwachung betraute Architekt seine Fachkunde auch vertragsgemäß dahingehend einsetzen, dass er - zumindest stichprobenhaft - Überprüfungen an Ort und Stelle vornimmt.
2. Arbeiten im Bereich des Bodenaustauschs zwecks fachgerechter Gründung einer Industriehalle gehören (ebenso das Betonieren/Bewehren von Sohlplatten) zu gefahrenträchtigen Arbeiten mit typischen Gefahrenquellen im Rahmen eines kritischen Bauabschnittes, bei denen verschärfte Anforderungen an die Bauüberwachung durch den Architekten zu stellen sind, da die Gründung eines Gebäudes für dessen mangelfreie Errichtung und dauerhaften schadlosen Bestand von grundlegender Bedeutung ist und sich nachträgliche Feststellungen dazu regelmäßig als außerordentlich schwierig und aufwendig darstellen.
3. Verschärfte Anforderungen an die Bauüberwachung sind auch dann zu stellen, wenn die Baugründung auf Basis eines Baugrundgutachtens mit besonderen Vorgaben an die Materialien (einschl. deren in der Fachwelt bereits diskutierten hinreichenden Raumbeständigkeit bei Verwendung im Hochbau), an deren Be-/Verarbeitung bzw. an sonstige Einzelheiten eines danach notwendigen Bodenaustauschs erfolgen soll.
4. Verschärfte Anforderungen an die Bauüberwachung des Architekten bestehen auch dann, wenn die Planung durch handschriftliche Abänderungen des Leistungsverzeichnisses durch den (Erd-)Bauunternehmer geändert worden ist.
5. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten.
6. Tatsächliche Erkenntnisse aus einem vorherigen selbständigen Beweisverfahren, die über den schriftsätzlichen Tatsachenvortrag im Streitverfahren hinausgehen, sind zu berücksichtigen, wenn sich eine Partei diese ausdr ücklich oder konkludent als Sachvortrag zu eigen macht.
7. Dies gilt auch in Bezug auf zulässige Beweisfragen zur "technischen Verantwortung" von Architekt/Bauunternehmer bzw. Lieferant.
Oberlandesgericht Düsseldorf
I-23 U 156/11
Tenor:
Auf Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 18. Oktober 2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klageanträge zu 1. bis 4. sind dem Grunde nach gerechtfertigt.
Im Übrigen wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom18. Oktober 2011 sowie das ihm zugrundeliegende Verfahren aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - bleibt der Schlussentscheidung des Landgerichts vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2
A.
3
Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 1. bzw. die Beklagten zu 2. und 3. als deren Gesellschafter aus einem Architektenvertrag über Leistungsphasen 1 bis 8 in Bezug auf die Errichtung einer Industriehalle auf ihrem Grundstück "P , M" Schadensersatz in Höhe von 1.550.000,00 EUR nebst vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 11.156,01 EUR, jeweils nebst Zinsen, sowie Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht der Beklagten mit dem Vorwurf geltend, die Beklagte sei für den im Rahmen des Bodenaustauschs unterhalb des Baukörpers erfolgten Einbau nicht raumbeständigen Materials und die dadurch bedingten Verwerfungen und Verschiebungen infolge fehlerhafter Ausschreibung bzw. infolge fehlerhafter Bauleitung verantwortlich. Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
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Es liege keine Klageänderung vor, da die Klägerin die Beklagten durchgängig auf Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Überwachungspflichten in Anspruch nehme.
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Der Feststellungsantrag sei zulässig. Die Klägerin habe ein Feststellungsinteresse, da es ihr bisher nicht möglich sei, die Mangelbeseitigungskosten zu beziffern, da u.a. die Umsatzsteuer noch nicht angefallen sei.
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Die Kläger hätten gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB. Ob die Beklagten passivlegitimiert seien, könne offenbleiben, da sie jedenfalls keine Pflichten aus dem Werkvertrag über die Vollarchitektur des Bauvorhabens verletzt hätten.
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Ein Ausschreibungsmangel liege nicht vor, da der Sachverständigen M festgestellt habe, dass die geänderte HOS 0/60 Schicht grundsätzlich ihren Zweck als kapillarbrechende Schicht erfülle und deren Einbau als solcher zulässig gewesen sei. Die Unvollständigkeit der Bezeichnung des RCL-Sandes in der Ausschreibung der Beklagten beziehe sich nur auf dessen Tragfähigkeit, Verdichtbarkeit bzw. Verdichtungsgrad und Umweltverträglichkeit, indes gerade nicht auf die Raumbeständigkeit. Es spiele für die hier zum Schaden führende Raumunbeständigkeit keine Rolle, dass nicht eine bestimmte Körnung ausgeschrieben und verwendet worden sei, denn die Raumunbeständigkeit beruhe nicht auf der Korngröße, sondern auf der chemischen Zusammensetzung des eingebauten Materials, die von der Korngröße unabhängig sei. Zudem sei festzustellen, dass der Sachverständige in seinem Sanierungsvorschlag selbst den Austausch gegen RC-Material vorschlage.
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Die Beklagten hätten auch ihre Pflicht zur Bauüberwachung nicht verletzt. Dies könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Sachverständige M die Beklagten als "technisch verantwortlich" bezeichnet habe, da es sich um eine Rechtsfrage handele, die der Sachverständige nicht habe beantworten wollen.
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Auch wenn die Gründung der Halle besonderer Überwachung bedürfe, da sie für das Gelingen des Gesamtwerks entscheidend sei, hätten die Beklagten - ohne weitere Anhaltspunkte für Anlieferung nicht vereinbarten Materials - keine Proben zwecks Laboranalyse nehmen müssen, sondern sie habe nur eine erhöhte Kontrollpflicht getroffen, der sie bereits durch die Überwachung der Anlieferung des Materials anhand der Lieferscheine hätten nachkommen können. Anhaltspunkte für Anlieferung nicht vereinbarten Materials, die dessen weitere Überprüfung hätten erfordern können, habe es hier für die Beklagten nicht gegeben. Soweit die Klägerin aus den Feststellungen des Sachverständigen M zu den Lieferscheinen (194 BA) ableite, dass - abgesehen von vertragsgemäßer RCL-Schlacke 0/45 - verschiedene, nicht vereinbarte Materialien eingebaut worden seien, könne ihr nicht gefolgt werden, da die laut Lieferscheinen angelieferten Materialien der vereinbarten Materialspezifikationen entsprochen hätten und die Unterschiedlichkeit des RCL-Materials sich lediglich auf die Körnung beziehe, auf die es für die Raumbeständigkeit nicht ankomme.
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Dem Einwand der Klägerin, dass auch Schlacken und nicht nur RCL-Materialien angeliefert worden seien, stehe entgegen, dass der Einbau von HOS 0/60 nach den Angaben des Sachverständigen zulässig gewesen sei. Die weitere Verwendung von Schlacken ergebe sich nicht aus den vom Sachverständigen eingesehenen Lieferscheinen. Ob die nicht näher bezeichnete Anlieferung von 150 cbm Schlacke der Fa. K von der vereinbarten Spezifikation abgewichen sei, sei weder vorgetragen noch feststellbar und betreffe zudem nur einen unwesentlichen Teil des Materials.
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Die Klägerin könne auch nichts daraus herleiten, dass bei neuartigen und unerprobten Baustoffen den Architekten eine besondere Prüfungspflicht bezüglich deren Eignung treffe, da der Sachverständige die grundsätzliche Eignung des Materials durch seine Feststellung bestätigt habe, dass RCL-Material grundsätzlich raumbeständig und HOS als kapillarbrechende Schicht zulässig sei.
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Die Klägerin könne auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass der Sachverständige ausgeführt habe, nur RC-Material aus Bauschutt sei raumbeständig, nicht aber die verwendeten Schlacken. Denn der Sachverständigen habe auch ausgeführt, dass als RC-Material nur Material aus Bauschutt bezeichnet werde und nicht Schlacken. Damit sei bei der Lieferung von Schlacken etwas anderes geliefert worden als auf den Lieferscheinen ausgewiesen, da dort RCL-Material und damit als technischer Fachbegriff raumbeständiges Material angeführt sei.
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Bei einer Gesamtschau ergebe sich, dass für die Beklagten nach der Kontrolle der Lieferscheine kein Anlass zur weiteren Bauüberwachung bestanden habe, da ausweislich der Lieferscheine das bestellte Material geliefert worden sei. Die Schäden resultierten daraus, dass nicht das angeliefert worden sei, was auf den Lieferscheinen gestanden habe.
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Selbst wenn sich die Beklagten nicht alle Lieferscheine hätten vorlegen lassen, sei ein solcher etwaiger Fehler der Bauüberwachung nicht kausal für den Schaden, da sich - auch bei einer vollständigen Kontrolle der Lieferscheine, wie durch den Sachverständigen M erfolgt - die Abweichung nicht hätte erkennen lassen.
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Verschärften Haftungsvoraussetzungen wegen einer fremden Planung - entsprechend OLG Naumburg (Urteil vom 13.05.2005, 6 U 4/05, BauR 2006, 554) - hätten die Beklagten nicht unterlegen, da die Beklagten die Planung selbst übernommen hätten. Daran ändere auch nichts, dass die Fa. C die Ausschreibung nachträglich geändert habe, da die Beklagten mit dieser Änderung einverstanden gewesen seien, so dass von einer eigenen (lediglich geänderten) Planung der Beklagten und nicht von einer Planung Dritter auszugehen sei. Zudem gelte auch hier, dass das einzubauende Material als geeignet anzusehen sei.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, zu deren Begründung sie unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vortragen:
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Dem LG sei bereits die Bestimmung der Anspruchsgrundlage misslungen, die sich aus § 635 BGB a.F. ergebe.
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Die Ausführungen des LG zur Passivlegitimation der Beklagten seien widersprüchlich. Die Passivlegitimation der aus den Beklagten zu 2. und 3. bestehenden Beklagten zu 1. als GbR sei - auch unter Berücksichtigung der in der Klageschrift bezeichneten Adresse und des zwischenzeitlichen Wegfalls des Zusatzes "J" - gegeben, da deren Beauftragung unstreitig sei.
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Es sei unstreitig bzw. bzw. durch das Gutachten des Sachverständigen M (164 ff. BA), dessen Inhalt sie bereits in erster Instanz zum Gegenstand ihres Sachvortrages gemacht hätten (8 ff. BA) und gegen das die Beklagten weder im selbständigen Verfahren noch in der ersten Instanz des vorliegenden Verfahrens Einwendungen erhoben hätten, bewiesen,
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- dass das ursprünglich durch die Beklagte zu 1. ausgearbeitete LV für die Ausführung der Erdarbeiten (103-110 BA) vorgesehene Kies-Schotter-Gemisch mit deren ausdrücklichen Zustimmung im Sinne einer Planänderung zu Pos. 1.1.5 in "HOS 0/60" (109 BA) und zu Pos. 1.1.5.1. (109 BA) in "RCL 0/45" abgeändert worden sei,
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- dass es sich bei dem Material "HOS .." um Hochofenschlacke und bei dem Material "RCL ..." um Recycling-Material aus Bauschutt handele und beide Materialien grundsätzlich die für einen Bodenaustausch notwendigen Anforderungen an hinreichende Raumbeständigkeit erfüllten,
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- dass sich unter der Bodenplatte der Halle bzw. der darunter befindlichen Noppenbahn eine erste Schicht (bestehend aus einem Gemisch von Hausmüllverbrennungs(HMV)-Asche und RC-Material in einem Mischungsverhältnis 1:1, 168-171, 191 BA) und darunter eine zweite Schicht (bestehend aus einem Gemisch von Hochofenschlacken, Stahlwerkschlacken, Edelschlacken EDS und zum Teil Feuerfestmaterial, 193 BA) befinde,
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- dass es sich bei der ersten Schicht nicht definitionsgemäß um einen klassischen RC-Baustoff oder Recycling-Material handele (191 BA),
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- dass sich in den vom Sachverständigen M eingesehenen Lieferscheinen/Tagesberichten verschiedene Bezeichnungen der eingesetzten Baustoffe befänden (194 BA), wobei keiner der dort bezeichneten Baustoffe den o.a. Vorgaben des durch die Beklagte zu 1. geänderten LV (HOS 0/60 bzs. RCL 0/45) entspreche,
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- dass das vom Erdbauunternehmer zu Pos. 01.1.05 der Schlussrechnung (Anlage K 4, 30 BA) für den Bodenaustausch abgerechnete Material "Hochofenschlacke 0/65 mm geliefert und eingebaut 2.881,801 cbm" nicht den o.a. Vorgaben des durch die Beklagte zu 1. geänderten LV (HOS 0/60) entspreche und auch nicht dem vom Sachverständigen M an den Entnahmestellen 1 und 2. (169 BA) bzw. bei der Rammkernsondierung (170 BA) vorgefundenen Material entspreche,
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- dass es sich bei der ersten Lage unter der Noppenbahn um Hausmüllverbrennungs(HMV)-Asche mit Beimengungen von RCL-Material (168 BA) handele, welches bereits "augenscheinlich" (168/169 BA i.V.m. Lichtbildern 20/21/26-28, 214/217 ff. BA) als Mischung aus HMV-Asche und RCL-Material zu (d.h. als vom LV abweichendes Material) zu identifizieren gewesen sei,
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- dass weder das als erste Schicht unter der Noppenbahn eingebaute Material (Gemisch von Hausmüllverbrennungs(HMV)-Asche und RC-Material) noch das als zweite Schicht darunter eingebaute Material (Gemisch von Hochofenschlacken, Stahlwerkschlacken, Edelschlacken EDS und zum Teil Feuerfestmaterial) die für einen Bodenaustausch im Hochbau notwendige Raumbeständigkeit aufwiesen (179/190 ff. BA).
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Bei den vorstehenden unstreitigen bzw. bewiesenen Tatsachen handele es sich nicht um neuen Sachvortrag in zweiter Instanz, sondern es würden daraus lediglich die rechtlichen Konsequenzen gezogen. Aus den augenscheinlichen Materialabweichungen folge zugleich zwangsläufig, dass die Beklagten bzw. ihr Streithelfer eine Sichtprüfung nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt hätten, da die Materialabweichung für einen Fachkundigen nicht habe unerkannt bleiben können. Dies werde durch eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen M unter Beweis gestellt, wobei dieser Beweisantritt ebenfalls nicht präkludiert sei, da das LG erkennbar die unstreitigen bzw. bewiesenen Feststellung des Sachverständigen M zur bereits augenscheinlich zu erkennenden Materialabweichung (HMV-Asche in der ersten Schicht) übersehen bzw. insoweit seine Hinweispflicht verletzt habe.
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Das LG habe aktenwidrig und - entsprechend der Feststellungen des Sachverständigen M (194 BA) - unzutreffend angenommen, die nach dem Wortlaut der Lieferscheine angelieferten Materialien entsprächen den zu LV-Pos. 1.1.5. bzw. 1.1.5.1. vereinbarten Materialien. Selbst die dortige - vom Sachverständigen M sogar als "irreführend" bewertete - Bezeichnung "RCL-Schlacke" (194 BA) entspreche nicht der LV-Pos. 1.1.5.1. ("RCL 0/45").
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Anknüpfend an die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Objektüberwachung (vgl. 465 GA), habe die Beklagte zu 1. ihre Bauüberwachungspflicht verletzt, da die ordnungsgemäße Gründung eines Bauvorhabens für das Gelingen des Gesamtwerks von entscheidender Bedeutung sei und demzufolge besonderer Überwachung bedürfe. Sehe das Baugrundgutachten einen Bodenaustausch vor, hänge die ordnungsgemäße Gründung entscheidend davon ab, dass beim Bodenaustausch auch tatsächlich nur dauerhaft hinreichend raumbeständige Materialien eingebaut würden; dies habe die Beklagte zu 1. pflichtgemäߠ - nicht nur auf Stichproben beschränkt - überprüfen und überwachen müssen.
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Das LG habe verkannt, dass ein bauleitender Architekt seine Bauüberwachungspflicht hinsichtlich der Materialien nicht durch einen bloßen Abgleich des Wortlauts der Lieferscheine mit der Materialbezeichnung im LV erfülle.
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Abgesehen von dieser rechtlichen Fehleinschätzung habe da LG verfahrensfehlerhaft als unstreitig angenommen, der mit der Bauüberwachung beauftragte Subunternehmer der Beklagten zu 1. (ihr Streithelfer) habe einen Abgleich des Wortlauts der Lieferscheine mit der Materialbezeichnung im LV vorgenommen, obgleich dies - bereits nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils (424R/425R GA) - streitig sei.
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Zudem hätten die Beklagten in erster Instanz - trotz klägerseitigen Bestreitens (202 ff. BA) - nicht einmal substantiiert vorgetragen, alle Lieferscheine/Wiegekarten insoweit überprüft zu haben (139/140 GA) und hätten dies auch nicht durch die Vorlage der entsprechenden vollständigen Lieferscheine belegt, sondern sich auf den Hinweis auf die Anlage B 1 (142 ff. GA) beschränkt, obgleich es sich bei den dortigen Lieferscheinen der G R - entsprechend der Feststellungen des Sachverständigen M (194 BA) - nur um einen Teil der Lieferungen handele und auch andere Unternehmen Lieferungen erbracht hätten. Zudem folgen aus den von den Beklagten vorgelegten Lieferscheinen (142 ff. GA) gerade nicht, dass "güteüberwachtes RCL-Material" eingebaut worden sei, sondern das dort genannte Material "RC-Schlacke 0/45" entspreche weder nach Inhalt noch nach Bezeichnung dem LV und sei zudem - wie vom Sachverständigen M ausgeführt (191 BA) - irreführend bezeichnet.
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Das LG habe fehlerhaft angenommen, dass das auf den Lieferscheinen aufgeführte Material mit dem gemäß LV beauftragten Material übereingestimmt habe (427 GA unten), da dies durch die unbestrittenen Feststellungen des Sachverständigen M (194 BA) widerlegt sei.
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Das LG habe aus der Entscheidung des OLG Naumburg vom 13.05.2005 (6 U 4/05, BauR 2006, 554) fehlerhaft gefolgert, die Notwendigkeit weiterer Überprüfungen des Materials könne nur bei "fremder Planung" angenommen werden, obgleich eine gesteigerte Prüfungspflicht danach bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen - insbesondere bei Tragschichten - bestehe.
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Die Annahme des LG, es hätten sich keine Anhaltspunkte für ein weitere Überprüfung des Materials ergeben, sei in mehrfacher Hinsicht unzutreffend, wie sich schon aus den vom LG selbst angesprochenen Umständen ergebe.
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Das nach den Feststellungen des Sachverständigen M in den von ihm eingesehenen Lieferscheinen (194 BA) bezeichnete Material sei in keinem einzigen Lieferschein das vertragsgemäße Material "Hochofenschlacke HOS 060" bzw. "Recyclingmaterial RCL 045" gewesen.
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Sie habe - entgegen den Feststellungen des LG (427 R GA, dort 4. Absatz) - zu keinem Zeitpunkt eingeräumt, dass "RCL-Schlacke 0/45" vertragsgemäß gewesen sei.
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Der Sachverständige habe sehr wohl die Verwendung von Schlacken beanstandet, da er festgestellt habe, dass es sich bei dem in den Lieferscheinen irreführend als "RCL-Schlacke 0/45" bezeichneten Material um ein unzulässiges Gemisch aus "HMV-Asche" und "RC-Baustoff" gehandelt habe (191 BA).
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Das LG habe auch unzutreffend angenommen, die im LV vorgesehen Materialien hätten keine Veranlassung für eine besondere Prüfungspflicht hinsichtlich der Eignung des konkret angelieferten Materials ergeben. Dies folge daraus, dass das Auftreten von Gebäudeschäden infolge Verwendung nicht raumbeständigen Materials für einen zum Zweck der Bebauung durchgeführten Bodenaustausch keineswegs ein Einzelfall sei, wie sich etwa aus dem vor dem Senat geführten Rechtsstreit 23 U 156/01 ergebe. Zudem sei bereits Anfang der 90er Jahre in der Fachwelt diese Problematik bekannt gewesen, wie sich aus der DIN 4301 (April 1981, 194 ff. GA) und den dortigen Abgrenzungen zwischen HMV-Asche und Hochofenschlacke (HOS) - insbesondere in Bezug auf die Raumbeständigkeit - und den dortigen Anforderungen an Reinheit, G üteüberwachung/Zertifizierung und Lieferscheine in Bezug auf Hochofenschlacke (HOS) ergebe. Keine dieser Voraussetzungen der DIN 4301 (dort Tz 6/7) sei hier erfüllt, wie den Beklagten schon bei einer bloßen Sichtprüfung der Lieferscheine pflichtgemäß habe auffallen müssen.
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Selbst für die - nach den Feststellungen des Sachverständigen M etwas geringeren Anforderungen unterliegende - Verwendung von Hochofenschlacke (HOS) im Straßenbau sei durch Runderlass vom 30.04.1991 (484 ff. GA) klargestellt worden, dass sie erst nach einer Lagerungszeit von mind. 3 Monaten in Betracht komme. Auch dies belege, dass in der Fachwelt die fehlende Raumbeständigkeit und Eignung als Bauuntergrund im Hochbau spätestens seit Anfang der 90er Jahre bekannt gewesen sei.
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Da der Einbau der HMV-Asche - wie durch das Gutachten des Sachverständigen M bewiesen (168/169 BA i.V.m. Lichtbildern 20/21/26-28, 214/217 ff. BA) - durch bloßen Augenschein (d.h. ohne Analysen/Laboruntersuchungen) erkennbar gewesen sei, liege im Unterlassen der Sichtprüfung ein schwerwiegender Fehler der Bauüberwachung.
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Zudem sei die Beklagte zu 1. im Rahmen pflichtgemäßer Bauüberwachung unter Berücksichtigung der verpflichtenden Soll-Vorgaben des Baugrundgutachtens M vom 05.05.1999 (7 ff. BA) gehalten gewesen, die erzielte Verdichtung des Bodenaustauschs durch ordnungsgemäße Lastplattenversuche und Ramm-sondierungen zu überprüfen (17 BA), wobei der unzulässige Einbau von HMV-Asche jedenfalls entdeckt worden wäre, wie vorsorglich durch ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen M unter Beweis gestellt werde.
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Gerade im Hinblick auf die dargestellte Problematik von Raumbeständigkeit von aufbereiteten Altbaustoffen und darauf, dass das Material des Bodenaustauschs nach Aufbringung der Bodenplatte ohne Kernbohrungen/Rammsondierungen keiner optischen Überprüfung mehr zugänglich gewesen sei, sei die Beklagte - selbst bei Wahrunterstellung einer hinreichenden Überprüfung der Lieferscheine - zu einer Sichtprüfung verpflichtet gewesen, bei der die in der obersten Lage eingebaute HMV-Asche durch bloßen Augenschein zu erkennen gewesen wäre.
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Wegen der von der Beklagten zu 1. tatsächlich feststellbaren Diskrepanzen zwischen den in den Lieferscheinen angegebenen Materialien (194 BA) und den im LV (109 BA) angegebenen Materialien sei sie verpflichtet gewesen, den Einbau aller Materialien von Lieferscheinen mit Angaben gemäß DIN 4301 (dort Tz 7) abhängig zu machen oder die Materialien vor dem Einbau labormäßig prüfen zu lassen.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil abzuändern und
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1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an sie 1.550.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2006 zu zahlen,
50
2. die Beklagten zu 2. und 3. im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner und im Verhältnis zur Beklagten zu 1. wie Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.550.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2006 zu zahlen,
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3. festzustellen, dass die Beklagten zu 1. bis 3. verpflichtet sind, ihr den über den Betrag von 1.550.000,00 EUR hinausgehenden Schaden zu erstatten, der ihr infolge Einbaus von nicht raumbeständigen Material unter dem Hallenboden des Objekts "P, M" entstanden ist bzw. künftig noch entstehen wird, wobei die Beklagten zu 2. und 3. im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner und im Verhältnis zur Beklagten zu 1. wie Gesamtschuldner zu verurteilen sind,
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4. die Beklagten zu 1. bis 3. zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 11.156,01 EUR nebst Rechts-hängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, die Beklagten zu 2. und 3. im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner und im Verhältnis zur Beklagten zu 1. wie Gesamt-schuldner.
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u n d
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über das Bestehen des Anspruchs gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO durch Grundurteil zu entscheiden und im Übrigen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des zugrundeliegenden Verfahrens den Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
55
Die Beklagten und der Streithelfer der Beklagten zu 1. bis 3. beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
57
Die Beklagte trägt zur Berufungserwiderung unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor:
58
Vertragspartner sei die S S u. S, nicht - wie es erstinstanzlich geheißen hätte - die S J Ingenieure + Architekten S und S GbR.
59
Die Lieferscheine und Tagesberichte zu den hier streitigen LV-Pos. 1.1.5/1.1.5.1/1.1.6 beinhalteten keinen ins Auge fallenden Widerspruch.
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Die Formulierungen des Sachverständigen M "augenscheinlich" bedeuteten ausweislich des Kontextes nicht, dass es "ins Auge springend", "offensichtlich" oder "für jeden erkennbar" bzw. im Rahmen einer optischen Prüfung erkennbar gewesen sei, dass anderes als im LV bezeichnetes Material eingebaut worden sei; er habe sogar von vorübergehender Raumbeständigkeit des Materials gesprochen.
61
Richtig zu stellen sei, dass die LP 9 hier nicht vom Vertrag umfasst gewesen sei.
62
Nach der Differenzierung in Rechtsprechung und Literatur sei der Bodenaustausch ein Arbeitsbereich, der eigentlich unter handwerkliche Selbstverständlichkeiten falle und vom Architekten nicht im Detail überwacht werden müsse. Mangelnde Qualität des Bodens sei - entsprechend KG (Urteil vom 28.05.2002, 15 U 9892/00, BauR 2004, 135) - dem Architekten nicht als Überwachungsmangel anzurechnen. Es bestehe - entsprechend OLG Celle (Urteil vom 04.11.2009, 7 U 108/09, BauR 2011, 698) - auch keine Verpflichtung, ungefragt über Eigenschaften von LD-Schlacke aufzuklären, dies gelte erst recht für RCL-Material.
63
Auch aus den Umständen habe sich kein Anlass zu besonderer Überwachung der Fa. C ergeben, weil das LV in Abstimmung mit der Klägerin verändert worden sei, aus den Lieferscheinen eine Abweichung vom LV nicht erkennbar gewesen sei und die Klägerin selbst über den Einsatz der ihr offensichtlich familiär bekannten Fa. C erfreut gewesen sei und keine Zweifel an deren Leistungsfähigkeit/-bereitschaft bzw. Zuverlässigkeit bestanden hätten. Dementsprechend habe zum Zeitpunkt des Einbaus der Kunststofflage auch keinen Grund gegeben, noch einmal gesondert den Boden optisch zu untersuchen.
64
Der Streithelfer der Beklagten zu 1.-3. trägt zur Berufungserwiderung unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vor:
65
Verständliche Darlegungen zu einem vermeintlichen Pflichtenverstoß der Beklagten hätten aus technischer und juristischer Sicht im erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin völlig gefehlt. Der Sachverständigen M habe sich einer juristischen Bewertung ausdrücklich enthalten.
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Nachdem die Klägerin auf den Schriftsatz des Streithelfers der Beklagten vom 18.08.2010 nicht näher eingegangen sei, sei bereits das tatsächliche Vorbringen im Schriftsatz der Klägerin vom 15.09.2011 (319 ff. GA), der dem Gericht und ihm erst am 19.09.2011 zugestellt worden sei, verspätet gewesen, so dass sich auch die Berufung der Klägerin darauf nicht mit Erfolg stützen k önne. Da die Klägerin im Termin vom 26.09.2011 keine Schriftsatzfrist beantragt habe, sei ihr Vortrag aus dem Schriftsatz vom 30.09.2011 (385 ff. GA) vom LG zu Recht nicht mehr berücksichtigt worden und der auf § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO gestützte Hilfsantrag sei ebenfalls zurückzuweisen.
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Zudem hätten die Feststellungen des Sachverständigen M der Klägerin bereits im Jahre 2007 gehörige Zweifel an den Leistungen des Streithelfers der Beklagten zu 1. aufzeigen müssen, da der Sachverständigen dort nach den Lieferscheinen, deren Herkunft unbekannt sei, eine eingebaute Materialmenge von 3.145 cbm saldiert habe, die Schlussrechnung indes nur 2.881 cbm enthalte. Ihm seien auch niemals Lieferscheine vorgelegt worden, die sich auf andere als die vertraglich vereinbarten Baustoffe bezogen hätten. Er kenne nur die Mengen aus der Schlussrechnung vom 07.03.2000 (Anlage K4). Möglicherweise habe die Klägerin sonstiges Material beim Streithelfer der Beklagten zu 1. bestellt und einbauen lassen.
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Die vom Sachverständigen M in seinem Gutachten verarbeiteten Lieferscheine seien ihm nicht vorgelegt worden. Er habe, sofern noch Kopien bei ihm verblieben seien, nur die als Anlage zum Schriftsatz vom 07.09.2012 (599-629 GA) zur Gerichtsakte gereichten Belege erhalten. Lieferscheine, die eine Abweichung von den vertraglich geschuldeten Qualitäten dokumentiert hätten, seien ihm zu keinem Zeitpunkt vom Streithelferin der Beklagten zu 1. vorgelegt worden, wobei die von der Klägerin thematisierte Körnung für den eingetretenen Schaden keinen Rolle spiele, sondern allein dass der Streithelfer der Beklagten zu 1. auftragswidrig nicht vollständig volumenbeständiges Material eingebaut habe.
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Es bleibe das Geheimnis der Klägerin , warum sie den Streithelfer der Beklagten zu 1., der die Falschlieferung von Material eindeutig zu vertreten habe, nicht verklagt habe, wobei die vertraglichen Ansprüche gegen ihn mittlerweile verjährt sein dürften, statt die in Bezug auf den Klagebetrag unterversicherten Beklagten in Anspruch zu nehmen.
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Auch zur Höhe des Schadens, den die Klägerin gegenüber den Angaben des Sachverständigen M von 315.000 EUR netto erheblich auf 1,9 Mio. EUR erweitert habe, sei Schlüssigkeit und Begründetheit der geltend gemachten Ansprüche bereits in erster Instanz bestritten worden und werde weiterhin bestritten (vgl. im Einzelnen: 517/518 GA), so dass hierzu eine völlig neue Beweisaufnahme erforderlich wäre.
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Der erstmalige Sachvortrag der Klägerin in zweiter Instanz, der Einbau ungeeigneten Materials sei bei einer Sichtprüfung vom Streithelfer zu 2. augenscheinlich zu erkennen gewesen, sei verspätet und unzutreffend. Die nachlässige Prozessführung könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sich das tatsächliche Berufungsvorbringen der Klägerin aus den Gutachten M ergebe, da es zur Schlüssigkeit einer Haftungsklage der schriftsätzliche Vortrag eines Pflichtenverstoßes gehöre und das LG sich nicht aus den Gutachten das der Kl ägerin genehme Urteil und seine Begründung quasi im Wege der Amtsermittlung habe zusammensuchen müssen.
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Zudem ziehe die Klägerin aus den Gutachten M zu weitgehende Schlüsse, was die Erkennbarkeit irgendwelcher Eignungen des angelieferten Materials angehe, zumal der augenscheinliche Befund des Sachverständigen das bereits durchfeuchtete Material anlässlich einer Bauteilöffnung betreffe.
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Beim Einbau des Materials sei bei einer ordnungsgemäßen Bauleitung nicht erkennbar gewesen, dass es sich nicht um volumenbeständiges Material handele, zumal nur eine äußerst geringe Menge des angelieferten Materials nicht volumenbeständig gewesen sei.
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Frau Dr. H habe zudem als Gesellschafterin der Klägerin und Geschäftsführerin der Mieterin H in der Besprechung vom 13.01.2005 (Anlage B 10, 177 GA) erklärt, dass es ihr lediglich um eine Sanierung gehe, die eine dauerhafte Gebrauchsfähigkeit der Halle mit Kostenübernahme herbeiführe. Von den jetzt aufgemachten Luxusberechnungen (im Sinne von Schadensmaximierung bzw. Gewinnoptimierung) sei 2005 keine Rede gewesen.
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Die Klägerin entgegnet auf die Berufungserwiderungen der Beklagten und ihres Streithelfers zu 1. bis 3.:
76
Die Klage habe sich - ungeachtet einer etwaig ungenauen, nunmehr klargestellten Bezeichnung - vor vorneherein gegen die Beklagte zu 1. als Vertragspartnerin sowie deren Gesellschafter gerichtet. Den als solchen unstreitigen Feststellungen des Sachverständigen M, welche das LG - unter Verstoß gegen den Grundsatz "jura novit curia" - nur unzureichend bzw. fehlerhaft gewürdigt habe, seien die Beklagten und deren Streithelfer auch im Berufungsverfahren unter Verkennung der nicht zulässigen Präklusion von unstreitigem Vorbringen im Berufungsverfahren und ihrer Darlegungs- und Beweislast für eine vertragsgerechte Bauüberwachung weiterhin nicht hinreichend nachgekommen. Eine hinreichende Überprüfung der Lieferscheine werde dort weiterhin nicht in einlassungsfähiger Weise dargetan; Mengenbezeichnungen (cbm/Tonne) würden zudem verwechselt. Die Behauptung, dass die eingebaute Menge des nicht volumenbeständigen Materials so gering gewesen sei, dass sie bei ordnungsgemäßer Bauleitung nicht aufgefallen sei, sei falsch und unsubstantiiert. Die Versuche, den Wortsinn von "augenscheinlich" zu verdrehen bzw. zu relativieren, seien untauglich. Auch der Feststellung des Sachverständigen, dass Prüfzeugnisse nicht vorlegen hätten, träten die Beklagten nicht substantiiert entgegen. Die Beklagten würden auch verkennen, dass sie die handschriftlichen Änderungen im LV freigegeben hätten. Zudem entsprächen auch die Materialien, die aus den nunmehr vorgelegten Lieferscheinen (deren Zugehörigkeit zum streitgegenständlichen Objekt vorsorglich bestritten werde) ersichtlich seien, nicht den Vorgaben des LV und enthielten auch keine hinreichende Zertifizierung (vgl. im Einzelnen 530/630 ff. GA).
77
Die Akten LG Kleve 1 OH 9/06 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
78
B.
79
Die zulässige Berufung der Klägerin ist mit der Maßgabe begründet, die Klageanträge zu 1. bis 4. dem Grunde nach gerechtfertigt sind und das angefochtene Urteil im Übrigen sowie das ihm zugrundeliegende Verfahren auf Antrag der Klägerin aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Die Entscheidung des Landgerichts beruht insoweit auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
80
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art 229 § 5 EGBGB).
81
I.
82
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten zu 1.-3. wegen schuldhafter Verletzung ihrer Bauüberwachungspflicht dem Grunde nach zu (§ 635 BGB).
83
1.
84
Die Beklagten zu 1.-3. sind passivlegitimiert.
85
a.
86
Der Architektenvertrag vom 14.06.1999 (85 ff. BA) ist zwischen der Klägerin und der "S- S und S" zustande gekommen. Dabei handelt es sich - ausweislich des Briefkopfes zum Besprechungsprotokoll vom 13.01.2005 (vgl. Anlage B 10, 177 GA) und auch nach dem Vortrag der Beklagten zu 1. (41 GA) - um die im vorliegenden Verfahren von der Klägerin in Anspruch genommene Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Insoweit ist es für die Nämlichkeit/Identität der Beklagten zu 1. ohne Belang, dass die Klägerin in der Klageschrift den früher (vgl. Anlagen K 11/115 GA, Anlage B2/64 ff GA, vgl. Faxkennung) von der Beklagten zu 1. verwendeten Zusatz "J" hinzugefügt und dort als die ihr zuletzt bekannte Adresse "K, E" genannt hat, an der die Beklagte zu 1. jedenfalls am 13.01.2005 ihre Geschäftsräume unterhielt (vgl. Anlage B 10, 177 GA).
87
Soweit die Beklagte zu 1. bereits in erster Instanz eingewendet hat, ihre Adresse laute nunmehr "G--H-S, E" (vgl. 41 GA), begründet auch dies keine hinreichenden Zweifel daran, dass die aus den Beklagten zu 2. und 3. bestehende Beklagte zu 1. als GbR diejenige Rechtsperson ist, die im vorliegenden Verfahren von der Klägerin erkennbar in Anspruch genommen werden sollte und demgemäß tatsächlich in Anspruch genommen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2003, VII ZB 19/02, NJW-RR 2004, 501; BGH, Urteil vom 15.01.2003, XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043). Da die Nämlichkeit/Identität der Partei hinreichend gewahrt ist, ist das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Auflage 2012, Vor § 50, Rn 6/7).
88
b.
89
Die Passivlegitimation der Beklagten zu 2. und 3. folgt aus ihrer Stellung als persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 1. und ihre damit gemäß § 714 BGB und entsprechend § 420 BGB einhergehenden Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten in ihrem jeweiligen Bestand (vgl. BGH, Urteil vom 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; Palandt-Sprau, BGB, 71. Auflage 2012, § 714, Rn 14/15 mwN).
90
2.
91
Die Beklagte zu 1. hat ihre unstreitig gemäß Architektenvertrag vom 14.06.1999 (85 ff. BA, dort zu Ziff. 2.1.8.) übernommene Pflicht zur Bauüberwachung im Rahmen der Errichtung der hier in Rede stehenden Industriehalle in M, die hier aus mehreren Gründen erhöhten Anforderungen unterlag (dazu unter a.), in mehrfacher Hinsicht nicht bzw. nur unzureichend erfüllt (dazu unter b.).
92
a.
93
Die Haftung des Architekten wegen mangelhafter "Objektüberwachung" i.S.v. § 15 Nr. 8 HOAI a.F. bzw. 33 Nr. 8 HOAI n.F. als Verletzung einer Hauptpflicht richtet sich nach den im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen und umfasst vor allem das Überwachen der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und dem Leistungsverzeichnis, den Regeln der Baukunst und Technik und den einschlägigen Vorschriften (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage 2011, Rn 2011-2013/2022 mwN). Gegenstand der Bauüberwachung ist - bereits nach dem Wortlaut als auch dem Sinn dieses Begriffs - die Prüfung, ob die tatsächliche Bauausführung durch die jeweiligen Lieferanten/Auftragnehmer an Ort und Stelle (sowohl hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Materialien als auch hinsichtlich der konkreten Arbeitsweisen/Ausführungsarten) mit den Vorgaben der Planung und allen Planungsdetails (gemäß LV) vollständig übereinstimmt und damit im Ergebnis eine insgesamt plangemäßes, mangelfreies und funktionstaugliches Gesamtwerk hinreichend sichergestellt wird (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2014 mwN in Fn 278, 2022).
94
Schon bei auch nur einfachen, gängigen Tätigkeiten (i.S. handwerklicher Selbstverständlichkeiten), die für die Funktionalität der Gesamtwerkleistung nicht wichtig sind, sind zumindest Stichproben - auch hinsichtlich Auswahl des dabei tatsächlich eingesetzten Materials bzw. dessen Übereinstimmung mit den Vorgaben des LV (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 01.07.2008, 10 U 736/07, IBR 2008, 661 mit Anm. Käsberg) - während und am Ende der Ausführung des jeweiligen (Teil-)Gewerks zu fordern (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2015 mwN in Fn 288; Kniffka u.a., ibr-online Kommentar Bauvertragsrecht 2011, § 635, Rn 126-129 mwN; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auflage 2008, 12. Teil, Rn 424 mwN in Fn 917). Die Bauüberwachung darf sich daher schon deswegen grundsätzlich - selbst bei einfachen, gängigen Tätigkeiten (i.S. handwerklicher Selbstverständlich-keiten) - nicht darauf beschränken, die von den jeweiligen Lieferanten/Auftrag-nehmern vorgelegten Papiere (Lieferscheine/Rechnungen/Tagesrapporte etc.) zur angeblichen bzw. danach vorgesehenen Bauausführung (sowohl hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Baustoffe/Materialien als auch hinsichtlich der konkreten Arbeitsweisen/Ausführungsarten) einer bloßen Durchsicht vom Büroschreibtisch aus zu unterziehen, ob sie mit den Vorgaben der Planung und allen Planungsdetails (gemäß LV) vollständig übereinstimmen. Dies gilt schon deswegen, weil zu einem solchen bloßen Textabgleich zwischen den von den jeweiligen Lieferanten/Auftrag-nehmern vorgelegten Papieren (Lieferscheinen/Rechnungen/Tagesrapporten etc.) mit den Vorgaben der Planung und allen Planungsdetails (gemäß LV) der Auftraggeber regelmäßig selbst in der Lage wäre, d.h. es dazu nicht der besonderen Fachkunde des Architekten bedarf (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 13.05.2005, 6 U 4/05, BauR 2006, 554), deretwegen der Bauherr diesen doch gerade mit der Bauleitung/Bauüberwachung beauftragt hat, um sich sicher sein zu können, schließlich ein insgesamt plangemäßes, mangelfreies und funktionstaugliches Gesamtwerk zu erhalten. Vielmehr muss der wegen seiner besonderen Fachkunde mit der Bauüberwachung betraute Architekt seine Fachkunde auch vertragsgemäß dahingehend einsetzen, dass er - zumindest stichprobenhaft - an Ort und Stelle überprüft, ob nicht nur die lediglich nach Papierform vorgesehene, sondern auch die tatsächliche konkrete Bauausführung durch die jeweiligen Lieferanten/Auftrag-nehmer (sowohl hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Baustoffe/Materialien als auch hinsichtlich der konkreten Arbeitsweisen/Ausführungsarten) mit den Vorgaben der Planung und allen Planungsdetails (gemäß LV) vollständig übereinstimmt (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2016 mwN in Fn 294). Ist der Einsatz bestimmter Baustoffe vereinbart, hat der Architekt festzustellen, ob diese auch tatsächlich (d.h. nicht nur laut Lieferscheinen angeblich) auf der Baustelle verwendet werden (vgl. Werner/Pastor, a.a.O.; LG Itzehoe, Urteil vom 01.08.2005, 2 O 221/04, BauR 2006, 408) und für den Aufbau weiterer Werkleistungen geeignet sind, wozu er grundsätzlich die Baustoffe/Materialien (nicht nur die Lieferscheine) zu betrachten und (durch Nachmessen, Befühlen - z.B. Körnung eines Pflastersandes - oder auch eine Belastungsprobe) zu überprüfen hat (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2016 mwN in Fn 296; vgl. auch OLG Bamberg, Urteil vom 09.11.2004, 8 U 133/93, BauR 1996, 284).
95
Der Architekt muss sein Augenmerk im Rahmen der ihm übertragenen Bauleitung/-überwachung zudem insbesondere auf schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten, typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte richten, wozu Betonierungs- und Bewehrungsarbeiten, Ausschachtungs- und Unterfangungsarbeiten sowie vergleichbare Arbeiten gehören. Solche Arbeiten müssen in besonderer, gesteigerter Weise vom Architekten beobachtet und überprüft werden (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.2000, VII ZR 82/98, BauR 2000, 1513; BGH, Urteil vom 09.11.2000, VII ZR 362/99, BauR 2001, 273; Werner/Pastor, a.a.O, Rn 2017 mwN in Fn 300-302, 2022 mwN in Fn 338/339; Kniffka u.a., a.a.O., § 633, Rn 126-129 mwN; Kniffka/Koeble, a.a.O., 12. Teil, Rn 425 mwN in Fn 918-927 mwN).
96
aa.
97
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze gehören die hier streitgegenständlichen Arbeiten im Bereich des Bodenaustauschs zwecks fachgerechter Gründung einer Industriehalle bereits als solche zu gefahrenträchtigen Arbeiten mit typischen Gefahrenquellen im Rahmen eines kritischen Bauabschnittes, da die Gründung eines Gebäudes für dessen mangelfreie Errichtung und dauerhaften schadlosen Bestand - wie der Begriff "Gründung" schon nach seinem Wortsinn verdeutlicht - von grundlegender Bedeutung ist. Insoweit gilt nichts anderes als für das Gießen der Betonsohlen bzw. -decken und deren Bewehrung, die zu den wichtigsten Bauabschnitten zählen, da von ihnen das Gelingen des ganzen Werks abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.1977, VII ZR 278/75, BGHZ 68, 169 mwN in RN 25). Ob bei einer Betonsohle auf Dauer deren einwandfreie Funktion versagt, weil sie nicht hinreichend betoniert bzw. (stahl-)bewehrt ist oder weil sie - durch einen entgegen den Vorgaben des Bodengutachters als Sonderfachmann zu Art und Umfang eines von ihm als notwendig erachteten umfänglichen Bodenaustauschs vor der Betonierung - nicht hinreichend gegründet ist, macht insoweit - unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Beauftragung eines Architekten als Fachmanns mit der Bauleitung/-Bauüberwachung im Sinne der Leistungsphase 8 - keinen erheblichen Unterschied. Dies gilt um so mehr, als der Umfang der Bewehrung bzw. die Frage, ob die Bodenplatte "tragend gerechnet" werden muss, von der vom Bodengutachter empfohlenen Gründung auf vollständig ausgetauschtem Boden technisch abhängig ist (vgl. Bodengutachten vom 05.05.1999, Anlage K 1, dort Seite 9 unten).
98
bb.
99
Verschärfte Anforderungen sind hier an die Bauleitung/-überwachung aber auch deswegen zu stellen, weil durch die dem Bodenaustausch nachfolgenden Gründungs-/Fundamentierungsarbeiten und die dabei zu erstellende Betonbodenplatte nachträgliche Feststellungen zum darunter befindlichen Boden-/Schichtenaufbau sich technisch als außerordentlich schwierig darstellen und erheblichen Aufwand (durch dann notwendige Kernbohrungen durch die Bodenplatte etc.) verursachen, wie bereits die aufwändigen Untersuchungen nebst notwendiger Vor-/Nachbereitungsmaßnahmen im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens belegen.
100
cc.
101
Dies gilt aber auch deswegen erst recht, weil die Baugründung hier unstreitig auf Basis eines Baugrundgutachtens vom 05.05.1999 (vgl. 7 ff. BA bzw. Anlage K1) mit besonderen Vorgaben an die Materialien, an deren Be-/Verarbeitung und an sonstigen Einzelheiten des danach - mangels alternativ empfohlener Brunnen-/Pfahlgründung des Objekts - notwendigen Bodenaustauschs insbesondere im rückwärtigen Bereich erfolgt ist (vgl. 14 ff. BA: Bodenaustausch gegen sandig-kiesiges Material mit lagenweiser Verdichtung oder dergl., bei Aufweichung der vertieften Baugrubensohle Einarbeiten eines gleichkörnigen, kantigen Schottermaterials mit einer Kantenlänge von ca. 3-8 cm zu Stabilisierung, vgl. 18 BA).
102
dd.
103
Schließlich begründet sich die Einordnung der hier streitgegenständlichen Materiallieferungen bzw. der damit durchzuführenden Werkleistungen im Rahmen des Bodenaustauschs als gefahrenträchtige Leistungen/Arbeiten mit typischen Gefahrenquellen im Rahmen eines kritischen Bauabschnittes auch und erst recht im Hinblick darauf, dass - wie von der Klägerin im Einzelnen vorgetragen und von den Beklagten nicht hinreichend in Abrede gestellt - die Problematik von Gebäudeschäden infolge Verwendung nicht raumbeständigen Materials für einen zum Zweck der Bebauung durchgeführten Bodenaustausch bereits - spätestens - seit Anfang der 90er Jahre in der Fachwelt bekannt war. Dies folgt insbesondere aus der DIN 4301 (April 1981, 194 ff. GA) und den dortigen Abgrenzungen zwischen HMV-Asche einerseits (vgl. dort Ziff. 1. "Geltungsbereich") und Eisenhüttenschlacken (d.h. Hochofenschlacken - HOS - und Stahlwerksschlacken - SWS - und Metallhüttenschlacken - MHS) andererseits, insbesondere in Bezug auf das hier schadensträchtige Kriterium einer unzureichenden dauerhaften Raumbest ändigkeit - und den dortigen besonderen Anforderungen an Reinheit, Güteüber-wachung/Zertifizierung und Lieferscheine in Bezug auf Schlacken, insbesondere Hochofenschlacken - HOS - (vgl. Ziff. 6).
104
Zudem hat die Klägerin - ebenfalls ohne hinreichendes Bestreiten der Beklagten - erhöhte Anforderungen an die Bauüberwachung durch die Beklagte zu 1. zutreffend damit begründet, dass selbst für die - nach den Feststellungen des Sachver-ständigen M etwas geringeren Anforderungen unterliegende - Verwendung von Hochofenschlacke (HOS) im Straßenbau durch Runderlass vom 30.04.1991 (484 ff. GA) klargestellt worden ist, dass sie selbst im Bereich des Straßenbaus (d.h. nicht im Bereich des Hochbaus bzw. der Gründung von Gebäuden) erst nach einer Lagerungszeit von mind. 3 Monaten in Betracht kommt. Auch deswegen ist davon auszugehen, dass in der Fach-/Architektenwelt die unzureichende Raumbe-ständigkeit und Eignung von Hochofenschlacke als Bauuntergrund im Hochbau - spätestens - seit Anfang der 90er Jahre bekannt war bzw. bekannt sein musste und insoweit ein Architekt bei der Bauüberwachung von Arbeiten mit solchen Materialien ganz besonders wachsam sein musste.
105
ee.
106
Erhöhte Anforderungen an die Bauüberwachung durch die Beklagte zu 1. folgen hier zudem daraus, dass - insoweit unstreitig - die Planung durch handschriftliche Abänderungen des LV durch den Erdbauunternehmer geändert worden ist. Bei einer derart geänderten Planung muss der Architekt indes erst recht sicherstellen, dass sie bei der Bauwerkserrichtung auch tatsächlich umgesetzt wird (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 07.04.1992, 26 U 121/91, BauR 1993, 729; Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2017).
107
ff.
108
Die Beklagten stützen sich - unter Verkennung des Inhalts der Entscheidung des OLG Naumburg (Urteil vom 13.05.2005, 6 U 4/05, BauR 2006, 554) - ohne Erfolg darauf, erhöhte Pflichten eines Architekten bei der Bauüberwachung im Sinne der vorstehenden Feststellungen seien ausschließlich dann anzunehmen, wenn es sich um die Ausführung des Bauwerks nach den Vorgaben bzw. der Planung eines Dritten handele und ein solcher Sachverhalt sei hier nicht gegeben. Selbst wenn der Senat unterstellt, dass die geänderte Planung von der Beklagten zu 1. als Plan- änderung nicht anerkannt und von ihr hierfür nicht im Sinne einer (in einem Detail geänderten Eigenplanung) die planerische Verantwortung übernommen worden ist, ändert dies nichts an ihren - entsprechend der vorstehenden Feststellungen - gesteigerten Bauüberwachungspflichten (vgl. zur entsprechenden Bedenkenhinweis-pflicht des Architekten: OLG Hamm, Urteil vom 23.09.1994, 12 U 117/93, BauR 1995, 269; Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2017). Denn es handelt sich bei der Ausführung eines Bauwerks nach den Vorgaben bzw. der Planung eines Dritten - wie sich auch unzweifelhaft aus dem Wortlaut und der Systematik der o.a. Entscheidung des OLG Naumburg ergibt - um einen besonderen Sachverhalt im Sinne einer - neben den oben zu aa.-ee. dargestellten und hier vorliegenden Sachverhalten (schwierige/gefahrenträchtige Arbeiten/typische Gefahrenquellen/
109
kritische Bauabschnitte; Schwierigkeit nachträglicher Feststellungen; Baugrundgut-achten mit konkreten Vorgaben zum Bodenaustausch; in der Fachwelt bekannte Problematik von Gebäudeschäden infolge Verwendung nicht raumbeständigen Materials für einen zum Zweck der Bebauung durchgeführten Bodenaustausch; auf Initiative des Auftragnehmers geänderte Planung) - weiteren Fallgruppe, in dem die Bauüberwachungspflichten des Architekten einer entsprechenden Verschärfung unterliegen (vgl. auch Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2017; BGH, Urteil vom 09.11.2000, VII ZR 362/99, BauR 2001, 273; BGH, Urteil vom 06.07.2000, VII ZR 82/98, BauR 2000, 1513).
110
gg.
111
Entgegen den Einwänden der Beklagten (vgl. 184/227 GA) bestanden nach den vorstehenden Grundsätzen erhöhte Anforderungen an Art, Umfang und Intensität der von der Beklagten zu 1. vertraglich übernommene Bauüberwachungstätigkeit auch ohne Hinweise auf eine etwaige Unzuverlässigkeit der Fa. C, wobei auch dahinstehen, kann wer die Fa. C als Erdbauunternehmer vorgeschlagen hat (vgl. 42/528 GA). Die erkennbare Unzuverlässigkeit oder technische Schwächen eines Werkunternehmers ist vielmehr nur ebenfalls eine weitere Fallgruppe erhöhter Anforderungen an die Bauüberwachungspflicht des Architekten (vgl. Kniffka/Koeble, a.a.O., 12. Teil, Rn 426 mwN in Fn 929/930; Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2015 mwN in Fn 289), die hier indes - wie vorstehend ausgeführt - schon aus mehrfachen anderen Gründen erhöht sind.
112
hh.
113
Die Beklagten machen in der Berufungserwiderung im Hinblick auf die vorstehenden Feststellungen auch ohne Erfolg geltend, nach der Differenzierung in Rechtsprechung und Literatur sei der Bodenaustausch ein Arbeitsbereich, der eigentlich unter handwerkliche Selbstverständlichkeit falle und vom Architekten nicht im Detail überwacht werden müsse. Die Beklagten verkennen dabei, dass es nicht um den Austausch irgendwelchen Bodenmaterials geht, sondern um den von einem Bodengutachten konkret vorgegebenen Bodenaustausch zur hinreichend sicheren Gründung einer aufwändigen Industriehalle.
114
Sie stützen sich insoweit ohne Erfolg auf ein Urteil des OLG Köln vom 19.10.2005 (11 U 170/03, BauR 2007, 600), bei der eine ordnungsgemäße Abdichtung von Rohrdurchführungen durch Kellerwand bzw. Kellerboden als eine handwerkliche Selbstverständlichkeit eingeordnet worden ist, die der Architekt nicht im Einzelnen überwachen brauche. Ungeachtet der Frage, ob dies zutreffend ist, handelt es sich um einen mit der hier in Rede stehenden Werkleistung nicht vergleichbaren Sachverhalt.
115
Die Beklagten machen ebenso ohne Erfolg geltend, eine mangelnde Qualität des Bodens sei - entsprechend KG, Urteil vom 28.05.2002, 15 U 9892/00, BauR 2004, 135 - dem Architekten nicht als Überwachungsmangel anzurechnen. Dem vom KG entschiedenen Fall lag ebenfalls ein ersichtlich abweichender Sachverhalt zugrunde (Wiedereinsatz des vorhandenen Oberbodens nach Errichtung des Bauwerks mit ggf. geringfügigen Nachlieferungen, vgl. Rn 124/125; Hervorhebung des Senats), da dort nicht die hinreichende Gründung nach vom Bodengutachter als Sonderfach-mann vorgegebenem umfänglichen Bodenaustausch unter dem Baukörper einer zu errichtenden Industriehalle, sondern lediglich die Oberflächen-/Landschaftsge-staltung nach Errichtung des Bauwerks außerhalb des Baukörpers in Frage stand.
116
Unberechtigt ist auch der Einwand der Beklagten, es bestehe - entsprechend OLG Celle (Urteil vom 04.11.2009, 7 U 108/09, BauR 2011, 698) - auch keine Verpflichtung, ungefragt über Eigenschaften von LD-Schlacke aufzuklären und dies gelte erst recht für RCL-Material. Die Beklagten verkennen dabei, dass im dort entschiedenen Fall allein die Gewährleistung bzw. die Beratungspflicht eines gewerblichen Verkäufers von Baustoffen in Frage stand, nicht aber die hier streitgegenständlichen Pflichten des bauleitenden/-überwachenden Architekten im Rahmen der Gründung einer Industriehalle nach einem vom Bodengutachter als Sonderfachmann vorgegebenen umfänglichen Bodenaustausch.
117
b.
118
Die Beklagte zu 1. ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze und des unstreitigen bzw. bewiesenen Sachverhalts hinreichende Darlegungen dafür fällig geblieben, dass sie ihre erhöhten Architektenpflichten zur Überwachung des Bodenaustausch zwecks fachgerechter Gründung einer Industriehalle im Sinne gefahrenträchtiger Arbeiten mit typischen Gefahrenquellen im Rahmen eines kritischen Bauabschnittes pflichtgemäß in vollem Umfang entsprochen hat.
119
Die Darlegung und den Beweis für eine unzureichende Bauüberwachung muss zwar grundsätzlich der Auftraggeber führen. Ihm kommen jedoch Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten. Dann muss der Architekt den Anscheinsbeweis durch eine Darlegung einer hinreichenden Bauaufsicht, die er im Streitfall auch zu beweisen hat, entkräften, ehe es zur normalen Beweislastverteilung kommt, wonach der Bauherr die Pflichtverletzung (voll) zu beweisen hat (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008, VII ZR 206/06, NJW 2009, 582; BGH, Urteil vom 16.05.2002, VII ZR 81/00, NZBau 2002, 574; vgl. bereits BGH, Urteil vom 26.04.1973, VII ZR 85/71, BB 1973, 1191; vgl. auch OLG Dresden, Urteil vom 25.06.2009, 10 U 1559/07, BauR 2010, 1785 mwN in Rn 46; OLG Celle, Urteil vom 02.06.2010, 14 U 205/03, BauR 2010, 1613; Kniffka u.a., a.a.O., § 633, Rn 132 mwN; Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2022).
120
aa.
121
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze hätten die bei einer - pflichtwidrigen, da unzureichenden - bloßen Prüfung der Lieferscheine (sei es nur stichprobenhaften oder sei es vollständig) für die Beklagte zu 1. (bzw. ihres Streithelfers als Erfüllungsgehilfen) ohne weiteres erkennbaren Unstimmigkeiten und Diskrepanzen zum LV ihr Anlass geben müssen, Beanstandungen/Rückfragen beim Lieferanten/Auftragnehmer bzw. weitergehende Maßnahmen im Rahmen einer vertragsgemäßen Bauüberwachung (insbesondere Prüfung des Bodenaustauschs an Ort und Stelle) vorzunehmen.
122
Die Beklagte zu 1. hat indes - trotz der unstreitigen Anschlusstatsachen, die im Gutachten des Sachverständigen M wiedergegeben sind, nicht in der ihr prozessual gemäß § 138 ZPO obliegenden Art und Weise substantiiert vorgetragen, dass sie eine - bereits pflichtwidrig - lediglich stichprobenhafte Prüfung der Lieferscheine vorgenommen haben will und diese ihr keinen Anlass zu Beanstandung von Abweichungen vom LV bzw. weitergehenden Maßnahmen im Rahmen einer vertragsgemäßen Bauüberwachung gegeben haben soll.
123
(1)
124
Denn bereits bei einer nur stichprobenhaften Prüfung der Lieferscheine bzw. Tagesberichte, die der Sachverständigen M eingesehen und inhaltlich wiedergegeben hat (vgl. 194 BA unten; vgl. zu einem Teil der Lieferungen der G im Umfang von 27,4 + 27,78 Tonnen am 20.10.1999 den zunächst vorgelegten Lieferschein Anlage B 1, 142 GA; vgl. nunmehr auch 599-629 GA), hätte sich ergeben, dass die nach dem Wortlaut der Lieferscheine angelieferten Materialien
125
"1.152 Tonnen RCL-Schlacke 0/45 (Gemisch aus 50 % HMV-Asche und 50 % RC-Baustoff) der G, K
126
1.200 cbm HOS 0/65 der Fa. K
127
206,52 Tonnen HOS 0/65 der Fa. K
128
150 cbm Schlacke (ohne nähere Bezeichnung) der Fa. K
129
614 cbm RCL 0/56 der Fa. C
130
7 cbm RCL 70/80 der Fa. C
131
22 cbm RCL 40/80 der Fa. C"
132
in keiner Lieferung exakt (d.h. hinsichtlich Materialart bzw. Korngröße) konkreten den Anforderungen des LV (vgl. 109 BA)
133
zu Pos. 1.1.5 "Kapillarbrechende Schicht aus HOS 0/60 ..."
134
zu Pos. 1.1.5.1. "wie vor jedoch RCL 0/45 ..."
135
entsprochen hat, wie auch bereits der Sachverständige M im selbständigen Beweisverfahren überzeugend festgestellt hat (vgl. 194/195 BA: "Nach dieser Listung der eingesetzten Baustoffe ist nicht nur HOS 0/60 im Sinne der Ausschreibung eingebaut worden, sondern eine Vielzahl verschiedener anderer Materialien“, Hervorhebungen durch den Senat).
136
Auch die Bezeichnung der Lieferungen der Fa. G mit "RCL-Schlacke" 0/45 musste - abgesehen von der mit der zu (Haupt-)LV-Pos. 1.1.5 (0/60) jedenfalls nicht übereinstimmenden Korngröße von 0/45 - der Beklagten zu 1. bei pflichtgemäßer Bauüberwachung jedenfalls Anlass zu weiteren Überprüfungen und Nach-forschungen geben, da der dort verwendete Begriff "RCL-Schlacke" - wie vom Sachverständigen M überzeugend festgestellt (194 BA) - insoweit "irreführend" ist, als daraus nicht einmal erkennbar sei, welcher Baustoff damit eigentlich gemeint ist (vgl. 191 BA). Zugleich hat der Sachverständige M klargestellt, dass ein Gemisch aus "RCL" (Recycling-Baustoff aus der Bauschuttaufbereitung) und "Schlacke" (als Reststoff aus der Stahlproduktion in notwendiger Abgrenzung zu HMV-Aschen als Reststoffen aus der Hausmüllverbrennung, vgl. 191 GA; Hervorhebungen durch den Senat) bereits definitionsgemäß kein RC-Baustoff bzw. RCL-Material im klassischen Sinne ist (vgl. 191 BA), so dass die "RCL-Schlacke" damit auch hinsichtlich der Materialart weder der LV-Pos. 1.1.5. (HOS 0/60) noch der (Eventual-)LV-Pos. 1.1.5.1. ("RCL 0/45") hinreichend zweifelsfrei entspricht.
137
Dementsprechend kann dahinstehen, dass Ziff. 1.1.5.1. (RCL 0/45) lediglich als E.P. (d.h. als Eventualposition) zur Ziff. 1.1.5. (HOS 0/60) vereinbart worden ist, ob und inwieweit hier für die Fa. C überhaupt ein Anlass zur vollständigen bzw. teilweisen Ausführung der Eventualposition statt der Hauptposition bestand und ob und inwieweit dies der Beklagten zu 1. ebenfalls Anlass zu weitergehender Nachprüfung im Rahmen einer pflichtgemäßen Bauüberwachung geben musste.
138
(2)
139
Die Beklagte zu 1. ist zudem auch hinreichend substantiierten Vortrag dazu fällig geblieben, dass sie im Rahmen einer Prüfung der vorstehend aufgeführten Lieferscheine bzw. Tagesberichte die gemäß DIN 4301 notwendige Zertifizierung der darin bezeichneten Materialien - und sei es auch nur stichprobenhaft - überprüft hat. Schon bei den beiden zunächst zur Gerichtsakte gelangten Lieferscheinen der G im Umfang von 27,4 + 27,78 Tonnen am 20.10.1999 (vgl. Anlage B 1, 142 GA) hätte ihr bei pflichtgemäßer Prüfung auffallen müssen, dass diese lediglich den aufgedruckten Vermerk "Güteüberwacht gemäß RdErl. d. MSV u.d. MURL v. 25.04.1991" tragen, der in dem Vermerk bezeichnete RdErl. (vgl. MBL NW 1991, 885 = SMBl. NW 1991, 913, vgl. auch Bezugnahme im weiteren RdErl. aus wasserwirtschaftlicher Sicht vom 30.04.1991, MBL. NW 1991, 2180, vgl. 485 GA oben; vgl. nunmehr: Runderlass vom 09.10.2001, MBL.NRW 2001, 1528) indes in personeller Beschränkung ausdrücklich nur für "öffentlich-rechtliche Träger der Baulast" und in sachlicher Beschränkung ausdrücklich nur für "Erd- und Straßenbaumaßnahmen" gilt, somit auf die hier streitgegenständlichen privatrechtliche Hochbaumaßnahme keine Anwendung findet, da dort - wie vom Sachverständigen M überzeugend dargestellt (191/193 ff. BA) - andere, strengere Maßstäbe gelten, da Straßenbaukonstruktionen wesentlich verformungs-unempfindlicher sind als Hochbaukonstruktionen mit starren Betonboden-konstruktionen.
140
Schon bei den beiden einzigen zunächst zur Gerichtsakte gelangten Lieferscheinen der G im Umfang von 27,4 + 27,78 Tonnen am 20.10.1999 (vgl. Anlage B 1, 142 GA) hätte der Beklagten bei pflichtgemäßer Prüfung auffallen müssen, dass diese nicht die gemäß DIN 4301 (dort Tz. 6/7c/d) für Hochofenschlacke (als Unterart der Eisenhüttenschlacke) notwendige Normbezeichnung der Schlacke (i.S.v. Tz. 3) und auch nicht die dort beschriebenen Überwachungs- oder Gütezeichen aufwiesen.
141
Insoweit kann dahinstehen, dass die Beklagte zu 1. im Hinblick auf die übrigen vom Sachverständigen M zitierten Lieferscheine und Lieferungen (d.h. die weiteren Lieferungen der G sowie der Firmen K und C) ebenfalls bereits darlegungsfällig ist, dass diese die vorstehenden Anforderungen an Normbezeichnung des Materials und Überwachungs- oder Gütezeichen erfüllen. Zudem sind irgendwelche - etwaig geeigneten - Prüfzeugnisse für die Verwendung des Bodenaustauschmaterials für eine privatrechtliche Hochbaumaßnahme von den Beklagten bzw. deren Streithelfern weder dem Sachverständigen M im selbständigen Beweisverfahren (vgl. 191 BA) noch in beiden Instanzen dieses Verfahrens vorgelegt worden.
142
(3)
143
Im Hinblick auf die vorstehenden Feststellungen ist das Berufungsvorbringen der Beklagten, die Lieferscheine und Tagesberichte zu den hier streitigen LV-Pos. 1.1.5/1.1.5.1/1.1.6 beinhalteten "keinen ins Auge fallenden Widerspruch", bereits nicht hinreichend substantiiert i.S.v. § 138 ZPO, da es die o.a. konkreten Feststellungen des Sachverständigen M zum Inhalt der Lieferscheine (vgl. insbesondere 194 BA unten) und den daraus ohne weiteres ersichtlichen Abweichungen gegenüber dem LV sowie - nach dem Grundsatz der Wechselwirkung der Darlegungslast im Zivilprozess (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 138, Rn 8/8a mwN) - den darauf basierenden Sachvortrag der Klägerin nicht in der notwendigen Weise einbezieht und dazu substantiiert Stellung nimmt.
144
(4)
145
Der Einwand des Streithelfers der Beklagten zu 1. bis 3., die Feststellungen des Sachverständigen M hätten der Klägerin bereits im Jahre 2007 gehörige Zweifel an den Leistungen des Streithelfers zu 1. der Beklagten aufzeigen müssen, da der Sachverständigen dort nach den Lieferscheine, deren Herkunft unbekannt sei, eine eingebaute Materialmenge von 3.145 cbm saldiert habe, die Schlussrechnung indes nur 2.881 cbm enthalte, ist in mehrfacher Hinsicht unbegründet. Zum einen berücksichtigt er die Unterscheidung zwischen den Maßeinheiten "cbm" und "Tonnen" nicht hinreichend (siehe bereits oben, vgl. auch die teilweise erfolgte Umrechnung zwischen cbm bzw. Tonnen des Sachverständigen M 195 BA unten). Zum anderen begründet dieser Einwand des Streithelfers der Beklagten zu 1. bis 3. allenfalls Bedenken, ob er auch seine Pflicht zur Rechnungsprüfung (als Teil der vertraglich übernommenen Bauüberwachung) verletzt hat, da sich die Schlussrechnung der Fa. C vom 22.12.1999 (73 ff. GA) bzw. vom 07.03.2000 (Anlage K4) und die dort zu LV-Pos. 1.1.5 bzw. 1.1.5.1. berechneten Materialien und Mengen nicht ohne weiteres mit den vom Sachverständigen eingesehen Lieferscheinen (194 BA unten) in Einklang bringen lassen.
146
Soweit der Streithelfer der Beklagten zu 1. bis 3. im Berufungsverfahren die Herkunft der vom Sachverständigen M eingesehen Lieferscheine als "unbekannt" bezeichnet, steht dies einem - in seiner Funktion als unstreitig bauleitender/-überwachender Architekt - unzulässigen Bestreiten mit Nichtwissen i.S.v. § 138 Abs. 4 ZPO gleich. Zugleich widerspricht dieses Vorbringen dem Wahrheitsgebot des § 138 Abs. 1 ZPO, da der Streithelfer der Beklagten zu 1. bis 3. in seinem Schreiben an die Beklagte zu 1. vom 16.12.2004 (Anlage B 4, 76 GA) persönlich ausdrücklich mitgeteilt hat, alle der Beklagten zu 1. vorliegenden Lieferscheine wiesen nach seinem Informationsstand "RCL-Material" aus bzw. ihm sei nicht bekannt, dass in Anwesenheit seiner Baustellentermine "etwas anderes als RCL-Material" eingebaut worden sei (Hervorhebung durch den Senat). Insoweit bestand erst recht Anlass für den Streithelfer der Beklagten zu 1. bis 3., sich im vorliegenden Verfahren in substantiierter Weise dazu einzulassen, warum ihm nicht aufgefallen sein will, dass Lieferscheine der G im Umfang von 1.152 Tonnen "RCL-Schlacke" und weitere Lieferscheine der Fa. K im Umfang von 1.200 cbm sowie weiteren 206,52 Tonnen Hochofenschlacke "HOS 0/65" und im Umfang von weiteren 150 cbm "Schlacke" (ohne nähere Bezeichnung) aufweisen (Hervorhebungen durch den Senat), d.h. keine raumbeständigen RCL-Materialien (d.h. Recycling-Baustoff aus der Bauschuttaufbereitung, vgl. 179/191 BA).
147
Soweit er im Berufungsverfahren weiter einwendet, ihm seien niemals Lieferscheine vorgelegt worden, die sich auf "andere als die vertraglich vereinbarten Baustoffe" bezogen hätten, denn er kenne nur die Mengen aus der Schlussrechnung vom 07.03.2000 (Anlage K4), trägt er auch insoweit nicht hinreichend dazu substantiiert vor, welche der vom Sachverständigen M eingesehenen und inhaltlich/mengenmäßig im Einzelnen aufgelisteten Lieferscheine (194 BA unten) er - und sei es auch nur stichprobenhaft mit welchem Ergebnis geprüft haben will.
148
Der weitere in seiner Berufungserwiderung enthaltene Vortrag, "möglicherweise habe die Klägerin sonstiges Material beim Streithelfer der Beklagten zu 1. bestellt und einbauen lassen", ist eine unzulässige Vermutung "ins Blaue hinein" (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 138, Rn 7b/10 a mwN). Selbst bei Wahrunterstellung dieser Vermutung hätte dem Streithelfer zu 1. bis 3. dies im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bauleitung/-überwachung auffallen müssen und er hätte nicht dem Bodengutachten bzw. dem LV entsprechende Materiallieferungen bzw. -einbauten rechtzeitig erkennen und verhindern müssen. Denn die Sorgfaltspflichten des bauleitenden/-überwachenden Architekten sind selbst dann nicht gemindert, wenn ausgeschriebene Arbeiten vom Bauherrn selbst vergeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2000, VII ZR 362/99, BauR 2001, 273).
149
(5)
150
Soweit der Streithelfer der Beklagten zu 1.-3. nunmehr mit Schriftsatz vom 07.09.2012 (596 ff. GA) ein Konvolut von Lieferscheinen der Fa. G (599-616 GA), der Fa. W Transporte (617/620 GA), der Fa. K (618 GA), der Fa. C (619/622/623/625/627/629 GA) bzw. weitere Lieferscheine ohne unmittelbare Erkennbarkeit eines Ausstellers (621/624/626/628 GA, nach Augenschein wohl auch von der Fa. C stammend) vorgelegt hat, folgt auch daraus - entsprechend der vorstehenden Feststellungen - keine hinreichende Erfüllung der - aus den bereits dargestellten Gründen in mehrfacher Hinsicht verschärften - Bauüberwachungspflicht. Auch diese Lieferscheine enthalten vom LV abweichende Korngrößen ("RCL 0/56", vgl. 617/619-623, 627-629 GA; "RCL 70/80", vgl. 624 GA; "RCL 40/80", vgl. 625/626 GA) bzw. abweichende bzw. unzureichende Materialbezeichnungen ("Schlacke", vgl. 618 GA; "RC-Schlacke 0/45", vgl. 599-616 GA), wobei ein Abgleich mit den vom Sachverständigen M aus den diesem vorgelegten und nach Materialart bzw. Körnung zusammengestellten Lieferscheinen nicht entscheidungserheblich ist.
151
(6)
152
Die Beklagten bzw. ihr Streithelfer können sich nach alledem auch nicht mit Erfolg auf den Einwand stützen, dass nur ein derart geringer Teil des eingebauten Materials nicht bzw. nicht hinreichend volumenbeständig sei, dass dies bei einer ordnungsgemä ßen Bauleitung/-überwachung nicht habe auffallen können bzw. müssen. Nach den überzeugenden Feststellungen des SV M folgt die schadensursächliche Volumenunbeständigkeit insbesondere aus dem von den Vorgaben des LV in einem erheblichen und daher bei ordnungsgemäßer Bauleitung jedenfalls erkennbaren Umfang von immerhin 1.152 Tonnen (RCL-Schlacke) abweichenden Materialart. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit darüber hinaus auch die von den Vorgaben des LV teilweise deutlich abweichende Korngr öße bzw. die vom SV M überzeugend festgestellte Mischung verschiedener von den Vorgaben des LV abweichender Materialien (vgl. 194/195 GA) ursächlich bzw. zumindest mitursächlich für den eingetretenen Schaden ist.
153
bb.
154
Die Beklagte zu 1. hat auch nicht in der ihr prozessual gemäß § 138 ZPO obliegenden Art und Weise substantiiert vorgetragen, dass sie eine - auch nur stichprobenhafte - Sichtprüfung des Bodenaustauschs an Ort und Stelle vorgenommen hat und dieser ihr keinen Anlass zu Beanstandungen bzw. weitergehenden Maßnahmen im Rahmen einer vertragsgemäßen Bauüberwachung (insbesondere einer sodann vollständigen Prüfung des Bodenaustauschs, ggf. mit Rammkernsondierungen, Laboruntersuchungen etc.) gegeben haben soll.
155
(1)
156
Zu diesem Vortrag bestand für die Beklagte zu 1. Anlass, nachdem der Sachverständige M an den beiden Entnahmestellen 1 und 2 übereinstimmend festgestellt hat, dass dort nach dem Entfernen der Kunststoffnoppenbahn "augenscheinlich eine Hausmüllverbrennungsasche mit Beimengungen von Recycling-Material aus der Bauschuttaufbereitung" angetroffen wurde (vgl. 168 GA unter Hinweis auf Lichtbilder 20/21, 214/215 GA; 169 GA oben unter Hinweis auf Lichtbilder 24-28, 216 ff. GA, Hervorhebung durch den Senat). Dabei hat der Sachverständige M - wie oben bereits ausgeführt - klargestellt, dass es sich bei diesem durch bloßen "Augenschein" festzustellenden Gemisch aus einem industriellen Nebenprodukt (HMV-Asche) und einem Recycling-Baustoff aus der Bauschuttaufbereitung (RC-Baustoff) bereits definitionsgemäß weder um einen klassischen RC-Baustoff oder ein Recyclingmaterial (RCL-Material im Sinne der Eventual-LV-Pos. 1.1.5.1.) handelt (vgl. 191 BA) noch um eine Hochofen(HOS)-Schlacke (i.S.d. Haupt-LV-Pos. 1.1.5) handelt (vgl. 193 GA unten), vielmehr zum einen um HMV-Asche/RC-Baustoffe-Gemische und zum anderen um Hüttenmineralstoffgemische (HGM) bzw. Edelstahlschlacken (EDS), die allesamt die hier schadensverursachenden Raumunbeständigkeiten aufweisen (vgl. 195 GA, dort vorletzter Absatz).
157
(2)
158
Selbst wenn der Senat - entgegen den vorstehenden Feststellungen - unterstellen wollte, durch "Augenschein" seien vom LV abweichende Materialien in Zusammenhang mit dem vom Bodengutachten vorgegebenen Bodenaustausch für die Beklagte zu 1. (bzw. den Streithelfer der Beklagten zu 1. bis 3. als deren Erfüllungsgehilfen) nicht erkennbar gewesen, hätte sie nach den hier gegebenen Umständen (bereits bei nur stichprobenhafter Prüfung der Lieferscheine feststellbare Materialabweichungen gegenüber dem LV sowie unzureichende nur für den Straßenbau - nicht Hochbau - geltende Zertifizierungen) weitergehende Untersuchungen vor Ort vornehmen müssen und ggf. entsprechende Sonderfachleute im Rahmen pflichtgemäßer Bauüberwachung hinzuziehen müssen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 13.05.2005, 6 U 4/05, BauR 2006, 554)
159
cc.
160
Die Beklagte zu 1. hat schließlich auch nicht substantiiert vorgetragen, dass sie eine vollständige Prüfung des Bodenaustauschs an Ort und Stelle (insbesondere mit Lastplattenversuchen, Rammkernsondierungen, Laboruntersuchungen etc. ) vorgenommen hat und dieser ihr keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben haben soll.
161
(1)
162
Zu Lastplattenversuchen und Rammkernsondierungen war sie im Rahmen einer vertragsgerechten Bauüberwachung schon deswegen verpflichtet, weil das Bodengutachten vom 05.05.1999 solche Lastplattenversuche - wie von der Klägerin bereits in erster Instanz zu Recht geltend gemacht (321 GA) - ausdrücklich unter Ziff. 9 als "Hinweise zur Bauausführung" ausgeführt hat, dass die erzielte Verdichtung des Bodenaustauschs durch Lastplattendruckversuche und Ramm(kern)-sondierungen überprüft werden sollte und dabei mindestens zu erzielende Be-lastungswerte konkret vorgegeben hat (vgl. Anlage K 17, dort Seite 11, 327/328 GA).
163
(2)
164
Dabei kann dahinstehen, in welcher technischen Beziehung und in welchem Kausalverhältnis zum hier eingetretenen Schaden die Kriterien einer hinreichend dauerhaften Raumbeständigkeit des ausgetauschten Bodenmaterials einerseits und dessen Belastbarkeit andererseits stehen. Denn schon durch die im Rahmen einer - sei es stichprobenhaft, sei es vollständig - durchgeführten Überprüfung der Lieferscheine auf Übereinstimmung mit den Vorgaben des LV auftretenden Verdachtsmomente, die sich durch die bloße Einnahme des Augenscheins des ausgetauschten Bodens vor Ort erhärtet hätten bzw. jedenfalls nicht zuverlässig hätten ausräumen lassen, hätte für die Beklagte zu 1. bei pflichtgemäßer Bauüberwachung Anlass bestanden, den ausgetauschten Boden durch Rammkernsondierungen, Lastplattendruckversuchen, Laboruntersuchungen etc. im Einzelnen auf seine Funktionstauglichkeit (einschließlich hinreichende bzw. dauerhafte Raumbeständigkeit) zu überprüfen.
165
Jedenfalls bei einer solchen pflichtgemäßen Überprüfung durch Ramm(kern)-sondierungen, Lastplatten(druck)versuche, Laboruntersuchungen etc. wäre der Beklagten zu 1. aufgefallen, dass - abweichend von ihren eigenen o.a. Vorgaben im LV - zumindest teilweise HMV-Aschen und sonstige Materialien (insbesondere andere als HOS-Schlacken: LDS-Schlacken, Stahlwerksschlacken, EDS-/Edelstahlschlacken, Feuerfestmaterial, Hüttenschutt, Ofenausmauerung, Schamottsteine, HMGM-Hüttenmineralstoffgemische) eingebracht worden sind, wie die Auswertung der drei Rammkernsondierungen durch den Sachverständigen M zweifelsfrei ergeben haben (vgl. Tabelle 170 BA oben sowie 195 GA, dort vorletzter Absatz), deren unzureichende Raumbeständigkeit nach den Feststellungen des Sachverständigen M bewiesenermaßen schadensursächlich ist.
166
Bei einer pflichtgemäßen Bauüberwachung durch die Beklagte zu 1. hätte dementsprechend das Betonieren der Bodenplatte und die Errichtung der Industriehalle rechtzeitig verhindert werden können und die nunmehr von der Klägerin geltend gemachten Schäden wären insgesamt vermieden worden.
167
(3)
168
Die Klägerin kann sich insoweit haftungsrechtlich im Nachhinein auch nicht mit Erfolg auf den vergütungsrechtlichen Einwand stützen, es handele sich dabei um Besondere Leistungen i.S.d. HOAI, die sie ohne zusätzliches Honorar nicht habe erbringen müssen (vgl. 353 GA). Ob der Beklagten zu 1. bei pflichtgemäßer Bauleitung/-überwachung zusätzliches Honorar zugestanden hätte, kann dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, durfte die Beklagte zu 1. haftungsrechtlich von ihr zu fordernde Tätigkeiten im Rahmen der Bauleitung/-überwachung jedenfalls nicht ohne entsprechenden Hinweis unterlassen, sondern war allenfalls berechtigt, bis zur Klärung eines Anspruchs auf zusätzlichen Honorars ein Leistungsverweigerungs- bzw. Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen.
169
e.
170
Die Beklagten machen ohne Erfolg geltend, die Klägerin sei mit den vorstehenden Berufungseinwänden gemäß §§ 529, 531 ZPO präkludiert. Die Beklagten verkennen dabei, dass unstreitiges Vorbringen in der Berufungsinstanz jedenfalls zu berücksichtigen ist, selbst wenn es sich um "neue" Angriffsmittel" ("Noven") i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO handeln sollte (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2004, IX ZR 229/03, MDR 2005, 527; Zöller-Heßler, a.a.O., § 531, Rn 20 mwN), wovon hier nicht auszugehen ist.
171
(1)
172
Denn die Klägerin hat sich hier bereits in erster Instanz in zulässiger Weise auf die tatsächlichen Feststellungen und Ergebnisse im Rahmen des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens LG Kleve 1 OH 9/06, insbesondere das Gutachten des Sachverständigen M vom 26.06.2007 (164 ff. BA), gestützt und sich dessen Ausführungen insoweit in zulässiger Weise als Sachvortrag zu eigen gemacht (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 130, Rn 2 mwN).
173
Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die zuvor in einem selbständigen Beweisverfahren Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung gemäß § 493 Abs. 1 ZPO einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich. Tatsächliche Erkenntnisse aus dem selbständigen Beweisverfahren, die über den schriftsätzlichen Tatsachenvortrag der Klägerin im vorliegenden Verfahren als solchen hinausgehen, waren und sind im vorliegenden Verfahren schon deswegen zu ber ücksichtigen, weil sich die Klägerin diese bereits in erster Instanz ausdrücklich (vgl. 8 ff./208 ff./249 GA) und in zulässiger Weise als Sachvortrag zu eigen gemacht hat (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 130, Rn 2 mwN), wobei selbst ein konkludentes Zueigenmachen seitens der Klägerin genügen würde (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.1991, VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541; BGH, Urteil vom 03.04.2001, VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177; Zöller-Greger, a.a.O., Vor § 128, Rn 10 a.E. mwN). Die im selbständigen Beweisverfahren - auch in Bezug auf die "technische Verantwortung" der beklagtenseits Beteiligten zulässigen Beweisfragen (Hervorhebung durch den Senat, vgl. Zöller-Herget, a.a.O., § 485, Rn 9 a.E. mwN; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.06.2000, 25 W 134/99, BauR 2000, 1370; OLG München, Beschluss vom 12.09.1977, 28 W 2066/97, BauR 1998, 363; Werner/Pastor, a.a.O, Rn 56 a.E. mwN; Kniffka/Koeble, a.a.O., 2. Teil, Rn 93/94 mwN), auf deren "technische" Beantwortung sich der Sachverständige M dementsprechend ausdrücklich beschränkt hat (vgl. 198 BA, dort zu 6.) - festgestellten Sachverhalte und Beweisergebnisse waren und sind bereits von Amts wegen im vorliegenden Verfahren vom Gericht zu verwerten (vgl. Zöller-Herget, a.a.O., § 493, Rn 1).
174
(2)
175
Die Beklagten haben zudem in erster Instanz unstreitig gestellt, dass sich bereits aus dem (Privat-)Gutachten des Sachverständigen M (Anlage K 5) ergibt, dass kein RCL-Material eingebaut worden ist, sondern ein Gemisch aus Hochofenschlacke, Stahlwerksschlacke und feuerfesten Massen, das nicht den vertraglichen Vereinbarungen mit der Fa. C entsprochen habe und die Fa. C nicht die Ausschreibung und die dort vorgenommenen Änderungen beachtet habe (43 GA).
176
2.
177
Ob die Beklagte zu 1. zuvor auch bereits ihre unstreitig im Rahmen des Vertrages vom 14.06.1999 (Anlage K 1) übernommene Pflicht zu einer ordnungsgemäßen Ausschreibung im Rahmen der Errichtung der in Rede stehenden Industriehalle in M verletzt hat, insbesondere ob die Pos. 1.1.5. und 1.1.6 des LV (mit dem Inhalt der maschinenschriftlichen Urform, vgl. 109 GA) Abweichungen vom Bodengutachten enthalten bzw. die dortigen nachträglichen handschriftlichen Änderungen seitens des Erdbauunternehmers überprüfungs- bzw. (auch im Hinblick auf etwaig notwendige Zertifizierungen) ergänzungsbedürftig waren, ist nach alledem im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich.
178
3.a.
179
Die Beklagte zu 1. hat schuldhaft gehandelt, da sie nicht hinreichend dargetan hat, dass sie bzw. ihr Streithelfer als etwaiger Erfüllungsgehilfe die Pflichtverletzung im Rahmen der vertraglich übernommenen Bauüberwachung nicht zu vertreten hat (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Auflage 2012, § 280, Rn 40 mwN).
180
b.
181
Die Beklagte zu 1. als Architektin kann sich - und zwar weder bei Planungs- noch bei Überwachungsfehlern - im (Außen-)Verhältnis zur Klägerin als Bauherrin auf ein mitwirkendes Verschulden des Erdbauunternehmers bzw. der Materiallieferanten berufen (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2003, VII ZR 448/01, BauR 2004, 111; Kniffka/Koeble, a.a.O., 12. Teil, Rn 432 mwN; Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2492 mwN).
182
c.
183
Die Beklagte zu 1. als - etwaig - gesamtschuldnerisch haftende Architektin kann der Klägerin als Bauherrin im Außenverhältnis auch - entgegen ihren diesbezüglichen Einwänden (204/247 GA) - nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie hätte sich bei einem - etwaigen - anderen Gesamtschuldner (insbesondere dem Erdbauunternehmen als ihrem Streithelfer) schadlos halten können (vgl. BGH, Urteil vom 26.07.2007, VII ZR 5/06, BauR 2007, 1875; vgl. bereits BGH, BauR 1971, 60; Kniffka/Koeble, a.a.O., 12. Teil, Rn 432 mwN; Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2492 mwN).
184
4.a.
185
Da bei einem nach Grund und Betrag streitigen Anspruch durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen worden ist und der Streit über den Betrag des Anspruchs nicht zur Entscheidung reif ist und eine umfangreiche Beweisaufnahme erfordert, macht der Senat neben dem Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 ZPO zu den Klageanträgen zu 1. bis 4. auf Antrag der Klägerin von seinem Ermessen Gebrauch, den Rechtsstreit im Übrigen unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des ihm zugrundeliegenden Verfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 30.03.2001, V ZR 461/99, NJW 2001, 2551; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538, Rn 43-45 mwN). Die Zurückverweisung erscheint - unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Umfangs der Beweisaufnahme zum Betrag des streitigen Anspruchs - sachdienlich, da der Senat davon ausgeht, dass das Interesse an einer schnellen Erledigung gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz nicht überwiegt (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024; Zöller-Heßler, a.a.O., Rn 6-8/62 mwN).
186
b.
187
Im Hinblick auf einen Feststellungsantrag (hier: Klage-/Berufungsantrag zu 3.) scheidet der Erlass eines Grundurteils zwar regelmäßig aus (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2001, V ZR 170/00, NJW 2002, 30; BGH, Urteil vom 21.08.2002, 5 StR 291/02, NJW 2002, 3560; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 304, Rn 3 mwN). Dies gilt indes nicht, wenn auf den Feststellungsantrag - wie hier - möglicherweise nur ein bezifferter Teil des Anspruchs zuerkannt wird. Die Feststellungsklage hat in diesem Fall eine nach Grund und Betrag streitige Verpflichtung zum Gegenstand, wenn ein bestimmter Betrag in dem Sinne geltend gemacht wird, dass die Feststellungsklage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll, so dass ein Grundurteil seinen Zweck erfüllen kann (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2001, V ZR 170/00, NJW 2002, 30, dort Rn 11; BGH, Urteil vom 09.06.1994, IX ZR 125/93, NJW 1994, 3295, dort Rn 11). Da die Klägerin hier mit den Leistungsanträgen zu 1., 2. und 4. auf bezifferten Schadensersatz bzw. Ersatz entsprechender vorgerichtlicher Kosten in zulässiger Weise zugleich den Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz des weitergehenden Schadens - insbesondere bereits unter Hinweis auf die bei Schadensbehebung jedenfalls in Höhe eines bestimmten Betrages anfallende Mehrwertsteuer (vgl. 21 GA oben) verbunden hat, kann insoweit ausnahmsweise ein Grundurteil ergehen. Die weitere Entscheidung ist daher insoweit ebenfalls im Rahmen der Aufhebung und Zurückverweisung gemäß bzw. entsprechend § 538 Abs. 1 Nr. 4 ZPO dem LG vorzubehalten (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 304, Rn 3 mwN; BGH, a.a.O.; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.1984, 18 U 3/94, MDR 1985, 561).
188
c.
189
Feststellungen zur Höhe und den insoweit zwischen den Parteien streitigen Positionen (insbesondere im Hinblick auf einen Mietausfallschaden der Klägerin bzw. einen Betriebsunterbrechungsschaden der Mieterin und eine insoweit etwaig notwendige Abgrenzung - vgl. 186/211/274/309/326 GA - sowie im Hinblick auf eine etwaig vertraglich wirksam vereinbarte Haftungsbegrenzung (vgl. 173/183, 204 ff./226/249 GA) sind dem weiteren Verfahren erster Instanz vorzubehalten.
190
II.
191
Zu Hinweisen des Senats i.S.v. § 139 ZPO besteht kein Anlass, da alle entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen bereits ausnahmslos Gegenstände der schriftsätzlichen Auseinandersetzung der Parteien in beiden Instanzen dargestellt haben (vgl. BGH, Urteil vom 21.10.2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235; Zöller-Greger, a.a.O., § 139, Rn 6 mwN).
192
III.
193
Zu einer Kostenentscheidung besteht kein Anlass (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.03.1987, 2 U 99/86, NJW-RR 1987, 1152; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538, Rn 58).
194
IV.
195
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 ZPO (vgl. OLG München, Urteil vom 18.09.2002, 27 U 1011/01, NZM 2002, 1032; Zöller-Heßler, a.a.O., § 538, Rn 59).
196
V.
197
Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird - insoweit in Abänderung der Streitwertfestsetzung des LG im angefochtenen Urteil (428 GA unten) - sowie für das Verfahren zweiter Instanz unter Berücksichtigung der nach dem Vortrag der Klägerin anfallenden Mehrwertsteuer (vgl. 21 GA oben) und des weitergehenden Feststellungsantrages zu 3. auf bis 1.900.000,00 EUR festgesetzt.
198
V.
199
Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass.